Ein karibischer Traum - Michelle Reid - E-Book

Ein karibischer Traum E-Book

Michelle Reid

0,0
2,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Lizzys Hochzeitsreise mit Luciano könnte schöner nicht sein: Der heißblütige italienische Multimillionär lässt sie in der Karibik den Himmel auf Erden erleben! Nur auf die magischen drei Worte hofft sie leider vergebens. Lizzy begreift, dass Luciano etwas vor ihr verbirgt …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 165

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



IMPRESSUM

Ein karibischer Traum erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2008 by Michelle Reid Originaltitel: „The De Santis Marriage“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA, Band 300 Übersetzung: Anike Pahl

Umschlagsmotive: GettyImages / Image Source, Povareshka, Thanabodin Jittrong

Veröffentlicht im ePub Format in 04/2021

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751514170

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.

1. KAPITEL

Die vielen Feiern vor der eigentlichen Hochzeit uferten zu einem gigantischen Unterhaltungszauber aus, dabei hatte Lizzy nie im Leben weniger Lust auf Partys gehabt als jetzt.

Und nun noch diese Nacht in La Scala, stöhnte sie insgeheim. Allein der Name des berühmten Mailänder Opernhauses flößte ihr gehörigen Respekt ein. Sie befand sich in einer stilsicher eingerichteten Hotelsuite, umgeben von immensem Luxus, und probierte eine wahrlich sündhaft teure Designerrobe an, um für diesen Abend entsprechend gekleidet zu sein. Dabei ging daheim in England in diesem Augenblick ihr Familienunternehmen zugrunde und riss alles, was sie jemals besessen hatte, mit sich ins Verderben.

Am liebsten wäre sie nicht zur Hochzeit ihrer besten Freundin gefahren, aber Lizzys Vater hatte darauf bestanden. Matthew, ihr Bruder, war sogar noch weiter gegangen und regelrecht wütend geworden. „Sei nicht so blöd!“, hatte er sie angeblafft. „Soll sich Dad wegen dieses ganzen Schlamassels etwa noch schlechter fühlen? Geh wie geplant zu Biancas Hochzeit. Und wenn du schon einmal dort bist, wünsch ihr von mir alles Gute mit ihrem superreichen Fang, den sie gemacht hat!“

Dieser Nachsatz hatte derart bissig geklungen, dass Lizzy selbst bei der Erinnerung daran noch zusammenzuckte. Matthew würde ihrer Freundin sicher niemals verzeihen, dass sie sich in einen anderen Mann verliebt hatte.

Bianca und ihre Eltern hatten sie zusätzlich unter Druck gesetzt, und schlussendlich war es einfacher gewesen, nachzugeben und nach Mailand zu reisen, als sich gegen ihre Freunde und ihre Familie durchzusetzen. Dabei wäre sie nur zu gern an der Seite ihres Vaters geblieben, um ihn in dieser schweren Stunde zu unterstützen.

Stattdessen muss ich mich in dieses Hochglanzoutfit quetschen, dachte Lizzy und strich sich ungeduldig eine widerspenstige Locke aus dem Gesicht. Dann richtete sie die schmalen Spaghettiträger und drehte sich kritisch vor dem Spiegel hin und her, um den Gesamteindruck auf sich wirken zu lassen.

Entsetzt verzog sie das Gesicht. Dieses Kleid war an den entscheidenden Stellen viel zu figurbetont geschnitten, und die graue Farbe ließ ihre Haut noch blasser als sonst wirken. Nicht zum ersten Mal in ihren zweiundzwanzig Jahren wünschte Lizzy sich inständig, sie wäre ebenso zierlich und brünett wie ihre hübsche Freundin Bianca.

Leider war dies nicht der Fall. Lizzy konnte man viel eher als eine kurvige Augenweide mit wirren rotbraunen Locken beschreiben. Und dazu dieses Kleid …

Als Bianca es zwei Monate zuvor auf ihrer Verlobungsparty getragen hatte, sah sie absolut fabelhaft darin aus – eine Sensation auf zwei langen, schlanken Beinen. Gestern hatte sie es dann theatralisch in Lizzys Richtung geschleudert. „Mir ist schleierhaft, warum ich es gekauft habe. Ich hasse diese Farbe. Die Länge stimmt nicht, und mein Busen füllt es überhaupt nicht aus.“

Nun, damit hatte Lizzy keinerlei Probleme. Zaghaft zupfte sie ihr pralles Dekolleté zurecht und beschwor im Stillen die stabile Korsage, die üppigen Reize zuverlässig in Form zu halten. Auf den zweiten Blick fand sie auch nicht mehr, dass ihr Kleid zu eng geschnitten war. Zudem war sie nicht gerade in der Position, große Ansprüche stellen zu können, denn schließlich war ihr Outfit praktisch ein Almosen von Bianca.

Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. „Bist du fertig, Elizabeth?“, rief Biancas Mutter. „Wir dürfen nicht zu spät in die Scala kommen.“

Natürlich nicht, dachte Lizzy entnervt. „Nur noch eine Minute“, versprach sie mit fester Stimme.

Die Scala wartete auf niemanden, nicht einmal auf die High Society, unter die sich Lizzy an diesem Abend mischen würde. Eilig schlüpfte sie in ihre silbernen Stilettopumps und trug ein letztes Mal farbigen Lipgloss auf. Ganz bewusst hatte sie auf den verführerisch roten Lippenstift verzichtet, den Bianca ihr zusammen mit dem Kleid hatte aufdrängen wollen.

Kritisch betrachtete sie das Ergebnis im Spiegel und konnte sich ein spöttisches Lachen nicht verkneifen. Jetzt fehlte nur noch, dass ihre beste Freundin ihr den funkelnden Verlobungsring vermachte, den sie von ihrem Zukünftigen bekommen hatte. Lizzy würde das Schmuckstück natürlich umgehend versetzen, um damit auf einen Schlag die Familienschulden zu tilgen. Aber ganz so großzügig war Bianca dann doch nicht. Wer konnte ihr daraus einen Vorwurf machen?

Seit dem Tag, an dem Bianca Moreno und Lizzy sich in dem gleichen strengen englischen Internat begegneten, waren sie die engsten Freundinnen. Beide fühlten sich wie Außerirdische, die auf einem fremden Planeten gelandet waren. Bianca hatte bis zu diesem Zeitpunkt ein vollkommen sorgenfreies Leben bei ihren italienischen Eltern in Sydney genossen. Ihre Familie war praktisch über Nacht durch den plötzlichen Tod eines entfernten Onkels superreich geworden, da Biancas Vater den Vorstand der Londoner Moreno Inc. übernahm.

Lizzy dagegen war auf das Internat geschickt worden, nachdem ihre Mutter eine Affäre mit einem verheirateten Lokalpolitiker begonnen und damit einen riesigen Skandal verursacht hatte. An ihrer Schule war Lizzy grausam gemobbt worden, also entschied ihr Vater, dass ein radikaler Ortswechsel die einzige Lösung wäre.

Hatten die teilweise grausamen Neckereien aufgehört? Nein! Erzählte sie ihrem Vater davon? Nein, das tat sie nicht, weil er durch den Skandal ohnehin schon am Boden zerstört war. Ihre Mutter hatte ihn inzwischen verlassen und dabei einen großen Teil des Familienvermögens eingestrichen.

Bianca und Lizzy hatten sich in jener Zeit völlig aufeinander verlassen. Bianca war der Wirbelwind mit den pechschwarzen Augen und Haaren, während Lizzy ein sehr viel ruhigeres Wesen besaß. Ihr Lebensmut war durch die Lästereien rücksichtsloser Schulkameraden weitgehend zerstört worden, und auch ihre Mutter hatte sich niemals die Mühe gemacht, mit ihrer einzigen Tochter Kontakt aufzunehmen.

Jetzt war Lizzy zweiundzwanzig, und seit nunmehr zehn Jahren taten sie und Bianca kaum etwas, ohne dass die jeweils andere darüber Bescheid wusste.

Und jetzt heiratet meine Freundin in eine der reichsten Familien Italiens ein, dachte Lizzy kopfschüttelnd.

Auch wenn sie gar nicht dort sein wollte, so würde sie dennoch ihre Sorgen beiseiteschieben und alles dafür tun, um Biancas Hochzeitstag nächste Woche absolut perfekt mitzugestalten. Immerhin hatte man Lizzy mit allem Nötigen versorgt: angefangen bei den Räumen bis hin zur Kleidung für jeden erdenklichen glitzernden Anlass – selbst wenn es sich dabei um Biancas abgelegte Sachen handelte.

Lizzy war dankbar dafür, da sie sich selbst niemals derart kostbare Designerstücke leisten könnte. Eine Woche dieses zweiwöchigen Feiermarathons hatte sie bereits hinter sich gebracht, und bald würde Bianca mit Luciano Genovese Marcelo de Santis, dem Vorsitzenden des gigantischen de Santis Bankimperiums, vermählt sein. Freunde nannten ihn allerdings schlicht Luc.

Ein heftiger Schauer durchzuckte Lizzy – wie jedes Mal, wenn sie an den Verlobten ihrer besten Freundin dachte. Eilig griff sie nach ihrer seidenen Abendhandtasche und wünschte sich inständig, sie würde sich nicht so sehr für den höchst attraktiven Luc interessieren.

Er war ein rätselhafter Mann, bei dem sich makelloses Benehmen, Kultiviertheit und Stil mit ausnehmend gutem Aussehen verbanden. Eine buchstäblich tödliche Mischung. Bianca schnurrte um ihn herum wie ein Kätzchen, was ihm zu gefallen schien. Italienerinnen, so wie ihre Freundin, waren einfach heißblütiger und aufgeschlossener als die kühleren britischen Mädchen.

Lizzy hingegen hatte sich noch keinem Mann an den Hals geworfen, so etwas konnte sie sich nicht einmal vorstellen. Schon deshalb irritierten sie ihre undefinierbaren Gefühle gegenüber Luc de Santis. Schließlich war er gar nicht ihr Typ – er hatte einfach zu viel von allem. Zu muskulös, zu groß, zu schlank, zu dunkel, zu sexy, zu anziehend …

Und definitiv zu kühl und verschlossen, entschied sie und rauschte durch die Tür hinaus in den Flur.

Sie waren sich nur einmal begegnet, bevor sie nach Mailand kam, und zwar vor wenigen Monaten in London bei einem privaten Dinner im Haus von Biancas Eltern. Lucs Erscheinung war ein regelrechter Schock für Lizzy gewesen, und sie hatte kaum ihren Blick von ihm losreißen können. Außerdem unterschied er sich so stark von dem Typ Mann, den Bianca ihrer Meinung nach bevorzugte …

„Wie findest du ihn?“, erkundigte sich ihre Freundin aufgeregt.

„Ziemlich einschüchternd“, gab Lizzy zu. „Um ehrlich zu sein, erschreckt er mich fast zu Tode!“

Bianca hatte nur gelacht, so wie sie immer über alles lachte. Sie war glücklich, war verliebt und schwebte auf Wolke Sieben. „Du wirst dich an ihn gewöhnen, Lizzy“, versprach sie. „Wenn man ihn erst einmal näher kennt, ist er lange nicht mehr so beeindruckend.“

Das nächste Mal waren Lizzy und er sich vor knapp einer Woche begegnet. Er war auf der Suche nach Bianca in diesem Hotel erschienen, als Lizzy gerade an der Rezeption stand. Natürlich war er sofort auf sie zugekommen, um sie zu begrüßen, wohlerzogen wie er war. Wie schon bei ihrer ersten Begegnung jagten ihr unzählige Schauer über den Rücken, und sie hielt Lucs Nähe kaum aus.

Zudem war er ziemlich verärgert darüber, dass Bianca sie nicht persönlich am Flughafen abgeholt hatte, versteckte seinen Unmut aber sofort wieder hinter einer glatten Maske. Außerdem versicherte Lizzy ihm schnell, dass sie gar nicht mit Bianca gerechnet hatte, woraufhin Luc seine Lippen zu einem dünnen Strich verzog.

Souverän gab er den Hotelangestellten Anweisungen und kümmerte sich dann selbst darum, Lizzy das bestmögliche Zimmer zu besorgen und sie bis zu ihrer Tür zu bringen. Niemals würde sie vergessen, wie aufregend es sich angefühlt hatte, seine Hand in ihrem Rücken zu spüren, als er sie sanft aus dem Lift schob.

Jetzt fuhr sie in eben diesem Lift nach unten in die Hotellobby. Die ganze Woche über hatte sie Luc de Santis gemieden wie die Pest, aber heute Abend würde ihr das nicht gelingen. Ihre Gruppe war zu klein, und die reservierte Loge zu beengt, um sich aus dem Weg gehen zu können. Ihre letzte Hoffnung war, dass sie möglicherweise in einer benachbarten Loge untergebracht werden würde.

Im Spiegel des Fahrstuhls bemerkte sie, dass sich eine ihrer lockigen Strähnen aus der Hochsteckfrisur gelöst hatte. Vergeblich versuchte Lizzy, ihre widerspenstigen Haare zu zähmen, als die Türen aufglitten, und Luc persönlich vor ihr stand. Zu allem Überfluss hatte er sie dabei erwischt, wie sie vor ihrem eigenen Spiegelbild Grimassen schnitt! Lizzys Wangen färbten sich rot.

„Oh!“, sagte sie überrascht. „Wohnst du etwa auch hier? Das wusste ich gar nicht.“

Ein amüsiertes Glitzern hellte seine Augen vorübergehend zu einem warmen Goldton auf. „Guten Abend, Elizabeth.“ Er nannte sie grundsätzlich Elizabeth, und das mit dieser tiefen Stimme und seinem eindringlichen italienischen Akzent! „Du siehst hinreißend aus.“

Wie damals legte er seine Hand an ihren Rücken, um sie durch die Lobby zu führen, und Lizzys Knie zitterten so stark, dass sie beinahe über ihre eigenen Füße gestolpert wäre. Zum Glück bemerkte sie in diesem Augenblick Biancas Mutter, die in ihrem schwarzen Kleid und mit edlen Brillanten geschmückt höchst elegant aussah.

„Da bist du ja, Lizzy“, rief sie aufgeregt und eilte auf die beiden zu. „Luciano“, grüßte sie knapp und wandte sich dann wieder an Lizzy. „Ich muss kurz mit dir sprechen, Liebes.“

„Natürlich.“ Sie lächelte die ältere Dame an, der man deutlich ansah, dass sie sich am Rande eines Nervenzusammenbruchs befand, was üblicherweise in direktem Zusammenhang mit ihrer temperamentvollen Tochter stand. „Was hat Bianca denn nun wieder angestellt?“, erkundigte Lizzy sich leise.

„Hoffentlich nichts“, entgegnete Sofia Moreno mit dünner Stimme und wurde blass.

„Das war als Scherz gemeint“, stellte Lizzy hastig klar und erschrak, als sich Luc von hinten über ihre Schulter lehnte, um Sofia auf die Wangen zu küssen. Für den Bruchteil einer Sekunde war Lizzy zwischen den beiden eingeklemmt und bekam kaum noch Luft.

„Dann lass ich euch beide mal lieber allein“, raunte Luc und war im nächsten Moment verschwunden.

Die Stelle auf Lizzys Rücken, an der seine Hand gelegen hatte, fühlte sich plötzlich kalt an.

„Lizzy, du musst mir unbedingt sagen, was mit Bianca los ist!“, verlangte Sofia Moreno. „Sie benimmt sich ausgesprochen merkwürdig, und es ist kein einziges normales Wort aus ihr herauszubringen. Eigentlich sollte sie jetzt neben Luc stehen und gemeinsam mit ihm die Gäste begrüßen, aber als ich eben an die Tür ihrer Suite geklopft habe, war sie noch nicht einmal angezogen.“

„Sie hat sich nach dem Mittagessen mit Kopfschmerzen hingelegt“, erinnerte Lizzy sich laut. „Vielleicht ist sie eingeschlafen.“

„Das würde ihr zerwühltes Bett erklären“, schnaubte Sofia und runzelte die Stirn. „Und ihre unausstehliche Laune!“

„Gib ihr noch ein paar Minuten, um sich zu sammeln“, versuchte Lizzy sie zu beruhigen. „Wenn sie dann nicht unten ist, sehe ich mal nach ihr.“

Dann hakte sie sich bei Mrs. Moreno unter und gesellte sich mit ihr zu den übrigen Gästen. Dort wurde sie herzlich von Biancas Vater Georgio begrüßt und einem Cousin vorgestellt, den sie vorher noch nie gesehen hatte.

Vito Moreno war etwa in ihrem Alter und mit dem gleichen attraktiven Äußeren gesegnet wie Bianca. Dazu besaß er strahlend blaue Augen, die fröhlich funkelten. „Du bist also Elizabeth“, sagte er. „Seit ich heute Nachmittag angekommen bin, hat man mir schon viel von dir berichtet.“

„Wer hat das getan?“, wollte Lizzy wissen.

„Meine reizende Cousine natürlich.“ Vito grinste. „Bianca behauptet felsenfest, dass du sie vor einem Leben in Rebellion und Übermut gerettet hast, nachdem sie Sydney hinter sich lassen und auf eine der strengsten und langweiligsten Schulen überhaupt gehen musste.“

„Also gehörst du zu den Morenos aus Sydney?“, entgegnete Lizzy. „Jetzt höre ich auch den Akzent heraus.“

„Ich war Biancas Komplize, bis du meinen Platz eingenommen hast“, erklärte er vergnügt.

„Ach, der Cousin bist du!“ Sie lachte. „Von dir weiß ich so gut wie alles.“

„Das war’s dann wohl für mich und meine Attraktivität“, beklagte er sich dramatisch.

Vor Lizzy tauchte eine Champagnerflöte auf, dahinter stand Luc wie ein düsterer Riese.

„Oh, danke“, murmelte sie.

Er bedachte sie und Vito nur mit einem stummen Nicken und machte wieder auf dem Absatz kehrt. Die Minuten zogen sich dahin, und obwohl sich immer mehr Gäste an der Bar einfanden, war von Bianca weit und breit nichts zu sehen. Allmählich wurden die Leute unruhig und sahen immer öfter auf ihre Uhren.

Automatisch suchte Lizzys Blick Luc, der etwas abseits stand und sein Handy am Ohr hatte. Dem ernsten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, handelte es sich um kein besonders angenehmes Gespräch.

Redet er gerade mit Bianca? fragte sie sich. Das wäre nicht überraschend, denn Luc hatte sich schon vorher über Biancas Angewohnheit beschwert, überallhin zu spät zu kommen.

Gewöhn dich lieber daran! riet sie ihm in Gedanken und beobachtete, wie er sein Mobiltelefon zusammenklappte und einsteckte. Er konnte froh sein, wenn Bianca zu ihrer eigenen Trauung einigermaßen pünktlich erschien.

Gerade als Lizzy Sofia Morenos flehenden Blicken nachgeben und nach ihrer Freundin schauen wollte, bewegte sich etwas bei den Aufzügen. Alle schienen sich gleichzeitig umzudrehen, um Biancas beeindruckenden Auftritt zu bestaunen. In fließend goldene Seide gekleidet, die Haare nur zur Hälfte hochgesteckt und mit Diamanten geschmückt, sah sie aus wie eine Göttin. Oder auch wie eine Prinzessin, denn auf ihrem Kopf war eine kostbare Tiara befestigt. Mit ihren warmen schokobraunen Augen sah sie sich die Gästeschar an und verzog ihren hübschen Mund zu einem entschuldigenden Lächeln.

„Bitte verzeihen Sie mir, dass ich so spät bin!“, rief sie in die Runde und löste damit allgemeines heiteres Gemurmel aus.

„Das ist mein tapferes Mädchen“, glaubte Lizzy zu hören und sah verwundert in Vitos Richtung. Doch sein Gesicht blieb völlig ausdruckslos.

Dann trat Luc vor, umschloss Biancas schlanke Finger mit einer Hand und hauchte ihr einen Kuss auf den Handrücken. Was auch immer er ihr in diesem Moment zuflüsterte, brachte ihre Unterlippe leicht zum Zittern.

Er liebt sie, dachte Lizzy, und ihr Herz krampfte sich zusammen. Aber wie kam sie auch dazu, heimlich für den Verlobten ihrer besten Freundin zu schwärmen?

In mehreren eleganten schwarzen Limousinen wurden sie zur Oper chauffiert. Vito Moreno war für diesen Abend offenbar zu Lizzys Begleiter erkoren worden. Mehrmals brachte er sie zum Lachen und schaffte es sogar, dass sie sich zunehmend entspannte. Die Scala war eine Erfahrung, die Lizzy um keinen Preis der Welt missen mochte, beeindruckend und überwältigend zugleich. Zum Glück gelang es ihr, weit entfernt von Biancas attraktivem Verlobten platziert zu werden.

Anschließend wurde zum festlichen Abendessen in einem Palazzo außerhalb Mailands gebeten. Es gab auch eine Tanzfläche, und da Vito stetig Lizzys Weinglas nachgefüllt hatte, war sie bereits beschwipst, als Luc de Santis sie später zum Tanzen aufforderte.

Einen Moment lang suchte sie nach Ausflüchten, um diese Einladung abzulehnen, doch Luc umfasste schon ihren Ellenbogen und zog sie sanft, aber energisch auf die Füße. „Komm schon!“, sagte er trocken. „Es wird erwartet, dass der Bräutigam zumindest einmal mit der Trauzeugin seiner Braut tanzt.“

Das galt wohl eher für die Feier nach der Hochzeit, aber Lizzy sparte sich diesen Einwand. Atemlos ließ sie sich auf die Tanzfläche führen und fand dann beruhigenden Halt in seinen Armen.

Das Licht war gedimmt, und die seichte Musik – getragen von einer unglaublich talentierten Sängerin – ging regelrecht unter die Haut. Lizzys Herz schlug heftig, während sie und Luc sich harmonisch zur Musik bewegten und sich ihre Körper immer enger aneinanderschmiegten.

„Entspann dich“, raunte er schon nach wenigen Sekunden. „Wir sollen uns hier doch amüsieren, oder etwa nicht?“

Sie erkannte den Spott in seinen leuchtenden Augen und wurde ärgerlich. „Ich bin es lediglich nicht gewohnt …“

„Von einem Mann so gehalten zu werden?“, vervollständigte er ihren Satz und zog eine Augenbraue hoch.

„In diesen Schuhen zu tanzen!“, korrigierte sie ihn scharf. „Und das war gerade kein besonders passender Kommentar.“

Er lachte leise auf. „Du bist schon etwas Besonderes, Elizabeth Hadley“, bemerkte er. „Wunderschön, aber man darf es dir nicht sagen. In meiner Gegenwart bist du angespannt und defensiv, aber bei einem gefährlichen Frauenhelden wie Vito Moreno gehst du völlig auf.“

„Vito ist kein Frauenheld“, verteidigte sie Biancas Cousin. „Dafür ist er viel zu gelassen.“

„Wähle eine beliebige Telefonnummer in Sydney und erwähne nur seinen Namen.“ Sein Zynismus war messerscharf.

„Ich mag ihn jedenfalls“, erwiderte Lizzy stur.

„Ah, er hat dich also schon an der Angel.“

„Schon wieder eine unangemessene Bemerkung.“

Er brachte seine Lippen dicht an ihre Wange. „Ich verrate dir ein kleines Geheimnis, mia bella. Ich verhalte mich des Öfteren unangemessen.“

Luc war ihr nun so nahe, dass sie seinen maskulinen Duft deutlich wahrnehmen konnte. Unwillkürlich brachte Lizzy etwas Abstand zwischen sie. „Das sollte dir Bianca gegenüber besser nicht passieren!“

Immer noch amüsiert, richtete er sich zu voller Größe auf und umfasste Lizzys schmale Taille wieder etwas fester.

Sein Kinn befand sich auf ihrer Augenhöhe, und vielleicht lag es an dem Wein, dass sie sich plötzlich seiner Männlichkeit noch deutlicher bewusst wurde. Selbst der feine Stoff seines Anzugs unter ihren Fingerspitzen erregte sie. Fasziniert betrachtete sie den Kontrast, den seine gebräunte Haut unter dem strahlend weißen Hemd darstellte. Luc war einfach hinreißend!

Ich kann es nicht länger abstreiten, dachte sie benommen. Alles an ihm ist zu perfekt, um wahr zu sein …