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Drei Minuten Zweimal im Jahr öffnen die USA eine Tür im Grenzzaun zu Mexiko. Dann dürfen sich Familienangehörige wenige Augenblicke lang umarmen. Ein Wimpernschlag Nähe in der verworrenen Beziehung zwischen beiden Ländern. Die großen Themen der Zeit sind manchmal kompliziert. Aber oft genügt schon eine ausführliche und gut recherchierte GEO-Reportage, um sich wieder auf die Höhe der Diskussion zu bringen. Für die Reihe der GEO-eBook-Singles hat die Redaktion solche Einzeltexte als pure Lesestücke ausgewählt. Sie waren vormals Titelgeschichten oder große Reportagen in GEO.
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Seitenzahl: 23
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Herausgeber:
GEO
Die Welt mit anderen Augen sehen
Gruner + Jahr AG & Co. KG, Druck- und Verlagshaus,Am Baumwall 11, 20459 Hamburg
www.geo.de/ebooks
Eine Tür in Trumps Mauer: Die bewegende Geschichte einer Umarmung
Zweimal im Jahr öffnen die USA eine Türim Grenzzaun zu Mexiko.Dann dürfen sich Familienangehörigewenige Augenblicke lang umarmen.Ein Wimpernschlag Nähein der verworrenen Beziehung zwischenbeiden Ländern
Grenzpolizisten mit schusssicheren Westen bewachen das Wiedersehen auf der Türschwelle. Das Öffnen der Tür im Grenzzaun, selbst für wenige Minuten, sei eine große Gefahr für die Sicherheit der USA, sagen die Beamten
Ganz im Westen verliert sich der Grenzzaun im Pazifik. Von mexikanischer Seite steckt ein Mensch seinen Arm durch die Streben. Auf der US-Seite wacht die Grenzpolizei darüber, dass niemand an das Bollwerk herantritt
USAErinnerung an ein Zusammenleben, das heute Vergangenheit ist: Eduardo Hernandez, sein Sohn Luis (rechts) und dessen Bruder. An der Umarmung darf der Bruder nicht teilnehmen, weil seine Aufenthaltspapiere abgelaufen sind
An einem Morgen im November steht ein Mann allein vor einer Tür am Meer. Es ist kurz nach 8 Uhr in Tijuana, Mexiko, und der Mann, sein Name ist Eduardo Hernandez, schaut empor. Vor ihm erhebt sich ein Zaun, dreimal höher als er selbst. Ein Bollwerk aus Stahlstreben, so dicht aneinandergereiht, dass Hernandez das Gesicht gegen das Metall drücken müsste, um auf die andere Seite zu sehen.
Links von ihm, im Westen, reicht der Zaun meterweit in den Pazifik. Gen Osten schlängelt er sich die Berge hinauf, das Ende nicht zu sehen. Eduardo Hernandez blickt geradeaus. Der einzige Weg in die Vereinigten Staaten führt von hier durch diese Tür.
Hernandez ist früh aufgestanden am Morgen, hat seine schwarzen Lederschuhe geputzt, erst mit einer Bürste, dann mit einem nassen Tuch. Hat zweimal sein Hemd gewechselt und einmal die Hose. Schließlich hat er es zu Hause nicht mehr ausgehalten.
Deshalb steht er jetzt hier, viel zu früh, und wartet darauf, dass die Tür der Hoffnung sich endlich öffnet. Vier Stunden noch, bis Grenzpolizisten auf amerikanischer Seite den Riegel verschieben. Wenn alles gut geht, wird an der Schwelle sein Sohn stehen. Sie werden sich umarmen dürfen – zum ersten Mal, seit Eduardo Hernandez aus den USA abgeschoben wurde. Vielleicht wird es ihre letzte Umarmung sein.
Sie werden drei Minuten Zeit dafür haben.
Barriere zum südlichen NachbarnUS-Präsident Donald Trump hat angekündigt, rund 1600 Kilometer der Grenze zu Mexiko mit Mauern zu sichern. Auf rund 1130 Kilometern stehen bereits Zäune, am »Freundschaftspark« ganz im Westen zweireihig. Vielerorts schaffen Wüsten, Berge und Flüsse natürliche Barrieren