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Durch eine Meuterei bringt die Mannschaft zwei spanische Kriegsschiffe in ihre Gewalt und will sie der noch jungen Republik Mexiko verkaufen. Die Schiffe kommen in den Hafen von Acapulco, und der Kaufvertrag soll in der Stadt Mexiko unterschrieben werden. Auf ihrem gefahrvollen Weg durch das wilde Land geraten die Anführer der Meuterer aneinander. Auch zwei Matrosen haben sich gegen sie entschieden. Es kommt in den Bergen zu einer dramatischen Auseinandersetzung… Jules Vernes erste Kurzgeschichte erschien 1851.
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Seitenzahl: 40
Veröffentlichungsjahr: 2025
Jules Verne
Ein Drama in Mexiko
Jules Verne
Ein Drama in Mexiko
Edition Corsar D. u. Th. Ostwald
Braunschweig
In dieser Ausgabe werden Ausdrücke verwendet, die heute so nicht mehr üblich sind. Wir haben sie jedoch beibehalten, um die Texte nicht zu verändern.
Texte: © 2025 Copyright by Thomas Ostwald
Umschlaggestaltung: © 2025 Copyright by Thomas Ostwald
Edition Corsar:
Dagmar und Thomas Ostwald
Am Uhlenbusch 17
38108 Braunschweig
I.
Von der Insel Guajan nach Acapulco
Am 18. Oktober 1825 gingen die »Asia«, ein großes spanisches Kriegsschiff, und die »Constanzia«, eine Brigg von acht Kanonen, bei der Insel Guajan, einer der Mariannen, vor Anker. Vor sechs Monaten schon hatten diese Fahrzeuge Spanien verlassen und unter den dürftig ernährten, lässig bezahlten und durch Strapazen ermatteten Mannschaften derselben gehrten im Verborgenen rebellische Projekte. Verstöße gegen die Disziplin kamen vorzüglich auf der Constanzia vor, deren Kommandant, Kapitän Don Orteva, ein Mann von eiserner Energie und unbeugsamem Willen war. Einige schwere und so unerwartete Havarien, dass man sie nur dem Mangel an Achtsamkeit zuschreiben konnte, hatten die Brigg in ihrer Fahrt wiederholt aufgehalten. Jetzt war auch die von Don Roque de Guzuarte befehligte Asia gezwungen, mit vor Anker zu gehen. Eines Nachts zerbrach nämlich der Kompass der Constanzia auf völlig unerklärliche Weise. Ein anderes Mal erwiesen sich die Bardunen und Wanten des Fockmastes so schadhaft, als wären sie mit einem Messer durchschnitten gewesen, so dass der ganze Mast mit seiner Takelage umstürzte. Endlich rissen auch zweimal die Taue des Steuerruders gerade inmitten eines wichtigen Manövers.
Die Insel Guajan gehört, wie alle Mariannen, zu der General-Kapitänschaft der Philippinen. Hier waren die Spanier also zuhaus und konnten ihre Havarien in jedem Umfang ausbessern.
Während dieses gezwungenen Aufenthaltes am Land teilte Don Orteva dem Don Roque seine Beobachtungen bezüglich der Erschlaffung der Disziplin auf seinem Schiff mit, und die beiden Befehlshaber verpflichteten sich gegenseitig zu verdoppelter Wachsamkeit und Strenge.
Don Orteva musste vor allem auf zwei seiner Leute, den Lieutenant Martinez und den Mastwächter José, ein Auge haben. Lieutenant Martinez, der seine Stellung als Offizier schon durch manche verdächtige Zusammenkünfte auf dem Vorderkastell kompromittiert hatte, musste schon wiederholt bestraft werden; seine Funktionen als Lieutenant der Constanzia versah dann während der Zeit seiner Haft der Offiziersaspirant Pablo. Der Mastwart José war ein gemeiner, verächtlicher Charakter, der seine Anhänglichkeit nur nach dem empfangenen Lohn abwog. Ihm sah dagegen der sehr ehrenhafte Hochbootsmann Jacopo, der auch Don Orteva's unbedingtes Vertrauen genoss, stets scharf auf die Finger.
Der Aspirant Pablo gehörte zu jenen seltenen, offenherzigen und mutigen Naturen, welche ihr Edelmut zu den hochherzigsten Taten begeistert. Für seinen Wohltäter, den Kapitän Orteva, der ihn einst als Waise aufnahm und erzog, wäre er gewiss gern in den Tod gegangen. Im Laufe wiederholter Gespräche mit dem Hochbootsmann Jacopo ließ er oft, dahin gerissen von dem Feuer der Jugend und dem Trieb seines Herzens, die wahrhaft kindliche Liebe durchblicken, die ihn an Don Orteva fesselte, und der wackere Jacopo drückte ihm kräftig die Hand, sein Einverständnis zu besiegeln. Was vermochten aber diese drei Männer gegen die Leidenschaften einer widerspenstigen Besatzung? Während sie Tag und Nacht sich alle Mühe gaben, den auflodernden Geist der Zwietracht zu bändigen, schürten Martinez und José doch immer erfolgreicher die Empörung und den unwürdigsten Verrat.
Der Ankerwart, Lieutenant Martinez, befand sich auf Guajan in einer niedrigen Hütte, zugleich mit einigen Bootsleuten und etwa zwanzig Seeleuten der beiden Kriegsschiffe.
»Kameraden,« begann Martinez, »Dank den unerwarteten Havarien haben das Linienschiff und die Brigg bei den Mariannen Anker werfen müssen, wodurch mir Gelegenheit geboten wurde, mit Euch unbelauscht zu sprechen.«
»Bravo!«, tönte es schon bei diesem Anfang aus allen Kehlen. »Sprechen Sie, Lieutenant,« riefen mehrere Matrosen, »und lassen uns Ihre Absichten hören.«
»So vernehmt meinen Plan,« erwiderte Martinez. »Sobald wir uns der beiden Schiffe bemächtigt haben, steuern wir nach der Küste von Mexiko. Ihr wisst, dass der neue Bundesstaat noch aller Seewehr entbehrt. Dort wird man unsere Schiffe unbesehen ankaufen, wodurch nicht nur unsere fehlende Löhnung herauskommt, sondern wir auch noch einen Überschuss gleichmäßig zur Verteilung bringen können.«
»Einverstanden!«
»Und welches Signal verabreden wir, um auf beiden Schiffen gleichzeitig zu handeln?«, fragte der Mastwart José.
»Von der Asia wird eine Rakete aufsteigen«, erwiderte Martinez. »Dann brecht los! Wir sind Zehn gegen Einen, und die Offiziere des Linienschiffs und der Brigg müssen überwältigt sein, bevor sie zur Besinnung kommen.« - »Wann ist jenes Signal zu erwarten?«, erkundigten sich einige Bootsleute der Constanzia.
»In einigen Tagen, sobald wir uns auf der Höhe der Insel Mindanao befinden«.
»Die Mexikaner werden uns aber mit Kanonenkugeln empfangen«, bemerkte der Mastwart José. »Wenn ich nicht irre, hat die Bundesregierung ein Dekret erlassen, alle spanischen Fahrzeuge strengstens zu überwachen und zu beobachten, so dass uns statt des erhofften Geldes vielleicht eine Ladung Eisen und Blei beschert wird.«