Eugen Stillfried - Friedrich Wilhelm Hackländer - E-Book

Eugen Stillfried E-Book

Friedrich Wilhelm Hackländer

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Hackländers Roman erzählt die Geschichte des Eugen Stillfried, der sich ungeachtet seines gehobenen Standes in die Tochter einer Marktfrau verliebt - was der Mutter überhaupt nicht gefällt ...

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Eugen Stillfried

Friedrich Wilhelm Hackländer

Inhalt:

Friedrich Wilhelm Hackländer – Biografie und Bibliografie

Eugen Stillfried

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Zehntes Kapitel.

Eilftes Kapitel.

Zwölftes Kapitel.

Dreizehntes Kapitel.

Vierzehntes Kapitel.

Fünfzehntes Kapitel.

Sechszehntes Kapitel.

Siebenzehntes Kapitel.

Achtzehntes Kapitel.

Neunzehntes Kapitel.

Zwanzigstes Kapitel.

Einundzwanzigstes Kapitel.

Zweiundzwanzigstes Kapitel.

Dreiundzwanzigstes Kapitel.

Vierundzwanzigstes Kapitel.

Fünfundzwanzigstes Kapitel

Sechsundzwanzigstes Kapitel.

Siebenundzwanzigstes Kapitel.

Achtundzwanzigstes Kapitel.

Neunundzwanzigstes Kapitel.

Dreißigstes Kapitel.

Einunddreißigstes Kapitel.

Zweiunddreißigstes Kapitel.

Dreiunddreißigstes Kapitel.

Vierundzwanzigstes Kapitel.

Fünfunddreißigstes Kapitel.

Sechsunddreißigstes Kapitel

Siebenunddreißigstes Kapitel

Achtunddreißigstes Kapitel

Neununddreißigstes Kapitel

Vierzigstes Kapitel

Einundvierzigstes Kapitel.

Eine Entdeckungsreise.

Zweiundvierzigstes Kapitel.

Dreiundvierzigstes Kapitel.

Vierundvierzigstes Kapitel.

Fünfundvierzigstes Kapitel.

Sechsundvierzigstes Kapitel.

Siebenundvierzigstes Kapitel.

Achtundvierzigstes Kapitel.

Neunundvierzigstes Kapitel.

Fünfzigstes Kapitel.

Einundfünfzigstes Kapitel.

Zweiundfünfzigstes Kapitel.

Dreiundfünfzigstes Kapitel.

Vierundfünfzigstes Kapitel

Fünfundfünfzigstes Kapitel.

Sechsundfünfzigstes Kapitel.

Siebenundfünfzigstes Kapitel.

Achtundfünfzigstes Kapitel.

Neunundfünfzigstes Kapitel.

Sechszigstes Kapitel.

Eugen Stillfried, F. W. Hackländer

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849626785

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Friedrich Wilhelm Hackländer – Biografie und Bibliografie

Roman- und Lustspieldichter, geb. 1. Nov. 1816 in Burtscheid bei Aachen, gest. 6. Juli 1877 in seiner Villa Leoni am Starnberger See, widmete sich, früh verwaist, 1830 dem Kaufmannsstand, trat nach zwei Jahren bei der preußischen Artillerie ein, kehrte aber, da ihm der Mangel an Vorkenntnissen die Aussicht auf Avancement verschloss, zum Handelsstand zurück. Das Glück lächelte ihm indes erst, als er sein frisches Erzählertalent mit »Vier Könige« und »Bilder aus dem Soldatenleben« (Stuttg. 1841) geltend zu machen begann. Die auf eignen Erlebnissen beruhende Wahrheit und der liebenswürdige Humor dieses Büchleins, dem später die weitern Skizzen »Das Soldatenleben im Frieden« (Stuttg. 1844, 9. Aufl. 1883) folgten, erregten allgemeine Aufmerksamkeit und verschafften H. insbes. die Zuneigung des Barons v. Taubenheim, der ihn zum Begleiter auf seiner Reise in den Orient (1840–41) wählte. Deren literarische Früchte waren: »Daguerreotypen« (Stuttg. 1842, 2 Bde.; 2. Aufl. als »Reise in dem Orient«, 1846) und der »Pilgerzug nach Mekka« (das. 1847, 3. Aufl. 1881), eine Sammlung orientalischer Märchen und Sagen. Durch den Grafen Neipperg dem König von Württemberg empfohlen, arbeitete H. einige Zeit auf der Hofkammer in Stuttgart und wurde im Herbst 1843 zum Sekretär des Kronprinzen ernannt, den er auf Reisen und 1846 auch zu seiner Vermählung nach Petersburg begleitete. Im Winter 1849 aus dieser Stellung entlassen, begab er sich nach Italien, wo er im Hauptquartier Radetzkys dem Feldzug in Piemont beiwohnte, war darauf im Hauptquartier des damaligen Prinzen von Preußen (späteren Kaisers Wilhelm I.) Zeuge der Okkupation von Baden und nahm dann in Stuttgart seine schriftstellerische Tätigkeit wieder auf. 1859 wurde er vom König Wilhelm von Württemberg zum Direktor der königlichen Bauten und Gärten ernannt, begab sich noch in demselben Jahr, bei Ausbruch des italienischen Krieges, auf Einladung des Kaisers Franz Joseph in das österreichische Hauptquartier nach Italien, wo er bis nach der Schlacht bei Solferino blieb, und wurde 1861 für sich und seine Nachkommen in den österreichischen Ritterstand erhoben. Beim Regierungsantritt des Königs Karl (1865) plötzlich seines Amtes enthoben, lebte er seitdem abwechselnd in Stuttgart und in seiner Villa Leoni am Starnberger See. Die literarische Tätigkeit hatte H. während seiner verschiedenen amtlichen Obliegenheiten und Reisen eifrig fortgesetzt; aus der Teilnahme am piemontesischen Feldzug Radetzkys und der Belagerung von Rastatt im Sommer 1849 erwuchsen die »Bilder aus dem Soldatenleben im Krieg« (Stuttg. 1849–50, 2 Bde.); den »Wachtstubenabenteuern« (das. 1845, 3 Bde.; 6. Aufl. 1879), den »Humoristischen Erzählungen« (das. 1847, 5. Aufl. 1883) und »Bildern aus dem Leben« (das. 1850, 5. Aufl. 1883) folgten größere humoristische Romane: »Handel und Wandel« (Berl. 1850, 2 Bde.; 3. Aufl., Stuttg. 1869), voll ergötzlicher Reminiszenzen aus seiner kaufmännischen Lehrzeit, »Namenlose Geschichten« (das. 1851, 3 Bde.) und »Eugen Stillfried« (das. 1852, 3 Bde.). Hackländers Lustspiel »Der geheime Agent«, bei der von Laube 1850 ausgeschriebenen Konkurrenz mit einem Preis gekrönt (3. Aufl., Stuttg. 1856), wurde auf allen deutschen Bühnen mit Erfolg ausgeführt, auch mehrfach übersetzt. Weniger Glück machten: »Magnetische Kuren« und die Possen: »Schuldig« (1851), »Zur Ruhe setzen« (1857) und »Der verlorne Sohn« (1865). Geteilten Beifall fand sein Roman »Europäisches Sklavenleben« (Stuttg. 1854, 4 Bde.; 4. Aufl. 1876). Mit den »Soldatengeschichten« (das. 1854, 4 Bde.) begann eine gewisse Vielproduktion, in der Wiederholungen unvermeidlich waren, und die zuletzt in manieristische Flüchtigkeit auslief. Wir nennen noch: »Ein Winter in Spanien« (Stuttg. 1855, 2 Bde.), das Resultat einer 1853 nach Spanien unternommenen Reise; »Erlebtes. Kleinere [595] Erzählungen« (das. 1856, 2 Bde.); »Der neue Don Quixote« (das. 1858, 5 Bde.); »Krieg und Frieden« (das. 1859, 2 Bde.); »Der Tannhäuser« (das. 1860, 2 Bde.); »Tag und Nacht« (2, Aufl., das. 1861, 2 Bde.); »Der Wechsel des Lebens« (das. 1861, 3 Bde.); »Tagebuchblätter« (das. 1861, 2 Bde.); »Fürst und Kavalier« (das. 1865); »Künstlerroman« (das. 1866); »Neue Geschichten« (das. 1867); »Hinter blauen Brillen«, Novellen (Wien 1869); »Der letzte Bombardier«, Roman (Stuttg. 1870, 4 Bde.); »Geschichten im Zickzack« (das. 1871, 4 Bde.); »Sorgenlose Stunden in heitern Geschichten« (das. 1871, 2 Bde.); »Der Sturmvogel«, Seeroman (das. 1872, 4 Bde.); »Nullen«, Roman (das. 1873, 3 Bde.); »Verbotene Früchte« (das. 1878, 2 Bde.); »Das Ende der Gräfin Patatzky« (das. 1877); »Reisenovellen« (das. 1877); »Residenzgeschichten« (das. 1877); »Letzte Novellen«, mit seinen ersten literarischen Versuchen (das. 1879) etc. Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien Stuttgart 1855 bis 1874, 60 Bde. (neuer Abdruck 1876); eine Auswahl in 20 Bänden 1881, seitdem auch in illustrierten Ausgaben. Auf journalistischem Gebiet begründete H. 1855 mit Edm. Höfer die »Hausblätter« und 1859 mit Edm. Zoller die illustrierte Wochenschrift »Über Land und Meer«. H. zeigte sich in seinen literarischen Produktionen als eine gesunde und frisch genießende Natur von großer Welt- und Menschenkenntnis, soweit es sich um die Beobachtung der äußerlichen Weltzustände und der äußerlichen Charaktere handelt. Unter seinen größern Romanen zeichnen sich besonders die »Namenlosen Geschichten« und »Eugen Stillfried« durch die Frische aller Farben, die seltene Lebendigkeit der Erzählung vorteilhaft aus. Der Humor Hackländers ist vorwiegend harmlos und gutmütig; nur in einzelnen Romanen, wie im »Europäischen Sklavenleben«, spitzt er sich tendenziös zu. Aus seinem Nachlaß erschien eine interessante Selbstbiographie: »Der Roman meines Lebens« (Stuttg. 1878, 2 Bde.). Vgl. H. Morning, Erinnerungen an Friedr. Wilh. H. (Stuttg. 1878).

Eugen Stillfried

Erstes Kapitel.

Der geneigte Leser sieht alte Dinge vielleicht auf eine neue Art. Er macht bei Tagesanbruch die Bekanntschaft einer würdigen Mutter und wohnt einem Zwiegespräch bei, welches dieselbe mit ihrem Sohne hält.

Wenn man in einer großen Stadt lebt und spät in der Nacht oder, noch besser, früh gegen Morgen von einer durchschwärmten Soirée, einem lange dauernden Souper oder einem ermüdenden Balle träge und matt nach Hause schleicht, so bemerkt man, daß jetzt, wo sich fast Alles zur Ruhe begeben hat, ein eigenthümliches, sonderbar schattenhaftes Getreibe hie und da beginnt. Tiefe, schlummerverkündende Stille liegt auf den finsteren Straßen, die Gaslaternen flackern unmuthig, als wollten sie sagen, sie hätten jetzt des Leuchtens für heute Nacht genug.

In solchen sehr späten oder sehr frühen Stunden, wo der einsam nach Hause Wandelnde einem andern ebenso einsamen Wanderer gern aus dem Wege geht – denn ist Dieser ein Freund und Bekannter, so ist man zu träg, um noch mit ihm zu sprechen, ist er aber ein Fremder, so braucht er nicht zu wissen, daß man erst bei anbrechendem Morgen heimkehrt – in solchen Stunden, wo man in den meisten Straßen nichts vernimmt, als das eintönige Lied des Nachtwächters, das Rollen eines fernen Wagens oder das Plätschern sämmtlicher Röhrbrunnen der Stadt und der Fontainen auf öffentlichen Plätzen, bemerkt man auf einmal, wenn man sich zufällig gewissen Stadttheilen nähert, eine seltsame Geschäftigkeit, die hier mitten in der Nacht ihr lebhaftes Wesen treibt.

Von den Thoren heran durch die breiten Straßen, welche auf den Marktplatz führen, rollen schwerfällige Karren, mit einem oder mehreren Pferden bespannt und angefüllt mit allem dem, was die hungrige Stadt am nächsten Tage zu verschlingen gedenkt. Ungeheure Quantitäten Gemüse, Fleisch, Butter – Eier nicht zu zählen – Obst wie es gerade die Jahreszeit mit sich bringt; das alles wankt hochgeladen auf diesen ächzenden Karren durch die stille Stadt und wird in der Nähe des Marktes abgeladen, wo jetzt sogleich ein reges, bewegtes Leben anfängt. Hier sind alle Wirthshäuser und kleinen Läden geöffnet; eine geschäftige Menge unkenntlicher fast gespenstiger Wesen treibt sich umher, die ankommenden Sachen in Empfang zu nehmen, oder um beim Abladen und Verbandeln derselben zu helfen und so etwas zu gewinnen. Da sind Verkäufer und Aufkäufer, die ganze Ladungen übernehmen, um sie in kleineren Partien wieder an Andere zu verkaufen, von welchen sie erst das Publikum erhält. So vertheuert sich die Waare nach und nach, und das Ei und das Gemüse, welches so harmlos und sehr wohlfeil zum Thore hereinkam, hat schon mehreren hungrigen Spekulanten dienen müssen und ist wohl auf das Doppelte des ursprünglichen Preises gestiegen, ehe es in die rechte Küche gelangt.

Da kommen sie an in langen dunkeln Reihen, die vielen, vielen Wagen, und die Pferde schleichen langsam dahin, wohl aus Müdigkeit oder in der Absicht, die Schläfer ringsum nicht zu erwecken, zu denen ja auch der eigene Fuhrmann zu rechnen ist, der auf der Gabel sitzt und, nachdem er am Thore die Zoll-Visitation glücklich bestanden, nun wieder ruhig einnickt und sanft fortschläft, bis das Stillhalten des Karrens auf dem Marktplatze ihn abermals aufweckt.

Dazwischen wandeln Fußgänger, Männer, Weiber und Kinder, mit Tragkörben auf dem Rücken oder anderen, kleineren auf dem Kopfe und den Schultern, und bringen ebenfalls ihre Erzeugnisse zum Verkaufe in die Stadt, das, was sie im Laufe des gestrigen Tages mühsam angefertigt oder gesammelt. Sie schleppen ein ganzes Stück Wald mit herein an Blüthen und Früchten – Blumen in großen, weithin duftenden Büscheln, Wald- und Erdbeeren, frischen Waldmeister und was sonst die Natur im Augenblicke Freundliches bietet. Andere bringen harziges Holz von Tannen und Föhren zum Anzünden der Feuer oder kleine Besen und Strohmatten – fast Alles ihrer Hände Arbeit.

Der Markt selbst bietet nun ein eigenthümliches Bild. Aus den Läden und Wirthshäusern rings umher dringt der Glanz der Lichter und bescheint die Menge, welche vor diesen Lokalen hin und her wogt. Es ist ein wildes Durcheinander von dunkeln, unkenntlichen Gestalten auf dem weiten Platze, und obgleich Jeder beim Aufstellen seiner Waare so wenig Geräusch wie möglich macht und leise lispelt und flüstert, so machen doch alle diese Klänge und Töne zusammen ein hörbares Brausen und Murmeln aus, das man in den angrenzenden Straßen vernimmt und welches auch gewiß manchen leichten Schlummer in den anstoßenden Häusern stört.

In den Wirthsstuben geht es unterdessen lustig genug zu. Die Fuhrleute sowie die Knechte großer Bauern, die noch ein beschwerliches Tagewerk und die Heimfahrt vor sich haben, suchen schon so viel wie möglich die durchwachte Nacht mittelst ziemlicher Quantitäten Wein und Branntwein aus ihren Gliedern zu vertreiben. Die Spekulanten, denen alle Mittel gelten, um die herbeigeführten Waaren billig einzuhandeln, setzen sich mit den Bauern selbst oder deren Bevollmächtigten hinter der Flasche fest, und beide Theile lassen gern etwas darauf gehen, um sich gegenseitig zu benebeln und dadurch zu niedrige oder zu hohe Preise zu erlangen. Das geringe Volk der Marktknechte, der Ablader treibt sich unterdessen draußen umher und hilft die Sachen, die herangebracht werden, von den Wagen herunter nehmen und in zierlichen, dem Auge wohlgefälligen Haufen auf dem rein gefegten Pflaster des Marktes ordnen.

Aber auch andere Gestalten winden sich durch das Gewühl und halten sich fern von dem Scheine des Lichtes oder von dem unsicheren Glanze, der von den Epaulettes oder dem Säbel eines Polizei-Beamten ausgeht. Das sind Spitzbuben und Diebe durch alle möglichen Rangklassen und Grade hindurch, von armen, hungrigen Schelmen angefangen, die sich glücklich schätzen, wenn sie ein Stück Fleisch, ein Dutzend Kartoffeln, ein Kohlhaupt oder dergleichen erbeuten können, bis zu den Vornehmeren ihres Geschlechtes, die es auf die Tasche ihres Nebenmannes abgesehen haben, oder bis zu jenen hinauf, die dem etwas angetrunkenen Bauer bereitwillig in eine Nebengasse folgen, und welchen es auf einige Faustschläge oder gar Messerstiche nicht ankommt, um sich in den Besitz einer wohlgefüllten Geldkatze zu setzen. Auch ähnliche Praktikanten des schwächeren Geschlechtes treiben hier ihr heimliches, scheues Wesen und sind gesucht und gemieden, wie es eben kommt. Ihnen ist jede Beute recht, und wenn sie keinen rechtmäßigen Erwerb finden, begnügen sie sich mit einem unrechtmäßigen, und die schlechtbekleideten, elenden hohläugigen Gestalten nehmen mit, was in ihren Bereich kommt, und schleppen es davon in ihren weiten Rocktaschen oder unter ihren nachlässig umgeworfenen, langen, schmutzigen Halstüchern.

So wogt und wimmelt Alles durch einander in der Dämmerung einer verschwindenden Sommernacht, und je wärmer und angenehmer die Luft ist, und je klarer und freundlicher der Mond oder die funkelnden Sterne herabblicken, um so unheimlicher erscheint dieses nächtliche Getreibe. Auf Augenblicke herrscht wirkliche Stille da unten, dann aber vernimmt man Menschenstimmen, die rufen, schreien, zanken; dazwischen schnauben und wiehern Pferde, Hunde bellen, Enten und Gänse in ihren Körben lassen seltsame Klagetöne vernehmen, und um all' diese hunderterlei Gegenstände und Gestalten, die in großen Haufen daliegen oder eilig durch einander schlüpfen und emsig hin und her eilen, stehen die alten, ernsten Häuser mit ihren hohen, zackigen Giebeln, mit ihren zierlichen Erkern, und schauen verwundert in das wirre Treiben der Massen da unten.

Es ist wie ein anderer Hexen-Sabath, und wie ein solcher beginnt es auch aus einander zu stieben mit dem ersten Hahnenschrei. Sobald der Himmel anfängt, im Osten heller zu werden, sobald die frischere, kältere Morgenluft den herannahenden Tag verkündigt, und sobald die Sterne droben am Himmel erbleichen, erlöschen auch die Lichter in den Wirthshäusern und Läden; nach und nach und erstirbt das Leben auf dem weiten Marktplatze. Nach allen Richtungen hin verläuft sich die Menge, die hier beschäftigt war, wie ein schmutziges, rauschendes Gewässer, das den Platz vorhin bedeckte, nun allmälig verschwindet, und darauf tritt hervor das ganze Terrain, welches er bis jetzt bedeckte, mit seinen Höhen und Tiefen. Und diese Höhen stehen wohlgeordnet da und zeigen sich dem Auge als schön ausgestellte Gemüsehaufen, und die Tiefen und Gassen dazwischen hat man reinlich gekehrt, und wie es nun immer heller und heller wird, und die graue Morgendämmerung in das helle, glänzende Licht eines frischen Sommertages übergeht und deutlich zeigt die vielen glänzenden Farben der tausenderlei Gegenstände, die hier ausgestellt sind: so verschwindet ebenso schnell das Unheimliche des Nachtgemäldes, und ein anderes, schönes, freundliches, angenehmes Bild zeigt sich dem Auge des Beschauenden.

Aber es ist noch sehr früh am Tage. Nur hie und da öffnet sich langsam eine Hausthüre, und ein schläfriges Dienstmädchen tritt heraus, das Morgenwasser für die Haushaltung zu holen. Lohnkutscher und Fiaker, die früh einspannen müssen, kommen in sehr mangelhafter Toilette und ziehen ihre Pferde nach sich an den benachbarten Brunnen. In den Straßen der Stadt liegt noch ein feiner Duft, und der reine blaue Himmel, der sich oben zwischen Kirchthürmen und Schornsteinen zeigt, sowie das feucht werdende Pflaster versprechen einen schönen warmen Tag.

Die Straßen sind still; der Lärm der Nacht, den wir vorhin beschrieben, hat sich auch in der nächsten Nähe des Marktes vollkommen gelegt; man hört einen frühzeitigen Spaziergänger auf mehrere hundert Schritte seine Hausthüre hinter sich zuschließen und vernimmt den Klang seiner Fußtritte. Die letzten Wanderer, die in der vergangenen Nacht den ersten Marktwagen begegneten, haben sich noch nicht gar lange zu Bette gelegt; sie verdunkeln ihre Fenster so viel wie möglich, um dem Tageslichte den Eintritt in ihre Schlafzimmer zu verwehren; sie werfen sich unruhig hin und her, und der leichte, unerquickliche Schlummer, der über sie dahin fährt und sie nur zuweilen und wie neckend mit seinem Finger berührt, ist ein erbarmungsloser Spiegel und zeigt ihnen die Leiden und Freuden der vergangenen Nacht, das Gewühl des Tanzes, und dabei erklingt in ihrem Ohr die gleiche Tanzmusik immer und unaufhörlich fort, oder es gaukelt vor ihrem innern Auge die Karte, auf welche sie beständig verloren, oder an ihre Seite schmiegt sich spottend und neckend das Bild eines Mädchens, von dem sie vergebens getrachtet, einen Blick der Liebe zu erhalten.

Aber auch andere Schläfer, die nicht die Nacht durchgeschwärmt, wälzen sich in der frühen Morgenstunde unruhig auf ihrem Lager – solche unglückselige Sterbliche, die sich im Allgemeinen eines schlechten Schlafes erfreuen, die den sehnlich herbeigeseufzten nicht festzuhalten vermögen, die während der Nacht jede Uhr von allen Kirchen schlagen hörten, und die nun, da das unbarmherzige Tageslicht ihr Zimmer erfüllt, verdrießlich aufstehen, ärgerlich den Fenstervorhang aufziehen und mit einem entsetzlich nüchternen Blicke in den jungen, glänzenden Tag hinaus schauen. Ach! was ihnen fehlt, ist Anderen in so reichlichem Maße gegeben, und aus den gegenüberliegenden offenen Fenstern tönt das feste solide Schnarchen eines außerordentlich gesunden Schlafes, eines Schlafes, der nur vor dem rasselnden Wecker einer Uhr entflieht, der gleich darauf im Zimmer des Nebenhauses anfängt zu arbeiten.

Die gefangenen Nachtigallen in den Straßen sind schon lange verstummt; draußen auf dem Felde singt die Lerche und jubilirt der Sonne entgegen, die nun anfängt, mit den umliegenden Bergen und Kirchtürmen zu liebäugeln. Die Häuser öffnen jetzt nach und nach ihre Augen: zuerst die obern Stockwerke – bei den untern dauert es freilich noch eine Zeit lang – die Stadt wird lebendig und fängt an zu summen und zu rasseln. Aus sämmtlichen Schornsteinen steigt der blaue Dampf kerzengerade in die Höhe; aus den Werkstätten hervor klingt lustig das Schlagen der Hämmer, das Seufzen der Säge und des Hobels.

Wir wissen nicht, ob es anderen Leuten auch so ergeht, aber uns ist der Marktplatz, so vollständig versehen mit allen Lebensbedürfnissen, namentlich in früher Morgenstunde, einer unserer liebsten Spaziergänge. Noch sind nicht viele Käufer da, nicht einmal alle Verkäufer, und man hat so Muße und Zeit, sich all' die Sachen in der Nähe zu betrachten: das frische Gemüse, das schöne Obst, die unendliche Reihe mit Körben voll hellgelber Butter, die Eierniederlagen, die frischen Küchenkräuter, die duftigen Blumen. Dann hat auch der Markt, wenn er so in den ersten Stunden des Tages in seiner ganzen Jungfräulichkeit daliegt, eine so köstliche Atmosphäre, einen so frischen Wald- und Gartenduft. Das Pflaster ist reinlich gekehrt, Blumen und Früchte sind mit Millionen Wassertropfen bedeckt, theils wirklichen, vom beiabfallenden Thau, theils künstlichen, durch darauf gespritztes Wasser.

Auch die Nebenstraßen und kleinen Gäßchen, die auf den Marktplatz münden, haben etwas mitgetheilt erhalten von dem Duft und der Frische desselben. Mag es nun von dieser Nachbarschaft herkommen, oder von den engen Straßen und hohen Häusern, welche die Sonnenhitze abhalten, oder von den vielen Brunnen, die hier rauschen und kühlen – genug, es ist um diese Tageszeit hier in den engen Gäßchen recht behaglich und angenehm, und wenn man aus den breiteren heißen Straßen herniedersteigt, thut die Frische und Kühle hier, sowie der Anflug von Morgendämmerung, der noch nicht ganz verschwunden und namentlich in den langen, finsteren Höfen der Häuser zurückgeblieben ist, so unendlich wohl.

Dieser langen und finsteren Höfe gab es in der Stadt, von welcher wir hier sprechen, noch eine große Menge, und sie gehörten zu ebenso finsteren und engen Häusern, die aber von den Gewerbetreibenden und Geschäftsleuten sehr gesucht wurden. Diese Häuser hier stammten aus alter Zeit und waren aus solidem Mauerwerk aufgeführt, hatten meistens gewölbte Treppen und Gänge, kleine Fenster, dicke Mauern, und es war in ihnen kühl im Sommer und warm im Winter. Sie bildeten mit dem Marktplätze den Kern der Stadt und waren von alten adeligen Geschlechtern und reichen Patriziern erbaut worden. Hier hatten diese bekannten Geschlechter lange, lange Jahre gehaust, in der Nähe eines alten Castells und geschützt von diesem, sowie durch die innere Stadtmauer, welche sie ehedem in stattlicher Höhe und Breite umgaben. Bald aber wurde es den vornehmen Geschlechtern und reichen Kaufherren zu eng und zu finster in ihren massiven Wohnungen: sie verließen dieselben, rissen die Stadtmauer nieder und baueten sich in breiteren Straßen luftigere Häuser. Die alten aber behielten sie bei zu Waarenlagern, Stallungen, Magazinen und sonstigen Gelassen, und als sie nach und nach des Geldes benöthigter wurden, vermietheten fie diese Stammhäuser an Bürger und Handwerker, verkauften sie auch wohl, und so begann hier ein frisches, reges Leben, und die Stille dieser hohen Treppen und Gewölbe wurde vertrieben durch das Leben und Weben eines allgemeinen Verkehrs. Die steinernen Wappen über den Thüren und Thoren sahen seltsam hernieder auf die so ganz anders gewordene Zeit, und die Grafenkrone, die, aus Stein gehauen, mit ihren neun Spitzen trotzig aus dem Gemäuer eines dieser Häuser hervorragte, und die vordem reich vergoldete Sänften, prachtvoll aufgeschirrte, glänzende Rosse an der Hand in Seide gekleideter Edelknaben gesehen, würde jetzt gewiß schmerzlich zusammengezuckt sein, wenn das anders möglich gewesen wäre, bei dem Betrachten des ambulanten Obstkrames, der sich unter sie etablirt, oder bei der pöbelhaften Berührung der großen Fahrpeitsche, die der benachbarte Brauknecht so gern über die neun Zacken legte. Aber daran ließ sich nichts mehr ändern.

Das Haus, von dem wir eben sprachen, hatte neben dem riesigen Steinportal mit hochgräflichem Wappen in der That einen kleinen Obstkram, und in den weitläufigen Hintergebäuden war eine Brauerei errichtet. Durch das eben erwähnte Portal trat man in einen ziemlich breiten Hof, den vormals Säulengänge umgeben hatten; jetzt aber waren die Bogen zugemauert worden, um Platz für ein Heumagazin, das rings herum lief, zu gewinnen. Die armen alten Säulen staken zwischen neumodischen Backsteinen, und es war kläglich anzusehen, wie nur noch hie und da eine Idee der Rundung des Capitäls sichtbar geblieben war.

Dieser Hof war das Bild einer malerischen Unordnung. Das einzige aus alten Zeiten her noch ziemlich Erhaltene war ein schöner Brunnen, ein wahres Kunstwerk, – ein aus Stein gemeißelter Drache, der sich emporbäumend das Wasser in ein großes Marmorbassin spie. Doch da das kupferne Mundstück, das er früher zwischen den Zähnen seines Rachens hielt, gewiß eines Tages entwendet und verkauft, kurz, abhanden gekommen war, so hatte man eine dicke Holzröhre zwischen seine Zähne hineingeschlagen, die dem Gesichte des Drachen ein äußerst verschwollenes Ansehen gab. Statt in die Marmorschale, wie früher, lief das Wasser in eine Vertiefung des Bodens und diente hier zum Aufenthalt einer ganzen Schaar kleiner und großer Enten und Gänse, die watschelnd und schreiend den weiten Hof zu einem harmlosen Spielplatz erwählt zu haben schienen. Daneben befand sich eine große Schaar Hühner, die sich von dem gemeinen, nassen und beschmutzten Geschlechte der ebengenannten Wasservögel ziemlich fern hielt und auf einem großen Misthaufen stolz für sich allein blieb. Der Hahn mit hochrothem Kamme und goldgelbem Gefieder schien besonders darauf zu halten, daß die Hühner streng auf Rang und Stand sahen und sich mit jenen nicht gemein machten, denn er umkreiste stolz den Misthaufen, und wenn eine der jungen Enten oder Gänse sich zu nähern wagte, so streckte er sich lang empor, sträubte zornig seine Federn und ließ ein majestätisches Krähen vernehmen. Kleine Ferkel und junge und alte Hunde, die sich ebenfalls hier herumtrieben, schienen eine vermittelnde Rolle zwischen Enten und Hühnern spielen zu wollen: denn bald schnupperten sie in der Kothlache bei den Wasservögeln umher, bald wälzten sie sich in kleinen schmutzigen Pfützen, welche den Misthaufen begrenzten.

Auf der einen Seite des Hofes stand ein großer Karren, ähnlich denjenigen, welche heute Nacht in langen Reihen und schwer beladen in die Stadt fuhren. Ein blaues Tuch war darüber gespannt, und wo dasselbe hinten zurückgeschlagen war, bemerkte man, daß auf dem Wagen nur noch einige Ueberreste von Gemüse zurückgeblieben waren. Die Hauptladung dagegen hatte man sorgsam auf den Boden niedergelegt, und bestand dieselbe aus einem gewaltigen Haufen von Kohlköpfen, gelben und weißen Rüben, neben welchen sich große Körbe mit Erbsen und Bohnen befanden.

Aus diesem Hofe führte eine breite Treppe in die hinteren Wohnungen und zuerst in ein Vestibül, hoch gewölbt, welches nicht übermäßig erhellt wurde durch diesen Eingang selbst, sowie durch ein halbrundes vergittertes Fenster. Diese Vorhalle bildete eine würdige Fortsetzung des Hofes; Geflügel und andere Thiere liefen hier aus und ein, und namentlich legten die kleinen Ferkel hier eine außerordentlich liebenswürdige Ungezwungenheit an den Tag. Obgleich es, wie schon gesagt, Sommer und draußen sehr heiß war, so brannte doch in diesem Gewölbe in einem mächtigen alten Steinkamine ein hell loderndes Feuer, über welchem an einer starken rußigen Kette ein Wasserkessel hing, dessen Inhalt dampfte und zischte. Neben diesem Kessel saß auf einem breiten hölzernen Stuhle eine Frau, die sowohl als Herrin des eben beschriebenen Hofes, wie der geneigte Leser später erfahren wird, als auch in anderer Beziehung unsere Aufmerksamkeit sehr verdient.

Diese Frau war von der Natur mit einer solch wahrhaft erschreckenden Körperfülle bedacht, daß unbefangene Personen, die sie zufällig sahen, erstaunt stehen blieben und sich gegenseitig verwundert fragten, ob hier Wahrheit oder Täuschung sei. Daß aber Letzteres nicht der Fall war, sah man auf den zweiten unbefangenen Blick, denn die Frau trug ihre Körperfülle mit einer gar zu sichtbaren Anstrengung. Da sie obendrein nicht sehr groß war, so fiel ihre riesenhafte Taille um so mehr in die Augen. Hierzu paßte der kurze, dicke Hals und das runde, vom Wetter stark gebräunte Gesicht.

Die Frau war hoch in den Vierzigen und hatte trotz ihrer gewaltigen Dicke im Aeußeren nichts Unangenehmes, das heißt in ruhigen Momenten. Sobald sie aber heftig wurde – und das kam zum Schrecken ihres Arztes zuweilen vor – so stemmte sie ihre beiden dicken Arme in die Seiten und blies die Nasenlöcher ungebührlich auf; ihr sonst bräunlicher Teint spielte alsdann ins Bläulichrothe, und ihre gewöhnlich schwerfälligen Bewegungen hatten in solchen Augenblicken etwas entsetzlich Behendes.

Diese Frau war Madame Schoppelmann, erste Obst- und Gemüsehändlerin der Residenz, das Factotum sämmtlicher Köchinnen und Köche guter Häuser, – eine Dame, die nicht blos gemeinen Kohl und Erbsen verkaufte, sondern der man es bei großen Diners und anderen Festlichkeiten getrost überlassen konnte, Fruchtpyramiden und Blumenkörbe nach eigenem Geschmack und Sinn aufzustellen. Madame Schoppelmann war eine wirkliche geheime Räthin in allen adeligen Küchen und denen vornehmer Bürgerhäuser. Letztere überließen ihr nicht selten die Beschaffung einer ganzen Gasterei, d. h, was die Urstoffe aus allen Reichen der Natur anbelangte; denn sie gab sich nicht blos mit Gemüsen und Blumen ab – dies waren eigentlich nur Nebengeschäfte – sondern ihre Hauptstärke bestand in dem Auffinden der besten Quellen für Wildpret aller Art, für die feinsten Geflügel, für Fische und Krebse. Wehe dem Koch, der sich mit ihr verfeindete! Wehe dem Ehemanne, der behauptete, eine Schüssel Krebse, die sie geliefert, bestehe für die Jahreszeit aus zu kleinen Individuen! Der Name der Madame Schoppelmann, die solche besorgt, machte ihn verstummen, schlug ihn vollkommen darnieder.

Das Haus und den Hof, von dem wir vorhin sprachen, hatte sie gekauft, und war hier auf ihrem Grund und Boden absolute Herrscherin. Wenn es schon an sich, wie wir vorhin bemerkten, sehr unangenehm war, mit Madame Schoppelman in einen Streit zu gerathen, so wäre es doch für jeden Sterblichen weit gefahrloser gewesen, eine Löwin in ihrer Höhle anzugreifen, als diese würdige Frau in ihrer Wohnung. Die beherztesten Straßenjungen, die es nicht unterließen, hie und da ihre schmalen Backen höhnisch aufzublasen, wenn sie bei der dicken Frau auf dem Markte vorbeigingen, schlichen muthlos bei diesem Hofe vorüber, und keiner unter ihnen hat es je gewagt, die Ferkel, die kleinen Hunde oder das Geflügel durch einen geschickt angebrachten Steinwurf zu beunruhigen. Es ging unter der Knabenwelt die Sage von entsetzlichen und unheimlichen Kellern und Löchern im Hintergebäude dieses Hofes, und man erzählte, Frau Schoppelmann habe eines Tages einem kleinen Buben, der ihr einen Apfel wegstipitzt und aufgespeist, gedroht, sie wolle es mit ihm nächstens gerade so machen. Selbst die Polizei vertiefte sich nicht gern in diese Räume; und wir glauben, des Abends, wenn das große Hofthor geschlossen war, hätte es kein Polizeibeamter gewagt, dasselbe ohne den Willen der Besitzerin öffnen zu lassen.

Und doch sah die Polizei sich häufig veranlaßt, mit dieser Frau oder vielmehr ihren Söhnen in intime Unterhandlungen zu treten. Diesen Söhnen – es waren deren zwei – sagte man überhaupt nicht viel Gutes nach. Es waren wilde, rohe Bursche, jähzornig und rauflustig, in allen Wirthshäusern bekannt, in allen gefürchtet und gemieden. Der Eine war seines Zeichens ein Fuhrmann, der Andere ein Händler, und Beide trieben sich in den benachbarten Dörfern und Städtchen umher, und was der Eine für das Geschäft der Mutter erhandelte, das führte der Andere nach Hause. Von dem Händler sagte man obendrein noch, daß die wenigsten der Hasen und Rehe, welche Madame Schoppelmann feil bot, von ihm erkauft worden wären, vielmehr hielte er es für eine sehr gesunde Bewegung, mit seiner leichten Büchse in den herrschaftlichen Wäldern umher zu spazieren und sich dabei zu einem guten Schuß und einigen Gulden zu verhelfen. Denn in solchen Fällen verkaufte er das geschossene Wild an die Mutter, und wir müssen es zur Ehre dieser Frau sagen, daß sie selten, und auch dann nur zu einem unklaren Begriff über das wilde, liederliche Treiben ihrer Söhne kam.

Dabei aber hatten diese beiden Bursche eine gewaltige Scheu vor ihrer Mutter, und wenn sie nach Hause zurückkehrten, waren sie wie umgewechselt und betrugen sich so still und manierlich wie möglich. Madame Schoppelmann handhabte aber auch das Regiment in ihrem Hause mit einer eisernen Strenge und ließ ihren Söhnen in fraglichen Fällen dieselbe Behandlung wie ihren Hausthieren angedeihen, das heißt, sie schlug sie, ohne sich weiter dabei zu ereifern und ohne Ansehen der Person, mit dem Stück Holz oder Hausgeräthe, das sie gerade in der Hand hatte, derb auf die Köpfe.

Madame Schoppelmann hatte aber auch eine Tochter, und Alles, was der ganzen übrigen Familie an Schönheit und Liebreiz mangelte, schien auf diese vereinigt zu sein. Es gab kein schöneres, blühenderes Bild der frischesten Gesundheit, wie dieses Mädchen. Von der Mutter hatte sie den festen, runden Körperbau, dazu etwas Schnippiges, ja Trotziges geerbt; von dem seligen Herrn Schoppelmann dagegen ein weiches Gemüth, kohlschwarze, dichte Haar, blitzende Augen und einen sehr guten Humor.

Katharina, so hieß das Mädchen, war der Glanzpunkt des ganzen Marktes, und einen Strauß von ihrer Hand zu bekommen, war bei den jungen Herren der Stadt gewissermaßen zur Mode geworden. Die Mutter hatte sich schon oft darüber geärgert, daß sich die junge Männerwelt so auffallend um ihre Körbe herum trieb, und hätte den Grund hiezu, den Blumenhandel, schon längst gern aufgegeben, wenn derselbe nicht so außerordentlich viel Geld abgeworfen hätte. Auch war es bei dem allerdings angestrengten Tagewerk ihrer Tochter deren einzige Erholung, die verschiedenartigsten Blumen kunstreich zu Sträußen zu binden, und Madame Schoppelmann gestand sich mit Stolz, daß kein Gärtner ein so gut zusammengesetztes Bouquet anzufertigen im Stande sei, wie ihre Katharina.

Es war also noch sehr früh am Morgen; das Holz auf dem Herde prasselte, der Wasserkessel summte, und Madame Schoppelmann vervollkommnete dies zu einem Terzet, indem sie eine gewaltige Kaffeemühle handhabte und den Schwengel derselben rasselnd herumdrehte. Nahe beim Eingange saß der älteste Sohn, Fritz, der Fuhrmann; er hatte beide Arme auf den Tisch gestemmt und ließ das Haupt darauf ruhen. Er war vollständig angezogen, und seine schweren Schuhe und Leder-Gamaschen, sowie das dunkelbraune Wamms, dicht mit Staub bedeckt, zeigten deutlich an, daß er heute Nacht über Land gewesen war. Jetzt richtete er sich langsam in die Höhe, schob seine kleine Ledermütze auf das rechte Ohr und sagte: "Da ist nichts zu machen, die Anderen verderben uns alle Preise. Ich hätte Euch die Artischoken gern mitgebracht und auch bessere Melonen; aber ein solches Sündengeld dafür hinlegen, das habe ich nicht über's Herz bringen können."

"Und wer hat sie dir denn wieder vor der Nase weggekauft?" fragte barsch die Mutter.

"Nun, wer denn sonst, als unser Nachbar, der alte Sünder! Kam wir schon hohnlachend aus der Gärtnerei entgegen und unterstand sich, mir zu sagen, wenn ich Artischoken oder Melonen wolle, könne ich sie von ihm kaufen. Das Vieh! Aber der lauft mir noch einmal des Nachts in den Weg. – – Wenn ich nur alles andere so genau wüßte!" – Mit diesen Worten schlug der Fuhrmann ingrimmig auf den Tisch, und dann spie er vor sich nieder auf die Erde.

Die Mutter schien ihren Zorn über den verfehlten Melonen- und Artischokenkauf an ihren Kaffeebohnen auslassen zu wollen, denn sie drehte darauf los, daß die armen, halbzerquetschten Bohnen die verzweifeltsten Versuche machten, der Kaffeemühle zu entspringen.

"Und du hast deinen Bruder nachher nicht mehr gesehen?" fragte die Frau. "Weißt du nicht, ob er auf das Schloß Wolfsberg gegangen ist? Ich habe es ihm wenigstens so anbefohlen; man läßt dort die großen Teiche ab, und ich brauche für die nächsten Tage so viele Karpfen und Aale, als ich bekommen kann!"

"Ich glaube, er ging dorthin," erwiederte der Fuhrmann. "Auch wollte er sich nebenbei nach Feldhühnern umsehen." – Dabei lächelte er verschmitzt in sich hinein.

"Was das Umsehen anbelangt," nahm die Mutter sehr ernst das Wort, "so hoffe ich nicht, daß er sich in den Feldern umsieht. Hat gewiß wieder ein Gewehr bei sich versteckt! Ich will's ihm schon sagen, wenn er nach Hause kommt. Habe wahrhaftig keine Lust, jede Woche wegen euch vor Gericht geladen zu werden! Das sag' ich dir ein für alle Mal, und du kannst dir's merken und deinem Bruder mittheilen: wenn sie euch wegen eurer Geschichten einmal ernstlich einsperren, da thue ich keinen Schritt, weder mit guten Worten, noch mit Geld, und wenn sie euch bis zum letzten Tage sitzen lassen!" – Dabei streckte die Frau ihren dicken, musculösen Arm weit von sich, als wollte sie sagen: "Das ist abgemacht!" Der Kaffee schien auch gemahlen zu sein; denn sie zog die Schublade der Mühle heraus, und nachdem sie sich überzeugt, daß alle Bohnen gehörig zerrieben seien, schüttete sie das Mehl in eine ans dem Herde stehende riesenhafte Kaffeekanne.

Der Sohn hatte seinen Arm wieder auf den Tisch gestützt und murmelte während dessen etwas in sich hinein von ewigen Plagereien und Schindereien, und daß das schlechte Volk es nicht unterlassen könnte, sie beständig anzugeben. "Wenn ich aber oder der Bruder," fuhr er lauter fort, "einmal jemand erwische, der uns solche Geschichten nachsagt, da kann es ein Unglück geben – mich soll der Teufel holen, ein rechtes Unglück!"

"Halt dein Maul!" versetzte die Mutter ruhig, während sie das siedende Wasser auf den Kaffee goß, "euch beiden sagt man nicht zu Schlimmes nach; ich weiß es ganz genau, aber ich habe nur keine Constitution, um mich den ganzen Tag über eure Spitzbübereien zu ärgern. Der Doktor sagt, ich soll mich vor einem Schlaganfalle in Acht nehmen; deßhalb ärgere ich mich auch gar nicht mehr mit euch. Gewiß, ich will mich gar nicht mehr ärgern! das versichere ich dir und deinem Bruder, und ihr könnt mirs glauben: ehe ein Schlag an mich kommt, kommt noch mancher an euch. – Katharine!"

"Ja, ja, ich weiß schon!" brummte der Sohn halblaut, "wir beide müssen immer Alles gethan haben! An uns muß immer der ganze Zorn hinaus! Es ist gerade, als wenn wir vor der Thür gefunden worden wären – – aber das Mädel.... das kann machen, was es will!"

"Was sollen die nichtsnutzigen Reden?" entgegnete die Frau und stemmte ihre beiden Hände, die sie jetzt frei hatte, in die Seiten. "Was thut das Mädel, was nicht vor Gott und mir zu verantworten wäre? he? du Strick!"

"Nun, was wird sie thun!" lachte der Fuhrmann; "gewöhnlich thut sie nichts, das ists ja eben, und wenn sie einmal was thut, so wäre es auch besser, sie ließe es bleiben!"

Zweites Kapitel.

Indem Madame Schoppelmann ihren Kaffee bereitet, erfahren wir aus fortgesetzten Gesprächen während dieses Geschäfts, daß eine schöne Tochter schwer zu hüten ist.

Kaum hatte der Bruder diese Worte gesprochen, so flog die Thüre, die ins Nebenzimmer führte, heftiger auf, als nothwendig gewesen wäre, und das Mädchen, von dem oben die Rede, ließ sich auf der Schwelle sehen. Sie war mit ihrer Morgentoilette beschäftigt und augenscheinlich nur durch den Angriff des Bruders dazu vermocht worden, so in das Vorzimmer herauszukommen; eben im Begriffe gewesen, in einen hellfarbenen kattunenen Ueberrock zu schlüpfen, schnürte sie zu diesem Zwecke eiligst ihr Mieder zusammen. Ihr dichtes schwarzes Haar war in zwei fast unförmlichen Flechten um den Kopf herumgewunden und wurde oben durch ein rothes Tuch festgehalten, das sie, gewiß ohne es zu wollen, malerisch und kokett darüber hingeschlungen. Ihr Auge blitzte, ihre etwas starken, aber frischrothen Lippen waren leicht geöffnet, und sie wiederholte hastig die Frage der Mutter. "Da hätte man viel zu sagen!" gab der Bruder achselzuckend zur Antwort; "ich weiß nichts und will nichts wissen!"

"Was willst du nicht wissen und was weißt du?" fragte hastig Katharina.

Der Bruder aber dachte, daß es besser sei, vor der Hand den beiden Frauenzimmern gegenüber an einen klugen Rückzug zu denken, und versuchte diesen zu bewerkstelligen, indem er sagte: "Nun, ich will mich gerade in nichts Genaueres einlassen; das sollte mir fehlen!"

"Sprich gerade heraus!" entgegnete das Mädchen, "sag', was du willst und was du weißt!" – Darauf riß sie eifrig an dem Schnürriemen und zog dann ihren Ueberrock zusammen, um dem Bruder auch in ihrem Aeußeren gerüsteter entgegen treten zu können.

"Laß mich in Frieden!" sagte dieser. "Nun ja, wenn man den ganzen Tag gereizt wird und es nur über uns beide hergehen soll, das kann man sich auch nicht immer gefallen lassen und das wollen wir auch nicht. Und daß dagegen die Katharine Euer Schooßkind ist, das weiß die ganze Welt, und daß sie thun und treiben kann, was sie will, das weiß wieder die ganze Welt. Aber warte nur!"

"Und worauf soll sie warten? du böses Maul!" entgegnete Madame Schoppelmann und rührte langsam in dem Kaffee, den sie vorhin aufgegossen.

Das Mädchen aber, kräftig und fest wie ein Mann und dabei geschmeidig wie ein Aal, näherte sich mit größter Lebhaftigkeit dem Tische, an dem der Bruder saß, legte ihre volle, aber feine Hand auf denselben, beugte den Oberkörper vor und sah ihm fest in die Augen. "Es ist das schon öfter vorgekommen, daß du und dein Bruder den Versuch machten, der Mutter allerlei Spinnen in den Kopf zu setzen, und immer hinter meinem Rücken. Auch heute hast du wohl gedacht, die Katharine ist noch lange nicht bei der Hand, sonst wärest du nicht mit deinen bösartigen Redensarten losgegangen, darauf könnte man schwören. Aber jetzt rathe ich dir im Guten, Fritz, sage gerade heraus und unumwunden, worauf du vorhin angespielt; denn ich bin doch wahrhaftig neugierig, endlich einmal zu erfahren, was ich für einen Lebenswandel führe!"

"Das möchte ich auch wissen!" setzte die Mutter hinzu. Und das sagte sie mit einer außerordentlich kräftigen und entschlossenen Stimme, und näherte sich in ihrer ganzen breiten Gestalt, beide Arme in die Seite gestemmt, ebenfalls dem Tische.

"Laß mich in Frieden!" sagte barsch der Fuhrmann; "von Lebenswandel habe ich auch gar nicht gesprochen."

"Wovon denn?" fragte heftig Katharina und beugte den Kopf so herab, daß ihre großen, dunkeln Augen wenige Zoll von den grauen, unsteten ihres Bruders entfernt waren und ihn fest zu bannen schienen. Er fuhr zurück und lehnte sich dann in seinen Stuhl, wobei er ein außerordentlich lustiges Lachen erheuchelte, indem er hoffte, sich so aus der Affaire zu ziehen.

Doch waren die beiden Damen nicht gesonnen, ihn dieses Mal ohne gründliche Beichte entwischen zu lassen. Katharina, welche dieser beständigen Sticheleien hinter ihrem Rücken müde war, wußte ganz genau, um was es sich eigentlich handle, und war überzeugt, wenn der Bruder auch wirklich etwas vorbringen würde, daß sie doch im Stande sei, sich vor der Mutter herauszureden und damit den ewigen Neckereien ein plötzliches und rasches Ende zu machen.

Der Bruder aber brach, durch die lange Weigerung, seine Anklage vorzubringen, dieser selbst die Spitze ab, und die Mutter mußte natürlicher Weise denken, wenn er wirklich etwas wüßte, so würde er sich nicht so lange sperren, damit heraus zu rücken. Und doch bedurfte es noch mancher außerordentlich heftigen Aufforderung von Seiten der Schwester, sowie eines nicht ganz gelinden Schlages der Mutter auf den Tisch, um den einigermaßen eingeschüchterten Fuhrmann zu bewegen, das, was er wußte, von sich zu geben. "Es ist die alte Geschichte," sagte er achselzuckend, "die Ihr aber nie glauben wollt, Mutter, so oft man Euch auch schon davon gesprochen – der Blumenhandel von Katharine."

"Und was geht dich mein Blumenhandel an?" versetzte verächtlich das Mädchen und richtete sich mit ihrer ansehnlichen Gestalt stolz in die Höhe. "Bekümmere dich um deine Gänse und Enten!"

"Ja freilich," entgegnete lachend der Bruder, "geht mich dein Blumenhandel nichts an; ich bin auch, Gott sei Dank! keiner von jenen jungen Offizieren zu Fuß und zu Pferd, die das Pflaster auf dem Markt zu Schanden trampeln, mit Schleppsäbel und Federhut, und dann bin ich ja auch nicht die schöne Katharine, wie sie dich heißen. Ha! ha! Und noch viel weniger gäb ich nur einen Groschen um das beste Bouquet von dir, und wenn du ... es mir auch selbst an den Rock stecken thätest."

"Wem stecke ich Blumen an den Rock?" sagte heftig und erhitzt das Mädchen; "wem? du Lästermaul!"

"Nun, nun," entgegnete der Bruder, "das thust du freilich nicht Vielen, aber wenn ich auch so ein – – junger Mensch wäre, mit dem braunen Frack, hohem Hemdkragen und darunter so ein violet seidenes Tuch, und wenn ich so ein blasses, liederliches Gesicht hätte, wie gewisse Leute mit hinaufgewichstem blondem Schnurrbart, da käme es dir nicht darauf an, mir eine Rose ins Knopfloch zu stecken. He, Jungfer Schoppelmann? he, schöne Katharine?"

"Von wem spricht denn der Bub' eigentlich?" sagte die Mutter und stieß ihre Tochter mit dem linken Ellbogen an den Arm. "Das sind auch gewiß nur wieder von seinen dummen Phantasieen! Nicht wahr, Katharine?"

Die Sache mußte doch nicht so ganz auf der Phantasie des Bruders beruhen; denn als er so von dem braunen Frack und dem blonden Schnurrbart sprach, zuckte das Mädchen ganz leise zusammen, und die glühende Röthe ihrer Wangen wich einer augenblicklichen Blässe, die, auf der hohen Stirn anfangend, sich mit Blitzesschnelligkeit bis auf die heftig athmende Brust fortsetzte.

"Nun, Katharine," wiederholte die Mutter, "was will er damit sagen? Leg' ihm seine bösen Reden!"

"Sie wird sie mir nicht legen!" sprach triumphirend der Bruder und trommelte mit seinem Messer auf den Tisch. "Siehst du, Kätherle, es ist besser, wenn du nicht so herausfordernd thust!"

"Und was willst du damit sagen?" rief die Mutter und stützte beide Arme auf den Tisch; "was soll das heißen?" "Ja, das möchte ich auch wissen," sagte Katharina, "was und wen er damit gemeint hat!"

"Was und wen?" lachte der Fuhrmann. "Was? den Blumenhandel, und wen? einen gewissen Herrn Eugen; die Jungfer Katharine kennt ihn schon."

"Du kennst ihn schon?" sagte die Mutter und blickte die Tochter bedenklich an.

Doch Katharina lachte statt aller Antwort laut hinaus, und es gelang ihr, recht unbefangen zu lachen. "Eugen! Eugen!" sprach sie alsdann; "nun ja, das ist möglich, daß einer von den vielen Herren, die von meinen Blumen kaufen, Eugen heißt, auch daß er vielleicht oft kommt, sich Sträuße zu holen."

"So oft," rief der Bruder dazwischen, "daß die ganze Stadt davon spricht.

"Ei, Katharine," bemerkte die Mutter sehr ernst, "da fällt mir auch etwas ein, was man mir neulich gesagt – ich weiß nicht mehr recht, welche von den Weibern es war – ja, ja, die sagte mir wahrhaftig etwas Aehnliches. Nimm dich in Acht, Katharine, vor dem Gerede der Leute und vor deiner Mutter! Jetzt komme ich auf einmal wieder klar auf die ganze Geschichte; ja, ja, es ist schon was Wahres daran, was der Fritz sagt."

"Nicht wahr, Mutter?" "Und ich werde dir den ganzen Blumenhandel noch legen," fuhr diese fort. "Meiner einzigen Tochter was nachsagen zu lassen, das sollte mir fehlen! Ja, ja, wer hat es mir nur gesagt? Katharine, nimm dich in Acht! Ich glaube – wenn ich mich nicht ganz irre – es hieß, der nichtsnutzige Sohn der verwittweten Staatsräthin Stillfried streiche den ganzen Vormittag um deine Körbe herum."

"So ist's, Mutter," sagte der Fuhrmann, "der liederliche Herr Eugen, der ist's! Und daß an der Sache was Wahres ist, könnt Ihr deutlich an Eurer Jungfer Tochter abnehmen. Hat sie nicht vorhin gethan, als wenn sie mich fressen wollte, und jetzt ist sie mäuschenstill geworden?"

Das Mädchen warf den Kopf trotzig in die Höhe und ließ auf den Bruder einen Blick unbeschreiblicher Verachtung blitzen. Dann sagte sie: "Es ist freilich am besten, wenn man deine dummen Reden unbeantwortet läßt; ich will mich auch gar nicht darum kümmern. Sag', was du willst, und wenn dir die Mutter am Ende wie gewöhnlich glaubt, so kann ich auch nichts dagegen haben. Ich werde doch thun und lassen, was mir gefällt, denn ich bin kein Kind mehr und weiß schon, was ich zu thun habe." – Damit wandte sie sich vom Tische weg und ging wieder ins Nebenzimmer, dessen Thüre sie ebenso heftig, als sie sie geöffnet, wieder hinter sich zuschlug.

"Seht Ihr, wie sie trotzig ist, obgleich sie mir nichts Rechtes zu antworten weiß!" sagte der Bruder, "ja laßt der nur allen Willen, und Ihr werdet genug Freude an ihr erleben!"

Madame Schoppelmann gab keine Antwort, sondern ging an den Herd, nahm von dort die große Kaffeekanne und setzte sie auf den Tisch; dann langte sie vom Kamingesims einige Tassen herunter, die sie daneben stellte, nahm aus einem Wandschrank einen Teller, worauf ein frisches Stück Butter in einem Kohlblatte eingewickelt lag, und stellte das nebst einem großen Stück Brod daneben. Aber obgleich sie das Gespräch von vorhin nicht laut fortsetzte, so sah man doch ihrem Mienenspiel an, daß sie diese Geschichte nicht ganz gleichgültig aufnahm, sondern vielmehr eifrig darüber nachdachte. Zuweilen schüttelte sie den Kopf, seufzte auch wohl gelinde auf, und als sie das Frühstück hergerichtet hatte, ließ sie sich mühsam auf einen breiten, schweren Stuhl an dem Tische nieder und legte, statt zuzulangen, die Hände in den Schooß.

"Hast du," fragte sie nach einer Pause, "deine Schwester vorhin nur necken wollen, wie es unter euch Mode ist, oder sagt man wirklich in der Stadt etwas über sie und jenen Herrn Eugen?"

"Allerdings sagt man etwas!" entgegnete bestimmt der Bruder und goß sich eine Tasse Kaffee ein. "Und man sagt sogar recht viel über Herrn Eugen und Jungfer Katharine, über die schöne Katharina, wie die Leute sie nennen."

"Ueber mein Kind!" sagte ernst die Mutter. "Aber Katharine," fuhr sie nach einer Pause eifriger fort und schüttelte die Hand, "weiß gewiß nichts davon, sie ist ganz unschuldig. Doch dem Herrn Eugen sollte man das legen."

"Ja, wenn ich's ihm nur legen dürfte!" meinte der Fuhrmann und schnitt sich ein ungeheures Stück Brod ab; "ich wollte es ihm so legen, daß er sich selbst mit legen müßte. Soll ich ihm vielleicht einmal in den Weg laufen und ein Wort mit ihm sprechen?"

"Nein, nein," sagte die Mutter, "das ist keine Sache für deine Hände, Gott soll mich bewahren! Darin will ich schon meine eigenen Gänge machen. Der Katharine will ich den Kopf schon zurecht setzen, und wenn die Frau Staatsräthin eine rechtschaffene Dame ist, so wird sie mit ihrem Sohne das Gleiche thun. Laß mich nur machen."

Der Bruder wollte noch Einiges entgegnen, doch bat ihn Madame Schoppelmann, jetzt gefälligst sein Maul zu halten, denn sie wolle ihren Kaffee in Ruhe trinken.

Nach einigen Augenblicken kam auch Katharina wieder aus dem Nebenzimmer hervor, jetzt vollständig angezogen, einfach, in einer Tracht, die zwischen denen der Dienstmädchen guter Häuser und der Bürgerstöchter die Mitte hielt. Von jenen hatte sie das schwarze nette Mieder entlehnt, von diesen den langen Rock, und der Schnitt des ganzen Kleides paßte so gut zusammen und war in den Farben so geschmackvoll gewählt, daß Jedermann, der dieser vollen, prächtigen Gestalt mit dem frischen, blühenden Gesichte begegnete, unwillkürlich stehen bleiben und zu sich selbst sagen mußte: Das ist in der That ein schönes Mädchen!

Die Familie, durch den vorherigen Streit etwas verstimmt, wechselte während des Kaffeetrinkens nicht ein einziges Wort, und es wäre solcher Gestalt im Gewölbe sehr still gewesen, wenn nicht in diesem Augenblicke ungefähr ein Dutzend Weiber nach und nach eingetreten wären, die sich auf den Steinen am Herd und den davorstehenden Stühlen ziemlich geräuschvoll niederließen. Obgleich diese Weiber Colleginnen, wenn gleich ärmere und unbedeutendere Colleginnen der Madame Schoppelmann waren, so wagte doch keine, die feierliche Kaffeestunde durch eine laute Frage an die Frau zu unterbrechen, vielmehr begnügten sich alle mit einem stummen Gruße, der von Madame Schoppelmann ebenso stumm, wenn gleich etwas vornehmer, erwidert wurde. Unter sich dagegen sprachen die Weiber bald leise, bald lauter, und es herrschte eine lebhafte Unterhaltung, welche sich natürlicher Weise nur um ihr Geschäft, den Gemüse- und Obsthandel, drehte.

Jetzt hatte Madame Schoppelmann ihren Kaffee mit der bedeutenden hierzu gehörigen Menge von Brod und Butter zu sich genommen; sie rückte ihre Haube zurecht, erhob sich dann schwerfällig von ihrem Sitze, wobei sie ihre beiden Arme auf den Tisch stützte, daß er krachte. Dann trat sie mit einer gewissen Würde und Feierlichkeit an den Herd in den Kreis jener Weiber, die sich darauf ehrfurchtsvoll von ihren Sitzen erhoben.

Nach einer kleinen Pause, während welcher die Weiber erwartungsvoll zu Madame Schoppelmann aufblickten, setzte diese den rechten Arm in die Seite und fragte mit einer sehr wichtigen Stimme: "Wie schaut's heute Morgen auf dem Markte aus?"

"So, so!" entgegnete eines der Weiber; "es ist im Allgemeinen nicht zu viel und nicht zu wenig da, gerade was die Stadt braucht."

"So könnte man also," entgegnete Madame Schoppelmann, "die Preise vom vorigen Dienstage im Allgemeinen festhalten?"

"Wahrhaftig, man könnte ein wenig anziehen," erwiderte die Gefragte, und die Anderen nickten mit dem Kopfe und meinten auch, es wäre nicht unthunlich, die Preise etwas zu erhöhen.

"Sie wird am besten wissen, Frau Schoppelmann," sagte eine Zweite, "daß es in dieser Woche eine Menge Geschichten in der Stadt gibt; ein paar große Hochzeiten weiß ich, einige tüchtige Kindtaufen ebenfalls."

"Und in den beiden ersten Gasthöfen," ergänzte Madame Schoppelmann, "sind, heute und morgen große, extra bestellte Diners. Ja, ja, das ist schon wahr. – Wie sieht's draußen mit der Butter aus? – Es kann nicht übermäßig viel da sein."

"Daran fehlt's wirklich," antwortete die, welche zuerst gesprochen, "es fehlen mehrere von den gewöhnlichen Lieferanten."

"Denen ich ihre ganze Ladung im Voraus abkaufte," sagte stolz die dicke Frau und blickte ehrfurchtgebietend um sich. "Und da demnach der Vorrath nur gering sein kann, so können wir mit der Butter schon um einige Kreuzer aufschlagen."

Die Weiber lächelten vergnügt und schauten die Frau Schoppelmann mit Mienen an, welche deutlich sagen wollten: "Welch eine Frau!"

"Mit den Eiern," fuhr diese fort, ist es gerade so; es können unmöglich zu viel auf dem Markte sein. – Sie sollen's zahlen!"

"Natürlich!" murmelten vergnügt die Weiber.

"Also Butter und Eier," fuhr die Herrin dieser Victualienbörse in bestimmtem Tone fort, "werden um einen Kreuzer theurer gehalten, als am letzten Markttage, und danach richten sich Obst und Gemüse. Was die kleineren Früchte: Erdbeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren anbelangt, so beruft man sich auf die Hagelwetter der vergangenen Woche, sowie auf die Faulheit der Bauernkinder, die gar nichts hereinbrächten. Was die neuen Kartoffeln und die Gemüse betrifft, so vergeßt mir die Kartoffelkrankheit und die Würmer nicht. Es kann nichts schaden, wenn ihr in jeden Korb ein paar Schnecken werft, namentlich in den Salat, und sie den Köchinnen zeigt. Es seien dieses Jahr unzählige, sagt man, und sie fressen alles Grüne ab, wie es eben aus dem Boden heraus kommt. Dafür aber sucht eure Waare sorgfältig aus, und wenn man euch vorwirft, ihr wäret theurer als am vorigen Markttage und als manche Andere, die nicht zu uns gehört, so beruft euch erstens auf mich und dann auf die Güte eurer Sachen. Aber laßt mich nie erfahren, daß Jemand unter der Hand wohlfeiler verkauft und so das ganze Geschäft ruinirt! – Hat jemand die Frau Weber gesehen?"

"O, das ist eine verstockte Frau!" sagte eines der Weiber; "denkt nur, als ich hieher ging, rief sie mir zu: Geht nur zu eurer Frau Schoppelmann und macht dort eure Geschichten aus, ich thue doch, was ich will, ich verkaufe nach meinen eigenen Preisen, und wenn ich auch darüber zu Grunde gehen soll! Ja, geht nur zur Schoppelmann!"

"Das kann ihr geschehen!" versetzte diese. "Hat sie nicht neulich die verrückte Idee gehabt und einige Hasen zum Verkaufe ausgelegt, kleine, miserable Dinger, und wollte sie um sechsunddreißig Kreuzer verkaufen! Die meinigen – schöne, schwere – waren zu achtundvierzig angesetzt; aber ich habe sie an dem Tage zu vierundzwanzig gegeben, und Madame Weber hat die ihrigen selbst essen können."

"Ja, ja!" jubelten die Weiber; "so ist es ihr ergangen, und wir wollen sie schon noch kriegen!" Damit erhoben sie sich von ihren Sitzen, um an ihr Geschäft zu gehen.

"Haltet mir eure Preise fest und macht mir keine Geschichten!" Mit dieser Mahnung entließ die Oberin des Gemüsemarktes ihre Kolleginnen und hob die Börse auf.

Die Weiber verließen die Halle und gingen durch den Hof auf die Straße, nicht ohne unterwegs neugierige und auch wohl neidische Blicke auf die großen Haufen Gemüse, auf die zahlreichen Hühner und Enten und auf die fetten Ferkel zu werfen.

Der Fuhrmann hatte unterdessen ebenfalls sein Frühstück beendet, stopfte sich eine Pfeife und ging in den Hof, nach seinen Pferden und seinem Geschirr zu sehen.

Katharina holte aus dem Nebenzimmer einen großen, zierlich geflochtenen Korb, den sie mit Beihülfe der Mutter mit dem feinsten und schönsten Obst anfüllte; oben hinauf legte sie ihre Blumensträuße; die Mutter gab ihr Verhaltungsbefehle, ermahnte sie, die beiden Mägde draußen, die vorläufig bei den Gemüsen und Früchten waren, wohl im Auge zu behalten und nicht weglaufen zu lassen. Dann half sie ihr den schweren Korb emporheben; Katharina nahm ihn leicht und gewandt auf ihren Kopf, und als sie so dahinschritt, das schöne Mädchen mit der schlanken Taille, mit der rechten Hand zierlich den Rand des Korbes haltend, mit der linken ihre Röcke ein klein wenig erhebend, damit sie auf dem Hofe nicht beschmutzt würden, so hätte man glauben können, sie thue das alles nur zu ihrem Vergnügen, um ihre kräftigen und doch eleganten Körperformen sehen zu lassen, oder sie sei aus einem Bilde hervorgegangen, auf welchem der Maler mit kunstreicher Hand das Ideal eines weiblichen Wesens mit den glühendsten Farben hingezaubert.

Auch die Mutter sah ihr mit einem Gefühle des Stolzes und der Befriedigung nach, und dann schüttelte sie mit dem Kopfe, wenn sie an jene Rede ihres Sohnes dachte. Auch fiel ihr jetzt klar und deutlich ein, daß man schon früher von dieser Sache gesprochen, sie gewarnt und ihr dabei gesagt, sie solle die schöne Katharina hüten, denn jener Herr Eugen, einer der lockersten Pflastertreter der Residenz, beschäftige sich in seinen immerwährenden Freistunden damit, ihrer Tochter auffallend die Cour zu machen.

"Wir wollen das schon arrangiren!" sagte die Frau für sich und begab sich daran, ihr Kaffeegeschirr zu spülen und Kannen und Tassen, Butter und Brod wieder an ihrem gehörigen Ort unterzubringen.

Doch war sie mit diesem Geschäfte noch nicht sehr weit gekommen, als ein neuer Besuch bei ihr eintrat.

Drittes Kapitel.

Madame Schoppelmann erhält einen Besuch, bei welcher Veranlassung wir eine merkwürdige Episode aus ihrem Leben zu hören bekommen. – Ein ziemlich lehrreiches Kapitel.

Dieser neue Besuch, ein Frauenzimmer in der Tracht der Bürgertöchter, war eine lange, dürre Gestalt, angethan mit einem Kattunkleid von zarter hellblauer Farbe. Auf dem Kopfe trug sie eine Haube, mit Rosabändern verziert, und in der Hand hatte sie einen Sonnenschirm von blassem, seegrünem Seidenzeuge, an den Händen aber weiße baumwollene Handschuhe. Das Gesicht dieser Gestalt paßte eigentlich durchaus nicht zu den eben genannten jugendlichen, frischen Farben, wäre vielmehr in einer Umhüllung von Grau und Schwarz weit besser an seinem Platze gewesen. Es war ein langes, mageres Gesicht, mit dünnen, wenig gerötheten Lippen und großen, fast glanzlosen Augen von einer Farbe, als hätte man Vergißmeinnicht in Milch gekocht. Dieses Frauenzimmer trat ziemlich lebhaft, ja sogar aufgeregt in das Gewölbe der Frau Schoppelmann. Es war eine jener Aufregungen, von denen man wünscht, daß sie von unsern Nebenmenschen gleich bemerkt werden, eher eine künstliche, als eine wirkliche. Die Dame in dem blauen Kleide, die offenbar mit der Gemüsehändlerin befreundet war, warf sich, wie erschöpft, in einen Stuhl und seufzte einige Mal aus tiefster Brust. Doch wurde es ihr nicht so leicht, die Aufmerksamkeit der Madame Schoppelmann, wie sie wohl gewünscht, sogleich zu erregen.

Diese würdige Frau war zu sehr mit ihrem Geschirr beschäftigt, überhaupt von einer zu großen Gemüthsruhe, um zu bemerken, daß ihr Besuch sehnlichst gewünscht, sie möchte sogleich fragen: "Um Gottes willen, was ist Ihnen denn begegnet?" Erst nachdem sie wiederholt einige tiefe herzbrechende Seufzer gethan, dabei sehr auffallend geschaudert, wandte sich die Gemüsehändlerin, die ihr gleich Anfangs einen guten Morgen geboten, von dem Herdfeuer ab, um sie zu fragen, ob sie nicht ganz wohl sei.

Statt aller Antwort schüttelte die blaue Dame ihr mageres Köpfchen, ließ es dann nach der Gegend der Brust zu sinken und sagte: "O lieber Gott!"

"Nun, was soll's denn, Jungfer Strebeling?" fragte verwundert die Gemüsehändlerin, welche, mit dem Abtrocknen ihrer Kaffeekanne beschäftigt, zufälliger Weise über dieselbe hinausschaute und auf diese Art das Manöver der sehr ehrenwerthen Jungfrau bemerkte. "Nun, so sprechen Sie doch! Was ist Ihnen denn so Grausames begegnet?"

"O lieber Gott!" entgegnete die Andere und seufzte abermals tief auf.

"Nun, so reden Sie doch gerade heraus! Hat man Ihnen was gethan, ist Ihnen was gestohlen worden, haben Sie mit Ihrer Frau Schwester Streit gehabt? – So sprechen Sie doch! Nun?" "O lieber Gott!" wiederholte das geängstigte blaue Wesen; aber in dem Ton und in der Stimme, womit sie diesen Ausdruck wiederholte, lag es deutlich, daß es das nicht sei, was ihr zartes Gemüth beängstigte.

"Haben Sie Kopfschmerzen?"

"O lieber Gott!"

"Ist Ihnen denn überhaupt was passirt?"

"O lieber Gott!"

"Und wollen Sie etwas sagen?"

"O lieber Gott!"

"Nun, so reden Sie ins Kukuks Namen! denn ich bin wahrhaftig nicht im Stande, Ihr Gefasel zu errathen! Oder wenn Sie nichts sagen wollen, ist mirs auch recht. Ich kann das Gewinsel so nicht recht vertragen, Jungfer Strebeling, das wissen Sie; also wenn Sie mich damit verschonen wollen, ist mirs ganz recht."

"O lieber Gott!" gab die alte Jungfer verschämt zur Antwort und hielt den meergrünen Sonnenschirm vor ihr gelbliches Gesicht, welches dadurch eine wunderbare Schattirung erhielt.

Die dicke Frau aber beschäftigte sich, ohne sich um ihren Besuch weiter zu bekümmern, mit dem Ausspülen ihrer Tassen, und die rappelten in dem Kübel durcheinander, und das Wasser plätscherte, oder es zischte zuweilen laut auf, wenn die Frau in ihrem Amtseifer etwas auf den heißen Herd spritzte. Sie that gerade, als sei Niemand gegenwärtig, und ihr, die sie die Jungfer Strebeling genau kannte, mochte es auch wohl einerlei sein, eine von deren lamentablen Geschichten zu vernehmen.

Die Jungfer Strebeling war nämlich bekannt dafür, daß sie das Leben stets von der Schattenseite auffasse, und daß ihr der Tag als verloren erschien, ihr ungenießbar vorkam, den sie nicht mit ihren Thränen beträufelt. Dabei wußte sie nicht immer, weßhalb sie weine; denn in Ermangelung eines wirklichen Schmerzes weinte sie über einen trüben Sommertag, über eine todte Fliege,