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Die adelige Sophie, die nach Ende ihrer Schulausbildung in das kleine Königreich Beau Pays zu ihren Eltern zurückkehrt, ist nicht gewillt, sich dem Wunsch ihres Vaters zu beugen und einen unbekannten Marquis zu heiraten. So geht sie mit ihm eine Wette ein: Wenn sie bis Ende des Jahres wie gewöhnliche Menschen arbeitet, hält er sich aus ihrem Leben heraus und sie darf selbst bestimmten, wie sie ihre Zukunft gestalten möchte. Womit Sophie jedoch nicht rechnet, ist der Job, den ihr Vater ihr verschafft. Sie lebt und arbeitet zukünftig als Gouvernante von Prinzessin Catherine. So muss Sophie sich nicht nur ihrem Vater gegenüber behaupten, sondern auch gegen den verwitweten König Nicolas, der so ganz anders ist, als erwartet.
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Klappentext
Impressum
Ein König zum Frühstück
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Über die Autorin
Die (falsche) Erbin des Earls
Eine Nacht in deinen Armen
Die adelige Sophie, die nach Ende ihrer Schulausbildung in das kleine Königreich Beau Pays zu ihren Eltern zurückkehrt, ist nicht gewillt, sich dem Wunsch ihres Vaters zu beugen und einen unbekannten Marquis zu heiraten. So geht sie mit ihm eine Wette ein: Wenn sie bis Ende des Jahres wie gewöhnliche Menschen arbeitet, hält er sich aus ihrem Leben heraus und sie darf selbst bestimmten, wie sie ihre Zukunft gestalten möchte.
Womit Sophie jedoch nicht rechnet, ist der Job, den ihr Vater ihr verschafft. Sie lebt und arbeitet zukünftig als Gouvernante von Prinzessin Catherine. So muss Sophie sich nicht nur ihrem Vater gegenüber behaupten, sondern auch gegen den verwitweten König Nicolas, der so ganz anders ist, als erwartet.
E-Book
1. Auflage Mai 2020
300-440-02
Ann Hillmore/Melissa David
c/o Papyrus Autoren-Club
Pettenkoferstr. 16-18
10247 Berlin
Blog: www.mel-david.de
E-Mail: [email protected]
Umschlaggestaltung: Melissa David
Bildmaterial: © 123rf.com
Lektorat & Korrektorat:
Jeanette Lagall
www.lektorat-lagall.de
Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form bedürfen der Einwilligung der Autorin.
Personen und Handlungen sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
High Society Love
von
Ann Hillmore
Es war Juni. Die Internatszeit war vorbei. Sophie Jeurraine, Mademoiselle de Cuvenet genoss es, wieder zu Hause zu sein und hatte es nicht eilig, daran etwas zu ändern.
Vergnügt betrat sie an diesem Tag das Speisezimmer, um ihren Eltern beim Frühstück Gesellschaft zu leisten.
Es war ein vertrautes Bild, das sie im Frühstücksraum vorfand. Frédéric Jeurraine, Duc de Cuvenet, saß am Tisch und las die Zeitung, während seine Frau Martha Jeurraine, die Duchesse, in aller Ruhe an ihrem Tee nippte.
„Guten Morgen!“, grüßte Sophie und ließ sich auf den freien Platz ihrem Vater gegenüber nieder. Die Croissants dufteten unglaublich lecker und Sophie griff beherzt zu.
„Nicht so hastig. Das schickt sich nicht“, wurde sie daraufhin von ihrer Mutter ermahnt. Dann entspannten sich die Gesichtszüge der Duchesse. „Es ist so schön, dass du wieder zu Hause bist.“ Sie streckte ihre Hand über den Tisch und legte sie auf Sophies.
Ja, es war wirklich schön, wieder zu Hause zu sein. Sie hatte ihre Ausbildung im Internat für höhere Töchter mit Bravour abgeschlossen und wollte die Sommermonate dazu nutzen, zu überlegen, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte. Einige ihrer Freundinnen reisten oder studierten. Sophie war schon immer wissbegierig gewesen, interessierte sich für ganz unterschiedliche Themen, angefangen von Politik über gesellschaftliche Problematiken bis hin zu sozialen Projekten.
Eine ihrer Weggefährtinnen war bereits verlobt, viele andere träumten von standesgemäßen Hochzeiten und der baldigen Gründung einer Familie. Aber das wäre nichts für Sophie. Später einmal, vielleicht, aber jetzt fühlte sie sich noch nicht bereit dafür.
„Sie wird nicht lange zu Hause bleiben“, erklärte Sophies Vater hinter seiner Zeitung.
Sophie war überrascht. Sie hatten bisher nicht darüber geredet, aber Sophie war davon ausgegangen, dass sie alle Zeit der Welt hatte, um eine Entscheidung bezüglich ihrer Zukunft zu treffen.
„Wie meinst du das?“, fragte sie vorsichtig nach.
Der Duc war ein sehr umsichtiger Mann. Seit sie denken konnte, arbeitete er als Minister im Stab des Königs von Beau Pays, einem kleinen, unabhängigen Land an der französischen Küste.
Bedächtig faltete Frédéric Jeurraine, Duc de Cuvenet, seine Zeitung zusammen und legte sie neben sich. Der Duc hatte sich für sein Alter gut gehalten. Die Haare und der Bart waren ergraut, dennoch blickten seine grau-blauen Augen äußerst wachsam.
„Du hast auf dem Schweizer Internat eine ausgezeichnete Ausbildung genossen, Sophie. Es wäre schade, dein Talent durch Nichtstun zu vergeuden.“
Sophie war ihren Eltern äußerst dankbar, dass sie ihr diese ausgezeichnete Ausbildung ermöglicht hatten. Damit stand ihr die Welt offen. Dennoch wusste sie noch nicht, in welchen Bereich sie sich zukünftig einbringen wollte. Es gab einige karitative Projekte, die sie sehr interessierten. König Nicolas hatte im vergangenen Jahr viel für das Schulsystem und die qualitative Ausbildung getan. Dennoch gab es genügend Kinder in Beau Pays, die noch Unterstützung benötigten. Ihr Interesse an Politik hatte sie von ihrem Vater geerbt und Sophie konnte sich durchaus vorstellen, irgendwann in seine Fußstapfen zu treten. Allerdings waren Frauen in der Politik spärlich gesät, und spontan fiel ihr lediglich eine Duchesse ein, die sich auf dem politischen Parkett bewegte. Weniger attraktiv erschien Sophie hingegen die Leitung eines größeren Anwesens, denn das ging in der Regel mit einer Ehe einher, und dazu fühlte sie sich noch nicht bereit.
„Es wird Zeit, dass du deinen Platz in der Gesellschaft findest. Eine Verlobung im Herbst, die Heirat im nächsten Frühjahr.“
Sophie verschluckte sich an ihrem Kaffee und musste heftig husten. Das konnte ihr Vater doch unmöglich ernst meinen!
Ihre Mutter war von dem Vorschlag entzückt. „Frühjahrshochzeiten sind wundervoll, aber vielleicht wäre der Sommer besser. Dann könnten wir eine große Gartenparty veranstalten und …“
„Hast du auch schon einen passenden Mann für mich ausgesucht?“, fauchte Sophie und hoffte durch die bissige Anmerkung ihrem Vater klarzumachen, wie absurd seine Idee war.
„Selbstverständlich.“ Seine Miene verzog sich kein bisschen. „Der Marquis Blasaché war sehr an dir interessiert.“
Sophie wurde blass. André Fontederot, der Marquis, von dem ihr Vater sprach, war etliche Jahre älter als sie. Sie konnte sich jedoch nicht mehr genau an ihn erinnern, so sehr sie auch in ihrem Gedächtnis kramte.
„Du hast mit ihm bereits über mich gesprochen?“
Der Duc verzog die Lippen zu einem Lächeln. „Sophie, du bist meine einzige Tochter und ich möchte nur das Beste für dich.“
Sie schluckte. So sehr sie ihren Vater auch liebte und er wirklich nur ihr Bestes wollte, dies war der vollkommen falsche Weg. Sophie war noch nicht bereit zu heiraten, sie wollte sich ausprobieren, noch etwas erleben, bevor sie sich häuslich niederließ und Kinder bekam.
„Warum ausgerechnet Marquis Blasaché?“, fragte sie gequält.
„Er ist einer der begehrtesten Junggesellen in Beau Pays. Im Gegensatz zu manch anderen war er bisher noch nicht verheiratet. Seine Familie hat einen tadellosen Ruf. Da Blasaché selbst über großzügige Ländereien und Vermögen verfügt, kannst du sicher sein, dass er kein Mitgiftjäger ist. Er wird dir eine sichere Zukunft bieten.“
„Ich will keinen Mann, der mich aushält. Ich kann mich selbst um meine Zukunft kümmern!“
Der Duc sah sie einen Moment missbilligend an, dann presste er die Lippen zusammen. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen, als er mit düsterer Miene seine Tochter betrachtete. „Du bist jung, Sophie. Du weißt nicht, was gut für dich ist.“
„Ich bin erwachsen!“, widersprach sie ihrem Vater.
„Das mag sein, aber das bedeutet noch lange nicht, dass du vernünftig bist. Es ist meine Pflicht als dein Vater, dich in die richtige Richtung zu lenken. Dein Name bringt Verpflichtungen mit sich. Du bist eine de Cuvenet.“
„Und das gibt dir das Recht, über mich zu bestimmen? Ich kann selbst entscheiden, und vielleicht möchte ich lieber etwas anderes tun, als zu heiraten.“
Ihr Vater starrte sie weiterhin unnachgiebig an. „Du weiß nicht, was gut für dich ist. Wie stellst du dir das vor, Sophie? Der Name de Cuvenet bringt Verpflichtungen mit sich, und deine Pflicht ist es, eine Stütze der Gesellschaft zu werden.“
Ein Funken Hoffnung glomm in Sophie auf. Sie hatten sich auf die Diskussionsebene begeben. Vielleicht gab es eine Möglichkeit, ihren Vater umzustimmen. „Ich kann auch eine Stütze der Gesellschaft werden, wenn ich etwas anderes tue.“
„Was willst du machen?“
„Das weiß ich jetzt doch noch nicht. Vielleicht möchte ich mich im sozialen Bereich engagieren.“
„Das kannst du auch, wenn du verheiratet bist.“
„Oder ich gehe in die Politik wie du.“
Der Ausdruck auf dem Gesicht ihres Vaters verfinsterte sich noch weiter. „Wie Duchesse Bisseur?“ Seine Missbilligung war deutlich zu hören.
„Warum nicht?“ Sophie zuckte mit den Schultern.
„Wir leben in einer Monarchie, wir haben Traditionen“, erinnerte der Duc de Cuvenet sie. „Es schickt sich nicht, als Frau in politischen Belangen aktiv zu werden.“
„Soweit ich mich erinnere, setzt König Nicolas alles daran, an der Verstaubtheit der Monarchie etwas zu ändern und Beau Pays in die Zukunft zu führen.“
Sie beneidete die eine oder andere Freundin in den Nachbarländern, die nicht mehr unter der Strenge der Aristokratie zu leiden hatten. „Ich kann auch als Frau politisch aktiv sein.“
Ihr Vater verzog angewidert den Mund. „Das werde ich nicht dulden.“
„Es muss ja nicht unbedingt Politik sein“, lenkte Sophie versöhnlicher ein. „Aber ihr habt mich zu einer selbstständigen Persönlichkeit erzogen.“
„Offensichtlich etwas zu selbstständig“, seufzte ihr Vater. „Du kannst dich nicht immer auf mich verlassen. Ich werde eines Tages nicht mehr da sein.“
„Frédéric“, stöhnte Duchesse de Cuvenet und verzog missbilligend das Gesicht.
„Du redest so, als würdest du morgen sterben, Vater“, entrüstete sich Sophie.
„Wenn ich nicht mehr bin, muss es einen Mann in deinem Leben geben, der dich beschützt. Oder möchtest du für deinen Unterhalt allein aufkommen?“
„Es gibt Schlimmeres, als für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten!“ Sophie konnte es einfach nicht begreifen, wie rückständig ihr Vater war. Würde sie in England leben, wäre es überhaupt keine Frage. Dort definierte sich keine Frau mehr über ihren Mann oder den Vater. Sie wusste aber auch, dass Beau Pays in diesem Bereich deutlich hinterherhinkte. Daran hatte auch König Nicolas, der mit Mitte dreißig noch ein ziemlich junger Herrscher war, bisher nichts ändern können. Dazu gab es einfach zu viele Aristokraten-Patriarchen wie ihren Vater. Vielleicht war König Nicolas, was dieses Thema betraf, aber auch genauso konservativ eingestellt wie die alten Herren, seine Minister, mit denen er das Land regierte.
„Du willst arbeiten?“, unterbrach Duc de Cuvenet ihre Gedanken. Spöttisch blickte er sie an. „Du würdest es nicht einmal bis Ende des Jahres in einer Anstellung aushalten.“
Sophie spitzte trotzig die Lippen. „Das würde ich.“
Nachdenklich betrachtete der Duc seine Tochter. „Du würdest jede Arbeit verrichten?“
„Natürlich nicht jede“, lenkte Sophie ein. Zum Zimmermädchen fühlte sie sich nicht geboren, und als Küchenhilfe würde sie ebenso kläglich versagen. „Es müsste schon eine standesgemäße Anstellung sein. Etwas, für das ich im Internat ausgebildet worden bin.“
Sophies Vater runzelte die Stirn. „Ich werde dir eine Stellung besorgen und dir beweisen, dass du nicht dafür gemacht bist, zu arbeiten. Du bist eine Lady und das wirst du einsehen.“
Wütend starrte Sophie ihn an. „Ich will nicht in einem großen Haus sitzen und Kinder hüten!“
„Aber Sophie!“, keuchte die Duchesse entsetzt auf.
Sophie warf ihrer Mutter nur einen verzweifelten Blick zu. Von ihrer Seite konnte sie keine Hilfe erwarten.
Schmunzelnd blickte ihr Vater sie an und schüttelte amüsiert den Kopf. „Du wirst keinen Monat durchhalten.“
Demonstrativ verschränkte Sophie die Arme vor der Brust. „Und wenn doch?“
Der Duc seufzte laut. „Wenn du bis Ende des Jahres deine Stellung nicht aufgegeben hast oder gekündigt worden bist, überlasse ich dir den Zeitpunkt und die Wahl eines Ehemanns.“
Sophie starrte ihren Vater an. Meinte er das wirklich ernst? Ja, das tat er, wurde ihr mit einem Mal klar. Ihre Gedanken rasten. Ein Dreivierteljahr einem Job nachgehen und danach wäre sie frei. Das war doch ein Klacks! Ein Hochgefühl breitete sich in Sophie aus und sie fühlte sich bereits jetzt als Gewinnerin.
„Abgemacht.“ Sie stand auf und streckte ihrem Vater die Hand hin, der Wert darauf legte, ein Geschäft mit einem Handschlag zu besiegeln.
„Abgemacht“, wiederholte der Duc und ergriff die ausgestreckte Hand seiner Tochter.
Nicolas de Noiratte, König von Beau Pays, stand von seinem Schreibtisch auf und trat ans Fenster. Die Last des Landes wollte ihn erdrücken. Er öffnete das Fenster und atmete tief die Sommerluft ein. Sie war schwül und linderte seine Kopfschmerzen kein bisschen. Aber alles war besser, als an der Wut auf seinen Berater zu ersticken. Gragoutte diente dem Land bereits seit Jahrzehnten und hatte sich unter der Führung von Nicolas’ Vater einen großen Namen in Regierungskreisen gemacht. Doch Nicolas und der altgediente Berater harmonierten nicht sonderlich gut miteinander, und das bekam Nicolas häufig zu spüren.
Das Gespräch mit Gragoutte war alles andere als erfreulich gewesen. Wieder einmal hatten sie unterschiedlicher Meinung vertreten. Nicolas war daran gelegen, Beau Pays in eine verheißungsvolle Zukunft zu führen, und das bedeutete ziemlich viel Geld in die Hand zu nehmen und zu investieren. Seiner Ansicht nach war die Erneuerung des Kommunikationsnetzes unabdingbar. Nur fehlte es leider an Geld. Sein Ziel mit einer arrangierten Ehe zu erreichen, wie Gragoutte es ihm geraten hatte, war allerdings indiskutabel. Er würde nicht wieder heiraten. Schon allein bei dem Gedanken an eine Ehe zog es unangenehm in seiner Magengrube.
Nicolas war ein gebranntes Kind. Schon einmal hatte er einer arrangierten Ehe zugestimmt. Er hatte Adrienne nicht geliebt, war aber nach dem überraschenden Tod seines Vaters so unter Druck geraten, dass er dem Vorschlag seines Beraters gefolgt war. Mit der Besteigung des Throns hatte er geheiratet, um zeitnah die Nachfolge des Königshauses zu sichern. Diese Verpflichtung hatte er mit seiner zauberhaften Tochter Catherine erfüllt. Die Ehe mit Adrienne war die Hölle gewesen. Dennoch fühlte er sich sogar noch heute schuldig, dass er in erster Linie erleichtert gewesen war, als Adrienne starb.
Es gab für Nicolas keinen Grund, sich erneut in die Zwänge einer Ehe zu begeben. Nicht einmal die Stabilität des Landes und die Umsetzung der nötigen Investitionen waren für ihn ein ausreichendes Argument, es erneut zu tun.
Es klopfte an der Tür. Nicolas seufzte, schloss für einen Moment die Augen und sagte dann laut: „Herein!“
Wahrscheinlich stand schon wieder sein Berater Gragoutte vor der Tür. In ein paar Stunden würde sich Nicolas mit den Ministern treffen und der Plan, den er ihnen vorlegen wollte, war nicht in Gragouttes Sinne. Seufzend drehte er sich um, bereit für eine erneute Auseinandersetzung. Aus seiner Sicht war alles gesagt, und er war nicht bereit, einzulenken.
Zu seiner Überraschung war es jedoch nicht Gragoutte, sondern der Duc de Cuvenet, einer seiner Minister. Er schätzte de Cuvenet wegen seiner Loyalität und seiner besonnenen Art sehr.
„Sire“, grüßte der Duc und neigte respektvoll den Kopf.
„De Cuvenet.“ Nicolas nickte ihm zu und fragte sich, was sein Minister von ihm wollte. „Haben wir einen Termin?“
„Nein, Sire.“ Der Duc rückte seinen Krawattenknoten zurecht, der davor schon makellos gesessen hatte. „Ich hoffte, Sie hätten etwas Zeit für eine private Unterredung.“
Nicolas runzelte die Stirn. Es kam immer wieder einmal vor, dass einer der Minister ihn um eine Privataudienz bat. Manchmal, um gewisse Anliegen durchzusetzen, manchmal, um ihn um Hilfe zu bitten. Im Rahmen seiner Möglichkeiten half Nicolas gerne. Doch meist waren die Forderungen der Minister dreist. De Cuvenet gehörte jedoch nicht zu dieser Art Personen und deshalb war Nicolas äußerst neugierig auf das Anliegen des Mannes.
„Selbstverständlich.“ Er deutete auf die Sitzecke gegenüber seines Schreibtisches, in der er Treffen dieser Art abzuhalten pflegte. „Nehmen Sie Platz.“
„Vielen Dank, Sire.“
Nicolas ließ sich in einen der bequemen Sessel sinken und wartete, bis auch de Cuvenet Platz genommen hatte.
„Worum geht es?“, erkundigte er sich gespannt.
„Um meine Tochter“, platzte de Cuvenet heraus.
Nicolas unterdrückte ein Stöhnen. Hatte Gragoutte mit dem Minister gesprochen? Bekäme er nun eine weitere Heiratskandidatin vorgeschlagen, die er ohnehin ablehnen würde? Er wand sich innerlich und legte sich bereits eine Strategie zurecht, wie er die Unterredung mit dem Duc beenden konnte.
„Ich plane, meine Tochter Sophie mit Marquis Blasaché zu vermählen“, erklärte der Duc.
Nicolas hielt einen Moment inne und entspannte sich wieder. De Cuvenet wollte ihn nicht mit seiner Tochter verheiraten. Aber warum war er dann hier? Die Zustimmung des Königs bei einer Eheschließung benötigte man bereits seit Jahrhunderten nicht mehr. Oder war der Marquis unvorsichtig gewesen, hatte de Cuvenets Tochter geschwängert, und wollte sie nun nicht heiraten? Erwartete der Duc, dass nun er als König ein Machtwort sprach?
„Sophie ist ein gutes Kind“, erklärte de Cuvenet.
Nicolas überlegte, wie alt dieses Kind sein mochte. Wenn sie bereits im heiratsfähigen Alter war, konnte man eigentlich nicht mehr von einem Kind sprechen. Allerdings war auch er Vater und Catherine, obwohl sie erst acht Jahre alt war, würde für ihn wohl immer ein Kind bleiben.
„Sie weiß noch nicht, wo ihr Platz in unserer Gesellschaft ist, und hat sich in den Kopf gesetzt, eine Stellung anzunehmen.“ De Cuvenet sagte das, als wäre dies das Widerwärtigste, was er sich vorstellen konnte.
Nicolas dagegen fand nichts Anstößiges daran, wenn eine junge Dame arbeiten wollte. Im Gegenteil. Spontan empfand er Sympathie für die Frau.
„Und was habe ich damit zu tun?“ Er war nicht bereit, für den Duc in die Bresche zu springen, und der Mademoiselle de Cuvenet ins Gewissen zu reden.
„Sophie braucht eine Anstellung.“
Nicolas schwante Schlimmes. In Gedanken legte er sich bereits eine Strategie zurecht, die Bitte des Ducs abzulehnen, ohne ihn zu verprellen. Natürlich würde er dem Mädchen einen Job geben können. Es fand sich immer etwas, ganz egal ob in der Küche oder als Assistentin seiner Assistentin. Aber seine Angestellten hatten weder die Zeit noch die Lust, einem faulen adeligen Mädchen das Arbeiten beizubringen. Sie hatten Sinnvolleres zu tun.
„Wie ich gehört habe, hat die letzte Gouvernante gestern gekündigt.“
Ein Problem, das er nach dem Treffen mit den Ministern zu lösen gedachte. Ein ganzer Stapel Bewerbungen von qualifizierten Gouvernanten lag bereits auf seinem Schreibtisch. Das Problem war allerdings nicht, geeignetes Personal zu finden, sondern die Prinzessin. In diesem Jahr, das noch nicht einmal zur Hälfte um war, hatte bereits die dritte Gouvernante gekündigt. Gragoutte hatte ihm geraten, Catherine in einem renommierten Schweizer Internat anzumelden, aber alles in ihm sträubte sich, seine Tochter einfach fortzuschicken. Durch den frühen Tod ihrer Mutter hatte sie es bisher nicht einfach gehabt, und er als Vater hatte auch viel zu wenig Zeit für sie. Ja, er fühlte sich schuldig, weil er seinen Vaterpflichten viel zu selten nachkam und stattdessen damit beschäftigt war, das marode Land zu retten.
„Ich fürchte, das ist keine gute Idee.“ Nicolas straffte sich und blickte dem Duc direkt in die Augen. „Mir liegt meine Tochter sehr am Herzen.“ Er wollte de Cuvenet wirklich nicht vor den Kopf stoßen, doch er suchte eine gut ausgebildete Dame, die seiner Tochter die nötigen Verhaltensregeln der guten Gesellschaft ebenso nahebringen konnte, wie sie mit liebevoller Strenge zu erziehen.
„Wenn es um die nötige Qualifikation geht, die kann Sophie vorweisen. Sie hat die beste Ausbildung in einem Schweizer Internat genossen.“
Nicolas war nicht überzeugt. Wenn de Cuvenet von dem Internat sprach, das er vor Augen hatte – und so viel renommierte Internate gab es in der Schweiz nicht – wäre de Cuvenets Tochter absolut überqualifiziert.
„Betrachtet es doch als Win-win-Situation, Sire“, schlug de Cuvenet vor. „Sophie könnte schon morgen anfangen. Dadurch hätte Ihr Zeit, in Ruhe eine geeignete Gouvernante zu finden. Meine Tochter wird schnell merken, dass die Arbeitswelt nichts für sie ist, und einsehen, dass eine Heirat ihr ein besseres Leben bieten kann.“
Nicolas war immer noch nicht überzeugt. Die Tochter seines Ministers? Damit waren Probleme vorprogrammiert, und davon hatte er auch so schon genug.
„Ich bitte Euch inständig, Sire. Von Vater zu Vater.“
Die eindringliche Bitte hätte Nicolas nicht umstimmen können, die Aussicht, bereits morgen eine Gouvernante zu haben, war dagegen äußerst verlockend. Und noch besser war die Möglichkeit, in Ruhe eine geeignete Person für die Erziehung seiner Tochter suchen zu können. Die letzten Male hatte er überstürzt handeln müssen und jedes Mal danebengegriffen.
Er traf eine Entscheidung.
„Ich will sie sehen, bevor ich dem endgültig zustimme. Es geht schließlich um meine Tochter.“
De Cuvenet seufzte erleichtert.
---ENDE DER LESEPROBE---