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Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Fürstenkrone Classic In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. Nr. Untertitel: Warum Fürst Clemens nicht mehr an das Glück glaubte... Fiona Börger trat vor das kleine, wellblechbedeckte Haus und blickte mit Tränen in den Augen dem Wagen nach, der den ausgefahrenen Weg zur Hauptstraße hinabfuhr. Aus! Vorbei! Umsonst! Das war alles, was die junge Frau in diesem Augenblick denken konnte. Umsonst war die Schufterei von Jahren, aus der Traum von der Selbständigkeit, und gerade fuhr ihre letzte Hoffnung, Mr. Parker, davon. Nachdem der Makler aus Auckland das Haus und das Land besichtigt hatte, hatte er bedauernd die Achseln gezuckt. »Tut mir leid, Mrs. Börger. Aber da ist nicht viel zu machen. Die Farm liegt zu weit weg von jeder Ansiedlung, das Haus ist ziemlich klein, und das Land… auch das ist nicht viel wert. Ich glaube kaum, daß ich einen Käufer finden werde und schon gar keinen, der bereit ist, die von Ihnen geforderte Summe zu bezahlen.« »Aber die muß ich haben«, hatte Fiona heftig erwidert. »Soviel haben mein Mann und ich hier hereingesteckt. Nach dem Verkauf muß ich ja auch noch etwas zum Leben übrig behalten.« »Das sehe ich ja ein, Mrs.
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Seitenzahl: 130
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Fiona Börger trat vor das kleine, wellblechbedeckte Haus und blickte mit Tränen in den Augen dem Wagen nach, der den ausgefahrenen Weg zur Hauptstraße hinabfuhr. Aus! Vorbei! Umsonst! Das war alles, was die junge Frau in diesem Augenblick denken konnte. Umsonst war die Schufterei von Jahren, aus der Traum von der Selbständigkeit, und gerade fuhr ihre letzte Hoffnung, Mr. Parker, davon. Nachdem der Makler aus Auckland das Haus und das Land besichtigt hatte, hatte er bedauernd die Achseln gezuckt.
»Tut mir leid, Mrs. Börger. Aber da ist nicht viel zu machen. Die Farm liegt zu weit weg von jeder Ansiedlung, das Haus ist ziemlich klein, und das Land… auch das ist nicht viel wert. Ich glaube kaum, daß ich einen Käufer finden werde und schon gar keinen, der bereit ist, die von Ihnen geforderte Summe zu bezahlen.«
»Aber die muß ich haben«, hatte Fiona heftig erwidert. »Soviel haben mein Mann und ich hier hereingesteckt. Nach dem Verkauf muß ich ja auch noch etwas zum Leben übrig behalten.«
»Das sehe ich ja ein, Mrs. Börger«, hatte der Makler versichert, und in seinen Augen hatte sie Mitleid entdeckt, »ich verspreche Ihnen, ich werde mein möglichstes tun. Aber viel Hoffnung kann ich Ihnen nicht machen.«
Nachdem er sich noch einige Notizen gemacht hatte, war er wieder in seinen Wagen gestiegen und davongefahren.
Das häßliche Krächzen eines Keas, dieses krähengroßen grauen Bergvogels, der hier in Neuseeland beheimatet war, ließ sie zusammenzucken. An diesen Klang hatte sie sich auch nach fünf Jahren noch nicht gewöhnt. Als sei dieser Schrei ein Signal gewesen, begann es plötzlich zu regnen, ein feiner, warmer Nieselregen, der sich mit den Tränen auf dem Gesicht der jungen Frau mischte. Ein Seufzer tiefster Hoffnungslosigkeit entrang sich Fionas Brust. Oh, Lothar, warum hast du uns allein gelassen, klagte sie stumm. Was in aller Welt soll nun aus deiner Tochter und mir werden?
»Mami, Mami, Gypsy ist wieder da!«
Um die Hausecke kam ein etwa dreijähriges pausbäckiges Mädchen mit Rattenschwänzchen und einem roten Latzhöschen gefegt, Fionas Tochter Elisabeth, genannt Lilli. Auf dem Arm trug sie mit triumphierender Miene ein buntes Zwerghuhn, besagte Gypsy, ihr einziger Spielgefährte in dieser einsamen Gegend. Das kleine Huhn hatte leider die Angewohnheit, sich manchmal zu verstecken, so daß Lilli es suchen mußte und es dann oft an den unmöglichsten Orten fand.
»Gypsy war in Beckys Stall, Mami«, im gleichen Atemzug fügte Lilli hinzu: »Weinst du, Mami?«
»Aber nein!« Fiona schüttelte den Kopf und rang sich ein Lächeln ab. »Das ist nur der Regen. Komm, laß uns hineingehen, sonst werden wir noch bis auf die Haut naß.«
Zusammen betraten Mutter und Tochter das ebenerdige Haus. Es bestand aus einem großen Wohnraum, der in die Küche überging, und zwei kleineren Kammern. In einem Anbau befanden sich eine Toilette und ein primitives Bad.
»Hab’ Hunger, Mami«, behauptete Lilli, nachdem sie Gypsy in eine Spankiste gesetzt hatte. »Mein Bauch knurrt ganz doll! Höre mal!«
Fiona mußte lachen. »Ich mach dir was, Kleines«, versprach sie. »Aber erst mußt du dir die Hände waschen!«
Während Lilli sich ins Bad trollte, suchte Fiona im Küchenschrank nach Eßbarem. Viel war nicht da, nur Haferflocken, Kakao und Milch, die Becky, ihre einzige Kuh, gab. Sie war die Letzte, die von einer stattlichen Herde übriggeblieben war. Die anderen waren alle an einer Seuche eingegangen. Die Tierarztrechnung hatte den letzten Rest ihres bescheidenen Vermögens verschlungen.
Nach diesem neuerlichen Schicksalsschlag hatte Fiona endlich eingesehen, daß sie gegen Windmühlenflügel kämpfte. Eine Frau allein konnte diese Farm nicht halten. Wenn sie und Lilli nicht verhungern wollten, mußte sie verkaufen. Nur war der abgelegene Besitz in den Blue Hills nicht so leicht an den Mann zu bringen, das hatten ihr vor Mr. Parker schon andere Makler gesagt. Aber sie brauchte nun mal die veranschlagte Summe, um ihre Schulden abzutragen und noch Geld übrig zu behalten für die Überfahrt nach Europa.
Fiona Börger hatte sich nämlich entschlossen, in ihre Heimat, nach Deutschland, zurückzukehren. Dort würde sie ihren Stolz begraben und endlich die Hilfe suchen, wo sie sie von Rechts wegen erhalten mußte.
*
Endlich schien das Schicksal ein Einsehen zu haben mit der leidgeprüften jungen Frau. Nach zwei Wochen hatte ihr Mr. Parker tatsächlich einen Käufer besorgt, der sogar annähernd die gewünschte Summe zu zahlen bereit war.
Fiona dankte dem Makler überschwenglich, packte ihre wenigen Habseligkeiten, ihre Tochter und natürlich Gypsy, von der sich Lilli nicht trennen wollte, in ihr altes, klappriges Auto und fuhr nach Wellington. Zehn Tage später ging sie mit Kind und Huhn, Gypsy wurde in einem Korb versteckt, an Bord eines Frachtschiffes, das eine billige Passage nach Genua bot. Nachdem sie sich in ihrer kleinen Kabine eingerichtet hatten, gingen Fiona und Lilli an Deck, um dem Ablegen des Schiffes zuzuschauen.
Als der Hafen von Wellington langsam im Dunst hinter ihnen verschwand, schossen Fiona plötzlich die Tränen in die Augen. Erinnerungen stiegen in ihr auf, Erinnerungen an jenen Tag vor über fünf Jahren, als sie hier zusammen mit Prinz Lothar von Ehrenberg angekommen war.
Es war ein warmer, sonniger Tag gewesen, und sie hatte vor Glück geweint, denn damals waren sie beide voller Hoffnung und Idealismus gewesen. Zwei junge Menschen, die entschlossen waren, sich an diesem Teil der Welt eine neue Existenz aufzubauen. Alles hatte sich dann auch so gut angelassen. Die Farm in den Blue Hills gedieh, und ihr gemeinsames Leben war wunderschön. Ans Heiraten dachten sie dabei nicht, das erschien ihnen ganz nebensächlich, denn sie konnten es jederzeit tun, wenn sie es für nötig hielten.
Als Lilli sich schließlich ankündigte, hatte Lothar schmunzelnd gemeint, daß sie nach der Ernte die Dinge endlich in die Reihe bringen müßten. Doch dazu war es nicht mehr gekommen. Lothar war beim Abholzen eines kleinen Waldstücks von einem umstürzenden Baum getroffen worden. Die einheimischen Arbeiter hatten ihn auf der Bahre heimgebracht. Er hatte noch drei Tage gelebt. Unendlich mühsam hatte er einen Brief an seinen Bruder in Deutschland aufgesetzt, in dem er ihn um Verzeihung bat für das, was er ihm angetan hatte, und ihn gleichzeitig darum bat, sich um Fiona und sein ungeborenes Kind zu kümmern. Dann hatte er Fiona das Versprechen abgenommen, nach Deutschland zurückzukehren und bei seinem Bruder Hilfe zu suchen. Als er wenige Stunden später starb, erlitt Fiona einen so schlimmen Schock, daß bei ihr die Wehen einsetzten, obwohl sie erst im siebten Monat war.
Als die Hebamme aus dem nächsten Dorf eintraf, von einem der Arbeiter alarmiert, hatte Fiona ihr Kind schon bekommen, ein winziges Etwas, das kaum atmete.
»Das Würmchen kriegen Sie nicht groß, Mrs. Börger«, hatte die alte Hebamme gemeint. »Ist vielleicht auch besser so!«
Wahrscheinlich war es dieser Satz, der Fionas Lebensgeister wieder ankurbelte. Sie begann zu kämpfen, kämpfte mit aller Verbissenheit um das Leben ihres Kindes. Sie wollte nicht das einzige Unterpfand ihrer großen Liebe verlieren, das Kind, das sie immer an Lothar erinnern würde. Und sie hatte es geschafft. Lilli war heute ein gesundes, munteres Mädchen, ihr größter Trost und ihre einzige Freude.
Aber einen anderen Kampf hatte Fiona verloren, den um die Farm. Sie hatte geglaubt, es auch allein schaffen zu können. Aber das hatte sich als Irrtum herausgestellt. In der Einsamkeit der Blue Hills brauchte eine Frau einen Mann, sonst war sie verloren.
*
»Was hast du, Mami? Weinst du?«
Lillis Hand stahl sich in die ihrer Mutter. »Bist du traurig, weil wir wegfahren?«
Fiona nickte und wischte sich mit der Hand über die Augen.
»Ja, mein Kind, ich bin traurig! Weißt du, als ich damals mit deinem Papa hierher kam, hatten wir beide so große Pläne. Damals hätte ich nie geglaubt, daß ich noch mal nach Deutschland zurückkehren würde und noch dazu ohne ihn.«
»Erzähle mir von Papa!«
Lilli konnte nie genug von ihrem Vater hören, den sie ja nie kennengelernt hatte.
»Dein Papa war ein wunderbarer Mensch«, begann Fiona träumerisch. »Wir haben uns sehr lieb gehabt. Er sang immer bei der Arbeit, und wenn ich traurig war und Heimweh hatte, hat er mich getröstet. Und er hat sich so auf dich gefreut.«
Das stimmte wirklich. Lothar war überglücklich gewesen, als er erfuhr, daß Fiona schwanger war. Eine ganze Zeitlang hatte er nicht mehr diese Anfälle von Traurigkeit und Verzweiflung gehabt, die er vor ihr zu verbergen suchte. Dann hatte er ihr eines Tages die ganze Wahrheit über die Hintergründe für seine Reise in diesen Teil der Welt erzählt.
Er hatte daheim große Schuld auf sich geladen, die immer noch auf seinem Gewissen lastete; er hatte leichtfertig den Tod der Verlobten seines Bruders verschuldet. Auf ihr Drängen hin hatte er sie zu einer Spritztour auf seinem nagelneuen Motorrad mitgenommen. Es sollte nur eine ganz kurze Fahrt werden, und deshalb hatte Lydia auch keinen Helm getragen.
In einer scharfen Kurve, nur wenige hundert Meter vom Schloß entfernt, hatte er die Gewalt über die Maschine verloren, und sie waren gegen einen Baum geprallt. Lydia hatte schwerste Kopfverletzungen davongetragen, an denen sie starb, während er »nur« Knochenbrüche hatte, die nach einiger Zeit verheilt waren. Was aber nicht verheilte, waren seine Verzweiflung, seine Selbstvorwürfe und Schuldgefühle. Als er aus dem Krankenhaus entlassen ins Schloß zurückkehrte, hatte ihm sein Bruder nur das eine Wort: »Verschwinde!« entgegengeschleudert.
Lothar hatte es wörtlich genommen und schiffte sich wenige Wochen später auf einem Frachter nach Australien ein. Dabei waren sie einander begegnet, der deutsche Prinz und Fiona, das elternlose Mädchen, das nach Australien fahren sollte, um dort die Kinder einer entfernten Tante zu betreuen.
Weil sie beide Außenseiter waren, hatten sie sich zusammengefunden und eine kurze Spanne des Glücks erlebt.
Dann hatte das unerbittliche Schicksal Sühne gefordert.
Jetzt war Fiona mit ihrer Tochter also auf dem Weg zu Lothars Bruder, Fürst Clemens von Ehrenberg, um ihm Lothars Brief zu bringen und seine Hilfe zu erbitten. Das widerstrebte ihr zutiefst, aber sie hatte einfach keine andere Wahl. Zwar war sie nicht mit Lothar verheiratet gewesen, aber sein Brief und Lillis Geburtsurkunde bewiesen, daß sie seine Tochter und die Nichte des Fürsten war.
Wenn er ihr nicht half, dem Kind mußte er aufgrund dessen einfach helfen.
»Mami, ich friere«, Lilli zerrte an der Hand ihrer schweigsamen Mutter. »Ich will eine Jacke anziehen.«
»Natürlich, Kleines! Laß uns in die Kabine gehen.«
Fiona faßte ihre Hand mit festem Griff und zog sie mit zum Niedergang. Auch sie fror, aber nicht so sehr vor Kälte, sondern mehr vor innerer Anspannung. Was würde sie in Deutschland erwarten? War Clemens von Ehrenberg bereit, ihnen zu helfen, oder würde der Groll auf seinen Bruder noch so tief sitzen, daß er nichts von ihnen wissen wollte?
*
Sechs Wochen später gingen Fiona, Lilli und Gypsy, die die Seereise erstaunlich gut überstanden hatte, in Genua von Bord. Als sie nach einer mehrstündigen Bahnfahrt in Würzburg wieder deutschen Boden betraten und Fiona zum ersten Mal seit vielen Jahren heimatliche Laute vernahm, liefen ihr die Tränen übers Gesicht. Endlich war sie wieder daheim, in dem Land, das ihr vertraut war, vom Klima, von der Sprache und auch von den Menschen her.
Lilli, die den Korb mit Gypsy fest an sich gepreßt hielt, blickte ihre Mami verwundert an.
»Jetzt weinst du aber nicht, weil du traurig bist, Mami, oder?«
»Nein, Lilli, ich weine, weil ich glücklich bin.« Fiona streichelte ihrer Tochter übers Haar. »Manchmal muß man eben auch vor Glück weinen!«
»Und was tun wir jetzt?«
Lilli sah ihre Mutter erwartungs- und vertrauensvoll an. Mami würde es schon wissen.
Fiona dachte nach. Sollte sie sich gleich auf den Weg zu Lothars Bruder machen? Die Adresse hatte sie ja. Oder sollte sie sich erst irgendwo eine Bleibe suchen? Ein Blick in ihr Portemonnaie nahm ihr die Entscheidung ab. Sie hatte nicht mehr viel Geld. Also auf nach Schloß Moosgrund, wo sie hoffentlich Unterstützung finden würde! Sie nahmen den nächsten Zug nach Berlingen, einer kleinen Ortschaft, in deren Nähe das Schloß lag. Im Gasthof Hirschen, gleich neben dem Bahnhof, stellte Fiona ihr Gepäck ab und fragte die freundliche Wirtin, ob sie auch ihre Tochter kurz bei ihr lassen könnte, da sie etwas im Schloß zu erledigen habe.
»Aber natürlich«, wurde ihr fast überschwenglich versichert. »Zum Schloß können Sie dann ein Taxi nehmen, das kostet nicht viel.« Dann fügte die mollige Wirtin noch hinzu: »Soso, Sie bewerben sich also auch um die Stelle als Haushälterin. Also ich tät’s mir überlegen. Das ist kein leichter Posten. Aber ich will nichts gesagt haben«, fügte sie hinzu und schlug sich mit der Hand auf den Mund, als habe sie schon zuviel verlauten lassen.
Fiona maß dem Gerede keine Bedeutung bei, machte sich im Waschraum frisch und stieg dann in das Taxi, das die Wirtin ihr in der Zwischenzeit bestellt hatte.
*
Der Taxifahrer brachte Fiona bis vor das schmiedeeiserne Schloßtor und wünschte ihr mit einem merkwürdigen Unterton »Viel Glück!«
Seine Worte klangen Fiona noch eine Weile nach, als sie die breite, mit feinem Kies bestreute Allee zum Schloß ging. Es gefiel ihr auf Anhieb, und sie erkannte alles nach Lothars Beschreibungen wieder. Da waren die gepflegten Rasenanlagen und der weitläufige Park, der in ein ausgedehntes Waldgebiet überging, und das alles war Kulisse für das herrlichste Barockschlößchen, das sie je gesehen hatte. Mit seinen zahlreichen Türmchen und Erkern ließ es das Herz eines jeden Betrachters höher schlagen.
Fiona hatte wenig später das Schloß erreicht und stieg die Stufen zum Portal hinauf. Mit leisem Herzklopfen betätigte sie dann den Klingelknopf, der hier fehl am Platze wirkte; ein altmodischer, schmiedeeiserner Türklopfer wäre besser gewesen.
Nach kurzer Zeit öffnete ihr eine mürrische, blasse Frau die Tür, musterte sie einen Augenblick und bat sie dann einzutreten.
»Ich werde Sie seiner Durchlaucht melden! Wenn Sie bitte warten wollen.«
Während die Frau, die wohl die Haushälterin war, hinter einer der zahlreichen Türen verschwand, hatte Fiona Muße, sich umzusehen. Auch hier drinnen entdeckte sie einiges aus Lothars Beschreibungen wieder. Da waren die nachgedunkelten Porträts irgendwelcher Ahnen, der herrliche Mosaikfußboden, die schweren Leuchter an der Decke, die Ritterrüstung am Treppenaufgang, das kleine Tischchen mit den zwei Stühlen und die Runddeckeltruhe mit den schönen Schnitzereien. Gedankenverloren ließ Fiona ihre Hand darübergleiten, zog sie aber hastig zurück, als die Haushälterin wiederkam. Sie bedeutete ihr mit einer Kopfbewegung, in das Zimmer zu gehen, aus dem sie gerade gekommen war.
Fiona betrat einen düster eingerichteten Raum, den die halb zugezogenen Vorhänge noch unbehaglicher wirken ließen. Als Fiona sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatte, fiel ihr Blick auf einen überdimensionalen Schreibtisch, hinter dem der Mann saß, dessen Hilfe sie erbitten wollte, Fürst Clemens von Ehrenberg.
Als sich ihre Blicke trafen, sank Fiona der Mut in die Schuhspitzen. Nein, niemals hatte sie sich den Fürsten so vorgestellt. Nach Lothars Beschreibungen war sein Bruder ein gutaussehender Mann mit kraftvoller Ausstrahlung. Doch dieser Mann dort hatte stechende Augen, schmale Lippen und tiefe Falten um Mund und Nase, um ihn war eine Aura von Düsterkeit und Kälte, eine gewisse Menschenverachtung.
»Guten Tag, Durchlaucht«, hörte sich die junge Frau mit zaghafter Stimme sagen. Dann aber nahm Fiona allen Mut zusammen, denn es ging schließlich um ihre und Lillis Zukunft. Sie fuhr mit gefestigter Stimme fort: »Ich bin hier, weil…«
»Sagen Sie mir nur Ihren Namen und Ihre Adresse, dann suche ich mir Ihre Unterlagen schon heraus«, unterbrach sie der Fürst fast unhöflich und blätterte in einem Stapel Schriftstücke. Fiona erinnerte sich plötzlich, daß die Wirtin etwas davon gesagt hatte, daß der Fürst eine Haushälterin suchte. Offensichtlich hielt er sie für eine Bewerberin. Das mußte sie gleich richtigstellen.
»Ich bin Fiona Börger«, sagte sie schnell, »und ich habe mein Gepäck im Gasthof Hirschen abgestellt. Aber ich habe mich nicht…«
»Setzen Sie sich! Sie machen mich ganz nervös, wenn Sie da herumstehen«, befahl ihr der Fürst, während er immer noch in dem Stapel blätterte, der offensichtlich Bewerbungen enthielt.