Ehe, Sex & Liebesmüh' - Klaus Heer - E-Book

Ehe, Sex & Liebesmüh' E-Book

Klaus Heer

4,6

Beschreibung

Einblicke in das Innerste der ehelichen Zweisamkeit: Wie machen es die anderen im Bett, wie geht es ihnen dabei? Was spielt sich ab hinter all den verschwiegenen Ehefassaden? Klaus Heer - einer der profiliertesten Paartherapeuten im deutschsprachigen Raum - widmet sich in seinem neu aufgelegten Bestseller "Ehe, Sex & Liebesmüh'" den immerwährend zentralen Beziehungsthemen. Interviews mit neun Männern und elf Frauen im Alter zwischen 33 und 74 Jahren, verheiratet seit zehn bis 51 Jahren, aus allen sozialen Schichten, aus Land und Stadt zeigen die schönen, die beunruhigenden, die pragmatischen und die resignierten Seiten von Beziehungen. Heer fragt geschickt, lässt vieles stehen und spricht ungehemmt von Sex, was diesem Buch eine unerreichte Direktheit gibt und es zu Recht zum Klassiker in der Partnerschafts-Literatur gemacht hat.

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Heer

Ehe, Sex & Liebesmüh

Liebe Leserin, lieber Leser,

Sie werden es mir nicht glauben, aber ich habe dieser Tage eine grosse Überraschung erlebt. Für die Neuauflage dieses Buches sollte ich ein neues Vorwort schreiben. Also blätterte ich etwas darin und – blieb hängen! Ich musste lesen und lesen und lesen. Eine Geschichte nach der anderen. Als läse ich das alles zum ersten Mal. Und mit Genuss!

Sie können einwenden, ich sei wohl schon ein wenig am Alzheimern. Das ist möglich; schliesslich ist es mehr als sechzehn Jahre her, seit das Buch zum ersten Mal erschienen ist. Und in dieser Zeit habe ich es nie mehr von innen angeschaut. Es ist mir immer peinlich, meine eigenen Texte später wieder zu lesen. Darum schreibe ich lieber neue.

Natürlich hat mich vieles angeheimelt beim Lesen. Stimmungen bei den Interviews, die beinahe selbstverständliche Unverschämtheit, die da herrschte. Und auch die Scham, die jederzeit hinter der nächsten Ecke hervorlugen konnte. Bei den zwanzig Informanten und bei mir selber. Daran erinnerte ich mich lesend mehr und mehr. Sogar einzelne Gesichter sah ich noch vor mir, nicht alle.

Doch überraschend war für mich die Atmosphäre in dem Buch. Eine frische, wache Brise streicht durch die rund 330 Seiten, durch die rund 2000 Fragen und Antworten. Keine falschen Hemmungen, kein moralischer Unterton, kaum therapeutisches Wortpathos, kein voyeuristisches oder exhibitionistisches Absahnen, nichts. Nichts als die unaufgeregte Vogelperspektive auf die einfache Frage: Was machen eigentlich die anderen im Bett miteinander? Was genau?

Nur damit es klar ist: Die Pornografie kann hier nicht viel Brauchbares beisteuern. Auch nicht, wenn sie schleimhautnah an die Organe heranzoomt. Sie ist die Antwort auf eine ganz andere Frage. Nämlich: Welche digitalen Szenen produzieren möglichst ohne Umschweife Schwellkörperstarre und Ejakulat? Mit unserer real existierenden Sexualität hat das nichts zu tun. Unter anderem, weil wir Männer hier unsere aufgegeilte Rechnung ohne die Frau machen. Das heisst genau genommen, auf deren Kosten.

Ganz anders im Buch. Da habe ich jetzt beim Lesen die liebevoll-kühle ornithologische Betrachtung des Vögelns der anderen genossen. Denn Sie wissen ja, wir sind doch wohl die einzige Gattung unter den Wirbeltieren, der es gewöhnlich verwehrt ist, den eigenen Artgenossen beim Kopulieren zuzuschauen und dabei etwas zu lernen. Das macht man nicht. Und so fängt jedes Paar beim Lieben ganz von vorn an. Das hat sicher seinen speziellen Reiz, aber die Methode Versuch und Irrtum ist häufig ein grosser Umweg, nicht selten ein enttäuschender Holzweg.

Es ist indes nicht ganz sicher, ob es überhaupt einen sinnvollen und effizienten Wissens- und Erfahrungstransfer gibt, was Emotionales und Sexuelles betrifft. Alle meine zahllosen Berufskollegen, die Beratungsbücher schreiben, hegen offenbar keine solchen Zweifel. Ich selbst habe mich vor einigen Jahren auch dazu hinreissen lassen, ein solches Besserwisserbuch auf den Markt zu bringen. Inzwischen erscheint es mir immer wahrscheinlicher, dass solche Beratungsangebote in Buchform zwar viel gekauft, aber selten gelesen und fast nie umgesetzt werden.

Das hat in erster Linie damit zu tun, dass ich es ganz ehrlich gesagt nicht »besser wissen« kann. Bestimmt nicht besser als Sie beispielsweise, wenn Sie sich neugierig und unbeirrt und herzhaft mit Ihrem Liebesleben beschäftigen. Ich weiss zum Beispiel nicht einmal wirklich, was guter Sex überhaupt sein könnte, geschweige denn, wie man ihn erreicht.

Richtige Bettgeschichten wie hier in diesem Buch sind hingegen von ganz anderem Kaliber. Sie haben die Potenz, uns diskret mit Fragen zu bedrängen statt mit beliebigen Allerwelts-Antworten zu betäuben. Ich kann beim Lesen unmöglich dem Reflex ausweichen, mich selbst zu befragen und in Frage stellen zu lassen. Mich, mein Mann- oder Frausein, meine Liebes- und Lebenslust, meine ganze Liebesgeschichte.

Ich habe mich immer wieder gefragt, ob ich heute noch im Stande wäre, ein solches Buch oder ein ähnliches zu schreiben. Ich glaube nicht. Mir ist wohl die unerschrockene Direktheit abhanden gekommen, mit der ich 1995 als Frager in die ehelichen Schlafzimmer eingedrungen bin. Meine Schambereitschaft hat zugenommen in den letzten Jahren. Ebenso der Winkel meiner Sicht auf die Sexualität; sie ist eine Weitwinkelperspektive geworden. Sexuelles hängt für mich zunehmend zusammen mit Liebe, Leben und Zusammenleben. Ich brauche nicht mehr unter die Bettlaken zu fokussieren.

Umso glücklicher bin ich, dass ich dieses Buch nicht noch einmal schreiben muss; es ist jetzt von selbst wieder neu da. Ich bin auch glücklich, weil ich weiss, dass schon viele Leute ihre Freude daran hatten. Die inzwischen verstorbene bekannte Zürcher Paartherapie-Expertin Rosmarie Welter-Enderlin schrieb in Facts über das Buch: »Da läuft einem bei der Lektüre doch regelrecht das Wasser im Mund zusammen.«

Klaus Heer

Dank

Undenkbar wäre dieses Buch gewesen, wenn die elf Frauen und neun Männer auch nur ein bisschen weniger offen und mutig gewesen wären, auch jene elf, die sich mir anvertrauten und für deren Interview dann schliesslich kein Platz war im Buch. Ich würde sie gerne alle hier namentlich aufführen, wenn ich könnte. Sie haben mich reich beschenkt.

Dankbar bin ich den interessierten Menschen in meiner Umgebung. Mit ihnen konnte ich über das Buchprojekt brüten und streiten. Sie sahen das Manuskript durch und bremsten und ermutigten mich im richtigen Moment, jeder und jede auf seine, ihre Weise:

Urs Allemann, Markus Baumann, Schano Baumann-Kurmann, Hans Businger, Muriel Kämpfen Heer, Hans-Rudolf Lehmann, Jürg Lenggenhager, Thomas Liechti, Peter Métraux, Andy Mettler, Madeleine Moor-Leu, Ruth Pewsner-Fischer, Rebekka Roche, Ruth Rutz, Rita Schwarzer, Christoph Thomann.

Ich danke von Herzen. Klaus Heer

YVONNE B.-O. ist 33 Jahre alt, von Beruf Hausfrau und Verkäuferin im eigenen Geschäft, seit 18 Jahren liiert und seit zehn Jahren verheiratet mit Franz, 39 Jahre, Kaufmann; eine Tochter, zehn Jahre, und ein Sohn, sechs Jahre alt. Ihre Grösse: 170 Zentimeter, ihr Gewicht: 98 Kilogramm. Hobbys: Badminton, Sticken.

Blockiert und etwas angewidert

Er sagt ab und zu: »Ich möchte dich sehr gern mit dem Mund lieben.« Das geht eben nur, wenn ich frisch geduscht bin. Lacht. Sonst bin ich nicht bereit, tut mir leid. Am Morgen vor dem Duschen könnte ich mir das nicht vorstellen. Da hätte ich einen Ekel vor mir selber.

Wo sind Sie offiziell heute abend?

Mit einer Freundin im Ausgang. Lacht. Nachher muss ich kurz nach Hause anrufen, um sicher zu sein, dass mit den Kindern alles in Ordnung ist.

Haben Sie ein schlechtes Gewissen?

Ja. Lacht. So faustdick lüge ich selten. Franz würde nicht verstehen, dass ich einem Fremden gegenüber unsere Bettgeheimnisse auspacken will. Andererseits liest er auch nie solche Bücher, das interessiert ihn nicht. Er begreift nicht einmal, dass man mit Sex Probleme haben kann. Darum ist zwischen uns auch kaum ein Gespräch über Sexualität möglich, obwohl wir, glaube ich, keine grossen Schwierigkeiten haben.

Versuchen Sie manchmal, Ihre kleinen Schwierigkeiten zur Sprache zu bringen?

Ja, aber er hilft mir nicht. Er fragt nicht nach und lässt mich hängen. Darum habe ich auch kaum mehr den Mut, damit herauszukommen. Dann bin ich blockiert und abgestellt und fertig.

Der Freundin, mit der Sie heute abend im Ausgang sind, können Sie Ihre intimen Geschichten erzählen?

Sie wohnt im gleichen Dorf wie ich, und sie kennt Franz auch, und da käme ich mir fast wie eine Verräterin vor, wenn ich das tun würde. Höchstens mit meiner Schwester kann ich ein Stück weit offen sprechen.

So können Sie gegenüber keinem Menschen ganz offen sein?

Ja, stimmt. Ich habe mich schon oft gefragt, ob vielleicht in meiner Kindheit etwas gelaufen ist, was für meine Barrieren verantwortlich sein könnte.

Was vermuten Sie?

Ich habe keine Ahnung. Ich verstehe einfach nicht, warum ich so blockiert bin.

Im Reden blockiert oder im Tun blockiert?

Im Machen.

Sie möchten also gern die Barrieren zur Sprache bringen, die Sie im Zusammensein mit Franz spüren?

Ja, genau. Manchmal grüble ich tatsächlich diesen Dingen nach, aber dann denke ich wieder, ich bin doch eigentlich zufrieden im grossen und ganzen. Die Punkte, die mir gar nicht passen, habe ich ihm schon gesagt – das weiss er. Und er ist verständnisvoll, obwohl ich ihm nicht erklären kann, warum ich einen Ekel vor diesem oder jenem habe.

Wovor ekeln Sie sich?

Also, … Meistens komme ich beim Geschlechtsverkehr früher als Franz, und dann fragt er mich jedesmal, ob er seinen Samenerguss auf meinen Bauch gehen lassen dürfe. Ab und zu sage ich dann ja, aber manchmal stellt es mir total ab, es ekelt mich schrecklich an. Dann sage ich ihm: »Hör auf! Ich kann nicht.« Ich bin froh, dass er's dann wirklich nicht tut. Es stört mich nicht, wenn er's in ein Taschentuch macht.

Was ekelt Sie: das Anschauen, das Riechen, das Schmecken, das Spüren auf dem Bauch?

Alles! Vor allem das Spüren. Lacht. Wenn's so runterläuft auf der Seite, das hasse ich! Und dann ist das Bett nass. Also da bin ich extrem heikel. Manchmal sage ich Franz, es mache mir nichts aus. Dann spüre ich aber den Ekel trotzdem und denke: »Darfst wirklich nicht immer nein sagen …«

Gab es in Ihrer Beziehung von Anfang an solche Barrieren?

Ich weiss es nicht, weil ich mich jahrelang gegen Sex gesperrt hatte. Franz drängte mich auch nicht dazu. Bis ein Jahr vor der Heirat machten wir bloss harmloses Petting.

Und als Sie dann miteinander schliefen …

… hatte ich ständig Angst vor Schwangerschaften und auch ein schlechtes Gewissen, das mir nicht verständlich war. Deswegen konnte ich nie so frei sein und es geniessen, wie ich gern gewollt hätte. In gewissen Bereichen ist es eben bis heute so geblieben.

Woran denken Sie?

Zum Beispiel sagte mir Franz vor Jahren, es würde ihn freuen, wenn ich mal seinen Penis in den Mund nähme. Das war mir kein Problem. Aber als er sich einmal ergoss dabei, wurde mir hundsübel. Ich bekam eine totale Abneigung dagegen für eine lange, lange Zeit. Nie mehr, nie mehr wollte ich das erleben. Das dünkte mich furchtbar widerlich.

Wie reagierte Franz?

Es war ihm peinlich, und er entschuldigte sich auch. Er sagte mir: »Da kannst du wirklich nichts dafür. Wir haben es ja beide gewollt.« Wahrscheinlich kommt er jetzt diesbezüglich zu kurz, aber er sagt mir: »Macht nichts. Es kann ohne das auch schön sein.«

Widern Sie, abgesehen vom Sperma, noch andere Dinge an im Bett?

Nein, eigentlich nicht. Ich denke, wenn man gewarnt worden wäre, wie das sein könnte mit dem Samenerguss, hätte man eine andere Vorstellung gehabt. Ich hätte nie gedacht, dass das einen Geschmack und einen Geruch haben könnte. Es war ein Schock für mich. Aber ich habe es ihm nicht übelgenommen, gar nicht.

Sie empfinden ihn als rücksichtsvollen Partner im Bett?

Eigentlich schon. Am Abend bin ich einfach häufig zu müde, um mit ihm zu schlafen. Er geht zwar sehr früh, meist schon um neun Uhr ins Bett, aber er schätzt es, geweckt zu werden. Lacht. Ich brauche viel weniger Schlaf.

Kommt es vor, dass Sie ihn tatsächlich wecken, wenn Sie dann später ins Bett kommen?

Ja, manchmal versuche ich ihn zu wecken und schaffe es kaum, weil er wie in einer Narkose liegt. Hin und wieder lasse ich nach langem Bemühen wieder von ihm ab, weil er offenbar zu müde ist.

Wann ist es Ihnen das letzte Mal gelungen, ihn zu wecken?

Vor zwei Wochen etwa.

Wie war das?

Ich massierte ihm zuerst ein wenig den Rücken und streichelte ihn.

Ist er gewöhnlich nackt im Bett?

Nein, im Pyjama. Ich trage immer ein Nachthemd. Aber wenn ich Absichten habe, lasse ich es. Lacht.

Und dann?

Dann greife ich auch unter den Stoff und streichle ihm die Brust, den Bauch, die Hinterbacken. Nachher lange ich halt auch an sein Pfiffli** und streichle es. Spätestens dann merkt er meistens, dass da jemand ist.

Gefällt es Ihnen, ihn auf diese Weise zu wecken?

Es reizt mich! Ich mache das ja, weil ich mit ihm schlafen möchte. Und das geniesse ich bewusster, als wenn wir am Tag Sex haben.

Und dann?

Er wendet sich mir zu, und wir streicheln und küssen einander.

Zungenküsse?

Verzieht das Gesicht. Ich – Ich habe da auch etwas Mühe. In dieser Hinsicht bin ich wohl ein Tropf. Ich habe einfach Schwierigkeiten mit Mundgeruch, und mein Mann hat starken Mundgeruch. Er raucht fast ständig Pfeife, und Zähneputzen nützt nicht einmal viel. Ich habe ihm schon oft gesagt, dass das sehr schwierig ist für mich. Ich kann zum Beispiel auch nicht mit ihm schlafen, wenn ich nicht selbst vorher geduscht habe. Er nimmt höchstens jeden zweiten Tag eine Dusche. Das reicht mir häufig nicht. Wenn er ein wenig schwitzt, stellt es mir schon ab, und dann ist Ende bei mir. Darum habe ich ihm am Abend schon ab und zu gesagt: »Würdest du nicht schnell duschen gehen? Ich könnte es etwas mehr geniessen.« Dann fragt er etwa: »Jaa, … wozu das denn? »Und ich schmunz“le: »Vielleicht habe ich einen Hintergedanken.« Dann geht er meistens. Mit diesen Dingen hatte ich schon immer grosse Mühe, sogar mit meinem eigenen Schweiss. Und ich habe sicher auch Mundgeruch, nehme ich an. Ich kann Sex eigentlich nur geniessen, wenn Franz wirklich frisch aus dem Badezimmer kommt und die Zähne eben geputzt hat. Dann vertrage ich sogar Zungenküsse.

Weiss er, dass bei den nächtlichen Sex-Begegnungen keine Zungenküsse drinliegen?

Eigentlich schon, aber wenn er's trotzdem versucht, sage ich ihm: »Entweder gehst du jetzt die Zähne putzen, oder …« Lacht.

Ist er dann verletzt?

Manchmal findet er schon, ich sei etwas überempfindlich.

Sagt er das?

Nein, aber ich merke es an seiner üblen Laune. Lacht. Das akzeptiere ich dann auch.

Kommt es vor, dass Sie aus anderen Gründen keine Lust auf Sex haben?

Nach der Geburt der Kinder war bei mir jeweils zwei, drei Monate nichts los. Ich fürchtete schon, die Lust komme überhaupt nicht mehr zurück. Für den Mann muss das ekelhaft sein. Mir selbst machte es eigentlich nichts aus: Ich stellte die Sexualität zugunsten des Neugeborenen zurück.

Beschwerte er sich bei Ihnen über seinen Entzug?

Ja, er sagte mir etwa: »Es ist verrückt: Du liegst da neben mir, und es geht nicht.« Leider konnte ich ihn nicht einmal berühren, ich war vollständig blockiert.

Zurück zur Liebesnacht: Sie küssen sich also »trocken« und streicheln sich …

… und wir reden ein wenig miteinander.

Mitten in der Nacht? Worüber denn?

Über alles mögliche – was uns gerade beschäftigt.

Und das Licht brennt dazu?

Uh, nein! Lacht. Es muss dunkel sein! Ich habe Minderwertigkeitsgefühle, manchmal.

Warum?

Meine Postur**! Ich geniere mich etwas deswegen. Franz sagt mir zwar immer wieder: »Ich habe dich genau gleich gern, ob du mehr oder weniger Gewicht hast«, aber für mich ist es eine schwere Störung.

Zeigen Sie sich überhaupt nicht mehr nackt?

Doch, doch. Am Tag habe ich keine Hemmungen, auch nicht vor den Kindern.

Die Hemmungen kommen erst mit dem Sex?

Ja.

Und in der Öffentlichkeit?

Das geht auch nicht gut! Die Kinder wären so gern mit mir in die Badeferien gekommen, aber ich musste ablehnen wegen meiner grossen Hemmungen. Ich glaube, ich kann mich im Moment selber gar nicht so akzeptieren, wie ich bin. Und das macht es schwierig für mich im Bett.

Was wäre Ihr Idealgewicht?

Ungefähr mein Heiratsgewicht: 65 Kilo. Lacht.

Und jetzt?

Jetzt geht es gegen eine dreistellige Zahl. Ich glaube, es hat auch mit einer zeitweisen psychischen Belastung zu tun. Manchmal bin ich am Abend so todmüde, dass ich heimlich eine Tafel Schokolade in mich hineindrücken muss. Ich weiss ganz genau, dass es Gift ist für mich. Ich habe jetzt einen Termin bei einer Ernährungsberaterin – ohne Hilfe schaffe ich es nicht. Aber ich bin auch nicht mehr gewillt, mir immer grössere Kleider kaufen zu müssen. Und den Kindern habe ich versprochen, dass ich bis zum Sommer soviel abnehmen will, dass ich wieder mit ihnen baden gehen kann.

Und Franz – gefällt Ihnen sein Äusseres?

Jaaa, schon … Er hat auch ein paar Pfunde zuviel bei ihm sind es vielleicht zehn Kilo, auf die ich verzichten könnte. Er hat einfach ein Bäuchlein, aber mich stört das eigentlich nicht.

»Eigentlich nicht«?

Nein, aber ich habe ihm schon oft gesagt, wenn er ungefähr zehn Kilo abnähme, würde er sich schon etwas anders anfühlen. Er ist zwar ein grosser, starker Mann, und sein Bauch ist kein wabbeliger Bierbauch. Aber er isst eben gern gut …

Und Sie bekochen ihn liebend gern?

Lacht. Das ist das Problem. Und einen Stock höher wohnt seine Mutter, die immer Schokolade für ihn und meinen Schwiegervater auf Lager hat. Da kann er nicht widerstehen. Ich würde ihn schon unterstützen, wenn er morgen sagen würde, er wolle jetzt abnehmen.

Aber diese Gefahr besteht nicht?

Nein! Lacht. Eigentlich habe ich ja eher eine Abneigung gegen dicke Leute. Wenn ich mich im Spiegel sehe, mache ich mich gar nicht an.

Bedauern Sie es, dass Sie wegen Ihres Gewichts nicht bei Licht mit Ihrem Mann schlafen können?

Es gibt noch eine andere Abneigung oder Hemmung in mir – ich kann sie nicht definieren. Es könnte vielleicht mit einem Erlebnis zusammenhängen, das ich zu Beginn unserer Beziehung hatte: Wir schmusten ein wenig im Auto auf einem öffentlichen Parkplatz. Da leuchtete uns plötzlich einer mit einer Taschenlampe an und erschreckte mich fast zu Tode. Seither hatte ich immer wieder Alpträume, in denen ich diese Lampe vor mir sah und dieses Männergesicht im Dunkeln. Die Angst, mich preiszugeben, ausgeliefert zu sein, steckt immer noch in mir.

Stört Sie eher das Schauen oder das Gesehenwerden?

Ich weiss es eigentlich gar nicht. Ich brauche einfach die Dunkelheit zum Liebemachen, sonst ist mir unwohl.

Haben Sie auch schon Sexfilme oder Sexvideos gesehen?

Ja, schon, aber das interessiert mich nicht unbedingt. Es stösst mich eher ab, weil es so unnatürlich ist. Das hat mit Liebe gar nichts mehr zu tun. Ich fühle mich fast schon entblösst, wenn in einem Krimi eine Bettszene vorkommt. Vom Mann sieht man nie etwas, und die Frau muss quietschen und Lärm machen – da schäme ich mich fast für diese Frauen.

Ist es noch nie vorgekommen, dass eine Filmszene Sie sexuell anregte?

Eigentlich nicht, nein. Jedenfalls nicht so, dass ich stracks auf meinen Mann losgestürzt wäre. Es geht da doch nur ums Geschäft. Mich würde das Geld für einen Sexfilm reuen – da würde ich ein gutes Essen vorziehen. Lacht.

Also machen Sie beim Miteinanderschlafen Liebe und nicht Sex?

Eigentlich schon. Angenommen, wir hätten mal Krach gehabt tagsüber, und Franz hätte mich mit Worten verletzt, dann könnte ich nicht sofort mit ihm schlafen. Ich müsste den Streit und die Verletzung erst verdauen. Sexualität ist bei mir stark mit Liebe und guten Gefühlen verbunden. Ich brauche auch eine Ambiance mit Kerzen und einem Glas Wein, zum Beispiel, oder ein schönes Gespräch oder Musik, damit es gut wird für mich. Ich funktioniere nicht auf Knopfdruck.

Sogar in der Nacht reden Sie vorher miteinander, um eine gute Stimmung zu schaffen.

Ja. Und weil ich selber bestimmen kann, wann ich nachts zu ihm gehen will, ist es kein Problem für mich, Franz zu erregen und selber erregt zu werden. Er liebt es ja, in der Nacht dafür geweckt zu werden.

Wie merken Sie, dass Franz erregt ist?

Wir küssen einander intensive, wenn auch trocken, und wir umarmen uns entsprechend. Und sein Glied wird natürlich hart.

Sind seine Finger geschickt, wenn sie Sie erregen wollen?

Jaaa, er streichelt mich eigentlich angenehm. Er fragt mich immer wieder: »Du, tu' ich dir nicht weh?« oder so. Er ist gefühlvoll. Und wenn ich ihm etwa sage: »Streichle mich dort nicht, es tut mir weh!«, dann lässt er die Stelle einfach aus.

Weiss er zum Beispiel, wie Ihre Klitoris erregt werden möchte?

Ja, das weiss er schon. Er sagt ab und zu: »Ich möchte dich sehr gern mit dem Mund lieben.« Das geht eben nur, wenn ich frisch geduscht bin. Lacht. Sonst bin ich nicht bereit, tut mir leid. Am Morgen vor dem Duschen könnte ich mir das nicht vorstellen. Da hätte ich einen Ekel vor mir selber. Und das Pfiffli könnte ich auch nicht in den Mund nehmen.

Woran spüren Sie Ihre eigene Erregung?

Am Kribbeln und Prickeln im Bauch. Lacht.

Was erregt Sie am meisten?

Wenn er mich unten schleckt. Es kann aber auch eine spontane, unerwartete Umarmung sein – was ich von Franz überhaupt nicht gewohnt bin. Erregend ist ausserdem, wenn wir uns mal nach einem der sehr seltenen gemeinsamen Ausgänge gegenseitig ausziehen.

Befriedigen Sie sich manchmal auch selbst?

Selten. Nach den Geburten war es häufiger, als ich eine gewisse Abneigung gegenüber meinem Mann hatte und mir trotzdem sexuell etwas fehlte.

Geniessen Sie es nicht besonders?

Doch, schon. Aber da sind auch Schuldgefühle. Ich fürchte, mein Mann, der neben mir schläft, könnte mich dabei erwischen. Lacht. Umgekehrt, wenn ich mal keinen Sex will, würde ich ihm anbieten: »Du, ich helf' dir, dich von Hand zu befriedigen!« Das macht mir nichts.

Und wenn Sie ihn nachts beim Onanieren erwischen würden?

Früher kam das häufiger vor als heute. Ich fühlte mich immer etwas betrogen. Jetzt, nach den Kindern, denke ich, warum soll er sich das nicht nehmen? Ich glaube, wenn ein Mann einmal erregt ist, kann er nicht einfach aufhören, da braucht er unbedingt seinen Erguss. Mein Mann sagt, es tue ihm weh, so stark erregt zu sein und sich nicht befriedigen zu können. Am frühen Morgen zum Beispiel kommt er manchmal zu mir und sagt: »Ou, jetzt möchte ich gern mit dir schlafen!« Da bin ich aber immer völlig benommen und habe nie Lust, oft macht mich das sogar richtig böse. Dann sage ich ihm: »Mach's doch lieber selber.« Manchmal streichle ich ihn auch ein wenig dazu. Das kann schön sein für ihn. Es kommt aber auch vor, dass ich mich einfach umdrehe und so tue, als würde ich nichts merken. Lacht.

Haben Sie auch schon zugelassen, dass er gegen Ihren Willen mit Ihnen schlief?

Das ist lange her. Ich sagte ihm nachher: »Das kannst du nicht machen! Es ist für mich wie eine Vergewaltigung.« Daraus entstand damals eine Auseinandersetzung, aber seither ist das klar für ihn.

Ich könnte mir vorstellen, dass Sie öfter Zärtlichkeit und Nähe mit Franz möchten, ohne dass es zum Geschlechtsverkehr kommen müsste.

Das vermisse ich tatsächlich. Leider kann er es nicht. Nur Schmusen und Kuscheln wäre schön für mich, aber es geht wirklich nicht.

Er kann sein Glied nicht sang- und klanglos abschwellen lassen?

Nein. Wenn ich nicht bis zum Ende mitmachen will, artet es immer so aus, dass ich ihn von Hand befriedige oder er sich selbst. Merkwürdigerweise fühle ich mich manchmal am Schluss noch als die Betrogene, weil er weitergegangen ist als ich – obwohl ich doch gar nicht wollte. Ab und zu denke ich, wenn es bei einer Frau geht, warum sollte es einem Mann nicht möglich sein? Vermutlich will er gar nicht.

Wie oft schlafen Sie eigentlich miteinander?

Das ist sehr unterschiedlich. Wenn wir jeden Tag miteinander schlafen würden, würde es vermutlich viel zu alltäglich für uns. Das heisst, wenn es seltener ist, reizt es einen mehr. Es kann sein, dass wir zwei, drei Wochen keinen Verkehr haben und dann wieder fast jeden Tag – je nachdem, wie bereit ich bin.

Berührt Franz Sie an Ihrer Klitoris so gut wie Sie sich selbst?

Nein. Wenn er mich streichelt, ist es am Anfang schön. Aber dann kommt bald der Punkt, an dem es mir weh tut. Dann sag' ich vielleicht: »Drück' nicht so stark!« Wenn es zu schlimm wird, muss ich mich zurückziehen. Vielleicht verkrampfe ich mich, vielleicht ist es aber auch die Narbe von der Dammnaht – ich weiss nicht, warum es mir so häufig weh tut.

Werden Sie ausreichend feucht?

Eben nicht.

Was tun Sie dann?

Ich brauche Vaseline. Manchmal nehme ich auch ein Gleitgel, das ich von meinem Frauenarzt bekommen habe. Schmerzen habe ich auch, wenn das Vorspiel zu lange dauert und ich lange Zeit sehr erregt bin oder wenn mein Mann nach meinem Orgasmus noch weiter in mir bleibt. Das könnte eine Überreizung sein.

Wie gestalten Sie den Übergang vom Vorspiel zum Koitus?

Ich sage zum Beispiel: »Komm jetzt« oder »Ich möchte dich noch etwas in mir drin spüren!« Und dann kommt er schon. Aber ob nun er oben ist oder ich – es ist immer wieder vorgekommen, dass ich wegen meiner Schmerzen abbrechen musste. Vielleicht rührt das aber auch daher, dass der Stellvertreter meines Frauenarztes beim Nähen nach der Geburt ein paar Stiche zu viel gemacht hat. Mein Arzt hat das zwar später wieder geflickt, aber mein Damm ist jetzt ziemlich vernarbt.

Weiss Ihr Gynäkologe von Ihren Schmerzproblemen?

Nein, vielleicht sage ich es ihm bei der nächsten Kontrolle.

Gefällt Ihnen der Moment, in dem Franz in Sie eindringt?

Doch, … doch.

Sie sagen ja und schütteln den Kopf dazu?

Doch, das ist schon schön. Man wartet doch darauf – wenn es nicht weh tut. Ich glaube aber, das Vorspiel kann fast aufregender und schöner sein als das, was nachher kommt.

Dringt er auch manchmal von hinten in die Scheide ein?

Haben wir auch schon versucht. Aber für mich ist das nicht sehr schön, eigentlich tut es mir weh, und ihm gefällt es auch nicht besonders.

Und anal?

Nein! Das interessiert mich gar nicht. Man müsste wirklich ganz bereit sein. Das ist Geschmacksache. Vor Jahren versuchten wir das einmal, aber es war schmerzhaft für uns beide, so dass wir es bei dem einen Versuch bewenden liessen.

Reden Sie miteinander, wenn Franz in Ihnen ist?

Wir sagen einander etwa, dass wir uns gern haben. Aber natürlich besprechen wir keine Tagesthemen mehr. Lacht. Wir geniessen unsere Zweisamkeit, manchmal auch ganz ohne zu reden.

Machen Sie Töne dazu?

Lacht. Nicht unbedingt, ich bin lieber still. Auch wenn ich es wahnsinnig schön fände, könnte ich nicht herumschreien wie eine Halbwilde. Lange Zeit konnte das mein Mann nicht begreifen. »Kannst du nicht ein wenig stöhnen? Das würde mich mehr anregen«, sagte er immer wieder. Aber ich kann doch nicht etwas machen, was für mich nicht stimmt, oder? Wenn ich auf dem Höhepunkt angelangt bin, schnaufe und stöhne ich vielleicht schon etwas mehr. Aber immer im Rahmen, von weitem würde man mich sicher nicht hören.

Von Ihrem Mann hört man auch nicht viel?

Der ist eher lauter, doch. Lacht. Aber es macht mir nichts, wenn ich nicht gezwungen bin, mitzuhalten. Ich kann es leider nicht ändern: Mich stört schon, wenn das Bett knarrt oder quietscht. Wir mussten sogar unser Schlafzimmer wechseln, als ich erfuhr, dass unsere Wohnungsvorgänger schon im gleichen Zimmer geschlafen hatten. Ich könnte auch nicht aushalten, die Schwiegereltern über unserem Schlafzimmer zu wissen: Ich wäre blockiert, weil ich fürchten würde, sie könnten uns hören.

Gefällt Ihnen die Art und Weise, wie Ihr Mann mit Ihnen schläft?

Ja, er fragt mich viel, ob er die Stellung wechseln oder die Arme aufstützen oder mich umarmen soll oder so.

Wie lange bleibt er in Ihnen?

Wenn das Vorspiel länger war, geht es immer rassig. Ich habe zwar noch nie auf die Uhr geschaut, aber ich nehme an, es dauert vielleicht zehn Minuten. Er sagt häufig: »Ich kann schon warten, bis du kommst.« Aber manchmal komme ich so blitzartig, dass er gar nicht mehr folgen kann! Lacht.

Was löst Ihren Orgasmus aus?

Das Glied mit seiner Reibung und seinem Druck, und Franz küsst mich oder spielt mit meiner Brust. Wenn es bei mir nicht vorwärtsgehen will, reizt er mich mit der Hand an der Klitoris, und dann komme ich rasch.

Sagen Sie ihm, dass er mit der Hand nachhelfen soll?

Ja, oder er sagt: »Ich kann nicht mehr so lange warten. Soll ich dir ein wenig helfen?« Ein andermal stimuliere ich mich selbst mit den Fingern, damit wir dann miteinander zum Orgasmus kommen. Sonst geht's manchmal daneben.

Aha, Sie legen Wert darauf, im gleichen Moment zum Höhepunkt zu kommen?

Das wär' schön – leider ist es nicht die Regel.

Sie haben oft Koordinationsprobleme?

Lacht. Ja. Weil ich nach meinem Orgasmus häufig überreizt bin. ist es für meinen Mann besser, wenn ich zusammen mit ihm komme.

Reden Sie auch etwas, um Ihre Orgasmen zu synchronisieren?

Er sagt zum Beispiel: »Jetzt kommt's mir gleich!«, und ich: »Ich glaube, ich komme langsam.« Mir ist es wirklich wichtig, dass wir gleichzeitig den Höhepunkt haben – ich mag nicht in Etappen fahren. Das Gefühl ist schöner und befriedigender. Während des eigenen Orgasmus den des andern auch noch zu spüren: das ist etwas vom Schöns“ten – besonders, wenn man nicht so häufig Sex hat, dann ist es noch viel, viel intensiver.

Reizen Sie ihn noch zusätzlich während des Koitus?

Manchmal streichle ich ihn am Hodensack, während er in mir ist.

Wie sind Sie da draufgekommen?

Er hat sich das einmal ausdrücklich gewünscht. Das erregt ihn sehr und sehr schnell.

Sie machen das auch gern?

Es stört mich nicht. Ich mache das gern, weil ich sehe, wie es ihn erregt.

Sich in die Augen schauen können Sie ja nicht, weil es dunkel ist – vermissen Sie das nicht?

Nicht unbedingt. Wir sehen einander tagsüber genug. Lacht.

Können Sie Ihren Orgasmus beschreiben?

Es ist eine verrückte Erregung in Wellen in mir. Die krampfartigen Wellen werden immer stärker, und am Schluss explodieren sie bis an die Schmerzgrenze. Dann kann ich fast nicht mehr. Der Orgasmus selbst bringt die Erlösung von der wahnsinnigen Spannung. Nachher legen sich die Wellen allmählich, aber ich bin noch lange nach der Entladung ganz aufgewühlt. Zurück bleibt ein schönes, wohliges Gefühl.

Wissen Sie etwas über den Orgasmus Ihres Mannes?

Wie eine Explosion, sagt er. Und hinterher kommt die beruhigende Entspannung …

… die mit Ihrem schönen, wohligen Gefühl zusammenfliesst?

Ja. Aber wenn er den Orgasmus gehabt hat, kann er nicht in mir bleiben, weil mich das stören würde. Darum trennen wir uns, kuscheln uns noch etwas aneinander und lassen es ausklingen. Es kann auch sein, dass wir noch einen Moment leise miteinander reden, vielleicht lesen wir auch noch etwas. Am Schluss grabschen wir nach unseren Pyjamas.

Erzählen Sie einander Ihre sexuellen Phantasien?

Eigentlich nicht. Ich behalte das für mich, weil mein Mann darin überhaupt nicht vorkommt. Lacht. Das können Szenen sein aus irgendeinem Spielfilm, in dem mich ein Mann besonders angesprochen hat. Normalerweise bin ich doch beim Liebemachen in Gedanken bei ihm, und da kann ich ihm doch nicht sagen, ich denke jetzt an einen Mann aus dem Fernsehen, oder? Hingegen wenn ich mich selber befriedige, gestatte ich mir das eher. Das heisst aber noch lange nicht, dass ich etwa mit einem anderen Mann ins Bett möchte!

Beim Liebemachen genehmigen Sie sich also keine sexuellen Phantasieszenen mit einem anderen Mann?

Doch, manchmal schon.

Mit schlechtem Gewissen?

Nein! Lacht.

Wer weiss, was in seinem Kopf vorgeht, wenn er mit Ihnen schläft!

Ja, stimmt!

Es macht Sie nicht an, sich mit ihm darüber auszutauschen?

Soweit habe ich noch gar nie überlegt! Ich kann ihn ja mal fragen! Lacht. Bisher habe ich das immer ganz für mich behalten. Ich könnte ja schauen, wie er darauf reagiert. Aber ich glaube, jeder Mensch geht mit seinen Gedanken dorthin, wo es ihm guttut. Vielleicht ist es gar nicht nötig, dass der andere immer alles von mir weiss, oder?

Gibt es etwas aus dem Bereich Ihrer Sexualität, das Sie Ihrem Mann nicht sagen können oder wollen?

Überlegt. Ja, dass ich mal mit einem anderen Mann geschlafen habe. Das war zwar noch vor unserer Heirat, vor zwölf Jahren, aber ich glaube, ich würde ihn sehr tief verletzen, wenn ich ihm das jetzt sagen würde. Das will ich nicht, obwohl es mich sehr lange plagte, dass ich nicht restlos offen zu ihm sein kann. Das schlechte Gewissen strafte mich jahrelang. Sonst sind wir uns immer treu gewesen. Für seine Treue würde ich durchs Feuer gehen, und ich würde auch nie mehr fremdgehen. Ich selber könnte ihm vielleicht so etwas verzeihen, aber er könnte es bestimmt nicht. Gedankliche Seitensprünge – das ist etwas anderes.

Lesen Sie Bücher über Sexualität?

Kürzlich habe ich eines gelesen: Es war mein allererstes! Lacht. WAS SIE SCHON LANGE WISSEN WOLLTEN hiess es, glaube ich. Ein altes Buch, ich hatte es im Brockenhaus gefunden. Lacht. Es lag bei mir auf dem Nachttisch, aber mein Mann schaut nie, was ich lese. In dem Buch fand ich wirklich Sachen, die ich noch nie gehört hatte.

Was denn zum Beispiel?

Wenn die Frau dem Mann das Glied mit dem Mund … ich weiss nicht mehr … Funil …?

… Fellatio.

Ja, und das umgekehrte …

… Cunnilingus.

Ja, genau. Da staunte ich. Und da gab es noch andere Ausdrücke …

… in der Medizinsprache.

Ja. Ich hätte Hemmungen, in eine Buchhandlung zu gehen und ein Sexbuch zu verlangen. Ich würde denken, die Verkäuferinnen denken: »Hat die das nötig?« Interessieren würde es mich aber schon. Andererseits wäre es auch traurig, wenn man nach einem Buch Liebe machen müsste. Das wichtigste wäre mir, vielleicht mit Hilfe eines Buches meine Blockierungen aufzulösen, damit ich in der Sexualität etwas mehr beisteuern könnte und nicht immer auf der Bremse stehen müsste. Ich möchte lockerer und freier und unbelasteter mit Franz Sex machen können. Das ist meine Sehnsucht.

MICHAEL R.-G. ist 38 Jahre alt, von Beruf Versicherungsfachmann, seit 17 Jahren liiert und seit 14 Jahren verheiratet mit Jennifer, 34 Jahre, Hausfrau und Zahnarztgehilfin; eine Tochter, zehn Jahre alt. Seine Grösse: 180 Zentimeter, sein Gewicht: 74 Kilogramm. Hobby: Velofahren.

Der gebremste Bremser

Meistens schlafen wir ohne Pyjama, wenn wir vorher Liebe gemacht haben. Sonst hüte ich mich davor, nackt zu schlafen, weil sie auf die Idee kommen könnte, ich führte was im Schilde. Ich möchte sie, wenn möglich, nicht zu früh abblocken. Ich kann gut mit Pyjama schlafen, auch wenn ich es lieber ohne tun würde.

Wie läuft's mit Ihrem Sex zu Hause?

Auf und ab, wie im Geschäft oder wie mit den Stimmungen.

Im Moment?

Mässig, sehr ruhig.

Gefällt Ihnen das, »sehr ruhig«?

Man gewöhnt sich daran – ich hätte mehr sexuelle Bedürfnisse. Meine Frau braucht mehr Zärtlichkeit, nehme ich an. Ich habe sie noch nie gefragt. Bei alltäglichen Berührungen bin ich spontaner und herzlicher als sie – wenn wir uns nach einem Arbeitstag wiedersehen, zum Beispiel. Man hört das ja häufig, dass Männer nach der Ankunft von Kindern links liegengelassen werden. Wir haben uns beide deutlich dem Kind zugewendet, seit es da ist.

Sexuell empfindet Ihre Frau kein Manko?

Nein, ich glaube, was sie bekommt, genügt ihr vollauf, im Gegensatz zu mir. Ich könnte zwar auch mehr Zärtlichkeit brauchen …

… aber Sie könnten vor allem mehr Sex brauchen?

Ja, aber ich habe mich mit dem wenigen abgefunden. Ich tröste mich mit meiner Tochter. Sie ist ein richtiger Papihöck**. Sie kommt gern zu mir. Ich wäre sicher unzufriedener, wenn ich mich nicht auf das Kind abstützen könnte. Ich geniesse das Familienleben.

Sie sublimieren einen Teil Ihrer Sexualität?

Ja, schon. Bei uns ist es sehr unterschiedlich: Es geht von einmal pro Woche bis einmal pro Monat. Ein wenig mehr wäre schön! Es ist aber nicht so schlimm, dass ich meine Bedürfnisse anderswo stillen müsste.

Weiss Ihre Frau, dass Sie darben?

Sie merkt natürlich, dass immer ich es bin, der kommt und sich an sie kuschelt – und dann stellt es ihr rasch ab. Sobald ich zärtlich bin, meint sie sofort, ich wolle Sex, und macht dicht.

Sagt sie Ihnen das?

Jaja, über die Jahre habe ich schon gemerkt, wie das läuft. Sie hatte eine schwierige Kindheit und vor zwei Jahren eine zünftige Depression.

Müssen in Ihrem Ehe-lnterieur bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit Sex möglich wird?

Ja, klar. Meine Frau ist heikel, sehr sensibel, gefühlsbetont, sehr schnell verletzbar. Die Gefühle müssen stimmen, sonst ist im Sex nichts zu wollen. Ich selbst bin da auch nicht aus Holz. Ich könnte mir zum Beispiel nicht vorstellen, zu einer Prostituierten zu gehen. Lieber hundertmal onanieren! Nicht weil mich das Geld reut, sondern weil es dort keine Gefühle gibt.

Wenn Sie zärtlich sein möchten mir ihr, am Abend zum Beispiel, wie läuft das?

Sie sitzt viel vor dem Fernseher. Ich versuche ab und zu, sie etwas zu streicheln, aber sie wehrt mich häufig ab, manchmal wortlos, manchmal sagt sie ganz direkt: »Du störst mich!« Oder sie ist so offensichtlich müde und erschöpft, dass ich kapiere – auch wenn ich noch so viel Lust auf sie habe. Vor zwei oder drei Wochen probierte ich es wieder einmal, und es gelang mir, ihr Verlangen etwas zu wecken. Und dann hatten wir's recht schön – nach einem langen Vorspiel.

Das Vorspiel dauert bei Ihnen immer lange?

Immer.

Ein Quickie kommt bei Ihrer Frau nicht in Frage?

Gar nicht!

Sie selbst reizt das auch nicht?

Nein, das ist nur frustrierend. Da würde ich Selbstbefriedigung vorziehen.

Als Sie kürzlich mit Zärtlichkeiten begannen, wussten Sie nicht, ob Sie diesmal Erfolg haben würden?

Nein, das ist immer ein Abenteuer. eine Herausforderung. Lacht.

Sie hätten jederzeit Lust, auch nach einem strengen Tag?

Ja, wahrscheinlich schon.

Und wenn Ihre Frau Sie zum Sex drängen würde?

Sie mich drängen? – Nein, das kommt nicht vor, unvorstellbar.

Vermissen Sie es?

Ich habe mich damit abgefunden. Andererseits ist immer meine Eroberungslust angesprochen – ein Challenge! Wenn ich mal erfolgreich bin, gefällt mir das.

Wie muss ich mir die Szene vorstellen, wenn Sie abends ins Bett gehen?

Wir steigen ins Bett und liegen beieinander in Zweierbob-Stellung.

Sind Sie vorne?

Nein, sie ist der Steuermann, ich der Bremser.

Eigentlich bremst sie ja …

Lacht. Ja, natürlich. Aber so liegen und schlafen wir fast immer ein. Sie liebt es auch, am Rücken von mir gewärmt zu werden, weil sie viel friert. Ich bin ihre Wärmflasche.

Wann wird klar, ob Sie erfolgreich sind: gleich bei den ersten Zärtlichkeiten oder erst etwas später?

Sie gibt es meistens sehr schnell zu verstehen. Es kann aber auch Missverständnisse geben: Kürzlich zum Beispiel wachte ich einmal nachts auf. Sie atmete unruhig neben mir, und ich meinte, sie sei auch wach geworden. Als ich sie zu streicheln anfing, riss ich sie aber mitten aus dem Schlaf, und sie fauchte mich an: »Spinnst du eigentlich?! Lass mich doch schlafen!« Lacht.

Was können Sie sich als Bremser mit Ihren Händen erlauben?

Ich liege immer auf der rechten Schulter. Mein rechter Arm liegt über ihrem Kopfkissen und macht nichts. Die linke Hand liegt auf ihrer Hüfte, zwischen ihren Beinen oder an ihren Hinterbacken. Aber ich darf nicht zu nahe an ihre Geschlechtsteile kommen. sonst weist sie mich dezidiert ab: »Das stört mich!«

Gefällt sie Ihnen als Frau?

Jaaa … Jetzt hat sie zwar etwas zugenommen, vermutlich wegen der Psychopharmaka. Sie nascht auch gern Schokolade, und seit der Geburt der Tochter vermochte sie ihren Bauch nie mehr richtig wegzukriegen. Sie war selber geschockt über ihre 59 Kilogramm.

Sie werden erregt, wenn Sie Ihre Frau streicheln?

Ja, ziemlich schnell. Und ihr stellt es ebenso schnell ab – in der Bobstellung merkt sie das ja auch sofort. Lacht.

Sagt sie Ihnen, dass es ihr abstellt, wenn Sie so offensichtlich erregt sind?

Ja, das gibt sie mir zu verstehen. Sie weicht einfach etwas zurück und flüchtet vor mir.

Unangehm für Sie?

Ja, das ist wahr, es ist unangenehm. Aber die Physiologie von Frau und Mann ist halt verschieden. Ein Mann ist schneller und leichter erregbar – ich kann schliesslich nichts dafür. Natürlich gibt es auch Ausnahmen bei meiner Frau: Ab und zu macht es dann doch klick. Vielleicht war ich vorher besonders lieb mit ihr gewesen und hatte bei ihr gewisse Gefühle geweckt, so dass es zu einem Happy-End kommen konnte, zum Akt meine ich.

Könnten Sie sich das Happy-End auch so vorstellen: Sie streicheln einander, auch sexuell, Sie werden beide erregt, und dann ziehen Sie die Decke hoch und sagen: »Das war jetzt schön, so erregt zu sein! Schlaf gut!«?

Nein! Nein, also wenn wir so weit gehen, dass das Eis gebrochen ist, dann gehen wir immer bis zum Schluss, bis wir beide den Orgasmus haben.

Alles oder nichts?

Ja.

Können Sie die Erregung nicht geniessen?

Doch, wenn ich erregt bin, küsse ich sie, stimuliere sie an den Brüsten zum Beispiel, gehe mit der Hand hinunter und küsse sie auch dort – und das wiederum erregt mich noch mehr. Sie stimuliert mich dann ebenfalls, manchmal unten auch oral – dies allerdings kommt nur noch selten vor. Sie weiss natürlich, dass ich sehr rasch erregt bin und dass es dann zu schnell geht bei mir …

Mir geht's jetzt auch zu schnell. Zurück zum Küssen: Ist das erregend für Sie beide?

Doch, doch! Das ist sehr intensiv: Küsse, Zungenküsse. Sie hat mir das richtig beigebracht. Lacht. Sie hat mir ja damals meine Keuschheit genommen. Ich war ein Spätzünder, sie eine Frühreife.

Küsse sind auch erregend für Ihre Frau?

Ich glaube schon, aber einen kratzigen Bart verträgt sie gar nicht. Da ist sie sehr empfindlich, schon wenn die letzte Rasur acht bis zwölf Stunden zurückliegt. Dann sagt sie: »Uh, du kratzt mich! Das tut mir weh!« Andererseits wird sie aber auch misstrauisch, ich könnte Sex im Schilde führen, wenn ich mich gegen Abend rasiere.

Sagt sie Ihnen das?

Sie lässt es mich spüren, nonverbal.

Wie macht sie das nonverbal?

Lacht. In diesem Punkt ist sie eine Künstlerin! Sie legt die Meldung in den Tonfall zum Beispiel. Sie sagt: »Aha, hast dich rasiert, he?« Sie ist manchmal wirklich perfid! Lacht. Das ist das Salz in der Suppe.

Sie küssen sie also und …

… und ich fahre mit der Hand in ihre Haare und über den Rücken, das hat sie sehr gern. Sie ist eine Schmusekatze, genau wie meine Tochter. Beide könnten sich am Rücken stundenlang kraulen lassen.

Wird Ihre Frau vom Rückenkraulen erregt?

Nein, ich glaube nicht. Es ist wahrscheinlich ein gutes Gefühl. Beim Küssen merkt man sofort, ob sie disponiert ist oder nicht. Springt der Funke nicht über, lässt man es sein. Wenn sie nicht opponiert, streichle ich sie weiter, an den Schultern oder am Rücken, je nachdem, wie sie angezogen ist.

Schlafen Sie nackt?

Vielleicht ab und zu im Sommer, sie friert eben schnell. Meistens schlafen wir ohne Pyjama, wenn wir vorher Liebe gemacht haben. Sonst hüte ich mich davor, nackt zu schlafen, weil sie auf die Idee kommen könnte, ich führte was im Schilde. Ich möchte sie, wenn möglich, nicht zu früh abblocken. Ich kann gut mit Pyjama schlafen, auch wenn ich es lieber ohne tun würde. Vielleicht bilde ich mir das alles auch nur ein, vielleicht müsste ich es wieder einmal versuchen.

Sie probieren lieber etwas Konkretes im Bett aus, als es zum Gegenstand eines Gespräches zu machen?

Jaja, das stimmt schon.

Kommt es vor, dass Sie beide in einer ausführlichen Standortbestimmung Ihre Sexualität besprechen, um auszutauschen, was für beide gut ist und was fehlt?

Nein, das gibt es nicht bei uns. Ich habe das Gefühl, sie würde es mir irgendwie mitteilen, wenn etwas nicht gut wäre. Und ich – ja, das stimmt: Ich mache das auch nicht verbal. Das kommt vom Elternhaus her. Aufklärung gab es nicht und Gespräche über Gefühle auch nicht.

Könnten Sie sich vorstellen, eines Tages im Garten sitzend einen solchen Vorstoss zu machen: »Du, wie zufrieden bist du eigentlich, aufs Ganze ge“sehen, mit unserem Sex?«

Das könnte ich mir schon vorstellen, aber es wäre ganz neu und ungewohnt für uns – wäre sicher einen Versuch wert. Lacht. Leider fehlen mir jegliche Vergleichsmöglichkeiten: Über diese Themen habe ich noch nie mit jemandem gesprochen. Ich habe keine Ahnung, wie meine Frau darauf reagieren würde. Bisher ging man von der Devise aus: No news, good news. Lacht. Das sage ich meinen Kunden auch immer. Jedenfalls notiere ich mir das jetzt und werde es probieren. Wenn's nichts nützt, schadet's zumindest nichts.

Sie sagten, ihr Vorspiel dauere ziemlich lange?

Ich würde schätzen, dass unser ganzes Liebemachen eine halbe Stunde bis vierzig Minuten dauert und …

… ein grosser Teil davon ist Vorspiel?

Ja. Nach dem Eindringen geht's sehr schnell. Dieses Problemchen habe ich.

Nicht so schnell! Wir sind immer noch beim Vorspiel.

Aha, ja. Also wir küssen uns, küssen uns überall, vielleicht küsse ich sie unten …

Hat sie das gern?

Ja, wenn sie mich lässt! Manchmal will sie nicht, zum Beispiel wenn sie gerade nicht geduscht hat. Aber darüber sehe ich grosszügig hinweg. Es macht mir nichts aus, ich geniesse es trotzdem.

Wenn sie Sie schlecken lässt, dann hat sie es gern?

Sonst würde sie mich nicht schlecken lassen. Sie lässt sich so etwas nicht gegen ihren Willen machen.

Sie hat es gern?

Jaja, sicher.

Woran merken Sie es?

Sie räkelt sich und geniesst es mit geschlossenen Augen.

Sagt sie auch etwas?

Selten. »Ja, mach weiter!« oder »Ist das schön!« oder so. Wir reden überhaupt nicht sehr viel, auch nicht beim Vorspiel, sind nonverbal.

Ihre Frau schleckt Sie manchmal auch, aber nur relativ selten, sagten Sie?

Ja. Ich müsste ihr vielleicht einmal sagen, dass es mich stört, wie sie es macht: fast ein wenig hart.

Tut's weh?

Ja, beinahe. Ich sage ihr manchmal: »Du, ein bisschen feiner!«, aber …

… es nützt nichts?

Es nützt nicht viel. Sie macht es fast ein bisschen brutal. Nicht gerade mit den Zähnen, aber sie packt zu stark zu.

Sie schaffen es nicht, ihr zu zeigen, wie sie Sie so schlecken könnte, dass es Ihnen wirklich wohltäte?

Bis jetzt nicht, das ist richtig, aber das ist ja nur ein kleiner Bereich. In anderer Hinsicht haben wir uns positiv entwickelt. Früher lag ich meistens auf ihr beim Liebemachen, jetzt ist sie auch öfter auf mir, oder wir lieben uns in der Bobstellung – das auf mein Drängen hin. Da habe ich nämlich die Hände frei zum Streicheln, und das hat sie sehr gern.

Wir sind immer noch nicht ganz soweit. Mich wundert, dass Ihre Frau nach 17 Jahren noch nicht weiss, wie sie Sie wirkungsvoll schlecken könnte.

Ja, schon, aber man muss das relativieren. Es kommt gar nicht so häufig vor, dass sie mich überhaupt schleckt. Schliesslich mache ich ja auch Fehler mit ihr und berühre sie nicht so, wie sie's gerne möchte – wobei sie's mir auch nicht sagt.

Spritzen Sie ihr in den Mund?

Früher ist das recht häufig vorgekommen, aber jetzt … Ich weiss nicht – es stösst sie ab, glaube ich. Sie will es offenbar nicht mehr. Sie stimuliert mich mit dem Mund, und kurz bevor … nimmt sie den Mund weg. Ich habe nicht gefragt, warum sie's nicht mehr will. Aber ich brauche nicht unbedingt zu wissen: Ah, jetzt habe ich ihr in den Mund gespritzt!

Sie sind nicht mehr so scharf darauf?

Nicht unbedingt. Es muss überhaupt nicht à tout prix gespritzt werden – wenn schon, dann lieber unten rein.

Wie gestalten Sie den Übergang vom Vorspiel zum Akt?

Das ist ganz verschieden. Manchmal stimuliere ich sie unten, und sie kommt auf diese Weise zum Höhepunkt. Dann sagt sie etwa: »Komm jetzt in mich rein!«

Sagt sie?

Ja, oder wir drehen uns, und dann steigt sie auf mich.

Das heisst, Ihre Frau entscheidet, dass und wie der Akt beginnt?

Ja, meistens.

Passt Ihnen das?

Ja, dann weiss ich nämlich: Jetzt ist sie bereit. Ich muss mich nicht auf die Äste hinauslassen. Ich bin sowieso immer ein wenig in Sorge: Tu' ich ihr jetzt weh? Ist sie nass genug, um einzudringen? Fühlt sie sich wirklich wohl? Das frage ich sie übrigens manchmal auch ausdrücklich, um sicher zu sein. Aber eigentlich merkt man das, wenn sie richtig nass und bereit ist. Ich weiss übrigens nicht, ob meine Frau schon einmal einen Orgasmus vorgetäuscht hat, nur damit sie mich los ist. Offenbar können das Frauen gut. Das könnte ich sie vielleicht auch mal fragen! Lacht.

Gefällt es Ihnen, wenn sie oben ist und Sie unten?

Jaaa, das geniert mich gar nicht. Wenn man nämlich oben ist, fühlt man sich etwas eingeschränkt. Ich bin vielleicht kein begabter Akrobat wie andere Männer. Ich arbeite gern mit den Händen – und wenn ich auf ihr bin, brauche ich die Hände eigentlich zum Abstützen.

Fühlen Sie sich sicher im Umgang mit ihrer Klitoris?

Ja, ich glaube. Jedenfalls stimuliere ich ihre Klitoris mit der Hand und mit dem Mund gewöhnlich bis zum Orgasmus. Es gelingt mir nicht, sie zum Höhepunkt zu bringen, wenn ich in ihr drin bin. Wenn ich es dann gleichzeitig mit dem Finger versuche, wird es eine richtige Akrobatik-Übung.

Reizt sie sich auch selber an der Klitoris während des Koitus?

Nein, das macht sie nicht. Ich weiss nicht, warum nicht. Theoretisch könnte ich versuchen, sie vorher so stark zu reizen, dass sie mit dem Eindringen sofort käme, aber das gelingt praktisch nie.

Schauen Sie einander an, wenn einer auf dem andern ist?

Meistens ist es ja dunkel dabei.

Aha! Entspricht Ihnen das denn?

Ich möchte ab und zu schon auch ihren Körper sehen beim Liebemachen.

Dann ist Dunkelheit eher der Wunsch Ihrer Frau als Ihr eigener?

Ja. Man könnte auch mal ein Kerzlein nehmen, habe ich gelesen, gegen die Monotonie in den Schlafzimmern. Aber ich bin sicher: Wenn ich heute ein Kerzlein anzünden würde, müsste ich damit rechnen, dass ihr der Rolladen runterginge. Sie würde denken: Was hat er jetzt wieder im Sinn? Vielleicht wäre diese Schwelle aber auch überwindbar.

Dunkelheit herrscht bei Ihnen nicht aufgrund eines gemeinsamen Beschlusses?

Nein, darüber haben wir nie gesprochen. Aber ich bin, schon von meinem Sternzeichen her, eher der Typ, der nachgibt und sich anpasst – ohne dass mich das eigentlich stört.

Und wenn Sie sich am Morgen lieben?

Da sind die Storen zu, und die schliessen fest. Vielleicht sehen wir unsere Umrisse, aber mehr nicht.

Sie vermissen es nicht, ihr beim Liebemachen in die Augen sehen zu können?

Nein, das hat mich nie gestört, bisher hatte ich nicht das Bedürfnis.

Dringen Sie auch manchmal von hinten in sie ein: Ihre Frau unten, Sie oben?

Nein. So, wie man's etwa in Filmen sieht? Nein, nie. Ich wäre nicht abgeneigt, es mal zu versuchen. Ich zweifle aber daran, dass sie sich darauf einlassen würde.

Und Analverkehr? Können Sie sich das vorstellen?

Uuh, gar nicht! Nein! Das kommt für meine Frau überhaupt nicht in Frage.

Woher wissen Sie das?

Ich habe mal probiert, mit dem Finger dort einzudringen, aber da war gar nichts!

Wie reagierte sie?

Sehr abweisend: »Nein, also hee!« – Weiss nicht, wie das für sie war. Wir haben nie mehr darüber gesprochen. Analverkehr kann ich mir eigentlich auch nicht vorstellen. Das kommt auch in meinen Phantasien nicht vor.

Es erregt Sie stark, mit Ihrem Penis in ihrer Vagina zu sein?

Ja, sicher. Am liebsten würde ich möglichst lange in ihr bleiben, aber häufig komme ich zu schnell und muss darum ziemlich still sein. Das wiederum ist kontraproduktiv: Die Frau braucht ja Bewegung, damit sie stimuliert bleibt und zum Orgasmus kommen kann.

Ein Zielkonflikt?

Genau, es ist frustrierend. Sie sagt manchmal: »Beweg dich etwas mehr!« Und ich: »Ja, aber … ich komme sonst sofort.« Teilweise ist es ihr dann egal, dass ich komme, und teilweise gehe ich aus ihr raus und stimuliere sie mit der Hand oder mit dem Mund weiter.

Diese eigentlich wunderbaren Momente des Zusammenseins sind bei Ihnen immer etwas überschattet von Ihren Bemühungen um die Orgasmuskontrolle?

Ja. Meine Frau möchte, dass unser Zusammensein länger dauert.

Sagt sie Ihnen das ausdrücklich?

Sie hat schon gesagt, ich solle nicht schon jetzt kommen. Bei mir ist es auch nicht immer gleich: Wenn die Abstände zwischen meinen Orgasmen nicht zu gross sind, oder wenn ich mich vorher selber befriedigt habe, geht es, glaube ich, etwas besser. Allerdings würde ich nie onanieren, weil ich am nächsten Tag vorhätte, mit meiner Frau zu schlafen – das sicher nicht.

Warum nicht? Das wäre doch zweckmässig.

Ich habe gar nicht das Bedürfnis, und es liegt mir nicht, so zu planen.

Wo onanieren Sie?

Manchmal mache ich es neben meiner schlafenden Frau, wenn ich vorher keinen Erfolg bei ihr hatte. Früher auf der Toilette, heute eher auf dem Estrich**, auf einem alten Kanapee. Lacht.

Wissen Sie, ob Ihre Frau sich selber befriedigt?

Nein. Bisher hatten wir kein Bedürfnis, darüber zu sprechen.

Hätten Sie Lust, ihr mal beim Onanieren zuzuschauen?

Doch, das hätte ich schon. Ich wäre gespannt, wie sie auf eine solche Anfrage reagieren würde.

Wissen Sie etwas über ihre sexuellen Phantasien?

Nein, nichts.

Von Ihren eigenen Phantasien haben Sie ihr auch nichts erzählt?

Ich wurde nicht gefragt, dann sag' ich auch nichts.

Sie haben also keine Lust, sich über Ihre Phantasien miteinander auszutauschen?

Schon, aber es könnte auch riskant sein. Vor einigen Monaten sahen wir in einem Fernsehfilm eine Szene mit zwei Frauen, die sich liebten. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und sagte zu meiner Frau, das mache mich scharf und ich stellte mir ab und zu vor, dass ich Sex mache mit ihr und einer weiteren Frau. Sie war total schockiert über mich. Ich schämte mich und dachte, hättest besser nichts gesagt. Das scheint also kein Thema für meine Frau zu sein.

Was ist kein Thema für sie: die Dreier-Phantasie oder die Dreier-Realität?

Aha. Überlegt. Das weiss ich nicht.

Brauchen Sie eine Onaniervorlage?

Ja, Modekataloge mit Frauen in Unterwäsche – das stimuliert mich. Aufregend wäre für mich auch, meine Frau in Spitzenunterwäsche zu sehen.

Weiss sie das?

Nein. Es wäre ein Fehler, ihr solche Unterwäsche zu kaufen. Das habe ich kürzlich irgendwo gelesen.

Wenn Sie onanieren: Wieviele Finger brauchen Sie dazu?

Meistens drei, manchmal auch nur einen einzigen.

Trocken?

Nein, mit Speichel.

Wie lange brauchen Sie dafür?

Gewöhnlich ist das ein Quickie, höchstens fünf bis zehn Minuten. Ich empfinde es als eher enttäuschend. Andererseits ist es ja nicht so, dass ich in meiner Ehe wirklich etwas vermisse. Bei der Selbstbefriedigung geht es nur ums Abreagieren, Entladen. Wenigstens habe ich jetzt nicht mehr solche Schuldgefühle wie früher. Heute tut der Moment der Explosion schon gut, aber nachher fühle ich mich allein, leer – fast ein bitteres Gefühl.

Sie sagten, Onanieren sei möglicherweise für ihre Ejakulationskontrolle von Vorteil?

Ja, ich kann mich dann, wenn ich mit meiner Frau schlafe, mehr bewegen und stossen, bis es mir wirklich kommt. Das möchte ich sehr gern – und meine Frau sowieso: Sie möchte, dass ich länger in ihr bin und mich stärker bewege, nehme ich an. Vor ungefähr zwei Wochen hatten wir ein Kommunikationsproblem in dieser Richtung: Ich stimulierte sie mit der Hand und meinte, sie sei schon gekommen. Als ich dann mit ihr schlief, liess ich mich gehen, und sie war richtig enttäuscht.

Woran merkten Sie das?

Sie rief: »Nein, nicht jetzt schon!«

Haben Sie noch anderes unternommen, um Ihren Orgasmusreflex zurückzuhalten?

Vor vielen Jahren kaufte ich mir ein Buch, in dem irgendeine Methode beschrieben war. Ich glaube, man musste die Eichel oder den Schwell“körper zusammendrücken. Ich weiss es nicht mehr genau. Aber ich hab' das Problem nicht wirklich in die Hand genommen, sondern auf die lange Bank geschoben. Schön wär's schon, wenn man so einen Kniff auf Lager hätte, dann, wenn man merkt, uhh, jetzt kommt's schon!

Was ist Ihre Idealvorstellung vom Orgasmus?

Ich möchte ihn gern im selben Moment haben wie meine Frau. Das wäre das Optimum. Man sieht es ab und zu in Filmen.

Und Ihre Realität?

Entweder kommt sie zuerst oder ich. Ich mache es ihr mit der Hand oder mit dem Mund. Ich selbst komme in ihr drin, meistens.

Was bekommen Sie mit vom Höhepunkt Ihrer Frau?

Es ist ein schöner, beglückender Moment, den sie da über sich ergehen lässt – immer vorausgesetzt, dass er nicht vorgespielt ist. Sie atmet, stöhnt: »Oh!« Auch im Dunkeln ist es unverkennbar. Lacht.

Was spielt sich bei Ihrem eigenen Orgasmus ab?

Eine stete Steigerung, dann kann ich mich nicht mehr kontrollieren und lasse mich gehen. Zurück bleibt ein Gefühl von Befriedigung. Und ich nehme an, dass die Partnerin wahrscheinlich meinen Höhepunkt spürt, mein Zucken et cetera, aber – lacht