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In 'Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln' bietet Karl Marx einen detaillierten Einblick in die Gerichtsverhandlung gegen die Kölner Kommunisten im Jahr 1852. Mit seinem prägnanten und scharfsinnigen Schreibstil analysiert Marx die politischen und sozialen Geschehnisse dieser Zeit und zeigt die Ungerechtigkeiten des Prozesses auf. Das Buch enthüllt die politische Repression gegenüber den sozialistischen Bewegungen und betont die Bedeutung von individuellen Freiheiten und dem Kampf gegen Unterdrückung. Marx verwendet historische Fakten und juristische Argumente, um seine kritische Haltung gegenüber dem Justizsystem deutlich zu machen. 'Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln' ist ein wichtiges literarisches Werk, das den Leser dazu anregt, über soziale Gerechtigkeit und politische Freiheit nachzudenken. Karl Marx, ein führender Denker des 19. Jahrhunderts, war selbst Zeuge von Unterdrückung und Ungerechtigkeit, was ihn dazu inspirierte, dieses Buch zu verfassen. Als Verfechter des Kommunismus und Vordenker der sozialen Revolution brachte Marx seine politischen Überzeugungen in seinem Werk zum Ausdruck. Sein tiefgreifendes Verständnis für soziale Strukturen und seine kritische Analyse machen dieses Buch zu einem wichtigen Beitrag zur politischen Literaturgeschichte. 'Enthüllungen über den Kommunisten-Prozeß zu Köln' ist ein unverzichtbares Werk für alle, die sich für das politische Denken und die sozialen Bewegungen des 19. Jahrhunderts interessieren.
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Seitenzahl: 127
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Nothjung wurde am 10. Mai 1851 in Leipzig verhaftet, kurz darauf Bürgers, Röser, Daniels, Becker usw. Am 4. Oktober 1852 erschienen die Verhafteten vor den Kölner Assisen unter der Anklage »hochverräterischen Komplotts« gegen den preußischen Staat. Die Untersuchungshaft – Zellengefängnis – hatte also an 1 ½ Jahre gewährt.
Bei der Verhaftung von Nothjung und Bürgers fand man das »Manifest der Kommunistischen Partei« vor, die »Statuten des Bundes der Kommunisten« (einer kommunistischen Propagandagesellschaft), zwei Ansprachen der Zentralbehörde dieses Bundes, endlich einige Adressen und Druckschriften. Nachdem die Verhaftung des Nothjung schon acht Tage bekannt war, fielen Haussuchungen und Verhaftungen in Köln vor. Wenn also noch etwas zu finden gewesen wäre, so war es jetzt sicher verschwunden. In der Tat beschränkte sich der Fang auf einige irrelevante Briefe. 1 ½ Jahre später, als die Verhafteten endlich vor den Geschworenen erschienen, war das bona fide Material der Anklage auch nicht um ein einziges Dokument vermehrt. Dennoch hatten sämtliche Behörden des preußischen Staats, wie das öffentliche Ministerium (vertreten durch v. Seckendorf und Saedt) versichert, die angestrengteste und vielseitigste Tätigkeit entwickelt. Womit waren sie also beschäftigt? Nous verrons!
Die ungewöhnliche Dauer der Untersuchungshaft wurde in der sinnreichsten Weise motiviert. Erst hieß es, die sächsische Regierung wolle Bürgers und Nothjung nicht an Preußen ausliefern. Das Gericht zu Köln reklamierte vergeblich bei dem Ministerium zu Berlin, das Ministerium zu Berlin vergeblich bei den Behörden in Sachsen. Indes, der sächsische Staat ließ sich erweichen. Bürgers und Nothjung wurden ausgeliefert. Endlich, Oktober 1851 war die Sache so weit gediehen, daß die Akten dem Anklagesenat des Kölner Appellhofs vorlagen. Der Anklagesenat entschied, »daß kein objektiver Tatbestand für die Anklage vorliege und – die Untersuchung daher von neuem beginnen müsse«. Der Diensteifer der Gerichte war unterdes angefacht worden durch ein eben erlassenes Disziplinargesetz, das die preußische Regierung befähigte, jeden ihr mißliebigen richterlichen Beamten zu beseitigen. Diesmal also wurde der Prozeß sistiert, weil kein Tatbestand vorlag. In dem folgenden Assisenquartal mußte er aufgehoben werden, weil zuviel Tatbestand vorlag. Der Aktenstoß, hieß es, sei so enorm, daß der Ankläger sich nicht durcharbeiten könne. Er arbeitete sich nach und nach durch, der Anklageakt wurde den Verhafteten zugestellt, die Eröffnung der Verhandlungen für den 28. Juli zugesagt. Unterdes war aber das große Regierungstriebrad des Prozesses, Polizeidirektor Schulz, erkrankt. Die Angeklagten hatten auf Schulzens Gesundheit drei fernere Monate zu sitzen. Zum Glück starb Schulz, das Publikum ward ungeduldig, die Regierung mußte den Vorhang aufziehen.
Während dieser ganzen Periode hatten die Polizeidirektion in Köln, das Polizeipräsidium in Berlin, die Ministerien der Justiz und des Innern fortwährend in den Gang der Untersuchung eingegriffen, in derselben Weise, wie später ihr würdiger Repräsentant Stieber als Zeuge in die öffentlichen Gerichtsverhandlungen zu Köln eingriff. Es gelang der Regierung, ein Geschworenengericht zustande zu bringen, wie es in den Annalen der Rheinprovinz unerhört ist. Neben Mitgliedern der hohen Bourgeoisie (Herstadt, Leiden, Joest) städtisches Patriziat (von Bianca, vom Rath), Krautjunker (Häbling von Lanzenauer, Freiherr von Fürstenberg etc.), zwei preußische Regierungsräte, darunter ein königlicher Kammerherr (von Münch-Bellinghausen), endlich ein preußischer Professor (Kräusler). In dieser Jury waren also sämtliche der in Deutschland herrschenden Klassen vertreten, und nur sie waren vertreten.
Vor dieser Jury, scheint es, konnte die preußische Regierung den geraden Weg einschlagen und einen einfachen Tendenzprozeß machen. Die von Bürgers, Nothjung etc. als echt anerkannten und bei ihnen selbst abgefaßten Dokumente bewiesen zwar kein Komplott; sie bewiesen überhaupt keine Handlung, die durch den Code pénal vorgesehen ist, allein sie bewiesen unwiderleglich die Feindschaft der Angeklagten gegen die bestehende Regierung und die bestehende Gesellschaft. Was der Verstand des Gesetzgebers versäumte, konnte das Gewissen der Geschworenen nachholen. War es nicht eine List der Angeklagten, ihre Feindschaft gegen die bestehende Gesellschaft so einzurichten, daß sie gegen keine Paragraphen des Gesetzbuchs verstieß? Hört eine Krankheit auf ansteckend zu sein, weil sie in der Nomenklatur der Medizinalpolizeiordnung fehlt? Hätte sich die preußische Regierung darauf beschränkt, aus dem tatsächlich vorliegenden Material die Schädlichkeit der Angeklagten nachzuweisen, und die Jury sich damit begnügt, sie durch ihr »Schuldig« unschädlich zu machen, wer konnte Regierung und Jury angreifen? Niemand als der blöde Schwärmer, der einer preußischen Regierung und den in Preußen herrschenden Klassen Stärke genug zutraut, auch ihren Feinden, solange sie sich auf dem Gebiete der Diskussion und der Propaganda halten, freien Spielraum gewähren zu können.
Indes, die preußische Regierung hatte sich selbst von dieser breiten Heerstraße politischer Prozesse ab geschnitten. Durch die ungewöhnliche Verschleppung des Prozesses, durch die direkten Eingriffe des Ministeriums in den Gang der Untersuchung, durch die geheimnisvollen Hinweisungen auf ungeahnte Schrecken, durch Prahlereien mit Europa umstrickender Verschwörung, durch die eklatant brutale Behandlung der Gefangenen war der Prozeß zu einem procès monstre aufgeschwellt, die Aufmerksamkeit der europäischen Presse auf ihn gelenkt und die argwöhnische Neugierde des Publikums aufs höchste gespannt. Die preußische Regierung hatte sich in eine Position gedrängt, wo die Anklage anstandshalber Beweise liefern und die Jury anstandshalber Beweise verlangen mußte. Die Jury stand wieder selbst vor einer andern Jury, vor der Jury der öffentlichen Meinung.
Um den ersten Fehlgriff gutzumachen, mußte die Regierung einen zweiten begehen. Die Polizei, die während der Untersuchung als Instruktionsrichter fungierte, mußte während der Verhandlungen als Zeuge auftreten. Neben den normalen Ankläger mußte die Regierung einen anormalen hinstellen, neben die Prokuratur die Polizei, neben einen Saedt und Seckendorf einen Stieber mit seinem Wermuth, seinem Vogel Greif und seinem Goldheimchen. Die Intervention einer dritten Staatsgewalt vor Gericht war unvermeidlich geworden, um der juristischen Anklage Tatsachen, nach deren Schatten sie vergeblich jagte, durch die Wunderwirkungen der Polizei fortlaufend zu liefern. Das Gericht begriff so sehr diese Stellung, daß Präsident, Richter und Prokurator mit der rühmlichsten Resignation ihre Rolle wechselweise an den Polizeirat und Zeugen Stieber abtraten und beständig hinter Stieber verschwanden. Ehe wir nun fortgehen zur Beleuchtung dieser Polizeioffenbarungen, auf denen der »objektive Tatbestand« beruht, den der Anklagesenat nicht zu finden wußte, noch eine Vorbemerkung.
Aus den Papieren, die man bei den Angeklagten abfaßte, wie aus ihren eignen Aussagen ergab sich, daß eine deutsche kommunistische Gesellschaft existiert hatte, deren Zentralbehörde ursprünglich in London saß. Am 15. September 1850 spaltete sich diese Zentralbehörde. Die Majorität – der Anklageakt bezeichnet sie als »Partei Marx« – verlegte den Sitz der Zentralbehörde nach Köln. Die Minorität – später von den Kölnern aus dem Bunde gestoßen – etablierte sich als selbständige Zentralbehörde zu London und stiftete hier und auf dem Kontinent einen Sonderbund. Der Anklageakt nennt diese Minorität und ihren Anhang die »Partei Willich-Schapper«.
Saedt-Seckendorf behaupten, rein persönliche Mißhelligkeiten hätten die Spaltungen der Londoner Zentralbehörden veranlaßt. Lange vor Saedt-Seckendorf hatte schon der »ritterliche Willich« über die Gründe der Spaltung die infamsten Gerüchte in der Londoner Emigration herumgeklatscht und an Herrn Arnold Rüge, diesem fünften Rad am Staatswagen der europäischen Zentraldemokratie, und ähnlichen Leuten bereitwillige Gossen in die deutsche und die amerikanische Presse gefunden. Die Demokratie begriff, wie leicht sie sich den Sieg über die Kommunisten machte, wenn sie den »ritterlichen Willich« zum Repräsentanten der Kommunisten improvisierte. Der »ritterliche Willich« begriff seinerseits, daß die »Partei Marx« die Gründe der Spaltung nicht enthüllen konnte, ohne eine geheime Gesellschaft in Deutschland zu verraten und ohne speziell die Kölner Zentralbehörde der väterlichen Sorgfalt der preußischen Polizei preiszugeben. Diese Umstände existieren jetzt nicht mehr, und wir zitieren daher einige wenige Stellen aus dem letzten Protokolle der Londoner Zentralbehörde d. d. 15. September 1850.
In der Motivierung seines Antrages auf Trennung sagt Marx unter anderem wörtlich: »An die Stelle der kritischen Anschauung setzt die Minorität eine dogmatische, an die Stelle der materialistischen eine idealistische. Statt der wirklichen Verhältnisse wird ihr der bloße Wille zum Triebrad der Revolution. Während wir den Arbeitern sagen: Ihr habt 15, 20, 50 Jahre Bürgerkriege und Völkerkämpfe durchzumachen, nicht nur um die Verhältnisse zu ändern, sondern um euch selbst zu ändern und zur politischen Herrschaft zu befähigen, sagt ihr im Gegenteil: ›Wir müssen gleich zur Herrschaft kommen, oder wir können uns schlafen legen.‹ Während wir speziell die deutschen Arbeiter auf die unentwickelte Gestalt des deutschen Proletariats hinweisen, schmeichelt ihr aufs plumpste dem Nationalgefühl und dem Standesvorurteil der deutschen Handwerker, was allerdings populärer ist. Wie von den Demokraten das Wort Volk zu einem heiligen Wesen gemacht wird, so von euch das Wort Proletariat. Wie die Demokraten schiebt ihr der revolutionären Entwicklung die Phrase der Revolution unter« etc. etc.
Herr Schapper sagte in seiner Antwort wörtlich:
»Ich habe die hier angefochtene Ansicht ausgesprochen, weil ich überhaupt in dieser Sache enthusiastisch bin. Es handelt sich darum, ob wir im Anfange selbst köpfen oder geköpft werden.« (Schapper versprach sogar, in einem Jahre, also am 15. September 1851, geköpft zu sein.) »In Frankreich werden die Arbeiter drankommen und damit wir in Deutschland. Wäre das nicht, so würde ich mich allerdings schlafen legen, und dann konnte ich eine andere materielle Stellung haben. Kommen wir dran, so können wir solche Maßregeln ergreifen, daß wir die Herrschaft des Proletariats sichern. Ich bin fanatisch für diese Ansicht, die Zentralbehörde aber hat das Gegenteil gewollt« etc. etc.
Man sieht: Es waren nicht persönliche Gründe, die die Zentralbehörde spalteten. Es wäre indes ebenso falsch, von prinzipieller Differenz zu sprechen. Die Partei Schapper-Willich hat nie auf die Ehre Anspruch gemocht, eigne Ideen zu besitzen. Was ihr gehört, ist das eigentümliche Mißverständnis fremder Ideen, die sie als Glaubensartikel fixiert und als Phrase sich angeeignet zu haben meint. Nicht minder unrichtig wäre es, die Partei Willich-Schapper mit der Anklage als »Partei der Tat« zu bezeichnen, es sei denn, daß man unter Tat einen unter Wirtshauspolterei, erlogenen Konspirationen und inhaltslosen Scheinverbindungen versteckten Müßiggang versteht.
Das bei den Angeklagten vorgefundene »Manifest der Kommunistischen Partei«, vor der Februarrevolution gedruckt, seit Jahren im Buchhandel befindlich, konnte seiner Form und Bestimmung nach nicht das Programm eines »Komplotts« sein. Die saisierten Ansprachen der Zentralbehörde beschäftigten sich ausschließlich mit dem Verhältnis der Kommunisten zur künftigen Regierung der Demokratie, also nicht mit der Regierung Friedrich Wilhelms IV. Die »Statuten« endlich waren Statuten einer geheimen Propagandagesellschaft, aber der Code pénal enthält keine Strafen gegen geheime Gesellschaften. Als letzte Tendenz dieser Propaganda wird die Zertrümmerung der bestehenden Gesellschaft ausgesprochen, aber der preußische Staat ist schon einmal untergegangen und kann noch zehnmal wieder untergehen und definitiv untergehen, ohne daß der bestehenden Gesellschaft auch nur ein Haar ausfällt. Die Kommunisten können den Auflösungsprozeß der bürgerlichen Gesellschaft beschleunigen helfen und dennoch der bürgerlichen Gesellschaft die Auflösung des preußischen Staates überlassen. Wessen direkter Zweck es wäre, den preußischen Staat zu stürzen, und wer zu diesem Behuf die Zertrümmerung der Gesellschaft als Mittel lehrte, der gliche jenem verrückten Ingenieur, der die Erde sprengen wollte, um einen Misthaufen aus dem Weg zu räumen.
Aber wenn das Endziel des Bundes der Umsturz der Gesellschaft, so ist sein Mittel notwendig die politische Revolution, und er impliziert den Umsturz des preußischen Staates, wie ein Erdbeben den Umsturz des Hühnerstalles impliziert. – Aber die Angeklagten gingen nun einmal von der frevelhaften Ansicht aus, daß die jetzige preußische Regierung auch ohne sie fallen werde. Sie stifteten daher keinen Bund zum Sturz der jetzigen preußischen Regierung, sie machten sich keines »hochverräterischen Komplotts« schuldig.
Hat man die ersten Christen je angeklagt. Ihr Zweck sei, den ersten besten römischen Winkelpräfekten zu stürzen? Die preußischen Staatsphilosophen von Leibniz bis Hegel haben an der Absetzung Gottes gearbeitet, und wenn ich Gott absetze, setze ich auch den König von Gottes Gnaden ab. Hat man sie aber wegen Attentat auf das Haus Hohenzollern verfolgt?
Man konnte also die Sache drehen und wenden, wie man wollte, das vorgefundene Corpus delicti verschwand wie ein Gespenst vor dem Tageslicht der Öffentlichkeit. Es blieb bei der Klage des Anklagesenats, daß »kein objektiver Tatbestand« vorliege, und die »Partei Marx« war böswillig genug, während der 11/2 Jahre, die die Untersuchung währte, kein Jota zu dem vorliegenden Tatbestand zu liefern.
Diesem Mißstand mußte abgeholfein werden. Die Partei Willich-Schapper, in Verbindung mit der Polizei, half ihm ab. Sehen wir, wie Herr Stieber, der Geburtshelfer dieser Partei, sie in den Kölner Prozeß eingeführt. (Siehe die Zeugenaussage Stiebers in der Sitzung vom 18. Oktober 1852.)
Während Stieber sich im Frühling 1851 in London befand, angeblich die Besucher der Industrieausstellung vor Stiebern und Diebern zu schützen, sandte ihm das Berliner Polizeipräsidium die Kopie der bei Nothjung gefundenen Papiere,
»namentlich«, schwört Stieber, »wurde ich auf das Archiv der Verschwörung aufmerksam gemacht, welches nach den bei Nothjung gefundenen Papieren in London bei einem gewissen Oswald Dietz liegen und die ganze Korrespondenz der Bundesmitglieder enthalten mußte«.
Das Archiv der Verschwörung? Die ganze Korrespondenz der Bundesmitglieder? Aber Dietz war der Sekretär der Willich-Schapperschen Zentralbehörde. Befand sich also das Archiv einer Verschwörung bei ihm, so war es das Archiv der Willich-Schapperschen Verschwörung. Fand sich bei Dietz eine Bundeskorrespondenz, so konnte es nur die Korrespondenz des den Kölner Angeklagten feindlichen Sonderbundes sein. Aus der Musterung der bei Nothjung vorgefundenen Dokumente folgt indessen noch mehr, nämlich daß nichts darin auf den Oswald Dietz als Archivverwahrer hinwies. Wie sollte Nothjung auch in Leipzig wissen, was der »Partei Marx« zu London selbst unbekannt war.
Stieber konnte nicht direkt sagen: Nun passen Sie auf, meine Herren Geschwornen! Ich habe unerhörte Entdeckungen in London gemacht. Leider beziehen sie sich auf eine Verschwörung, womit die Kölner eingeklagten nichts zu schaffen und worüber die Kölner Geschwornen nicht zu richten haben, die aber den Vorwand hergab, die Beschuldigten 11/2 Jahre im Zellengefängnis zu logieren. So konnte Stieber nicht sprechen. Nothjungs Intervention war unerläßlich, um die in London gemachten Enthüllungen und aufgestöberten Dokumente in einen Scheinzusammenhang mit dem Kölner Prozeß zu bringen.
Stieber schwört nun, ein Mensch habe sich ihm erboten, das Archiv für bares Geld von Oswald Dietz zu kaufen. Die Tatsache ist einfach die: Ein gewisser Reuter, preußischer Mouchard, der nie einer kommunistischen Gesellschaft angehört hat, wohnte in demselben Haus mit Dietz, erbrach dessen Pult, während er abwesend war, und stahl seine Papiere. Daß Herr Stieber ihn für diesen Diebstahl bezahlt hat, ist glaublich, würde Stieber aber schwerlich vor einer Reise nach Vandiemensland beschützt haben, wäre das Manöver während seiner Anwesenheit in London bekannt geworden.
Am 5. August 1851 erhielt Stieber zu Berlin »in einem starken Paket in Wachsleinwand« von London das Archiv Dietz, nämlich einen Haufen von Dokumenten, von »sechzig einzelnen Piecen«. So schwört Stieber und schwört zugleich, daß dieses Paket, das er am fünften August 1851 erhielt, unter andern Briefe des leitenden Kreises Berlin vom zwanzigsten August 1851 enthielt. Wollte man nun behaupten, Stieber begehe einen Meineid, wenn er versichert, am 5. August 1851 Briefe vom 20. August 1851 erhalten zu haben, so würde er mit Recht antworten, daß ein königlich preußischer Rat dasselbe Recht hat wie der Evangelist Matthäus, nämlich chronologische Wunder zu begehen.
En passant. Aus der Aufzählung der der Partei Willich-Schapper entwandten Dokumente und aus den Daten dieser Dokumente folgt, daß diese Partei, obgleich durch den Einbruch des Reuter gewarnt, noch fortwährend Mittel fand, sich Dokumente stehlen und sie an die preußische Polizei gelangen zu lassen.