Ein Prinz unter Rebellen
M. Kliege
Impressum © 2024 M. Kliege
Alle Rechte vorbehaltenDie in diesem Buch dargestellten Figuren und Ereignisse sind fiktiv. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder toten realen Personen ist zufällig und nicht vom Autor beabsichtigt.Kein Teil dieses Buches darf ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung des Herausgebers reproduziert oder in einem Abrufsystem gespeichert oder in irgendeiner Form oder auf irgendeine Weise elektronisch, mechanisch, fotokopiert, aufgezeichnet oder auf andere Weise übertragen werden.Kontrollnummer der Kongressbibliothek: 2018675309Gedruckt in den Vereinigte Staaten von Amerika
Für meine Schwester, die mich stets dazu motiviert hat, dieses Buch zu Ende zu schreiben
Inhalt
Titelseite
Impressum
Widmung
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Epilog
Bücher von diesem Autor
Prolog
Es war still auf den Straßen. Die dunkle Nacht schien jedes Geräusch mit sich zu verschlingen, als Anya flink in eine unbeleuchtete Seitengasse huschte. Sie hangelte sich an der Wand eines Gebäudes hoch. Auf den Dächern der Stadt konnte sie alles überblicken.
Sie hielt sich geduckt, um keine unerwünschte Aufmerksamkeit zu erregen und sprang auf das Dach der Bäckerei. Tagsüber konnte sie hier immer den unverkennbaren Geruch von frisch gebackenem Brot vernehmen. Nachts drangen bloß die Gerüche nach Ruß und Abfall zu ihr auf. Sie rümpfte die Nase. Es war kein Geheimnis, dass der ärmere Stadtteil von Canary City unter anderem für seinen Gestank bekannt war.
Der Palast war nicht weit entfernt, aber der Tag würde bald anbrechen. Anya musste sich beeilen.
Sie versteckte sich hinter einem Schornstein, als sie die Wachen der Königsfamilie erblickte. Einer der beiden Männer blieb stehen und sah auf. Vom Mantel der Nacht geschützt, konnte Anya nicht entdeckt werden und die beiden Wachmänner gingen weiter.
„Glaubst du, sie schafft es durch die Nacht?“, hörte sie einen von ihnen fragen. Anya blieb das Blut in den Adern gefrieren. Sprachen sie von der Königin?
„Schwer zu sagen“, erwiderte der andere, „aber ich glaube nicht, dass es noch lange dauern wird.“
Unruhig und besorgt durch die unheilvollen Worte der zwei Männer, eilte sie weiter. Der Palast war im Mondlicht eine prachtvolle Zurschaustellung des Reichtums, den die Königsfamilie für sich beanspruchte.
Die Königin war die Einzige im Königshaus, die mit ihren Bürgern mitfühlte. Sie hatte die Steuern gesenkt und hielt den Bruder des verstorbenen Königs in Schach. Die Frage war nur: Für wie lange noch?
Anya sah das Aufblitzen eines Schwertes und presste sich gegen eine große Eiche, die nicht weit von den Mauern des Königspalastes entfernt stand. Sir Connor, der Hauptmann der Wachen, schwang seine Klinge umher und lachte bellend. Es standen drei seiner Männer nicht weit von ihm direkt am Palasttor. Sein Duellierpartner sah verängstigt aus. Das Schwert zitterte in den Händen des unfreiwilligen Gegners. Anscheinend war er neu und Sir Connor machte sich einen Spaß daraus, ihn vor seinen Männern vorzuführen.
„Wenn du weiter so zitterst, werden die Rebellen dich als erstes zerfleischen, Junge. Sie gehen immer zuerst auf die Schwachen.“
„Ja, Sir. Ich werde es mir merken“, erwiderte der Junge und versuchte sich zu beruhigen.
Als zweite Anführerin der Rebellen, musste Anya sich ein Schnauben unterdrücken. Der neue Rekrut schien in etwa in ihrem Alter zu sein. Die drei Wachen, die als Zuschauer dienten, hielten sich vor Lachen die Bäuche, als ihr Hauptmann mit einem kräftigen Schwerthieb den Jungen zurückschreckte und er nach hinten stolperte. Er landete direkt auf seinem Hinterteil. Die Scham stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
Anya hätte jetzt nichts lieber getan, als aus ihrem Versteck zu stürmen und diesen eingebildeten Palastaffen zu zeigen, wie ein echter Schwertkampf aussah. Und sie würde sich garantiert nicht auf den Jungen am Boden stürzen, sondern auf den Mann, der ihn zu Fall gebracht hat, allerdings ging ihr die Zeit aus. Sie warf noch einen letzten Blick auf die fünf Männer und erklomm dann schnell und geräuschlos die große Eiche.
Von einem stabilen Ast aus, konnte sie problemlos auf die Mauer des Palasts springen. Sie beeilte sich, auf den Boden der anderen Seite herunterzuspringen, um nicht entdeckt zu werden.
Anya presste sich mit dem Rücken zur Mauer, damit sie durch die Schatten verborgen blieb. Sie war im Schlossgarten gelandet, der zum Glück mit mehreren Statuen versehen war, hinter denen sie sich einfach verstecken konnte.
Aber es schien, dass sowie so nicht viel Vorsicht gefragt war, dafür waren die Leute im Palast zu hektisch. Die Wachen und Bediensteten schienen aufgewühlt und unvorsichtig zu sein. Sie standen beieinander vor einem Seiteneingang und tuschelten leise, sodass Anya leicht an ihnen vorbeikam und sich durch ein offenes Fenster zur Küche Eintritt verschaffte.
Die Türklinke des Küchenausgangs war kalt in ihrer Hand. Gerade als sie sie sanft herunterdrücken und den Raum verlassen wollte, gab die Klinke bereits von allein nach. Anya huschte schnell hinter die nächstgelegene Theke und lauschte den Fußstapfen. Es klang nach zwei Personen.
„Was soll denn nun bloß aus uns werden“, seufzte eine weibliche Stimme.
„Wir haben es kommen sehen“, erwiderte eine weitere Frau. „Die Königin war bereits monatelang krank. Möge sie in Frieden ruhen.“
Anya unterdrückte ein geschocktes Keuchen und presste sich die Hand vor den Mund. Es war also so weit. Die Königin war tot.
Sie musste den anderen Bescheid geben. So schnell wie möglich.
Als die beiden Küchengehilfinnen sich an die Arbeit machten und Geschirr abspülten, schlich Anya aus dem geöffneten Fenster hinaus und flüchtete aus dem Palast.
Das alte Gasthaus war bereits in hellem Aufruhr. Dieser Ort diente als Sammelplatz für die Rebellen, sobald die Nachtruhe und somit auch die Ausgangssperre eingeläutet wurde und es waren bereits alle hier versammelt. Bis auf den Anführer.
„Anya, endlich“, atmete Trevor auf, als sie in den großen Raum kam. Trevor war ein starker Mann mit beachtlicher Größe und einer der besten Kämpfer der Rebellengruppe. Er warf Anya einen Blick von Kopf bis Fuß zu, um festzustellen, ob sie verwundet war. „Was hat denn so lang gedauert?“
„Ich musste mich an ein paar Wachen vorbei schleichen“, erwiderte sie, „aber das ist jetzt nicht wichtig. Die Königin ist tot.“
Ungläubiges Raunen und viel Gefluche füllte die Ecken und Winkel des Gasthauses.
Als die Tür aufsprang erstarb jedes Geräusch. Der Anführer, Jack Cheng, betrat den Raum. Seine dunkelbraunen Haare sahen vom Wind sogar noch wilder aus als sonst. Sein Blick fiel zuerst auf Anya und sie kam sofort an seine Seite.
„Jack, die Königin-“
„Ich weiß“, unterbrach er sie, „ich komme gerade vom Verlies. Die Gefangenen werden in Street-Shuttles aus der Stadt gebracht.“
Trevor trat vor. „Meinst du Claude steckt dahinter?“
Der Bruder des verstorbenen Königs hatte bereits in der Vergangenheit hinter dem Rücken des Regenten gehandelt, um seine eigenen Ambitionen auszuleben. Nun wo auch die Königin tot war, stand ihm nichts mehr im Wege alle Macht an sich zu reißen.
„Ich nehme an, dass er mit ihnen und seinen Wachen zu einer Art Trainings-Camp fliegt. Bevor sie zusammen die Stadt angreifen, um die Bewohner zu unterwerfen, müssen wir etwas unternehmen“, bestimmte Jack. Anya griff nach seinem Arm.
„Du willst gegen sie kämpfen.“ Es war keine Frage. Sie sah es in seinen Augen und es war wirklich die einzige Lösung. „Ich komme mit.“
„Nein“, widersprach er lautstark. „Du bleibst hier bei den anderen. Ich gehe mit Trevor und unserem Class A-Team.“
Trevor nickte ihm zu und wandte sich sofort zum Gehen. Ihre besten Kämpfer, Class A, folgten ihm.
„Ich gehöre auch zu unseren besten Kämpfern und das weißt du! Warum nimmst du mich so in Schutz?!“
Die restlichen Rebellen bemerkten die Spannung, die in der Luft lag und verließen ebenfalls den Raum.
„Du bist die zweite Anführerin. Sollte mir etwas passieren-“
„So etwas will ich gar nicht erst hören!“, fiel Anya ihm ins Wort. „Wenn ich mitkomme, können wir aufeinander aufpassen.“
Jack seufzte schwer. Er hob die Hand und legte sie ihr sanft an die Wange. Mit seinem Daumen strich er über ihre Haut.
„Anya“, seine Stimme war beinahe nur ein Flüstern, „du weißt, dass ich es mir nie verzeihen könnte, wenn dir etwas passiert.“
Ihre Augen füllten sich mit Tränen als sie ihre Hand über seine legte.
„Und du glaubst mir geht es anders?“
Er zog die Augenbrauen zusammen und für eine Weile sagte niemand etwas. Dann atmete er tief durch und ließ seine Hand sinken.
„Gut, dann versprech‘ ich es dir. Ich werde zu dir zurückkommen“, sagte er.
Anya schüttelte den Kopf. „Das kannst du nicht versprechen.“
Jack grinste. „Hast du vergessen wer ich bin? Habe ich dich je angelogen?“
„Nein, aber-“
„Anya“, stoppte er sie und umschloss sanft ihr Gesicht, damit sie in seine Augen sah. „Ich bin Jack Cheng. Und ich sterbe nicht so leicht. Ich verspreche dir, dass ich wieder zu dir zurückkomme.“
Sie starrte ihn an und seufzte dann. Es war sinnlos mit ihm zu diskutieren, das wusste sie besser als sonst irgendjemand. Mit geschlossenen Augen und einem unguten Gefühl, nickte sie langsam.
Jack legte seine Stirn gegen ihre und gab ihr einen Abschiedskuss, bevor er durch die Türen des Gasthauses verschwand.
Kapitel 1
Estopia
Canary City
Ein Jahr nach dem Tod der Königin (18.09.4078)
Das Orchester spielte eine langsame Melodie, bei der sogar die Musiker fast einschliefen. Prinz Alan gähnte ungeniert und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Schallendes Gelächter ertönte neben ihm. Sein Onkel Claude war wieder mal bester Laune und trank ein weiteres Glas Wein leer. Die Hofdamen an seiner Seite applaudierten.
Schon wieder ein Ball und schon wieder würde er die Wut des hungernden Volkes auf sich ziehen. Alan störte aber viel mehr, dass die vielen Bälle und Bediensteten, das Buffet, einfach alles im Palast, ihn zu Tode langweilten.
„Ihr seht so müde aus“, bellte die laute Stimme des neuen Regenten. „Ist denn schon Schlafenszeit, Eure Majestät?“
Alan zog wütend die Augenbrauen zusammen, als die Hofdamen anfingen zu kichern.
„Redet Ihr so mit Eurem zukünftigen König, Onkel?“
Das Grinsen auf dem Gesicht von Claude erstarb und etwas anderes blitzte in seinen Augen auf. So schnell, wie es da war, war es auch wieder verschwunden und Alan fragte sich, ob er es sich bloß eingebildet hatte.
„Nur ein harmloser Spaß, Eure Majestät. Ich wollte Euch nicht verstimmen“, beschwichtigte sein Onkel ihn.
„Dann sorgt dafür, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt.“
„Ja, mein König. Wie Ihr wünscht“, trällerte Claude und machte eine Show daraus, sich aus seinem Thron zu erheben und demütig zu verbeugen.
Alan schnalzte genervt mit der Zunge und verdrehte die Augen. Er ignorierte die Gäste, die sich höflich verbeugten und knicksten, als er an ihnen vorbeiging, um den Saal zu verlassen. Alan ging zurück in seine Gemächer und sah in den großen Spiegel, der vor seinem Bett stand.
Die blonden Haare und goldenen Augen hatte er von seiner Mutter geerbt, und das markante Kinn vom ehemaligen König selbst. Alan hatte eine komplizierte Beziehung zu seinem Vater gehabt, der bereits vor drei Jahren verstorben war. Seine Trauer über diesen Verlust war ebenfalls mit Wut vermischt gewesen, denn er hatte es nie geschafft, sich vor seinem Vater zu beweisen. Und nun hatte er keine Gelegenheit mehr dazu. Aber der Tod seiner Mutter hatte ihn umso schwerer getroffen.
Sie galt als die gütigste und ehrenhafteste Herrscherin, die Estopia jemals hatte. Alan sollte ihr Nachfolger werden, aber er wusste nicht, ob er dem Titel gerecht werden konnte. Sein Onkel Claude übernahm die Regentschaft bis zu Alans 21. Geburtstag. Das war in genau zwei Wochen und am selben Tag sollte die Krönung stattfinden.
Vielleicht konnte er aber seinen Onkel überzeugen, an seiner Stelle den Thron zu übernehmen, überlegte Alan. Schließlich hatte Claude bereits seit einem Jahr diese Rolle verkörpert.
Der junge Prinz zog sich sein Schlafgewand an, das aus einer schwarzen Hose und einem langen weißen Hemd aus Seide bestand. Sein Bett war so groß, dass es Platz für mindestens fünf Personen bot und die Kissen so weich als läge man auf Wolken.
Alan klatschte zweimal in die Hände und das Licht im Raum erlosch.
Er war schon fast eingeschlafen, als ihn plötzlich ein Geräusch aufhorchen ließ. In der Dunkelheit konnte er nichts erkennen und auch das Geräusch schien bloß eine Einbildung gewesen zu sein. Dann sah er es. Seine Augen hatten sich bereits soweit an die Dunkelheit gewöhnt, dass er eine Bewegung an der Tür wahrnahm. Alan setzte sich auf und wollte gerade das Licht einschalten, als er Fußstapfen auf sich zu rennen hörte.
Er rollte sich zur Seite und fiel aus dem Bett. Neben ihm keuchte jemand in die leeren Kissen und Laken. Ein Attentäter.
„Wachen!“, rief er. Vor der Tür sollten zwei Wachen stehen, aber wie hatte es der Attentäter überhaupt an ihnen vorbei geschafft?
Alan blieb keine Zeit zum Nachdenken. Er hörte den Fremden über das große Bett kriechen und machte sich schnell daran, zu flüchten.
Die Tür war allerdings verschlossen. Von außen verschlossen. Was hatte das zu bedeuten?
Schwere Schritte näherten sich blitzschnell von hinten. Alan sprang zur Seite und stolperte über einen Stuhl. Er fiel zu Boden und trat nach der Hand, die versuchte, seinen Fuß zu erfassen. Er konnte nun schon die Umrisse der Gestalt erkennen.
Alan griff nach seinen Stiefeln, die er nach dem Ball achtlos liegengelassen hatte. Er warf sie dem Angreifer entgegen, der wütend knurrte und vor Schreck nach hinten fiel, als das Leder ihn am Kopf traf.
Der Prinz kroch in Richtung Fenster und stand so schnell auf, wie er nur konnte. Er öffnete es und erstarrte.
Die Entfernung zum Boden ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Der Angreifer näherte sich wieder von hinten.
Alan hatte keine Zeit mehr zu zögern.
Er kletterte aus dem Fenster und krallte sich an der Palastwand fest. Er hangelte sich vorsichtig an der Fassade entlang und versuchte, mit seinen Füßen den Halt an der Wand nicht zu verlieren. Nach einem Blick zurück zum Fenster konnte er sehen, wie die Gestalt erneut die Verfolgung aufnahm.
Alan war schon fast an einer großen Eiche angekommen, dessen Ast über die Palastmauern hinweg zu seinem Fenster ragte. Er wollte sich an dem Ast festhalten, doch da sah er plötzlich eine Bewegung in der Baumkrone.
Hatte sein Verfolger etwa einen Komplizen?
Eine kräftige Hand packte ihn an der linken Schulter und er wusste sofort, dass es der Attentäter war.
Vor Schreck verlor Alan den Halt und griff um sich. Da erhaschte ihn eine weitere Hand. Er sah hoch und erblickte ein tiefblaues Augenpaar. In der Baumkrone saß eine Frau, etwa in seinem Alter. Sie hatte wunderschönes, langes, schwarzes Haar. Weitere Details konnte er nicht genau erkennen, da es zu dunkel war.
„Würdest du vielleicht endlich mal anfangen zu klettern?“, ächzte sie. „Du bist ganz schön schwer!“
Aus seiner Trance gerissen, realisierte er, dass er in der Luft hing und nur sie ihn noch oben hielt. Sein Verfolger war mit ihm abgerutscht und gefallen. Auf dem Boden waren die Umrisse mehrerer Büsche und Hecken vom Schlossgarten zu sehen, aber genaueres konnte er nicht erkennen.
Alan griff schnell nach dem dicken Ast des Baumes und stemmte sich mit den Füßen gegen den Baumstamm. Es war nicht gerade elegant, aber er schaffte es auf den Baum hinauf und saß der weiblichen Gestalt gegenüber.
„Wer seid Ihr? Wollt Ihr mich ebenfalls töten?“
Die Frau schnaubte. „Hätte ich dich gerettet, wenn ich das vorhatte? Warum redest du so geschwollen? Ich hatte angenommen, du seist ein gewöhnlicher Dieb, der vor einer Wache wegrennt“, hakte sie nach.
Alan wollte erst beleidigt protestieren und der Fremden klarmachen, mit wem sie so forsch sprach, allerdings hatte sie zugegeben, dass sie ihm nur geholfen hatte, weil sie dachte, er sei ein Dieb. Seine wahre Identität zu verraten, könnte gefährlich sein.
„Ich, nun“, begann er zögerlich, „ich bin ein Diener im Palast. Darum habe ich es mir angewöhnt, so zu reden.“
Die junge Frau legte den Kopf schief. Offenbar war sie nicht überzeugt.
„Und warum wurdest du verfolgt?“
„Weil..., weil ich etwas gestohlen habe“, erwiderte er.
Sie lachte leise. „Also bist du doch ein Dieb! Ich wusste es. Nicht böse gemeint, aber deine Kleidung lässt echt zu wünschen übrig.“
Alan fühlte sich, als hätte sie ihn geschlagen. Hatte sie etwa keine Ahnung, wie teuer dieses Nachtgewand war? Nun ja, es war schließlich ziemlich dunkel. Und selbst wenn er es nicht genau sehen konnte, sie schien sehr hübsch zu sein. Da waren ihr diese Ausrutscher einfacher zu verzeihen.
„Und warum seid Ihr hier?“
„Du“, korrigierte sie ihn, „sag' einfach du zu mir. Und wenn ich dir das sage, muss ich dich umbringen.“
Alan erbleichte und nach einer kurzen Pause prustete sie los. „Das war doch nur ein Witz. Aber wir sollten nun von hier verschwinden. Wir können uns gegenseitig an einem sichereren Ort vorstellen.“
Der Prinz schluckte schwer. Eigentlich war der Palast, sein Zuhause, immer der sicherste Ort für ihn gewesen. Nur leider hatte soeben ein Attentat auf ihn stattgefunden. Vielleicht sollte er tatsächlich mit ihr gehen. Sie hatte seine Neugierde geweckt, und dass die Wachen ihm nicht zu Hilfe gekommen waren, gab ihm ebenfalls Bedenken.
„In Ordnung. Geht voraus - ich meine... geh' voraus.“
„Du lernst es schon noch“, seufzte sie und sprang mit der Eleganz einer Katze vom Ast herunter.
Kapitel 2
Es war erstaunlich wie laut dieser Fremde war.
Anya warf ihm einen giftigen Blick zu, als er zum wiederholten Male auf einen Ast trat. Er zuckte entschuldigend mit den Schultern.
Leicht genervt machte Anya sich wieder auf den Weg. Sie hatten nach einer Weile genug Distanz zwischen sich und dem Palast gebracht und rannten schnell die dunklen Straßen entlang. Anya bedeutete dem jungen Mann nah an den Gebäudemauern zu bleiben und signalisierte ihm wann er rennen und wann stehen bleiben sollte. Zum Glück lernte er schnell.
„Brichst du eigentlich häufig in den Palast ein?“, fragte der laute Fremde.
Anya legte ihren Zeigefinger an ihre Lippen, damit er endlich Ruhe gab. Er schien ziemlich viele Fragen zu haben. Es war merkwürdig, wie er sich benahm. Auch wie er redete. Sie hatte aber keine Zeit sich damit zu befassen.
Sie half ihm dabei sich neben ihr auf ein Gebäudedach zu kauern, als sie die Wachen unter sich bemerkte. Sofort erstarrte sie, aber ihr Begleiter war tollpatschig wie eh und je. Er ächzte angestrengt, als er sich hochzog und die Wachen blickten auf.
„Stehen geblieben! Im Namen der Krone!“
„Scheiß auf die Krone“, erwiderte Anya, stand auf und sprang vom Dach auf einen der drei Wachmänner. Die anderen beiden wichen erschrocken zurück.
Anya sprintete auf den Gegner rechts von ihr zu. Er holte zum Schlag aus, aber sie duckte sich darunter hinweg und ließ ihre Faust in seine Magengrube schnellen. Mit einem Drehkick gegen seine Schläfe war auch er K.O.
Der letzte Wachmann ergriff sie von hinten. Sie schlug mit ihrem Hinterkopf gegen seine Nase und er ließ vor Schmerzen los. Anya ergriff seinen rechten Arm und warf ihn über die Schulter auf den Boden.
„Wow“, kam es von oben. „Das war echt beeindruckend.“
„Das wäre gar nicht nötig gewesen, wenn du etwas leiser gewesen wärst“, erwiderte Anya und kletterte wieder neben den Fremden auf das Dach.
„Entschuldige bitte, dass ich keine Übung darin habe auf Dächern herumzuklettern!“
„Es sei dir verziehen“, sagte sie.
Er hatte es sarkastisch gemeint, aber es war lustig diesen kleinen Dieb auf den Arm zu nehmen. Er schien leicht wütend zu werden.
„Wo lang?“, fragte er in einem beleidigten Tonfall.
Anya unterdrückte ein Grinsen und signalisierte mit einer Kopfbewegung die Richtung.
„Wir sind fast da. Bleib‘ mir dicht auf den Fersen und versuch bitte etwas leiser zu sein. Wir wollen nicht das ganze Dorf aufwecken.“
∞∞∞
Alan war kalt, außer Puste und dreckig. Um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, war er gerade dabei einer Fremden zu folgen, die bei ihm eingebrochen war und keinerlei Respekt zeigte. Sie war zwar wunderschön, aber vielleicht bildete er sich das nur ein. Er war schließlich tierisch müde und es war ziemlich dunkel.
Sie führte ihn zu einem Gasthaus. Es war bereits geschlossen, denn es war mitten in der Nacht, aber nachdem sie an die Tür klopfte, machte nach kurzer Zeit ein Mann mit großer Statur auf. Als er das Mädchen sah, trat er sofort beiseite. Seine Haltung spannte sich allerdings erneut an als er Alan erblickte.
„Beruhig‘ dich, Trevor. Er gehört zu mir“, sagte sie. Trevor grummelte etwas Unverständliches, trat aber beiseite und ließ sie beide rein. Drinnen war alles hell erleuchtet. Da die Fenster mit Holzbrettern verbarrikadiert waren, konnte kein Licht nach draußen gelangen. Das Gasthaus war voller Menschen, die Alan misstrauisch musterten. Er schluckte schwer. Wo war er bloß hineingeraten?
„Mach‘ es dir bequem.“ Sein Blick wandte sich seiner verdächtigen Retterin zu, die auf einen unbenutzten Stuhl deutete.
Die Augen des Prinzen konnten allerdings nicht von ihr ablassen. Sein erster Eindruck war richtig gewesen: Sie war wirklich bildschön.
Ihre langen schwarzen Haare fielen ihr in natürlichen Wellen bis runter zu den Hüften. Sie umrahmten ein ovales Gesicht mit großen, blauen Augen. Ihre Lippen waren voll und hatten eine gesunde, rosa Farbe.
„Was starrst du mich so an?“, fragte sie und Alan blinzelte ein paar Mal, um sich wieder einzukriegen.
„Sorry.“ Er setzte sich stumm auf den unbesetzten Stuhl und schaute in die Runde. Alle sahen wie Verbrecher aus. Was wollte diese Frau bei solchen Leuten?
„Wie heißt du?“, fragte sie ihn.
Alan überlegte kurz, ob er ihr seinen echten Namen nennen sollte, aber das war zu riskant. Seine Gedanken schwirrten umher und er nannte den ersten Namen, der ihm in den Sinn kam: „Alex.“
„Hm… Der Name passt nicht zu dir“, grinste sie. „Ich bin Anya und das hier sind meine Freunde.“ Sie deutete auf die Leute im Gasthaus. „Ich habe Alex beim Palast getroffen. Er wurde von einer Wache verfolgt, weil er etwas gestohlen hat. Ein ehemaliger Bediensteter. Vielleicht hat er Informationen, die wir verwenden können.“
Ihre „Freunde“ fingen an zu flüstern. Sie brauchten also einen Spion?
„Du bringst einen Dieb in unsere Basis?“ Trevor baute sich vor Anya auf.
„Wer in diesem Raum hat noch nie das Gesetz gebrochen? Er ist keine Bedrohung für uns“, erwiderte sie, ohne mit der Wimper zu zucken. Fast fühlte Alan sich schuldig sie so zu belügen, aber seine Sicherheit ging vor.
„Alex, wir brauchen deine Hilfe. Gib‘ uns Informationen zum Regenten und wir beschützen dich davor verhaftet zu werden. Was hat Claude vor und wie viele Männer hat er in seiner Armee?“
„Ich… Ich weiß es nicht“, sagte Alan zögerlich. Natürlich kannte er die genaue Anzahl der Wachen und Soldaten, die für ihn arbeiteten, aber das würde er einem Haufen Verbrecher ganz sicher nicht verraten.
Die Menschen im Gasthaus wurden laut. Trevor warf Anya einen vielsagenden Blick zu, aber sie achtete nicht darauf und schien in Ruhe zu überlegen.
„Das reicht!“, unterbrach sie nach einer Weile den Lärm und alle verstummten. „Es macht Sinn, dass ein Bediensteter sowas nicht weiß.“ Sie wendete sich wieder an Alan. „Trotzdem musst du doch irgendetwas nützliches gehört haben. Was genau hast du denn im Palast gemacht?“
Der junge Prinz presste die Lippen zusammen und fing an hibbelig zu werden. Er konnte nicht einfach verschwinden. Sie würden ihn verdächtigen und vielleicht sogar töten. Ihm blieb wohl nichts anderes übrig als mitzuspielen.
„Ich habe beim Putzen geholfen und das Essen zu den Tischen getragen“, sagte er.
„Großartig, er kann uns den neusten Klatsch über Frikassee und Hühnersuppe erzählen“, bellte Trevor mit aufgesetztem Humor.
Anya ignorierte ihn. „Wie sieht es mit den Vorkostern für Claude aus?“
Alan starrte sie an. Sie wollten seinen Onkel umbringen.
„Der Junge macht sich gleich ins Unterhemd“, sagte Trevor und erhielt diesmal einige zustimmende Rufe der Anwesenden.
„Hör mir gut zu, Alex“, sagte Anya und kam einen Schritt auf ihn zu. „Ich weiß, dass du nicht so blind sein kannst zu glauben, dass unser neuer Regent nur unser bestes will, wenn er unschuldige Leute einsperrt. Unser Volk stirbt und wir müssen Claude stürzen, um uns zu retten.“
„Er wird ja nicht der Regent bleiben!“, wandte Alan ein. „Der Prinz wird bereits in zwei Wochen gekrönt.“ Natürlich behielt er für sich, dass er wenige Stunden zuvor überlegt hatte, seinem Onkel den Job zu überlassen.
Beunruhigte Blicke wurden einander zugeworfen.
„Das wird Claude wohl kaum zulassen. Ich hatte heute am Palast eigentlich vor den Prinzen zu beschützen, aber wahrscheinlich ist es dafür jetzt zu spät.“
„Was meinst du damit?“ Alan verstand kein Wort. Anya, eine junge Rebellin, hatte vor ihn zu beschützen? Sie wusste von dem Attentäter?
„Im Palast scheinen selbst die Bediensteten nicht gut genug informiert zu sein. Der Onkel des Prinzen wird versuchen ihn zu ermorden“, sagte ein älterer Mann, der sich bisher aus der Unterhaltung rausgehalten hatte.
„Das… Das ist unmöglich! Wie kommt ihr darauf?!“
„Weil“, sagte Anya, „er bereits das vorherige Königspaar umgebracht hat.“
Kapitel 3
Estopia
Wüste der Vergessenen
Am Morgen des 19.09.4078
Zane rieb sich den Schlaf aus den Augen. Die Hitze der Wüste drang selbst im Untergrund in sein Zimmer und sein Körper fühlte sich schwer an. Er seufzte und legte einen Unterarm über seine Augen. Lange würde er nicht mehr liegen bleiben können. Seine Arbeit im Untergrund war eine Pflicht dem König gegenüber und er kannte es nicht anders als Befehlen zu folgen.
„Zane“, rief Khan, sein bester Freund, vom Flur aus durch die geschlossene Tür, „steh‘ endlich auf! Du bist spät dran!“
„Ist ja gut.“ Er setzte sich auf und fühlte Schweiß seinen Nacken herunterlaufen. Ein kleiner Saugroboter schwebte geräuschlos einige Zentimeter über dem Boden an ihm vorbei.
Cyrus, der jüngste Techniker aus Einheit 46, hatte ihn Zane geschenkt.
Der Eimer mit Eiswasser in der Zimmerecke war bereits lauwarm, aber besser als nichts. Zane wusch sich das Gesicht und kühlte seinen nackten Oberkörper ab. Aus seinem Schrank griff er das erste T-Shirt, das er in die Finger bekam und zog es sich über. Khan wartete nicht gerne.
Die Tür zum Flur öffnete sich mit einem gedämpften Zischen. An der Wand gegenüber lehnte Khan. Er hatte kurze, schwarze Haare und dunkle Haut. Seine braunen Augen musterten Zane belustigt.
„Jeden Morgen ist es das gleiche mit dir“, sagte er und legte ihm seinen Arm um die Schultern.
„Ich werde mich wohl nie an diese Hitze gewöhnen.“
„Weißt du, ich habe nie verstanden, warum Cy seinen technischen Krims-Krams nicht nutzen kann, um uns ordentliche Klimaanlagen anzubringen.“
Zane schüttelte den Kopf. Der König finanzierte sie besser als seine restlichen Untertanen, aber er sah es nicht gerne, wenn das Geld für Dinge genutzt wurde, die nichts mit Waffen zu tun hatten.
Sie liefen den langen Flur aus Metall und Chrom entlang und die Lampen an den Wänden schalteten sich eine nach der anderen ein.
Der Untergrund war eine Eisenkuppel in der Wüste südlich von Canary City. Mehrere Tunnel führten bis zu 100 Meter in die Tiefe und bildeten die Einheiten der Königsfamilie. Jede Einheit kümmerte sich um Denk- und Knochenarbeiten, für die die Leute in der Hauptstadt nicht qualifiziert genug oder aber zu faul waren.
Zane gehörte zu der Armee des Königs und bildete Ex-Verbrecher in Einheit 46 aus, sodass sie im Falle eines Krieges für die Krone kämpfen konnten. Ihnen blieb entweder das oder der Tod.
Khan war der Anführer der Einheit und ein hervorragender Kämpfer.
„Wir frühstücken heute später. Geh‘ erst mal zu Cy und hol‘ die Waffen für die neuen Rekruten“, sagte er.
„Wie du meinst, Boss“, erwiderte Zane und salutierte knapp. Gerade als er gehen wollte hielt Khan ihn an der Schulter fest.
„Du weißt, was Brannigan und der Rest von uns denkt: Du solltest Anführer der Einheit sein.“
Zane seufzte auf und schob die Hand seines Freundes weg.
„Und ihr wisst, wie ich darüber denke“, erwiderte er. „Ich bin kein Anführer.“
Khan verdrehte die Augen. „Das glaubst aber nur du. Du bist der geborene Anführer.“
„Reden wir ein anderes Mal darüber“, sagte Zane und machte sich auf den Weg zu Cyrus‘ Werkstatt. Seine Freunde und der Kommandant des Untergrunds machten kein Geheimnis daraus, was sie von ihm hielten. Sie alle sahen ihn bereits als denjenigen, der die Befehle geben sollte. Er selbst hatte sich allerdings noch nie so gesehen. Zane betrat den hell erleuchteten Raum, in dem Cyrus praktisch lebte. Er arbeitete, schlief und aß hier.
„Guten Morgen, Cyrus.“
Der junge Techniker saß an seinem Schreibtisch und zeichnete einen Plan für seine neueste Erfindung. Er drehte sich um und grinste bis über beide Ohren.
„Ist es ein guter Morgen? Dein Gesicht sagt etwas anderes“, neckte er.
„Provozier‘ mich nicht auch noch!“ Zane lief durch den staubigen Raum, indem Metall, Maschinen und Werkzeug überall verteilt lagen. Er ließ sich auf einen Hover-Stuhl fallen und beugte sich zu Cyrus vor.
„Woran arbeitest du gerade?“
„Das ist noch streng geheim“, antwortete der Techniker und pustete sich eine rote Haarlocke von der Stirn. „Wärst du der Anführer dürfte ich es dir allerdings sagen.“ Seine grünen Augen blitzten herausfordernd.
Zane stöhnte genervt auf. „Nicht du auch noch!“
Cyrus hob beschwichtigend die Hände. „Ey, schon gut! Ich mein‘ ja nur...“
„Behalt‘ deine Meinung das nächste Mal bitte für dich“, gab Zane zurück und stand auf. „Ich bin hier, um die Waffen für die neuen Rekruten abzuholen.“
„Kein Problem, die liegen da drüben auf dem Tisch.“ Er deutete in eine Richtung, wo Zane auch schon die Elektropfeile und Schusswaffen entdeckte.
„Ich habe gehört, dass heute einige harte Brocken dabei sind“, bemerkte Cyrus, während er weiterhin auf dem Plan herumkritzelte.
Zane nahm eine X-800 in die Hand und richtete die Waffe auf die Wand. „Ist mir egal. Sie werden sich so oder so unterwerfen.“ Er wog das schwere Metall in der rechten Hand ab und studierte ihren Lauf. Erstklassige Qualität.
„Sei einfach vorsichtig“, bat der Rothaarige ihn. „Wir brauchen dich hier.“
„Ich werd‘ schon nicht sterben. Das passiert mir nicht so leicht.“ Er stellte sicher, dass alle Waffen gesichert waren und packte sie in einen Rucksack ein, den er trotz des schweren Gewichts leicht schulterte. „Wir sehen uns!“
Zane machte sich auf den Weg zur Trainingshalle. Ein Street-Shuttle würde bald eintreffen und die neuen Rekruten abladen.
Khan stand ganz vorne und musterte die Rekruten, mit denen sie bereits seit Monaten trainierten. Sie waren noch grün hinter den Ohren, hatten aber schon viel gelernt.
„Ihr alle wisst, wie ihr euch benommen habt, nachdem ihr hierhergebracht wurdet“, begann Khan seine Rede, „und mindestens der gleiche Grad an Widerstand ist auch heute von den Neuen zu erwarten.“
Zane stellte sich neben seinen besten Freund und ließ den Rucksack auf den Boden fallen.
„Ich möchte, dass jeder von euch bereit ist einzugreifen, wenn die Neuen anfangen Ärger zu machen. Ist das klar?!“
„Ja, Sir!“, riefen sie zurück.
Die Armee trug im Untergrund nie eine Rüstung. Wer sich nicht verteidigen konnte und an Verletzungen starb, war zu schwach, um sich einen Platz in der Armee des Königs zu verdienen. So lauteten die Regeln. Sollte einmal ein Krieg ausbrechen, dann würde Cyrus für ihre Ausstattung verantwortlich sein, aber bis dahin hieß es: Nur die Stärksten überleben.
Der Street-Shuttle kam durch einen der Tunnel in die Trainingshalle geschossen und blieb einige Meter hinter Zane und Khan stehen. Die beiden drehten sich zu ihm um und hielten ihren Blick auf die Tür gerichtet.
Der erste, der ausstieg, war ein Wachmann des Königs. Er nickte Zane und seinem besten Freund kurz zu und stellte sich links neben die Tür. Eine zweite Wache stellte sich rechts daneben.
Die Verbrecher hatten elektrische Handschellen um und kamen mit düsteren Gesichtsausdrücken aus dem Shuttle. Sie stellten sich in einer Reihe vor Zane und Khan auf.
„Nehmt ihnen die Handschellen ab“, wies Khan die Wachmänner an. Die Verbrecher und alle zehn Wachen starrten ihn ungläubig an.
„Sir, diese Männer sind anders als die vorherigen.“
„Tut einfach, was er sagt“, gab Zane zurück.
Nach wenigen Augenblicken nickte der befehlshabende Wachmann seinem Kollegen zu. Dieser hob die Fernbedienung und schaltete die Handschellen ab. Sie öffneten sich und fielen zu Boden.
Es waren um die zwanzig Verbrecher. Sie alle fingen an zu brüllen und stürmten auf Zane und seinen besten Freund zu.
Khan schwang den ersten in die Luft und warf ihn auf einen zweiten Angreifer. Mit dem Fuß trat er in den Magen eines Dritten.
Zane fing die Faust eines Mannes ab und verdrehte sie, sodass er zu Boden ging. Sein Knie schnellte gegen das Kinn des Verbrechers und er fiel um.
Der zweite Angreifer wurde mit einem Schlag gegen die Schläfe außer Gefecht gesetzt. Zane sprang hoch und schaltete mit einem Drehtritt gleich zwei Männer auf einmal aus.
Auch die anderen Rekruten hatten sich in den Kampf geworfen und die Neuzugänge ohne Probleme kampfunfähig gemacht.
„Sie können jetzt abziehen, Gentlemen“, wandte Zane sich an die zehn Wachmänner. „Wir haben die Situation unter Kontrolle. Genau das könnt ihr auch dem König sagen.“
Kapitel 4
Estopia
Canary City
Nach Anbruch des nächsten Tages (19.09.4078)
Alan, jetzt unter dem Namen Alex bekannt, spürte wie ihm die Luft aus den Lungen entwich. Seine Augen waren vor Schock geweitet und er bekam keinen Ton heraus. Sein eigener Onkel soll seine Eltern umgebracht haben? Das konnte nicht stimmen! Sie waren an einer Krankheit gestorben! Diese Anschuldigung war des Todes würdig.
„Was starrst du schon wieder so?“, fragte Anya. „Glaubst du mir etwa nicht?“
Alex musste sich beruhigen. Das wusste er. Er könnte niemals diese Frau und all ihre Verbündeten in einem Kampf besiegen, aber er war zu empört, um seinen Zorn vollständig in Zaum zu halten.
„Du weißt doch nichts von dem, was im Palast vor sich geht! Wie kannst du es wagen, einfach so jemanden des Mordes zu beschuldigen?“
Trevor ging einen Schritt auf Alex zu, aber Anya hielt ihn zurück.
„Er weiß es nicht besser“, sagte sie. „Er hat wahrscheinlich sein ganzes Leben lang im Palast gedient und ist es gewohnt unterwürfig zu sein.“
„Das macht ihn nur noch gefährlicher für uns! Er muss verschwinden!“
Anya seufzte und musterte Alex ausgiebig.
„Gebt mir einen Tag“, bat sie. „Ich werde ihm alles erklären und wenn er dann immer noch gegen uns ist, werde ich ihn persönlich fortjagen.“
Trevor schnaubte verächtlich. „Dann weiß er schon zu viel! Nachdem du ihm alles über uns erzählt hast, kann er nicht lebend von hier verschwinden.“
Die anderen Anwesenden stimmten Trevor lauthals zu.
Alex wusste, dass dies sein letzter Tag sein könnte. Vielleicht würde er schon bald bei seiner Mutter sein und sie persönlich nach der Wahrheit fragen können.
Anya hielt Trevors Blick stand und richtete sich auf. „Ich würde niemals etwas tun, dass unsere Leute gefährdet. Aber wir brauchen diesen Jungen. Ich habe es im Gefühl.“
Die Lage war angespannt und Alex verstand nicht, warum diese Fremde ihn so in Schutz nahm. Er wollte ihren Worten auf keinen Fall Glauben schenken, aber wenn er Claude zu stark verteidigte, würden die Rebellen vielleicht seine wahre Identität erraten. Er musste vorerst wohl mitspielen.
Außerdem war es schon merkwürdig, dass ihm beim Attentat niemand zur Hilfe gekommen war. Waren die Wachen bereits ausgeschaltet worden oder hatte sie jemand woanders stationiert?
Alex schüttelte den Kopf. Es war lächerlich seinen eigenen Onkel zu verdächtigen. Immerhin hatte Alex ihn sein ganzes Leben lang gekannt und Anya war eine Verbrecherin, die er erst vor kurzem getroffen hatte.
Trevor grummelte etwas Unverständliches und trat einen Schritt zurück. „Dann ist er Teil deiner Verantwortung“, stimmte er Anya schließlich zu und sie nickte zufrieden.
Sie richtete ihren Blick auf Alex. „Folge mir. Wir gehen in die Stadt.“
Bevor er ihr antworten konnte, lief sie voraus und verließ das Gasthaus. Alex zögerte, aber konnte den feindseligen Blicken der restlichen Rebellen nicht lange standhalten, also ging er mit ihr hinaus.
Die Sonne war mittlerweile aufgegangen und die Straßen begannen sich zu füllen. Ein Kind schrie in der Ferne, dass es Süßigkeiten wollte, und Standbesitzer scheuchten Bettler davon. Der Geruch nach Schweiß und frisch gebackenem Brot vermischte sich.
Alles war so fremd für Alex, dass er innehielt und sich zunächst orientieren musste. Er war noch nie zuvor in der Stadt gewesen und besonders nicht in diesem Stadtteil. Sie befanden sich im Bronze Distrikt, der im Gegensatz zum Golden Distrikt für die ärmeren Bürger bestimmt war. Die Hitze des Tages brannte ihm auf dem Kopf und er machte sich Sorgen einen Sonnenbrand zu bekommen.
„Willst du da ewig so rumstehen?“, fragte Anya genervt, die schon einige Schritte weitergelaufen war.
„Nein, ich komme!“ Alex holte sie ein und lief neben ihr her.
Sie grüßte die Menschen beim Vorbeigehen und schien allseits beliebt zu sein. Alex fragte sich, wie sie in diesem Alter bereits so hoch angesehen sein konnte. Er war der Prinz und seine Untertanen kannten noch nicht einmal sein Gesicht.
„Wie kommt es eigentlich, dass du eine Gruppe von Rebellen anführst?“, fragte er sie schließlich.
„Schau' dich doch um. Die Dorfbewohner leben in Armut, aber sind selbst zu schwach, um zu kämpfen. Irgendjemand muss etwas dagegen tun.“
„Also hast du diese Truppe aufgestellt?“, hakte Alex nach.
„Nein, nicht allein. Unser Anführer hat mir geholfen.“
„Ich dachte, du bist die Anführerin“, sagte Alex verwirrt und Anya warf ihm einen schnellen Blick zu, ohne anzuhalten.
„Zweite Anführerin. Ich vertrete Jack, während er fort ist.“
Jack. Der Name war nun zum ersten Mal gefallen und Alex konnte sich niemanden darunter vorstellen. Anya schien aber viel von ihm zu halten.
„Er ist fort? Wo ist er denn?“
Plötzlich hielt sie an und packte ihn am Arm. Ihre Augen bohrten sich in seine. „Warum willst du das wissen?“ Es lag etwas wie Verletzlichkeit in ihrem Blick und Alex zuckte bloß mit den Schultern, da ihm kein guter Grund einfiel.
Sie biss die Zähne zusammen. „Jack ist momentan nicht hier, aber er wird zurückkommen. Alles weitere geht dich nichts an.“
„Ist ja gut! Ich wollte nur Konversation betreiben!“
Anyas Blick wurde wieder weicher und sie ließ Alex los. Sie bedeutete ihm, ihr weiter zu folgen. Damit war dann auch klar, dass der Name Jack ein rotes Tuch für sie war. Vielleicht auch für die anderen Rebellen. Aber das spornte Alex' Neugier nur noch mehr an. Von jemand anderem würde er schon mehr erfahren, aber jetzt musste er sich zunächst auf Anya konzentrieren.
Sie sahen die ein oder andere Drohne am Himmel entlang fliegen. Anya hielt ihren Kopf gesenkt, bis die Luft wieder rein war. Alex tat es ihr gleich. Da er bisher noch nicht wusste, wer für den versuchten Attentat auf ihn verantwortlich war, wollte er zunächst einmal nicht riskieren, entdeckt zu werden.
Die beiden kamen an einer Kreuzung an und Anya schob Alex in eine Gasse. Sie presste sich an die Gebäudewand und schaute zur anderen Straßenseite hinüber. Sie bedeutete Alex ihrem Beispiel zu folgen.
Der Plattenladen, den die beiden nun beäugten, hatte dreckige Schaufenster und sah so aus, als hätte er seit Ewigkeiten keine Käufer mehr gesehen. Kein Wunder, denn heutzutage hörte sich niemand mehr Musik mit einem Plattenspieler an.
Eine Weile passierte nichts und Alex wollte schon fragen, worauf sie hier warteten, als plötzlich eine Gruppe Wachmänner den Laden betrat.
Ganz vorne war niemand anderes als der Hauptmann. Sir Connor war der loyalste Krieger aus Claudes Stadtwache und auch der beste unter den Schwertkämpfern.
Alex hatte ihm einst eine Medaille überreicht und fragte sich, ob Connor ihn wiedererkennen würde.
Er beobachtete, wie der Ladenbesitzer die Wachmänner begrüßte und sich mehrmals verbeugte. Auf einmal griff Connor nach seinem Kragen und zog den Ladenbesitzer über den Tresen.
„Was soll das? Was hat er verbrochen?“, rief Alex schockiert aus.
Anya zog die Augenbrauen zu einem finsteren Gesichtsausdruck zusammen. „Was alle hier verbrochen haben. Er kann die Steuern nicht zahlen.“
„Wir warten immer noch auf deinen Beitrag, alter Mann!“, bellte Sir Connor.
Der Ladenbesitzer klammerte sich am Arm des Wachmannes fest „Bitte gebt mir etwas mehr Zeit! Ich werde bezahlen, sobald ich das Geld habe!“
„Mit den Zinsen, die du dem König bereits schuldest, müsstest du das Vierfache bezahlen. Ich glaube nicht, dass die Krone die nötige Geduld dafür hat.“
„Bitte“, bettelte der Ladenbesitzer, „ich bekomme das Geld irgendwie. Ich verspreche es!“
„Deine Versprechen sind mir nichts wert.“
Alex musste mit Entsetzen zuschauen, wie Sir Connor dem armen Mann einen Kinnhaken verpasste, sodass er gegen ein Regal knallte. Zahlreiche Plattenspieler gingen zu Bruch.
„Wir müssen ihm helfen!“, zischte Alex.
Anya nickte. „Ja und da kommst du ins Spiel.“
Alex starrte sie mit offenem Mund an. „Ich? Was soll ich denn gegen die Wachen ausrichten?“
Anya packte ihn an den Schultern und drückte ihn gegen die Wand.
„Meine Freunde trauen dir nicht. Wenn du uns beitreten und unter unserem Schutz stehen willst, dann musst du dich beweisen.“
Alex schluckte schwer. „Aber wie?“
„Ich klettere auf das Dach und verschaffe mir Zutritt durch ein Fenster. Dann kann ich Connor und seine Leute von oben überraschen. Du wirst sie ablenken, wenn ich in Position bin.“
Der Plan war wohl so gut wie es die Situation momentan erlaubte und sie hatten nicht viel Zeit. Der arme Ladenbesitzer war bereits blutig und Alex wusste nicht, wie lange er durchhalten würde. Also nickte er knapp und Anya schnellte auf die andere Straßenseite, bevor sie an der Gebäudewand hochsprang.
Jetzt musste Alex nur noch ein Ablenkungsmanöver hinlegen, ohne dass seine Identität aufflog. Er sah sich hektisch um und sein Blick fiel auf einen Plattenspieler direkt neben der Eingangstür.
Er lief geduckt auf den Laden zu und kauerte sich neben der Tür hin.
Die Wachen waren so mit dem Ladenbesitzer beschäftigt, dass sie es nicht merkten, als Alex auf dem Boden zum Tisch mit dem Plattenspieler robbte.
Er legte eine Platte auf und sah zur Treppe, die zum Obergeschoss des Ladens führte. Dort war Anya und nickte ihm zu. Das war das Zeichen.
Alex schaltete den Plattenspieler an und drehte die Lautstärke hoch. Danach schmiss er sich erneut auf den Boden, um hinter dem Tisch nicht entdeckt zu werden. Er hörte Gebrüll und Krachen, dann war es still.
„Du kannst rauskommen, Kleiner!“, rief Anya ihm zu.
Alex richtete sich auf und sah die Wachen bewusstlos auf dem Boden liegen.
Anya kniete sich vor dem Ladenbesitzer hin. „Mr. Todd, können Sie mich hören?“
Der Mann blinzelte mehrmals. Sein Gesicht war schrecklich geschwollen.
„Miss Anya? Sind Sie das?“
„Ja, mein Freund und ich sind hier, um Ihnen zu helfen“, sagte sie.
Alex kam auf die beiden zu. Er fühlte sich verantwortlich für das Unglück des Mannes. Als zukünftiger Regent sollte er wissen, was sein Volk ertrug. Es war ihm nur leider bisher egal gewesen. Er zuckte zusammen, als er diese Wahrheit realisierte.
Aber vielleicht konnte er mehr für seine Untertanen tun, wenn er sich den Rebellen anschloss. Als Regent hatte er sich noch nie mächtig gefühlt oder so als hätte er Kontrolle über sein Leben. Es war das erste Mal, dass er jemandem hatte helfen können.
„Wir müssen hier weg. Sofort!“, rief Anya aus.
Alex folgte ihrem Blick und entdeckte eine Drohne in der Eingangstür zum Laden.
„Mist“, fluchte er und half Anya dabei Mr. Todd zu tragen. Sie stürzten durch die Hintertür in eine Gasse. Anya gab die Richtung an und führte sie durch zahlreiche Seitenstraßen und leerstehende Häuser. Sie kletterten durch Fenster und drückten sich hinter Läden an den Wänden entlang.
Ihr Tempo war durch den verletzten Mr. Todd ziemlich gedrosselt, aber Anya kannte die Stadt eindeutig besser als jeder andere.
Das Gasthaus war nur noch wenige Meter entfernt. Sie eilten darauf zu, so schnell wie der schnaufende Mr. Todd es ihnen erlaubte und fielen durch die Hintertür ins Gebäude.
„Was zum Teufel?!“, rief Trevor aus, der im düsteren Raum von einem Hocker aufsprang.
Alex war schweißgebadet und sah eine Handvoll der Rebellen im Versteck, die sie alle überrascht anstarrten.
Anya war als erstes wieder auf den Beinen. „Wir haben Mr. Todd gerettet.“
Mit einem Lächeln in Alex‘ Richtung fügte sie hinzu: „Ohne den Neuling hätte ich’s nicht geschafft.“
Trevor wirkte alles andere als glücklich darüber. Er näherte sich Alex mit verschränkten Armen.
„Ich behalte dich im Auge, Bursche.“
„Ebenso.“ Alex zwang sich dem Blick des Riesen standzuhalten. Aber es war nicht einfach tapfer zu wirken, während man auf dem dreckigen Boden lag.
Anya schubste Trevor schließlich zur Seite und reichte Alex die Hand. „Willkommen bei den Rebellen.“
Der junge Prinz erwiderte das Lächeln und nahm ihre Hand entgegen.
Kapitel 5
Estopia
Canary City
Sonnenuntergang (20.09.4078)
Anya schnitzte die Spitze eines Speers scharf und hob ihren Blick, als Alex erneut auf seinem Hinterteil landete.
„Du musst mehr auf deine Deckung achten!“, sagte sie.
Er warf ihr einen trotzigen Blick zu.
Nachdem sie es am vorherigen Morgen zurück ins Gasthaus geschafft hatten, mussten sie Mr. Todd verarzten. Das ging nur in ihrer Basis, also hatten sie das Weinregal beiseitegeschoben und Alex die Treppe hinuntergeführt.
Hier war das wahre Versteck der Rebellen.
Kammern mit Waffen, Notfallverpflegung und Medizin waren am Ende des großen Raumes. Die offene Fläche hier wurde hauptsächlich als Trainingsplatz genutzt. Oder als Geheimbasis, falls die Wachen das Gasthaus durchsuchen sollten.
Nick hatte sich bereit erklärt mit Alex zu trainieren. Er war einer der A-Class Kämpfer und somit einer ihrer besten. Zudem war er ein besserer Lehrer als Anya. Sie wusste, dass ihr die nötige Geduld dazu fehlte.
„Nimm die Fäuste hoch“, wies Nick Alex an. „Du musst deinen Kopf schützen. Ein Hieb gegen deine Schläfe und du fällst direkt in dein Grab.“
„Und wie soll ich den Rest meines Körpers schützen, wenn meine Fäuste vor meinem Gesicht sein sollen?“
„Ausweichen“, erwiderte Nick knapp.
Es war unfassbar wie wenig der Knabe aus dem Palast wusste. Aber von einem ehemaligen Bediensteten konnte man wohl keine großartigen Kampftechniken erwarten.
„Versuch an deinen Reflexen zu arbeiten“, meinte Anya und stand von dem Fass auf, auf dem sie sich niedergelassen hatte. Sie ließ den Speer auf den Boden fallen und ging auf Nick zu. „Wollen wir ihm mal einen ordentlichen Kampf zeigen?“
Nick warf den Kopf in den Nacken und seufzte schwer. „Muss das sein?“
„Jetzt stell dich nicht so an!“
„Ich hab‘ immer noch blaue Flecken von unserem letzten Kampf“, murrte Nick, begab sich aber in Kampfstellung.
„Gut, dann gibst du dir dieses Mal vielleicht mehr Mühe mir auszuweichen.“
Alex setzte sich auf das Fass, das Anya zuvor besetzt hatte und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. Ihm schien das Zuschauen eindeutig mehr zu gefallen als selber zu kämpfen.
Anya machte sich bereit und fokussierte sich auf ihren Gegner.
Nick war so alt wie sie, aber nicht so schnell. Als er auf sie zu sprintete sah sie die Attacke bereits kommen und duckte sich unter seiner Faust hinweg.
Sie griff seinen Arm und nutzte sein Momentum, um ihn auf den Boden zu werfen. Er sprang geschmeidig wieder auf die Füße und ließ mehrere Schläge fliegen, die Anya mit ihren Oberarmen abwehrte.
Nick versuchte es mit einem Drehtritt, aber Anya beugte ihren Oberkörper zurück, sodass sein Fuß knapp über ihrem Gesicht vorbeiflog.
Sie schnellte auf ihn zu und schlug ihm in den Magen.