Erbschaft - Arthur Schnitzler - E-Book

Erbschaft E-Book

Arthur Schnitzler

0,0
0,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Erbschaft ist eine der unbekannteren Erzählungen von Arthur Schnitzler. Trotzdem sollte man sie gelesen haben! In dieser Ausgabe zusammen mit Mein Freund Ypsilon!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 26

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Erbschaft

ErbschaftBonus: Mein Freund YpsilonAnmerkungen zu dieser AusgabeImpressum

Erbschaft

Es war einer jener inbrünstigen Augenblicke, in denen ihn die Empfindung seines Glückes mit unwiderstehlicher Süßigkeit überkam. Er saß vor dem Café Impérial, an einem der kleinen Tische, die man aus den dunstigen Zimmern auf die offene Straße hinausgebracht hatte, wo die Strahlen der Sommernachmittagssonne sengend lagen. Er rauchte andächtig seine Havanna und dachte an Annette.

An Annette! An ihre großen, braunen Augen und an ihr schwarzes Haar, das sie im Sommer in Flechten trug. Er dachte an das Landhaus, das sie bewohnte, ganz nahe von Wien und doch einfach abgeschlossen, eine Villa, an deren Türe er ein- oder zwei-, auch dreimal in der Woche abends anklopfen konnte, um mit tausend Küssen von wilden, süßen Lippen empfangen zu werden. Und dann dachte er an den Gatten, der tagelang unsichtbar war und sonntags, wenn man doch einmal draußen mit ihm zusammentraf, sich nach Tisch auf den Diwan legte, mit halbgeschlossenen Augen Zigaretten drehte und rauchte.

Emil liebte ihn beinahe, diesen ernsten, gereiften Mann mit dem grauen Kopf- und Barthaar, und ein Gefühl von Hochachtung und Mitleid beschlich ihn, wenn er die hohe Stirne dieses ahnungslosen Betrogenen sah. Und nun dachte er jenes letzten Zusammenseins. Annette und er saßen neben dem kleinen Tischchen, auf dem der schwarze Kaffee stand, und ihre Augen glühten in die seinen, während sie aus der Schale schlürfte. Da fiel dem Gemahl die Zigarette aus der Hand. Er schlief. Annette lächelte und stand auf. Auf den Zehenspitzen eilte sie zur Tür, die in den Garten führte, und winkte Emil. Er folgte ihr langsam, während sie voranlief. Er fand sie zwischen zwei großen Bäumen auf der Hängematte liegen, mit schwellenden Lippen, feuchten Augen, mit verlangendem Atem! Sie küßte ihn und biß ihn in die Wange. Er mußte fast schreien. Doch erinnerte er sich an den Schläfer im Zimmer. Sie schien seine Gedanken zu erraten. »Der wacht nicht auf«, sagte sie, lachte und nahm Emils Kopf in die Hände und hauchte ihren warmen Atem über sein Haar.

... Doch wie, das alles geschah ja vor eben drei Tagen, wie kommt es denn, daß ich seitdem nicht draußen war, dachte Emil. Warum hat sie mir nicht geschrieben? Vielleicht finde ich einen Brief, wenn ich nach Hause komme. Einen jener Briefe, auf dem nur zwei Worte stehen: »Heute abend.« Und dann werde ich mich in das Kupee setzen und hinausfahren. Sie wird mir entgegenkommen, und wir werden den Waldweg einschlagen. Sie wird mir vielleicht, wie neulich, den letzten Brief zeigen, den ich ihr geschrieben, den sie am Busen verwahrt, den sie zerknittert, geküßt, ans Herz gepreßt hat...

So dachte Emil und sah zugleich, ohne sich dessen recht bewußt zu werden, einen hochgewachsenen Mann in dunkler Kleidung von der anderen Seite der Straße auf das Kaffeehaus zukommen. Geradewegs zu dem Tische, an welchem Emil saß, nahm er den Schritt. Es war Annettens Mann! Schon zwei- oder dreimal des Sommers war er nachmittags ins Café Impérial gekommen, hatte eine Zeitung gelesen und war wieder gegangen. Jetzt setzte er sich nach einem höflichen und eiskalten Gruß an Emils Tisch, indem er sagte: »Ich dachte Sie hier zu finden.«

Emil fühlte eine leichte Beklommenheit, die er hinwegzuscherzen suchte. Er betrachtete lächelnd den schwarzen Anzug des Mannes und bemerkte: »So düster an einem schönen Sommertag?«