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Nach langen Jahren wird ein nicht mehr junger Mann aus dem Zuchthaus entlassen. Er versucht, ein normales Leben zu führen, doch die Vergangenheit holt ihn ein. Kurze Zeit später taucht in der Gegend Falschgeld auf. Ein erfahrener Kommissar beginnt zu ermitteln ... Nach dem Bericht eines Kripo-Beamten.
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Seitenzahl: 231
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Kriminalroman nach den Mitteilungen eines Kriminalkommissars
Erstes Kapitel.
Das Tor des Zuchthauses öffnete sich vor Lomnitz. Tief aufatmend, trat er zum ersten Male seit sechs Jahren auf die Straße hinaus als ein freier Mann. Er ging langsamen, unsicheren Schritts, ein wenig gebückt, scheu und befangen nach rechts und links spähend, und ängstlich jedem heranrollenden Gefährt aus dem Wege gehend. Das Rasseln der Wagen, das Geschrei der Kutscher und vorübereilenden Kinder, das grelle Geläut der Straßenbahnwagen betäubte ihn fast. Wie sehr, mit welch fiebernder Ungeduld hatte er sich auf diesen Tag gefreut, und nun war es fast ein bedrückendes Gefühl, das ihn erfaßte.
Der alte, 58-jährige Mann lächelte. Hoffentlich würde es ihm nicht allzu schwer werden, sich im Leben wieder zurecht zu finden, stand er doch nicht ganz allein, hatte er doch einen Anhalt an seinen Kindern. Es wurde dem Grübelnden warm ums Herz, und in dem ihn heiß durchschauernden Gefühl, während ihm unter dem Sturm der in ihm aufwallenden Empfindungen die Augen naß wurden, wäre er beinahe unter ein in scharfem Tempo herankommendes Automobil geraten. Im letzten Augenblick gelang es dem Chauffeur, sein Gefährt zu stoppen. Ein heftiger Fluch schallte dem erschrocken zurückprallenden alten Manne entgegen. Als er sich auf das schützende Trottoir hinüber geflüchtet hatte, nahm Lomnitz seinen Gedankengang wieder auf. Ja, auch auf diese neumodischen, wie der Sturmwind daherbrausenden Vehikel mußte er sich erst einrichten. Neugierig, voll Interesse, sah er dem wieder weitereilenden Auto nach, das ihn beinahe überfahren hätte. Gefährlich waren diese Teufelsgefährte ja für jeden Fußgänger, aber wer darin saß, für den mußte es herrlich sein, wie auf Windesflügeln dahinzustürmen.
Seine Hand tastete unwillkürlich nach seiner Tasche, wo er seine Barschaft trug! Ein hübscher Betrag, den er mit hinausnahm! Volle 300 Mark! Eine Regung voll Stolz und Selbstgefühl streckte die gebeugte Gestalt, des alten Mannes straffer. Einen höheren Betrag hatte wohl vor ihm noch keiner der Entlassenen für seine Tätigkeit in der Strafanstalt mit in die Freiheit genommen; es war wohl auch noch vor ihm keinem Zuchthäusler für seine während der Haft vollbrachte Arbeit von einer Behörde eine Prämie gezahlt worden.
Als Lomnitz in dem Straßenbahnwagen Platz genommen, der ihn nach dem Vorort Lindenfeld zu seiner Tochter und seinem Schwiegersohn hinausfahren sollte, gab er sich weiteren Betrachtungen hin. Dabei verdüsterten sich seine Mienen immer mehr, und seine freudige Erregung wandelte sich in ein Gefühl der Verklemmung und der Bitterkeit. Warum waren sie nicht gekommen, warum hatten sie ihn nicht am Tor des Zuchthauses erwartet, um ihn zu begrüßen und zu sich hinauszugeleiten? Freilich – der Kopf des entlassenen Zuchthäuslers sank tief auf die Brust hinab – mit ihm als Vater war ja kein Staat zu machen und er mußte froh sein, daß sie ihn nicht ganz und gar verleugneten. Mußte er seiner Tochter, der braven Luise, und ihrem Manne nicht dankbar sein, daß sie ihn noch vor zwei Monaten im Zuchthause aufgesucht und sich bereit erklärt hatten, ihn bei sich aufzunehmen? Ja, Paul Gerold, sein Schwiegersohn, war ein Mensch von Herz und Gefühl.
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