Echos der Stille - Chuah Guat Eng - E-Book

Echos der Stille E-Book

Chuah Guat Eng

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Beschreibung

Nach den ethnischen Unruhen im Mai 1969 verlässt Ai Lian, eine junge chinesische Malaysierin, ihre Heimat. In München lernt sie den Engländer Michael Templeton kennen, der, ebenfalls in Malaysia, auf der Kautschukplantage seines Vaters aufgewachsen ist. Sie verlieben sich und wollen Weihnachten gemeinsam auf dem Anwesen von Michaels Vater verbringen. Bei ihrer Ankunft geschieht jedoch ein Mord, in dessen Aufklärung Ai Lian schnell verwickelt wird … Ein kunstvoll komponierter Kriminalroman – die Templeton-Kautschukplantage mitten im Dschungel dient dabei als Mikrokosmos, der die multikulturellen, multiethnischen und multireligiösen Probleme der ganzen Nation widerspiegelt.

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Titel der Originalausgabe:

Echoes of Silence

© 2022 Chuah Guat Eng

© 2022 Verlag Das Wunderhorn GmbH

Rohrbacherstraße 18, D-69115 Heidelberg

www.wunderhorn.de

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werks darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert werden oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

ISBN: 978-3-88423-678-9

Chuah Guat Eng

Echos der Stille

Übersetzt von Michael Kleeberg

Wunderhorn

Dem Gedächtnis meines Vaters und meiner Mutter

Anmerkung der Autorin

„Banir“ war ein Name, den ich in meiner Kindheit hörte. Es handelte sich um eine kleine Bahnstation im Nirgendwo, für die mein Vater während der japanischen Besatzung verantwortlich war. Dort zog er Gemüse und versorgte die Kämpfer im Dschungel mit Papier. Im Gegenzug brachten sie ihm manchmal nächtliche Geschenke in Form von Wildbret.

Vielleicht ist es eine natürliche Reaktion, dass ich den fiktiven Schauplatz meines Romans nach einem Ort benannte, der mir immer als eine idyllische Insel des Friedens inmitten des Kriegs erschienen war. Aber das ist auch die einzige Verbindung dieses Buches zur Realität. Heute gibt es ein Pekan Banir im Distrikt Batang Padang im Unteren Perak. Aber der Fluss Banir, der Distrik Ulu Banir, die alte Festungsstadt Kota Banir, das malaiische Dorf Kampung Banir Hilir und das chinesische Fischerdorf Bagan China in diesem Roman existieren alle nur in meiner Fantasie, ebenso wie alle Figuren.

Wer mich als Form sieht,

Wer mich als Klang sucht,

Verkehrt sind dessen Schritte auf dem Weg.

Diamant-Sutra

ERSTER TEIL15. Januar 1994

Das Telegramm traf genau in dem Augenblick ein, als ich zum Flughafen wollte.

Im Taxi riss ich den Umschlag auf. Michael Templeton war in London an Leukämie gestorben; ich sollte Kontakt zu seinem Anwalt aufnehmen. Von meinem Hotel in Zürich rief ich in London an, um einen Termin zu verabreden. In der darauffolgenden Woche erfuhr ich, dass ich Michael Templetons Alleinerbin und Testamentsvollstreckerin war.

Was erklärt, warum ich mit Michaels Asche in einer Urne auf meinem Schoß und einer abgewetzten Ledertasche mit seinen persönlichen Papieren auf dem leeren Sitz neben mir heim nach Kuala Lumpur fliege.

Und das, wird mir gerade klar, erklärt überhaupt nichts.

Erstes KapitelSommer 1971

Im März 1970 verließ ich Malaysia als direkte Reaktion auf die Rassenunruhen vom Mai 1969. Ich hatte ein einziges Ziel: einen sicheren, geordneten und vorhersehbaren Ort zu finden, an dem ich leben könnte. Einen Ort, wo ich mich unsichtbar machen könnte und wo ich, als winzige ein- oder allenfalls zweiköpfige Minderheit, niemals für irgendwen eine Bedrohung darstellen würde. Ich war achtzehn Jahre alt.

Als ich Deutschland zum ersten Mal erblickte, schien es genau dieser Ort zu sein. Es war Frühlingsanfang, und die Erde war noch schneebedeckt. Während der Zug durch Bayern fuhr, hatte ich eine Welt vor Augen, die direkt aus Weihnachtskarten, Adventskalendern und Märchenbüchern zu stammen schien. Von den Tannen und Bergen ging ein beruhigendes Gefühl von Unwandelbarkeit aus, und von den in der Sonne leuchtenden kleinen Häusern eines von fröhlicher Sesshaftigkeit.

Ich hatte den Eindruck, in ein Land zurückzukehren, das ich aus der Kindheit kannte. Ich konnte mir durchaus vorstellen, hier für immer zu leben, ein Teil dieses Landes zu sein und dann doch wieder nicht, so wie der Leser eines Buchs. Ich sah mich als Studentin und Gelehrte vor mir, sicher und behaglich in einer Bibliothek voller Bücherregale sitzend oder die muffigen Korridore irgendeiner alten Universität wie Heidelberg oder Tübingen durchstreifend. Irgendwo hatte ich gelesen, dass es in Deutschland noch immer möglich war, sein ganzes Leben so zu verbringen, vorausgesetzt, man hatte die Mittel, das Durchhaltevermögen und vor allem die Demut, sich keinen Examen zu unterziehen. Und das wurde mein Ehrgeiz: in Deutschland eine professionelle Studentin zu sein. Im Sommer 1971, als ich Michael Templeton kennenlernte, hatte ich mein Jahr an einer Münchner Sprachschule abgeschlossen.

Ich ging gerade die Leopoldstraße entlang, auf dem Weg zu meiner Wohnung in der Viktor-Scheffel-Straße und kam von einer Abschiedsparty für ein paar Studenten, die ihren Sprachkurs beendet hatten und vor der Abreise aus München standen, sei es, um in ihre Heimatländer zurückzukehren oder ein Studium an einer der zahlreichen deutschen Universitäten oder Hochschulen zu beginnen. Die meisten von ihnen waren Lateinamerikaner.

Die Party war eine rauchgeschwängerte, verschwommene Geschichte aus Tränen und langen, leidenschaftlichen Reden, die ich nicht verstand, unterlegt von der klagenden Hymne aller Unterdrückten, Simon & Garfunkels Version von El Cóndor Pasa, die immer wieder aus der Jukebox tönte. Eine gute halbe Stunde lang den Anblick dieser Machos auszuhalten, wie sie sich umarmten und küssten und einer an der Schulter des anderen weinte, war mehr, als ich ertragen konnte. Ich war verlegen angesichts von so viel, wie ich fand, überflüssiger Gefühligkeit. Es fiel mir schwer, das alles ernst zu nehmen, denn irgendwann im Laufe meiner Bekanntschaft mit ihnen waren die meisten von ihnen böse über die anderen hergezogen.

Genau das bemerkte ich dann auch gegenüber Ruben Ortiz, einem Argentinier, und war überzeugt, er werde mir zustimmen, denn gerade er – fand ich zumindest – hatte mit am herzhaftesten seine Abneigung gegenüber einigen der Uruguayer bekundet. Aber er verteidigte sie jetzt alle vehement und fragte, was ich, als kaltblütige Chinesin, denn schon groß über die Lateinamerikaner und die Tiefe ihres Gefühls und ihrer Leidenschaften wissen könne. Um einen dummen Streit zu vermeiden, der immer in der Luft lag, wenn Ruben und ich länger als eine halbe Stunde zusammen waren, ging ich.

Als ich in die Viktor-Scheffel-Straße einbog, tauchte hinter mir plötzlich ein Mann auf und begann, neben mir herzugehen. Ich wandte mich um und erblickte einen hochgewachsenen, südamerikanisch aussehenden Mann. Ich glaubte, er gehörte zu der Party, die ich gerade verlassen hatte, und lächelte ihm zu. Zu meinem Erstaunen sprach er mich auf Englisch an. Er habe sich verlaufen. Ob ich ihm wohl sagen könne, wie er zu seiner Pension in Schwabing komme.

Meine erste instinktive Reaktion war, den Kopf zu schütteln, mit orientalischer Unterwürfigkeit zu lächeln und so zu tun, als verstehe ich ihn nicht. Aber zugleich tat er mir leid. Bis vor kurzem war ich auch so jemand aus einem englischsprachigen Land gewesen, der ohne nennenswerte Sprachkenntnisse in die Fremde reist und davon ausgeht, dass sich alles nach ihm richtet. Also fragte ich ihn auf Englisch, wo genau er hinwolle.

Seine Erleichterung hatte etwas Rührendes. Immerhin, dachte ich, war er nicht so arrogant, es für selbstverständlich zu halten, dass ich oder sonst wer in Deutschland, seine Muttersprache beherrschte. Die Pension, nach der er suchte, war nicht weit von da, wo ich untergebracht war, also sagte ich ihm, er solle mit mir gehen.

Unterwegs erzählte er mir, er sei Musikwissenschaftler. Er war für ein Forschungsprojekt nach Deutschland gekommen und würde zwei Jahre lang in München leben und arbeiten. Ich hatte keine Ahnung, was ein Musikwissenschaftler war oder machte, also fragte ich ihn, welches Instrument er spiele. Er nannte ein paar und sagte, sein liebstes sei das Cembalo. Ich sagte ihm, ich hätte noch nie ein Cembalo gesehen und erzählte ihm die Geschichte, die ich zu Hause von einem Freund gehört hatte. Wie ein deutsches Kammerorchester, das einen Cembalospieler hatte, zu einem Konzert nach Kuala Lumpur gekommen war und dort erfuhr, dass es im ganzen Land nur zwei Cembalos gab, von denen eines ausgerechnet auch noch einem Pflanzer gehörte, der in der Wildnis von Pahang lebte.

„Eigentlich in Perak“, sagte er lachend. „Diese Wildnis, die im Grunde keine Wildnis mehr ist, liegt im Distrikt von Ulu Banir, und der Pflanzer ist mein Vater. Das heißt also“, fuhr er fort, bevor ich in meiner Verblüffung noch reagieren konnte, „Sie stammen aus Malaysia. Was machen Sie dann hier? Die meisten Malaysier studieren in England oder einem der Commonwealth-Länder oder sogar in den Staaten.“

„Ich versuche, zu einer professionellen Studentin zu werden“, sagte ich lachend und darauf bedacht, nur auf seine direkte Frage zu antworten. Es schien mir zu kompliziert, zu versuchen, die indirekte zu beantworten, warum Deutschland, und ich hatte die Geläufigkeit im Reden verloren.

„Okay“, sagte er, „da sind wir schon zwei.“

Von diesem Augenblick an gab es eine Verbindung zwischen uns: zwei englischsprachige Wassertröpfchen in einem teutonischen Ozean, zufällig zusammengebracht durch ein obskures Musikinstrument an einem obskuren Ort in einem obskuren Land tausende Meilen entfernt von dem Punkt, an dem wir uns gerade befanden.

In den darauffolgenden Monaten lernte ich Michael Templeton besser kennen. Er war auf der Kautschukplantage seines Vaters im Distrikt Ulu Banir zur Welt gekommen, kurz vor der japanischen Besatzung. Schon bald nach seiner Geburt waren seine Eltern zu einer Einkaufstour nach Singapur gereist und hatten ihn in der Obhut seines malaiischen Kindermädchens Puteh gelassen. Während sie dort waren, wurde Malaya von den Japanern besetzt, und die Templetons strandeten auf der Insel, wo sie die Kriegsjahre in einem Internierungslager verbrachten.

Michael, der auf der Plantage zurückgeblieben war, wurde von der schnell reagierenden Puteh gerettet, die ihn mit in ihr benachbartes Dorf nahm, wo sie und ihr Mann Yusuf sich um ihn wie um ihr eigenes Kind kümmerten. Später, als ihnen klar wurde, dass sie als Malaien relativ sicher vor den schlimmsten Auswirkungen der japanischen Besatzung waren, und dass Ulu Banir strategisch so unwichtig war, dass die Japaner die Region vergleichsweise sich selbst überließen, kehrten sie zurück in ihre Unterkunft hinter dem Bungalow der Templetons. Die nächsten Jahre seines Lebens wuchs Michael wie ein Malaienjunge auf. Malaiisch war auch tatsächlich die erste Sprache, die er lernte, und lange Zeit war er davon überzeugt, dass Hafiz, der Sohn des Paares, zwei Jahre jünger als er, sein Bruder war.

Nach dem Krieg, als seine Eltern auf ihren Besitz zurückkehrten, zog er wieder zu ihnen. Sich an die Lebensart seiner Eltern zu gewöhnen war durch die Anwesenheit von Puteh weniger traumatisch, als es hätte sein können, denn sie blieb sein Kindermädchen, bis er mit sieben oder acht nach England zur Schule geschickt wurde. Während er dort auf der Schule war, begann der Ausnahmezustand. Seine Mutter war eines der ersten Opfer, sie wurde von kommunistischen Terroristen erschossen.

Es war schwierig für ihn, in der Schule zurecht zu kommen, vor allem in den ersten Jahren. Er blieb gegenüber seinen Schulkameraden und Landsleuten fremd und fand Trost in der einen Sache, in der er gut war: der Musik. Und jedes Jahr wartete er sehnsüchtig auf die Sommerferien, in denen er nach Hause zu seiner geliebten Puteh, seinem Busenfreund Hafiz konnte, zurück an den Ort, an dem er sich am sichersten fühlte: dem Anwesen der Templetons.

Über seinen Vater, Jonathan Templeton, redete Michael wenig. Ich hatte den Eindruck, er müsse ein sehr zurückgezogener Mann sein, der nicht recht wusste, was er mit einem Sohn anfangen sollte, den er kaum kannte. Wenn er in seiner frühen Schulzeit zu Hause war, durfte Michael so viel Zeit, wie er wollte, mit Hafiz und seinen Eltern verbringen. Aber als er älter wurde, fing Jonathan Templeton an, ihn in den örtlichen Club mitzunehmen, damit er andere Mitglieder der Expatriierten-Gesellschaft kennenlernte. Ab da füllte sich die Ferienzeit mit Tennisturnieren, Amateurtheater, Ausflügen ans Meer, Segelturns, Dschungelwanderungen und den Vergnügungen der Hash House Harriers – lauter Beschäftigungen, wie sie von einem jungen Engländer in Malaya erwartet wurden. Dabei war Jonathan Templeton ironischerweise 1960 Staatsbürger Malayas geworden. Michael allerdings hatte seine britische Nationalität behalten.

Es war nicht so leicht für mich, die ich durch und durch Stadtmensch war, mir das Leben auf einer Kautschukplantage vorzustellen. Allein schon bei dem Wort „Ulu“ tauchten vor meinem inneren Auge Bilder von feucht-heißem Urwald, Bergland voller Wildbäche und Eingeborenenhütten auf. Aber Michaels Erzählungen rodeten den unbezähmbaren, undurchdringlichen Dschungel in meinem Kopf und ersetzten ihn durch in Reih und Glied gepflanzte Gummibäume, Reihen von dunkelgrünen, hölzernen Langhäusern für die Arbeiter und einem dichten Straßennetz aus Lateritschotter. Ein Mini-Königreich aus schnurgeraden Baumreihen und gebückten Kautschukzapfern, indischen Einwanderern, das von einem soldatisch anmutenden Engländer auf seinem großen, weitläufigen, hölzernen Bungalowschloss regiert wurde, das auf einem sanft ansteigenden Hügel lag.

Ich hatte nie eine Kautschukplantage besucht, und all diese Bilder waren eine Aneinanderreihung der kurzen Blicke, die ich als Kind auf solche Pflanzungen geworfen hatte, wenn man mich in die Ferien im Hochland oder am Meer fuhr. Hätte es die Rassenunruhen nicht gegeben, die mich zwangen, mich in meinem Verhältnis zu Malaysia in einem ganz neuen Licht zu sehen, hätte ich es vielleicht amüsant gefunden, in meiner eigenen Heimat fremder zu sein als Michael. Aber in meiner neuen Situation als enterbte Staatsbürgerin, als die ich mich sah, war es eher Stoff zum Nachdenken für mich. Warum wusste ich so wenig? Warum durfte ich nur so wenig wissen? War ich ausschließlich selbst schuld an meiner Unwissenheit? Oder war meine Unwissenheit das Ergebnis einer allgemeinen Überzeugung, dass es jemandem wie mir nicht zusteht, etwas zu wissen? Dass ich mit anderen Worten keinen Platz in diesem Land hatte?

Vielleicht war es mein eigenes Gefühl von Heimatverlust, weswegen ich Michaels offenbarer Liebe für das Land, das er, wiewohl Brite, Heimat nannte, keinen Glauben schenken konnte. Bis zu einem gewissen Punkt konnte ich es nachvollziehen, wenn er von seiner malaiischen Kindheit als der schönsten Zeit seines Lebens sprach. Aber wenn er zu seiner Liebe zu Puteh, Yusuf und Hafiz redete, fand ich das befremdend und schwer zu verstehen.

Wäre mir damals schon klar gewesen, wie die kulturelle und emotionale Isolierung meiner eigenen Kindheit meine Psyche und mein Leben als Erwachsene geformt hatten, dann hätte ich ihn, glaube ich, beneidet. Aber damals war ich nur – wie soll ich es sagen – ungläubig? So als hätte mir jemand bei einer Abendeinladung erzählt, er hätte Geistererscheinungen erlebt. Und auch herablassend, ja, das ist das Wort. So wie ich angesichts des Benehmens der Lateinamerikaner auf ihrer Abschiedsparty in München.

Leidenschaftliche Gefühle gegenüber Leuten zu empfinden, mit denen ich keine romantische oder genetische Beziehung hatte, kam mir übertrieben, gekünstelt und unaufrichtig vor.

Wir wurden ein Liebespaar, Michael und ich. Oder vielleicht sollte ich besser sagen, ich wurde zu Michaels Liebhaberin, wenn ich das Wort ernstnehmen will. Denn im eigentlichen Wortsinne war ich genau das. Ich hatte ihn lieb, ich liebte ihn.

Ich liebte ihn körperlich. Noch lange nachdem wir ein Paar geworden waren, war ich oft von mir selbst verblüfft, wie sehr ein unvermittelter, scharfer Blick auf irgendein belangloses Detail seines Körpers, beispielsweise die Form seiner Nase, der Winkel seines Ellbogens oder die Beweglichkeit seiner Finger, mich vor Begierde dahinschmelzen lassen konnten. Ich liebte ihn für seinen Intellekt. Für seine Kenntnis so vieler Dinge, seine Erfahrung, seinen Geist, seine Fähigkeiten als Musiker. Ich liebte ihn für seinen Hedonismus. Für seine Freude an gutem Essen, seinen Geschmack an guten Weinen und, ja, auch für sein Wissen über meinen Körper, der bis dahin selbst für mich ein unentdeckter Kontinent gewesen war.

Ich liebte ihn so wie der Ton den Töpfer lieben muss, denn in gewisser Hinsicht formte er mich. Indem ich das Verlangen in seinen Augen sah, wenn er die Freuden meines Körpers genoss, indem ich sah, welche Freude es ihm bereitete, zu sehen, welche Freude ich an meinem eigenen Körper hatte, gestand ich mir ein, dass auch ich meine Berechtigung hatte als Mensch. Kein sonderlich komplexer oder tiefer Mensch. Lediglich ein lebendiges Wesen mit einem Körper. Aber in seinem Blick schön, begehrenswert, wertvoll und fähig, ungeahntes Glück zu empfinden. Damals war ich zu unschuldig, um in Begriffen wie Geben und Nehmen, Benutzen und Benutztwerden zu denken. Das sollte alles später kommen. Damals aber gab es nichts als die extreme Glückseligkeit hungriger Selbstaufgabe und selbstloser Lust… Ich will dich, bitte nimm mich.

Und so steht jener erste Sommer in meiner Erinnerung als eine Fuge aus Gourmetmahlzeiten, edlen Weinen, Cembalomusik, trägen Nachmittagen und wunderbaren, liebesgesättigten Nächten in der Wohnung, die er irgendwann in der Amalienstraße gemietet hatte.

Und genauso wie er mir dabei half, Spaß an meinem eigenen Körper zu haben, half er mir auch dabei, meinen überraschenden Reichtum zu genießen, das Erbe meiner verstorbenen Großmutter. Wir reisten in jenem Herbst quer durch Europa oder machten, wann immer seine Arbeitszeiten es ihm erlaubten, Wochenendausflüge. Wir übernachteten in den besten Hotels, speisten in den besten Restaurants und reisten auf die luxuriöseste Weise. Ich lernte, wie man eine Kreditkarte benutzt und Sachen zu kaufen, die mir gefielen, ohne zunächst auf das Preisschild zu schauen. Ich fühlte mich so ungeheuer reich in dieser Zeit, reich an Liebe und freudig mit beiden Händen herschenkend: Geld war nichts weiter als ein zusätzliches Mittel, um meinen inneren Reichtum ausdrücken zu können.

Er schenkte mir einen Armreif aus Schildpatt. Der konnte nicht sehr teuer gewesen sein. Aber er überreichte ihn mir eingewickelt in zwei mit Moos bedeckten Rindenstücke, verziert mit Wildblumen. Deswegen ist mir nie ein Geschenk, das ich zuvor oder seither bekommen habe, wertvoller erschienen. Er zog ihn mir über mein rechtes Handgelenk. Ich protestierte, er solle eher aufs linke kommen. Aber da war es zu spät, er war angelegt und würde nicht wieder abgelegt werden. Also blieb er auf meinem rechten, obwohl er mich dort störte und am Knöchel wehtat, bis ich lernte, meine Handbewegungen darauf einzustellen. Ich trug ihn jahrelang treu, bis er entzweiging, und dann ließ ich die Einzelteile zu zwei Ohrringen und einem Gehänge umarbeiten.

Ich machte ihm auch meinerseits kleine Geschenke, kleine Arrangements aus Feldblumen in Muschelschalen, kleine Steingärten aus den Kieseln, die wir aufgesammelt hatten. Ich frage mich, was aus all dem geworden ist. Hat er diese Dinge ebenso heilig gehalten wie ich seinen Schildpattarmreif? Sogar die Originalverpackung aus Rinde hob ich jahrelang auf, bis sie verfaulte.

Ein Vorfall ist mir besonders deutlich in Erinnerung geblieben. Ich weiß gar nicht warum. Vielleicht weil ich das, was Cynthia zustieß, im Nachhinein als einen Indikator für Michaels Charakter und Gutgläubigkeit, für meinen Charakter und Gutgläubigkeit, und für die subtile Veränderung unserer Beziehung von diesem Zeitpunkt an betrachtete.

Wir waren raus aufs Land gefahren und parkten am Ufer eines Sees. Die Umgebung war menschenleer, als wir unsere Decke zum Picknicken auslegten. Der Herbst hatte bereits begonnen, und es war eigentlich zu kühl für ein Picknick, aber die frische Luft bescherte uns eine gute Ausrede, uns aneinander zu kuscheln und ordentlich vom mitgebrachten Schnaps zu kosten.

Der Himmel war grau. Die Tannen waren grau. Das Wasser war grau. In der Erinnerung kommt es mir so vor, als wäre selbst das hohe Schilf rund um uns grau gewesen.

Unvermittelt und ohne irgendeinen Anlass, an den ich mich erinnern könnte, fragte ich ihn: „Michael, hast du jemals Schuldgefühle, weil du reich bist?“

„Ich bin nicht reich. Wie kommst du denn auf diese Idee?“

„Aber du musst doch reich sein. Oder etwa nicht. Ich meine, deinem Vater gehört eine Plantage.“

„Gehörte. Er hat den größten Teil davon in den Sechzigern verkauft, glaube ich.“

„Aber dann muss er irgendwo einen Haufen Geld investiert haben.“

„Vermutlich. Aber wenn, dann ist er derjenige, der reich ist, nicht ich. Ich bin lediglich ein Akademiker, der versucht, sich irgendwie durchzuschlagen und eine sehr ungewisse Zukunft hat.“

„Aber wenn er stirbt, wird er dir das Geld hinterlassen, oder nicht?“

„Wahrscheinlich. Offengestanden habe ich mir darüber noch nicht viele Gedanken gemacht. Dad ist immer noch ziemlich jugendlich und außerdem stark wie ein Ochse. Das wird noch eine ganze Weile dauern, bevor er ans Sterben denkt. Aber wie kommst du plötzlich auf all diese Fragen?“

Ich zuckte die Achseln.

„Weiß auch nicht.“

Michael hockte da, die Hände um die Knie geschlungen, und blickte hinaus auf den See. Er schwieg so lange, dass ich schon glaubte, er habe mich nicht gehört. Dann drehte er sich zu mir um und sagte:

„Und du? Fühlst du dich schuldig?“

In seinen grauen Augen blitzte ein wenig Ironie auf, und ich begann mich unsicher zu fühlen. Musste er lachen, weil das Thema für ihn so unwichtig war, dass es ihn nicht kümmerte, was ich dachte? Oder lachte er mich aus, das junge, naive Mädchen aus einer Kleinstadt in Malaysia, das sich so wenig mit Geld auskannte, dass es nicht wusste, was es damit anfangen sollte und wie man sich damit wohl fühlte?

In diesem Augenblick wurde es wichtig für mich, ihm klarzumachen, dass ich nicht weniger wert war als er. Lebenslange Gewohnheit übermannte mich, und ich wob ihm einen Teppich aus halben Wahrheiten und halben Lügen und gab ihm, ohne es explizit zu sagen, zu verstehen, dass mein Großvater ein sehr wohlhabender Mann gewesen war und ich ein erhebliches Vermögen geerbt hatte.

„Aber“, fuhr ich fort, und nahm den Tonfall an, den ich von vielen meiner reichen, pfennigfuchserischen Freundinnen an der Schule kannte, „ich hatte nie den Eindruck, es würde mir besser gehen als anderen Leuten. Wir wurden zur Sparsamkeit angehalten zu Hause. Man erwartete von mir, dass ich gute Schulleistungen ablieferte, eine Arbeit fände und fähig wäre, für mich selbst aufzukommen. Und so hatte ich bis zum Tod meiner Großmutter auch keinen Schimmer davon, wie reich ich bin. Ein Vermögen zu erben ist ein bisschen so, wie intelligent zu sein oder Glück zu haben, findest du nicht? Man hat es, gut und schön, aber diese Tatsache hat so wenig mit deinen eigenen Anstrengungen zu tun, dass es fast schon unmöglich ist, sich ab und zu nicht ein wenig schuldig zu fühlen.“

Ich wandte mich zu ihm um, und er sah mich an, als entdecke er zum ersten Mal, wie ich wirklich war. Aber was er da sah, war mir nicht klar. War es die Lügnerin, die ich war? Oder die Erbin, als die ich mich ausgegeben hatte?

Die Antwort auf diese Fragen sollte ich erst bekommen, als es viel zu spät war.

In jenem Augenblick aber drückte er mich lediglich auf meinen Rücken, legte sich über mich und flüsterte mir mit einer Stimme, die halb Seufzen, halb Knurren war, ins Ohr: „Ich weiß nichts von Intelligenz, und ich weiß nichts von Schuld, aber was ich weiß, das ist, dass ich dich will, mit allem Drum und Dran, Hirn, Schönheit, Reichtum und allem.“

Und dort, in dieser einsamen Waldlandschaft am See, deren graue Stimmung auf den kommenden Winter hindeutete, nahm er mich mit einer Derbheit, die ich noch nie an ihm wahrgenommen hatte. Und ich, geschmeichelt von seiner Gier auf mich, gierig auf ihn, weil er es auf mich war, überließ mich lachend seiner Raserei, meiner, unserer Raserei.

Anfang Oktober 1973 gab Michael mir bekannt, dass er nach Hause nach Malaysia reisen würde und lud mich ein, die Weihnachtsferien mit ihm und seinem Vater auf dem Besitz der Templetons zu verbringen.

Ich willigte ein. Zum Teil, weil ich niemanden kannte, mit dem es interessanter gewesen wäre, Weihnachten zu verbringen, aber hauptsächlich deshalb, weil es eine natürliche Reaktion zu sein schien. Ich war jung genug und asiatisch genug, um überzeugt zu sein, dass zwei Menschen, sobald sie miteinander geschlafen hatten, so gut wie verheiratet waren.

Zweites Kapitel6. Februar 1974

Ich verbrachte Weihnachten nicht mit den Templetons. Stattdessen fuhr ich nach Hause. Mein Vater, dem es schon seit einiger Zeit gesundheitlich nicht gut gegangen war, litt, wie man herausgefunden hatte, an Leberkrebs. Die Ärzte gaben ihm nicht mehr lange, und meine Mutter wollte, dass ich seine letzten Monate mit ihm verbrachte.

Ich schrieb Michael vom Zuhause meiner Eltern in Kuala Lumpur, um ihn über die Lage in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass ich ihn vor meiner Rückreise nach Europa in Ulu Banir besuchen würde. Er rief an und sagte, er komme mich besuchen. Aber ich unterbrach ihn und sagte ihm, mein Vater sei zu krank, und ich hätte zu viel am Hals. Ich dachte an die falschen Informationen, die ich ihm über die finanzielle Lage meiner Eltern erzählt hatte und hatte Angst, ertappt zu werden.

Mein Vater starb am zweiten Weihnachtsfeiertag.

Ich wollte, ich könnte behaupten, dass ich trauerte. Das einzige Gefühl, dessen ich mir bewusst war, als er starb, war eine ungeheure Erleichterung. Ich hatte es gehasst, ihn im Krankenhaus besuchen zu müssen, gehasst, an seinem Bett sitzen zu müssen, gehasst, ihn zwischen betäubtem Schlaf und wachen Momenten voller Schmerzen ansehen zu müssen. Ich hasste den Krankenhausgeruch, den Geruch seiner Krankheit, den Geruch seines bevorstehenden Todes. Ich hasste es, dass ich mir selbst nicht gestattete zu weinen, obwohl ich genau das jedes Mal tun wollte, wenn ich ihn sah, der nur noch ein trauriger Überrest seines früheren Ichs war. Ich hasste es, alles mit mir selbst ausmachen zu müssen, anstatt die Last mit Brüdern, Schwestern, Onkeln, Tanten, Cousins, Nichten und Neffen oder wem auch immer teilen zu können.

Es war meine erste direkte Begegnung mit dem Tod, und ich vermochte nicht zu verstehen, was er mit mir zu tun hatte. Ich erinnere mich heute nur an meinen Ärger und meinen Abscheu, als wäre mein Vater absichtlich krank geworden und gestorben, nur um mir Leid zu bereiten.

Ich fuhr an Chap Go Meh, dem letzten Tag der chinesischen Neujahrsfeierlichkeiten, nach Ulu Banir ab und reiste per Zug nach Ipoh, wo mich Karuppiah abholen sollte, der Fahrer Jonathan Templetons.

Es war das erste Mal seit meiner Rückkehr, dass ich Gelegenheit hatte, das Land anzusehen. Es hatte sich verändert. Überall siedelte sich Industrie an, und der Wohlstand wuchs. Und ich hasste das rote verwundete Aussehen der Hügellandschaft, die im Namen des Fortschritts von Armeen von Arbeitern gerodet wurde. Aber sobald der Zug das industrialisierte Klangtal verließ, sah ich Bilder einer Welt, auf die ich als Kind ab und zu Blicke geworfen hatte, und ich dachte voller Sehnsucht an meine Großmutter.

Ich hatte sie kaum gekannt. Meine einzige Begegnung mit ihr war eine kurze Schulferienzeit gewesen, die ich bei ihr zu Hause verbracht hatte. Und doch hatte sie mir bei ihrem Tod all ihren weltlichen Besitz vermacht und es mir dadurch ermöglicht, das Land zu verlassen und, wenn ich das denn wollte, eine Weltbürgerin zu werden.

Ich war ein Einzelkind.

Obwohl meine Eltern mir zu verstehen gaben, ich hätte zahlreiche Verwandte väterlicherseits, habe ich doch mit keinem einzigen von ihnen je zu tun gehabt. Auf der Seite meiner Mutter gab es nur eine ältliche, unverheiratete Tante, die so grimmig war und so wenig Geduld mit Kindern hatte, dass ich sie kaum je sah.

Einmal, in einer untypisch redseligen Stimmung, erzählte mein Vater mir, dass mein Großvater Lim, wie viele wohlhabende chinesische Männer seiner Zeit, mehrere Frauen und eine unbekannte Anzahl an Kindern gehabt habe. Mein Vater war der einzige Sohn der jüngsten Frau. Bald nach seiner Geburt starb mein Großvater. Meine Großmutter kehrte daraufhin mit meinem Vater zu ihren Eltern zurück und verlor den Kontakt zur Lim-Familie.

Ich würde gerne behaupten können, dass meine Großmutter den Lim-Haushalt als reiche Frau verließ. Oder dass mein Vater, gestartet in bitterster Armut, sich ein märchenhaftes Vermögen aufgebaut hätte. Aus solchem Stoff werden bei den Überseechinesen Mythen gestrickt. Aber mein Vater tat mir diesen Gefallen nicht. Er war ein selten farbloser Mensch.

Er war Beamter. Meine Mutter, die auch Englisch gelernt hatte, war Lehrerin. Während beide arbeiteten, war ich in der Obhut einer langen Reihe von Bediensteten, die kamen und gingen, ohne bei mir irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Das einzig Gute in meiner Kindheit war die Tatsache, dass wir in einer Häuserzeile mit Beamtenwohnungen lebten und ich mit den Nachbarskindern spielen konnte.

Dass meine Mutter Lehrerin war, verlieh uns in dieser Nachbarschaft ein gewisses Prestige, das sie nicht ungerne auskostete. Ich war also ein Produkt der damaligen malaysischen Mittelklasse – englischsprechende Beamte. Und entsprechend war ich besser in der Schule als viele andere, die aus nicht englischsprachigen Familien kamen. Das, und das Wissen darüber, dass mein Großvater reich gewesen war, verliehen mir ein Überlegenheitsgefühl.

Außer dieses eine Mal, als mein Vater von Großvater Lim erzählt hatte, sprach er nicht über seine Familie. Und da ich seine Mutter nie kennengelernt hatte, ging ich davon aus, sie sei tot. Aber als ich sieben war, musste meine Mutter sich einer Operation unterziehen. Die war so gelegt, dass sie mit meinen Schulferien zusammenfiel, so dass man mich wegschicken konnte, vermutlich deswegen, weil die Kombination aus ihrer Rekonvaleszenz und meiner Anwesenheit zu viel für das Dienstmädchen gewesen wäre. Da erfuhr ich, dass ich die Ferien mit meiner Por-Por verbringen würde.

Mein Vater brachte mich dort hin. Es war so weit weg von dort, wo wir wohnten, dass mein Vater ein privates Taxi mieten musste. Nachdem wir fast einen ganzen Tag unterwegs gewesen waren, hielten wir am Rand einer Nebenstraße an. Nirgendwo ein Haus, das Einzige, was ich sah, war ein selbstgemachtes Brückchen aus Kokospalmenstämmen und Bohlen, das über einen breiten Entwässerungsgraben führte. Trotzdem gebot mir mein Vater auszusteigen und holte meine Reisetasche aus dem Kofferraum.

Er musste mich über die Brücke tragen, ich hätte um nichts in der Welt einen Fuß darauf gesetzt. Wir kamen zu einer Gruppe Holzhütten, von denen ich heute weiß, dass sie eine illegale Siedlung bildeten, zusammengezimmert von irgendwem, dem das Land nicht gehörte, aber der hier ein gutes Geschäft roch. Er hatte die Armenbehausungen aus Mangrovenholz gebaut und vermietete sie – billig, wie ich hoffe – an Leute, die zu sehr damit beschäftigt waren, genug zum Überleben zusammenzukratzen, als solche Pläne schmieden zu können wie ihr fragwürdiger Vermieter.

Meine Großmutter nahm mich während meines Aufenthalts einmal zu einem Besuch dorthin mit, und ich entdeckte, dass die kleine Gemeinschaft, die ausschließlich aus Chinesen bestand, die über drei Ecken miteinander verwandt waren, einen Fahrradrikschafahrer zählte, einen Lastwagenfahrer, zwei Lastwagenmechaniker und ein Paar, das Flaschen mit buntem Pulver in große Wasserbottiche füllte, woraufhin das Ergebnis wieder in Flaschen abgefüllt und an die Straßenhändler im nahegelegenen Dorf verkauft wurde, die Eiswasser feilboten. Deren Haus gefiel mir am besten, es duftete scharf nach den chemischen Orangen-, Limetten-, Stechwinden- und Rosen-Farbstoffen.

Aber an jenem Tag gingen mein Vater und ich stracks an den Hütten vorbei. Wir erreichten den Beginn eines Trampelpfades, der wirkte, als würde er in den Wald führen, tatsächlich aber zu einer aufgegebenen kleinen Kautschukfarm ging. Das war eine Welt voller Bewegungen und Geräusche. In den Wipfeln über mir und im Unterholz raschelte und säuselte es ununterbrochen. Vögel zwitscherten, Insekten zirpten, Krähen schnarrten, unsichtbare Tiere gaben ihre Rufe von sich, und ab und zu zerplatzte ein reifer Kautschuksamen mit einem unvermittelten, explosiven Knallen.

Ich Stadtkind war nie in der Nähe von so viel Natur, Erde, Dreck und Wasser gewesen. Alles, was ich über Wälder wusste, gründete sich auf den englischen Kinderbüchern, die ich gelesen hatte. Als der Wildwuchs immer dichter wurde, tauchten die ersten Wölfe und Bären vor meinem inneren Auge auf. Dann begann ich mir über Hexen Sorgen zu machen und über Kinder, die von ihren bitterarmen Eltern irgendwo in der Natur ausgesetzt wurden. Die Frage, die schon den ganzen Morgen auf mir lastete, musste jetzt endlich gestellt werden:

„Papa, wer ist Por-Por?“

„Sie ist deine Großmutter.“

„Großmutter! Ich habe eine Großmutter? Aber warum habe ich sie noch nie gesehen?“

„Weil sie zu weit weg wohnt, wie du ja gerade erleben kannst.“

„Ist sie deine Mutter oder Mamas Mutter?“

„Sie ist meine Mutter.“

„Warum hast du mir dann nie was von ihr erzählt?“

„Da gibt’s nichts zu erzählen. Sie ist deine Großmutter, das ist alles.“

„Und was ist mit Mamas Mutter? Lebt die auch noch?“

Ich fing langsam an, eine erste Ahnung davon zu bekommen, wie verschlossen, ja geheimnistuerisch meine Eltern waren.

„Mamas Mutter ist tot, das weißt du auch.“

Ich wusste es nicht, weil niemand es mir je gesagt hatte.

„Papa, ich glaube, ich möchte nicht bei Por-Por bleiben.“

„Zu spät“, sagte mein Vater. „Sie erwartet dich, und außerdem sind wir da.“

Vor uns lag eine kleine Holzhütte mit einem Mangrovendach. Daneben befand sich ein großer Schuppen, der die gleiche Art Dach hatte. Vor dem Schuppen stand eine dünne alte Frau in schwarzer Hose und einer blauen chinesischen Bluse.

„Ah, Ma“, sagte mein Vater im Näherkommen.

Ich grüßte sie mit „Por-Por“, wie man es mir beigebracht hatte. Die Stimme blieb mir im Halse stecken.

„Fürchtest dich vor mir, was?“, sagte sie auf Kantonesisch und streckte eine magere, faltige, von dicken Adern durchzogene und braunen Altersflecken bedeckte Hand aus, um mir über den Kopf zu streichen.

Ich fuhr zurück und klammerte mich an meinen Vater.

„Siehst du?“, sagte sie in einem zart vorwurfsvollen Ton zu meinem Vater. „Du bringst sie nie her, um mich zu besuchen. Kein Wunder, dass sie sich vor mir fürchtet. Brauchst keine Angst zu haben“, wandte sie sich dann mir zu. „Komm, ich zeig dir was.“

Ich konnte sie nur verstehen, weil ich von unseren Bediensteten ein paar Brocken Kantonesisch gelernt hatte. Und weil ich nur Bedienstete je hatte Kantonesisch reden hören und meine Großmutter wie eine gekleidet war, hielt ich sie für ein Dienstmädchen. Es war schwierig für mich, diesen Stand, den ich für eine niedrige Beschäftigung hielt, mit der Tatsache zusammenzubringen, hier ein Mitglied meiner Familie vor mir zu haben. Ich glaube, von diesem Augenblick an begann ich sie abzulehnen.

Sie ergriff meine Hand, die wegzuziehen ich zu viel Angst hatte, und führte mich zu dem Schuppen, aus dem beängstigende Laute und ein noch schlimmerer Geruch kamen. Ich versuchte, die Vorwärtsbewegung zu stoppen, aber sie ließ mich nicht los. Ich sah mich um, wo mein Vater war, aber er befand sich direkt hinter mir. Das beruhigte mich, und ich ließ mich in den Schuppen führen. Dort sah ich, jedes in seinem eigenen Koben, zum ersten Mal lebendige Schweine. Es gab drei von ihnen, riesig, haarig und hässlich. Meine Großmutter führte mich an allen vorbei bis zum letzten Koben. Dort sah ich eine Sau, die auf der schmutzigen gestampften Erde lag und von quiekenden Ferkeln umgeben war. Ihre Augen waren noch fest geschlossen.

Meine Großmutter wandte sich an meinen Vater: „Ist sie im Jahr des Tigers geboren worden?“

„Nein“, sagte mein Vater. „Hase.“

„Dann ist das in Ordnung“, sagte sie, und wir traten näher an den Koben heran.

Meine Neugierde überwog meine Furcht, und ich fragte, was denn gewesen wäre, wenn ich im Jahr des Tigers geboren worden wäre. Sie hielt einen verkrümmten Zeigefinger an die Lippen und machte: „Pst. Das erzähle ich dir später. Das ist eine sehr lange und interessante Geschichte.“

Aber sie kam nicht dazu, mir diese Geschichte zu erzählen, weil ich zu sehr mit den Ferkeln beschäftigt war und danach mit den erwachsenen Schweinen. Sie führte mich zu einem Teich hinter dem Schuppen, wo ich zum ersten Mal Enten und Gänse sah. Sie führte mich zu ihrem Gemüsebeet mit Süßkartoffeln und Tapioka. Sie zeigte mir die Hühner und erlaubte mir, die Küken in die Hand zu nehmen. Dann geleitete sie mich in ihr Haus, das keinen Fußboden hatte, nur den schwarzen Erdboden, den Füße und Besenstriche glatt und eben gemacht hatten. Dort bot sie mir süße, klebrige Küchlein und eine Tasse heißen chinesischen Tee an. Den Tee fand ich bitter, aber die Küchlein boten eine interessante neue Geschmacksmischung.

Ich war halb fertig mit dem Kuchen, da sah ich mich nach meinem Vater um. Er war fort. Ich wollte weinen, diesmal wegen seines Betrugs, aber ich traute mich nicht. Ich war mir nicht sicher, was diese alte Frau mir antun würde, sollte ich es tun. Sie begann mir wieder übers Haar zu streichen. Sie roch sogar wie ein Dienstmädchen: die gleiche Mischung aus altem Knoblauch, Kräuteröl und Mundgeruch.

„Weine nicht“, sagte sie. „Dein Vater ist nun mal so. Er schämt sich für mich. Er kommt dich wieder abholen, sobald es deiner Mutter gut geht. Komm jetzt. Zeit, das Schweinefutter vorzubereiten. Willst du zusehen?“

Das wollte ich. Wir kehrten in den Schweinestall zurück. Diesmal fielen mir einige große Bananenstrünke auf, die an einer Wand lehnten. Sie legte einen auf den Boden neben einem großen aus einem Baumstumpf bestehenden Hackblock, nahm ein großes Beil in die Hand und begann den Strunk in Scheiben zu hacken. Das machte scharfe, knirschende Geräusche.

Ich nahm nicht an, dass sie mich mit dem großen und schweren Messer hantieren lassen würde, also hockte ich mich neben sie und sah zu, wie sie den Bananenstrunk in Scheiben hackte und dann in einem rußig-schwarzen Benzinkanister über einem rauchigen Holzfeuer verkochte. Die Schweine trotteten schwerfällig durch den Stall, schnaubten und grunzten und warteten ungeduldig auf ihr Futter.

Nach der Fütterung war es dunkel geworden. Wir gingen zurück ins Haus, wo sie eine Petroleumlampe entzündete, in deren trübem Licht sie ein einfaches Abendessen zubereitete. Es schmeckte alles sehr merkwürdig, aber ich hatte Hunger. Dann war Schlafenszeit. Keine Wäsche, kein Zähneputzen. Ich zog nur einfach meinen Schlafanzug an und legte mich ins Bett. Das Bett war nichts als eine Holzplattform einen halben Meter über dem Boden, wo eine Patchworkdecke sowohl als Matratze als auch als Bettdecke diente. Ein weiterer, zusammengelegter Quilt war mein Kopfkissen. Sie legte sich neben mich auf den Rücken und rückte ihren Kopf vorsichtig auf einer Zigarettendose zurecht, die sie als Kissen benutzte.

Die Nacht legte sich über uns, ein pechschwarzes Pandämonium aus zirpenden Grillen, quakenden Fröschen, wisperndem Laub und Moskitogesirr. Ich weiß noch, dass ich mitten in der Nacht wegen eines klopfenden Lauts direkt am Fenster aus dem Schlaf fuhr. Ich fing an zu weinen und fühlte ihre Hand aus der Dunkelheit kommen, um mich zu trösten und ihre Stimme sagte mir, es sei nur ein Vogel.

Später wachte ich wieder auf von einem dumpfen Aufprallgeräusch draußen. Es war noch dunkel, aber meine Großmutter war schon zugange, und die Petroleumlampe in ihrer Hand warf große, unförmige und wandernde Schatten auf die Wand, während sie sich bewegte.

„Mangostane“, sagte sie, als sie hörte, dass ich mich aufgesetzt hatte. „Die reifen fallen auf den Boden. Wir gehen nachher raus und sammeln sie ein.“ Und das taten wir auch.

Einmal ging ich mit ihr auf den Markt. Wir gingen die ganze Strecke zu Fuß, sie schob einen Handkarren vor sich her, in dem eine Auswahl von Wurzeln und Gemüsen lag und ein kleiner grob geflochtener Bambuskorb voller quiekender Ferkel.

Um zum Markt zu gelangen, wanderten wir tiefer in den Wald hinein, bis wir auf Bahngleise trafen. Denen folgten wir bis zu einer Straße und einem Städtchen, wo unter freiem Himmel der Markt stattfand. Dort verkaufte sie ihre Ferkel, Wurzeln und ihr Gemüse. Es war heiß, und die Sonne stach mir in die Haut, aber ich wurde mit einem süßen Rübenzuckerlutscher an einem Stäbchen bei Laune gehalten, den sie bei einem Fahrradhöker erstand.

Als sie ihre Waren verkauft hatte, aßen wir Nudeln an einem Stand, kauften Nadel und Faden, ein paar Stoffreste, Reis, Salz, Öl zum Kochen, Petroleum, Seife und Zahnpasta für mich. Dann stellte sie ihre Karre vor dem Kramladen ab, und wir machten eine Fahrt in einer Fahrradrikscha, die von einem Mann namens Ah Tee gefahren wurde. Sie erzählte mir, dass sie sich um ihn gekümmert hatte, als er ein Baby war. Auf dem Nachhauseweg ließ sie mich im Karren sitzen.

Ich weiß gar nicht, wie lange ich bei ihr blieb. Die Tage gingen ineinander über, und es gab immer irgendetwas zu tun.

Wir sammelten die harten, grauen Samenkörner einer am Wegrand wachsenden Pflanze und fädelten sie auf eine Schnur, um daraus Halsketten und Armbänder zu machen. Wir sammelten rote Sagakörner. Sie überließ mir ihre Gummibänder, aus denen ich mir ein elastisches Springseil bastelte. Wir bastelten Federbälle aus Hühnerfedern und Gummistücken, die wir aus einem Fahrradschlauch herausschnitten. Wir sammelten runde und glatte Steine zum Aufbewahren. Und sie brachte mir bei, wie man Schweinchen auf der Leiter spielt.

Meine Großmutter, die Schweinehirtin, war eine bessere Kinderpsychologin als meine Mutter, die ausgebildete Lehrerin. Sie schaffte es, mir ein Gefühl von Zuhause zu geben, indem sie mich zu einem Teil ihres täglichen Lebens machte, und dort, weit weg von den Regeln meiner Mutter und den Gewohnheiten der Dienstboten, erlebte ich das einzige Mal das, was die Leute, glaube ich, meinen, wenn sie von einer unbeschwerten Kindheit reden.

An solchen Abenden im Lampenschein, wenn es nichts anderes zu tun gab, als sich miteinander zu unterhalten, erfuhr ich dann auch mehr über ihren Abschied aus dem Haus meines Großvaters.

Meine Großmutter war eine Leibeigene gewesen, die meinem Großvater verkauft wurde, als sie zehn war. Ihre Mutter hatte ihr gesagt, sie würde die persönliche Dienerin von Großvater Lims ältestem Sohn sein, der damals dreizehn oder vierzehn war. Aber als sie in seinem Haus war, stellte sie fest, dass ihre Arbeit darin bestand, die Opiumpfeifen von Großvater Lim anzuwärmen. Als sie in die Pubertät kam, musste sie dann auch sein Bett anwärmen, und so wurde denn auch mein Vater gezeugt.

Als mein Großvater starb, war mein Vater kaum aus dem Säuglingsalter heraus, und da meine Großmutter eine Leibeigene war, machten die Söhne der anderen Ehefrauen ihr und meinem Vater das Leben schwer. Technisch gesprochen war sie eine Sklavin, und man hätte ihr nie erlaubt, das Haus zu verlassen. Aber die Zinnkrise in den Dreißigern setzte der Familie so zu, dass sie, als meine Großmutter vorschlug, mit ihrem Kind zurück zu ihrer Familie zu gehen, dankbar war, sie loszuwerden. Zwei Mäuler weniger, die gefüttert werden mussten. Zu der Zeit war mein Vater bereits ein Teenager, kein Baby mehr, wie er mir vorgemacht hatte, und er musste die Schule verlassen und anfangen zu arbeiten.

An einem dieser Abende erfuhr ich auch von der Existenz meiner Tante Bobo, eine Kurzform von Charbo, was so viel hieß wie „Weibchen“, damals eine gängige Bezeichnung für Hokkienmädchen. Bis heute kenne ich keine effektivere Art, ein Kind so zu entpersönlichen. Aber meine Großmutter behauptete, dass Bobo als einzige Tochter von der ganzen Familie verwöhnt worden war. Sie war fast ebenso alt wie mein Vater und wurde zur Favoritin des ältesten Sohnes meines Großvaters erster Frau. Bobos eigene Mutter war die fünfte Frau, ein Findelkind aus dem Kloster, das auch als Opiumgehilfin für Großvater Lim begonnen hatte und in seinem Bett geendet war.

Nach dem Tod meines Großvaters nahm sein ältester Sohn Bobo sie unter seine Fittiche. Da er sich als modernen Mann empfand, schickte er sie auf eine englische Mädchenschule und veranlasste Klavier- und Tanzunterricht für sie. Als sie älter war, führte er sie im Chinese Recreation Club ein. Manchmal lud er Freunde nach Hause ein, dann spielte sie Klavier für sie oder tanzte mit ihnen zu Grammophonmusik. Für ein chinesisches Mädchen jener Jahre war das eine ungewöhnlich liberale Erziehung. Und daher, schloss meine Großmutter, war auch niemand sonderlich erstaunt, als sie sechzehnjährig mit dem malaiischen Trompeter der Clubband auf und davon ging und man nie wieder von ihr hörte.

Im darauffolgenden Schuljahr lernte ich Treuebruch und Verrat. Ich lernte, meiner Großmutter ihr wahres Leben abzusprechen.

Warum ich das eigentlich tat, weiß ich nicht mehr. Das Verhalten meines Vaters mag damit zu tun gehabt haben. Als er auftauchte, um mich wieder abzuholen, sprach er kaum ein Wort mit ihr. Gerade dass er ihr ein wenig Geld in die Hand drückte, dann führte er mich zu dem wartenden Taxi. Ich nehme an, er hat ihr gedankt, aber es sah aus wie eine geschäftliche Rechnungsbegleichung. Und dann hat er sie mir gegenüber bis nach ihrem Tod nicht mehr erwähnt.

Ich hatte meine Zeit bei ihr genossen. Ich hatte sie sogar ins Herz geschlossen, auf die kurzlebige Art, in der Kinder ihre Zuneigung schenken. Sobald ich wieder in meinem Milieu von Kleinstadtkindern aus bürgerlichen Verhältnissen war, war ich stolz sagen zu können, dass ich eine Großmutter hatte. Aber etwas in mir wusste, dass der kleine Bauernhof, die Schweine und die Hütte mit dem Boden aus gestampfter Erde mein Geheimnis bleiben mussten. Worüber ich reden konnte war, dass mein Großvater ein wohlhabender Mann gewesen war und ich eine glamouröse Tante hatte, die Klavier spielte und tanzen konnte.

Im Laufe der Zeit vergaß ich meine Großmutter, wie sie wirklich war. Ich sah sie nie wieder, wollte sie auch nicht wieder sehen. Genau wie mein Vater schob ich die Wahrheit über ihre Existenz aus meiner Familiengeschichte und meinem Leben hinaus.

Ein paar Jahre später stieg mein Vater in der Beamtenhierarchie auf. Wir zogen in ein größeres Haus. Unser Sozialstatus wuchs. Als ich aufs Gymnasium kam, lebten wir in einem freistehenden Bungalow. Entsprechend wuchs auch das Bedürfnis nach einer vorzeigbaren Familiengeschichte. Und ich wurde zum Snob.

Es war ein Verhalten, das ich von meinen Eltern lernte und fleißig kultivierte, indem wir Posen, Verhaltensweisen und Meinungen aus englischen Büchern, australischen Frauenzeitschriften und amerikanischen Filmen übernahmen. Man aß, indem man Messer, Gabel und Löffel so und nicht anders benutzte. Man rümpfte die Nase über Leute, die mit den Fingern aßen und über Esstände am Straßenrand. Man mokierte sich über dies und belächelte jenes, alles, was nicht von den Büchern, Zeitschriften und Filmen geweiht worden war.

Und wie alle Snobs lebten wir in der permanenten Furcht, etwas falsch zu machen. Meine Mutter, die ebenfalls nie über ihre Eltern redete, durchforstete die Seiten ihrer Wochen- und Monatszeitschriften nach Tipps über Etikette und gesellschaftliche Feinheiten, wie die Frage, ob die englische Königin sich ihren Tee vor oder nach der Milch einschenkte. Mein Vater umgab sich um jeden Preis mit englischen Dingen, bis hin zu seinen Socken und Schnürsenkeln.

Aber dennoch waren wir keine Imitatoren, die so getan hätten, als wären sie Weiße oder Briten. Wir wussten schon, was wir waren: englisch erzogene Malaysier chinesischer Herkunft. Aber vielleicht war uns der Unterschied zwischen uns und den traditionelleren Chinesen allzu bewusst, deren Werte und Verhaltensweisen wir als schwer verständlich empfanden.

Was mich betrifft, so weiß ich heute, dass mein eigenes Gefühl der Isolierung viel zu tun hatte mit jener Begegnung mit meiner Großmutter und der plötzlichen Erkenntnis, dass in meiner eigenen Familie irgendetwas nicht stimmte: dass mein Großvater ein Opiumabhängiger war, meine Großmutter eine Leibeigene, dass meine unbekannte Tante Bobo einen Namen trug, der gerade eben ihr Geschlecht feststellte, aber ihrem Wert als Individuum Hohn sprach. Und natürlich das Verhalten meines Vaters gegenüber seiner Mutter.

Als ich älter wurde, begann dieses Unwohlsein Teil meines Snobismus zu werden. Die Ablehnung meiner kulturellen Wurzeln bestand nicht mehr nur darin, dass ich mich für meine Vorfahren als Individuen schämte: Sie ging so weit, dass ich mit einer ganzen Kultur nicht länger identifiziert sein wollte, einfach weil diese Kultur eine solche Entmenschlichung zuließ.

Was immer die Gründe meiner Eltern gewesen sein mochten, einen Strich unter ihre Vergangenheit zu ziehen – das Ergebnis war dasselbe: Wir waren in einem kulturellen Vakuum gestrandet und begannen das einzige Wertesystem aufzusaugen, das uns dank einer erlernten Sprache und ihrer allgegenwärtigen Medien zur Verfügung stand.

Wir verwestlichten nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil uns nichts anderes übrigblieb.

Die Rassenunruhen vom Mai 1969 zwangen uns, unsere Position zu überdenken. Belagert und von allen Seiten umstellt, aber gefühlsmäßig unfähig Partei zu ergreifen, gerieten wir in die unglückliche Lage, Chinesen zu sein, ohne uns sonderlich chinesisch zu fühlen, und das in einer plötzlich antichinesisch gewordenen Welt.

Vor den Unruhen hatte ich geplant, an der Universität englische Literatur zu studieren. Aber nun vermochte ich nicht mehr zu sehen, wozu das in der unsicheren neuen Welt gut sein würde, die diejenige ersetzen würde, die gerade vor unseren Augen zerstört wurde. Nach dem Ende der Unruhen sah ich zu, wie meine vormaligen Klassenkameradinnen ein Studium begannen oder eine Ausbildung oder eine Arbeit und ihren Platz in einer Welt einnahmen, die gerade dabei war, in eine neue Umlaufbahn zu schlingern. Woher nahmen sie ihr Vertrauen, ihre Zielstrebigkeit, ihren Glauben an eine Zukunft? Das Einzige, was ich verspürte, war, dass es bei mir an der Minimalvoraussetzung für eine Zukunft fehlte, nämlich dem Besitz des Hier und Heute.

Gegen Ende 1969 erhielten wir einen Brief von Ah Tee, dem Rikschafahrer, um den sich meine Großmutter gekümmert hatte, als er ein Baby war. Er war auf Chinesisch geschrieben, und wir mussten einen Chinesischlehrer von der Schule bitten, ihn uns zu übersetzen. Er schrieb, dass meine Großmutter ein paar Monate zuvor verstorben sei, von einem Bus überfahren, als sie mit ihrem Karren voller Ferkel und Gemüse zum Markt unterwegs war. Ah Tee hatte sie auf der Straße gefunden und in ein Krankenhaus gebracht, wo sie ein paar Tage später starb. Er hatte sich erlaubt, sich um das Begräbnis zu kümmern, da er zu der Zeit nicht wusste, wie er uns erreichen konnte. Außerdem war er so frei gewesen, die Ferkel zu verkaufen, um die Krankenhauskosten, den Sarg und die Grabstätte begleichen zu können.

Eine Woche danach hörten wir von den Anwälten. Meine Großmutter hatte mir alles hinterlassen. Ihre Einlagen in einen von einer chinesischen Organisation geleiteten Rentenfonds waren nicht sehr hoch, obwohl sie die längste Zeit ihres Lebens eingezahlt hatte. Dennoch summierte sich ihr Erspartes bei dieser einzigen Bankgesellschaft in der benachbarten Stadt auf beinahe 200.000 Ringgit.

Ich weiß nicht, was meine Eltern mich in normalen Zeiten mit diesem Geld hätten tun lassen. Aber da das Trauma der Unruhen immer noch frisch in ihrem Gedächtnis war, drängten sie mich, mit einem Teil des Geldes außer Landes zu gehen und einen Staat zu finden, in den ich einwandern könnte, ein Land, in dem ich sicher und glücklich wäre.

Ich habe wenig Erinnerungen an meine Zeit als umherirrende chinesische Malaysierin auf der Suche nach einer freundlichen Landschaft, in der ich Wurzeln schlagen könnte. Ich reiste durch ganz Westeuropa, aber bis zu der Zeit, als ich Michael Templeton kennenlernte, bleiben alle Erfahrungen und Erinnerungen vage und unscharf wie die verblassten Schnappschüsse und Studio-Fotos, die meine Mutter, solange ich mich erinnern konnte, in einer alten Jacob’s Cream Crackers Dose aufbewahrt hatte. Am besten erinnere ich mich an meine Zeit in München, vielleicht, weil das die Stadt war, die ich mir für mein Studium herausgesucht hatte, wahrscheinlicher aber, weil ich dort Michael Templeton kennenlernte.

Als Kind der Sonne lebte ich nach ihren Bewegungen. An Wintermorgen blieb ich im Bett, bis der hell werdende Himmel mir sagte, es sei Zeit aufzustehen. An Sommermorgen stand ich bei Dämmerung auf und machte lange Spaziergänge durch den nahegelegenen Englischen Garten oder durch den Park von Schloss Nymphenburg. An Tagen, an denen ich abenteuerlicher gesinnt war, bestieg ich Busse oder Straßenbahnen und stieg aus, wenn mir danach war, um unbekannte Viertel der Stadt zu erkunden. An heißen Tagen suchte ich Kühle in Barockkirchen. An kalten Tagen suchte ich die Wärme eines Museums. In Buchläden verbrachte ich Stunden und verzehrte mich nach seltenen Ausgaben, die aber zu kaufen ich mich nicht reich und erwachsen genug fühlte. Mit der Zeit überwand ich das peinliche Gefühl, alleine in der Öffentlichkeit zu essen und betrat regelmäßig um fünf Uhr nachmittags gemütliche Cafés irgendwo in der Stadt, um dort in der Gesellschaft übergewichtiger Damen und ihrer Hunde Tee und Kuchen einzunehmen.

Rein körperlich war ich aktiver denn je in meinem Leben. Aber unter all der Aktivität lag eine lastende Stummheit, wie ein Kloß im Hals, der nicht verschwinden wollte. Ich kannte mich selbst noch nicht gut genug, um dieses Gefühl als das zu identifizieren, was es war: Einsamkeit. Ich vermisste niemanden, da ich niemals jemandem nahe genug gewesen war, um ihn vermissen zu können. Ich hatte auch nicht das Bedürfnis, mit jemandem zu reden. Wie in meiner Kindheit war ich es zufrieden, Selbstgespräche zu führen.

Aber mittlerweile schrieben wir 1970. In ganz Europa machten junge Leute ein Credo daraus, Liebe statt Krieg zu machen. Wo ich hinsah, waren nur Pärchen oder Gruppen junger Menschen. In jeder Ecke umarmten sich junge Paare und küssten sich hingebungsvoll und vorsichtig herausfordernd. Sogar die Älteren ließen sich anstecken. Im Sommer oder an Tagen, wenn der Föhn warme Luft von den Alpen herabwehte, konnte man dicke alte Hausfrauen dabei sehen, wie sie in den Parks die Kniestrümpfe auszogen, den Rock hochschoben, die Bluse aufknöpften und ihren Körper der Sonne preisgaben.

Die Einzige, die unbeeindruckt neben dieser Lawine von Spontaneität stand, war ich. Jedenfalls kam es mir so vor.

Die Gewohnheit der Entfremdung ist sehr schwer zu durchbrechen.

Drittes Kapitel6. Februar 1974

Michael selbst war es, der mich am Bahnhof von Ipoh erwartete, um mich nach Ulu Banir zu fahren.

„Du hast abgenommen“, sagte er, während er meinen Koffer nahm.

„Das ist die Hitze. Schmilzt das Winterfett weg.“

„Tut mir leid wegen deines Vaters. Wie geht’s deiner Mutter?“

„Gut. Und deinem Vater?“

„Du wirst es nicht glauben“, sagte er, als er den Wagen anließ. „Er will heiraten.“

„Ha!“ Ich musste unwillkürlich auflachen. „Wen denn?“

„Auch das wirst du nicht glauben. Cynthia.“

„Cynthia? Die Cynthia von Hafiz? Entschuldige – ich meine, hatte sie nicht vor, Hafiz zu heiraten?“

„Das hatte sie. Bis sie hier herkam.“

„Jetzt hör schon auf mit der Geheimnistuerei. Erzähl! Was ist passiert?“

„Ehrlich gesagt weiß ich es nicht genau. Du erinnerst dich, dass Hafiz letzten Sommer mit Cynthia nach Hause gekommen ist, damit sie sich an den Gedanken gewöhnen kann, hier zu leben und alles? Jedenfalls, als ich zurückkam, im Oktober, war alles vorbei. Seit ich hier bin, hat Cynthia bei uns gewohnt, und heute Morgen hat Dad mir mitgeteilt, dass er vorhat, sie zu heiraten. Sie wollen die Verlobung heute Abend im Club bekanntgeben.“

„Eine Verlobungsfeier? Das klingt ja entsetzlich förmlich!“

„Dad ist von der alten Schule, weißt du. Nein, ernsthaft, es soll keine klassische Verlobungsfeier werden. Heute Abend findet im Kota Banir Club ein Chap Goh Meh Ball statt, und Dad fand, das wäre eine gute Gelegenheit, die Sache öffentlich zu machen. Das ist ja auch nur eine Formalität. Ulu Banir ist ein kleiner Ort, und die paar Leute, die an unseren Tisch eingeladen sind, werden nicht gerade vor Überraschung in Ohnmacht fallen, wenn Dad die Neuigkeit bekanntgibt. Ich sag es dir auch nur deswegen jetzt, damit du uns heute Abend nicht alle vor Scham im Boden versinken lässt, indem du in Ohnmacht fällst. Genug damit, und was hast du so gemacht? Ehrlich gesagt war ich ein bisschen enttäuscht, dass du mich dich nicht hast besuchen lassen, obwohl mir natürlich klar ist, was du alles um die Ohren hattest.“

„Allerdings, ich hatte keine ruhige Minute. Und wenn du auch noch dagewesen wärst, wäre ich vollkommen übergeschnappt.“

„Übergeschnappt! Eine zurückhaltende, zarte Seele wie ich, der die liebende Fürsorglichkeit aus allen Poren quillt?“

Ich musste lachen.

„Es wäre nicht so ganz leicht gewesen, deine liebende Fürsorglichkeit zu genießen, während meine Mutter mir auf den Füßen steht.“

„Aha, die ist also auch von der alten Schule…“

„Von der ganz alten.“

Während Michael fuhr, wanderten meine Gedanken zu Cynthia. Aber das Einzige, woran ich mich erinnern konnte, war, wie schön sie war.

Im Dezember 1971, als es begann, nach Schnee auszusehen, hatte Michael mich eingeladen, Weihnachten mit ihm in London zu verbringen. An Heiligabend gab er eine kleine Dinnerparty in seiner Wohnung, und einer der ersten Gäste, die eintrafen, war Cynthia. Schon in diesem Augenblick war ich baff angesichts ihrer perfekten Schönheit. Offen getragenes langes, glattes blondes Haar, babyblaue Augen, schimmernde Haut, gerade Nase, symmetrisch geformte Lippen und eine Figur, der es gelang, zugleich vollbusig und schlank auszusehen. Ihr figurbetonter weißer Hosenanzug, zu dem sie Schuhe mit Plateausohlen trug, betonte ihre schmale Taille und ihre langen Beine. Ich weiß noch, dass ich gegen das Bedürfnis ankämpfen musste, sie die ganze Zeit anzuschauen, ganz einfach, weil sie eine solche Augenweide war. Sie war wie eine lebende Barbiepuppe.

Begleitet wurde sie von Hafiz, Michaels Kindheitsfreund aus Ulu Banir. Im Laufe des Abends reimte ich mir zusammen, dass die beiden vorhatten, nach Hafiz’ Juraexamen zurück nach Malaysia zu gehen, damit sie sich an das Land gewöhnen könnte, bevor sie heirateten. Während des Essens sprach sie wenig, wirkte aber freundlich. Mir fiel auf, dass Hafiz ebenso still war. Später, als hätte ihre gemeinsame Zurückhaltung sie zusammengeschmiedet, verbrachten sie den Rest des Abends damit, ausschließlich miteinander zu tanzen. Es hätte wenig Sinn gehabt, zu rätseln, worüber die beiden reden mochten, wenn sie alleine waren, weil ihre Haltung den Eindruck erweckte, dass sie es nicht nötig hatten, miteinander zu reden. Sie machten den Eindruck, sehr verliebt zu sein, und es war schön, ihnen dabei zuzusehen.

Ich konnte nicht anders, als sie mit mir und Michael zu vergleichen. Wo ihre Beziehung sie nach innen zog und ihnen eine Selbstgenügsamkeit verlieh, die die Welt ausschloss, schob meine Beziehung zu Michael uns beständig in Gesellschaft. Ich weiß noch, dass ich mich fragte, wie es sein müsse, so ganz auf einen Menschen fixiert zu sein und so gänzlich in ihm aufzugehen.

Was mich betraf, verspürte ich, obwohl ich mir selbst sagte, dass ich Michael liebte, häufig ein tiefes Bedürfnis, alleine zu sein, den Drang, mit etwas beschäftigt zu sein, das mich von ihm entfernte, geistig, wenn schon nicht physisch. Ihm muss es ähnlich gegangen sein, denn wann immer wir Liebe gemacht hatten, lösten wir uns beide voneinander und schlugen ruhelos vor, jetzt spazieren zu gehen oder ins Kino oder essen, oder eine weitere Flasche Wein zu entkorken oder eine neue Platte aufzulegen. Wir hatten das permanente Bedürfnis zu reden, uns aufzuziehen, Witze zu machen. Was alles Akte des Wegkommens voneinander sind. Keine Spur jenes reinen Aufgehens ineinander.

Einmal an jenem Abend musste ich auf die Toilette. Als ich rauskam, wartete Cynthia vor der Tür. Sie lächelte mich an – schüchtern, schien mir – und fragte mich, ob mir der Abend gefiele. Ich sagte ja und dir? Und da leuchtete ihr Gesicht in einem Lächeln auf, das – wie nicht anders zu erwarten – gerade, weiße, kleine Zähne offenbarte. Sie antwortete enthusiastisch, sie würde sich extrem wohl fühlen. Dann betrat sie das Badezimmer und schloss hinter sich ab.

Das waren die einzigen Worte, die ich je mit Cynthia wechselte, der Frau, die meine Zukunft auf solch seltsame Art und Weise beeinflussen sollte.

Mein Austausch mit Hafiz an jenem Abend war eher noch eingeschränkter. Irgendwann im Laufe des Abends war ich in die Küche gegangen, um mein Weinglas nachzufüllen. Hafiz war auch dort und goss sich gerade ein Glas Orangensaft ein. Vielleicht fühlte er sich genau wie ich wegen der erst kurz zurückliegenden Ausschreitungen gehemmt, jedenfalls lächelten wir uns nur stumm und scheu an, vermieden einen zu lange andauernden Augenkontakt und waren unfähig, Freundschaft zu schließen, weil wir unfähig waren, die Rivalität zur Sprache zu bringen, deren Erbe wir aufgrund des Zufalls unserer Geburt waren.

Ich kehrte wieder in die Gegenwart zurück und bemerkte, dass Michael von der Fernstraße abgebogen war. Ich nahm also an, dass wir jetzt nach Ulu Banir unterwegs waren. Mit jeder Meile, die wir zurücklegten, hatte ich stärker das Gefühl, in die Vergangenheit zu reisen. Neue Plantagen aus harten und stachligen Ölpalmen machten Platz für die schattigen Baldachine alter Gummibäume. An manchen Stellen gab es noch immer Alleen aus Lebbekbäumen, Waldfeuer und Narrabäumen, die einst zuerst von den Engländern gepflanzt worden waren und sich seit 40 Jahren nicht verändert hatten.

Die Dächer, Wände und Ziegel der malaiischen Häuser am Straßenrand wurden immer traditioneller. Diese Häuser standen auf ihren Holz- und manchmal Betonpfählen, wie sie das schon seit Jahrhunderten getan haben mussten, beschattet von Obstbäumen, in sauber gerechten Gärten ohne Zäune oder Tore. Die glänzenden japanischen Autos, die ich in den Einfahrten der Häuser gesehen hatte, an denen wir eine Weile zuvor vorübergefahren waren, fielen jetzt nur mehr durch ihre komplette Abwesenheit auf.

Dafür sah ich häufiger aufgelassenes Land voll wildem Gras und Gebüschen, Reisfelder, Gemüseanbau, Baggerseen, umgeben von Sandhügeln und Buschland und surreale Wälder voll laubloser Bäume in überschwemmter Sumpflandschaft. Und immer, in der Ferne im Osten, die Berge, grün vor Dschungel, blau im Nebelgespinst und manchmal grell weiß dort, wo die schroffen Kalksteinfelsen zu sehen waren.

Ich hatte vergessen, wie schön dieses Land sein konnte.

Nach einer Weile verkündete Michael, dass wir uns auf der Zufahrtsstraße zu Jocks Hill befanden, benannt nach seinem Großonkel. Es war eine schöne Allee, die abwechselnd von roten und gelben Feuerbäumen und blühenden Gebüschen bestanden war. Hinter ihr konnte ich auf der einen Seite die kühlen, waldigen Tiefen einer Kautschukplantage sehen, auf der anderen die dunkelgrünen Strahlenkränze junger Ölpalmen, die in meiner Fantasie an die in Reih und Glied ausgerichteten Grabsteine auf einem englischen Soldatenfriedhof erinnerten.

Michael erzählte, dass mittlerweile ein Großteil der Plantage und des umgebenden Landes Yusuf gehörte.

„Yusuf? Du meinst den Vater von Hafiz?“ Ich war verblüfft. „Ich habe noch im Kopf, dass du mir erzählt hast, er sei der Chauffeur deines Vaters gewesen, und seine Mutter dein Kindermädchen. Die müssen sich ja extrem gut geschlagen haben, um so viel von dem Land hier in ihren Besitz zu bringen.“

„Ich schätze ja“, sagte Michael, „obwohl Dad natürlich immer noch einen ordentlichen Anteil an dem Besitz hält und weiterhin beratender Direktor ist. Aber wer weiß, was sich noch ändert, jetzt, wo er neue Interessen hat. Weißt du, eine neue Frau, womöglich sogar weitere Kinder!“