Ende der Ausbaustrecke - Christa Wißkirchen - E-Book

Ende der Ausbaustrecke E-Book

Christa Wißkirchen

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Beschreibung

Gesammelte Gedichte von Christa Wißkirchen aus den Jahren 1980 bis 2020.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 56

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Ich rede fließend

mit mir. Aber das Sprechen

lernte ich von euch.

Inhalt

Junger Ahorn

Auf dem Boden des Systems

Anhörung

Blickfeld

Ländlicher Anblick

Kein Stein

Tierwappen

Nach der Flut

Anspruch

Das Blatt

Sehen, verstehen

Der Reif

Am Rhein

Hund in der U-Bahn

Biotop

Stilleben

Der Granit

Winter

Die Muschel

Waldesrand

Porno

Gesellschaft der Krüge

Der graue Phönix

Sie gehn

Grafik

Im Bogen

Flaumfeder

Stop

Eben noch

Klangraum

Mörikes Bildschirmschoner

Die Farne

Grüne Walnuss

Stabheuschrecke

Steinatem

Trabantenbeschimpfung

Wie das schwarze Kalb...

sagt T.

Symmetrisch: die Möwe und ich

Düne

Staub

Zwei Farben des Ackers

Ballon?

Großer Bruder

Physik

ON

Der Nährwert des Kiesels

Das Girl und der Tod

Comcom

Das Schweigen

Generationssuppe

Als Petrarca

Fasson

Futterale

Kontaminiert zurück

dienst leister ballade

Nachtsequenz

Abendschein

Anblick eines Anblicks

Buchsbaum

Das a in Vater

Dienstbesprechung

Die Schildkröten

Draußen

Feldkreuz

Genitiv-Etüde

Halme

Heurige Amsel

Hohlraum in Flussnähe

Irische Melodie

Kein Durchgang

Kleist - Lebenszeilen

Krypta

Lady

Lichteffekt

Lupus in fabula

Mails

Matinee

Minute

Mohn-Verlauf

M-Optionen

Neuerscheinung

Plötzliches Genügen

Prinz in der Hecke

Privat

Risus paschalis

Säuberung

Sanctus

Scan

Selbstversuch

Sonderfall

Spät

Sprach-Verlagerung

Sterbender Pianist

Stufen der Einsicht

Teppich

Zisternen

Schnittmuster

Crescendo

Choralbearbeitung

Unten

Vorstufen

Open air

Groteske

Mensch filmt Natur

Gott, homöopathisch

Mond-Event

Zeitgenossen

Zufuhr

Lichtkanal

Versäumter Apparat

Verirrter ICE

Störung

Verhängnis

Lichtquelle

Rosemarie

Auf dem Seil

Reflexe

SteinLeben

Bleistift

Die Linie

Mein Tiger zum Tee

Meldung

Devise mit alten A-Wörtern

Robert W. auf der Buchmesse

Sub-Alphabet

Im Feldlager

Ritter, Tod und sag ihn nicht

Denknest

SEIFE

Die Drähte

Sprache des Winds

Altstadt-Geläut

Schätze der Menschen

nil admirari

Status

Fragen Sie den Professor

Das untere Leben

Fandango

Stadtführung

Veränderungen über A ist B

Passt

Interne Direktive

Die guten Tassen

Kleists Bär

Poeten-Promenade

Idol

Schöpfungsplan A/ B

Glanz

Grabmal des unbekannten Datums

Handvoll

Anprobe

System

Seitenschiff mit Erddrehung

Marder

Er

Exhibitionist

Brutkolonie

Ende der Ausbaustrecke

Das Lächeln der Wellen

Der Fund

Der Hund und die Glocken

Inspektion

Die Menschen!

Homo

Warnung vor Pluralgebrauch

Vor der Erfindung

Es ist nicht Hochmut

Unmöglichkeit einer Kastanie

Die Schraube

Trauerhaken

Dichter-Gewissen

Dom, außen

Evolutionsgewinn

Junger Ahorn

Wo er aufwächst, leicht schief an der Böschung,

ist tiefste Provinz,

aber das weiß er nicht.

Es gibt diesen Tümpel, etwas Gebüsch,

jedoch keinerlei kulturelle Impulse

(hier waren nicht mal die Römer).

Still, wenig Wind. Ohne Publikum

greift er, gegen die Schwerkraft, aus in den Raum,

färbt, denn es ist grad die Zeit, seine wenigen Blätter

(das aber – sagen wir doch: genial).

Tümpel und Böschung kann er nicht sehen,

weil er ja blind ist.

Aber das weiß er nicht.

Auf dem Boden des Systems

Umgangsformen, das ja:

höflich bedauert der Läufer,

wenn er nun abschnurrt, der Turm

bittet um Nachsicht für Gradlinigkeit (seine Natur),

die Königin streift zarte Handschuhe an, eh sie mordet,

nur diese Bauern, zäh und verschlagen,

stampfen wie immer nach vorn, vorn, vorn.

Sie haben ihr Alibi allezeit bei sich,

insgemein blitzen ihnen die Augen

vom Charme unendlicher Möglichkeiten,

niemals berührn sie einander

beim unerbittlich grazilen Wenn-Dann-Menuett,

und so sind sie unschlagbar.

Aber der eine Funke, der glimmt ihnen nie:

dass der gnädige, große, mit Tränen ersehnte,

der SPIELVERDERBER, der künftig verheißene,

dass er in Wahrheit kommen

könnte und ihnen unter den Füßen wegziehn

das schwarzweiße Feld.

Anhörung

Aber es gibt zuviele

Aber das schillernde Kragengeschmeide

passgenaue Schichtung

zartmetallisches Fließen der kleinen Deckfedern

wenn sie das Hälschen rucken im Trippeln

Aber es gibt zuviele

Aber das Auge rundes Juwel

und das Phänomen Flug

sie können es alle

auch die zänkischen milbenverseuchten

und ihre Familienangelegenheiten

wichtige Gurr-Gründe

auf verkrusteten Filigransimsen

zwischen Kadavern im Glockenturm

Aber es gibt zuviele

Aber sahst du je eine junge

reinstes Pastell

wie sie erstmals die Welt

anblickt …

Blickfeld

Dach, Stern und Sichel haben nichts gemein,

einander fern stehn sie in Abendklarheit

mir nur zugleich im Blickfeld, doch das Auge

nennt sie in einem Atem, unbelehrbar,

und komponiert ein frommes Abendbild.

So lass ich sie, das Dach, den Stern, die Sichel,

drei Chiffren eines Kinderabendfriedens,

der nie gewesen, aber mir gewiss ist,

dort stehn als unbeweisbaren Besitz.

Ländlicher Anblick

Lauter Programmabläufe parallel

auf ein Rechteck gebündelt

aufrecht, gedrängt und grün.

Zeitgleich erheben sie sich zunächst

bis zu gewisser Höhe plus-minus

hängen wenns soweit ist

die weißlichen Staubfäden raus

treuherzig unprätentiös

überm dämmernden Halmwald schwanken

die Fruchtknoten-Aggregate

allseits gleiches Design

paarsymmetrischer Vorrat

bis zu gewisser Anzahl plus-minus.

Ungeheurer unhörbarer Multiplikations-

Knall explodierendes Hoffnungs-Kollektiv.

Lassen sich dann ohne Gegenwehr

umhaun wenns soweit ist

ihre Sprengkraft sich absammeln geduldig

von schlauen Herrenwesen.

Bizarre Erfindung

kaum im Vorbeigehn zu fassen

was sich: Gerstenfeld nennt.

Kein Stein

Es wird

Abend im Klosterhof

unter rötlichem Licht

schatten die Mulden

kein Stein

ohne Mal viel Abende kamen hier schon

unsre Hand ist so jung

auf dem

Mauerrand ansässig da wie der Fels

nur wenig geschliffen von Händen der

anderen

man sollte solang das rötliche Licht

Laubgeruch Abendgeräusche vielleicht noch

bleiben

Tierwappen

Zwei Vogelwesen, man sieht sie

geschlungen in verrenkter Symmetrie,

die gefährlichen Schnäbel einander nah.

Es kommen und gehn die Betrachter

und sehn einen Kampf.

Das ist Täuschung.

Zwei Vogelwesen,

ein jedes sucht Zuflucht

unter den Flügeln des andern.

Nach der Flut

Das Wasser fällt

und sie kommen wieder zum Vorschein

die Pfähle des Wissens.

Zäune und Wegweiser

vermessen aufs neue das Land.

Zieh die schweren Stiefel an: zu Schiff

kommst du nicht mehr über den Acker.

Anspruch

Und da

im Zeichengewimmel der großen Wand

zwischen Kratzspuren geritzten Malen

tasten die Fingerspitzen staunend ein weites Oval

großzügig geschwungen in klarem Bogen:

die leere Königskartusche der Liebe.

Niemand ist je imstand

den Meißel zu führen

wir fühlen an ihr vorbei

sie bleibt leer.

Das Blatt

Gib acht, schon bröckelt

es zwischen den Rippen aus,

gebleichtes Netzwerk zur Hälfte,

doch lange noch kenntlich: ein Ahornblatt.