Entscheide, wen du lieben willst - Ingrid Strobel - E-Book

Entscheide, wen du lieben willst E-Book

Ingrid Strobel

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Beschreibung

Liebe – wer sehnt sich nicht nach ihr? Und so begeben wir uns auf die Suche nach einem Partner, der uns das Gefühl gibt, auf Wolke sieben zu schweben. Doch sobald die erste Verliebtheit vorbei und der Hormonrausch abgeklungen ist, kommt die Enttäuschung. Plötzlich sieht man sein Gegenüber so, wie es tatsächlich ist – mit all seinen Vorlieben, Wünschen und Eigenarten, die ohne den rosa Schleier nicht zum eigenen Lebensstil passen. Warum also nicht gleich dort beginnen, wo alle Verliebtheit endet? Wenn wir eine stabile Beziehung führen wollen, die uns dauerhaft glücklich macht, müssen wir uns endlich von der Illusion der romantischen Liebe verabschieden und lernen, dass es mehr Sinn macht, sich von Anfang an bewusst zu entscheiden, auf welchen Partner wir uns einlassen. Die erfahrene Therapeutin Ingrid Strobel hält ein ebenso provokantes wie überzeugendes Plädoyer dafür, die Partnerwahl nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit dem Verstand anzugehen, und gibt viele wertvolle Tipps, wie der große Wunsch – die Zweisamkeit, »bis dass der Tod uns scheidet« – in Erfüllung geht.

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Seitenzahl: 244

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

 

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

 

Originalausgabe, 1. Auflage 2017

 

© 2017 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

 

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

 

Redaktion: Judith Mark, Freiburg

Umschlaggestaltung: Manuela Amode, München

Umschlagabbildung: Shutterstock/bulia

Abbildungen Innenteil: Ingrid Strobel

Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern

 

ISBN Print 978-3-86882-789-7

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-029-9

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-030-5

 

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter:

www.mvg-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de.

 

 

 

 

 

 

Inhalt

Vorwort

Die alte Liebe

Die neue Liebe

Die medial geprägte Liebe

Die Liebe in einer narzisstischen Gesellschaft

Liebe neu definieren

Die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen

Welchem Liebesstil sind Sie verfallen?

Eros – die romantische Liebe

Mania – die besitzergreifende Liebe

Ludus – die spielerische Liebe

Agape – die altruistische Liebe

Storge – die freundschaftliche Liebe

Pragma – die vernunftgesteuerte Liebe

Pragma und Storge – das Traumpaar der langen Liebe

Warum es so leicht ist, sich zu verlieben, und so schwer, zu lieben

Wenn die Hormone Schlittschuh laufen – verliebter Irrsinn

Was die Liebe zum Wachsen braucht

Neurotische Bedürfnisbefriedigung

Hirn statt Herz – warum wir öfter auf unseren Verstand statt auf unser Herz hören sollten

Partnersuche mit Kalkül – die Checkliste

Persönlichkeitskompatibilität – Big Five, Big Love?

Persönlichkeitstendenzen – wer wir sind

Finden Sie heraus, wo Ihre Persönlichkeit unter den Big Five zu finden ist

Wer passt zu wem?

Wie geht es weiter?

Entscheidungen treffen, Vertrauen aufbauen

Was es bedeutet, sich für einen anderen Menschen zu entscheiden

Gedankenhygiene

Kopfsache – Ich mache mir die Beziehung so, wie sie mir gefällt

Emotionskontrolle für eine gute Beziehung

Sieben Schritte zur Emotionskontrolle

Achtsamkeit – der Glücksbooster

Ein paar Worte zu Beziehungskrisen

Humor als Mittel gegen die Widrigkeiten des Alltags

Beziehungshelfer im Alltag

Rede mit mir!

Verschwenden Sie keine Zeit – Stellen Sie W-Fragen

Kleine Aufmerksamkeiten für die Liebe

Das Bilderbuch der schönen Momente

Ein Abend nur für uns

Sexy Day

Zu guter Letzt

Anhang

Literaturverzeichnis

Dank

Über die Autorin

Vorwort

Die Liebe ist wie das Leben selbst, kein bequemer und ruhiger Zustand, sondern ein großes, ein wunderbares Abenteuer.

Johann Wolfgang von Goethe

Als Expertin in der ersten Staffel der Fernsehsendung Hochzeit auf den ersten Blick hatte ich mich ganz der Ratio verschrieben. Wir verließen uns auf wissenschaftliche Tests, normierte Verfahren und Analysen. Natürlich wurden die Kandidaten auch zu ihrem bisherigen und derzeitigen Leben befragt, um sie – ich sage das jetzt mal ganz salopp – fein säuberlich in einer Schublade abzulegen. Dort durften sie dann der Dinge harren, die da kamen, bis sie bei ihrem ersten Zusammentreffen mit dem für sie ausgewählten Gegenstück auf dem Standesamt den Bund der Ehe schlossen.

Das alles war natürlich aufregend, schließlich genossen die Paare maximale Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Filmkameras surrten, Blitzlichter erhellten die Gesichter. Alles schien perfekt, und dem Leben in nicht enden wollender glückseliger Zweisamkeit schien nichts mehr im Wege zu stehen. Schließlich hatten die Paare es schwarz auf weiß und wissenschaftlich untermauert: Sie waren wie füreinander geschaffen. Sogar ihre Immunsysteme passten perfekt zusammen, getestet via genetischem Fingerabdruck. Der gesunde Nachwuchs war damit gesichert. Mr und Mrs Right, das Traumpaar wurde Wirklichkeit, und die Wissenschaft machte es möglich.

Die ganze Sache wurde noch dadurch erleichtert, dass die Männer ihre Aufregung den ihnen zugeteilten Partnerinnen zuschrieben. »Oh, diese Frau macht mir Herzklopfen, das muss Liebe sein!« Bei einer solchen Zuschreibung – auch wenn diese, von außen betrachtet, sehr viel mehr den äußeren Umständen als der entsprechenden Frau geschuldet war – fällt es leicht, einer Fremden das Jawort zu geben. Denn wer mag schon zweifeln? Wer mag Spielverderber sein, wenn es um ein so heikles Thema wie Hoffnung, Liebes- und Lebensglück geht? Sind wir in einer solchen Situation nicht verpflichtet, am Traum der Berechenbarkeit vom Glück festzuhalten? Millionen Fernsehzuschauer verfolgten das Spektakel und projizierten ihre eigenen Hoffnungen auf das Traumpaar. »Möge es gelingen, mögen die beiden sich unsterblich ineinander verlieben. Sie verkörpern meine Hoffnung auf ein eigenes, berechenbares Glück.«

Immerhin, es gab ein Paar, das zusammenblieb, aber dazu hätte es keine umständlichen psychologischen Tests gebraucht. Solange die Öffentlichkeit ihr Treiben mit voyeuristischer Hingabe verfolgte, hatten die beiden ein gemeinsames Projekt, mit dem sie sich als Paar identifizieren konnten. Und solange sie für die Öffentlichkeit ein Paar bleiben, können sie sich der Aufmerksamkeit des Publikums auch sicher sein. Die perfekte Bühne für narzisstische Persönlichkeiten, die ihre Sucht nach Aufmerksamkeit mit Liebe verwechseln.

Sei’s drum. Der Zweck heiligt in diesem Fall die Mittel. Und für die träumenden Zuschauer ist es dennoch Liebe auf Basis wissenschaftlich fundierter Arbeit. Das lässt hoffen. Ein paar Tests, und schon flattert das Lebensglück ins Haus. Und das ganz ohne Anstrengung. Mann und Frau können den ganzen umständlichen Kennenlernquatsch einfach überspringen und kopfüber in das große Glück hechten. Was dann kommt, bedarf erst recht keiner Mühe, weil alles nahtlos zusammenpasst – dank der Wissenschaft und ihrer praktischen Typisierungen.

 

Schön wär’s, aber so funktioniert es leider nicht. Das Mysterium »Liebe« bleibt komplex, und Erklärungen seitens der Wissenschaft sind bemüht, aber eben doch lückenhaft. Was bleibt also? Sich weiterhin auf Tests verlassen, wie sie – für alle zugänglich – die einschlägigen Partnervermittlungsportale anbieten? Das wäre eine Möglichkeit, die aber leider wenig Erfolg verspricht. Immerhin, die Tests gaukeln uns so etwas wie Sicherheit vor, und sicher wollen wir uns fühlen, wenn es um die Liebe geht.

Eine andere Möglichkeit: Man verliebt sich Hals über Kopf, wie es immer schon war, um nach Jahren festzustellen, dass der Partner, die Partnerin doch nicht die ganz große Liebe ist, von der man geträumt hat. Also rasch ins nächste Liebesabenteuer gestürzt – Trial and Error, Versuch und Irrtum. Irgendwann muss es doch funktionieren mit der Liebe, die ohne Zutun einfach da ist.

Eine weitere Möglichkeit wäre der Verzicht auf Zweisamkeit. Aber auch das ist höchst unbefriedigend, weil der Mensch nun mal kein Einzelgänger ist und die Zweisamkeit gegenüber der Einsamkeit von Natur aus bevorzugt.

Wir können die Liebe drehen und wenden, wie wir wollen, sie auseinandernehmen, vermessen und wieder zusammensetzen, sie anbeten oder verachten, auf ihr herumtreten, um sie im nächsten Moment anzuflehen, uns nicht zu verlassen, sie mit Geld locken oder ihr Mitleid erhoffen, um am Ende festzustellen, dass sie sich nicht zwingen lässt. Nicht in Schubladen, in kein Raster und erst recht nicht, wenn wir sie mit Gewalt herbeizurufen versuchen. Liebe ist echt, authentisch, aber auch unberechenbar, wenn wir es nicht verstehen, sie anzuleiten. Sie kommt und geht, wie es ihr passt, wenn wir ihr keine Aufmerksamkeit schenken. Sie fragt nicht nach Alter, ethnischer Zugehörigkeit oder Kultur. Und ich behaupte, sie ist nicht »rein«. Zumindest nicht zwischen zwei erwachsenen Menschen. Zugegeben, es mag immer wieder Momente geben, in denen wir das Gefühl haben, die reine Liebe zu spüren. Aber mir ist, ehrlich gesagt, eine schmutzige Liebe, die schon einiges hinter sich hat, lieber als eine reine Liebe, deren Anspruch ich niemals gerecht werden kann, weil ich nun mal ein fehlbarer Mensch bin. Eine schmutzige Liebe kann mit Streitigkeiten, Verletzungen und Krisen umgehen. Sie rennt nicht gleich schockiert davon, sondern atmet tief durch und wartet gelassen ab, bis der Sturm vorbei ist.

Allzu oft verwechseln wir auch noch die Verliebtheit mit der Liebe. Doch das sind zwei ganz unterschiedliche Gefühlszustände. Verliebtheit schaltet den Verstand aus und ist für realistische Argumente nicht zugänglich, Liebe hingegen sehr wohl. Trotzdem jagen viele der Verliebtheit nach in dem irrigen Glauben, dass es sich um Liebe handelt. Das muss schiefgehen, weil Verliebtheit nur von kurzer Dauer ist und das, was man sich erhofft, oder besser: das, was man sich zusammenfantasiert, der Realität nicht standhalten kann. Freilich, es ist wunderbar, wenn man sich verliebt und aus der Verliebtheit tatsächlich Liebe wird. Ein Idealfall sozusagen. Aber das ist wie ein Sechser im Lotto. Und bei genauerer Betrachtung ist es meist kein Zufall, sondern eine Übereinstimmung von Werten, Moralvorstellungen, Zukunftsvisionen und vielem mehr – darauf werde ich in den Kapiteln dieses Buches noch näher eingehen.

 

Doch es gibt sie tatsächlich, die Paare, die schon ein Leben lang zusammen sind und behaupten, sich nach all der Zeit noch immer zu lieben. Paare, die ihre besten Jahre schon hinter sich haben, aber dies nicht bedauern, weil die Liebe sie nicht verlassen hat. Die schmutzige Liebe, die erfahrene und langmütige Liebe.

Nun ja, so ganz stimmt das nicht. Wenn man sich die Mühe macht und nachfragt, dann erfährt man von diesen Paaren, wie sich hin und wieder die Liebe verabschiedet hat, manchmal für ein paar Stunden, aber mitunter auch für Monate. Und bei manchen sogar für ein paar Jahre – auch eine schmutzige Liebe verliert irgendwann die Geduld, wenn sie ununterbrochen attackiert wird. An die Stelle der Liebe rücke dann eine innige Freundschaft, wie oft behauptet wird, die das Paar durch liebesarme Zeiten trage. Bei manchen Paaren blieb es dann auch bei der freundschaftlichen Verbundenheit. Sie sagen das ohne Bedauern und behaupten, das sei doch Liebe. Die echte, die wahre Liebe.

Freundschaften zeichnen sich meistens aus durch gemeinsame Interessen, Wertvorstellungen und ähnliche Einstellungen zu dem, was das Leben ausmacht. Unsere Erfahrungen – und die sind wissenschaftlich bestätigt – sagen uns, dass genau diese Eigenschaften die Voraussetzungen sind, um eine glückliche und langfristige Beziehung zu führen.

Wo liegt nun tatsächlich der Unterschied zwischen Freundschaft und einer Liebesbeziehung? Im Regelfall sieht man den Partner täglich, Freunde dagegen im besten Fall zwei- bis dreimal die Woche. Vom Partner erwartet man Fürsorge und vielleicht sogar Heilung seelischer Wunden. Zukunftspläne und Familienplanung sowie die Aufzucht der Nachkommen sind ebenfalls der Partnerschaft vorbehalten. Von einem Freund würde man das sicher nicht erwarten. Im besten Fall, dass er die Tränen trocknet, wenn es in der Beziehung Ärger gibt.

 

Dann haben wir noch den Sex. Der kommt allerdings auch bei Freundschaften vor, dürfte aber nicht die Regel sein. Nun aber zu behaupten, er sei alleine einer Beziehung vorbehalten, ist auch nicht richtig. Zum einen wird auch ohne emotionale Bindung fröhlich geschnackselt, und zum anderen gibt es genügend glückliche Partnerschaften, in denen Sex nicht von Belang ist. Allenfalls in den ersten Jahren einer Partnerschaft spielt er eine tragende Rolle. Deshalb taugt Sex als Kriterium der Passung von Partnern meines Erachtens nicht sonderlich gut.

Klar ausgedrückt: Eine Liebesbeziehung bedeutet, Verantwortung für den Partner zu übernehmen. Eine Freundschaft beinhaltet diese Verantwortlichkeit im Regelfall nicht. Sich verantwortlich zu fühlen, setzt eine emotionale Bindung voraus. Und sobald diese Bindung besteht, sind die Partner auch empfänglich für Verletzungen.

Demnach würden sich Paare, die behaupten, nur noch freundschaftlich miteinander verbunden zu sein, nicht mehr füreinander verantwortlich fühlen. Und ich denke, so ist es auch. Die freundschaftliche Verbundenheit mag ja ganz nett und schön sein, weil man auf diese Weise tiefere Verletzungen vermeiden kann, aber wenn es hart auf hart kommt, sind solche Beziehungen nicht sonderlich verlässlich.

Deshalb denke ich, dass das, was mit inniger freundschaftlicher Verbundenheit in langjährigen Beziehungen umschrieben wird, eine gewachsene, weise Liebe ist, die einige Stürme überstanden und sich so manche blutende Wunde zugezogen hat, letztlich aber allen Widrigkeiten des Lebens getrotzt hat, weil sie von der Verantwortung und Fürsorge für einen anderen Menschen getragen wurde. Das kann aber nur funktionieren, wenn sich beide verantwortlich fühlen und bereit sind, die Liebe zu nähren. Hin und wieder ein opulentes Dinner bei Kerzenschein oder eine heiße Liebesnacht ist zwar eine schöne Sache, wird aber, langfristig gesehen, nicht ausreichen, um die Liebe am Leben zu erhalten. Da braucht es etwas mehr Anstrengung und vor allem den Verstand.

 

Aus jahrelanger Erfahrung als Therapeutin in eigener Praxis und aus persönlicher Erfahrung habe ich die Überzeugung gewonnen, dass es möglich ist, mit dem Verstand die Gefühle sinnvoll zu steuern, um den Weg zur überdauernden Liebe zu ebnen. Und nicht nur das. Liebe lässt sich lernen, wenn wir eine Entscheidung treffen: die Entscheidung, einen Menschen zu lieben, weil er alle Eigenschaften hat, die ihn als potenziellen Partner qualifizieren. Ich behaupte, nicht Verliebtheit ist die optimale Basis für eine langfristige und liebevolle Zweisamkeit, sondern Kalkül und Zeit. Dabei muss sich der Verstand nicht aufzwingen. Er kann ruhig als geduldiger Berater fungieren, gerade dann, wenn Verliebtheit eine Rolle spielt. Und er darf auch die Instanz sein, die auf der Suche nach der Liebe den Weg ebnet, damit sich die Gefühle nicht in unrealistische Wunschträume verlaufen oder gar in Enttäuschungen stecken bleiben.

Es geht mir nicht darum, die Verliebtheit außen vor zu lassen. Sie ist sicherlich der Königsweg zur Liebe, aber leider oft von Trugbildern überschattet, die uns glauben lassen, der Anfang des Weges sei die Liebe. Aber die Liebe braucht Zeit und Entwicklung. Und sobald die Liebe sich in den Köpfen der Partner eingenistet hat, ist sie etwas Exklusives.

Meines Erachtens erreicht die Liebe deshalb auch erst in einer lang andauernden Beziehung ihre Vollkommenheit, auch wenn sie keine Konstante ist, sondern in ihrer Gewichtung zwischen den Polen der verschiedenen Liebesstile schwankt (dazu später mehr). Das ist ein natürliches Phänomen und kein Problem, sofern Intimität und Verbindlichkeit sowie die Bereitschaft, der Liebe Nahrung zu geben, nicht verloren gehen.

 

Wie Liebe mithilfe des Verstandes entstehen und wachsen kann und wie man sie lange lebendig hält, damit sie eine treue Wegbegleiterin wird, davon handelt dieses Buch. Ich schreibe nicht über die unrealistische, märchenhafte Liebe, die meist in den Kinderschuhen des Verliebtseins stecken bleibt, sondern über die zuverlässige, in die Jahre gekommene Liebe, die im Zeitalter des Perfektionismus nur noch wenig Beachtung findet. Und ich schreibe von der Liebe, die das Verliebtsein nicht braucht, um entfacht zu werden. Denn in der Tat, es geht auch ohne den hormonellen Aufruhr – und das meistens sogar besser.

Ich möchte zeigen, wie man über den Verstand das Herz erreicht und am Ende beide zu einem starken Team vereint, um das, was realistisch ist, zu begreifen und lieben zu lernen. Und ich möchte Sie gerne davon überzeugen, dass eine realistische Liebe nicht auf Romantik verzichten muss. Ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam eine Schatztruhe zu bergen, deren Inhalt bei jedem ein wenig anders aussehen wird, weil der Stern der Liebe bei jedem Menschen ein klein wenig anders leuchtet. Aber egal, wie er leuchtet – Hauptsache, er leuchtet, und das möglichst für den Rest Ihres Lebens.

 

 

 

 

Die alte Liebe

Die Liebe, wie wir sie kennen, gibt es noch nicht so lange. Ja, wirklich! Sie ist erst rund 250 Jahre alt und nennt sich »romantische Liebe«. Kaum zu glauben, dass diese viel besungene Himmelsmacht noch so jung an Jahren ist. Aber es ist nur die äußere Form der Liebe, die sich mit jugendlichem Schwung in den Köpfen der Menschen eingenistet hat. In Wirklichkeit ist die Liebe eine sehr alte Lady, die sich als »romantische Liebe« ein neues Image verpasst hat, um mit der Zeit zu gehen und ihre Sonderstellung nicht zu verlieren.

In der Zeit vor ihrer Wandlung zur romantischen Liebe war sie eine andere, mehr zielgerichtet und von berechnender Natur. Dennoch konnte die Liebe damals auch sehr romantisch sein, aber das eher im Verborgenen. Heute hüllt sie sich in einen narzisstischen Mantel der Eitelkeit und ist damit ganz auf der Höhe der Zeit. Sie schmückt sich gerne mit der Verliebtheit im Bestreben, dass die Menschen sich in Sehnsucht nach der »wahren Liebe« verzehren. Aber tatsächlich ist es nicht die Liebe, der gehuldigt wird, sondern die Verliebtheit. Eine leere Hülle, die den Geist blendet und täuscht. So ist die Liebe Spiegelbild der Gesellschaft: getrieben, verunsichert und narzisstisch. Aber im Kern ist und bleibt sie, was sie immer war: ein komplexes, allumfassendes Wesen, das nur existieren und wachsen kann, wenn sie beachtet und intensiv gepflegt wird.

Wann die Liebe auf die Welt kam, weiß niemand so genau. Aber bereits in der Antike (ca. 500 vor Christus) huldigten ihr die Griechen und Römer. Allerdings nicht der Liebe zwischen Mann und Frau, sondern der zwischen Männern, und das eher auf geistiger Ebene, zumindest zwischen erwachsenen Männern. Zwischen einem erwachsenen Mann und einem Jüngling sah die Sache etwas anders aus. Heute stünde das Liebesspiel mit einem Schutzbefohlenen unter Strafe. Damals war es Teil der Kultur.

Frauen indes galten nicht als liebenswert, weil man sie physisch und psychisch als dem Mann unterlegen betrachtete. Die Ehefrau gehörte in die Küche und zu den Kindern. Sie war mehr Mittel zur Fortpflanzung denn ein sexuelles oder gar liebenswertes Wesen. Entsprechend zurückhaltend hatte sie sich zu verhalten. Konnte sie keine Kinder bekommen, dann wurde sie ausgetauscht. Ihre Zukunft sah dann noch weniger rosig aus.

Die Einstellung zur Sexualität in der Ehe war pragmatisch und hatte mit Liebe, wie wir sie heute verstehen, herzlich wenig zu tun. Sex mit der Ehefrau diente vorrangig der Zeugung der Nachkommen. Wollte der Mann in der Antike aber Leidenschaft und Erotik, dann suchte er außerhäusig seine Befriedigung. Und wer es sich leisten konnte, der nahm sich eine Hetäre – die damalige Bezeichnung für eine Edelprostituierte. Die Hetären genossen meist großes Ansehen und verkehrten in den besten Kreisen, solange sie jung und begehrenswert waren. Konnten sie in dieser Lebensphase ihren Wohlstand für das Alter sichern, hatten sie auch dann noch ihr Auskommen, wenn Falten der Begierde ihrer Anbeter den Garaus machten. Stellten sie aber Lebensfreude und Genuss in der Vordergrund – und das taten die meisten –, dann war die Endstation ein Leben in Armut, abseits der besseren Gesellschaft.

Im Gegensatz zu den Griechen waren die Römer etwas cleverer. Sie sahen neben dem Gebären von Kindern und deren Aufzucht einen weiteren Nutzen in der Ehefrau. Sie heirateten, um ihren eigenen Status aufzuwerten. Sei es wegen des gesellschaftlichen Ansehens oder schlicht wegen des schnöden Mammons, der durch eine entsprechende Heirat vermehrt wurde. Glück für den, der beides miteinander vereinen konnte. Auch die römisch-antike Gesellschaft war durch und durch männlich geprägt. So etwas wie Liebe gab es in der Regel nur mit einer Geliebten, der gegenüber Mann keine Verpflichtung eingehen musste. Fraglich, ob es sich dabei tatsächlich um Liebe handelte oder um sexuelles Begehren.

Als sich der christliche Glaube in Europa verbreitete, war es vorbei mit der Luderei. Zwar gab es sie nun offiziell, die große, die einzige und wahre Liebe, aber die war Gott vorbehalten und rein asexueller Natur. Sexuelle Aktivitäten oder gar Leidenschaft für das andere Geschlecht gehörten von jetzt an zu den niederen Trieben, die es zu vermeiden galt. Die unbefleckte Empfängnis Mariens galt als Sinnbild dafür. Für Normalsterbliche war der Beischlaf allerdings noch immer unvermeidlich, wollte man nicht kinderlos bleiben. Um dem Sex aber auch ja keine Lust abzugewinnen, ließ man sich so manche Perversion einfallen. Gewalt war ein probates Mittel, um der Leidenschaft den Garaus zu machen – und um die Angetraute unter Kontrolle zu halten.

Für die Frauen hatte sich also seit der Antike nichts geändert. Ihr Leben war nach wie vor auf das Haus und die Kinder beschränkt. Rechte hatten sie keine, und der Zugang zur Bildung blieb ihnen ebenfalls verwehrt. Aber durch den christlichen Glauben war nun auch der Mann im Ausleben seiner Triebe eingeschränkt. Sexuelle Enthaltsamkeit gehörte zu den vielen Reglementierungen, die das Christentum bereithielt. Das klappte nicht immer sonderlich gut. Geschnackselt wurde trotzdem, aber im Verborgenen. Der liebe Gott kann schließlich seine Augen nicht überall haben.

Immerhin, etwa ab dem 11. Jahrhundert gab es zarte Triebe, die – zumindest auf geistiger Ebene – so etwas wie romantische Liebe erahnen ließen. Es waren die Troubadoure, die in ihren Minnesängen der Liebe huldigten und sie mit ihren Gesängen populär machten. Indes, die Ehe blieb eine Zweckgemeinschaft und war mit den Gesängen auch nicht gemeint. In den Minnesängen war der Mann aufgefordert, die Angebetete zu umschwärmen, ihr sein Leben zu Füßen zu legen, um zu hoffen, von ihr erhört zu werden. Angehimmelt werden, ohne etwas dafür tun zu müssen – eigentlich kein so schlechter Status, sollte man meinen. Dennoch: Frauen suchten die Sicherheit der Ehe. Ohne Mann und ohne den Status der Ehelichung waren sie in der Gesellschaft unsichtbar.

Etwas besser wurde es mit der Liebe, als sich eine bürgerliche Mittelschicht entwickelte. Das war um 1700. Nun wurde nach allen Regeln der Kunst umschmeichelt und verführt. Auch und gerade die Frau, die als Ehefrau infrage kam. Hier nimmt die Vorstellung von der romantischen Liebe ihren Anfang. Allerdings: Ernst genommen wurden Frauen immer noch nicht. Sie waren nach wie vor in allen Belangen des Lebens abhängig von Männern – ihrem Vater oder ihrem Ehemann.

Zwar hatten Frauen im 18. Jahrhundert die Möglichkeit, ihre Meinung kundzutun, allerdings nur über Gedichte oder Bücher, und das Geschriebene durften sie auch nur unter einem männlichen Pseudonym veröffentlichen. Inwieweit eine Frau Zugang zur Bildung hatte, entschieden der Vater oder der Ehemann. Wie die Entscheidung ausfiel, war weitgehend abhängig von der Bildung des Mannes. Ganz schlecht stand es immer noch um Frauen, die unverheiratet blieben. In den Augen der Gesellschaft war eine solche Frau zu nichts nutze. Entsprechend waren ihr Ansehen und ihre soziale Stellung. Von Emanzipation und Gleichberechtigung kann also keine Rede sein.

Wenn wir davon ausgehen, dass die bleibende Liebe unter anderem Respekt und Wertschätzung benötigt, kommen wir um die Gleichberechtigung allerdings nicht herum. Schlussendlich war es der Kapitalismus, der die Tür öffnete zur Emanzipation der Frau und zur Befreiung der Liebe von alten Dogmen und Zwängen, denn die Industrialisierung forderte von Frauen und Männern in gleichem Maße ihr geistiges und körperliches Potenzial. So trugen Frauen zunehmend zum Lebensunterhalt der Familie bei, wurden unabhängiger und selbstbestimmter. Plötzlich hatten sie ein Mitspracherecht, wem sie ihre Liebe schenkten. Aber das fand dann tatsächlich erst ab dem 19. Jahrhundert statt.

Alles, was sich vor dieser Zeit in einer Ehegemeinschaft abspielte, diente vorrangig dem Zweck der Fortpflanzung, der sozialen Stellung und dem politischen oder finanziellen Kalkül. Die Rollen waren klar definiert. Die Frau wusste, was von ihr erwartet wurde, und der Mann kannte seine Pflichten – aber auch seine Freiheiten.

 

Wenn man zu den Anfängen der Menschheit zurückgeht, liegt die Vermutung nahe, dass es die Frau war, die ein Interesse daran hatte, den Mann an sich zu binden, weil ihre eigenen Überlebenschancen und die ihrer Nachkommen dann deutlich höher waren. Der Mann wiederum war daran interessiert, so viele Nachkommen wie möglich zu zeugen, also viel Sex zu haben. Sex war damit ein probates Mittel, um den Mann an die Frau zu binden. Sex im Austausch gegen Schutz und Nahrung. Der Deal ging auf und wurde ein Erfolgsrezept für die Verbreitung unserer Spezies. Bei genauerer Betrachtung ist Sex auch heute noch ein Mittel, um den Mann an die Frau zu binden. Aber unser evolutionäres Erbe löst sich langsam auf. Ein Mann muss sich nicht an eine Frau binden, um seine sexuelle Lust zu befriedigen. Und eine Frau braucht keinen Mann mehr, um ihren Nachkommen Sicherheit zu bieten und sie mit ausreichend Nahrung zu versorgen. Das wiederum bedeutet, es gibt keine Notwendigkeit mehr für eine Partnerschaft. Und trotzdem sehnen sich die meisten Menschen nach einem Partner, der mit ihnen durchs Leben geht, der sie liebt und dem sie Liebe geben ­können.

Tatsächlich hatten wir noch nie in unserer Geschichte eine so realistische Chance auf die echte, die wahre Liebe. Wir dürfen sie leben, wann wir wollen, mit wem wir wollen und so lange wir wollen – sofern wir bereit sind, das Thema Liebe neu zu definieren.

In einem Zeitalter, in dem Realismus alle Bereiche des Lebens erfasst hat, kommen wir mit der romantischen Liebe nicht weiter. Die Liebe braucht ein neues Gesicht und ein neues Fundament.

 

 

 

 

Die neue Liebe

Zurzeit hat es die Liebe schwer. Unsere Vorstellungen von ihr pendeln zwischen verschiedenen Möglichkeiten. Da ist einerseits die Sehnsucht nach der romantischen Liebe, die ein Leben lang andauert, bei der man sich alles verzeiht und sich so, wie man ist, von ganzem Herzen liebt. Und andererseits gibt es die medial geprägte Vorstellung von der Liebe als einer Art Konsumgut. Man sucht das beste »Produkt«, den perfekten Partner, und wenn es nicht passt, wird er oder sie gegen jemand Neuen ausgetauscht. Diese Vorstellung von Liebe hat auch etwas zu tun mit dem immer weiter um sich greifenden Narzissmus in unserer Gesellschaft. Zwischen diesen beiden gegensätzlichen Polen wird die Liebe zur unerfüllbaren Sehnsucht, weil sie keine Achtsamkeit mehr erfährt und auch keine Hingabe.

Die medial geprägte Liebe

Wir konsumieren gerne, das ist nichts Neues. Konsum befriedigt so manche Sehnsucht, dient als Trostpflaster für viele Wehwehchen und lässt die Endorphine im Körper Purzelbäume schlagen. Wir fühlen uns glücklich, wenn auch nur für kurze Zeit. Stolz tragen wir unsere Trophäen nach Hause, wo sie sich einreihen ins Sammelsurium stummer Zeugen eines unbefriedigten Lebens. Claus Eurich, Philosoph und Professor für Kommunikation und Ethik, hat es in einem Vortrag zum Thema »Burnout und Resilienz« so formuliert: »Wir haben uns vom Leben entfernt, um es uns konsumierend wieder ­einzuverleiben.«

Wenn man will, dann kann man alles konsumieren – von den täglichen Notwendigkeiten wie Nahrung bis hin zu Luxusgütern. Den materiellen wie immateriellen Gelüsten sind keine Grenzen gesetzt. Das moderne Schlaraffenland lockt mit unendlichen Möglichkeiten und erfindet sich fast täglich neu, um den Konsumenten etwas vermeintlich Besseres, Größeres, Schöneres, Befriedigenderes zu präsentieren. Wer möchte da nicht zugreifen?

Um nur ja nichts zu verpassen und stets auf dem Laufenden zu sein, sind wir mit Smartphone und Co. immer online, kommunizieren, was das Zeug hält. Nicht mit unseren Stimmbändern, wie es von der Natur vorgesehen ist, sondern mit den Daumen. Schnell, kurz, präzise. Wie im Fieber huschen die Augen über die neuesten Meldungen auf dem iPhone. Die Überschrift muss als Information reichen. Für weiterführende Texte, die den Sachverhalt darlegen, fehlt Zeit – und Konzentration. Informationen werden, wie alles andere, schnell und oberflächlich erfasst. Wie ein großes Rauschen, das nur noch Fragmente wiedergibt.

Wem das noch nicht reicht, der präsentiert sich zugleich bei Instagram, Facebook und Co., lässt sich liken und fühlt sich je nach Klickzahl geliebt – wenn auch ohne reale Grundlage. Im schönen virtuellen Licht fühlt sich das Leben so an, wie wir es uns wünschen. Darum gilt es, online zu bleiben, koste es, was es wolle.

Ein Leben in der virtuellen Welt ist eine Scheinwelt, der wir hoffnungslos verfallen. Dort ist alles möglich, man kann alles sein, alles machen und alles ausleben, was in der Realität nicht möglich erscheint. Online ist der alte Herr Huber mit Glatze und Bierbauch plötzlich wieder der durchtrainierte Mittdreißiger, dem die virtuellen Schönheiten zu Füßen liegen. Er kann sich alles kaufen: Häuser, Grundstücke, Liebe und Sex. In der virtuellen Welt ist er das, wovon er träumt. Und für ein paar Stunden ist sein Selbstwert das eines alleinherrschenden Königs. Und das graue, farblose Mäuschen, das in der realen Welt nahezu unsichtbar ist, mutiert in der Virtualität zur Femme fatale. Auch sie erfährt die Erfüllung ihrer Sehnsüchte. Zumindest so lange, bis die Realität sie wieder eingeholt hat.

 

Auf einschlägigen Internetplattformen kommen auch und gerade diejenigen auf ihre Kosten, die verbindliche Nähe nur schwer zulassen können, aber auf Sex nicht verzichten wollen. In der Realität setzt ein sexueller Akt Nähe voraus, wenn auch nur für kurze Zeit. Für manche ist das bereits zu viel; sie fühlen sich bedroht, eingeengt, überfordert.

Ihnen erscheint der Klick in die Welt des virtuellen Sex als Segen. Man verpflichtet sich zu nichts, und Nähe ist dafür nicht erforderlich; kompliziertes Umwerben erst recht nicht. Schnell, unkompliziert, jederzeit verfügbar und unverbindlich. Mit einem weiteren Klick ist man schon wieder auf und davon.

Das Angebot ist aber nicht nur für Menschen mit einem Näheproblem attraktiv, sondern auch für »ganz normale« User, vorrangig Männer, aus allen sozialen Schichten und jedes Alters. Viele von ihnen haben keine Lust mehr auf das Spiel der Verführung, was zur Folge hat, dass ihre Partnerinnen immer öfter leer ausgehen. Diese wundern sich ob der Lustlosigkeit ihres Partners und versuchen, die Leidenschaft mit Raffinesse wieder anzufachen. Leider mit wenig Erfolg. Ihre Männer sind der virtuellen Sexwelt schon längst verfallen und leben dort aus, was ihnen in der Beziehung zu kompliziert erscheint. Nicht selten scheitert die Beziehung in der realen Welt dann zwangsläufig irgendwann.

Wem virtueller Sex doch etwas zu reduziert ist, der kann sich bei Seitensprungportalen anmelden. Hier tummeln sich Männer und Frauen, die eine Affäre suchen. Das ist vielleicht etwas humaner als die virtuelle Lustbefriedigung, aber auch dabei geht es vorrangig ums Kopulieren und sicher nicht um verbindliche Liebe.

Für alle, die da nicht mitkommen, denen das zu aufwendig oder zu technisch ist, gibt es die aberwitzig vielen Soaps und Doku-Dramen, um die passenden Stellvertreter für ihre Emotionen und Sehnsüchte zu finden. Sie können sich bei Bauer sucht Frau an dem armen Trottel erfreuen, der doch noch eine Frau abbekommt. Für die narzisstisch geprägten Voyeuristen gibt es den Bachelor im Vorabendprogramm: Hübsche Barbies zicken und buhlen um einen attraktiven Mann in einer attraktiven Umgebung, den es zu erobern gilt. Und natürlich die Sendung Hochzeit auf dem ersten Blick, in der die Wissenschaft für das perfekte Match sorgen darf.

All diese Wege enden jedoch letztlich in einer Sackgasse und nicht in einer großen Liebe, die Jahre des Alltags und der Krisen übersteht. Es ist und bleibt eine nette Unterhaltung für all diejenigen, die lieber im Sessel sitzen bleiben und im TV ihre Stellvertreter finden, die für ein paar Stunden in der Woche ihre heimlichen Träume und Hoffnungen erfüllen. Reelle Chancen lassen sich so wunderbar verpassen.