Ein letzter schöner Sommer - Elke Schneefuß - E-Book

Ein letzter schöner Sommer E-Book

Elke Schneefuß

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Das dramatische Finale der großen Sylt-Saga Kampen auf Sylt im Frühjahr 1933: Das Hotelierehepaar Ingeborg und Nicolai Boysen wird von einem Berg Schulden niedergedrückt. Doch mit dem Beginn der Feriensaison ist auch die Hoffnung verknüpft, dass es nun wieder aufwärts gehen wird. Da erfährt Nicolai, dass Ingeborg vor Jahren eine Affäre mit dem Inselarzt hatte. Er ist entsetzt und verliert alles Vertrauen in seine Frau. Ist die Ehe der beiden, die sich doch so geliebt haben, noch zu retten?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 561

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Elke Schneefuß

Ein letzter schöner Sommer

Roman

Knaur e-books

Über dieses Buch

Inhaltsübersicht

Kapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Epilog
[home]

Kapitel 1

Schritte hallten durch die nächtliche Stille, metallbeschlagene Absätze schlugen auf den Asphalt. Er spürte seine Verfolger dicht hinter sich und wusste, dass sie näher kamen. In geduckter Körperhaltung rannte er durch die Straßen, ihm war, als berührten seine Füße den Boden nicht mehr. Atemlos hastete er durch die stockfinstere Nacht. Schweiß stand auf seiner Stirn, sein Herz klopfte schnell, er rannte weiter, doch das Stakkato der Absätze hinter ihm wurde trotzdem immer lauter. Alle Hauseingänge und Türen, in die er hätte schlüpfen können, schienen verschlossen. Warum war er ausgerechnet heute Nacht allein aufgebrochen?

Erschöpft blieb Andreas Bütow kurz stehen. Er schnappte nach Luft, eher zufällig glitt sein Blick hinüber zu der Pforte im Tor des Nachbarhauses. Sie war nur angelehnt, das erste unverschlossene Hoftor, das sich in Reichweite befand. Mit einem Satz war er in der Toreinfahrt, mit drei weiteren Schritten stand er auf dem nächtlich dunklen Innenhof. Hoffentlich gab es hier ein Hinterhaus oder wenigstens einen Kohlenkeller, in dem er sich verstecken konnte – sonst war er verloren. Er drehte sich einmal um die eigene Achse, doch vergeblich, der Hof war tatsächlich an allen vier Seiten von Mauern umgeben. Immer näher kamen die Schritte seiner Verfolger, Kommandos hallten durch die Dunkelheit, in wenigen Augenblicken würden sie hier sein. Andreas hatte keine Wahl, also nahm er Anlauf und hielt auf die Aschtonnen zu, die an der von Ruß geschwärzten Mauer standen. Er sprang und kam auch wirklich mit den Füßen auf dem Deckel einer der Tonnen zu stehen. Sie schwankte unter seinem Gewicht, aber noch hielt sie ihn aus, während er sich streckte, um den oberen Rand der Mauer zu erreichen. Er suchte nach Halt, als er auch schon diese fremde, kalte Hand spürte, die nach ihm griff. Die Kerle zerrten an ihm, sie umschlangen seinen Bauch. Er trat um sich, doch es waren zu viele, gegen ihre Übermacht konnte er nichts ausrichten. Sie holten ihn von der Mülltonne und warfen ihn auf den Erdboden. Er sah ihre von Hass verzerrten Gesichter über sich und wollte schreien, aber man hielt ihm den Mund zu. Sie warfen ihm Sand ins Gesicht, der in seinen Augen brannte.

»Das ist für dich, du rotes Schwein«, zischte eine Stimme neben ihm, bevor er den Schlag in der Magengrube spürte, der ihn nach Luft japsen ließ. Immer neue Schläge prasselten auf ihn ein, während er verzweifelt versuchte, sich die Arme schützend vor das Gesicht zu halten. Blut tropfte aus seiner Nase und lief ihm über die Lippen, es schmeckte warm und ein wenig süß. Noch bevor er schlucken oder sich über das Gesicht fahren konnte, wurde er plötzlich in die Höhe gerissen, blitzschnell drehte man ihm einen Arm auf den Rücken. Sie standen im Halbkreis um ihn herum und musterten ihn grinsend. Er senkte den Kopf und schloss die Augen, seine Knie zitterten. Wie feige das war, gleich mit mehreren auf ihn einzudreschen. War sein Kampf für die Freiheit das wert?

»Sozialistensau!«

Einer der Nazis schlug ihm hart ins Gesicht, und gerade in dem Moment, als er sich wieder aufrichten wollte, rammte ihm jemand ein Knie in den Unterleib. Der Schmerz kam wie eine große, dunkle Welle, die alles überrollte. Er torkelte, er fiel vornüber und krümmte sich. Würde er diese Tortur überleben? Was hatten sie vor? Schlugen sie ihn nur krankenhausreif, oder wollten sie ihn gleich auf den Friedhof bringen? Über sich hörte er das dreckige Lachen der Nazis, sie gingen nicht fort, sie kosteten ihren Triumph aus. Mit Füßen, die in schweren Stiefeln steckten, traten sie nach ihm, bis ihm die Luft wegblieb – er stöhnte, ihm war übel, er ahnte, dass er einer Ohnmacht nahe war. Der Puls rauschte ihm in den Ohren, der Schmerz war überall, er versuchte nicht einmal mehr, sich dagegen zu schützen. Ein letzter Tritt in die Seite, bevor er fühlte, wie die Bewusstlosigkeit über ihn hinwegbrandete und ihn forttrug aus einem Kampf, den er verloren hatte.

 

»Gert, gib mal den Sechserschlüssel rüber.«

Nicolai Boysen beugte sich über den Motor seines Wagens und schaute hinunter auf das Gewirr aus Drähten und ölverschmierten Schläuchen. Noch hatte er keinen blassen Schimmer, warum das Automobil neuerdings streikte, aber er war entschlossen, es herauszufinden, um sich die teure Reparatur in der Autowerkstatt zu sparen. Verdammt, wo blieb der Sechserschlüssel? Nicolai richtete sich auf, schützend schirmte er die Augen mit der flachen Hand gegen die tief stehende Sonne ab. Wo war der Lehrling abgeblieben, der sollte ihm doch bei der Arbeit zur Hand gehen? Eben war er noch vor der Remise gewesen, aber jetzt fehlte jede Spur von ihm. Suchend glitten Nicolais Blicke über den Sandplatz vor dem Haus. Natürlich, das hätte er sich denken können, Gert Roloff lungerte unten am Haupteingang des Hotels herum. Ein dümmliches Grinsen im Gesicht, hatte er Posten neben dem Reporter aus Westerland bezogen, der aus der Stadt gekommen war, um Fotos für die nächste Ausgabe seiner Zeitung zu machen. Derzeit hatten sie prominenten Besuch im Hotel, ein Filmsternchen aus Berlin war hier abgestiegen und verdrehte den männlichen Gästen die Köpfe mit ihrem viel zu dick aufgetragenen Charme. Da durfte der Herr Lehrling natürlich nicht fehlen – für Gert Roloff war ihre Anwesenheit auf dem Hotelvorplatz Grund genug, alles stehen und liegen zu lassen. Seufzend schüttelte Nicolai den Kopf, während er sich vorsichtig mit der ölverschmierten Hand eine Strähne aus der verschwitzten Stirn schob. Der Junge war eine Plage. Er war faul, widerspenstig und aufsässig.

Nicolai griff nach einem alten Stofflappen, der in der Tasche seiner staubigen Hose steckte, und ließ ihn zwischen den Fingern hindurchgleiten, während er sich auf den Weg zum Haupthaus machte. Ihm reichte es, das Maß war voll. Einen Lehrling wie den hier brauchte er nicht, er hätte sich nie darauf einlassen sollen, den Jungen überhaupt einzustellen. Sein Vater war eine der Nazigrößen im Ort, deshalb hatte Nicolai nicht gewagt, dem Mann eine Bitte abzuschlagen, aber das machte die Situation nicht besser. Er musste sich etwas überlegen, es war an der Zeit, dem Jungen den Marsch zu blasen.

Mit großen Schritten marschierte er den Weg zum Hotel hinunter. Er war noch nicht weit gekommen, als Gert ihn bemerkte, ihre Blicke trafen sich. Nicolai konnte nicht anders, er runzelte die Stirn, was zur Folge hatte, dass das Gesicht des Jungen sich rötete. Anscheinend ahnte er das Donnerwetter, das gleich über ihm niedergehen würde – gut, sollte er sich nur fürchten, das war in Ordnung. Er hatte es sich redlich verdient.

Neben dem Zeitungsfritzen, der langsam hinter seinem dreibeinigen Stativ mit dem Fotoapparat hervorgekrochen kam, blieb Nicolai stehen. Demonstrativ verschränkte er die Arme vor dem Oberkörper, während der Reporter ihn fragend von der Seite musterte. Das Filmsternchen bekam von alldem anscheinend nichts mit, sie räkelte sich noch immer auf der kleinen Mauer am Portal vor einem unsichtbaren Publikum. Nicolai machte einen Schritt auf seinen Lehrling zu. »Was treibst du hier, Gert? Wieso verkrümelst du dich einfach, anstatt mir oben beim Automobil zu helfen, wie ich es dir gesagt habe?«

»Ich wollte nur mal sehen, was hier unten los ist, Herr Boysen.«

Die Stimme des Jungen zitterte, es war kaum zu verstehen, was er sagte. Nicolai tat, als verstünde er es nicht. Betont langsam runzelte er die Stirn und legte eine Hand ans Ohr, als wäre kein Wort bei ihm angekommen. Beim Anblick dieser Pantomime errötete Gert noch tiefer, während das Filmsternchen im Hintergrund zu kichern begann. Mit einer albernen Pose schlug sie sich die Hand vor den Mund – sie schauspielerte schlecht, aber für den Jungen war es zu viel, er fühlte sich blamiert. Betreten ließ er den Kopf sinken und sah zu Boden. Gut so, er brauchte eine Lektion. Seitdem er hier war, schaffte er es regelmäßig, sich den Ärger seines Chefs zuzuziehen, denn was auch immer man ihm auftrug, er erledigte es nur zur Hälfte. An Ausreden fehlte es Gert nicht, er wusste immer, wer schuld war, wenn etwas nicht lief, wie es sollte. Bisher hatte Nicolai es vermieden, ihn in Anwesenheit Dritter herunterzuputzen, aber inzwischen wusste er, dass er mit Geduld und Verständnis nicht weiterkam. Er nahm den Jungen, der einen Schritt zurückwich, ins Visier.

»Also, Gert, um die Sache klarzustellen: Wenn ich dir sage, du sollst mir helfen, dann verschwindest du nicht einfach ohne ein Wort und lässt mich allein da oben stehen, verstanden? Ich lege Wert darauf, dass du deine Arbeiten erledigst. Du wirst hier nicht fürs Herumstehen bezahlt, kapiert?«

»Ist ja schon gut.« Abwehrend hob der Junge die Hände. Er hatte kapituliert, man sah es ihm an. »Ich habe verstanden, Sie brauchen nicht zu schreien.«

»Ich schreie deshalb, weil meine freundlichen Ermahnungen bei dir bisher nichts gefruchtet haben.«

»Schon gut, beruhigen Sie sich, Herr Boysen. Wozu der Aufstand? Den Wagen können Sie sowieso vergessen, der ist reif für die Werkstatt. Ein Zylinderkopf muss ausgewechselt werden. Das schaffen Sie nicht allein, da braucht man spezielles Werkzeug.«

Nicolai stemmte die Hände in die Hüften, während er noch überlegte, was er darauf antworten sollte. Am Zylinderkopf lag es also, aha. Und woher wollte der Schlauberger das wissen?

Nicolai kniff die Augen zusammen und musterte seinen Lehrling, der jetzt wieder Oberwasser zu haben schien. Er grinste frech, offensichtlich froh darüber, dem Filmsternchen imponiert zu haben, das ihn von seinem Platz vor dem Hotelportal mit großen Augen anstaunte. Anscheinend war dieser junge Mann nicht nur faul, sondern auch noch vorlaut. Nur weil sein Vater bei den Nazis eine Rolle spielte, glaubte er wohl, er könne sich alles erlauben. Er war hier im Hotel der Lehrling, mehr nicht. Wenn Nicolai zuließ, dass der jüngste seiner Angestellten ihm auf der Nase herumtanzte, brauchte er seinen Leuten bald gar keine Anweisungen mehr zu geben.

»Der Zylinderkopf muss also ausgewechselt werden, ich bin beeindruckt. Eine Lehre zum Automechaniker hast du wohl auch schon hinter dir, was? Wenn ich dich so reden höre, frage ich mich, wer von uns beiden hier das Sagen hat, mein Lieber.«

»Der Wagen muss in die Werkstatt, so viel verstehe ich von der Sache. Das sieht doch ein Blinder mit Krückstock, im Ernst.«

Dem Ton in seiner Stimme nach zu urteilen, schien Gert beschlossen zu haben, die Taktik zu wechseln, denn er wirkte jetzt gar nicht mehr schüchtern. Breitbeinig stand er da, den Kopf erhoben, ein großspuriges Lächeln mitten im pickeligen Gesicht. Das Filmsternchen, das in einem knappen Strandkleid noch immer auf der Mauer saß, kicherte wieder, ohne dass Nicolai gewusst hätte, warum wohl ihrer Meinung nach diese Situation so komisch war. Die Lage spitzte sich zu, doch Einlenken kam für ihn nicht in Frage, dann würde er sich zukünftig bei Gert überhaupt nicht mehr durchsetzen können. Er würde ein Machtwort sprechen müssen, auch deshalb, weil ausgerechnet in diesem Moment Ingeborg aus dem Haus trat. Von der Freitreppe aus warf sie ihm einen fragenden Blick zu, sie schien zu spüren, dass etwas nicht in Ordnung war. Nicolai seufzte leise. Das alles wegen einer albernen Autoreparatur, die er wahrscheinlich doch nicht allein zu Stande bringen würde.

»Mir reicht es mit dir, Gert. Du kannst dir deine Papiere im Büro abholen. Dies ist zufällig das beste Hotel im Ort, und es gehört mir. Ein Großmaul wie du, das keine Manieren hat, kann ich nicht gebrauchen, kapiert?«

Der Junge stand wie vom Schlag getroffen und starrte ihn an, aber er blieb stumm. Mit verkniffenem Gesicht wartete er noch einen Augenblick im hellen Licht des späten Nachmittags auf irgendetwas, was nicht geschah. Für ein paar Sekunden schien die Zeit auf dem Vorplatz still zu stehen, erst als ein paar Lachmöwen, getragen von einer plötzlichen Windböe, über sie hinwegglitten, drehte er sich abrupt um und setzte sich in Bewegung. Mit erhobenem Kopf stapfte er auf das Haupthaus zu und verschwand im Inneren des Hotels, wahrscheinlich, um seine Sachen zu packen. Zumindest war das eigentlich alles, was ihm noch zu tun übrig blieb. Nicolai wusste, dass er bei dem Streit mit dem Jungen zu heftig reagiert hatte, aber Gert hatte ihn in Anwesenheit anderer herausgefordert, und das nicht zum ersten Mal.

Nicolai wandte sich ab. Der Nachmittag war ihm durch den Vorfall verleidet, trotz des Bilderbuchfrühlings um ihn herum. Er sah auf und entdeckte den Reporter von der Sylter Zeitung neben sich, an dem der ganze Vorfall vorbeigegangen zu sein schien. Scheinbar desinteressiert hantierte er an seinem Fotoapparat, während Ingeborg langsam die Treppe vor dem Eingang herunterkam. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen würde sie ihn wegen des Streits mit dem Lehrling zur Rede stellen wollen. Natürlich würde er versuchen, ihr zu erklären, was vorgefallen war, auch wenn er schon ahnte, dass sie auf der Seite des Jungen sein würde. Gerade wollte er seiner Frau entgegengehen, um in Ruhe mit ihr reden zu können, als der Reporter ihm plötzlich von hinten auf die Schulter klopfte.

»Sagen Sie, Herr Boysen, da wir zwei gerade so nett hier beieinander stehen – darf ich Sie bei der Gelegenheit etwas fragen?«

Nicolai nickte langsam, gespannt darauf, was für eine Frage der Reporter ihm wohl im Anschluss an die Szene von eben stellen wollte.

»Sagen Sie, was ist eigentlich dran an der Geschichte mit der Spielbank? Kampen soll ein Kasino bekommen, habe ich gehört. Ein paar Bankiers vom Festland haben im Dorf Land aufgekauft. Sie gehören zu den Investoren für das Kasino, sagt man – wie weit sind Sie denn mit Ihren Plänen?«

Nicolai erschrak, er drehte sich zu seiner Frau um, in der Hoffnung, dass sie noch weit genug entfernt war, um von diesem Gespräch nichts mitzubekommen. Musste dieser Idiot von der Zeitung mit seiner Geschichte ausgerechnet jetzt herausplatzen? Nicolai gefiel es überhaupt nicht, dass seine Frau auf diese Weise von der Sache erfuhr. Er hatte vorgehabt, ihr unter vier Augen davon zu erzählen – bei passenderer Gelegenheit, in einer entspannteren Atmosphäre.

»Ist also was dran an der Sache, dachte ich’s mir doch.«

Der Reporter zog ein Notizbuch aus seinem Jackett und begann, sich etwas aufzuschreiben.

»Angeblich finanziert das Bankhaus Rosenkranz in Hamburg das Kasino. Wer sind die anderen – außer Ihnen, meine ich?«

Ohne zu antworten, schob Nicolai die Hände in die Taschen seiner Hose. Ingeborg stand neben ihm und wartete. Er spürte ihren kritischen Blick, er ahnte, was ihm blühte, wenn sie allein waren. Gleichgültig, was er zu sagen hatte, sie würde auf jeden Fall gekränkt sein, schon allein, weil er die Geschichte mit der Spielbank nicht mit ihr besprochen hatte.

Der Reporter belauerte ihn, eifrig drehte er seinen gespitzten Bleistift in der Hand. Nicolai war fest entschlossen, nichts von dem preiszugeben, was er wusste.

»Hören Sie, das Ganze ist bloß ein Gerücht. Fragen Sie Herrn Rosenkranz selbst, wenn Sie glauben, dass es etwas über eine Spielbank in Kampen zu berichten gibt. Von mir werden Sie dazu nichts hören. Sind Sie übrigens fertig mit der jungen Dame da oben? Sie beginnt zu frieren, glaube ich.«

Mit einer kurzen Kopfbewegung deutete er auf das Mädchen in seinem flatternden Strandkleidchen, das noch immer auf der Balustrade hockte und von dort zu ihnen hinuntersah.

»Ja, in Ordnung. Ich bin fertig.«

Der Reporter ließ sein Notizbuch in der Tasche seines Jacketts verschwinden. Er wirkte nicht einmal enttäuscht darüber, nichts aus Nicolai herausgeholt zu haben. Die Geschichte mit der Spielbank schien von einer Minute zur nächsten für ihn erledigt. Der Mann klappte sein Stativ zusammen und lief mit dem Fotoapparat unter dem Arm die Treppe zu der Schönen hinauf. Nicolai wäre ihm gern gefolgt, aber Ingeborg hielt ihn zurück. Er spürte ihre Hand auf seinem Unterarm und durfte sich nicht rühren, obwohl er sich liebend gern aus dem Staub gemacht hätte. Was wollte sie von ihm hören? Streiten konnten sie immer noch, drinnen zum Beispiel, wo es keiner mitbekam.

»Ist der Wagen wieder in Ordnung?«

Er folgte ihrem Blick hinauf zur Remise, in dessen weit geöffneten Toren der weiße Horch stand, den er vor ein paar Monaten günstig auf dem Festland erstanden hatte. Die Kiste machte nur Zicken, die Ersatzteile, die der Wagen geradezu zu verschlingen schien, hatten ihn schon einen Haufen Geld gekostet. Das Automobil war ein Fehlkauf, so wie sein Nachmittag bisher ein Reinfall gewesen war. Ein sinnloser Streit mit dem Lehrling, der mit dessen Rauswurf geendet hatte, ein überflüssiges Scharmützel mit dem Mann von der Zeitung, das vielleicht noch ein eheliches Nachspiel haben würde – was kam als Nächstes? Behutsam legte er einen Arm um die Schultern seiner Frau, er versuchte zu lächeln, als er sie ansah.

»Tut mir Leid, aber die Kiste streikt noch. Sie will einfach nicht, die alte Karre.«

Ingeborg seufzte leise. »Dann werde ich das Fahrrad nehmen. Thiess hat angerufen, meiner Mutter geht es nicht gut. Ich fahre kurz rüber und schaue nach, was dort los ist.«

Ihre Lippen streiften flüchtig seine Wange, bevor sie sich abwandte und den Weg zur Remise hinaufging. War das wirklich schon alles gewesen? Oder kam das eheliche Donnerwetter wegen der Sache mit der Spielbank einfach nur etwas später?

 

Johannes Lehmann stand im Hausflur, den Mantel noch in der Hand. Gerade eben aus der Praxis heimgekehrt, war er in der Diele stehen geblieben, um zu lauschen. Aus dem Wohnzimmer nebenan waren Stimmen zu hören, seine Frau hatte Besuch. Hockten da etwa schon wieder die Tanten vom Kirchenvorstand auf seinem Sofa? Die Damen lagen Lilly neuerdings ständig wegen des Sommerfestes der Gemeinde in den Ohren, nahezu jeden Tag waren sie jetzt da. Schon allein die Vorstellung ärgerte ihn, schließlich hatte er gerade heute Nachmittag seine Frau eine Weile für sich haben wollen. Er war erschöpft und sehnte sich nach der beruhigenden Gegenwart Lillys, die seine Welt für gewöhnlich mit ein paar tröstenden Worten schnell wieder in Ordnung zu bringen vermochte. Heute hatte er es besonders nötig, schließlich hatte er die ganze letzte Nacht am Bett einer werdenden Mutter verbracht, deren Kind unbedingt in Steißlage das Licht der Welt hatte erblicken wollen. Die Geburt war Schwerarbeit für alle Beteiligten gewesen, selbst für den übernervösen werdenden Vater, den er nur mit Mühe und Not im Hintergrund hatte halten können. Bei einer guten Tasse Tee hatte er Lilly ausführlich von diesem Abenteuer erzählen wollen, und nun waren ihm die Damen vom Kirchenbasar in die Quere gekommen.

Seufzend legte Johannes seinen Mantel an der Garderobe ab, bevor er das Wohnzimmer betrat, in dem noch der betörende Duft nach frisch gebackenem Apfelstrudel hing. Er wollte eben seinen Anspruch auf ein Stück Kuchen anmelden, doch dann vergaß er, was er hatte sagen wollen. Zu seiner Überraschung sah er auf dem Sofa nicht die Damen von der Kirchengemeinde, sondern eine ihm unbekannte Schöne. Lillys Besucherin hatte sein Eintreten offenbar bemerkt. Sie drehte sich zu ihm um und musterte ihn mit neugierigen, forschenden Blicken. Instinktiv rückte er seine Krawatte gerade. Die junge Frau lächelte ihn an – ob sie sich darüber amüsierte, dass er versuchte, sich ihr zu Ehren etwas herzurichten? Sie selbst war wie aus dem Ei gepellt, ihr Kostüm mitsamt der farblich perfekt darauf abgestimmten Bluse gab ihr etwas ausgesprochen Damenhaftes. Als er an den Wohnzimmertisch trat, stand sie auf und schaute ihn an. Fragend richtete er den Blick auf seine Frau.

»Johannes – gut, dass du da bist. Wir haben schon auf dich gewartet. Darf ich bekannt machen? Dies ist mein Mann – und das ist Fräulein Doktor Beck.«

Fräulein Doktor Beck? Erstaunt hob er die Augenbrauen, während er der Unbekannten die Hand reichte, die sie vorsichtig ergriff und schüttelte. Im ersten Moment wirkte sie noch etwas angespannt, als sei sie sich der Prüfung durchaus bewusst, der er sie in Gedanken unterzog – doch dann glitt ein schwaches Lächeln über ihr Gesicht.

»Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Herr Doktor Lehmann. Ich bringe Ihnen Grüße aus Berlin.«

Er nickte beiläufig, als wäre er es gewohnt, Grüße aus der Hauptstadt zu bekommen, dabei hatte er keinen blassen Schimmer, von wem er gegrüßt wurde. Er warf Lilly einen kurzen Seitenblick zu, aber ihre Aufmerksamkeit galt allein dem Gast, dieser ungeheuer makellosen und anmutigen dunkelhaarigen Schönheit, die aus einem Bild italienischer Meister der Renaissance entstiegen zu sein schien. Ratlos und von seiner Müdigkeit überwältigt, verzichtete er schließlich auf alle guten Umgangsformen und ließ sich einfach in den nächstbesten Sessel sinken.

»Was verschafft uns denn die Ehre Ihres Besuches, Fräulein Doktor Beck?«

Lilly war aufgestanden und zur Anrichte hinübergegangen.

»Möchtest du auch eine Tasse Tee, Johannes?« Sie begann, ihm einzuschenken, vollauf beschäftigt mit der Teekanne und dem dampfenden Tee. Johannes lehnte sich in seinem Sessel zurück.

»Machen Sie Ferien auf der Insel, Fräulein Doktor Beck?«

»Nein. Ich komme aus beruflichen Gründen.«

»Tatsächlich?«

»Herr Professor Steinhäuser von der Charité schickt mich zu Ihnen. Sie erinnern sich an ihn, nicht wahr?«

»Nein, tut mir Leid.« Er nahm seine Teetasse, trank aber nicht daraus, sondern wartete, was jetzt passieren würde. Tatsächlich kannte er in Berlin niemanden. Vielleicht war das Ganze ein Missverständnis oder eine Verwechslung, obwohl ihm auch das unwahrscheinlich erschien. Bedauernd zuckte er mit den Achseln.

»Ich kenne niemanden, der an der Charité arbeitet.«

»Oh doch, sicher kennen Sie ihn. Sie waren gemeinsam mit Viktor Steinhäuser an der Ostfront. Im Herbst 1918 hatten Sie beide Dienst im Feldlazarett in Tarnow. Zu der Zeit arbeitete Viktor allerdings noch als Assistenzarzt in einer Ambulanz in Potsdam.«

Viktor Steinhäuser. Johannes wartete, dass seine Besucherin ihre Erklärungen vervollständigen würde, aber auch so setzte beim Klang dieses Namens seine Erinnerung ein. Sie waren an der Front zu sechst gewesen, drei Ärzte und drei Pfleger in einem kleinen, behelfsmäßigen Zeltlager gleich hinter den eigenen Linien. Eine nicht gerade angenehme Zeit, aber er hatte es ausgehalten. Später hatte er seine Erlebnisse aus dieser Zeit fast vollständig verdrängt, so dass ihm nur wenig geblieben war von seinen Kriegsabenteuern.

»Viktor Steinhäuser.«

Er wiederholte den Namen, den das Fräulein Doktor ihm genannt hatte, als wolle er seinen Klang erproben, aber er wusste auch so, dass ihn nicht mehr viel mit seinem Kameraden von damals verband. Der eher kleine Mann mit den wunderbaren langgliedrigen, schmalen Chirurgenhänden hatte in seiner knapp bemessenen Freizeit Klarinette gespielt und gesungen. Im Lazarett war er deswegen von allen »der Opernsänger« genannt worden. Oft, wenn er morgens im Freien vor seinem Zelt gestanden und gesungen hatte – Arien, Schlager, Schubertlieder, alles, was ihm gerade einfiel –, hatte Johannes ihm gebannt zugehört. Es war, als könne Viktor mit seinem Gesang Tod und Vernichtung in Schach halten, die sonst im Lager das Regiment führten. Jahrzehnte war das her. Eine kleine Ewigkeit hatte Johannes nicht an Viktor Steinhäuser gedacht, dabei war er ein guter Arzt und Kollege gewesen, einer, auf den man sich verlassen konnte.

Johannes sah auf und bemerkte, dass Dorothee Beck ihn die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen zu haben schien. Er nickte ihr zu. »Sicher kenne ich Viktor Steinhäuser. Bis zum Professor an der Charité hat er es also gebracht? Respekt, die Charité hat einen ausgezeichneten Ruf.«

Die junge Kollegin lächelte und setzte sich. Sie wirkte jetzt entspannt, beinahe so, als habe das Kompliment, das er dem Krankenhaus gemacht hatte, ihr persönlich gegolten. Interessiert betrachtete sie ihre sorgfältig manikürten Fingernägel, scheinbar war sie nicht gewillt, freiwillig mehr preiszugeben über die Umstände, die sie hierher geführt hatten. Es war wieder an ihm, Fragen zu stellen, also beugte er sich vor und suchte ihren Blick.

»Sind Sie also eine Kollegin von Viktor?«

»Ich habe bis vor kurzem für ihn gearbeitet, ja.«

Dorothee Beck schlug ihre unglaublich langen Beine übereinander und sah ihn herausfordernd an, vielleicht weil sie erwartete, dass er beeindruckt sein müsse, doch er war es nicht. Er hegte keine Vorbehalte gegen Ärztinnen im Allgemeinen oder ihre Person im Besonderen, konnte sich aber auch nicht dazu entschließen, sie allein dafür zu bewundern, dass sie mit Viktor Steinhäuser zusammengearbeitet hatte – schließlich hatte er das auch einmal, vor langer Zeit. Lilly kam zu ihm und ließ sich auf der Lehne seines Sessels nieder.

»Fräulein Doktor Beck hat eine Bitte an dich, Johannes.«

Noch ehe er etwas erwidern konnte, rutschte die junge Frau ein Stück in ihrem Sessel nach vorn und sah ihn an. »Ich brauche eine Stelle, Herr Doktor Lehmann. Viktor meint, Sie könnten mir da vielleicht helfen. In den Sommermonaten herrscht bei Ihnen in der Praxis doch bestimmt Hochbetrieb, oder?«

Schweigend setzte er seine Teetasse auf dem Tisch ab. War diese junge Frau wirklich Hunderte von Kilometern gereist, um sich ausgerechnet bei ihm in Westerland zu bewerben? Sie kam aus einer Großstadt, hatte dort gelebt und gearbeitet, hatte Umgang mit den Kapazitäten eines der größten deutschen Krankenhäuser gehabt und dabei mit Sicherheit nicht schlecht verdient – und jetzt war sie entschlossen, in Westerland die Wehwehchen der Badegäste zu kurieren? Irgendetwas stimmte da nicht. Ihn wunderte nur, dass Lilly, die sonst so ein feines Gespür für Ungereimtheiten hatte, es nicht zu bemerken schien.

Mit zusammengekniffenen Augen musterte er Fräulein Beck, aber ihr Gesicht blieb glatt und unbewegt. Was sollte er auf ihre Frage antworten? Er würde es mit der Wahrheit versuchen müssen. Langsam beugte er sich vor.

»Wieso kommt der Herr Professor gerade auf mich, wenn ich fragen darf? Ich führe bloß eine kleine, bescheidene Landarztpraxis. Das Geld, das ich verdiene, reicht bestimmt nicht, um eine zweite Kraft zu bezahlen. In den Wintermonaten kommen nicht einmal halb so viele Patienten wie im Sommer.«

»Ich verstehe. Aber darin sehe ich eigentlich kein Problem, Herr Kollege.«

Gestützt gegen die Rückenlehne seiner Sitzgelegenheit musterte er seinen Gast. Das Fräulein Doktor schien noch immer ernsthaft interessiert zu sein. Musste er die Frau denn erst aus dem Haus tragen, um ihr klarzumachen, dass er sich einen Kompagnon nicht leisten konnte? Eine Großstadtpflanze wie sie war hier nicht nur fehl am Platz, sondern auch überflüssig. Er war bisher allein zurechtgekommen und würde das auch in Zukunft tun, da mochte ein Professor Steinhäuser erzählen, was er wollte. Dorothee Beck schien seine Ablehnung nicht zu spüren, sie lächelte ihn an.

»Mit einem Gehalt von, sagen wir, sechshundert Mark im Monat wäre ich zufrieden. An Wochenenden und Feiertagen wechseln wir uns ab, und wenn ich länger als drei Monate bei Ihnen bleibe, steht mir eine Woche bezahlter Urlaub zu. Das sind doch vernünftige Bedingungen, finden Sie nicht?«

Sie klappte ihre Handtasche auf.

»Ich habe Zeugnisse und ein persönliches Empfehlungsschreiben von Professor Steinhäuser mitgebracht. Möchten Sie es sehen?«

Sie reichte ihm ein Päckchen mit Papieren über die Tischplatte, das er aber nicht anrührte. Langsam schüttelte er den Kopf. Vermutlich war sie eine tüchtige Ärztin, aber er wollte einfach nicht mit ihr zusammenarbeiten. Er brauchte niemanden, es gefiel ihm, so wie es war, dabei sollte es bleiben. Abwehrend verschränkte er die Arme vor dem Oberkörper.

»Ihre Papiere sind sicher in Ordnung. Wenn Professor Steinhäuser Sie empfiehlt, habe ich keinen Grund, an Ihrer Qualifikation zu zweifeln. Ich frage mich bloß, warum Sie sich ausgerechnet bei mir bewerben. In der Provinz ist nicht viel los.«

Er wartete einen Augenblick, dann beugte er sich vor, entschlossen nachzusetzen, um die Situation ein für allemal zu klären.

»Ich war ehrlich zu Ihnen, also seien Sie es auch: Haben Sie etwas auf dem Kerbholz – einen Kunstfehler in der Klinik vielleicht? Sind Sie die ehemalige Geliebte Ihres Professors, die er loswerden will? Oder warum sonst kommen Sie auf der Suche nach Arbeit ausgerechnet zu mir?«

Dorothee Beck ließ ihre Zeugnisse verschwinden und klappte die Handtasche zu. Ihre Miene wirkte ernst, aber sie schien nicht im Mindesten gekränkt.

»Nun gut, Herr Kollege, reden wir offen miteinander. Sie haben vermutlich gehört, was in Berlin derzeit vor sich geht? In politischer Hinsicht, meine ich?«

»Wenn Sie die Geschichte mit den Nationalsozialisten meinen« – Johannes machte eine vage Handbewegung und verstummte gleich darauf, denn er hatte keine große Lust, über dieses Thema zu reden. Selbstverständlich wusste er, was man sich über die Nazis hinter vorgehaltener Hand erzählte, nur war er nicht sicher, inwieweit die Gerüchte stimmten. Auf der Insel schien das Leben weiterzugehen wie bisher. Was mochte eine junge Ärztin wie Fräulein Doktor Beck von den Nazis zu befürchten haben? War sie etwa Jüdin? Johannes wartete, bis Lilly neben ihm noch ein Stück an ihn heranrückte und behutsam eine Hand auf die seine legte.

»Fräulein Doktor Beck weiß nicht, wie du zu unserer neuen Regierung stehst, Johannes.«

Er seufzte. »Mir geht es mit ihr genauso, Lilly. Hatten Sie in Berlin Schwierigkeiten mit der Regierung, Fräulein Doktor Beck?«

»Nein, nicht direkt. Aber ich bin eine Frau. Da liegt der Hase im Pfeffer, Herr Kollege.«

»Wieso das?«

»Die medizinische Fakultät wird meinen Vertrag als Assistentin nicht verlängern. Sie haben auch meine Habilitation nicht angenommen. Meine Stelle soll mit einem männlichen Bewerber besetzt werden.«

Fräulein Doktor Beck lächelte, aber die Enttäuschung darüber, nicht mehr als Ärztin an einer der angesehensten Kliniken des Landes arbeiten zu dürfen, war ihr deutlich anzusehen. Johannes konnte ihren Kummer nachvollziehen. Vermutlich war es sehr ehrgeizig, das junge Fräulein Doktor. Doch was um Himmels willen suchte sie dann ausgerechnet hier, in der Provinz, in der kleinen Praxis eines Hausarztes, wo sich bestimmt nichts Aufregendes abspielte? Dorothee Beck betrachtete eine Weile ihre Handtasche und stellte das gute Stück schließlich beiseite, bevor sie ihn wieder ansah.

»Vor mir sind schon einige andere Kolleginnen gezwungen worden, die Klinik zu verlassen. Sie mussten männlichen Kollegen Platz machen – und das ist erst der Anfang, schätze ich. Die großen Kliniken und Universitätskrankenhäuser werden gesäubert, verstehen Sie? Zurück an den Herd ist die Devise. Der Mann ist der Versorger der Familie, ihm gebührt jeder hochwertige Arbeitsplatz. Die Frau bleibt zu Hause und kocht, wenn sie nicht den Gören die Nase putzt.«

»So ist das, ich verstehe. Ich würde Ihnen gerne weiterhelfen, aber meinen Sie wirklich, dass Sie sich hier auf der Insel wohl fühlen werden? Die Arbeit in meiner Praxis ist ziemlich eintönig. Wenn hier jemand Zwillinge bekommt, läuft schon das ganze Dorf zusammen. Ich denke, auf Dauer hat Ihnen Westerland nicht viel zu bieten.«

»Es soll nicht auf Dauer sein, Johannes. Fräulein Doktor Beck braucht nur für kurze Zeit eine Beschäftigung, so lange, bis sie etwas Geeigneteres findet.«

Johannes sah seiner Frau ins Gesicht. In ihrer Stimme hatte dieser schmeichelnde Unterton gelegen, den sie immer anschlug, wenn es galt, bei ihm etwas durchzusetzen. Natürlich stand sie auf Dorothee Becks Seite, wie sollte es auch anders sein. Fräulein Doktor Beck rutschte ein wenig verlegen auf ihrem Sessel herum, die Rolle einer Bittstellerin in eigener Sache lag ihr offenbar nicht besonders.

»Ihre Frau hat Recht, Sie müssen sich um mich keine Sorgen machen, Herr Doktor. Ich habe Verwandte in Großbritannien. Sobald die Formalitäten für eine Ausreise geregelt sind, gehe ich nach England, ich bleibe nicht hier.«

Es wurde still im Raum. Johannes spürte, wie sein Widerstand in sich zusammenfiel. Ein Argument nach dem anderen nahmen die beiden Frauen ihm aus den Händen. Es gab keinen vernünftigen Grund mehr, sich weiter zu weigern, also neigte er zum Zeichen seiner Zustimmung den Kopf.

»Also gut. Wenn ich Viktor damit einen Dienst erweise, bin ich einverstanden. Sie können bei mir anfangen.«

»Danke.«

Dorothee Beck reichte ihm über den Tisch hinweg die Hand, und Lilly strahlte.

»Ich habe Fräulein Doktor Beck angeboten, fürs Erste auch bei uns zu wohnen, bis sie etwas Passendes gefunden hat. Das ist dir doch recht, nicht wahr?«

Johannes runzelte die Stirn, aber seine Frau hatte anscheinend schon einen Narren an der Ärztin gefressen, auch wenn er nicht recht verstand, was ihr an der distanzierten jungen Person so gut gefiel. Was blieb ihm übrig, als ebenfalls mit allem einverstanden zu sein? Er lächelte matt.

»Also, herzlich willkommen in Westerland, Fräulein Doktor. Die Lahmen und Kranken der Insel erwarten Sie.«

Dorothee Beck war aufgestanden. Ihre Erleichterung war ihr anzusehen.

»Ich danke Ihnen, Herr Kollege. Professor Steinhäuser hatte Recht: Sie sind ein fabelhafter Mensch.«

Johannes hob abwehrend beide Hände, denn diese Schmeichelei ging eindeutig zu weit, aber insgeheim freute er sich trotzdem über das unerwartete Kompliment. Er konnte nur hoffen, dass die junge Kollegin in ein paar Monaten noch immer die gleiche hohe Meinung von ihm haben würde, wie es in diesem Moment scheinbar der Fall war.

[home]

Kapitel 2

Er sah erbärmlich aus, Andreas wusste es. Sein rechtes Auge war zugeschwollen, die gesamte rechte Gesichtshälfte war verfärbt. Vorsichtig stützte er den Kopf in die Hände. Sein Körper schmerzte bei jeder Bewegung, und trotzdem hatte er Glück, dass er heute überhaupt schon wieder in der Lage war, in der Bibliothek der Kanzlei Eckermann zu sitzen und zu lesen. Die Nazis hätten ihn vorgestern Nacht auch totschlagen können, schließlich war niemand da gewesen, um sie daran zu hindern. Nur weil er eine ihrer Kundgebungen am Hafen durch ein paar alberne Zwischenrufe gestört hatte, waren sie im Schutz der Nacht über ihn hergefallen und hatten ihn grün und blau geprügelt. Und wozu das alles? Wofür hatte er den Mut aufgebracht und den Nazis die Stirn geboten? Mehr als einmal hatte ihm seine Mutter diese Frage gestellt, als er in jener Nacht nach Hause gekommen war. Unglücklicherweise besaß er darauf keine überzeugende Antwort. Obwohl er ständig versuchte, sich wenigstens vor sich selbst zu rechtfertigen, klangen alle seine Erklärungen dünn und hohl. Die Ehre der Partei, die Solidarität der Genossen und der Kampf für mehr Gleichheit, das waren nur Parolen. Die berühmte Solidarität der arbeitenden Bevölkerung existierte nicht mehr, die Nazis hatten die sozialdemokratische Partei in kürzester Zeit gesprengt. Täglich verließen mehr Leute die Partei oder das, was noch von ihr übrig war. Seiner Mutter imponierte er mit dem Geschwätz von Solidarität und Gleichheit sowieso nicht, und auch für ihn selbst verloren diese Phrasen immer mehr an Bedeutung.

Müde schob Andreas die Prozessakte beiseite, in der er bis eben gelesen hatte. Er konnte sich heute nicht auf die Streitigkeiten anderer Leute konzentrieren. Es gab Dinge in seinem Leben, die wichtiger waren als die unbezahlte Schuld eines unzuverlässigen Käufers. Er musste unbedingt nachdenken, es war an der Zeit, sich darüber klar zu werden, wie es weitergehen sollte. Früher hatte seine politische Arbeit ihm viel bedeutet, doch unter den derzeitigen Umständen war er sich nicht mehr sicher, ob das immer noch der Fall war. Sie hatten die Partei zerrieben, die führenden Köpfe waren ausgewandert oder abgetaucht. Sollte er in Zukunft wie alle anderen einfach schweigen und wegschauen? Sich verstecken in einer bürgerlichen Existenz, bis der Sturm eines schönen Tages vorüber war? Andreas saß noch immer am Tisch und grübelte, als sich plötzlich und ohne Vorwarnung die Tür zur Bibliothek auftat. Eine der Vorzimmerdamen steckte den Kopf in den von dem dämmerigen Licht des späten Nachmittags erfüllten Raum. Hastig nahm sie die ungeliebte Brille von der Nase und blinzelte dann zu ihm hinüber, während sie mit einer Hand das taillierte Jäckchen ihres Kostüms energisch zurechtzupfte.

»Herr Bütow?«

Sie lächelte nicht wie üblich, es konnten keine guten Nachrichten sein, die sie ihm brachte. Er richtete sich ein wenig in dem Stuhl auf, auf dem er saß, die Hand auf die Tischkante gestützt, um seinem schmerzenden Oberkörper mehr Halt zu geben.

»Ja, was gibt es denn?«

»Herr Eckermann möchte Sie sprechen. Sie möchten zu ihm kommen – jetzt gleich.«

Andreas nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte, während die Sekretärin sich zurückzog. Sie hatte kaum die Tür geschlossen, als er auch schon wieder in sich zusammensank. Müde und zerschlagen, wie er sich fühlte, verspürte er nicht die geringste Neigung, sich ausgerechnet jetzt die Eckermannsche Gardinenpredigt anzuhören, die auf dem Programm stand. Dass sein Onkel Thomas sich über die nächtliche Schlägerei aufregen würde, wusste er, dafür lohnte sich die Mühe eines Gesprächs unter vier Augen nicht. Thomas Eckermann, den er ohne echte verwandtschaftliche Beziehung aus Tradition »Onkel« nennen durfte, hatte ihm sein Studium finanziert. Und als Freund der Familie hatte er immer ein gewichtiges Wörtchen mitzureden, wenn es um große Entscheidungen ging. Seine Mutter ließ sich vollständig von ihm lenken. Die beiden Alten waren ein Herz und eine Seele. Sich gegen einen von ihnen aufzulehnen, bedeutete, auch prompt den anderen gegen sich zu haben – doch was half es ihm, das zu wissen? Solange er in dieser Kanzlei noch Geld verdienen wollte, würde er dem Gespräch nicht aus dem Weg gehen können.

Langsam rappelte Andreas sich aus seinem Stuhl hoch, er verließ die Bibliothek und wanderte den Flur hinunter, dessen dicker Teppich mit dem kaffeebraunen Muster seine Schritte dämpfte. Draußen auf dem Gang kam ihm niemand entgegen, niemand hielt ihn auf. Andreas lauschte noch einen Moment an der Tür zum Allerheiligsten, doch in Eckermanns Arbeitszimmer blieb es still wie in einem Grab. Was machte er, feilte er noch an der Standpauke, die er ihm halten wollte? In diesem Moment klingelte irgendwo ein Telefon, das Geräusch ließ Andreas zusammenzucken. Er fühlte sich beim Lauschen ertappt, obwohl er gar nichts belauscht hatte. Hastig klopfte er an die Tür, bevor er das Arbeitszimmer betrat. Der Senior der Kanzlei erwartete ihn hinter seinem klobigen Schreibtisch, einem Monstrum aus schwerem, dunklem Holz auf Füßen, die Löwenpranken nachgebildet waren. Rechts und links türmten sich auf der Tischplatte die Akten, aber Andreas beachtete die Berge aus Papier nicht. Sein Blick traf sich sofort mit dem seines Onkels, auf dessen Gesicht sich immerhin eine Spur von Überraschung spiegelte – vielleicht war er erstaunt über das Ausmaß der Verletzungen, die sein Schützling bei der Prügelei mit den Nazis davongetragen hatte.

»Schließe bitte die Tür, mein Junge.«

Andreas gehorchte und wartete regungslos vor dem überladenen Schreibtisch auf das Donnerwetter, das kommen musste und nicht kam. Thomas Eckermann deutete bloß auf einen der beiden Sessel an dem runden Tisch, an dem die wichtigen seiner Mandanten sonst den Tee serviert bekamen.

»Möchtest du dich nicht setzen? Du siehst aus, als ob du es nötig hättest.«

Andreas zögerte, aber dann ließ er sich doch vorsichtig auf einem der kleinen Samtsessel nieder. Die Eckermann’sche Ahnengalerie in Öl an der Wand neben sich, kauerte er auf seinem Platz und wartete. Jeden Moment würde der Angriff beginnen. Es war einfach undenkbar, dass der Onkel ihn ungeschoren davonkommen lassen würde. Ein Mann wie er konnte die sozialdemokratische Partei nicht mögen, schließlich war er ein Konservativer durch und durch – auch wenn er selbst sich für ausgesprochen liberal und weltoffen hielt.

Endlich richtete der Anwalt sich auf, so wie er es immer tat, wenn er einem Besucher seine ganze Aufmerksamkeit zuwandte. Er lächelte milde. »Nun, bist du zufrieden mit dir, mein Junge? Was ist das für ein Gefühl, ein Held zu sein?«

»Ich fühle mich nicht als Held. Du irrst dich, wenn du das glaubst.«

Andreas wollte den Kopf schütteln, um seiner Aussage Nachdruck zu verleihen, aber er ließ es sein. Schon bei dem erstem Versuch durchzuckte ein stechender Schmerz seinen ganzen Oberkörper. Thomas Eckermann schlug die Beine übereinander und musterte ihn eingehend, als könne er in Andreas’ malträtiertem Gesicht die Antworten auf die Fragen finden, die ihn beschäftigten.

»Wenn es nicht um Ruhm und Ehre ging, wozu dann die ganze Geschichte? Nächtliche Verfolgungsjagden durch das Hafenviertel, Prügeleien auf Hinterhöfen, bis die Schupos kommen, was soll das? Sogar die Lokalzeitung bringt heute eine kurze Notiz darüber. Ich finde, das ist deiner nicht würdig.«

»Die Schupos sind nicht gekommen, Onkel Thomas, das ist es ja gerade. Im Übrigen habe ich mich nicht freiwillig mit den Nazis geprügelt. Sie haben mich erst durch die halbe Stadt gejagt und mich dann nach allen Regeln der Kunst verdroschen. Das ist ein Unterschied, findest du nicht?«

Der Unterschied schien Thomas Eckermann nicht einzuleuchten, jedenfalls neigte er nur bekümmert den Kopf, anstatt zu antworten. Er sah traurig aus. Wahrscheinlich hatte er vorgehabt, den guten Onkel zu spielen, und bemerkte jetzt, dass es nicht so leicht werden würde, diese Rolle durchzuhalten. Tatsächlich besaß er vermutlich kaum Verständnis für das, was in Andreas vorging, seine Nachsicht war nur gespielt. Thomas Eckermann rückte die Manschetten unter den Ärmeln seines Jacketts gerade, anscheinend nahm er Anlauf zu einer wohl einstudierten Rede.

»Lass es sein, wie es will, mein Junge. Um die Einzelheiten dieser Schlägerei geht es mir nicht. Dass sie dich böse zugerichtet haben, sehe ich, das tut mir Leid. Dennoch frage ich mich, warum du dich überhaupt mit diesem Pöbel abgibst. Die Sozialdemokratie hat in den letzten hundert Jahren viel für die arbeitende Klasse getan, aber du gehörst nicht zu diesen Leuten. Du bist keiner von denen, die jeden Tag in der Fabrik schuften. Ich habe dir ein Studium ermöglicht, du bist ein angehender Rechtsanwalt. Du willst doch mein Nachfolger werden, oder?«

Er beugte sich ein Stück vor und sah ihm in die Augen. Wie ein großer alter Uhu mit Brille hockte er hinter seinem Schreibtisch. Was für eine Frage. Natürlich wollte Andreas eines Tages in dieser Kanzlei als Anwalt arbeiten, wozu noch einmal wiederholen, was sie beide wussten? Seit vielen Jahren kam er hierher, schon von Beginn seines Studiums an hatte er sich mit den Fällen beschäftigt, die gut situierte Mandanten aus der ganzen Stadt in diese Kanzlei trugen. Der Hinweis auf die berufliche Zukunft, die Andreas zugedacht war, sollte nur dazu dienen, ihm klarzumachen, wohin er wirklich gehörte.

Thomas Eckermann war aufgestanden und hinter seinem Schreibtisch hervorgekommen. Das Morgenlicht schimmerte wirkungsvoll auf seinem sanft ergrauten Haar, während er die Falten im Stoff seiner Weste glättete.

»Begib dich nicht unter deinen und den Stand deiner Klienten, das schadet deinem Ruf, Andreas. Ganz abgesehen davon, was du deiner Mutter damit antust.«

Andreas unterdrückte die Bemerkung, die ihm dazu auf den Lippen lag, und versuchte stattdessen, einfach nur bedeutungsvoll zu lächeln. Es war typisch für Thomas, dass er so bald wie möglich auf die Ängste und Sorgen seiner Mutter zu sprechen kam, um ihn einzuschüchtern. Aber Andreas war entschlossen, nicht so schnell klein beizugeben, schließlich kannte er diese Litanei. Er rutschte ein Stück in seinem Sessel nach vorn. »Lass meine Mutter aus dem Spiel, wenn ich bitten darf, ja? Ich weiß, dass ich als ihr Sohn Rücksichten zu nehmen habe, das ist mir nicht neu. Im Übrigen ist das alles nicht so einfach, wie du denkst, Onkel Thomas. Die Nazis machen die Republik kaputt – eine Republik, von der du auch einmal überzeugt warst –, und du verlangst von mir, dass ich zusehe und mich anständig benehme. Jeden Tag werden Menschen ohne Prozess in Gefängnisse gesteckt. Kaum jemand wagt noch, auf offener Straße seine Meinung zu sagen. Und du ziehst dich in deine Kanzlei zurück und tust so, als ob alles in Ordnung wäre. Ich finde das nicht anständig, tut mir Leid.«

Das war heftig, er wusste es. Eigentlich wäre jetzt eine Zurechtweisung fällig gewesen, aber nichts geschah. Andreas ließ sich gegen die Rückenlehne seines Sessel sinken. In seinem Kopf hämmerte es, die Helligkeit im Raum schmerzte in seinen Augen. Wozu regte er sich auf? Er hielt Eckermann einen Vortrag über den Untergang der Republik und zerstörte damit seine Karriere. Onkel Thomas würde doch nicht begreifen, worum es ging.

Der Anwalt stand am Fenster und schaute hinaus, nur seine geröteten Wangen ließen erkennen, dass er wütend war, und das nicht zu Unrecht aus seiner Sicht. Jahrelang hatte er einen mittellosen Jungen aus kleinbürgerlichem Milieu unterstützt, damit der sich dann seiner politischen Ideale wegen ruinierte. Andreas ahnte, dass er drauf und dran war, sich die Sympathien seines Gönners zu verscherzen. Er würde sich entschuldigen müssen, schon um zu retten, was noch zu retten war.

Thomas drehte sich um und sah ihm ins Gesicht. Andreas versuchte, den Schmerz in seinem Kopf zu ignorieren, und nickte langsam. Jedes seiner Körperteile schien tausend und mehr Jahre alt zu sein, geborsten und mürbe wie vertrocknetes Holz.

»Entschuldige. Ich weiß, ich habe mich im Ton vergriffen. Es war nicht so gemeint.«

Stille trat ein. Seine Entschuldigung hatte scheinbar nichts bewirkt, denn die Gesichtszüge seines Gegenübers erhellten sich nicht. Was sollte er noch tun? Den Fußboden küssen, auf dem Herr Rechtsanwalt Eckermann zu wandeln beliebte? Andreas ließ den Kopf sinken und rührte sich nicht mehr.

Eckermann seufzte. »Du bist jung und voller Ideale, das verstehe ich durchaus. Aber glaube mir, es ist gefährlich, was du tust. Der Sturm, der über uns hinwegfegt, ist stärker als wir. Täglich werden Menschen ohne Prozess in Gefängnisse gesteckt – das waren doch eben deine Worte, oder? Vielleicht gehörst du bald zu denjenigen, denen es so ergeht.« Er hatte sich abgewandt, aus einer Karaffe goss er Wasser in ein leeres Glas.

»Adolf Hitler ist an der Macht, und seine Nazis regieren dieses Land, ob es uns passt oder nicht. Der Einzelne kann nichts gegen die Gewalt ausrichten, die vom Staat ausgeht, mein Junge. Deine Partei hätte sich Hitler früher mit Kraft entgegenstemmen müssen, aber sie hat es nicht getan. Jetzt ist es zu spät. Es ist besser, die Realität zu akzeptieren, als den Helden zu spielen, glaube mir.«

Er kam zu Andreas an den Tisch und reichte ihm das Glas, in dem eine milchige, sprudelnde Flüssigkeit schwamm.

»Aspirin. Trink es aus.«

Schweigend setzte Andreas das Glas an die Lippen und trank den Inhalt. Sein Onkel beugte sich über einen der beiden Sessel nach vorn und sah ihn an.

»Ich mache mir ernsthaft Sorgen um dich, Andreas. Wenn die Zeiten ruhiger wären, würde ich abwarten, bis du dich ausgetobt hast. Doch so, wie es im Moment aussieht, muss ich etwas tun, um dich vor dir selbst zu schützen. Wenn du so weitermachst, landest du im Arbeitslager, dabei hast du das Zeug zu einem guten Anwalt. Ich möchte, dass du in meine Fußstapfen trittst – sofern du dich nicht vorher zu Tode prügeln lässt, heißt das. Schau in den Spiegel. Das, was die Nazis dir vorgestern Nacht angetan haben, kann sich jederzeit wiederholen.«

Andreas stellte das leere Glas zurück auf den Tisch. Machte es überhaupt noch Sinn, hier herumzusitzen und zu streiten? Vielleicht war zwischen ihnen keine Verständigung möglich, vielleicht waren sie einander viel zu fremd. Ihre Erfahrungen und Ansichten unterschieden sich gewaltig. Bisher hatte er Thomas Eckermann zwar für seinen Erfolg als Anwalt bewundert. Doch jetzt kam er ihm vor wie ein alternder Moralapostel, der auf seinen Weisheiten beharrte, komme, was da wolle. Andreas seufzte leise, als er sich in seinem Sessel aufrichtete.

»Ich weiß, dass du viele meiner Meinungen nicht teilst, aber ich bin kein Feigling, Onkel Thomas. Die Männer in der Partei zählen auf mich. Ich werde sie nicht enttäuschen. Ich werde mich nicht einfach zurückziehen und den Mund halten.«

Erneut wurde es still. Schweigend beobachtete Andreas, wie Eckermann sich mit einer Hand nachdenklich durch das sorgfältig gescheitelte Haar fuhr.

»Deine Mutter war heute Morgen bei mir. Sie hat mich angefleht, ihr zu helfen. Sie wird nicht mehr fertig mit dir, sagt sie. Sie ängstigt sich um dich. Du bist ihr einziger Sohn.«

Auch das noch. Seine Mutter war also hier gewesen, und er wusste nichts davon. Warum zum Teufel hatte sie nicht zuerst noch einmal in Ruhe mit ihm gesprochen? Bei jeder kleinen Schwierigkeit kam sie hierher gelaufen und warf sich Eckermann an die Brust.

»Versprich mir, dass du dich in der nächsten Zeit unauffällig verhältst, ja?« Eckermann runzelte die Stirn. »Keine Kundgebungen und keine Schlägereien. Die Nazis werden nicht ewig das Land regieren, vielleicht ist im Herbst alles vorbei. Diese Leute haben keine Erfahrungen im Umgang mit der Macht, ihre Regierung steht auf tönernen Füßen. Verhalte dich eine Weile still, dann sehen wir weiter – versprichst du mir das?«

»Das geht nicht. Ich glaube nicht –«

Thomas Eckermann hob gebieterisch eine Hand und brachte ihn zum Schweigen.

»Von dir höre ich nichts als Widerworte. Niemals zeigst du auch nur eine bescheidene Einsicht in deine Fehler. Mir reicht es, Andreas. Es ist genug.«

Jetzt war Eckermann endgültig verärgert, Andreas sah es ihm an. Eine steile Falte hatte sich auf seiner Stirn gebildet, an seiner Schläfe pochte eine kleine Ader. Er war es zu sehr gewohnt, immer im Recht zu sein. Kontroverse Diskussionen waren seine Sache nicht, außerdem fühlte er sich hier als der Herr im Haus. Wie hielt er es damit wohl vor Gericht? Sagte er den Herren Richtern auch in diesem Ton, was sie zu tun oder zu lassen hatten?

Der Anwalt verschränkte die Arme vor dem Oberkörper und sah in dieser Haltung zu ihm hinunter. Der verkniffene Zug wich nicht mehr aus seinen Mundwinkeln, er war die Auseinandersetzung mit seinem Schützling sichtlich leid. Andreas hatte geglaubt, er würde seinem Ärger noch einmal mit Worten freien Lauf lassen, aber er wandte sich ab.

»Ich glaube nicht, dass die Fortsetzung dieses Gesprächs sinnvoll ist, Andreas. Wenn du überhaupt keine Einsicht zeigst, dann muss ich andere Saiten aufziehen. Ich möchte, dass du eine Weile außer Reichweite deiner Genossen bist, damit du Gelegenheit hast, über deine Zukunft nachzudenken. Ich habe schon alles arrangiert. Du verlässt uns in diesem Sommer. Ich ermögliche dir einen längeren Aufenthalt auf Sylt.«

»Auf Sylt? Was soll ich denn da? Da kenne ich niemanden.«

Andreas war nahe daran zu lachen, denn er fand diese Idee abstrus – ausgerechnet jetzt, kurz vor dem zweiten juristischen Staatsexamen, sollte er fort? Seine Prüfungen verlangten seinen ganzen Einsatz, er musste sich darauf vorbereiten. Außerdem war er kein kleines Kind mehr, dem man sagen konnte, was es zu tun und zu lassen hatte.

Der Anwalt verschränkte die Arme vor dem Oberkörper. »Freu dich, dass du fahren darfst. Die Insel ist wunderschön. Wie du weißt, führt mein Sohn ein Hotel in Kampen. Wenn die Feriensaison beginnt, kann er Unterstützung brauchen. Du wirst ihm als Mädchen für alles ein wenig unter die Arme greifen. Nebenbei hast du immer noch genug Zeit, um dich auf das Examen vorzubereiten.«

»Aber –«

»Abgemacht, du fährst. Sobald sich die politische Lage entspannt, kannst du gern nach Flensburg zurückkehren. Das ist alles, was ich dir zu sagen habe. Ich wünsche dir eine gute Reise.«

Andreas wartete noch einen Moment, dann richtete er sich mühsam auf. Er wurde in die Verbannung geschickt und konnte nichts dagegen tun? Glaubte sein Onkel wirklich, damit wäre das Problem gelöst? Natürlich konnte er sich weigern, dem Befehl Folge zu leisten, aber damit setzte er seine Zukunft in dieser Kanzlei endgültig aufs Spiel. Seine Mutter und Onkel Thomas waren sich anscheinend einig, die Entscheidung war gefallen. Der Anwalt hatte sein Studium bezahlt und nahm sich dafür jetzt das Recht heraus, über ihn zu verfügen. Wenn er nicht gehorchte, würde er auf Unterstützung von dieser Seite in Zukunft verzichten müssen.

Andreas warf noch einen letzten Blick zum Schreibtisch hinüber, aber für Onkel Thomas schien das Gespräch beendet zu sein. Er schaute nicht mehr auf, eine seiner Akten schien seine Aufmerksamkeit gefangen zu nehmen. Grußlos verließ Andreas den Raum. Gut, er würde sich auf dieser trutschigen Ferieninsel sehen lassen, aber sobald sich die Wogen hier geglättet hatten, würde er zurückkommen. Mochten sie vorerst glauben, dass er sich fügte. Er würde sie eines Besseren belehren, und das sehr bald, dazu war er fest entschlossen.

 

»Dieser ganze Aufwand für eine alte Frau wie mich. Ist das wirklich nötig, Herr Doktor?«

Luise Meinert hob ihren Kopf aus dem Kissen und beobachtete, wie der Arzt an ihrem Bett eine Spritze aufzog. Während die trübe Flüssigkeit in die Kanüle rann, hielt Johannes Lehmann den Blick schweigend auf seine Hände gerichtet. Mit der Spritze in der Hand ließ er sich auf die Bettkante sinken.

»Das ist kein Aufwand, Frau Meinert. Sie brauchen dieses Medikament, Sie werden damit eine Weile schlafen. Morgen sieht die Welt schon wieder besser aus, Sie werden sehen.«

Ingeborg stand ein paar Schritte vom Bett ihrer Mutter entfernt und beobachtete, wie Johannes sich über seine Patientin beugte. Um Luise stand es nicht gut, man sah es ihr an. Sie würde mit Johannes ausführlich unter vier Augen darüber reden müssen. Merkwürdigerweise hatte er bisher kaum etwas über Luises Gesundheitszustand gesagt – schon das allein fand Ingeborg beunruhigend. Normalerweise hatte er für jeden seiner Patienten und deren Angehörige ein paar aufmunternde Worte parat, nur in schwierigen Fällen behielt er seine Diagnose für sich, das wusste sie aus Erfahrung. Immerhin hatte sie früher einmal für ihn gearbeitet, auch wenn das viele Jahre her war – im Umgang mit den Kranken hatte Johannes sich bestimmt nicht verändert. Klappernd fiel die leere Kanüle in die Nierenschale auf dem Nachttisch. Johannes drückte Luises Hand. Sie sah auf und lächelte matt. Ihre Gesichtsfarbe unterschied sich kaum von der des Kissens, auf dem sie lag.

»Fertig, Herr Doktor?«

»Ja, das war’s für heute. Sie ruhen sich jetzt aus, versprochen? Ich schaue morgen wieder nach Ihnen.«

Johannes räumte seine Instrumente zurück in die bauchige Ledertasche, bevor er sein Jackett überstreifte. Eigentlich hatte Ingeborg erwartet, dass Luise ihm Fragen nach der Ursache ihres Leidens stellen würde, aber sie tat es nicht. Sie gab sich mit dem zufrieden, was Johannes ihr freiwillig gesagt hatte. Wollte sie vielleicht gar nichts über ihre Krankheit wissen? Gehorsam schloss sie die Augen, sie schien tatsächlich schlafen zu wollen. Gemeinsam mit dem Arzt verließ Ingeborg das Zimmer. Draußen auf dem Gang wartete sie in der Hoffnung darauf, dass Johannes sie von sich aus auf Luises Zustand ansprechen würde, aber er wirkte alles andere als gesprächig. Gedankenverloren sortierte er den Inhalt seiner noch immer aufgeklappten Tasche und hob den Blick erst, als sie leise lachte.

»Und? Fehlt etwas? Soll ich dir helfen, deine Pillen zu zählen, oder schaffst du es allein?«

»Vielen Dank, aber ich glaube, es ist alles da.«

Er schaute sie an, aber sein Gesicht wirkte verschlossen. Ingeborg spürte, wie Unruhe sich in ihr breit machte. Die stille Ernsthaftigkeit, mit der Johannes seine Arbeit tat, verhieß nichts Gutes. Irgendetwas musste er doch als Diagnose anzubieten haben? Luises Beschwerden waren diffus, sie kamen und gingen, verschwanden aber niemals ganz. Schon seit ein paar Tagen war sie bettlägerig und erholte sich nicht. Sie sprach kaum über ihr Befinden, und auf das, was Thiess in diesem Zusammenhang sagte, war kein Verlass. Er redete sich die Tatsachen schön, weil er den Gedanken daran, dass seine Frau ernsthaft krank sein könnte, nicht ertrug. Ihr blieb nichts anderes übrig, sie würde Johannes zum Reden bringen müssen.

»Komm, Johannes, was ist los? Nichts ist schlimmer, als hier zu stehen und darauf zu warten, was du sagen wirst.«

Johannes Lehmann bückte sich, unendlich langsam setzte er seine Ledertasche auf dem Fußboden ab.

»Ich bin mir nicht sicher, was es ist, Ingeborg. Ich habe deiner Mutter Blut abgenommen und werde es ins Labor schicken. In jedem Fall musst du sie dazu bringen, dass sie mehr isst.«

»Das versuche ich ja, aber sie sagt, sie hat keinen Appetit. Und nun sag mir, was ihr fehlt. Du hast doch eine Vermutung, oder?«

»Ich möchte dem Laborbefund nicht vorgreifen. Wir müssen abwarten. Nächste Woche weiß ich mehr.«

Er machte Anstalten zu gehen, aber damit war Ingeborg nicht einverstanden. Sie war enttäuscht, mit einer so nichtssagenden Auskunft seinerseits hatte sie nicht gerechnet. Und sie fand auch, dass sie mehr Aufmerksamkeit verdient hatte, schließlich kannten sie einander seit Jahren. Ihre Zuneigung hatte ihnen einmal viel bedeutet. Er konnte nicht vergessen haben, wie vertraut sie einander damals während ihrer kurzen, stürmischen Liebesbeziehung gewesen waren. Johannes wusste, dass er offen mit ihr reden konnte. Sie fand es bestürzend, wie kühl er sie behandelte, beinahe als sei sie eine Fremde.

Sie folgte ihm den Gang und die Treppe hinunter, doch als er sich der Haustür näherte, ohne sich noch einmal umzudrehen, griff sie nach dem Ärmel seines Jacketts, was ihn tatsächlich dazu brachte, sich ihr zuzuwenden. Der Blick, der sie gleich darauf traf, wirkte entnervt. Was war nur los mit ihm, was hatte sie ihm getan? Egal, zurückziehen würde sie sich nicht, dafür war die Angelegenheit, um die es ging, viel zu wichtig.

»Was ist denn, Johannes, was verschweigst du mir? So abweisend kenne ich dich gar nicht. Bist du mir böse? Habe ich etwas falsch gemacht?«

»Nein. Es geht nicht um dich, Ingeborg.«

»Ich weiß, es geht um meine Mutter. Aber wozu diese Geheimniskrämerei? Früher warst du nicht so einsilbig. Sei ehrlich, sag mir, wie es um Luise steht. Ich bin kein kleines Mädchen mehr, ich kann die Wahrheit vertragen. Also, wie lautet deine Diagnose?«

Johannes starrte sie an, ohne ihr zu antworten. Endlich schüttelte er langsam den Kopf, es schien, als würde sein Widerstand unter ihrer Hartnäckigkeit zusammenbrechen. Langsam zuckte er mit den Schultern.

»Ich möchte dich nicht mit meinen Vermutungen belasten, solange ich noch keine gesicherten Erkenntnisse habe. Ich möchte den Laborbefund abwarten.«

»Warum bist du so halsstarrig? Du hast einen Verdacht und rückst nicht heraus damit. Es kann doch nicht so schwer sein, mir gegenüber deine Meinung als Arzt zu äußern.«

»Also gut, wenn du es unbedingt hören willst: Ich glaube, dass deine Mutter an einem Unterleibskarzinom leidet.«

»Ein Karzinom?«

Das Wort hallte in ihr nach, als besäße es ein hundertfaches Echo. Sie schnappte nach Luft, denn für einen Moment hatte sie das Gefühl, als habe ihr jemand einen gewaltigen Schlag in die Magengrube versetzt. Ingeborg wurde schwindelig bei dem Gedanken daran, was passieren konnte, wenn dieser Verdacht sich bestätigte. Mit so einem vernichtenden Befund hatte sie wirklich nicht gerechnet, sonst hätte sie ihn nicht so brutal herausgefordert – oder doch? Sie hatte unbedingt Klarheit haben wollen, sie hatte Johannes bedrängt, und nun musste sie mit den Konsequenzen fertig werden. Verwirrt von der Flut der Sorgen, die auf sie einstürzten, lehnte Ingeborg sich für einen Moment gegen das Treppengeländer hinter ihr.

»Du meinst, meine Mutter hat Unterleibskrebs?«

»Ich befürchte, dass es so ist, ja.«

»Aber man kann es operieren, oder?«

»Das hängt von der Größe der Geschwulst, dem Ausbreitungsgrad der Krankheit und dem Allgemeinzustand der Patientin ab.«

»Soll das heißen, es könnte schon zu spät sein für eine Operation?«

»Himmel noch eins, ich weiß es nicht, Ingeborg. Mit dieser Krankheit ist nicht zu spaßen, das ist dir doch klar, oder? Schließlich warst du einmal meine Sprechstundenhilfe.«

»Ja, vor langer Zeit, bevor ich durch deine Frau ersetzt wurde.«

»Was soll das denn nun heißen?«

Johannes runzelte die Stirn, er wirkte jetzt regelrecht wütend. Offenbar hatte sie ihn gekränkt – das hatte sie nicht gewollt. Sie wusste selbst nicht, worauf ihr Gespräch momentan hinauslief. Johannes stand vor ihr und seufzte. »Ich habe keine Ahnung, was diese alten Geschichten noch für eine Rolle spielen, aber du verdrehst die Tatsachen, Ingeborg. Du wurdest durch meine Frau ersetzt, weil dein Mann von der Front zurückgekehrt ist. Ohne ein Wort der Erklärung bist du nicht mehr zur Arbeit erschienen. Ich musste mir also jemand anderes suchen, oder?«

»Bist du deshalb so kühl? Willst du dich an mir rächen, weil ich Nicolai dir vorgezogen habe? In deinen Augen war mein Verhalten damals ein Fehler, nicht wahr?«

»Unsinn, darum geht es nicht. Ich weiß nicht, warum du ausgerechnet jetzt darauf herumreitest.«

Ein skeptischer Blick aus seinen kühlen blauen Augen traf sie, aber Ingeborg konnte sich nicht helfen, sie glaubte ihm nicht. Wenn Johannes sich nicht an ihr rächen wollte, warum war er dann so ruppig, so lieblos?

»Ich reite nicht darauf herum – du hast von unserer gemeinsamen Zeit angefangen. Ich möchte dir nur sagen, dass ich keine andere Wahl hatte damals. Nicolai und ich waren verheiratet, ich war an ihn gebunden. Außerdem hast du durch mein Verschwinden deine Frau überhaupt erst kennen gelernt. Ich dachte, du wärst längst über diese Sache hinweg. Bist du nicht glücklich mit deiner Lilly?«

Johannes lächelte.

»Doch, natürlich. Lilly und ich führen eine glückliche Ehe. So wie du und Nicolai auch, oder? Ich bin weit davon entfernt, mit dir über alte Zeiten zu debattieren. Du hast mich nach dem Gesundheitszustand deiner Mutter gefragt, und ich habe geantwortet. Ich habe mir erlaubt, dabei auf deine Erfahrungen in der Krankenpflege hinzuweisen. Wahrscheinlich sind wir beide ein bisschen gereizt, oder?«

»Gut, lassen wir das. Entschuldige, aber ich bin wirklich ziemlich erschüttert. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.«

»Das verstehe ich, aber wir sollten versuchen, ruhig zu bleiben. Es hilft uns nicht, wenn wir einen Verdacht für bare Münze nehmen und uns damit verrückt machen. Vielleicht irre ich mich ja. Lass uns die Laborergebnisse abwarten.«