Engel - Martin von Finning - E-Book

Engel E-Book

Martin von Finning

4,6

Beschreibung

Der letzte Tag seiner Fallschirmschule wird für den Journalisten Rick völlig unerwartet auch zum letzten seines Lebens und er sieht sich plötzlich im Himmelreich, an das er eigentlich nie geglaubt hat, mit dem Höllenschlund konfrontiert. Da entscheidet Rick sich doch lieber für das Bereuen seiner Sünden und beginnt somit im Auftrag von G.O.T.T. - auch Globale Observation Team Terra genannt - seine Ausbildung zum Schutzengel. Gleich sein erster Auftrag erweist sich jedoch als schwieriger als gedacht. Rick muss sich nicht nur durch einen Sumpf aus Verrat und Korruption kämpfen, sondern zu allem Überfluss wird dann seine noch lebende Freundin Mila ebenfalls zum Opfer teuflischer Machenschaften. Es entbrennt ein spannender Kampf zwischen untypischen Engeln und Teufeln, voller Humor und satirischer Elemente, in dem die gewohnten Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen.

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Martin von Finning

Engel

Roman

Weimarer Schiller-Presse

Die neue Literatur, die – in Erinnerung an die Zusammenarbeit Heinrich Heines und Annette von Droste-Hülshoffs mit der Herausgeberin Elise von Hohenhausen – ein Wagnis ist, steht im Mittelpunkt der Verlagsarbeit. Das Lektorat nimmt daher Manuskripte an, um deren Einsendung das gebildete Publikum gebeten wird.

©2014 FRANKFURTER LITERATURVERLAG FRANKFURT AM MAIN

Ein Unternehmen der Holding

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In der Straße des Goethehauses/Großer Hirschgraben 15

D-60311 Frankfurt a/M

Tel. 069-40-894-0 ▪ Fax 069-40-894-194

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Medien- und Buchverlage

DR. VON HÄNSEL-HOHENHAUSEN

seit 1987

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar über http://dnb.d-nb.de.

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Lektorat: Dr. Helga Miesch

Titelbild: Eva Landeck

ISBN 978-3-8372-1367-6

Die Autoren des Verlags unterstützen den Bund Deutscher Schriftsteller e.V., der gemeinnützig neue Autoren bei der Verlagssuche berät. Wenn Sie sich als Leser an dieser Förderung beteiligen möchten, überweisen Sie bitte einen – auch gern geringen – Beitrag an die Volksbank Dreieich, Kto. 7305192, BLZ 505 922 00, mit dem Stichwort „Literatur fördern“. Die Autoren und der Verlag danken Ihnen dafür!

Inhaltsverzeichnis

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

21.

22.

23.

Für diejenige, die Spuren und Wege und Gärten

in den Wiesen und Wäldern meiner Seele hinterlässt

und den Wildwuchs darin leben und ebenfalls gedeihen lässt.

Es wäre so viel ärmer ohne dich.

1.

Ich erinnere mich noch...

Es versprach einer jener wunderschönen Spätherbsttage in Oberbayern zu werden, an denen die Sonne aus einem freigefegten Azur herab strahlt und ein warmer, sich abschwächender Föhnwind einem die Haare umspielt. Die langen Gräser der ungemähten Wiesen da draußen würden morgenmüde und schwer vom Tau wie gold- und silberfarbene Bänder unter dem aufgehenden Himmelsauge liegen. In den Niederungen der Flussläufe würde der Nebel wie weiße Riesenschlangen dahinkriechen und an den Rändern der matten Seeoberflächen würden sich seine schwindenden Fahnen wie Halme einer geisterhaften Urzeitsteppe wiegen. Kaiserwetter. Altweibersommer. Es war ein guter Tag. Ach was – er war geradezu perfekt. Ein bisschen windig vielleicht.

Ich konnte die Berge förmlich neben mir sehen und ging meinen heutigen Sprungtag – den letzten meines langen Kurses – nochmals in Gedanken durch. 8.45 Uhr: Ankunft an der Sprungschule. Danach letzte Einweisungen. Wind- und Wetterprognosen. Letzter Check der aktuellen Windmessungen. Bei grünem Licht: Checken des Fallschirms und des Reservefallschirms. Nochmaliger Check durch den Sprungbegleiter. 11.15 Uhr: Aufstieg mit der Cessna und zwei weiteren Absolventen der Sprungschule. Nach Erreichen der Absprunghöhe in viertausend Metern: Absprung.

F-r-e-i-e-r F-a-l-l...

Ziehen der Reißleine spätestens bei tausendfünfhundert Metern. Danach langsames Absinken und Punktlandung im markierten Zielbereich. Ungefähr 12.25 Uhr: Abholung vom Landeplatz und, bei weitem wichtiger: Treffen mit meiner Mila, die ich trotz einer Deutschklausur, die noch zu korrigieren war, unbedingt bei meiner Landung dabei haben wollte. Anschließend kleiner Umtrunk mit den Sprungschulabsolventen. Es war auch wirklich ein Grund zu feiern. Denn bereits Höhen von fünf Metern hatten mir bislang zu schaffen gemacht und trotz Milas häufiger Aufmunterung hatte ich mich ziemlich überwinden müssen, den Kurs überhaupt zu machen. Inzwischen lag der Beginn meiner Fallschirmspringerausbildung allerdings schon so lange zurück, dass mir nicht einmal mehr das Wort an sich wie ein Ungetüm vorkam. Meine Zweifel hatten sich als unbegründet und meine Angst als mein einziger Feind herausgestellt. Natürlich hatte Mila Recht behalten und meine Ängste hatten sich mit der Zeit und der wachsenden Erfahrung, weiche Knie hin oder her, in eben diese zwingen lassen. Tatsächlich war ich einigermaßen stolz auf mich und freute mich über den erfolgreichen Kursabschluss, weil ich diese Leidenschaft, die für Mila das Nonplusultra an Nervenkitzel und Spaß bedeutete, nun endlich würde mit ihr teilen können. Tja, ja – was tut man nicht alles für die holde Minne…

Mit einem letzten Blick zu Mila, die mir, immer noch halb schlummernd, ein verträumtes Lächeln hinterherschickte, schloss ich die Schlafzimmertüre und kurz darauf auch die Türe zu unserer Bleibe. Vielleicht hätte ich ihr noch sagen sollen, dass ich sie liebe? Aber sie deswegen aufwecken? Wäre nett gewesen – sicher. Aber, nein. Außerdem hätte sie meine schlecht versteckte Nervosität sofort (sogar im Halbschlaf) bemerkt und mich aller Wahrscheinlichkeit nach damit gefoppt. Oh ja, das konnte sie geradezu perfekt. Mila hatte ein quieklebendiges Temperament und einen schalkhaften, aber selten gemeinen Humor, den man schon ihren Augen ansehen konnte. Er hatte mich vom ersten Augenblick an gefangen genommen. Es war mein großes – und mir immer noch unbegreifliches Glück, dass sie in mir anscheinend etwas ebenfalls Anziehendes gesehen hatte (und immer noch sah). Jedenfalls waren wir nun schon seit einiger Zeit zusammen und seither kam ich in den Genuss einer Unbeschwertheit und eines zufriedenen Glücks, das ich seit meiner frühen Kindheit nicht mehr gekannt hatte. Es war fast zu schön, um wahr zu sein. Anders gesagt – seit Mila in mein Leben getreten war, schien mir die Sonne aus dem Arsch. Ja – dachte ich. Zur Not tät ich sogar mein Leben für sie geben – aber lieber wäre es mir freilich, wenn es auch mit einer Niere getan wäre – wir hatten die gleiche Blutgruppe… Ich grinste schief bei dem Gedanken.

Und dennoch konnte ich von dem Moment an, an dem das Schloss zu meiner und Milas Wohnung im Münchner Lehel mit einem sanften Klick einrastete, ein mulmiges Gefühl nicht loswerden, das mich zu so tiefschürfenden und lebensfrohen Gedanken veranlasste wie, dass die Kaiser, die für dieses Wetter Namenspate standen, mittlerweile samt und sonders das Zeitliche gesegnet hatten und Altweibersommer ja auch nur daher rührte, dass man an Spinnfäden und Nornen dachte.

Die grauen Steinstufen, die von unserer Etage herabführten, waren noch feucht und ich schüttelte mit einem kurzen Gedanken an die Witwe Stoiberhuber den Kopf. Die alte Schachtel hatte wohl wirklich nichts anderes zu tun, als zu beinahe nachtschlafender Zeit auch noch dem letzten Staubkörnchen des ohnehin schon beinahe antiseptischen Treppenhauses den Krieg zu erklären. Na ja – sonst hatte sie wohl nichts in ihrem Leben, und wenn sie nicht so eine ekelhafte Person gewesen wäre, hätte ich sie vielleicht sogar bedauern können. Ich dachte an Milas Lieblingsbezeichnung für sie und musste ein Kichern unterdrücken: Die widerwärtige alte Dörrpflaume! Ein paar Schritte weiter wurde mein respektloses Sinnieren gestraft und ich rutschte auf einem Seifenstück aus, das Miss Putzfimmel auf dem Treppenabsatz vergessen hatte. Einen Augenblick ruderte ich wild mit Armen und sah mich schon mit gebrochenem Genick am Fuß der Treppe enden, dann jedoch gelang es mir irgendwie, das Geländer zu fassen und die Balance wieder zu finden. Mein Puls raste und ich verwünschte die Witwe – nein! ich verwünschte ihre Unachtsamkeit aus ganzem Herzen. Zitternd und mit weitaus weniger Elan, als ich mir vorgenommen hatte, zockelte ich die drei Stockwerke hinunter und machte mich mit immer noch weichen Knien zu meinem unweit abgestellten Auto auf.

Ein Düsenflugzeug durchbrach irgendwo in der Ferne die Schallmauer und der grummelnde, in der sonntäglichen Ruhe unnatürlich laut wirkende Donner ließ mich unwillkürlich zusammenzucken und nach oben blicken. Einer dieser Urinstinkte, einer dieser Anachronismen in einer modernen Welt hielt mich eine Sekunde lang in den Bann geschlagen und ich ertappte mich dabei, wie ich mir Gedanken um die Bedeutung dieses himmlischen Zeichens machte. Sicher verhieß es nichts Gutes…

Ein alter Germane hätte jetzt vielleicht mit geducktem Kopf den Heimweg angetreten und dem aus heiterem Himmel grollenden Donar damit Respekt gezollt. Ein urwüchsig-bajuvarisches, königstreues und gottesfürchtiges Mannsbild hätte sich mit ziemlicher Sicherheit bekreuzigt, oder hastig ein „Jessasmariundjosef“ hervorgebracht und die sonntägliche Kirche zwei Stunden eher als gewöhnlich aufgesucht. (Auch das anschließende Schafkopfen hätte er möglicherweise ausfallen lassen.) Ich hingegen gehörte weder in die Kategorie alter Bajuvare, noch hatte ich viel mit urwüchsig, königstreu und gottesfürchtig zu tun. So beließ ich es, kaum eine Sekunde nach dem Donner, bei einem leicht nervösen Lachen und einem entnervten Blick und verfiel als aufgeklärter Mensch unserer Tage mit einem leise gemurmelten „deppade Spinner“ in gewohnte Denkweisen und Handlungsbahnen.

Also trollte ich mich zu meinem Stolz und meiner Nemesis – einem Opel Admiral, dem ich den Namen „Moby Dick“ gegeben hatte. Moby Dick und ich teilten eine Hassliebe. Liebe, wenn der Opel so wollte, wie er sollte, also wie ich. Hass, wenn er mal wieder muckte und ich dumm aus der Wäsche guckte, was leider häufiger vorkam. Dennoch – ich hing an diesem spritfressenden, sechszylindrigen Relikt aus einer grauen Automobilvorgeschichte, und er belohnte meine Anhänglichkeit, die mich zuvor seine Motorhaube hatte tätscheln lassen: Es gelang mir schon im ersten Anlauf, den Motor zu starten. Bald darauf schlängelte ich mich durch den frühen Münchner Sonntagsverkehr, der uns zusammen mit anderen ersten, sonnenhungrigen Erholungssuchenden zunächst auf den Ring und anschließend auf die Autobahn Richtung Süden brachte. Ich trat das Gaspedal ziemlich weit durch und begann den Weg nach Südwesten. Als die Dunstglocke Münchens hinter mir wie eine staubige, umgestülpte Suppenschüssel zu sehen war und ich dem Mief der Stadt entronnen war, öffnete ich das Fahrerfenster und drehte die Heizung und den CD-Spieler voll auf. Lemmy röhrte „Bomber“ und „Ace of Spades“ und Motor und Fahrtwind gaben sich alle Mühe lautstärkemäßig mitzuhalten. Meinem Umweltbewusstsein, das mich wegen meiner Benzinschleuder, deren absurden Abgaswerten und meinem Bleifuß zwackte, schenkte ich ein hedonistisches Achselzucken. Ich nutzte die Gelegenheit und gab der Umwelt (ungestraft) kostenlose Kostproben meiner Stimmgewalt, indem ich mit Meatloafs „bat out of hell“ mitzusingen versuchte. Ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, während ich mich mindestens zehn Jahre jünger fühlte.

Falls all das noch Fragen offen lassen sollte: Ja, es ging mir gut! Falsch: Mir ging es blendend! Und seit Mila in mein Leben getreten war, konnte man sogar das noch eine Untertreibung nennen. Es ging mir sogar so gut, dass meine nicht enden wollende Glückssträhne mir selbst manchmal schon beinahe unheimlich wurde. Aber dass mir überhaupt Zeit blieb für solche Gedanken, war eher selten, und auch wenn sie durch etwas Faulenzerei nach oben gespült wurden wie modriges, dunkles Strandgut am strahlendweißen Gestade meines gedanklichen Inselreiches, so vermochten diese düsteren Hirngespinste mir doch nie langfristig die Laune zu vermiesen.

Vergessen waren die Omen und die trüben Gedanken. Ich wippte, nein – ich moschte! (und sang) vergnügt, während Freddy Mercury zum Höhepunkt seiner „Bohemian Rhapsodie“ kam, und ließ mir die kühle Morgenluft um die Nase rauschen. Sie war frisch und roch nach Erde, Laub, verborgenen, erdhaften Zersetzungsprozessen und ebenso geheimem Leben. Hin und wieder stank es freilich auch ordentlich nach Odel – aber das gehört nun mal auch dazu und war wohl weitaus weniger schädlich, als das, was man oft genug in München anstelle von Luft atmen musste (beziehungsweise als das, was mein Auto soeben in die Nase von Mutter Natur pustete).

Kurz: Es war wunderbar. Der kalte Fahrtwind zauste mir die Haare. Er hielt alles, was ich mir von ihm erhofft hatte und blies meine Nervosität und meine Sorgen davon. Die Sonne stieg in meinem Rücken, mein Admiral bruddelte vor sich hin und eine gute Stunde später hatte ich bereits mein Ziel hinter Oberammergau erreicht. Ich parkte den Wagen, wartete andächtig, bis die letzten Klänge von Metallicas „Orion“ verklungen waren, schnappte meine nagelneue Ausrüstung und schlenderte mit, wie ich hoffte, weit mehr natürlicher Coolness, als ich eigentlich fühlte, hinüber zur kleinen, wellblechgedeckten Baracke, die unsere Sprungschule beherbergte. Dort angekommen, gesellte ich mich zu meinen bereits anwesenden Kollegen und fand, mit dem Rücken zur Wand, der empor kletternden Sonne und einer Sonnenbrille im Gesicht, bald die nötigen und richtigen Worte, mit denen man sich die Nervosität von der Seele flachst.

Der Rest des Vormittags verlief nicht ganz wie erwartet. Zunächst erfuhren wir mit einigem Missmut, dass wir unseren Zeitplan nach hinten korrigieren mussten, da der Föhnsturm ab dreitausend Metern augenblicklich noch zu stark war, um einen für uns Neulinge sicheren, ersten Solosprung zu garantieren. Wir nutzten die Zeit, um unsere Gleitschirme nochmals unter den Argusaugen unseres Coachs auszupacken, um sie akribisch zu inspizieren und erneut fachmännisch einzupacken, was sich für mich als wahrer Segen herausstellte. Zwei der äußeren Luftkammern meines frisch erworbenen Schirms waren durch einen langen Schnitt zertrennt, auf dessen Entstehung ich mir beim besten Willen keinen Reim machen konnte.

„Vielleicht ist es beim Öffnen des Verpackungsmaterials passiert – wäre nicht das erste Mal, dass so ’ne Schlamperei vorkommt. Gib den zurück und lass dir was extra obendrauf legen – so was kann auch mal ein Leben kosten“, knurrte Django, unser Coach und reichte mir einen der schuleigenen Schirme. „Hab ich selbst erst gestern zusammengelegt. Brauchst ned zu kontrollieren.“

Ich nickte dankbar und zog mich auf die Veranda zurück, um das Zittern meiner Knie unter Kontrolle zu bringen. Gott sei Dank hatten wir nochmals alles durchgecheckt – wie hatte ich nur diesen Schnitt übersehen können?! Mir war regelrecht schlecht. Ich sah auf die Uhr – verdammt – schon kurz nach elf Uhr – ich hatte doch eigentlich Mila Bescheid geben wollen, dass sich alles ein wenig verzögern würde. Mit ungeschickten Fingern wählte ich ihre Handynummer und erwischte sie tatsächlich, kurz nachdem sie das Haus verlassen hatte. Immer noch fassungslos berichtete ich ihr von dem defekten Schirm und schloss damit, dass ich nicht ganz sicher war, ob ich den Sprung wirklich wagen sollte, nachdem ich schon einmal so ein Riesenglück gehabt hatte – da könnte doch das Glück für den restlichen Tag aufgebraucht sein, oder?!

Aber Mila belehrte mich mit wenigen, anfangs ernsten Worten eines Besseren, die bald in unser gewohntes, freundliches wechselseitiges Gefrotzel und diverse Liebesbekundungen mündeten. „Ich seh dir in die Augen, Kleines!“, verabschiedete ich mich schließlich von ihr und bekam ein „hasta la vista, babe!“ zurück. Das Lächeln in meinem Gesicht hielt bis ins Flugzeug. Wir erhielten irgendwann unser Okay für den Start und nach dem holperigen Ritt über die Startbahn überwand unser Eisenvogel die Schwerkraft und stieg mit ungeheurem Lärm in den Himmel. Nach einer knappen Viertelstunde, deren Verlauf sich absonderlich zu dehnen oder verkürzen schien, hatten wir unser Absprunggebiet und die erforderliche Höhe erreicht und Django entriegelte die Seitentüre. Du zuerst, bedeutete er mir mit knappen Handzeichen und ich trat mit sehr weichen Knien an die klaffende Öffnung. Fern unter mir lag die Erde – ein Bilderbuch aus Kindertagen – Flecken an Flecken breiteten sich die Felder wie ein Quilt des Wohlstandes bis in weite Ferne aus, dazwischen hingesprenkelte Städtchen, Dörfer, Güter, Einsiedlerhöfe und bewaldete Hügelchen wie bunte oder grüne und braungestreifte Gugelhupfe. Und die Windräder und die Autos – wie winzig! Nicht, dass ich das alles das erste Mal gesehen hätte – aber so – und so allein, so unmittelbar… Willkommen im Kinderspielzeugland, dachte ich und wurde von einer energischen Hand aus meiner Betrachtung gerissen. Ich nickte in Djangos fragendes Gesicht und sprang.

Ich fiel. Die Luft zerrte an meiner Kleidung und stemmte sich meinem Sturz entgegen. Ich fiel, überwand das flüchtige Gefühl, mir in die Hose machen zu müssen und ersetzte es im Vertrauen auf meinen Schirm und meine Ausbildung durch pure, rasende Euphorie. Mein Gehirn gab dem Ansturm der Hormone nach und begab sich auf eine endorphingetränkte Reise der Glückseligkeit, die es mit „don’t stop me now – I’m having such a good time“ von Queen unterlegte. Und dann kam alles, wie es wohl kommen musste…

Mein Höhenmesser rast schwindelerregend schnell gegen die Tausendfünfhunderter Marke und ich ziehe die Reißleine. Ohne Ergebnis.

Tausendvierhundert Meter und fallend…

Ein weiterer Versuch. Ebenso erfolglos. Panisch ziehe ich die Reißleine des Notfallschirms.

Tausendeinhundert Meter.

Ein Ruck – und er öffnet sich…

…um Sekunden später in eine schlaffe, wirr hinter mir her flatternde Fahne zusammenzusinken. Oh Gott! Ein Luftloch! Die Erde rast mir näher. Meine Kapriolen haben mich weit vom Kurs abkommen lassen. Nicht, dass das noch von entscheidender Bedeutung wäre – es ist nur erstaunlich, was einem alles neben den Blitzsequenzen des eigenen Lebens, sonst noch ein- und auffällt. Hilfe… Kann mir denn keiner… Aber sie sind alle noch viel zu weit weg. Es ist aus. Oh, Mila…

Neunhundert Meter.

Da hinten, hinter dem Windpark, liegt ein Weiher. Vielleicht! Wenn ich da hinein falle. Als Fallender klammert man sich an alles, was weicher sein könnte als direkter Bodenkontakt. Die Windmühlen und der Fischweiher, lockend und glitzernd wie ein Becken aus flüssigem Edelmetall kommen näher. Vielleicht…

Noch vier…

Noch drei…

Oh Gott! Oh shit… Oh Mila.

Wie ein moderner Don Quichotte nehme ich mit wehender Fahne den Kampf mit den Riesen auf. Wie mein tapferer Vorgänger von der traurigen Gestalt verliere ich. Mein Sturz zurück auf den Boden der Tatsachen findet ein jähes und vorzeitiges Ende an einem Rotorflügel des Windparks, der kurz zuvor seine zeitgeschaltete Arbeit beendet hat und soeben in Ruheposition steht. Dann setzt der Schmerz ein. Mir schwinden die Sinne.

Später: Und ich komme wieder zu mir. Ich lebe noch! Vielleicht… Die Erde ist so nah und doch so fern. Aber ich falle nicht mehr. Die Seide hat sich verfangen. Eine Windböe erfasst meinen baumelnden Körper und dreht mich sanft um meine Achse. Ein paar Wiesen weiter glaube ich, Menschen zu erkennen, die in meine Richtung rennen und aufgeregt etwas rufen, aber der Wind trägt ihre Worte mit sich fort. Mühsam hebe ich einen Arm, um ein Zeichen zu geben. Es ist ein Fehler, wie mir ein plötzlicher Ruck begreiflich macht. Langsam, untermalt vom trockenen Wispern sich trennender Seide, rutscht mein Gleitschirm den Rotorflügel Richtung Nabe hinunter. Oh, Herr im Himmel! Das ist nicht fair!!! Grundgütiger! Vielleicht hätte ich doch nicht singen sollen…

Und dann reißt der letzte Faden. Mila…aaah!

Und ich stürze hinab auf den darunterliegenden zweiten Flügel. Ich spüre nichts mehr danach, zu viel Lebenswichtiges in mir ist zu Mus geworden, noch bevor die Erde ihren Sohn endgültig in die Arme schließt. Um mich wird es Nacht und mein einziger Begleiter wie ein treuer Lichtfunke ist ein verwehender Gedanke an Mila.

Präludium

Die Sonne war ein helles Auge im satten Blau. Sie stand wie festgenagelt im Zenit. Das Leben im Central Park strömte selbstvergessen über seine verschlungenen Wege und schwappte Müßiggänger zu den Ebbetümpeln der Wiesen und Sitzecken. Die Schatten waren kurz, die Bäume atmeten Frieden.

„Wie wär’s mit einem harmlosen Spielchen unter alten Freunden?“

Die Frage war wohl rein rhetorischer Natur, denn der elegant schwarzgekleidete, aber seltsam unscheinbar wirkende Herr, der die Frage gestellt hatte, setzte sich unaufgefordert an den kleinen Betontisch, in dessen Platte ein Schachbrett eingelassen war. Sein Gegenüber, nicht minder vornehm in Hell gewandet, hob den Blick von der leeren Tischfläche, der er bislang ausschließlich seine Aufmerksamkeit gewidmet hatte, als vollende er Zug um Zug eine unsichtbare Partie. Er offenbarte seinem Gegenüber zwei ironisch blitzende Augen, und ein Allerweltsgesicht, das beinahe noch leichter zu vergessen war als das seines Besuchers.

Mit schiefgelegtem Kopf blinzelte er seinem ungebetenen Gast entgegen und nahm einen herzhaften Bissen aus dem großen Apfel, den er in seiner Linken hielt. Der Apfel war saftig. Kleine Tröpfchen benetzten den Bart an seinem Kinn. Er ließ sich Zeit beim genussvollen Kauen und beim Antworten. „Willst du auch einen?!“

Er zog einen weiteren rotbäckigen Apfel aus seiner Jackentasche und hielt ihn seinem Besucher entgegen.

„Versuch nicht abzulenken“, kam die frostige Antwort.

„Nun gut… Ein harmloses Spielchen, sagst du, alter Widersacher? Du weißt doch selbst, dass es so etwas zwischen uns nicht gibt. Aber gut – wie könnte ich der Versuchung widerstehen? – Sei mein Gast – für die Dauer eines Spiels. Wenn du nicht bereits sitzen würdest, hätte ich dich jetzt dazu eingeladen.“

Er lehnte sich zurück und legte den Apfel mit einer Mischung aus Andacht und Bedauern beiseite. „Ach ja, ist das schon lange her, dass wir Gelegenheit dazu hatten, uns abseits unserer vielfältigen Verpflichtungen etwas zu unterhalten…“

„Du sagst es, Alter, du sagst es. Es kommt mir vor wie eine kleine Ewigkeit… aber – du verstehst das sicher, ich war – ähm, sagen wir: verhindert.“ Der Neuankömmling lachte tonlos.

„Du hast, wie immer, mein Mitgefühl“, entgegnete der unauffällige Helle, und schien damit einen wunden Punkt getroffen zu haben, denn sein Besucher verzog die Mundwinkel zu einem gequälten Grinsen, als habe er eine Kröte schlucken müssen.

„Und worum soll es diesmal gehen? All in, wie üblich? Willst du immer noch die Geschäfte übernehmen?“ Ein Hauch von leiser Ironie hatte sich in die Stimme des Gastgebers geschlichen.

„Ts, ts – wie plump von dir. Nein, es geht um wirklich nichts Bedeutendes… Mir würde schon ein Platz an der Sonne reichen…“

„Ich verstehe. Du hast dich nicht verändert.“

„Wie du meinst. Genug des Geplänkels. Lass uns beginnen. Ich warte schon zu lange auf diesen Moment.“

Der Gast zog eine schmale Schatulle aus schwarzem Holz aus der Tasche seines Anzugs, der er einen Satz ebenso schwarzer Schachfiguren entnahm. Energisch, beinahe, als würden sie durch ihr bloßes Aufstellen unumstößlich, platzierte er sie auf dem Spielfeld. Es waren exquisit aus Obsidian gearbeitete Stücke, jedes ein Unikat, jedes mit individuellen Zügen so detailgetreu versehen, als seien sie Stein gewordenes Leben vielmehr denn steinerne Replik desselben. Sie verströmten erhabene Würde so ostentativ und natürlich wie eine Jauchegrube Pestilenzgestank. Mit konzentriertem Kalkül blickte der Gast eine Weile auf seine finsteren Schlachtreihen, musterte anschließend mit süffisantem Grinsen das erblasste Gesicht seines Kontrahenten und bemerkte trocken:

„Ich war so frei, mich vorzubereiten, du hast doch nichts dagegen? Sie sind einigermaßen gelungen, findest du nicht? Ach ja – eh ich es vergesse: Du hast natürlich wie immer das Vorrecht des ersten Zuges, schließlich warst du ja zuerst da.“

„Wie taktvoll…“ Der Gastgeber begann langwierig und geräuschvoll in den Taschen seines Mantels herumzukramen.

„Ich bringe dich doch hoffentlich nicht in Verlegenheit? Vorbereitet zu sein, war doch sonst fast so etwas wie eine Zwangsneurose bei dir?“

„Aber, aber… nicht doch. Aha, hab ich sie… ich bin immer vorbereitet. Das weißt du doch.“ Mit einem zufriedenen Nicken zog der vordem Angesprochene eine ramponierte Blechdose aus den Abgründen seines Mantels, deren schäbiges Äußeres ein anderes Wort über ihren Besitzer zu sprechen schien, als es seine Garderobe nahe legte. Er stellte sie versonnen auf seine Seite des Tisches, eine Kampfansage allein schon durch die himmelschreiende Diskrepanz beider Aufbewahrungsmittel. Er versuchte den verbeulten Deckel abzuziehen, den ein Riss durchzog und schnitt sich dabei in den Finger.

„Autsch, wie ungeschickt von mir… dass ausgerechnet mir so etwas immer passieren muss…“ Er schraubte den Deckel ganz ab, saugte an dem Schnitt und begann schließlich umständlich die Figuren herauszuholen und aufzustellen. Es waren zu viele und sie machten dem schäbigen Medium ihrer Aufbewahrung alle Ehre. Ein zusammengewürfelter Haufen scheinbar aus einem Dutzend unterschiedlicher Spiele, die zum Großteil schon so oft befingert worden waren, dass die schützenden Lackschichten mancherorts von den Fettsäuren der Finger durchfressen und das zugrunde liegende Material mit einer Patina aus Dreck versehen war. Es gab nur ein paar wenige, denen man ein jüngeres Datum zuschreiben konnte. Nachdenklich betrachtete der Herr im hellen Anzug zunächst seine, danach die Figuren seines Kontrahenten und schüttelte missbilligend den Kopf. „Etwas fehlt noch“, brummelte er und tippte sich mit dem Finger wiederholt an die Lippe. „Du erlaubst doch sicher…?“

„Aber natürlich…“

Erneut begann der elegante Herr in seinem Mantel zu kramen. Er schien eine Ewigkeit zu suchen, in der sein Gegenüber unmerklich auf der Bank hin- und herzurutschen begann. Endlich zog er aus einer Tasche, die er zuvor mindestens schon ein Dutzend Mal untersucht haben musste, eine besonders schäbige Figur. Es war ein Bauer. Er war so verschlissen, dass seine Farbe eher zwischen aschfarben, grau und schmutzigweiß wie eine Gletscherzunge zu fluktuieren schien. Zudem war er so ramponiert, dass er wirkte, als habe man ihn aus lauter Einzelteilen zusammengeklebt. Mit besonderer Sorgfalt und einem zufriedenen Lächeln wurde er auf dem Spielfeld platziert.

„Deswegen hast du so lange gesucht? Willst du mich zum Besten halten?“ Ein spöttisches Grinsen umspielte die Mundwinkel des Gastes. „Du solltest ihm einen Bändel um den Holzkopf wickeln, er ist so schäbig und dreckig, dass man ihn für schwarz halten könnte.“

„Wie du meinst.“ Der Gastgeber wand ungerührt einen kleinen roten Bindfaden um den Hals der Figur und stellte sie erneut auf.

„Dein Stil, sofern man das so nennen kann, hat sich nicht geändert“, kommentierte der Herausforderer.

„Never change a winning team… Ich glaube mich daran zu erinnern, dass dir die eine oder andere Figur sogar vertraut vorkommen könnte.”

„Pfff… alter Knabe, meinst du wirklich, du kannst mich mit so etwas provozieren? Mach deinen Zug und wir werden bald sehen, welchen Wert alte Figuren und Siege bei unserem erneuten Kräftemessen haben.“

„Wusstest du, dass du mein Lieblingsgegner bist?“

„Sei nicht albern. Ich bin dein einziger. Spiel! – mach endlich deinen Eröffnungszug. Auf in den Kampf!“

„Dir juckt die Säbelspitze?“, der Gastgeber zog ironisch die Augenbraue empor.

„Ha! Du alter Narr! Du hättest niemals auf meinen Vorschlag eingehen dürfen. Jedes Ende hat einen Anfang.“

„Wie du meinst… dann fange ich an. Es ist mir ein Vergnügen“, entgegnete der Gastgeber. Er lächelte versonnen, blinzelte in die Sonne und zog seinen Bauern.

Ein Wimpernschlag verging und die Schatten wurden länger.

Die Stimme kam ohne jegliche Theatralik aus dem Off. Irgendwie war sie überall zugleich, Dolby Digital oder THX in einer Hightech Perfektion, die einem Hollywood Regisseur und mehr noch seinem Tontechniker Tränen der Verzückung in die Augen getrieben hätte. Sie umgab mich und trug mich. Sie verlieh mir das gleiche, absolute Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit wie die Hand meines Vaters und meiner Mutter beim Engelchen, Engelchen flieg spielen.

„Komisch“, sagte sie. „Was?“, entgegnete ich ebenso lapidar.

„Na, dass du gerade jetzt daran denkst, an Engelchen flieg, meine ich…“

Ich zog es vor, diesen Satz unkommentiert zu lassen, denn ich befand mich nicht gerade in einer Situation, die meinem sonst recht einfallsreichen Mundwerk viel Platz für bissige Antworten bot. Ich war leider unwiederbringlich tot. Aber wundersamer Weise funktionierte mein Verstand, oder mein Wesen wieder gut genug, um der vollends irdischen Sorge Rechnung zu tragen, dass man sich mit seinem Herrn nicht anlegen soll. Und das Wort „Herr“ war hier allem Anschein nach wortwörtlich zu nehmen (soweit man von Anschein sprechen kann, vielmehr handelte es sich beim visuellen Eindruck um ein durchdringendes warmes Leuchten).

Außerdem war ich durch mein kürzliches Ableben immer noch leicht schockiert. Es ist nicht leicht, sich von seinem Körper zu trennen, auch wenn dieser in meinem besonderen Fall, also nach etwa viertausend Metern desselben und einer ungebremsten Landung am Rotorflügel einer Windenergieanlage, nicht mehr viel Humanoides erkennen ließ. Vielleicht lacht jetzt der eine oder andere und denkt sich: „leicht schockiert“, ha! Was für ein Schwätzer! oder ähnliches, was mein angeborenes Taktgefühl mich nicht in Schriftform wiedergeben lässt; aber: als Polizeireporter war ich einiges gewöhnt und besonders versiert darin, mich schnell mit den unterschiedlichsten Situationen zu arrangieren.

Im Allgemeinen bedeutete das, Ärger zu umgehen, indem man sich davon stahl oder auch rannte, als sei der Leibhaftige hinter einem her. Nun, davonlaufen kam hier, am Ende des Weges, sowieso eher nicht in Betracht. Wie auch ohne Gefühl in den Beinen? Die Taubheit hatte aber auch ihre guten Seiten, denn zudem (und nicht gerade unwesentlich für mein Befinden) war ich völlig losgelöst von jeglichem anderen körperlichen Empfinden und daher absolut schmerzfrei!

Nicht schlecht, nicht schlecht! Genau genommen fühlte ich mich derartig gut, dass ich im Augenblick eher das Gefühl hatte, in einen Jungbrunnen gefallen zu sein, als die Folgen des Paraglidings mit einem defekten Fallschirm erlitten zu haben.

„Schön, dass es dir so gut geht“, sagte die Stimme, nicht ohne einen Anflug von Sarkasmus. „Wenn es dir nichts ausmacht, können wir ja dann zum Wesentlichen übergehen, das heißt dem Grund deiner Anwesenheit. Auch wenn du den Anschein erweckst, ein einigermaßen heller Kopf zu sein, möchte ich dir ein paar Dinge erklären, da du Zeit deines Lebens nicht so recht an die Lehre der Kirche geglaubt hast.“

„Sag nicht, dass das hier der Himmel ist“, entfuhr es mir und ich hätte mich am liebsten selbst für den leicht enttäuschten Ausdruck meiner Stimme geohrfeigt, denn irgendwie war in meiner Vorstellung da tatsächlich mehr <das Land wo Milch und Honig fließt> verankert.

„Wie, Undank?!“, fragte mein Leuchten und wurde dabei etwas lauter, worauf ich versuchte, mich möglichst klein zu machen, denn etwas lauter ist, was göttliche Dimensionen angeht, ein recht dehnbarer Begriff, der hier ungefähr die anderthalbfache Pegelstärke eines Manowarkonzertes locker toppte.

Mir entfloh ein leises Wimmern, das Gott sei Dank! nicht auf taube Ohren stieß.

„Hrmpf“, sagte mein Leuchten, und danach folgte etwas, das sich beinahe anhörte wie: „elendes, ungläubiges Pack… immer das Gleiche…“, aber meine immer noch rauschenden Sinne mussten sich da wohl getäuscht haben, denn ich wurde erneut angesprochen.

„Nun, also. Du hast alles andere hinter dir gelassen. Du bist tot…“

Das zumindest wusste ich bereits, also pflichtete ich bei.

„Normalerweise kommst du, wenn du getauft bist und dein Leben gottgefällig war und du keine allzu großen Sünden auf dich geladen hast, irgendwann in den Himmel. Deine Sünden stehen wie auch die guten Taten im deinem persönlichen Buch des Lebens, das wir jetzt öffnen werden, auf dass du gewogen werdest!“ Die Stimme schwoll an wie ein Donnergrollen. Ich bekam Angst vor dem Wetterleuchten.

O, schrecklich! archaisch!! und laut!!!.. ich versuchte, ein Nichts zu sein, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.

Aus dem Glanz heraus manifestierte sich eine Art Fenster und mit einem kaum hörbaren Klicken öffnete es sich. Mein Gott, dachte ich als alter Trekkie – ein Tor in den Hyperraum und dann hielten meine Gedanken inne, denn aus dem spektralen Farbinferno, das sich vor mir entfesselte, schälten sich langsam aber unverkennbar die Umrisse einer überdimensionalen Waage. Die Stimme trug mich nun anders als zuvor, und in mir ballte sich ein nahezu unerträgliches Spannungsgefühl. Es schien mir, als läge ich auf einer Stimmgabel, deren Vibrationen unverhohlene Distanz, um nicht zu sagen Ablehnung, mir gegenüber transportierten. Von der widerwilligen Gabel getragen, gelangte ich in eine der Waagschalen, in der ich mir so verloren vorkam wie ein Schiffbrüchiger inmitten des endlosen Ozeans. Meine Gefühlswelt begann, obwohl ich zu meinen Lebzeiten als hoffnungsloser Optimist bekannt war, in schwindelerregendem Maße der eines Frosches auf dem Seziertisch zu ähneln.

Die Stimme begann die Eckdaten meines Lebens zu verlesen:

„Name Richard Nikolaus Leuen, Rufname: Rick. Geboren am 24.12.1972. Gestorben heute. Vater Leopold Leuen: Bäcker. Mutter Anneliese Leuen, geborene Herz: Hausfrau. Getauft im Namen des Herrn. Kinderlos. Lebte in zweiter, wilder Ehe mit Milena, genannt: Mila Selva, Lehrerin. Beruflich mäßig erfolgreicher Journalist. Reporter bei diversen Zeitungen und Zeitschriften, zuletzt als Polizeireporter tätig. Unauffällig im Leben. Kontaktarm. Verträgt kaum Kritik. Spendet an Hilfsorganisationen zur Gewissensberuhigung. Liebt die gute Küche. Trinkt manchmal zu viel. Spielt leidlich die Geige, soso… miserabler Sänger… na – sieh einer an… bla, bla, bla…blablabla…“

Spätestens hier begann mich eine gewisse Unruhe zu plagen, die rasch der Langeweile wich, denn ohne dem Sprecher zu nahe treten zu wollen, mit Sünden und Gutem hatte das alles ja wohl eher weniger zu tun, außer man beachtete den tadelnden Tonfall, der sich bei Schlaglichtern wie: trinkt zu viel oder ähnlichem einschlich. Ich achtete jedoch nicht darauf und begann eingelullt von den drögen Fakten meines Lebens sowie der nicht minder drögen Stimme und eingedenk der Unfähigkeit etwas, und sei es auch nur das Geringste, zu tun, ordentlich vor mich hinzu dösen. Ich fühlte mich im wahrsten Sinne des Wortes der Welt und allen ihren Sorgen entrückt und hätte es wahrscheinlich, selbst wenn ich es gewollt hätte, nicht fertig gebracht einen Gedanken an Mila zu verschwenden. Hier zählte nur ich und alles andere war ohne Belang. (zumindest macht das im Nachhinein meine offenkundige Gedankenlosigkeit Mila und meinem ehemaligen Leben gegenüber begreiflicher) Also dann… Augen schließen… Meeresrauschen… und Monotonie in der Südsee, Monotonie bei…

„Und nun zu deinen Sünden, oder langweile ich dich etwa?“, riss mich die Donnerstimme aus meiner Lethargie. Was nun folgte, möchte ich meinen Lesern ersparen. Allein so viel sei dazu erwähnt: Jeder kennt doch diesen Moment, wenn einem irgendein Blödsinn passiert und man sich am liebsten klammheimlich aus der Affäre ziehen würde… Also so eine dumme Sache wie die: man beugt sich über den Aktenvernichter, weil der aus unerfindlichen Gründen nicht funktioniert, haut dagegen und will sich gerade mit einem Siegergrinsen vom erneut operablen Gerät verabschieden, als einem das stärker werdende Ziehen um den Hals schlagartig klar macht, dass die Krawatte soeben vollautomatisch eingezogen und geschreddert wird. Tja, das an sich wäre noch nicht so schlimm, doch dann kommt hundertprozentig genau diejenige Person im Büro um die Ecke, die Sie am wenigsten ausstehen kann und lacht sich derart kaputt, dass alle anderen auch am Grund des Heiterkeitsausbruchs teilhaben wollen und hinzueilen. Da stehen Sie nun, und Sie können nichts tun, denn Sie haben den Schaden und den Spott aller dazu. So erging es mir nun, nur will ich Sie und mich schonen und gebe, um nur einen vagen Eindruck zu vermitteln, die gekürzte Fassung wieder, ohne jedoch ausnahmslos alle! Peinlichkeiten und Laster meines Lebens ein weiteres Mal in einer schonungslosen Vivisektion an mir vorbeiparadieren zu sehen.

„…hat sich zudem Zeit seines Lebens ungefähr 151 ein halb Mal selbst befriedigt – pfui- du Ferkel!, 23 435 Mal geflucht, ohne sich beim Herrn zu entschuldigen oder es zu sühnen, hat 3677 Mal Gott und der Kirche grob gelästert, hat die Kirche seit seiner Konfirmation nicht mehr von innen gesehen. GLAUBT NICHT WIRKLICH AN DIE AUFERSTEHUNG, DAS EWIGE LEBEN UND GOTT.“

Mit Donnerhall verklang die ungeahnt lange Liste meiner Unzulänglichkeiten und Vergehen, und ich wurde mir gewahr, dass sich zu dem warmen Licht, das mich immer noch von oben herab beschien, ein neuer rötlicher Schein gesellt hatte, der von unendlich weit unten bedeutungsschwer herauf loderte. Ich drehte mich ihm zu, und bereute es sofort, denn die umliegende Dimensions- und Richtungslosigkeit war Vergangenheit. Ich sah hinab in den Schlund der Hölle, was umso schlimmer dadurch wurde, dass sich meine, für überwunden gehaltene Höhenangst mit eiserner Rächerfaust zurückmeldete und mich im Zentrum meiner Selbst traf, so dass ich vor Angst fast ein zweites Mal starb. Natürlich sagte meine Ratio, dass das ein Ding der Unmöglichkeit sei – jedoch keckerte die Hysterie wie ein schadenfroher Papagei – verhält es sich nicht genau so mit dieser ganzen unmöglichen Situation? Zudem bildeten rote Glut, gierig blubbernde Schlammpfuhle und Aschewüsten, größer und weitaus bedrohlicher als die des Amazonasbeckens, mit anderen namenlosen Abscheulichkeiten ein Panoptikum des Grauens, das die durchaus plastischen Albtraumphantasien von Hieronymus Bosch und H. P. Lovecraft wie die von Sonntagsschülern erscheinen ließen. Abertausende gequälte, gepeinigte, von Schmerz entstellte Gesichter reckten sich zum lichten Schein, um alsbald mit herab sackenden Häuptern in dumpfer Schicksalsapathie in den zähen Einheitsbrei zurückzusinken. Obendrein, sozusagen als Tüpfelchen auf dem sehr, sehr großen „I“ hatte sich die Waagschale, in der sich meine, allem Dafürhalten nach, unsterblichen Reste befanden mit jeder verlesenen Sünde tiefer hinab gesenkt, so dass mein Blick nach oben inzwischen in einen wirklich verflixt langen Tunnel zu gehen schien. Nun – es war genug, um die Message sogar an einen Holzblock zu vermitteln.

„…“, dachte ich, fürs erste einmal mundtot, und dann entrang sich mir ein leises „Uh-oh“.

„Uh-Oh ist in deinem Fall durchaus angebracht, aber noch besteht Hoffnung für dich, wenn du die Vielzahl deiner Sünden ernsthaft bereust und dich vom Bösen abkehrst, um Gott nunmehr zu dienen. Wenn auch die Liste deiner Sünden lang ist, mein missratener Sohn!, so ist doch auch etwas Gutes in dir, das zu retten sich lohnt, auf dass dein Lohn tausendfach sei und du die ewige Glückseligkeit erfahren mögest und auffährst zu den Scharen der Engel im Himmel!“

Die Stimme des Lichts verhallte schwingend in jubelnden Harmonizerklängen. Nach einer kurzen, andächtigen Pause fuhr sie beinahe unterkühlt sachlich fort. „Nun hast du das Recht und die Gelegenheit, dich zu entscheiden, denn nur freien, willigen Seelen sind die Pforten des Himmels, wie auch die anderen, zugänglich.

Der letzte Blick auf das Tor zur Hölle unter mir wäre eigentlich nicht notwendig gewesen, denn ich hatte schon genug gesehen, und mal ehrlich, hatte ich denn überhaupt eine Wahl? Ich meine, wie sagt man denn zu Gott nein? Außerdem schlotterte mein Hauch von Selbstwertgefühl und Selbsterhaltungstrieb, der mir nach der detailliert-vernichtenden Schilderung meiner Verkommenheit geblieben war, dermaßen vor Angst, dass jeder Ausweg recht war, solange ich nur in der einen oder anderen Form weiter existieren durfte und eben nicht in der Hölle. Ich winselte um Gnade.

„Ja, Ja!! O, BITTE, ich bereue! Ehrlich, ich BEREUE!! Und ich werde dienen, ja, das schwöre ich, gleich jetzt, bei allem was mir HEILIG! ist….“

Man entwickelt häufig eine geradezu unglaubliche Eloquenz, wenn man in der Klemme steckt und ich fand noch viele Worte und Beteuerungen, die das Licht allmählich anschwellen ließen, bis es von der Helligkeit tausender Sonnen war, bis es mich durchdrang wie das unerklärliche, behaglich katzenartige Schnurren, meinen Begleiter aus dem Xenonfluten. Von weiter Ferne drangen Kinderstimmen zu mir. Sie sangen.

„Engelchen, Engelchen flieg, Engelchen, Engelchen flieg.“

Und ich flog.

Die Stimme, die mich zu mir selbst zurückholte, klang alles andere als großartig erfreut, geschweige denn engelsgleich. Nein, sie war rau, mürrisch und hatte diesen Anflug von Verbrauchtheit, den zwar Rocksänger am Zenit ihres Erfolges ungestraft auf unmäßigen Whiskykonsum zurückführen dürfen, der jedoch aus dem Munde weniger medienwirksamer Leute eher Gedanken an sozial schwächste Randgruppen weckt.

„Na komm schon“, gurgelte sie. „Du kannst nicht ewig so vor dich hindämmern, es gibt viel zu tun.“

Eine Schuhspitze stupste mich unsanft in die Stelle, wo sich unlängst zu Grus zermalmte Rippen befunden hatten. Sie störte den himmlischen Frieden nachhaltig, dessen letzte Euphorie von mir abfiel und mich mir vorkommen ließ wie eine Königstochter, die dem siegreichen Barbarenfürsten zur Braut gegeben wird, damit er das Reich verschont. Im Moment waren wir bei der Stelle, an welcher der Barbar mit schwartiger, ungeschickter Hand den rosenwassergetränkten Schleier vom Gesicht seiner Zugedachten griffelt, um ihr sein ungepflegtes, borstiges Gesicht auf den Mund zu drücken. Allein der Anblick…

„He du!“, insistierte Stiefelspitze dreimalig. „W-a-c-h! J-e-t-z-t!   A-u-f!

O, Mann, dachte ich, was für ein Albtraum – da stirbt man und das Erste – au! das tat weh! das war gelogen, also das zweite, was man hörte, waren diese Worte: ES GIBT VIEL ZU TUN. Yippie! und gibt es das nicht immer? Ich beschloss also aus gerechtem Trotz diesen speziellen Teil meiner bisherigen, postmortalen Erfahrungen mit Missachtung zu strafen. Vielleicht, so meldete sich mein Optimismus, würde sich dann die Umgebung mehr auf meine vordringlichen Wünsche, nämlich Ruhe, Ruhe und nochmals Ruhe einstellen und vielleicht wäre ja sogar ein bisschen Milch und Honig drin, oder zumindest Manna? Es musste ja nicht gleich ein ganzer Laib sein…

„Tut mir Leid, mein Gutster, aber du lässt mir keine Wahl.“

Der Schwall eisigen Wassers traf mich wie eine Ohrfeige und war nicht minder wirksam, denn in Nullkommanix war ich auf den Beinen und taumelte blindlings und prustend umher. Ich stieß mir das Schienbein an etwas Hartem und hüpfte fluchend auf der Stelle.

„Scheiße, heilige Scheiße, was soll der Scheiß?! Reicht es nicht, dass ich gerade erst gestorben bin. Kann ich denn nicht ein klitzekleines Bisschen meine Ruhe haben?“, zeterte ich.

„Wieder von den Toten auferstanden, was? Hat ja auch lange genug gedauert, wenn’s auch keine drei Tage waren, haha… Jetzt wisch dir erst mal das Wasser aus den Augen, vielleicht siehst und erkennst du dann was. Außerdem solltest du nicht einfach so rumfluchen, das macht es auch nicht einfacher und der Herr straft kleine Sünden sofort. Sag lieber „heiliger Stuhl“, oder „Bimbam“ oder so was, das ist unverfänglich. Zu guter Letzt solltest du mir ein klein wenig dankbar sein, denn ich werde deinen Verstoß gegen die Vorschriften nicht melden, auch wenn ich dazu verpflichtet wäre… Also tu dir selbst einen Gefallen… Neuling und hör auf meinen guten Rat. Beruhig dich. Komm runter. Lass dein nutzloses Gehampel, Ricky, Collega.“

„Ricky!“, fauchte ich ungläubig. Wenn ich etwas hasste, dann war es diese Verniedlichung. Jetzt reichte es wirklich! Ohne zu zögern, versuchte ich meinem persönlichen Quälgeist beizukommen, um meine gekränkte Ehre wiederherzustellen, was Stiefelspitze mit oho – Mut hat er ja, das muss man ihm lassen – kommentierte, während er lässig außer Reichweite tänzelte. Keine Minute später gab ich schnaufend auf, leistete seiner früheren Aufforderung Folge und strich mir schwer schnaufend die nassen Zotteln aus der Stirn. Erst in diesem Augenblick bemerkte ich den wesentlichsten Unterschied zu allem bislang Geschehenen – ich hatte wieder meinen altvertrauten Körper und, was weitaus wichtiger war, auch mein Körpergefühl zurückerhalten, wie mir mein Schienbein nun nachhaltig klarmachte. Ich ließ einen prüfenden Blick über meine Silhouette gleiten, der viel von der Akribie eines Leprakranken hatte, der sich auf neue Krankheitssymptome überprüft. Ohne Zweifel: Ich war wieder ich! Und schon war ich wieder erschöpft… Matt und mit einem verachtungsvollen Blick ließ ich mich auf die Bank plumpsen, an der ich mein Schienbein lädiert hatte und sah vorsichtig hinüber zum einzigen anderen Insassen des Raumes.

„Ecce Homo, das ist die richtige Einstellung“, lobte mich mein Gegenüber, das ich nunmehr einer genaueren Betrachtung unterziehen konnte. Es war ein Mann mittleren Alters. Mittlerer Wuchs. Trainierter Körper. Militärischer Kurzhaarschnitt. Dicke Augenbrauen, darunter intelligente Eisaugen. Zahllose Lachfältchen. Ein Widerspruch zur kontrollierten Mimik. Sein Gesicht zierte der Inbegriff einer verbogenen Boxernase, die von geplatzten Äderchen durchzogen war. Mehrtagesbart, graumeliert. Starke, fleischklopferähnliche Hände mit dicken Gelenken. In schlicht geschnittenem, aber dennoch edlem schwarzen Anzug und schwarzen, makellosen Schuhe aus Italien wirkte er wie der Inbegriff der Solidität und Seriosität. Ein Mann, dem Sie keinen Staubsauger abschlagen könnten, allein schon, um keinesfalls sein Missfallen zu erregen. Eine Mischung aus Lino Ventura und Charles Bronson.

„Nicht übel, hm?“, kommentierte mein Erwecker meine offensichtlichen Gedanken. „Tja, das ist eine der guten Seiten des Jobs. Weißt du, Ricky, man kann sich seinen Körper sozusagen zusammenstellen. Nun, meine Präferenzen liegen bei dieser ziemlich gelungenen Synthese auf der Hand…“

Ich schluckte das Ricky aus den vorher beschriebenen Gründen und fragte stattdessen: „Job, Synthese??“ Ich musste einen reichlich dummen Gesichtsausdruck aufgesetzt haben, denn sein geringschätziges Schnauben unterbrach mich.

„Du hast wirklich von gar nichts Ahnung, was? Das kommt dabei raus, wenn man euch einfach so dahin leben lässt. Da sterbt ihr dann und habt noch nicht einmal den blassesten Dunst von dem, was euch erwartet, geschweige denn, was von euch erwartet wird.“

„Ich könnte mir vorstellen, dass es schon dem einen oder anderen ‚Neuling’ geholfen hat, wenn man ihm ein paar Dinge erklärt“, entgegnete ich und machte keinen Hehl aus meinem Unmut. „Erklärungen wären jedenfalls weitaus hilfreicher, als sich diese alten Tiraden anzuhören, Kollege!“

Anscheinend hatte ich den richtigen Ton getroffen, da mein Gegenüber sich räusperte und die Augen zu Boden senkte. Im Stillen dankte ich meinem Mentor bei der Zeitung, der mich darin unterwiesen hatte, dass oftmals, insbesondere, wenn man auf unsicherem Boden operierte, ein cool abgezogener Bluff oder Gegenangriff die beste Verteidigung ist. Die weitaus größere seiner Lehren aber war, mir zumindest in Grundzügen die subtilen Zeichen zu vermitteln, an denen man erkennt, was Gesprächspartner denken, wann man also (wie jetzt) gewonnen hatte und auch, wann man sich zu weit aufs dünne Eis der Informationssuche gewagt hatte.

„Chrmm, wo soll ich denn nur anfangen?“

„Wie wäre es damit: wo bin ich eigentlich? Im Himmel bin ich ja wohl nicht gelandet.“

„Nein“, grinste mein Kollege, und schwenkte seine Hand vage, „nein, es sei denn, eine schäbige Umkleidekabine mit demolierten Spinden und gesplitterten, schmutzigen Fliesen entspricht deiner Vorstellung vom Paradies, oder aber der des Herrn. Das zumindest wäre allerdings auch für mich ein Novum, auch wenn es wenigstens mal originell wäre. Aber wer weiß, bei seinem Humor.“ Der Anflug eines Lächelns zuckte um seine Mundwinkel. „Nein, wir befinden uns im Bereitschaftsraum. Genauer gesagt einem möglichen Ort im Equilibrium.“

Ich zog die Augenbrauen fragend in die Höhe.

„Einfach gesagt: im Halb Hier, Halb Dort – im Irgends und Nirgends, im Sankt-Nimmerleins-Land.“

„Ah“, meinte ich etwas dümmlich, „jedenfalls nicht in der Hölle.“

„Oho, auch schon gemerkt? Du bist aber einer von der ganz schnellen Sorte.“

Sein Sarkasmus perlte von mir ab wie Wasser von einer Lotusblume. Regel Nummer eins und zwei des Reporterlebens übernahmen wie konditioniert die Kontrolle über mein Denken: – Suche die Fakten, bringe so viel du kannst in Erfahrung, danach ordne die Puzzleteilchen. Niemals, wirklich niemals, darfst du auf Kontra gehen, auch wenn du aufs Messer beleidigt, ungerecht behandelt oder benachteiligt wirst, bevor du nicht selbst das eine oder andere Ass im Ärmel hast. Geduld ist eine Tugend! Wenn du sicher bist, den letzten Stich zu machen, dann, und erst dann spiele mit im Ellbogenreigen der Informationsschürfer. – Tja, mein Mentor, so lange schon tot, und noch immer kann ich mich an deine Worte erinnern, als wäre es erst gestern gewesen.

Und selten in den letzten Jahren waren wir einander so nah, so tot…

Hörte ich jetzt etwa wirklich seine Stimme? Unwillkürlich zuckte ich zusammen und besann mich auf Regel eins und zwei. Es gab wirklich dringenderes, als Erinnerungen nachzuhängen. Also: vor der Hölle war ich anscheinend zunächst sicher, hier in diesem Equilibrium. Und? Ja, und ich wurde offensichtlich für etwas gebraucht, denn sonst wäre ja wohl kaum mein „ein Mann Begrüßungskomitee“ anwesend gewesen.

„Okay“, meinte ich. „Equilibrium. Klingt irgendwie nicht besonders anheimelnd, und ist es im Augenblick auch nicht gerade.“

Ich ließ meinen Blick vielsagend über das herabgewirtschaftete Interieur gleiten. „Was dagegen, wenn wir das hier verlassen? Ich meine, es ist doch möglich, hier weg zu kommen, oder?“

„Klar kann man. Und weißt du“, mein Gegenüber musterte mich mit beinahe so etwas wie beifälligem Interesse. „Das ist mal ein wirklich vernünftiger Vorschlag.“

Er wandte sich zum Gehen, ohne auch nur ein Mal zu sehen, ob ich ihm folgte. Kurz bevor er die Klinke niederdrückte, neigte er leicht den Kopf zur Seite und sagte kaum hörbar:

„Übrigens, Neuer, ich heiße Kat“, und dann trat er hinaus in eine nachtdunkle Gasse. Sturmregengepeitscht brachen ferner Schall und nahe, infamere Geruchswellen über mich herein, die nur einen Schluss zuließen – ich war zurück in der Zivilisation, präziser gesagt: in einer Stadt.

Ich folgte ihm. Ich verwünschte ihn und mich zugleich. In all der Zeit, die wir uns unterhalten hatten, war mir nicht ein einziges Mal bewusst geworden, dass ich bis auf eine Art leinenes Büßerhemd mit nichts bekleidet war. Der Wind fuhr mir unter das dünne Ding und blähte es wie ein Großsegel auf, während ich hastig darum bemüht war, es wieder um mich zu raffen und meine Blöße wieder zu bedecken. Kat lehnte lässig an der gegenüberliegenden Mauer und griente wie ein Honigkuchenpferd. Ich bedachte ihn mit einem säuerlichen Blick.

„Billy Wilder hätte seine helle Freude an deiner unfreiwilligen Neuinterpretation von Marilyn Monroes berühmter Luftschachtszene gehabt.“

Ich fluchte leise und bereute es sofort. Leider war ich nicht schnell genug im Bereuen und ich machte eine kurze, aber schmerzhafte Bekanntschaft mit etwas, das mir in Form einer leuchtenden Hand eine saftige Ohrfeige verpasste. Die real gewordene Moralkeule.

„Na, Streicheleinheit bekommen? Tja, der Herr hört eben alles und er hat manchmal einen etwas eigenwilligen Humor. Ich glaube, ich erwähnte das bereits…“ Kat grinste, falls das überhaupt möglich war, noch dreckiger als zuvor.

Ich konnte es kaum erwarten, dieses Ekel wieder loszuwerden, bemühte mich aber mir nichts anmerken zu lassen, schüttelte mir die erneut durchnässten Haare aus den Augen und betastete meine Backe. „Du hättest mich warnen können“, beklagte ich mich, während er mich kühl musterte und unterdrückte das stärker werdende Gefühl, ihm auch so eine Streicheleinheit zuteil werden zu lassen.

„Du hättest zuhören können. Kleine Sünden… na dämmert’s, Ricky?“

Die Art wie er das sagte: Ricky, das klang eher wie Bambi… Ich konzentrierte mich auf eine ruhige, gleichmäßige Atmung.

„Ach ja, noch was: Bevor ich’s vergesse – willkommen beim Club. Willkommen bei G.O.T.T. Du bist jetzt einer von uns, einer von der Globalen Observation Team Terra.

Der Mund blieb mir offen stehen und ich dachte ziemlich ernüchtert, während ich mir die brennende Backe rieb – na super, willkommen in deiner persönlichen brave new world.

Der Regen geißelte uns zu einem schwarzen Chevy der 1950er, der unweit des Gassenendes an der Mündung zu einer offensichtlich gut befahrenen Straße geparkt war, deren Verkehrslärm mit den Windböen zu uns getragen wurde. Für mich klang es wie der Inbegriff des Lebens, verlockend wie das Singen der Sirenen für Odysseus. Das Zucken der Neonreklamen fiel mattverzerrt spiegelnd wie Polarlicht über die elegante Karosserie des Wagens und verlieh ihm eine beinahe mystische Erscheinung. Immerhin: Stil hatte der Bastard. Natürlich: Kat fuhr, Kat schwieg… natürlich. Ich machte es mir auf dem Beifahrersitz gemütlich und versuchte zwischen den Sturzfluten, die durch Fahrtwind mit noch größerer Wucht auf die Scheiben niedergingen, Blicke auf die Außenwelt zu erhaschen.

„Ganz schön groß, die Nekropole“, wandte ich mich an Kat, als mir nach geraumer Zeit die Augen vom angestrengten Starren schmerzten und die Stille mehr als unangenehm geworden war. Zwar hatte ich mir vorgenommen, mir ihm gegenüber fortan keine Blöße mehr zu geben, sondern vielmehr möglichst cool zu wirken, aber ich musste an Informationen herankommen. An alles, was mir helfen konnte, meine Lage besser zu verstehen und mich mit meiner Zukunft, was auch immer die sein mochte, auseinanderzusetzen. Das mit dem – wenn er hier einen auf harten Hund machen konnte, na – das kann ich auch und schon lange – konnte vorerst noch warten.

„Ha, ha, Nekropole. Nein, das ist keine Nekropole. Das ist die ewige Stadt. Das ist Rom. Der Sitz des Heiligen Vaters. Der Sitz des Vatikans. Der Sitz des Heiligen Stuhls.“ In seiner Stimme klang beinahe so etwas wie Ehrerbietung und Kat sah mich erwartungsvoll an, als müsse das bei mir eine besondere Reaktion hervorrufen, allein – dem war nicht so. Ich glotzte blöd wie ein TV Junkie bei Popstars.

„Ähem…“ Kat räusperte sich. Mir fiel auf, wie blass er auf einmal geworden war und er musterte mich mit dem Blick, den ein Gärtner auf eine dicke Nacktschnecke an seinem (angefressenen) Salat wirft. „Auch das noch, bist wohl einer von diesen Ketzern?“

Er verstand es wirklich, in ein einzelnes Wort die geballte Abscheu eines ganzen Lebens zu packen, und ich hatte das Gefühl auf seiner Geringschätzungsskala gerade eine erdrutschartige Talfahrt gemacht zu haben. Meine Antwort bestand in einem mehr als fragenden Blick.

„Na, so ein Protestant?? Als ob der Job nicht schon schwierig genug wäre.“ Er fasste sich an den Kopf. „Welche Sünde habe ich denn begangen, o Herr? Herr erspar mir das. Herr??!“

Jammerte er? Ja, er jammerte! Mister Hartgesotten hatte einen weichen Punkt, und ich beschloss ein bisschen Wiedergutmachung zu betreiben.

„Jetzt hör schon auf, es hätte schlimmer kommen können. Ich hätte auch ein Wiedertäufer (Ha, da wirst du bleich!) oder gar ein Atheist (seine Finger krampften sich um das Lenkrad!) sein können.“

„Nein – das bist du nicht, das wäre eine Zumutung.“ Er sah mich scheel an. „Hey, Mann, lass den Quatsch. Ich arbeite nämlich schon so lange im Auftrag des Herrn, dass ich auf Andersgläubige allergisch reagiere.“

„Echt“, sagte ich gedehnt und versuchte ein hämisches Grinsen zu unterdrücken. „Kaum zu glauben! Und was, wenn ich ein Buddhist, oder Hindu oder gar ein Moslem wäre?“, fragte ich unschuldig. Kat hielt mit quietschenden Reifen, riss die Türe auf und übergab sich lautstark.

Ich muss zugeben, es war gemein. Fast tat er mir leid.

Irgendwann war er fertig. Er schlug die Türe zu und wischte sich zitternd das Kinn. „Das war ’ne echt miese Nummer von dir, Partner. Ne echt miese.“

„Sind wir quitt?“, fragte ich vorsichtig und hielt ihm die Hand und ein Taschentuch hin. Kat musterte meine Rechte wie die fleischgewordene Schlange der Versuchung. Er sah mir forschend ins Gesicht. Endlich, als ich schon glaubte zu hoch gepokert zu haben und meine einzige Informationsquelle hoffnungslos vergrault zu haben, nahm er das Taschentuch.

„Okay“, sagte er, und seine Schultern entspannten sich sichtlich. „Okay, okay, kann sein, du hast Recht, vielleicht bist du gar kein so schlechter Kerl. Jedenfalls hast du ein wenig ‚cojones’. Eier, verstehst du, und die brauchst du bei unserem Job.“

Von da an war zwar nicht alles ganz einfach, aber es war leichter. Anscheinend war es mir wirklich gelungen, fürs Erste so etwas wie Burgfrieden herzustellen. Wir hatten uns verhalten, wie es die Genetik von erwachsenen Rüden oder Männern fordert. Man hatte sich beschnüffelt, die Zähne gezeigt, am gleichen Baum gepisst, sein Revier markiert und dabei festgestellt, dass man im Grunde nicht so verschieden war. Das und die offenkundige Unvermeidlichkeit unseres vorerst weiteren Zusammenbleibens waren genügend Basis für eine Unterredung und Kat war ein Mann, der sein Wort in Ehren hielt. Nebenbei bemerkt: Das ist ein, wenn nicht der Unterschied zwischen Rüden und Männern: ein Hund wäre clever genug, einfach Leine zu ziehen, wenn er den anderen nicht wirklich riechen kann.

Er brachte den Wagen zurück in den Verkehr, der anscheinend in Rom nie ganz zum Erliegen kommt, pulsierende, rauschende Bänder wie Adern durch die Nacht zieht und der Ewigkeit der Ewigen einen Hauch Moderne verlieh. Die Schlaglichter anderer dahin hastender Nachttaxis und das selbst bei strömendem Regen unvermeidliche Geknatter und Gequalme der Roller mehrten sich und zogen mit uns vorbei an den ehrwürdig erodierenden Fassaden der Antike. Hinein und immer tiefer hinein ins schlagende Herz der junggebliebenen Alten.

„Zunächst einmal bringe ich dich zur Zentrale. Dort werden wir schon erwartet. Vielleicht sogar ungeduldig“, ergänzte er nach einem kurzen Blick auf die Armbanduhr. Sein Fahrstil, der auch bisher schon den abgebrühtesten Fahrlehrer zur Einnahme von Prozac oder anderen Antidepressiva gezwungen hätte, wurde brasilianisch. Wer einmal mit viel zu vielen Menschen und einer halben Zirkusmenagerie an Tieren in einen klapprigen Ex-Schulbus gepfercht über Südamerikas Schotterpisten gedonnert ist, weiß, wovon ich rede. Für all die anderen unglücklichen – es ist eine unbeschreibliche Grenzerfahrung, ein Adrenalinrausch, ja eine Offenbarung, wie hauchdünn Leben und Tod voneinander getrennt sind. Tja, hey, ihr Surfer, nix gegen tubed sein in einer Monsterwelle kurz vor der Riffkante… ihr versteht mich sicher...? Aber erst jetzt, da ich ohnehin schon tot war, konnte ich mich dem Reiz der zahllosen Beinahe-Kollisionen mit fatalem Ausgang ganz hingeben, ohne von irgendwelchen Gedanken wie o shit, o shit, o shit abgelenkt zu werden.

Nach ungefähr zehn Minuten des grellsten und rasantesten MTV Clips aller Zeiten erreichten wir den Vatikan. Ich gestehe: Ich dankte dem Herrn inbrünstig, dass er seine Hände schützend über uns sowie auch alle anderen gelegt hatte. Dass Wunder geschehen, war also anscheinend weitaus alltäglicher, als ich bis dato vermutet hatte. Zwar litten meine ersten italienischen Lektionen durch eklatanten, wenn auch verständlichen Mangel an sprachlicher Vielfalt jedoch – ich bekenne, dass meine Neigung, sich am ehesten Schimpfwörter zu merken, hierzulande bereits bemerkenswert gefördert worden war.

Kat parkte den Wagen im Halteverbot und ließ den Schlüssel stecken.

„Denk dir nichts, Kollege, er wird seinem Besitzer zurückgebracht. Mit Gottes Segen… Was kann man mehr verlangen?“

Tja, wirklich. Was? Wie wir an den Wachen der Schweizer Garde vorbei kamen, ohne gesehen zu werden, war mir zu diesem Zeitpunkt ein Rätsel, da ich mich für einen Toten, oder Equilibrierten, doch einigermaßen stofflich fühlte. Wie auch immer. Kat führte mich. Ich folgte. Allerdings nicht ohne mir die Augen aus dem Kopf zu staunen über all die Gemälde, gut – schon richtig – ich konnte sie im Dunkel kaum erkennen, aber sie waren da, tatsächlich! Da! Und die Kunstgegenstände, der Ornat der Türen, die Böden, die Stoffe, die Hölzer und so weiter und so fort. Das Ausmaß der beinahe sang und klanglos zur Schau gestellten Macht erschlug mich geradezu. Nach etlichen, verwinkelten Korridoren und Treppen, die uns bald hinauf, bald hinunter führten, gelangten wir in Teile der Heiligen Stadt, die offensichtlich nur selten Besuch zu Gesicht bekamen. Unser Weg führte uns immer tiefer hinab, durch verborgene Türen, entlang karg erleuchteter Bogengänge, die zu Tunneln wurden und uns schließlich vor eine unscheinbare Pforte brachten, die auf der anderen Seite eines gewaltigen, kreisrunden Wasserbeckens gelegen war.

„Du musst rüber schwimmen. Ich warte dann dort auf dich“, sagte Kat und ließ mich das erste Mal seit meiner Ankunft alleine. Gut, also sollte ich eben ein drittes Mal nass werden. Okay. War das ungerecht? Vielleicht ein wenig, aber umkehren? Nie im Leben – ups, ha, ha. Bringen wir’s also hinter uns. Ich sprang ins Wasser und wurde noch im selben Augenblick von einer Woge des Wohlbefindens ans andere Ufer gespült, ohne auch nur einen der vielen Armzüge und Beinschläge gemacht zu haben, die nötig gewesen wären, die Distanz zu überbrücken. Ich hatte kaum mein Erstaunen über den Transport überwunden, als sich Kat schon zu mir beugte, mir seine Rechte entgegenstreckte und mich an Land zog wie einen Fisch an der Angel.

„Weihwasser“, sagte er freundlich und fügte dann leicht belehrend hinzu: Verträgt kein Teufelswerk, geschweige denn er, oder einer seiner Lakaien. Eine reine Vorsichtsmaßnahme. Du verstehst?!“

Er klopfte mir auf die Schulter, umarmte mich, eh ich mich versah und gab mir links und rechts einen kratzigen Bruderkuss. Dann führte er mich, verdattert ohnegleichen, zur Pforte. Ein Guckloch öffnete sich nach seinem Klopfen und gleißend helles Licht fiel in sein Gesicht.

„Ah, du bist es Katechis. Und mal wieder reichlich spät.“ Das Licht fiel auf mich und verweilte.

„Ist ja nicht gerade was Besonderes. Wird gut zu dir passen…“

„Mach auf Johannes. Heb dir deine Spitzen für später auf“, entgegnete Kat betont unbeschwert. Vielleicht war es nur eine verspätete Reaktion auf die plötzliche Helligkeit aber seine Augen waren einen Sekundenbruchteil schmaler geworden. Boshaft geradezu. Dann aber waren diese Beobachtungen und die daraus resultierenden Fragen Nebensache, denn das Tor wurde aufgestoßen und wir traten ein ins Licht.

2.

Licht – dachte Don Angel Ernesto da Capivara, als er in einer winzigen Kabine saß. Komisch, dass ausgerechnet die Wege, die einen zum Licht führen sollen, ihren Ursprung in der trostlosen Dunkelheit beklemmender Abseiten nehmen. Scheiße – alles Scheiße, dachte er und zupfte nervös an seiner Krawatte herum. Und wieder eine halbe Stunde vertrödelt für nichts und wieder nichts. Wo bleibt dieser verdammte Priester? Er hatte noch einen wichtigen Termin und sein dahinrumpelnder Puls machte ihm die Dringlichkeit desselben klar. Mühsam zwang er seiner Atmung seinen Willen auf und unterdrückte den Drang, nach Luft zu schnappen wie ein Fisch an Land.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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