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Dies ist die illustrierte Version dieses Klassikers. Die belgische Kleinstadt Quiquendone, besteht seit 800 Jahren, hat 2393 Einwohner und liegt 15,25 km südöstlich von Brügge in Flandern an der Vaar, einem Nebenfluss der Schelde. Von dem Naturwissenschaftler Dr. Ox wird sie wegen des phlegmatischen Charakters ihrer Einwohner zum Schauplatz eines ungewöhnlichen Experiments ausgewählt. Dieser hat für eine Gasbeleuchtung in der gesamten Stadt Rohre verlegt. Die Gasbeleuchtung soll mit Knallgas, einer Mischung aus Wasserstoff und Sauerstoff betrieben werden. Mit seinem Diener Gédéon Ygène plant er die Einwohner des Ortes zu Versuchskaninchen zu machen .... (aus wikipedia.de)
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Seitenzahl: 108
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Eine Idee des Doctor Ox
Jules Verne
Inhalt:
Jules Verne – Biografie und Bibliografie
Eine Idee des Doctor Ox
Erstes Capitel, dem zufolge es unmöglich ist, die kleine Stadt Quiquendone selbst auf den hellen Karten zu finden.
Zweites Capitel, in dem sich der Bürgermeister von Tricasse und Rath Niklausse über städtische Angelegenheiten unterhalten.
Drittes Capitel, in dem der Commissar Bassalaus einen ebenso unerwarteten als geräuschvollen Einzug hält.
Viertes Capitel, in dem sich Doctor Ox als Physiolog ersten Ruges und als kühner Experimentator erweist.
Fünftes Capitel, in welchem Bürgermeister und Rath dem Doctor Ox einen Besuch abstatten, und was sich darauf zuträgt.
Sechstes Capitel, in dem Frantz Niklausse und Suzel von Tricasse Zukunftspläne schmieden.
Siebentes Capitel, in dem das Andante zum Allegro, und das Allegro zum Vivace.
Achtes Capitel, in dem der antike, feierliche, deutsche Walzer sich in einem raschen Wirbel umwandelt.
Neuntes Capitel, in dem Doctor Ox und sein Famulus Ygen sich nur wenige Worte zu sagen haben.
Zehntes Capitel, in dem man sehen wird, wie die Epidemie in der ganzen Stadt um sich greift, und welch wunderbare Wirkung sich hervorbringt.
Elftes Capitel, in dem die Quiquendonianer einen heroischen Entschluß machen.
Zwölftes Capitel, in dem der Famulus Ygen eine vernünftige Meinung äußert, die aber von Doctor Ox energisch zurückgewiesen wird.
Dreizehntes Capitel, in dem noch einmal bewiesen wird, daß man, von einem erhabenen Standpunkt aus, alle Erbärmlichkeiten des menschlichen Lebens beherrscht.
Vierzehntes Capitel, in dem die Dinge so weit getrieben werden, daß die Einwohner von Quiquendone, die Leser und sogar der Verfasser auf sofortige Lösung dringen.
Fünfzehntes Capitel, in dem endlich die Lösung erfolgt.
Sechzehntes Capitel, in dem der intelligente Leser sieht, daß er, trotz aller Vorsichtsmaßregeln des Verfessers, recht gerathen hatte.
Siebenzehntes Capitel, in dem Theorie des Doctor Ox erklärt wird.
Eine Idee des Doktor Ox, Jules Verne
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849613815
www.jazzybee-verlag.de
Cover Design: © Can Stock Photo Inc. / Angelique
Franz. Schriftsteller, geb. 8. Febr. 1828 in Nantes, gest. 24. März 1905 in Amiens, studierte in Paris die Rechte, muß sich aber schon früh auch den Naturwissenschaften zugewandt haben, denn gleich sein erster Roman, der die Reihe jener originellen, eine völlig neue Gattung begründenden Produkte Vernes eröffnete: »Cinq semainesen ballon« (1863), zeugt von jenem Studium. Der Erfolg, dessen sich diese Schöpfung erfreute, bestimmte ihn, die dramatische Laufbahn, mit der er sich bereits durch mehrere »Comédies« und Operntexte vertraut gemacht hatte, zu verlassen und sich ausschließlich dem phantastisch-naturwissenschaftlichen Roman zu widmen. V. führt seine Leser auf den abenteuerlichsten, stets aber physikalisch motivierten Fahrten nach dem Monde, um den Mond, nach dem Mittelpunkte der Erde, »20,000 Meilen« unter das Meer, auf das Eis des Nordens, auf den Schnee des Montblanc, durch die Sonnenwelt etc., und man kann nicht leugnen, daß er es verstand, die ernste Lehre, wenigstens die große Fülle seiner realen Kenntnisse, mit dem Faden der poetischen Fiktion geschickt zu verweben und dem unkundigen Leser eine gewisse Anschauung von naturwissenschaftlichen Dingen und Fragen spielend beizubringen. Wir nennen hier seine »Aventures du capitaine Hatteras« (1867), »Les enfants du capitaine Grant«, »La découverte de la terre« (1870), »Voyage autour du monde en 80 jours« (1872), »Le docteur Ox« (1874), »Un hivernage dans le glâces«, »Michel Strogoff (Moscou, Ireoutsk)«, »Un capitaine de 15 aus«, »Les Indes noires« (1875), »La maison à vapeur«, »Mathias Sandorf« (1887), »Claudius Bombarnai«, »Le Château des Carpathes« (1892), alle bereits in vielen Ausgaben erschienen und von der Lesewelt verschlungen, auch meist ins Deutsche übersetzt und in Form von Ausstattungsstücken mit nicht geringem Erfolg auf die Bühne gebracht (vgl. »Les voyages an théâtre« von V. und A.Dennery). Die »Œuvres complètes«
Vernes erschienen 1878 in 34 Bänden (illustrierte Ausg. 15 Bde.).
Romane:
Fünf Wochen im Ballon. 1875
Reise zum Mittelpunkt der Erde. 1873
Von der Erde zum Mond. 1873
Abenteuer des Kapitän Hatteras. 1875
Die Kinder des Kapitän Grant. 1875
Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer. 1874
Reise um den Mond. 1873
Eine schwimmende Stadt. 1875
Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika. 1875
Das Land der Pelze. 1875
Reise um die Erde in 80 Tagen. 1873
Die geheimnisvolle Insel. 1875 und 1876
Der Chancellor. 1875
Der Kurier des Zaren. 1876
Reise durch die Sonnenwelt. 1878
Die Stadt unter der Erde. 1878
Ein Kapitän von 15 Jahren. 1879
Die 500 Millionen der Begum. 1880
Die Leiden eines Chinesen in China. 1880
Das Dampfhaus. 1881
Die „Jangada“. 1882
Die Schule der Robinsons. 1885
Der grüne Strahl. 1885
Keraban der Starrkopf. 1885
Der Südstern oder Das Land der Diamanten. 1886
Der Archipel in Flammen. 1886
Mathias Sandorf. 1887
Ein Lotterie-Los. 1887
Robur der Sieger. 1887
Nord gegen Süd. 1888
Zwei Jahre Ferien. 1889
Die Familie ohne Namen. 1891
Kein Durcheinander. 1891
Cäsar Cascabel. 1891
Mistress Branican. 1891
Das Karpatenschloss. 1893
Claudius Bombarnac. 1893
Der Findling. 1894
Meister Antifers wunderbare Abenteuer. 1894
Die Propellerinsel. 1895
Vor der Flagge des Vaterlandes. 1896
Clovis Dardentor. 1896
Die Eissphinx. 1897
Der stolze Orinoco. 1898
Das Testament eines Exzentrischen. 1899
Das zweite Vaterland. 1901
Das Dorf in den Lüften.1901
Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin.1901
Die Gebrüder Kip 1903
Reisestipendien. 1903
Ein Drama in Livland. 1904
Der Herr der Welt. 1904
Der Einbruch des Meeres. 1905
Wenn Ihr Euch daran macht, auf einer älteren oder neueren Karte von Flandern die kleine Sadt Quiquendone aufzusuchen, wird Eure Mühe sich wahrscheinlich als vergeblich erweisen. Ist Quiquendone denn vom Erdboden verschwunden? Nein. Eine Stadt der Zukunft vielleicht? Auch das nicht. Sie existirt den Handbüchern der Geographie zum Trotz und zwar schon seit acht- oder neunhundert Jahren: ja, sie zählt sogar 2393 Seelen, wenn man jedem ihrer Bewohner eine Seele zuerkennen will. Quiquendone erstreckt sich dreizehn und ein halb Kilometer nordwestlich von Audenarde und fünfzehn und ein Viertel Kilometer südöstlich von Bruges, mitten in Flandern. Die Stadt liegt an dem Vaar, einem kleinen Nebenfluß der Schelde, über den drei Brücken hinwegführen, die sämmtlich nach alterthümlicher Weise überdacht sind.
Als Merkwürdigkeiten der Stadt sind zu nennen ein altes Schloß, dessen Grundstein vom Grafen Balduin, dem zukünftigen Kaiser von Constantinopel, gelegt wurde, und ein Rathhaus mit gothischen Bogenfenstern, das von Zinnen gekrönt und von einer dreihundertsiebenundfünfzig Fuß hohen Warte mit Thürmchen überragt wird.
Suzel überreichte ihrem Vater die Pfeife. (S. 13.)
Man hört hier jede Stunde ein Glockenspiel von fünf Octaven, ein förmliches Luftclavier, das einen noch größeren Ruf hat, als das Glockenspiel in Bruges. Die Fremden – wenn nämlich überhaupt Fremde nach Quiquendone kommen – verlassen die Stadt nicht, ohne sich den Saal der Stadthonder angesehen zu haben, der mit einem Bilde von Brandon geschmückt ist, das Wilhelm von Nassau in Lebensgröße darstellt: ferner besuchen sie das Empor der Kirche Saint-Magloire, ein Meisterwerk der Baukunst aus dem sechzehnten Jahrhundert, den schmiedeeisernen Brunnen, der mitten auf dem großen Platze Saint-Ernuph ausgegraben ist, und dessen wundervolle Verzierung man dem Maler und Grobschmied Quentin Metsys verdankt, und endlich ein Grabmal der Maria von Burgund (Tochter Karl's des Kühnen), das ihr hier errichtet ist, obgleich sie jetzt in der Notre-Dame-Kirche zu Bruges ruht. Als Hauptindustriezweig betreibt Quiquendone die Fabrikation von Schlagsahne und Gerstenzucker auf großer Scala, und wird diese Fabrik seit Jahrhunderten in der Familie Tricasse verwaltet und vom Vater auf den Sohn vererbt. Aber trotz alledem ist Quiquendone nicht auf der Karte von Flandern zu finden; ob aus Vergeßlichkeit der Geographen oder aus böslicher Absicht, ist mir unerforscht geblieben. So viel jedoch steht fest: Quiquendone existirt, und seine engen Straßen, seine befestigte Umfassungsmauer, seine Markthalle und endlich sein Bürgermeister legen beredtes Zeugniß dafür ab; ja der Letztere würde Euch auf das Klarste darthun können, daß Quiquendone in jüngster Zeit der Schauplatz eines ebenso außerordentlichen und unwahrscheinlichen, als wahrhaftigen Natur-Phänomens gewesen ist, und hierüber wollen wir in vorliegender Erzählung getreulich berichten.
Von den Flamändern des westlichen Flanderns läßt sich gewiß weder Böses sagen noch denken: sie zeigen sich als rechtschaffene, sparsame, gesellige, gleichmüthige und gastliche Leute, die, was ihre Sprache und geistigen Fähigkeiten anbetrifft, vielleicht ein wenig schwerfällig sind, aber das erklärt noch immer nicht, wie es kommt, daß eine der interessantesten Städte des Landes ihren Platz in der neueren Kartographie erst noch erobern soll.
Ja, diese Unterlassungssünde der Geographen ist gewiß zu bedauern. Wenn nun wenigstens die Geschichte, oder statt ihrer die Chroniken, oder doch wenigstens die Ueberlieferung des Landes die Stadt Quiquendone erwähnten! Aber nein; weder die Atlanten noch die Reisehandbücher sprechen von diesem vergessenen Ort, und selbst Herr Joanne, den man sonst wohl als einen Jäger auf kleine Nester bezeichnen kann, sagt kein Wort darüber. Daß solch ein Schweigen dem Handel und der Industrie von Quiquendone schaden muß, liegt auf der Hand; wir wollen diesem Ausspruch aber eiligst hinzufügen, daß die Stadt weder auf Handel noch Industrie Anspruch macht und ganz vorzüglich ohnedem fertig wird. Ihr Gerstenzucker und ihre Schlagsahne wird am Orte selbst verzehrt und nicht weiter ausgeführt. Kurz, die Quiquendonianer brauchen Niemanden; ihr Wünschen ist beschränkt und ihre Existenz eine durchaus bescheidene; sie verhalten sich ruhig, gemäßigt, kalt, phlegmatisch, mit einem Wort, als richtige »Flamänder«, wie sie ab und zu noch zwischen Schelde und Nordsee angetroffen werden.
»Sie glauben wirklich? fragte der Bürgermeister.
– Ja, ich glaube es, antwortete der Rath nach einem minutenlangen Schweigen.
– Wir müssen uns hüten, in dieser Sache leichthin zu verfahren, versetzte der Bürgermeister.
– Wir sprechen nun bereits seit zehn Jahren von der betreffenden, wichtigen Angelegenheit, würdiger van Tricasse, und ich muß gestehen, daß ich noch immer zu keinem Entschluß kommen kann.
– Ich begreife Ihr Zögern sehr wohl, hub der Bürgermeister nach einer viertelstündigen Ueberlegungspause wieder an, ich begreife Ihr Zögern sehr wohl und billige es; wir dürfen vor eingehender Prüfung der Frage keinen bestimmten Entschluß fassen.
– So viel ist gewiß, einen Civilcommissar haben wir in einer so friedlichen Stadt, wie Quiquendone, nicht nöthig, bemerkte Rath Niklausse.
– Unser Vorgänger, sagte der Bürgermeister in ernstem Ton, unser Vorgänger würde nie gewagt haben zu behaupten, daß irgend etwas gewiß sei. Jede solche Versicherung ist unangenehmen Rückschlägen unterworfen.«
Der Rath verneigte sich zum Zeichen seiner Zustimmung; dann hüllte er sich etwa eine halbe Stunde lang in tiefes Schweigen; während dieser Zeit waren Bürgermeister und Rath vollkommen ruhig gewesen, sie hatten auch nicht einen Finger gerührt. Endlich richtete Niklausse die Frage an Tricasse, ob sein Vorgänger – vor etlichen zwanzig Jahren – nicht auch den Gedanken gehabt habe, die Stelle eines Civilcommissars eingehen zu lassen und so der Stadt Quiquendone die Ausgaben einer Summe von jährlich 1375 Franken und so und so viel Centimes zu ersparen.
»Allerdings, antwortete der Bürgermeister, indem er mit majestätischer Grandezza die klare Stirn berührte, allerdings; aber der würdige Mann ward uns entrissen, ehe er in Bezug auf diese wie auch manche andere Verwaltungsmaßregel einen Entschluß zu fassen gewagt hätte. Es war ein weiser Mann! warum sollte ich ihm nicht nachahmen?«
Rath Niklausse wäre außer Stande gewesen, Gründe anzugeben, die diesen Ausspruch des Bürgermeisters entkräftet hätten.
»Wenn ein Mensch stirbt, ohne in seinem Leben irgend eine Entscheidung getroffen zu haben, fügte Tricasse mit nachdrücklichem Ernst hinzu, so ist er nahe daran gewesen, die Vollkommenheit auf dieser Welt zu erreichen!«
Nach diesen Worten drückte der Bürgermeister mit der Spitze seines kleinen Fingers auf ein Glöckchen, das hierauf einen Ton hören ließ, der mehr ein Seufzer als ein eigentlicher Klang zu nennen war, und fast unmittelbar darauf vernahm man leichte Schritte, die über die Fliesen der Hausflur herannahten. Eine Maus hätte nicht weniger Geräusch machen können, wenn sie über eine dichte Mokette1 trippelte. Die Zimmerthür ging auf, indem sie sich auf ihren geölten Angeln drehte, und ein junges Mädchen mit langen blonden Flechten trat ein. Es war Suzel van Tricasse, die einzige Tochter des Bürgermeisters. Sie überreichte ihrem Vater seine kunstgerecht gestopfte Pfeife und ein kupfernes Kohlenbecken und verschwand als bald ebenso geräuschlos, wie sie gekommen war, ohne ein einziges Wort gesprochen zu haben.
Der Bürgermeister zündete nun den ungeheuren Feuerraum seines Rauchinstruments an und verschwand bald in einer dichten Wolke bläulichen Dampfes, während sich Rath Niklausse von Neuem den allertiefsten Ueberlegungen hingab.