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Eine Reise zum Regenbogen - Geschichten auf einer Reise zum Regenbogen ist eine Sammlung von Geschichten die im Leben der Sybille Schumann - Effenberger von ihr geschrieben wurden.
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Seitenzahl: 71
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Ruf in unruhiger Zeit
Olik
Die vier weißen Kugeln
Die höchste Instanz
Drei Lilien
Mareile, die Großmutter und?
Die Engelkinder
Die Sterne der Mütter
Teufelswerk
Besuch aus Frankreich
Orpheus und Eurydike
Der Tonmacher
Die Reise nach Tunis
Anhang: Literatur der Autorin
Ich wage heute dich zu bitten, Weltenlenker! Schick deine Engel über alle unsere Wege, schenk ihnen Kraft, den Menschen zu verändern.
Verzeih ihr krummes Tun, die bösen Sünden und den unbesonnenen Verrat. Gib ihnen Hoffnung und Gesinnung und wenn es geht, ein kleines bisschen Glück
Sie sind so gierig auf die Macht des Goldes, die ihr ganzes Leben heute bestimmt. Sie würden gar ihre Herzen gut verkaufen, für nur ein kleines Stückchen Gold. Sogar als Sklaven und als Diener für einen geringen Lohn lassen sie sich ein. Von der Liebe und Barmherzigkeit haben sie noch nichts gehört und ihre Seelen sind im Sumpf der Korruption versunken.
Gar mancher muss darunter darben und kein Gesetz gibt es, das dies unterbindet. Die Macht des Geldes überschattet vieles und eine Hilfe ist vergebens.
Hör meinen Ruf, Gottvater, Weltenlenker, ich bitte nicht für mich, sondern für all die armen Menschen, die in großer Not und Elend leben.
Die dunkle Macht, die über unserer Erde liegt und sie jetzt bedroht, vernichtet alles, was ihr im Wege steht.
Die neue Welt, die kommen muss, ist weit entfernt. Vielen, die dem Goldschatz nachjagen, wird es nicht gelingen, in das Paradies zu kommen.
In Sibirien nordöstlich vom Uralgebirge wohnte einmal ein Geschwisterpaar mit ihrer Mutter, in sehr ärmlichen Verhältnissen. Olik, 20 Jahre alt, war ein unkomplizierter junger Mann, mittelgroßer Statur, mit einem kräftigem Körperbau und blonden Strähnen, die oft in sein Gesicht fielen. Mit seinem freundlichem Wesen, war er überall bekannt. Seine Schwester Ilonka, die 22 Jahre alt war, war ein wenig größer als er und hatte eine schlanke weibliche Figur. Sie hatte einen langen, dicken und blonden Zopf, der ihr bis zur Hüfte reichte und den sie manchmal mit galanter Art, über ihre Schulter warf. Wie ihr Bruder, hatte sie grau - blaue Augen, die ein klein wenig schlitz-artig waren. Sie war ein fleißiges Mädchen und betätigte sich im Haus und Garten. Die Mutter der beiden war in Deutschland und betreute dort alte Menschen. So waren die Geschwister auf sich angewiesen.
Ilonka hatte in ihrem Garten am Haus, auf einem kleinem Stück Erde, Bohnen gesät, die jetzt im Mai diesen Jahres nur kleine grüne Knospen hatten. In der Gegend, in der sie wohnten, gab es kaum Sommer, sodass mühselig einige Pflanzen, ein kaltes Dasein überwinden mussten.
Olik betätigte sich handwerklich, denn die Hütte, in der sie normal mit der Mutter wohnten, war äußerst ärmlich und primitiv.
Eines Tages sagte Olik zu seiner Schwester: „Ich muss nach Ossojubite, um Holz und Blechstücke für unsere Hütte zu holen. Der Schaden unter dem linken Dachfenster muss behoben werden. Morgen will ich gehen und das Material holen.“ „Gut, Olik“, sagte die Schwester, „ich gebe dir Proviant mit.“ Sie packte in ein Sacktuch ein Stück Brot, eine Scheibe Speck und einen Apfel ein. Beide gingen zeitig schlafen, denn Olik wollte fünf Uhr Morgens, am nächsten Tag, aufbrechen. Er hatte eine schöne und warme gefütterte Jacke, die er überzog, er band sich ein Halstuch um, schlüpfte in seine abgetragenen, durchlöcherten Stiefel und begann seinen 30 Kilometer langen Marsch.
Es war ein eiskalter und klarer Tag im Mai. Die Straße hatte viele Schlaglöcher und Eispfützen. Am Rande hier und da eine einfache Hütte, verfallene Häuser sah er auch. Vor einem Haus hielt Olik plötzlich an und schaute durch das Fenster. Es wohnte dort die Schittcka, eine alte einsame Frau, die weder laufen noch sehen konnte. Olik nahm einen Stein und klopfte damit an die Haustür. Die Schittcka öffnete die Tür und kam ganz dicht an Olik heran, um ihn zu erkennen. Dann schrie sie laut: „Olik, mein Jungchen, wo kommst du denn her, bei dieser Kälte?“ „Ach Großmütterchen, ich muss nach Ossojubite, um Material zu holen. Ich muss unsere Hütte reparieren.“ „Ach Olkichen“, sagte sie, „ich habe doch auch so viele Mängel am Haus. Es hilft mir keiner, ich friere so viel. Ich glaube Olikchen, ich muss sterben, komm doch rein, kriegst einen Pott heißen Tee. Ich habe schon Feuer gemacht.“
Im Haus war es nur leidlich warm und die Scheiben der Fenster waren überall noch vereist. Olik begann seine Jacke auszuziehen. „Pass auf Schittkachen, jetzt frierst du nicht mehr so leicht.“, sagte er und legte seine schöne warme Jacke um die Schultern der alten Schittcka. „Die hat Mamuschka aus Deutschland geschickt.“, sprach er weiter. „Ohhhh Olik, wie schön warm, du bist Guter, vielen Dank.“, erwiderte Schittcka. „Ja Omchen, es geht doch nicht, das du frierst.“, sprach Olik. Die Schittcka bot ihm einen Platz an und stellte vor ihm eine Tasse heißen Tee, der seinen heißen Dampf hoch steigen ließ. „Ach Olikchen, du gutes Jungchen, jetzt geht es mir warm in die Knochen.“ „Der Tee ist gut Schittcka.“ „Den hat mit der Nachbar geschenkt.“ Olik packte aus dem Sack sein Brot aus und brach es in zwei Teile. „Willste ein Brot, gegen den Hunger?“, fragte er und legt die Speckscheibe auf die Hälfte des Brotes. „Hier habe ich noch einen Apfel, Mütterchen, den teilen wir.“ Die Schittcka bekam Tränen in ihren Augen. „So gutes Brüderchen, auch noch einen Apfel.“ „Jetzt muss ich aber gehen Mütterchen“, sagte Olik. Er stand auf, verabschiedete sich und machte sich wieder auf den Weg, um seine Reise fort zu setzen.
Die Straße wurde immer schlechter und er fror immer mehr, weil er seine Jacke verschenkt hatte. So ging er in das nächstliegende Gasthaus und bestellte sich einen Wodka. Da einer nicht reichte, kamen weitere hinzu. Völlig benebelt und mit weniger Geld, setzte er dann in der halben Nacht seine Reise fort. So wurde er am Rande der Straße von einer Polizeiwache aufgefunden. Die Polizei nahm ihn im Wagen mit nach Ossojubite. Nach einer zweiten Nacht, war Olik wieder soweit hergestellt, dass er den Kauf des Materials erledigen konnte. So erreichte er auch die Transitbahn und konnte mit dem Material nach Hause fahren.
Tagelang arbeitete er dann an der Hütte und behob den Schaden. Acht Tage später erfuhren die Geschwister, dass ihre Mutter sich das Bein gebrochen hatte und somit die Rückreise verschieben musste. Sie waren entsetzt über diese Nachricht aus Deutschland, weil alle Vorräte und auch das Geld aufgebraucht waren. Ilonka saß weinend am Ofen, da das Holz knapp war.
Der Nachbar der beiden Geschwister war Serge, er bat Olik, seine Hütte wieder bewohnbar zu machen. Serge hatte im heimlich anvertraut, dass er gerne heiraten möchte. Seine Auserwählte, Natascha hatte aber zur Bedingung gestellt, dass die Hütte wieder hergerichtet wird. Doch die Mutter hatte gerade eine Paket geschickt, das nach langem Postweg endlich ankam. Darin waren ein Paar warme Stiefel für Olik.
Der Winter war diesmal sehr kalt, sodass es kaum möglich war, mit bloßen Füßen draußen zu arbeiten. Olik sah die durchlöcherten Schuhe des Nachbarn Serge und fragte ihn: „Serge, wie kannst du mit solchen Schuhen draußen arbeiten?“ Serge äußerte: „Meine Füße tun immer weh, sie sind erfroren.“ „Pass auf Serge, ich hole dir etwas Besseres.“ Olik ging in die Hütte und nahm die neuen Stiefel, die ihm die Mutter geschickt hatte, die neben den Schlafplätzen der Geschwister standen und brachte diese seinem Nachbarn Serge. „Oh, das ist großartig“, sagte Serge, „wie schön warm diese Stiefel sind, darf ich sie behalten?“ „Ja natürlich, du brachst sie doch.“ „Olik, ich möchte dir noch etwas sagen, ich möchte gerne heiraten.“ „Du Serge??? Du hast doch gar kein Geld! Wer ist es denn?“ „Ich dachte an Natascha“, sagte Serge. „Die?? Da musst du aber manchmal auch ihr gegenüber energisch sein und wer soll die Hochzeit denn bezahlen?“ Olik wurde nachdenklich: „Ich kann dir auch nicht viel geben, wir müssen sehen. Ich würde auch gerne heiraten.“
Anderen Tags kam Olik zu Serge und sagte triumphierend: „Serge, ich habe eine gute Idee zu den Kosten der Hochzeit. Ich werde die Stiefel dem Nachbarn Stanislaf halbtagesweise vermieten, er braucht die Stiefel sicher für seinen kranken Sohn. Aber das reicht noch nicht. Dann werde ich fragen, ob der Nachbar Stanislaf mir die Balalaika leiht und so kann ich ein paar Liedchen bringen und damit Rubel verdienen.“ „Gut“, sagte Serge, „versuchen wir es.“
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