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Masterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Pädagogik - Sonstiges, Note: 1,3, Universität Koblenz-Landau (Institut für Grundschulpädagogik), Sprache: Deutsch, Abstract: Spricht man heute über Kindheit, gerät man schnell auch mit dem gesellschaftlichen Diskurs der veränderten Kindheit in Berührung. In der Kritik stehen dabei insbesondere der Medienkonsum und die mangelnde körperliche Bewegung der Kinder. Vielfach wird daher mehr Bewegung in der Schule, insbesondere in der Grundschule gefordert. In dieser Arbeit soll zunächst geprüft werden, inwiefern die aktuelle Lage der Kinder tatsächlich diesbezügliche Probleme widerspiegelt. Im Zentrum steht jedoch die Frage, welche Bedeutung die körperliche Bewegung für die Kinder selbst, für ihre persönliche Identitätsentwicklung hat. Zu Beginn wird sich daher auch mit einer grundlegenden Relevanz der Bewegung im Bezug auf die kindliche Entwicklung auseinandergesetzt. Im Anschluss daran wird die Bewegung in ihrer Beziehung zum Lernerfolg dargestellt, da speziell die Grundschule in unserer Gesellschaft als Ausgleich zu Entwicklungsproblemen im Alltag dienen soll. Im dritten Kapitel soll schließlich die Verbindung zwischen der Bewegung und der Identität eines Menschen ergründet werde. Als Einstieg wird in diesem Kontext der Begriff der Identität und ihre Entwicklung erläutert. Im gleichen Zuge soll die Gewichtung der Bewegung und auch der Identitätsentwicklung im schulischen Kontext untersucht werden. Dazu wird ein Fokus auf die ästhetische Bildung mit ihrer Zielsetzung der ganzheitlichen Menschenbildung gerichtet. Diese soll zugleich einen ersten konkreten Beitrag der Bewegung zu einer Identitätsentwicklung vorstellen. Eine allgemeine Schlussfolgerung der gemeinsamen Verbindung wird dieses Kapitel abrunden. Um die Bedeutsamkeit sowohl der Förderung von Bewegung, als auch der Identitätsbildung durch die Schule hervorzuheben, wird im vierten Kapitel ein exemplarischer Bezug zu rheinland-pfälzischen, bildungspolitischen Vorgaben und aktuellen Wissenschaftlern hergestellt. Davon ausgehend wird abschließend das Konzept der Bewegten Schule als eben eine solche Fördermöglichkeit vorgestellt.
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Inhaltsverzeichnis:
1. Einführung
2. Bewegung und ihr Standpunkt innerhalb der Kindheitsforschung
2.1 Aktuelle Studien zum Kinderalltag
2.2 Bewegung als Bestandteil der kindlichen Entwicklung
2.3. Bewegung und Lernfähigkeit
3. Selbstbildung und Identitätsentwicklung
3.1. Die Entwicklung der Identität
3.2. Ästhetische Bildung als Verbindungsglied zwischen Bewegung und Identität
3.3. Schlussfolgerung der Bewegung als Beitrag zur Identitätsentwicklung
4. Potential der Förderung im Schulalltag
4.1 Forderung von Bewegungsförderung und Identitätsentwicklung in der Grundschule
4.2. Das Konzept der Bewegten Schule
5. Ausblick
Literaturverzeichnis
Spricht man heute über Kindheit, gerät man schnell auch mit dem gesellschaftlichen Diskurs der veränderten Kindheit in Berührung. In der Kritik stehen dabei insbesondere der Medienkonsum und die mangelnde körperliche Bewegung der Kinder. Vielfach wird daher mehr Bewegung in der Schule, insbesondere in der Grundschule gefordert. In dieser Arbeit soll zunächst geprüft werden, inwiefern die aktuelle Lage der Kinder tatsächlich diesbezügliche Probleme widerspiegelt. Im Zentrum steht jedoch die Frage, welche Bedeutung die körperliche Bewegung für die Kinder selbst, für ihre persönliche Identitätsentwicklung hat. Zu Beginn wird sich daher auch mit einer grundlegenden Relevanz der Bewegung im Bezug auf die kindliche Entwicklung auseinandergesetzt. Im Anschluss daran wird die Bewegung in ihrer Beziehung zum Lernerfolg dargestellt, da speziell die Grundschule in unserer Gesellschaft als Ausgleich zu Entwicklungsproblemen im Alltag dienen soll.
Im dritten Kapitel soll schließlich die Verbindung zwischen der Bewegung und der Identität eines Menschen ergründet werden. Als Einstieg wird in diesem Kontext der Begriff der Identität und ihre Entwicklung erläutert. Im gleichen Zuge soll die Gewichtung der Bewegung und auch der Identitätsentwicklung im schulischen Kontext untersucht werden. Dazu wird ein Fokus auf die ästhetische Bildung mit ihrer Zielsetzung der ganzheitlichen Menschenbildung gerichtet. Diese soll zugleich einen ersten konkreten Beitrag der Bewegung zu einer Identitätsentwicklung vorstellen. Eine allgemeine Schlussfolgerung der gemeinsamen Verbindung wird dieses Kapitel abrunden.
Um die Bedeutung der Bewegung für die Identität von Schüler ergründen zu können, muss zunächst festgestellt werden, wo und wie Bewegung im Alltag integriert ist.
Heute sind nach Lange und Zerle in der Lebenswelt der meisten Kinder Konsum- und Unterhaltungsgüter sowie Medien- und Kommunikationstechnologien fest verankert. Diese stellen einen untrennbaren Bestandteil der Sozialisation der Kinder dar (vgl. Lange / Zerle 2010, S.54). Kinder nehmen daran jedoch nicht nur passiv teil, sondern sie prägen auch aktiv die derzeitige Massenkultur, welche jegliche unterhaltungsorientierten Waren, Dienstleistungen und Aktivitäten betrifft (vgl. Lange / Zerle 2010, S.54 f.). „[...] ihr Konsumverhalten (,) ihre Identität, ihre Lebensstile und ihre Beziehungen [...]“ (Lange / Zerle 2010, S.55) beeinflussen diese Kultur unmittelbar. Davon lässt sich weiterhin für das allgemeine Freizeitverhalten ableiten, dass bei der Auswahl eines Hobbys, die Darstellung und Entwicklung des Selbst und die Einordnung in die familiäre und die Peerkultur. Im Zentrum stehen. Die Gestaltung der freien Zeit und der Umgang mit der Massenkultur stellen also handelnde Arten der Selbstbildung dar. Das Selbst und der Körper werden dabei teilweise bewusst, teilweise auch unbewusst, über verschiedene Zeiträume hinweg geformt (vgl. Lange / Zerle 2010, S.55).
Entscheidend hierbei ist, ob es sich um aktive und selbst gesteuerte Prozesse handelt oder um von ökonomischen und politischen Interessen überlagerte (vgl. Lange / Zerle 2010, S.55 f.). Ersteres zeigt sich für Kinder als Faktor zum Glücklichsein. Können die sie in ihrer Freizeit tätig sein, sich bewegen, Unternehmungen mit Bezugspersonen gestalten, Lob und Wertschätzung erfahren, wird ihnen ein gesteigertes Wohlbefinden zuteil. Im Bezug auf die Hingabe zu den Aktivitäten wird zwischen einer harmonischen und einer obsessiven Leidenschaft unterschieden. Identifiziert das Kind sich mit den Tätigkeiten, erhält es Anerkennung und Unterstützung zur Selbstständigkeit seitens der Eltern und der eigenen Umwelt, wird eine harmonische Leidenschaft gefördert. Wird eine Freizeitaktivität jedoch ausschließlich zur Steigerung des Selbstwertes nachgegangen und erfährt die Relevanz der Beschäftigung zusätzlich durch die Eltern eine Überakzentuierung, stellt sich eine obsessive Leidenschaft ein. Diese geht häufig mit nachteiligen körperlichen und psychischen Folgen einher (vgl. Lange / Zerle 2010, S.56).
Um zu ermitteln, wie sich die Freizeit der Kinder nun im Detail gestaltet, wird im Folgenden eine Darstellung zweier in Diskursen stark präsenter Freizeitaktivitäten erfolgen. Zuerst wird dabei das Bewegungsverhalten aufgeführt.
Wie einige Autoren zeigen, grenzen diverse Faktoren dieses heute ein. Bei den räumlichen Bedingungen ist insbesondere die Stadt zu nennen, mit ihrer dichten Bebauung, verdichteten Freiflächen, Spielverboten und starkem Straßenverkehr. Außerdem geben viele Räume, ganz im Gegensatz zu vielen Teilen der freien Natur, in erster Linie durch ihre Ausstattung das Bewegungsverhalten vor (vgl. Müller 1999, S.29).
Ein Aspekt in diesem Zusammenhang, mit Bezug auf eine veränderte Kindheit ist, dass die Sorge um die Sicherheit der Kinder zugenommen hat (vgl. Berk 2011, S.398). Laut Müller haben hauptsächlich Mütter Angst vor Gefahren im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr und vor Übergriffen ihren Kindern gegenüber (vgl. Müller 1999, S.30). Denn die Straßen sind auch auf dem Land durch eine vermehrte Verkehrsdichte zu gefährlichen Spielräumen geworden (vgl. Hurrelmann 2004, S.24). Daher kontrollieren die Eltern nicht nur stark die Freizeitgestaltung der Kinder, sondern schränken auch die Bewegung außerhalb des Wohnhauses und der Schule ein (vgl. Müller 1999, S.30). So bilden das eigene Zimmer und das Wohnzimmer das Zentrum der Freizeitaktivitäten. Für viele Kinder kommt es zu einer Verinselung von unzusammenhängenden Lebensräumen. Für das Kind sind diese spezifischen Räume oft nur durch ihre mobilen Eltern zu erreichen (vgl. Hurrelmann 2004, S.24). Hinzu kommt, dass die neuen Medien auf die Kinder eine übermäßige Anziehung bewirken. Es scheint also naheliegend, dass die Kinder sich kaum noch im Freien aufhalten, um sich dort zu bewegen oder zu spielen (vgl. Berk 2011, S.398).
Darüber hinaus grenzen auch soziale Bedingungen die Bewegungsmöglichkeiten der Kinder ein. So sind mehr Einkindfamilien zu verzeichnen und insgesamt weniger Kinder, sodass sich nach Schulschluss Spielgruppen zusammenschließen könnten. Der Hort sei laut Müller einer der wenigen Orte, an dem altersgemischte Gruppen aus mehreren Kindern entstehen könnten (vgl. Müller 1999, S.30). Altersheterogenität sei beim Spielen aber wichtig, da hier die Möglichkeit zur Weitergabe von Spielkulturen von älteren an jüngere Kinder besteht. Ebenfalls spielt hier auch die Übernahme von Verantwortung eine große Rolle (vgl. Müller 1999, S.31).
Häufig werden mit dem Freizeithandeln der Kinder Bilder von einem ausgefüllten, vorgegebenen Terminplan, Stress und geringer eigenständiger Gestaltung verbunden. Studien aus den letzten Jahren zeigen jedoch, ein Großteil der Kinder zwischen zehn und 13 Jahren nimmt nur ein bis drei institutionsgebundene Termine in ihrer Freizeit wahr. Viele dieser Tätigkeiten werden daneben entweder aus eigenem Antrieb der Kinder oder in Kooperation mit den Eltern besucht. Die Kinder beziehen sich dabei auf ihr persönliches Interesse, die Freude an der Aktivität und der Möglichkeit sich in bestimmten Bereichen zu beweisen. Die Eltern sehen den Wert in der eigenen Entlastung, aber auch darin, dass ihre Kinder sich weniger in Gefahrensituationen, wie den Straßen in der Wohngegend, oder in medialen Welten bewegen (vgl. Lange / Zerle 2010, S.57).
Eine besondere Attraktivität erfahren in diesem Zusammenhang organisierte Sportarten in Vereinen oder Mannschaften. So nehmen in den USA 66 % der Jungen und 37 % der Mädchen zwischen fünf und 18 an diesen Sportarten teil (vgl. Berk 2011, S.398). Auch in Deutschland wächst das Netz institutioneller Sportangebote und wirkt so den bemängelten Bewegungsmöglichkeiten entgegen (vgl. Müller 1999, S.30). Insgesamt wird der meiste Sport im Verein betrieben wird. Die Zehn- bis 13-Jährigen sind dabei die am stärksten vertretene Altersgruppe in diesen Gruppierungen. „Fast neun von zehn Kindern sind in ihrer Kindheit mehrere Jahre Mitglieder in Sportvereinen; andere Vereine bringen es kaum auf 5 %.“ (Lange / Zerle 2010, S.58)
Die World Vision Kinderstudie erhob dazu detailliert die institutionelle Eingebundenheit von Kindern. Es wurde ermittelt, dass 78 % aller Kinder regelmäßig in ihrer Freizeit Zeit in diesen Strukturen verbringen. Dabei nimmt der Sportverein den größten Teil ein. Zwischen einem Alter von sechs bis elf Jahren sind 62 % der Kinder dort Teilnehmer (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.102). Diese Studie hat im Vergleich zum Jahr 2007 auch insgesamt einen Anstieg an teilhabenden Kindern festgestellt (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.103).
Unterschiede ergeben sich bei einem Geschlechtervergleich. So sind 54 % der Mädchen, aber 69 % der Jungen Mitglied in einem Sportverein (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.106 f.). Ähnlich verhält es sich bei einem Migrationshintergrund. Von den betreffenden Kindern nehmen nur 54 % teil, Kinder ohne Migrationshintergrund 65 % (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.107).
Da eine Mitgliedschaft im Verein zurzeit häufig nur Kindern vorbehalten bleibt, deren Eltern die finanziellen Mittel dazu haben, muss vor allem nach den Schichtzugehörigkeiten unterschieden werden (vgl. Müller 1999, S.30). Eine der neueren Studien, die sich grundlegend damit auseinandersetzt, ist ebenfalls die World Vision Kinderstudie. Sie erfasste bezogen auf das Jahr 2009 differenziert die Situation von sozialen Herkunftsschichten. Hierzu wurde die Bildungsnähe der Eltern zusammen mit der geschätzten Bücherzahl der Kinder, mit materiellen Ressourcen, mit der Wohnform und dem subjektiv beurteilten Nettoeinkommen ermittelt. Es zeigte sich, dass 9 % der Kinder zur Unterschicht, insgesamt 76 % zur Mittelschicht sowie 15 % zur Oberschicht gehören. Hierbei wurde auch ein Zusammenhang zwischen einem Migrationshintergrund und der Zugehörigkeit zur Unterschicht festgestellt. Demnach haben 45 % der Kinder aus der Unterschicht einen Migrationshintergrund, aber nur 15 % aus der Oberschicht (vgl. Schneekloth / Pupeter 2010, S.77). Problematisch wirkt diese Kombination mit der Unterschicht im Bezug auf die Teilhabe und Aneignung einer vielfältigen Umwelt. Aufgrund mangelnder Bildungskompetenzen und Integration, ebenso wie finanzieller Einschränkungen seitens einiger Eltern, können sie ihren Kindern nur ein geringes Angebot an Teilhabe und Aneignung ermöglichen (vgl. Schneekloth / Pupeter 2010, S.78).
Im Bezug auf die Mitgliedschaft im Sportverein bedeutet dies konkret, nach der sozialen Herkunft unterschieden, gehören 81 % der Kinder aus der Oberschicht einem solchen Verein an, aber nur 32 % der Unterschicht (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.105). Sehr ähnlich Daten spiegelt auch eine Auswertung des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) wider (Lange / Zerle 2010, S.59 f.).
Regionale Unterschiede, die auf eine fehlende Erreichbarkeit hinwiesen, sind im Hinblick auf eine Mitgliedschaft in jeglichen Vereinen jedoch nicht zu verzeichnen. Kinder aus Großstädten besuchen Vereine zu 74 %, aus Randlagen zu 82 % und vom Land zu 79 % (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.106).
Die hier aufgezeigte hohe Attraktivität der Mitgliedschaft in einem Team oder einer Mannschaft rührt aus einem Zugewinn an sozialen Kompetenzen, wie auch Selbstwertgefühl für die Kinder. Durch die Wertschätzung und den Stolz auf ihre sportlichen Leistungen werden sie zumeist angeregt sportliche Betätigungen auch mit zunehmenden Alter fortzusetzen (vgl. Berk 2011, S.398). Leven und Schneekloth sehen das Potenzial der Zugehörigkeit zu einem Sportverein darin, dass die Kinder „[...] durch kindgerechte Anforderungen vielfältige motorische Kompetenzen […]“ entwickeln und auch gezielt gefördert werden können. Dazu können sie Selbstbewusstsein durch Selbstwirksamkeitserfahrungen erlangen und sozial integriert werden (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.109).
Damit einhergeht im historischen Vergleich ein immer früheres Eintrittsalter der Kinder in den Verein. Somit folgt auf allen Ebenen des Alltags der Kinder eine deutliche zunehmendere Präsenz des sportlichen Kontextes. Sei es in Form von Motiven und Symbolen, von Spielzeug, Idolen oder Pokalen. Hiermit steigt auch insgesamt der Wert sportlicher Leistungen in dieser Altersgruppe (vgl. Lange / Zerle 2010, S.58).
Doch die hohen Erwartungen an die Leistungen können besonders bei jungen Kindern zu Desinteresse gegenüber dem Sport führen. Vielmehr noch kann das Konkurrenzdenken und vorrangig der Leistungsdruck seitens Eltern und Trainern zu emotionalen Schwierigkeiten und einer Abneigung gegen den Sport folgern. Des Weiteren erlauben organisierte Sportarten und Spiele den Kindern kein natürliches Experimentieren mit Regeln und Strategien, da alles durch Erwachsene vorgegeben und überwacht wird (vgl. Berk 2011, S.399).
Einen anderen Teil der Sport treibenden Kinder machen daher diese aus, die sich nicht vereins- oder schulgebunden bewegen. Im Alltag dieser Kinder ist insbesondere das Radfahren oder Skaten beliebt. Denn diese Tätigkeiten können in den unterschiedlichsten sozialen Konstellationen und Umkreisen des Wohnfeldes genutzt werden (vgl. Lange / Zerle 2010, S.59). Ebenfalls planen Eltern, welche selber Interesse an Bewegung und Sport haben, ihre Kinder häufig mit in ihre eigene Freizeitgestaltung ein und lassen die Kinder an ihren Aktivitäten, vornehmlich in der Natur, teilhaben (vgl. Müller 1999, S.30).
Im Rahmen der World Vision Kinderstudie wurde darauf bezogen erhoben, an wie vielen Tagen die Kinder insgesamt Sport ausüben. 53 % der Kinder gaben an, an drei bis fünf Tagen in der Woche sportlich aktiv zu sein. 11 % sind es sogar an sechs bis sieben Tagen pro Woche. Nur einmal pro Woche treiben dagegen 9 % der Kinder und unregelmäßig lediglich 4 % der Kinder Sport. Große Differenzen ergeben sich wiederum zwischen den Geschlechtern. So treiben die Jungen deutlich öfter Sport im Alltag als die Mädchen (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.110). Auch im Bezug auf das Alter zeigen sich Unterschiede. So betätigen sich die Sechs- und Siebenjährigen seltener sportlich. Sie werden sogar laut Leven und Schneekloth als Sportmuffel bezeichnet, wenn sie mit zu den 12 % gehören, die nur einmal pro Woche oder zu den 7 %, die sogar nur gelegentlich Sport treiben. Diese beiden Unregelmäßigkeiten sollen noch im Verlauf der Arbeit eine Erklärung finden.
Bei einer Betrachtung der Herkunftsschichten ergibt sich ein ähnliches Bild, wie bei dem Punkt der Sportvereine. Kinder aus der Unterschicht bewegen sich zu 25 % nur einmal wöchentlich oder unregelmäßig sportlich. In der Oberschicht sind dies hingegen 11 % der Kinder (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.111).
Im Bezug auf Daten des gesamten Freizeitverhaltens von Kindern spezialisierte sich die KIM-Studie nur auf die Medienausstattung und das Medienverhalten der Kinder. Das DJI-Kinderpanel und das LBS-Kinderbarometer dagegen betrachteten ein breiteres Feld des Freizeitverhaltens. Die World Vision Kinderstudie hat sich davon ausgehend zur Aufgabe gemacht, die Ausgestaltung der kindlichen Freizeit über mehrere Jahre hinweg zu beobachten und zu vergleichen. Die Freizeit wird dabei als dritter Sozialisationsbereich zusätzlich zur Schule und Familie gesehen. In diesem Zusammenhang wurden auch Freizeittypologien entwickelt, die unterschiedliche Lebenswelten von Kindern widerspiegeln (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.95).
Orientiert wurde sich dabei an den Freizeittypen des DJI-Kinderpanels (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.96). Diese Typen beruhen auf der Erkenntnis, dass sich den Kindern heute ein vielfältiges Spektrum an Gestaltungsmöglichkeiten ihrer Freizeit bietet. Zerle erschließt aus dem DJI-Kinderpanel vier solcher Freizeittypen. Besucht jemand in seiner Freizeit diverse Institutionen, wie das Schwimmbad, das Kino oder unternimmt Ausflüge, ist er häufig in Vereinen aktiv, zählt er mehr Menschen zu seinem Freundeskreis und beschäftigt sich auch mit dem Computer, wird dieser Typ als institutionalisierter Freizeitler bezeichnet. Der nicht-institutionalisierte Freizeitler dagegen ist draußen an vielen verschiedenen Orten, wie dem Spielplatz, aber auch dem Einkaufszentrum. Den Indoor-Freizeitler beschreiben Aktivitäten im Haus, wie das Lesen oder das Spielen mit der Spielkonsole. Der vierte und letzte Typ ist ebenso wie der institutionalisierte Freizeitler stärker in Vereine eingebunden, hat einen größeren Freundeskreis und gebraucht den Computer. Kennzeichnend ist für ihn, dass er vorwiegend sportlichen Aktivitäten nachgeht und somit als sportiver Freizeitler benannt wird. Diese Freizeittypen spiegeln die Möglichkeit zur eigenständigen Akzentuierung der Kinder, der Individualisierung und vielfältigen Anregung zur Entwicklung der eigenen Identität wider und verweisen auf den insgesamt großen und bedeutsamen Erfahrungsraum der Freizeit (vgl. Lange / Zerle 2010, S.57).
In der World Vision Kinderstudie wurden darauf aufbauend 16 Aktivitäten nach ihrer Häufigkeit erfragt, die in die vier unterschiedlichen Bereiche Kultur, Sport, Medienkonsum und Familie kategorisiert wurden. Diese Kategorien wiederum waren die Basis für die drei Freizeittypologien der Autoren.
Es soll hier nicht im Detail auf alle Ergebnisse eingegangen werden. Bedeutsam zeigen sich für diese Arbeit jedoch die drei häufigsten Beschäftigungen Sechs- bis Elfjähriger. An erster Stelle steht laut der Studie mit 65 % das Treffen von Freunden, danach kommt mit 56 % das Treiben von Sport und mit ebenfalls 56 % folgt das Fahrradfahren. Aber auch Fernsehen gilt für 48 % der Kinder als weitverbreiteter Zeitvertreib. Mit dem Computer oder der Spielkonsole spielen hin und wieder nur 24 % oft. Als eine der Kulturtechniken wurde dagegen das Lesen von 37 % der Kinder als gehäufte Freizeitbeschäftigung genannt. In der Studie zeigte sich ein rückläufiger Trend der medien- und auch sportbezogenen Aktivitäten (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.96). Dies wird aber damit erklärt, dass im Gegensatz zu der Studie von 2007 auch sechs- und siebenjährige Kinder befragt wurden und ihr Verhalten im Vergleich zu älteren Kindern teilweise abweicht (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.97). Lediglich das Fernsehen ist nach einem Altersvergleich tatsächlich nachlassend und das Lesen hat leicht zugenommen.
Geschlechtsunterschiede zeigen sich darin, dass Mädchen häufiger kulturelle und kommunikative Beschäftigungen, wie Lesen und Musizieren benennen. Die Jungen wiederum geben vor allem den Sport und das Computer- oder Konsolenspielen als hauptsächliche Freizeitaktivität an (vgl. Leven / Schneekloth 2010, S.98).