Entflammt von deinem Kuss - Brenda Jackson - E-Book

Entflammt von deinem Kuss E-Book

BRENDA JACKSON

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Beschreibung

Nie wieder mit dem Feuer zu spielen, das hat Sheila sich geschworen! Wäre bloß der durchtrainierte Sicherheitsexperte Zeke nicht ständig in ihrer Nähe, weil Sheila ein geheimnisvolles Findelkind versorgt. Gehört es etwa zu Zekes Job, sie heiß zu küssen?

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Seitenzahl: 205

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IMPRESSUM

Entflammt von deinem Kuss erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2011 by Harlequin Books S. A. Originaltitel: „Temptation“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA, Band 1736, 2012 Übersetzung: Roswitha Enright

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751501958

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

An manchen Tagen sollte man lieber gar nicht erst aufstehen.

Es sei denn, ein ungeheuer aufregender nackter Mann würde auf mich in der Küche warten, um mir Kaffee einzuschenken und mich dann auf seinen Schoß zu ziehen, dachte Sheila Hopkins, während sie die Augen zusammenkniff, um im Gegenlicht die Straße vor sich erkennen zu können. Die Novembersonne stand tief und reflektierte auf der Windschutzscheibe. Unwillkürlich musste sie lächeln.

Doch dann wurde sie wieder ernst. Ein Anruf ihrer Schwester hatte ihre ursprünglich gute Laune gründlich ins Gegenteil verkehrt. Dass sie nicht in Atlanta willkommen war, um die Schwester und ihre Familie zu besuchen, hatte Sheila schwer getroffen, obgleich sie sich so etwas hätte denken können.

Lois war die einzige Tochter aus der ersten Ehe ihres Vaters und hatte die kleine Halbschwester immer gehasst. Warum sollte sie also nach siebenundzwanzig Jahren plötzlich so etwas wie eine schwesterliche Liebe für Sheila entwickelt haben? Und dennoch hatte Sheila darauf gehofft.

Die Schwester führte ein glückliches Familienleben mit Mann und zwei Kindern, das dritte war unterwegs. Auch finanziell sah alles gut aus, denn ihr Mann besaß seine eigene Fernsehstation in Atlanta. Aber all das schien Lois nicht milder gestimmt zu haben. Sie hatte kalt, ja geradezu herzlos am Telefon geklungen.

Doch damit nicht genug. Kurz danach hatte das Krankenhaus angerufen und Sheila an ihrem freien Tag angefordert. Sie seien zu knapp besetzt. Und da Sheila ihren Beruf ernst nahm, hatte sie zugestimmt. Eigentlich hatte sie im Garten arbeiten wollen. Aber das war nicht so wichtig. Sie lebte allein und hatte weiter nichts vor. Also konnte sie auch Dienst machen.

Als sie an der Ampel halten musste, bemerkte sie aus dem Augenwinkel einen kleinen Sportwagen links neben sich und hob den Blick, um zu sehen, wer den schicken Flitzer fuhr. Sie sah den Mann nur im Profil, aber auch das war beeindruckend.

Als spüre er, dass sie ihn ansah, wandte der Mann sich ihr zu, und Sheila stockte der Atem. Donnerwetter, was für ein Kerl! Er hatte markante Gesichtszüge mit einem energischen Kinn, einem sensiblen Mund und großen dunkelbraunen Augen. Sofort musste Sheila an ihre Fantasie von heute Morgen denken, an den nackten Mann in ihrer Küche – dieser Kopf hier würde gut zu ihm passen …

Jetzt nickte er ihr zu, und ohne dass es ihr so recht bewusst war, grüßte sie zurück. Als er sie daraufhin anlächelte, zwang sie sich, schnell wieder auf die Straße zu sehen. Sowie die Ampel auf Grün sprang, gab Sheila Gas. Auf keinen Fall sollte der Fremde glauben, sie wolle mit ihm flirten, auch wenn er noch so gut aussah. Dass eine attraktive Verpackung nicht immer das enthielt, was gut für sie war, das hatte Sheila bereits erfahren müssen. Crawford war dafür ein gutes Beispiel gewesen.

Als sie bei der nächsten Ausfahrt rausfuhr, wunderte sie sich immer noch, dass ihr dieser Mann bisher nicht aufgefallen war. Nicht dass sie alle Männer kannte, die in dieser texanischen Stadt lebten. Aber Royal war klein, und jemanden wie den Fremden in dem Sportwagen hätte sie bestimmt nicht übersehen. Wer weiß, vielleicht würde sie ihm noch einmal begegnen.

Und dann? Was sollte schon sein? Nichts.

Sie hatte weder Zeit noch Lust, sich auf einen Mann einzulassen. Damit hatte sie schlechte Erfahrungen gemacht, und das war auch der Grund, weshalb sie von Dallas nach Royal gezogen war. Sie wollte noch einmal ganz neu anfangen. Allerdings wusste sie auch, dass es nicht genügte, den Wohnsitz zu wechseln. Sie selbst musste sich ändern, wenn sie nicht immer wieder in Schwierigkeiten geraten wollte.

Ezekiel Travers lachte leise, als er sah, wie die hübsche Frau im Wagen neben ihm Gas gab und davonraste, als habe sie etwas Wichtiges vor. Da ist sie nicht die Einzige, dachte er und beobachtete, wie sie die nächste Ausfahrt nahm. Irgendjemand hatte vor, den Ruf seines besten Freundes Bradford Price zu ruinieren, und das ging entschieden zu weit.

Brad hatte ihn entnervt angerufen und ihm erzählt, dass jemand ihn erpressen wollte. Vor dem Eingang des Texas Cattleman’s Club, kurz TCC genannt, war ein Baby gefunden worden, das laut der beiliegenden Notiz das Kind von Brad sein sollte.

Sein Handy klingelte, und er wusste sofort, wer dran war. „Ja, Brad?“

„Zeke, wo bist du?“

„Ich bin in ein paar Minuten da. Keine Sorge, ich kriege raus, wer dahintersteckt.“

„Ich habe keine Ahnung, wer sich diesen üblen Scherz mit mir erlaubt. Aber ich schwöre dir, es ist nicht mein Baby!“

„Natürlich nicht. Was durch einen Vaterschaftstest ganz einfach bewiesen werden kann. Also beruhige dich.“

Zeke hatte keinen Grund, seinem besten Freund nicht zu glauben. Sie kannten sich, seit sie auf dem Campus der University of Texas gemeinsam ein Zimmer bewohnt hatten. Nach dem Studium war Brad nach Royal zurückgekehrt und in die Bank seiner Familie eingestiegen. Später hatte er dann auch seinen Freund Zeke überredet, nach Royal zu kommen. Das war nicht schwer gewesen, denn Zeke hatte immer gesagt, dass er am liebsten aus Austin wegziehen und sich in einer Kleinstadt niederlassen würde.

Da Zeke als Sicherheitsfachmann und Privatdetektiv nicht nur ein kleines Vermögen verdient, sondern sich auch einen guten Ruf erworben hatte, konnte er überall in Texas leben. Längst brauchte er nicht mehr jeden Fall anzunehmen. Deshalb hatte er zugesagt, als Brad ihm vorgeschlagen hatte, Partner von Darius Franklins Detektei zu werden. Zeke war nach Royal geflogen und hatte sich sofort in die kleine Stadt verliebt. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass sein erster Fall mit seinem besten Freund zu tun haben würde.

„Ich wette, dass Abigail dahintersteckt“, stieß Brad wütend hervor. Abigail Langley war seine schärfste Rivalin um die Präsidentschaft des TCC.

„Dafür hast du keine Beweise. Und bisher habe ich auch noch keine Verbindung zwischen Ms. Langley und den Erpresserbriefen feststellen können. Aber sollte sie etwas damit zu tun haben, dann kriege ich das heraus, darauf kannst du Gift nehmen. Bleib, wo du bist, ich bin gleich bei dir.“

Leise seufzend steckte er das Telefon wieder weg. Seit fünf Monaten erhielt sein Freund diese Briefe, und dass er bisher in dem Fall nicht weitergekommen war, ärgerte Zeke. Hätte er die Sache schon vor ein paar Monaten gelöst, wäre es vielleicht gar nicht dazu gekommen, dass auch noch ein unschuldiger Säugling mit hineingezogen wurde.

Was es bedeutete, als Kind ausgesetzt zu werden, konnte er gut nachempfinden. Auch mit dreiunddreißig. Seine Mutter hatte ihn zwar nicht irgendjemandem vor die Tür gelegt, aber sie hatte ihn bei ihrer Schwester abgegeben und war erst vierzehn Jahre später wiederaufgetaucht. Auch dann war sie nur kurze Zeit geblieben.

Zeke schüttelte den Kopf. Es hatte keinen Sinn, sich mit der traurigen Vergangenheit zu beschäftigen. Jetzt ging es um Brad. Wenn die Sache mit dem Kind und der Notiz, Brad sei, der Vater, ein Witz sein sollte, dann war er nicht besonders komisch. Zeke war entschlossen, herauszufinden, wer dahintersteckte.

Sowie Sheila auf ihrer Station war, begriff sie, weshalb man sie angerufen hatte. Mehrere Schwestern hatten sich krankgemeldet, und die Notaufnahme war überfüllt.

„Dann musstest du tatsächlich an deinem freien Tag kommen?“

Sheila sah sich um und lächelte. Es war ihre Kollegin Jill Lanier, die sie an ihrem ersten Tag im Royal Memorial Hospital unter ihre Fittiche genommen hatte und mit der sie inzwischen gut befreundet war. Als sie nach Royal gezogen war, hatte sie keine Seele gekannt und war Jill deshalb dankbar gewesen.

Sie wollte Jill gerade antworten, als sie ein Baby weinen hörte. Verblüfft sah sie die Freundin an. „Was ist das denn?“

Zwei Polizisten kamen auf sie zu, der eine hielt ein schreiendes Baby in den Armen. Sheila wies auf das Kind. „Was ist denn passiert?“

Der junge Beamte sah sie mit milder Verzweiflung an. „Ich weiß auch nicht, warum die Kleine schreit“, sagte er hilflos. „Jemand hat sie dem TCC vor die Tür gelegt. Und man hat uns gesagt, wir sollten sie hierher bringen.“

Sheila hatte von dem Klub schon gehört. Die meisten Mitglieder hatten viel Geld und verstanden sich als die wahren Texaner. Das einzig Positive an dem Klub war sein Engagement bei sozialen Aufgaben. So hätte die neue Krebsabteilung des Krankenhauses nicht ohne die kräftige Finanzspritze des TCC gebaut werden können.

Als Jill dem Mann das Kind abnahm, atmete er erleichtert auf. Das Baby jedoch fing noch kräftiger an zu schreien. „Ausgerechnet dem TCC? Warum das denn?“

„Keine Ahnung, warum jemand überhaupt sein Kind aussetzt“, sagte der andere Polizist. Auch er schien froh zu sein, dass sie das Baby los waren.

Die Kleine, die etwa fünf Monate sein musste, war inzwischen hochrot angelaufen und konnte sich gar nicht wieder beruhigen. Jill sah die Freundin verzweifelt an, während sie das Baby unbeholfen in den Armen wiegte. Sie war ein paar Jahre jünger als Sheila und hatte keinerlei Erfahrung mit Säuglingen.

Der junge Beamte räusperte sich. „Man hat eine Notiz bei dem Kind gefunden, die besagt, Brad Price sei der Vater.“

„So?“ Sheila kannte Brad Price nicht persönlich, aber sie hatte natürlich von ihm gehört. Seine Familie war in Royal tonangebend und hatte eine Menge Geld im Bankgewerbe verdient. „Wissen Sie, ob jemand vom Sozialamt auf dem Weg hierher ist?“

„Ja, sie wollten jemanden schicken. Price behauptet, es sei nicht sein Kind. Man wird einen Vaterschaftstest machen.“

„Gut.“ Sheila nickte. Das Ergebnis würde wahrscheinlich erst in einer Woche feststehen.

„Und was sollen wir solange mit ihr tun?“ Jill sah die Polizisten fragend an, während sie immer noch versuchte, das Baby zu beruhigen. Umsonst, die Kleine schrie wie am Spieß.

„Behalten Sie sie erst einmal hier.“ Der junge Beamte hatte sich bereits halb abgewandt, als könne er es gar nicht erwarten, von hier wegzukommen. „Die Frau vom Sozialamt wird Ihnen dann sagen, wie es weitergehen soll. Die Kleine hat bisher noch keinen Namen, zumindest stand nichts auf dem Zettel.“

Auch der andere Polizist hatte es auf einmal eilig. „Wir müssen jetzt leider gehen, meine Damen.“ Er blickte leicht angeekelt auf seinen rechten Ärmel. „Sie hat gespuckt, und ich muss noch schnell zu Hause vorbeifahren, um mich umzuziehen. Viel Glück!“

„Die haben wirklich Nerven“, sagte Jill empört und sah den beiden hinterher. „Was sollen wir denn bloß mit ihr anfangen? Eins ist sicher, das Kind hat kräftige Lungen.“

„Vielleicht sollte sie mal von jemandem untersucht werden“, meinte Sheila. „Möglicherweise gibt es einen Grund für ihr Gebrüll. Lass uns Dr. Phillips anpiepen.“

„Das kann ich ja machen.“ Jill drückte Sheila schnell das Kind in den Arm. „Du kannst sie auch mal nehmen.“

„Was? Na, hör mal …“ Lächelnd beugte sich Sheila zu der Kleinen hinunter und versuchte, sie zu beruhigen. „So schlimm ist das doch alles gar nicht“, flüsterte sie. Auch sie hatte kaum Erfahrung mit Kindern. Ihren kleinen Neffen und ihre Nichte hatte sie bisher nur zweimal gesehen.

Lois war mit der zweiten Ehe des Vaters nie einverstanden gewesen und ließ ihren Zorn an Sheila aus, die vier Jahre jünger war. Immer noch hoffte Sheila, dass die Schwester irgendwann ihre Haltung ändern würde, aber bisher war in dieser Hinsicht nichts geschehen.

Doch das war jetzt zweitrangig, jetzt ging es um dieses kleine Wesen, das ihr in den Armen lag. Sheila lächelte die Kleine an, die sie aus ihren großen haselnussbraunen Augen ansah – und plötzlich aufhörte zu schreien. Stattdessen zeichneten sich entzückende Grübchen auf den runden Wangen ab.

„So? Du kannst also auch lächeln?“ Sheila war begeistert. „Du bist ja eine süße kleine Maus, der reinste Sonnenschein. Ich glaube, ich nenne dich erst einmal Sunnie, bis wir wissen, wie du wirklich heißt.“

„Dr. Phillips ist auf dem Weg hierher, und ich muss dringend in den dritten Stock.“ Jill wandte sich bereits zum Gehen. „Aber sag, wie hast du es denn geschafft, dass die Kleine aufgehört hat zu schreien?“

„Keine Ahnung. Vielleicht mag sie mich.“

„Sieht ganz so aus“, sagte eine tiefe männliche Stimme hinter ihr.

Hastig drehte Sheila sich um – und blickte in die schönsten dunkelbraunen Augen, die sie je bei einem Mann gesehen hatte. Der samtene Blick ließ sie sofort an Schlafzimmer, weiße Seidenlaken und glühende Leidenschaft denken. Irgendwo hatte sie den Mann schon einmal gesehen. Aber wo? Das Gesicht kam ihr bekannt vor … Richtig, das war der Sportwagenfahrer, der an der Ampel neben ihr gestanden und versucht hatte, mit ihr zu flirten. Daraufhin hatte sie Gas gegeben, um ihm zu entkommen.

Das war ihr wohl nicht gelungen. Denn hier stand er, direkt vor ihr, in all seiner beeindruckenden Männlichkeit.

2. KAPITEL

Diese Frau sehe ich heute schon zum zweiten Mal, ging Zeke durch den Kopf. Und wieder sah sie gut aus, selbst in diesem Schwesternkittel. Das schulterlange schwarze Haar, die leicht getönte Haut und die großen Augen waren eindrucksvoll genug.

Sie war also Krankenschwester. Von ihm aus konnte sie ihm gern Fieber messen, wann und wo sie wollte. Vielleicht am besten gleich, denn er hatte durchaus das Gefühl, dass ihr bloßer Anblick seine Temperatur in die Höhe trieb.

„Kann ich Ihnen helfen?“

Er schrak leicht zusammen. „Äh, ja … Das Baby da in Ihrem Arm …“

Wie um es zu schützen, drückte Sheila das Kind an sich. „Was ist damit?“

„Ich will wissen, was mit ihm los ist.“

Fragend hob sie eine Augenbraue. „Und Sie sind …?“

Er bot all seinen Charme auf und lächelte. „Zeke Travers. Privatdetektiv.“

Bevor Sheila antworten konnte, kam ihr eine männliche Stimme zuvor. „Zeke Travers! Donnerwetter! Ist das nicht der berühmte Footballspieler, der mit dem Team der Universität die nationale Meisterschaft gewonnen hat? Ich weiß nicht mehr genau, wann das war. Aber du warst damals zusammen mit Brad Price und Chris Richards nicht zu schlagen. Irgendjemand hat mir erzählt, dass du nach Royal gezogen bist.“

Verblüfft sah Sheila zu, wie Dr. Warren Phillips diesen Zeke herzhaft umarmte. Offenbar kannten die beiden sich. Gespannt hörte sie zu.

„Ja, ich bin vor einem halben Jahr hergezogen“, sagte Zeke. „Austin wurde mir zu groß. Ich wollte mal ausprobieren, wie es sich in einer kleinen Stadt lebt. Brad meinte, ich solle unbedingt nach Royal kommen. Glücklicherweise konnte ich Darius Franklin überzeugen, dass er einen Partner braucht.“

„Global Securities?“

„Ja, und bisher klappt alles bestens. Mit Darius komme ich gut aus, und die Stadt gefällt mir. Eigentlich jeden Tag ein bisschen besser.“ Dabei warf er Sheila einen vielsagenden Blick zu.

Nur schwer konnte sie sich von seinem Anblick lösen. Erst als Dr. Phillips sich räusperte, wandte sie sich ab.

„Und weshalb bist du hier zu uns gekommen?“ Belustigt sah Dr. Phillips zwischen Sheila und Zeke hin und her.

„Wegen des Babys da.“ Zeke wies auf die Kleine. „Es ist heute Morgen auf der Türschwelle des TCC zurückgelassen worden. Ein Zettel lag dabei mit dem angeblichen Namen des Vaters. Brad Price. Und ich möchte beweisen, dass Brad nicht der Vater ist.“

„Wenn das so ist“, meinte Dr. Phillips lächelnd, „dann sollten wir das Kind wohl mal gründlich untersuchen.“

Kurze Zeit später ließ Dr. Phillips sein Stethoskop in die Kitteltasche gleiten und lehnte sich lächelnd gegen den Untersuchungstisch. „Also, diese junge Dame ist kerngesund.“ Er nickte Sheila zu. „Und sie fühlt sich offenbar nur bei Ihnen wohl, Schwester Sheila. Wenn Sie nicht hier gewesen wären, hätte sie sich wohl kaum von mir untersuchen lassen.“

Sheila lachte leise und sah die Kleine zärtlich an. „Sie ist entzückend. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass jemand sie loswerden wollte.“

„Tja, aber es sieht so aus“, meinte Zeke kopfschüttelnd.

Als sie seine tiefe Stimme hörte, überlief es sie heiß. Sie hatte ganz vergessen, dass er mit in den Untersuchungsraum gekommen war. Warum eigentlich? Wollte er das Baby nicht aus den Augen lassen? „Weshalb sind Sie so sicher, Mr. Travers, dass es nicht Brad Prices Kind ist? Ich bin ihm zwar nur ein- oder zweimal begegnet, aber er hat auch diese haselnussbraunen Augen.“

„Wie Millionen andere Menschen auch.“

Offenbar war ihm die Fragerei unbequem. So wandte sie sich an Dr. Phillips. „War das die Frau vom Sozialamt, die vorhin durch die Tür guckte, als Sie Sunnie untersuchten? Hat sie gesagt, was mit dem Kind weiter geschehen soll?“

„Sunnie?“ Dr. Phillips sah sie überrascht an.

„Ja.“ Sheila nickte lächelnd. „Als ich sie ansah, strahlte sie mich an wie ein Sonnenschein. Und da keiner ihren Namen kennt, habe ich sie Sunnie genannt.“

„Nichts dagegen.“ Dr. Phillips schmunzelte. „Ja, Ms. Talbert kommt tatsächlich vom Sozialamt, hat aber auch keine Ahnung, zu wem die Kleine gehören könnte. Zumal Brad behauptet, es sei nicht sein Kind.“

„Und das stimmt“, mischte sich Zeke wieder ein. „Seit fünf Monaten bekommt er jetzt diese Erpresserbriefe, die ihm so etwas wie dies hier androhen.“ Verlegen rieb er sich den Nacken. „Ich habe ihm versprochen, mich darum zu kümmern, und ihm geraten, die Briefe vorläufig zu ignorieren. Ehrlich gesagt habe ich das Ganze für eine leere Drohung gehalten, aber offenbar habe ich mich getäuscht.“

Und das ärgerte ihn selbst am meisten. Er hätte die Sache ernster nehmen und nicht warten sollen, bis etwas passiert. Nachdenklich blickte er das Kind an. Was diese Sheila gesagt hatte, stimmte. Die Kleine hatte haselnussbraune Augen – und nicht nur das. Ihre Augen schimmerten in dem gleichen goldbraunen Ton wie die Brads. Und wenn es doch Brads Kind war? Schließlich war Brad Price als Playboy bekannt.

Dennoch, was Brad ihm erzählt hatte, war glaubhaft. Er hatte geschworen, seit achtzehn Monaten nicht mehr mit einer Frau geschlafen zu haben. Und wenn das Baby fünf Monate alt war, konnte Brad unmöglich der Vater sein.

„Übrigens, Zeke“, Dr. Phillips sah den Freund kurz an, „dies ist Sheila Hopkins, eine unserer besten Schwestern.“ Dann wandte er sich wieder Sheila zu. „Aber ich habe Ihre Frage noch nicht beantwortet. Ms. Talbert möchte das Ergebnis des Vaterschaftstests abwarten. Ich habe ihr zugesagt, dass wir uns solange um das Baby kümmern.“

„Wo? Hier?“

„Ja. Es sollte nicht zu lange dauern, es sei denn, Brad weigert sich, den Test machen zu lassen.“ Dr. Phillips sah Zeke fragend an.

„Nein, er weiß, dass das nur zu seinem Besten ist“, versicherte Zeke.

„Das heißt, Sunnie muss hier im Krankenhaus bleiben? Obwohl sie vollkommen gesund ist? Bis die Ergebnisse da sind, können zwei Wochen vergehen.“ Sheila warf einen kurzen Blick auf Zeke. „Ob Ihr Klient nun der Vater ist oder nicht, bestimmt ist es doch auch in seinem Sinn, dass das Kind sich wohlfühlt, bis man weiß, wo es hingehört.“

Zeke seufzte genervt. „Und was schlagen Sie vor, Ms. Hopkins? Vielleicht ist es für das Kind nicht ideal, hier im Krankenhaus zu bleiben. Aber die Alternative wäre, es dem Sozialamt zu übergeben. Das bedeutet, die Kleine würde von Pflegeeltern zu Pflegeeltern wandern, wenn sich herausstellt, dass Brad nicht der Vater ist.“

Was sollte sie dazu sagen? Traurig sah Sheila die Kleine an, die zufrieden in ihren Armen eingeschlafen war. Aus welchen Gründen auch immer, Sunnies Mutter hatte das Kind nicht haben wollen, und nun musste Sunnie darunter leiden. Wie ungerecht. Nur zu genau konnte Sheila sich daran erinnern, wie sehr sie darunter gelitten hatte, nicht erwünscht gewesen zu sein.

„Vielleicht gibt es noch eine andere Möglichkeit, Schwester Sheila“, fing Dr. Phillips langsam an. „Das heißt, wenn Sie damit einverstanden sind. Und auch Ms. Talbert müsste zustimmen.“

„Und die wäre?“

„Vor einigen Jahren war Winona, die spätere Frau meines Kollegen Dr. Webb, in einer ähnlichen Situation. Jemand hatte ein Kind vor ihrer Tür ausgesetzt. Und da Winona selbst bei verschiedenen Pflegeeltern aufgewachsen war, wollte sie das Kind vor diesem Schicksal bewahren. Kurz gesagt, sie nahm das Kind auf, und nachdem Dr. Webb und sie geheiratet hatten, adoptierten sie das Kind.“

„Und was hat das mit mir zu tun?“

Dr. Phillips lächelte. „Nun, Sie könnten doch die Pflegemutter für Sunnie sein, bis sich herausstellt, wohin sie gehört. Ich bin sicher, dass Ms. Talbert damit einverstanden ist.“

Schockiert sah Sheila ihn an. „Ich eine Pflegemutter? Ich habe doch keine Ahnung, wie man mit einem Baby umgeht.“

„Das glaube ich Ihnen nicht, Ms. Hopkins“, schaltete sich Zeke ein. „Nur Sie haben das Kind beruhigen können, nur bei Ihnen scheint es sich wohlzufühlen. Und als Schwester sind Sie doch gewohnt, andere Menschen zu pflegen.“

Ganz sicher war das auch in Brads Sinn, der zwar schwor, mit dem Kind nichts zu tun zu haben, es aber sicher in guter Obhut sehen wollte. Außerdem, hing diese Sheila Hopkins nicht schon irgendwie an der Kleinen?

„Und noch eins“, fuhr er fort. „Falls Sie sich Sorgen machen, wie Sie das Ganze mit Ihrem Beruf vereinen können. Ich bin sicher, dass das Krankenhaus Ihnen für die Zeit unbezahlten Urlaub gibt. Und Mr. Price wird Ihnen gern Ihr Gehalt weiterzahlen.“

„Das ist eine fabelhafte Idee.“ Dr. Phillips strahlte. „Ich denke, es wird kein Problem sein, das hier im Haus durchzusetzen. Sunnies Wohlbefinden sollte für alle an erster Stelle stehen.“

Das ist ja alles ganz schön und gut, dachte Sheila. Aber sie eine Pflegemutter? „Wie lange, meinen Sie, werde ich mich um die Kleine kümmern müssen?“ Unsicher blickte sie auf das Kind herunter. Es strahlte sie jetzt an.

„Zwei, drei Wochen, wenn überhaupt“, meinte Zeke. „Bis dahin sollten die Ergebnisse das Vaterschaftstests da sein.“

Die Kleine quiekte vor Vergnügen, als sie eine von Sheilas Haarsträhnen zu fassen kriegte, und unwillkürlich sah Sheila sie wieder an. Was für ein süßes Kind. Und diese Augen … Plötzlich wusste sie, sie würde es tun. Sunnie brauchte vorübergehend ein Zuhause, und das konnte sie ihr geben. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, gebraucht zu werden.

Langsam hob sie den Kopf und sah in die gespannten Gesichter der beiden Männer. „In Ordnung, ich werde Sunnie für diese Zeit aufnehmen.“

Zeke zog die Jacke aus, warf sie nach hinten und glitt hinter das Lenkrad. Doch er fuhr nicht gleich los, sondern lehnte sich zurück und betrachtete nachdenklich den Eingang des Krankenhauses. Dass Sheila Hopkins sich bereit erklärt hatte, das Baby aufzunehmen, beruhigte ihn. Bestimmt war das Kind bei ihr gut aufgehoben, und er konnte sich auf die Suche nach Brads Erpresser konzentrieren.

Jeder noch so kleinen Spur würde er nachgehen, bis er den Fall geklärt hatte, und er würde sich dabei von nichts und niemandem ablenken lassen. Auch nicht von Sheila Hopkins – was nicht ganz einfach war. Mit ihr in einem Raum zu sein, selbst als Warren Phillips dabei war, war die reine Folter gewesen. Sie war so attraktiv und schien sich dessen gar nicht bewusst zu sein. Seltsam. Sie war nicht verheiratet oder verlobt, zumindest trug sie keinen Ring.

Als er versucht hatte, Warren auszuhorchen, hatte der Freund sie in den höchsten Tönen gepriesen. Sie sei eine vorbildliche Schwester, sehr zuverlässig und intelligent. Außerdem hatte Warren ihm erzählt, dass Sheila im letzten Jahr von Dallas nach Royal gezogen war.

Dennoch konnte es nicht schaden, genauere Informationen über sie einzuholen. Denn für eine gute Summe mit der Story an die Presse zu gehen, war für viele eine Versuchung. Er musste sich vergewissern, dass Ms. Hopkins nicht zu diesem Typ Mensch gehörte. Er hatte Brad versprochen, den Fall, der dem Freund Albträume verursachte, ohne Aufsehen zu lösen.

Gerade als er den Motor starten wollte, sah er Sheila Hopkins aus der Tür kommen. Sie rannte über den Parkplatz, als sei der Teufel hinter ihr her. Warum wohl? Schnell stieg Zeke aus und stellte sich ihr in den Weg.

„Was soll das?“, fuhr sie ihn an. „Sie haben mich zu Tode erschreckt.“

„Entschuldigen Sie, aber ich hatte den Eindruck, Sie hätten Probleme. Warum haben Sie es denn so eilig?“