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Viele Frauen sind unglücklich mit einer hormonellen Empfängnisverhütung, kennen aber keine zuverlässige Alternative. Andere versuchen vergeblich, ein Baby zu bekommen und wollen ihre Fruchtbarkeit erhöhen. Wieder andere haben seltsame Symptome oder Schmerzen während ihres Zyklus. Ihnen allen bietet dieses Standardwerk zum Thema Fruchtbarkeit umfassende Informationen und Hilfe. Es beantwortet alle Fragen und liefert ein tiefes Verständnis für den weiblichen Körper. Bereits Hunderttausende Frauen haben mit Toni Weschlers Bewusster Fruchtbarkeitsmethode (BFM) erfolgreich auf natürliche Weise verhütet oder ihre Chancen auf eine Schwangerschaft maximiert. Diese Methode nimmt nur wenige Minuten am Tag in Anspruch und liefert einen kompletten Überblick über den Zeitpunkt des individuellen Eisprungs und der furchtbaren Tage einer Frau. Zudem bietet Weschler Tipps bei Endometriose oder Eierstockzysten, und zeigt, wie man auf natürlichem Wege seinen Hormonhaushalt ausbalanciert und seine Fruchtbarkeit auf lange Zeit erhält. Ergänzend zu den Informationen liefert sie eine Reihe Mustervorlagen für Tabellen zur Empfängnisverhütung, Kinderwunsch oder Menopause.
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Seitenzahl: 742
Fachstimmen zum Buch
»Familienplanung ist ein fantastisches Buch voll praktischer und ansprechend aufbereiteter Information, die das Verhältnis jeder Frau zur eigenen Fruchtbarkeit verändern wird. Ich empfehle es für Frauen aller Altersgruppen.«
Christiane Northrup, M. D., Verfasserin von Frauenkörper – Frauenweisheit und Weisheit der Wechseljahre
»Dieses wunderbar geschriebene Handbuch zu den Fruchtbarkeitszeichen der Frau ist reich an Wissen, Weisheit und Humor – ein echtes Muss für das Bücherregal.«
Koautorinnen von Unser Körper, unser Leben. Ein Handbuch von Frauen für Frauen
»Mit seinen faszinierenden, interessanten, verlässlichen und aktuellen Erläuterungen offenbart uns dieses Fachbuch von Toni Weschler alles, was wir über unsere Fruchtbarkeit und Sexualität wissen sollten, und entmystifiziert die verblüffende Natur der Fortpflanzung. Weschlers praxisnahe Herangehensweise ist einfühlsam und motivierend gleichermaßen. Unabhängig davon, ob Sie schwanger werden, verhüten oder einfach die weibliche Fruchtbarkeit besser verstehen möchten –dies ist das richtige Buch für Sie!«
Penny Simkin, PT, Verfasserin von Pregnancy, Childbirth, and the Newborn: The Complete Guide und The Birth Partner: Everything You Need to Know to Help a Woman Through Childbirth
»Das bewährte Buch von Toni Weschler ist ein Muss für alle Paare mit unerfülltem Kinderwunsch, die den Ovulationszyklus verstehen, den eigenen Fruchtbarkeitsstatus einschätzen, unnötige und aufwendige Tests vermeiden und schnell zum eigentlichen Kern ihres Problems vordringen möchten. Das Buch klärt viel Verwirrung, die hinsichtlich von optimalen Kinderwunschbehandlungen mit einem konventionellen, nicht technischen Ansatz besteht. Die Illustrationen sind hervorragend, die Anleitungen leicht zu befolgen. Ich empfehle diese Lektüre wärmstens als Grundlage für die Behandlung von Unfruchtbarkeit.«
Sherman J. Silber, M. D., Direktor des Infertility Center of St. Louis am St. Luke's Hospital und Verfasser des Bestsellers Endlich schwanger
»Familienplanung ist ein wertvolles Nachschlagewerk für Frauen, die ihre Zyklen besser verstehen und die eigene Gesundheitsvorsorge aktiv gestalten möchten. Das Buch ist ein wichtiges diagnostisches Mittel, um Anliegen rund um die Fruchtbarkeit einzuschätzen, aber auch zur Begleitung ovulationsfördernder Maßnahmen. Daher empfehle ich es wärmstens für Mediziner und Patienten gleichermaßen.«
Mark Perloe, M. D., Ärztlicher Direktor, Georgia Reproductive Specialists, Atlanta, Georgia
»Toni Weschlers Buch Familienplanung vermittelt Paaren Wissen und Hoffnung, denn Unfruchtbarkeit beraubt Paare einer wichtigen Lebensperspektive und geht oftmals mit dem Gefühl des Verlustes einher. Mit ihrer einfachen und einfühlsamen Herangehensweise hilft die Autorin Paaren, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Es gibt kein vergleichbares Buch auf dem Markt. Ich empfehle es dringend auch für Ärzte.«
Lee R. Hickok, M. D., Pacific Northwest Fertility & IVF Specialists, Seattle, Washington
Toni Weschler
FAMILIEN PLANUNG
In liebevoller Erinnerung an meine Mutter, Franzi Toch Weschler, deren Stärke mich stets beeindruckt hat.
Toni Weschler
FAMILIEN PLANUNG
Das Standardwerk zur natürlichen Empfängnisverhütung, Kontrolle der Fruchtbarkeit sowie Erfüllung des Kinderwunsches
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.
"Wichtiger Hinweis
Dieses Buch stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und die Autorin haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.
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2. Auflage 2019 © 2017 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH Nymphenburger Straße 86 D-80636 München Tel.: 089 651285–0 Fax: 089 652096
© der Originalausgabe 2015 by Toni Weschler
Die englische Originalausgabe erschien 2015 bei Harper Collins unter dem TitelTaking Charge of Your Fertility, 20th Anniversary Edition.
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Übersetzung: Ursula Fethke, Chris Keutmann-Wohlthat, Birgit Lamerz-Beckschäfer Redaktion: Antje Eszerski für bookwise GmbH Umschlaggestaltung: Kristin Hoffmann Umschlagabbildung: Shutterstock/iravgustin Satz: bookwise GmbH Druck: Graspo CZ, Tschechische Republik Printed in the EU
ISBN Print 978–3-86882–682-1 ISBN E-Book (PDF) 978–3-86415–944-2 ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978–3-86415–945-9
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.mvg-verlag.de
Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de.
Vorwort anlässlich des 20. Jahrestags der Erstveröffentlichung
Einleitung
Teil 1 NEUE DENKMODELLE ZUR FRUCHTBARKEIT DER FRAU
1. Was Sie über die Bewusste Fruchtbarkeitsmethode wissen sollten
2. Übernehmen Sie Verantwortung für Ihre Fruchtbarkeit
Teil 2 DEN EIGENEN ZYKLUS UND KÖRPER (WIEDER)ENTDECKEN
3. Die Vagina ist nicht das einzige Geschlechtsorgan der Frau
4. Den Menstruationszyklus endlich verstehen
5. Die drei primären Fruchtbarkeitszeichen
6. Fruchtbarkeitszeichen beobachten und dokumentieren
Teil 3 AKTIV AUF DIE EIGENE GESUNDHEIT ACHTEN
7. Anovulation (fehlender Eisprung) und unregelmäßige Zyklen
8. Ovarialzysten, Endometriose und PCOS: Darüber sollten Sie Bescheid wissen!
9. Hormone natürlich im Gleichgewicht halten
10. Investition in die Zukunft: Ihre
künftige
Fruchtbarkeit
Teil 4 NATÜRLICHE VERHÜTUNG
11. Verhüten ohne Chemie und mechanische Hilfsmittel
12. Kurzform: minimale Aufzeichnungen, maximale Zuverlässigkeit
Teil 5 KINDERWUNSCH
13. Wie steigern Sie Ihre Chancen, schwanger zu werden?
14. Tipps zur Ergänzung der Fruchtbarkeitswahrnehmung ergänzen
15. Tests und Therapien für eine Schwangerschaft
16. Der Umgang mit Fehlgeburten
17. Idiopathische Infertilität: Wenn keiner weiß, woran es liegt
Teil 6 VORTEILE DER ZYKLUSAUFZEICHNUNGEN JENSEITS VON FRUCHTBARKEITSFRAGEN
18. Was Sie für Ihre gynäkologische Gesundheit tun können
19. Irreguläre Blutungen
20. Freuen Sie sich an Ihrer Sexualität, und pflegen Sie Ihre Beziehung
21. Das prämenstruelle Syndrom: Alle Einbildung?
22. Mysterium Menopause?
23. Die Fruchtbarkeitswahrnehmung erhöht Ihr Selbstbewusstsein
Nachwort - Eine Geschichte des Fortschritts: weibliche Gesundheit und das fehlende Puzzlestück
ANHANG
GRUNDLEGENDE INFORMATIONEN FÜR ALLE LESERINNEN
A. Wie Sie Zyklusprobleme erkennen und lösen
B. Häufig gestellte Fragen
C. Abläufe im Menstruationszyklus: Überblick anhand des 28-Tage-Modells
NATÜRLICHE VERHÜTUNG
D. Die Wirksamkeit natürlicher Verhütungsmethoden
E. Die Unterschiede zwischen natürlichen Verhütungsmethoden
F. Verhütungsregeln, wenn Sie nur eines der Fruchtbarkeitszeichen dokumentieren
G. Innere Untersuchung des Zervixsekrets vor dem Eisprung
H. Problematische Schwellenlinien
I. Die FAM in der Stillzeit
J. Die FAM bei langen Zyklen und in Phasen ohne Eisprung
KINDERWUNSCH
K. Ein kurzer Blick auf die Geschlechtswahl
L. So recherchieren Sie Fruchtbarkeitskliniken
SONSTIGE INFORMATIONEN
Anlaufstellen rund um das Thema Fruchtbarkeit
Glossar
Bibliografie
Register
Vorlage für die jährliche Vorsorgeuntersuchung
Mögliche Tabellenvorlagen
Bildnachweis
Danksagung
Über die Autorin
BILDTEIL
Der Verlag und die Autorin übernehmen keine Gewähr für die auf diesen Seiten beschriebene Methode der Empfängnisverhütung oder Empfängnisbegünstigung. Als kontrazeptive Methode ist die Bewusste Fruchtbarkeitsmethode (FAM) bei genauer Befolgung der einschlägigen Anleitungen hochwirksam. Wie andere effektive Verhütungsmethoden auch, bietet sie jedoch keine absolute Sicherheit, und es besteht die Möglichkeit, dass sie versagt. Idealerweise erlernen Sie die Methode der Fruchtbarkeitswahrnehmung bei einem qualifizierten Kursleiter oder Berater. Auch sollte Ihnen klar sein, dass natürliche Methoden der Schwangerschaftsverhütung nicht vor Aids und anderen Geschlechtskrankheiten schützen. Dieses Buch erhebt keinen Anspruch darauf, eine qualifizierte medizinische Beratung und Therapie zu ersetzen. Daher erfolgt jede Anwendung der hier genannten Empfehlungen auf eigenes Risiko. Bitte kontaktieren Sie gegebenenfalls auch Ihren Hausarzt, einen Fruchtbarkeitsberater oder beide. Verlag und Autorin haben jede Anstrengung unternommen, korrekte und aktuelle Informationen zur Verfügung zu stellen, können aber keine Haftung für etwaige Irrtümer, Unvollständigkeiten oder veraltete Inhalte übernehmen Die hier geschilderten Anekdoten sind wahr und haben sich tatsächlich so zugetragen. Allerdings wurden die Namen, außer auf ausdrücklichen Wunsch hin, zur Wahrung der Anonymität geändert.
Als vor genau 20 Jahren die Erstausgabe von Taking Charge of Your Fertility erschien, gab es nur sehr wenige Frauen, die ihre Menstruationszyklen aufzeichneten. Die Vorstellung, die so gesammelte Information könne dazu dienen, auf natürliche Weise zu verhüten, Empfängnischancen zu steigern und selbst über die gynäkologische und sexuelle Gesundheit zu bestimmen, war den meisten völlig fremd. Es war mein Ziel, bei jenen Frauen, die aufgrund des Mangels an Wissen über ihren eigenen Körper frustriert waren, eine »Bewegung von unten« in Gang zu setzen. Meine Hoffnung erfüllte sich: Es fühlten sich Hunderttausende Frauen vom Inhalt meines Buchs angesprochen.
In den Jahren seit der Ersterscheinung haben mich die überschwänglichen Reaktionen regelrecht überwältigt. Zahlreiche Leserinnen haben mir geschrieben und auf sehr persönliche Weise berichtet, wie sich ihr Leben durch das Buch verändert hat. Sie waren einerseits befreit und fühlten sich gestärkt, ebenso oft waren sie aber auch bitter enttäuscht, diese Informationen nicht schon früher in der Schule oder bei Arztbesuchen erfahren zu haben.
Durch das praktische Wissen über den Menstruationszyklus, das in meinem Buch vermittelt wird, entsteht möglicherweise der Eindruck, ich würde Mediziner diskreditieren. Hierzu möchte ich eines klarstellen: Einem Arzt ist es heute angesichts der großen Spannbreite der Verantwortungsfelder und der begrenzten Zeit, die er Patientinnen einräumen kann, nicht möglich, Ihren Zyklus im Detail zu kennen – vor allem nicht, wenn Sie selbst damit nicht vertraut sind! Das Thema Familienplanung dreht sich darum, zu lernen, für sich selbst einzutreten. Mit dem Wissen um Ihren Körper können Sie Ihren Arzt unterstützen, denn im Kern dieses Buchs geht es um eines: Wissen ist Macht!
Außerdem gilt es zu bedenken, dass Familienplanung ganz unterschiedliche Aspekte umfasst. Betroffen sind sowohl Frauen, die eine Empfängnis vermeiden möchten, als auch jene mit Kinderwunsch. Das Buch ist daher so aufgebaut, dass man es als Ganzes oder in Kapiteln zu spezifischen Problemen oder Bedürfnissen lesen kann. Wichtige Informationen werden wiederholt, um die Bedeutung eines Themas hervorzuheben, aber auch, um zu gewährleisten, dass der Inhalt selbst beim Lesen von Textauszügen immer nachvollziehbar bleibt. Die Facetten der eigenen Fortpflanzung zu verstehen ist ein wichtiges Instrumentarium der Selbstbestimmung! Ich hoffe, dass Sie von dieser Neuausgabe profitieren, auch wenn Sie bereits eine ältere Ausgabe des Buchs kennen. Der weibliche Zyklus bleibt naturgemäß unverändert, doch unser Verständnis der biologischen Vorgänge wächst mit neuen medizinischen Erkenntnissen. In dieser Ausgabe finden Sie ergänzende und überarbeitete Beiträge. Es gibt u. a.
einen zusätzlichen Farbbildteil
verbesserte Vorlagen für FAM-Tabellen
ein aktualisiertes Kapitel zu den Fortschritten bei den assistierten Reproduktionstechniken (ART)
ein erweitertes Kapitel zum Thema Sexualität
sechs neue Kapitel zu folgenden Themen:
~ Verbreitete Störungen, über die jede Frau Bescheid wissen sollte
~ Hormone natürlich im Gleichgewicht halten
~ Ihre
künftige
Fruchtbarkeit
~ Der Umgang mit Fehlgeburten
~ Infertilität: Wenn keiner weiß, woran es liegt
~ Irreguläre Blutungen
Das Selbstverständnis der Frauen für ihren Körper und die Technik der FAM entwickeln sich weiter, ebenso wie das biologische Wissen und die Reproduktionstechnologie. Mit der Neuausgabe meines Buchs hoffe ich, diese Veränderungen nachzuvollziehen, damit die neue Generation von Frauen mehr über den eigenen Körper und ihren Menstruationszyklus weiß und selbstbewusster wird als die vorherige. Weiterführende Information und Zugang zu Internetforen finden Sie (in englischer Sprache) unterwww.tcoyf.com.
Toni Weschler, 2015
Noch immer zucke ich zusammen, wenn ich an meine Collegejahre zurückdenke und an den Anlass, der mich dazu brachte, ausgerechnet die Fruchtbarkeitsberatung zu meinem Beruf zu machen. Unzählige Male bin ich damals mit einer vermeintlichen Scheideninfektion zu einer Gynäkologin gerannt. Die meisten Frauen werden mir zustimmen, dass gynäkologische Untersuchungen mehr als lästig sind. Trotzdem suchte ich meine Ärztin – gefühlt allmonatlich – mit offenbar immer demselben Problem auf. Stets aber wurde ich von ihr mit der unbefriedigenden Versicherung »da ist wirklich nichts, machen Sie sich keine Sorgen« nach Hause entlassen. Ich kam mir wie eine Hypochonderin vor, nur um kleinlaut erneut einen Termin zu vereinbaren, wenn die scheinbaren Symptome einer Infektion wiederkehrten.
Abgesehen vom Frust über das immer wieder auftretende Problem, waren da auch noch die unvermeidlichen Nebenwirkungen der Verhütungsmittel, die ich in dieser Zeit ausprobierte. Wenn es keine pillenbedingte Gewichtszunahme oder Kopfschmerzen waren, so litt ich entweder wegen des Diaphragmas an Reizungen in der Scheide oder durch den Verhütungsschwamm an Harnwegsinfekten. Jedes Mal wurde meine Frage nach einer wirksamen natürlichen Alternative zu den verfügbaren Verhütungsmethoden von Gynäkologen mit dem Hinweis abgetan, allein die Rhythmus-Methode sei »natürlich«, und jeder wisse ja, dass sie nicht funktioniere. Zurück auf Platz 1 also, mit scheinbar ständigen Infektionen und ohne eine akzeptable Empfängnisverhütung.
Erst Jahre später, beim Besuch eines Kurses über die Fruchtbarkeitswahrnehmung, wurde mir klar, dass ich während der ganzen Zeit gesund gewesen war. Der scheinbare Infekt war in Wirklichkeit normales Zervixsekret, eines der gesunden Fruchtbarkeitszeichen, das bei allen Frauen vor Herannahen des Eisprungs auftritt. Da ein vergleichendes Gespräch über Scheidenausfluss nicht gerade zu den Themen des sozialen Miteinanders gehört, blieb mir verborgen, dass meine Erfahrung ganz normal und – vor allem – zyklisch bedingt war.
Durch eine irreführende und unzureichende Gesundheitsaufklärung wird Frauen nur selten vermittelt, wie sich zwischen normalem, zyklisch auftretendem Zervixsekret und den Symptomen einer Scheideninfektion unterscheiden lässt. Was aber sind die Konsequenzen einer solch elementaren Wissenslücke? Abgesehen von den unnötigen Kosten, Scherereien und Ängsten, die sich hiermit für Frauen oft verbinden, kann das zu einem niedrigeren Selbstwertgefühl und Unsicherheit in Bezug auf die eigene Sexualität führen.
Aus diesen negativen Erfahrungen heraus erwuchs mein Interesse an der Frauengesundheit. Sie weitete sich zu einer regelrechten Leidenschaft aus. So bewarb ich mich schließlich auf eine Stelle als Gesundheitsberaterin in einer Frauenklinik – eine katastrophale Erfahrung, die sich im Rückblick aber als ausschlaggebend für meine Entscheidung erwies, die Fruchtbarkeitsberatung zum Beruf zu machen. Während ich im Wartezimmer auf mein Vorstellungsgespräch bei der Klinikleiterin wartete, wanderten meine Augen über die aus Frauenkliniken so vertrauten Anschauungsmaterialien: Poster, die vor der Verbreitung von Geschlechtskrankheiten warnen, vergleichende Tabellen zu Verhütungsmethoden (klein gedruckt jeweils die Nebenwirkungen und Risiken) und Plastikmodelle der weiblichen Fortpflanzungsorgane.
Schlagartig wurde mir die Aussichtslosigkeit meiner Lage bewusst. Hier saß ich also und bewarb mich als Gesundheitsberaterin, ohne jede Ausbildung in diesem Bereich. Was hatte ich mir dabei gedacht? Während meine Unruhe wuchs, fiel mir eine Broschüre zu Kursen über die Fruchtbarkeitswahrnehmung ins Auge, die die Klinik anbot. Ich konnte nicht glauben, dass eine angeblich doch so namhafte Einrichtung die verrufene Rhythmus-Methode zu unterrichten schien. Ein echtes Dilemma! Sollte ich meine Bestürzung zum Ausdruck bringen und die begehrte Stelle aufs Spiel setzen – oder besser den Mund halten? Letzteres aber wäre mir unredlich erschienen. Ich geriet unter Druck, als ich endlich der Klinikleiterin gegenübersaß. Noch bevor sich die freundliche Frau richtig vorgestellt hatte, platzte ich heraus: »Ich verstehe nicht, warum Sie die Rhythmus-Methode unterrichten. Jeder weiß, dass sie nicht funktioniert!«
»Ach? Wir unterrichten was?«, fragte sie sichtlich überrascht. »Mir fiel Ihre Broschüre über die Fruchtbarkeitswahrnehmung im Wartezimmer auf. Ist das nicht dasselbe?«, murmelte ich etwas eingeschüchtert. Mit leicht verärgertem Blick antwortete sie: »Ehrlich gesagt, Toni, lässt Ihr mangelndes Wissen über einen so wichtigen Aspekt der Frauengesundheit nichts Gutes für eine Tätigkeit an unserer Klinik erahnen.«
Die Stelle bekam ich nicht. Doch das peinliche Erlebnis veränderte meine Sicht auf die weibliche Gesundheitspflege. Ich schluckte meinen Stolz hinunter, belegte den Kurs der Klinik über Fruchtbarkeitswahrnehmung – und war verblüfft. Ich lernte dort, dass ich selbst die Kontrolle über meine Zyklen haben konnte. Keine Ungewissheit mehr angesichts verschiedener Ausflüsse, Schmerzen und anderer Symptome! Endlich ließen sich die allmonatlich auftretenden kleinen, feinen Veränderungen im Körper verstehen, und ich war in der Lage, meinen Menstruationszyklus in den gesamtgesundheitlichen Zusammenhang einzuordnen – in physiologischer, aber auch in psychologischer Hinsicht. Und das Allerbeste? Kein Gerenne mehr zum Gynäkologen.
Diese hochwirksame Methode der natürlichen Verhütung erforderte nur einige wenige Minuten am Tag, um meine potenziell fruchtbaren Tage im Zyklus zu bestimmen. Außerdem konnte ich nun selbst Störungen erkennen, die möglicherweise eine Schwangerschaft bei mir verhinderten. Als ich dann ein Kind wollte, konnte ich das bange Ratespiel vermeiden, dem so viele Paare ausgeliefert sind, und den präzisen Zeitpunkt für den Geschlechtsverkehr festlegen. Und das alles können Sie auch!
Das wohl schönste Ergebnis meiner jahrelangen Anwendung der Fruchtbarkeitsmethode aber war das Privileg, nun so viel über einen grundlegenden Aspekt des Frauseins zu wissen. Keine Unsicherheit mehr, wann meine Periode einsetzen würde – ich wusste es immer (auch als dann meine schließlich letzte Regel kam!). Mir war bewusst, was mich körperlich wie emotional zu bestimmten Zeiten in meinem Zyklus erwartete. Mein Selbstvertrauen wuchs dadurch, was sich letztlich positiv auf andere Bereiche meines Lebens auswirkte.
Der Menstruationszyklus einer Frau sollte nicht von Geheimnissen umwittert sein. Nach dem Durchlesen des Buchs haben auch Sie hoffentlich das befreiende Gefühl, Einblick in Ihren Körper gewonnen zu haben. Über den rein praktischen Nutzen hinaus, ein Mittel an der Hand zu haben, um eine Schwangerschaft auf natürliche Weise zu vermeiden oder auch zu begünstigen und selbst über die gynäkologische Gesundheit bestimmen zu können, wird das Wissen über den eigenen Zyklus und Körper schließlich auch Ihr Selbstbewusstsein in vielerlei Hinsicht stärken – und das ist gut so!
TEIL 1
kapitel 1
Wie oft haben Sie das schon gelesen oder gehört? Der Menstruationszyklus umfasst im Idealfall 28 Tage, und der Eisprung findet normalerweise am 14. Tag des Zyklus statt. Doch dies ist nur ein Mythos. Leider wird er oft für bare Münze genommen, sodass dadurch zahllose ungeplante Schwangerschaften begünstigt und zugleich viele Paare um das ersehnte Baby gebracht werden. Zum Teil beruht diese Behauptung auf der veralteten Rhythmus-Methode, die irrtümlich davon ausgeht, die Zyklen seien bei jeder Frau 28 Tage lang, auf jeden Fall aber über längere Zeit stets in etwa gleichbleibend. Das Ergebnis ist eine falsche Prognose, die mithilfe einer statistischen Formel künftige Fruchtbarkeit anhand bisheriger Zyklen vorhersagen will.
Tatsächlich schwankt die Zykluslänge von Frau zu Frau und oft sogar bei ein und derselben Frau. Merken sollten Sie sich am besten einfach, dass der Zyklus 21 bis 35 Tage lang ist. Die folgende Geschichte, die mir strenggläubige Patienten aus New York schon vor Jahrzehnten erzählt haben, zeigt, dass der Mythos vom Eisprung am 14. Tag gravierende Folgen haben kann:
Ilene und Mick heirateten am 21. Mai. Beide waren zu diesem Zeitpunkt noch unberührt. Sie wünschten sich möglichst bald Kinder und schlossen zum 15. Mai eine gemeinsame Krankenversicherung ab. Zu ihrer großen Freude wurde Ilene gleich auf der Hochzeitsreise schwanger. Doch die Versicherung weigerte sich, die Kosten für Schwangerschaft und Entbindung zu übernehmen. Die Begründung: Da Ilene ihre letzte Regel am 19. April bekommen hatte, müsste sie demnach bereits drei Wochen vor der Hochzeit schwanger geworden sein. »Das kann nicht sein«, beharrte Ilene. »Wir sind beide jungfräulich in die Ehe gegangen.« Allerdings räumte sie ein, ihr Zyklus sei lang und unregelmäßig geworden, seit sie jogge und Diät halte. Das erklärte Ilene so auch der Versicherungsgesellschaft. Diese jedoch akzeptierte die Begründung nicht und berechnete den Entbindungstermin wie üblich mit der Rechenscheibe (Seite 5, Farbbildteil), die den Eisprung exakt am 14. Zyklustag ansetzt. Ilene klagte: »Wir waren finanziell ruiniert. Wie beweist man vor Gericht, dass man noch Jungfrau war? Und was geht das andere überhaupt an?«
Der Mythos vom Eisprung am 14. Tag kam Ilene und Mick teuer zu stehen. Ihr einziger Trost war, dass ihr Sohn pünktlich zum erwarteten Zeitpunkt zur Welt kam – drei Wochen nach dem Termin, den die Versicherung errechnet hatte! Doch auch das spielte für Ilene inzwischen keine Rolle mehr, denn in ihren Augen war der Kleine »das ganze Theater so oder so wert«.
Heute wissen wir mehr über die menschliche Fortpflanzung und verfügen über eine exakte und effiziente Methode zur Identifizierung der fruchtbaren Phasen der Frau. Dank der Bewussten Fruchtbarkeitsmethode (Fertility Awareness Method), kurz FAM*, lassen sich die komplexen Mechanismen unserer Fortpflanzung besser nachvollziehen. Die FAM basiert auf der Beobachtung und tabellarischen Erfassung wissenschaftlich fundierter Fruchtbarkeitsindizien, an denen sich ablesen lässt, ob eine Frau an einem bestimmten Tag empfängnisbereit ist oder nicht. Die wichtigsten Fruchtbarkeitszeichen sind das Zervixsekret, die Basaltemperatur (Morgentemperatur) und die Lage der Zervix (als zusätzliches Zeichen, das die beiden Ersteren stützt). Die FAM ermöglicht Frauen, eigenverantwortlich zu verhüten oder schwanger zu werden und die Vorgänge in ihrem eigenen Körper besser kennenzulernen. Außerdem ist sie ein ausgezeichnetes diagnostisches Hilfsmittel für Frauenärzte.
WARUM IST DIE BEWUSSTE FRUCHTBARKEITSMETHODE NICHT BEKANNTER?
Vorbehalte gegen die FAM beruhen häufig auf dem Missverständnis, dass sie mit der sogenannten Rhythmus-Methode (auch Knaus-Ogino- oder Kalendermethode) gleichgesetzt wird. Hinzu kommt, dass natürliche Verhütungsmethoden von Menschen bevorzugt werden, die strikt gegen künstliche Verhütungsmittel sind. Zu Unrecht wird deshalb noch immer behauptet, die FAM sei ausschließlich für diese Zielgruppe geeignet. Dabei ist die FAM gerade für die meisten Frauen allein schon deshalb eine Option, weil sie im Gegensatz zu hormonellen Methoden wie der Antibabypille ganz ohne Chemie auskommt. Außerdem sorgt sie dafür, dass Frauen erheblich seltener auf unangenehme oder umständliche Verhütungsmethoden zurückgreifen müssen, die jegliche Spontaneität am Sex ausschließen. Fest steht jedenfalls, dass Frauen, die sich für die FAM entscheiden, häufig nicht nur, wenn es um ihre Fruchtbarkeit geht, aktiv um eine gesundheitsbewusste, natürliche Lebensweise bemüht sind.
Bei der FAM geht es, wie bei der Natürlichen Familienplanung (NFP), letztlich um eine effiziente natürliche Verhütung, wobei ein Paar, das die Natürliche Familienplanung praktiziert, während der fruchtbaren Phase der Frau oftmals gezielt auf Sex verzichtet, statt mit einer Barrieremethode zu verhüten.
Warum wird die FAM nicht im Medizinstudium gelehrt?
Eine Frage drängt sich auf: Wenn die FAM so wirkungsvoll zur Verhütung wie auch bei Kinderwunsch eingesetzt werden kann, warum ist sie dann bei uns so wenig verbreitet? Ein Grund dafür ist schlichtweg, dass es für Medizinstudenten an den Universitäten heute immer noch keine umfassende Einführung in diese wissenschaftliche Methode gibt. Tatsächlich wissen Frauen, die die Bewusste Fruchtbarkeitsmethode anwenden, oftmals mehr über ihre Fruchtbarkeit als ihre Gynäkologen, die durch die Facharztausbildung eigentlich Experten für die weibliche Physiologie sind!*
Als ich Vorjahren an einer Frauenklinik lehrte, buchte das ganze Team meinen Kurs als Verhütungsmethode – bis auf eine Ärztin. Diese erzählte mir eines Tages im Vertrauen: »Toni, um ganz ehrlich zu sein: Ich schicke meine Patientinnen nicht in Ihre Kurse.« »Ach, und warum denn nicht?«, fragte ich betont beiläufig. »Ich misstraue Ihrer Methode, denn ich bin damit schwanger geworden«, erwiderte sie. »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Haben Sie einen Kurs besucht? Nach welchen Regeln sind Sie vorgegangen?«, wollte ich von ihr wissen, aber sie fragte verblüfft zurück: »Was für Regeln?« Ich hakte nach, »... ich meine, haben Sie Ihre Morgentemperatur gemessen und das Zervixsekret beobachtet oder nur eines von beiden Fruchtbarkeitszeichen?« Sie starrte mich hilflos an, offenbar ohne jeden Schimmer einer Ahnung, von was ich da eigentlich sprach. Erst da begriff ich, wie verbreitet die Unkenntnis der FAM selbst innerhalb der Ärzteschaft ist und wie viele Kollegen unter »Fruchtbarkeitswahrnehmung« noch immer die Vorhersage künftiger Fruchtbarkeit anhand bisheriger Zyklen wie bei der umstrittenen Rhythmus-Methode verstehen.
Die Wirksamkeit der Bewussten Fruchtbarkeitsmethode basiert auf rein biologischen Grundlagen (Kapitel 4). Dazu gehört die Funktion zahlteicher Hormone wie Follikelstimulierendes Hormon (FSH), Östrogen, Luteinisierendes Hormon (LH) und Progesteron, die wissenschaftlich nachgewiesen sind. Gerade weil die FAM nicht nur zur Verhütung und bei Kinderwunsch ein wertvolles Hilfsmittel ist, sondern generell der gynäkologischen Gesundheit dient, verwundert es umso mehr, dass diese Methode im Medizinstudium nicht routinemäßig gelehrt wird. Hinzu kommt: Die FAM kann Ärzten und Patientinnen bei der Diagnose zahlreicher Erkrankungen hilfreich sein. Dazu gehören u. a.:
Anovulation (ausbleibender Eisprung)
später Eisprung
kurze Lutealphase (Gelbkörperphase nach dem Eisprung)
»unfruchtbares« Zervixsekret
Hormonstörungen wie das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS)
zu niedrige Progesteron-Spiegel
Fehlgeburten
Die Aufzeichnung von Fruchtbarkeitsindizien erleichtert letztlich die Diagnose gynäkologischer Störungen. Frauen, die regelmäßig einen Zykluskalender führen, bemerken recht schnell, wenn etwas bei ihnen nicht »normal« ist, und können ihren Arzt auf Unregelmäßigkeiten hinweisen. Störungen, die durch die Bewusste Fruchtbarkeitsmethode leichter diagnostiziert werden, sind:
unregelmäßige oder ungewöhnliche Blutungen
Scheideninfektionen
Harnwegsinfekte
Anomalien der Zervix
Knoten in der Brust
PMS
ein falsch berechnetes Empfängnisdatum
Ärzten, die die FAM nicht beherrschen, entgeht ein erstklassiges Werkzeug, das die Beratung von Patientinnen erleichtert. Stattdessen führen Gynäkologen zur Diagnose eines mutmaßlichen Menstruationsproblems oft Tests durch, die manchmal überflüssig, invasiv und kostspielig sind. Lernen Frauen dagegen, ihre Zyklen selbst zu beobachten, können Sie so manchen Arztbesuch und unnötige diagnostische Maßnahmen vermeiden.
Mithilfe der Fruchtbarkeitsmethode lassen sich, wie die oben aufgelisteten Erkrankungen und gynäkologischen Störungen zeigen, potenzielle Hindernisse für eine Schwangerschaft aufdecken. So wird beispielsweise anhand der aufgezeichneten Temperaturkurven sichtbar, wenn der Eisprung im Zyklus komplett ausbleibt oder der »richtige« empfängnisfördernde Zervixschleim fehlt. Unter Umständen belegen die Aufzeichnungen der FAM sogar, dass eine Frau immer wieder schwanger wird, die Frucht aber jedes Mal abgeht, ohne dass sie selbst oder ihr Arzt es bemerken. Frauen, die sich sehnlichst ein Baby wünschen, ersparen sich mit diesen dokumentierten Daten die quälende Ungewissheit, ob es diesmal geklappt hat oder nicht. Sie brauchen sich bei ihrem Arzt oder in der Apotheke keine teuren Schwangerschaftstests zu kaufen. Anhand ihrer Temperaturkurve erkennen sie eine Schwangerschaft, ohne erst verunsichert abwarten zu müssen, ob sich vielleicht doch nur ihre Regel verspätet.
Politik, Profit und natürliche Verhütung
Dass die FAM wenig bekannt ist und selten empfohlen wird, liegt zum Teil auch daran, dass Ärzte, insbesondere aber Hersteller von Hormonprodukten wie der Antibabypille oder Intrauterinpessaren, daran nicht verdienen. Abgesehen von der anfänglichen Investition in ein Fieberthermometer und vielleicht ein Buch, einen Kurs oder eine App, kostet die FAM nichts, während zum Beispiel für die Pille pro Jahr schnell mehr als hundert Euro Auslagen zusammenkommen.
Angesichts der satten Profite, die mit anderen Verhütungsmethoden abgeschöpft werden können, leuchtet es ein, warum die Fachwelt nicht mehr Frauen an die FAM heranführt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Pharmafirmen erhebliche Summen ausgeben, um die Pille als Verhütungsmittel erster Wahl zu positionieren. Weniger bekannt ist jedoch, wie beharrlich viele Pharmafirmen die Wirksamkeit und Stichhaltigkeit anderer Verhütungsmethoden – und dabei vor allem der FAM – in einem falschen Licht darstellen.
In Publikationen der Pharmaunternehmen für Verbraucher über die verschiedenen Kontrazeptiva fallen immer wieder drastische Falschaussagen auf. So wird beispielsweise in der Broschüre »Contraception: The Choice Is Yours« behauptet: »Die Natürliche Familienplanung basiert darauf, dass die Befruchtung meist unmittelbar vor, während oder direkt nach dem Eisprung erfolgt.« Das klingt erst einmal völlig überzeugend – bis auf den nicht unerheblichen Schönheitsfehler, dass eine Befruchtung ohne Eizelle gar nicht erfolgen kann. Fände eine Befruchtung statt, bevor der Follikel überhaupt ausgestoßen wird, wäre das – zynisch gesagt – schon eine echte Leistung! Mehr Schaden als einzelne Falschaussagen richtet jedoch das generelle Image an, das von FAM und NFP gern vermittelt wird. Die oben zitierte Broschüre ist insofern typisch, als sie zur Überschrift »Natürliche Familienplanung« das vermeintliche Synonym »Rhythmus-Methode« als Zusatz in Klammern anbietet.
Ganz abgesehen von der Empfängnisverhütung, haben Mediziner und Firmen, die auf das Thema »Kinderwunsch« spezialisiert sind und mit Hightech-Behandlungen Paaren Hoffnung auf ein Baby machen, kein Interesse daran, eine so gut wie kostenlose Methode zu verbreiten, die ihre Dienste in vielen Fällen überflüssig machen würde. Natürlich sind technische Lösungen manchmal unumgänglich. Aber wie wir noch sehen werden, reicht bei vielen Paaren allein das richtige Wissen aus, um die erhoffte Schwangerschaft herbeizuführen.
Was heißt hier »unappetitlich«? Sprachliche Feinheiten
Es gibt noch einen weiteren Punkt für die stiefmütterliche Behandlung der Bewussten Fruchtbarkeitsmethode. Vor allem die Medien stufen diese Verhütungsmethode als »unappetitlich« ein. Warum?, fragt man konsterniert.
Bei einem Nachrichtensender in Seattle betreute ein Arzt einen wöchentlichen Beitrag zu medizinischen Themen. Ich sprach ihn im Laufe der Jahre mehrmals darauf an, ein Feature über die FAM zu machen, aber er sagte nie verbindlich zu, obwohl er nach eigenen Angaben von der Wirksamkeit der Methode überzeugt war. Ich verstand nicht, warum er das Thema offenbar scheute, bis er schließlich einräumte, es erscheine ihm einfach zu unappetitlich für die Öffentlichkeit. Offenbar ging es dabei um den Ausdruck »cervical mucus« (Zervixschleim) für eines der drei Fruchtbarkeitszeichen. Ich fragte mich, ob das Thema publikumswirksamer wäre, wenn wir einen weniger konkreten Begriff verwenden. Als ich ihm schrieb, wir könnten statt »cervical mucus« gern »cervical fluid« (Zervixflüssigkeit) sagen, rief er prompt zurück: In diesem Fall sei das Thema natürlich ohne Weiteres für die Nachrichten geeignet. Und einige Wochen nach dem Telefonat brachte er einen aufschlussreichen Beitrag über die Fruchtbarkeitsmethode.
Diese Begebenheit zeigte drastisch, wie viel Einfluss Sprache auf die Akzeptanz von Themen hat. Seit dem Vorfall in der Nachrichtenredaktion in Seattle habe ich immer wieder festgestellt, dass Patienten, Zuhörer und Leser erheblich mehr Aufmerksamkeit und Interesse für die Bewusste Fruchtbarkeitsmethode aufbringen, wenn der neutralere Begriff Zervixflüssigkeit (cervical fluid) statt Zervixschleim (cervical mucus) verwendet wird. Vermutlich stellen viele zwischen der »Zervixflüssigkeit« der Frau und der »Samenflüssigkeit « (seminal fluid) des Mannes eine Analogie her. Letztere würde man ja nicht als »Samenschleim« bezeichnen, obwohl der Zweck beider Flüssigkeiten ähnlich ist, nämlich Sperma am Leben zu erhalten und seine Fortbewegung zu unterstützen.
Die Medien sind ein Spiegel unserer Kultur. Sie stellen physiologische Vorgänge im menschlichen Körper oft unrealistisch oder geschönt dar. Die FAM dagegen will über diese Vorgänge sachlich aufklären und Frauen dadurch selbstbestimmter machen. Wenn das mit Begriffen wie »Zervixflüssigkeit« oder »Zervixsekret« leichter geht, habe ich nichts dagegen.
WARUM INFORMIEREN MANCHE ÄRZTE NICHT ÜBER DIE BEWUSSTE FRUCHTBARKEITSMETHODE?
Dass die Fruchtbarkeitsmethode eine wissenschaftlich fundierte und effiziente natürliche Verhütungsmethode ist, die zugleich der Gesundheitspflege dient, ist Ärzten durchaus bekannt. Trotzdem empfehlen sie diese Methode ihren Patientinnen nicht. Als Begründung führen einige Ärzte an, Frauen hätten keine Lust, sich eine Technik anzueignen, die kompliziert und schwierig sei, Verantwortungsbewusstsein und einen großen Zeitaufwand erfordere. Meiner Meinung nach treffen diese Behauptungen auf die meisten Frauen überhaupt nicht zu.
Kennt man erst einmal die Grundlagen der FAM, dann ist sie mühelos nachvollziehbar. Die meisten erlernen die Methode anhand des vorliegenden Buchs. Darüber hinaus werden Kurse zum Thema Familienplanung und der symptothermalen Methode angeboten (Seite 472), die wie die FAM auf der Beobachtung der Morgentemperatur in Kombination mit der des Zervixsekrets beruhen. Die FAM ist nicht schwieriger oder einfacher zu handhaben als viele andere alltägliche Fertigkeiten. Selbst wenn sie anfangs etwas ungewohnt erscheint, wird sie mit ein wenig Übung schnell zur Routine.
Frustrierend finde ich, dass manche Ärzte Frauen allen Ernstes nicht zutrauen, das in Kursen zur Fruchtbarkeitswahrnehmung vermittelte Wissen zu verstehen und richtig anzuwenden. Warum diese Meinung vorherrscht, leuchtet mir nicht ein, denn für die FAM interessieren sich in der Regel eher gebildete Frauen. Andererseits geht es meines Erachtens grundsätzlich nicht darum, dass für die Anwendung eine gewisse Intelligenz nötig wäre, sondern vielmehr darum, wie man dieses Wissen vermittelt. Bis vor Kurzem war das Thema Fruchtbarkeitswahrnehmung noch den wenigen vorbehalten, die sich damit wissenschaftlich auseinandersetzen konnten.
Ich selbst habe mein Wissen über die FAM bisher an über 1500 Frauen weitergegeben und kann versichern, dass so gut wie alle von ihnen die Methode und ihre biologischen Grundlagen innerhalb weniger Stunden begriffen haben. Die paar Minuten am Tag, die man dafür opfern muss, empfinden meines Wissens die wenigsten als eine Belastung.
Ein Wort zur Verteidigung der Ärzte
Um es klarzustellen: Meine kritischen Anmerkungen in diesem Kapitel richten sich nicht generell gegen die Ärzteschaft. Ich bin überzeugt davon, dass die meisten Mediziner einfühlsam und fürsorglich sind und ihren Patienten gern Wissen vermitteln, das sie gesund und stark macht.
Angesichts der zunehmenden Technisierung ihres Berufsumfelds stehen viele Mediziner der Bewussten Fruchtbarkeitsmethode allerdings eher skeptisch gegenüber – gerade weil diese Methode so völlig ohne moderne Hightech auskommt. Manch einer der Ärzte mag sogar der Überzeugung sein, ohne Medikamente oder Eingriffe nicht ausreichend für seine Patienten zu sorgen.
Eine Tatsache aber wiegt schwer: Ärzte haben in der Praxis heutzutage gar nicht mehr genügend Zeit, um die FAM bei einem regulären Arzttermin umfassend erklären zu können. Schon aus diesem Grund wissen so wenige Frauen über das Thema Fruchtbarkeitswahrnehmung Bescheid.
Was daraus entstehen kann, ist ein Teufelskreis, denn selbst die Ärzte, die Frauen dabei unterstützen, sich selbst um ihre Fortpflanzung und Gesundheit zu kümmern, können ihrem Anspruch nicht so effizient nachkommen, wie sie möchten, wenn ihre Patientinnen keine Zyklustabellen führen. Die Vorzüge der Fruchtbarkeitsmethode – was das Verhältnis zwischen Arzt und Patientin anbelangt – können nur dann wirklich ausgeschöpft werden, wenn immer mehr und mehr Frauen mit dem Führen von Zyklustabellen ihren Teil dazu beitragen.
kapitel 2
Der Körper einer Frau bereitet sich in jedem Zyklus auf eine mögliche Schwangerschaft vor – zum Leidwesen all der Frauen, die nicht schwanger werden möchten. Fruchtbar ist eine Frau allerdings nur an den wenigen Tagen im Zyklus rund um den Eisprung. Dieses fruchtbare Zeitfenster lässt sich durch die Selbstbeobachtung von Basaltemperatur (Morgentemperatur), Zervixsekret und möglicherweise zusätzlich durch die Lage des Muttermunds alltagstauglich, nicht invasiv und zuverlässig bestimmen. An der Tabelle, in die eine Frau täglich ihre Fruchtbarkeitszeichen einträgt, kann sie ablesen, ob sie gerade empfängnisbereit ist. Da sich der Tag des Eisprungs von Zyklus zu Zyklus verschieben kann, liefert die Ermittlung dieses Zeitfensters den Schlüssel für ihre Fruchtbarkeit.
WAS SPRICHT FÜR NATÜRLICHE VERHÜTUNGSMETHODEN?
Wir wollen bessere Gründe dafür haben, Kinder zu bekommen, als nur nicht zu wissen, wie man sie verhütet.
DORA RUSSELL (1894–1986), BRITISCHE AUTORIN UND FEMINISTIN
Warum sind so viele Frauen von den Verhütungsmöglichkeiten enttäuscht? Warum ist die Mehrzahl der Methoden für Frauen gedacht, obwohl Männer jederzeit zeugungsfähig sind? Wäre es nicht sinnvoller, Verhütungsmethoden für das fruchtbarere Geschlecht zu entwickeln? Sehen Sie sich folgende Tabelle an:
Da Frauen nur an wenigen Tagen pro Zyklus fruchtbar sind, ist es im Grunde absurd, dass sie sich durch Verhütungsmittel gesundheitlichen Gefahren aussetzen. Die Liste der möglichen Nebenwirkungen von Verhütungsmitteln reicht von einem erhöhten Thrombose-, Schlaganfall- und Brustkrebsrisiko über unregelmäßige Blutungen, schwere Beckenentzündungen oder Uterusperforationen, Menstruationsschmerzen und –krämpfe, Harnwegsinfekte und Zervixentzündungen bis zu allergischen Reaktionen auf Spermizide und Latex. Und wozu das? Um sich vor einem Mann zu schützen, der Millionen Spermien pro Stunde produziert! Wie würden die meisten Männer wohl auf folgende Meldung reagieren?
NEUES VERHÜTUNGSMITTEL – DIE SPIRALE FÜR DEN MANN
Kürzlich wurde die neueste Entwicklung im Bereich Kontrazeptiva für den Mann auf dem US-Ärztinnentag vorgestellt. Dr. Sophia Merkin berichtete über erste Ergebnisse einer klinischen Studie an 763 freiwilligen Doktoranden einer Hochschule im Mittleren Westen der USA. Laut Dr. Merkin eröffnet das neuartige Intrapenalpessar – kurz IPP – vollkommen neue Perspektiven der Verhütung. Der vorgesehene Markenname Umbrelly setzt sich aus »umbrella« und »jelly« zusammen. Das IPP ähnelt einem winzig kleinen Regenschirm und wird eingerollt mittels einer Führhilfe von der Eichel aus durch die Harnröhre bis in den Hodensack vorgeschoben. Dass es dabei gelegentlich zur Perforation des Skrotums kommt, gilt als unwesentlich, da dieser Bereich nur mit wenigen schmerzempfindlichen Nervenendigungen ausgestattet ist. Die Unterseite des Schirms enthält ein gelförmiges Spermizid. In Versuchen an 1000 Weißwalen (deren Sexualorgane denen des Mannes am ehesten ähneln) verhinderte Umbrelly tatsächlich die Spermaproduktion zu 100 Prozent! Für die Walweibchen erwies sich das IPP als äußerst angenehm, da es ihr lustvolles Brunftverhalten in keiner Weise beeinträchtigt. Die Unbedenklichkeit von Umbrelly erläuterte Dr. Merkin anhand der vorliegenden Statistiken. Von den 763 Doktoranden, die das Pessar testeten, starben demnach lediglich zwei an einem Skrotuminfekt, drei erkrankten an Hodenkrebs und 13 waren zu deprimiert für eine Erektion. Die Nebenwirkungen reichten Dr. Merkin zufolge von Krämpfen und Blutungen bis hin zu akuten Bauchschmerzen, die jedoch lediglich auf eine noch nicht erfolgte Gewöhnung an das Pessar hindeuten und voraussichtlich innerhalb eines Jahres ganz von selbst verschwinden. Als Komplikation von Umbrelly kamen vereinzelt Skrotuminfekte vor, die eine Hodenamputation nötig machten. Dabei handelt es sich Dr. Merkin zufolge aber um Ausnahmen, die »so selten auftreten, dass sie statistisch nicht signifikant sind«. Dr. Merkin und die übrigen renommierten Mitglieder des Women's College of Surgeons sind sich einig, dass die Vorzüge des IPP die Risiken für den einzelnen Mann bei Weitem überwiegen.
© 1974 belita h. cowan (abdruck mit freundlicher Genehmigung der verfasserin). Illustration von rrankie collins
Diese provokante Parodie hat einen sehr realen Hintergrund, denn das berüchtigte Intrauterinpessar Dalkon Shield machte zahlreiche Frauen durch Beckenentzündungen unfruchtbar. Und dies ist nur eines von vielen Beispielen für qualvolle Prozeduren. Von den Tragödien durch den Wirkstoff Thalidomid (Contergan) bis zu den Kontroversen über die Nebenwirkungen von Norplant-Implantaten und der Dreimonatsspritze Depo Provera stellte sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder die Frage, wie viel Sicherheit den Patientinnen eigentlich zugestanden wird. Damit meine ich auch die oftmals zweifelhafte Wirkweise oraler Verhütungsmittel und anderer Medikamente sowie die Ängste im Zusammenhang mit Brustimplantaten. Mittlerweile weiß man außerdem, dass chirurgische Eingriffe wie Kaiserschnitte und Hysterektomien viel zu oft durchgeführt werden. (Neue Studien zeigen, dass in den vergangenen 15 Jahren immerhin die Hysterektomien drastisch zurückgingen, doch die Zahl der Kaiserschnitte steigt immer noch an.) All das trägt zur Verunsicherung bei.
Ob Männer sich derartigen »Unannehmlichkeiten« aussetzen würden, steht hier nicht zur Debatte. Bei allem, was Frauen durchgemacht haben und tagtäglich durchmachen, ist es nur logisch, dass sie ihre Gesundheit und Fortpflanzung mit möglichst viel Effizienz bei möglichst geringer gesundheitlicher Belastung wieder selbst in die Hand nehmen wollen.
Warum kommt es zu ungeplanten Schwangerschaften?
Ich erinnere mich, wie eine Bekannte [...] ganz verschämt ihre erste Begegnung mit einem Verhütungsmittel schilderte. Das Diaphragma flog angeblich wie ein Gummigeschoss durchs Fenster auf den Innenhof des College. Sie holte es nicht zurück; hätte ich auch nicht getan.
ANNA QUINDLEN, US-JOURNALISTIN UND ScHRIFTSTELLERIN
Um die Problematik natürlicher Verhütungsmethoden zu verstehen, stellen wir uns zunächst die Frage, wie es zu ungeplanten Schwangerschaften kommt. Es gibt dafür vier Hauptgründe*:
Das Paar vergisst »im Eifer des Gefechts« zu verhüten.
Das Paar verhütet aus Unwissenheit nicht.
Dem Paar erscheint keine Verhütungsmethode geeignet.
Das Paar verhütet, aber die Verhütungsmethode versagt.
Welchen Stellenwert hat dabei die Bewusste Fruchtbarkeitsmethode? Schauen wir uns die vier aufgelisteten Situationen einmal genauer an:
1. Das Paar vergisst »im Eifer des Gefechts« zu verhüten:
Die zuverlässigsten Barrieremethoden nützen überhaupt nichts, wenn zwei Menschen sie im Feuer der Leidenschaft einfach vergessen. Wer von uns hat nicht schon mal nach so einer Situation gebangt, es könnte »etwas« passiert sein? Wenn eine Frau aber weiß, ob sie in dem Moment fruchtbar ist oder nicht, braucht sie nachher nicht zu orakeln, kann sich dann aber auch nicht mit dem Argument »Pech gehabt« aus der Verantwortung ziehen.
2. Das Paar verhütet aus Unwissenheit nicht:
Viele Paare würden verhüten, wenn sie über die Wahrscheinlichkeit einer Empfängnis in bestimmten Phasen des Zyklus besser Bescheid wüssten. Angesichts der Mythen, die sich nach wie vor um die Fruchtbarkeit der Frau ranken, ist die Zahl der ungeplanten Schwangerschaften nicht verwunderlich. Die meisten Schwangerschaften gehen vermutlich auf das Konto des Irrglaubens, der Eisprung erfolge stets am 14. Tag. In Wahrheit kann er am 14. Tag stattfinden, genauso gut aber am 10., 18. oder am 21. Tag des Zyklus. Mit anderen Worten: Der Eisprung ist keineswegs so verlässlich, wie allgemein behauptet. Dennoch ist der Mythos vom 14. Tag derart verbreitet, dass ihn selbst Fachleute propagieren. Ist ein Paar überzeugt davon, die Frau könne nur am 14. Tag schwanger werden, hat es vermutlich bis zum 13. Tag und ab dem 15. Tag ungeschützten Verkehr. Besonders vorsichtige Paare beachten vielleicht sogar noch eine mehrtägige Pufferzone vor und nach dem 14. Tag. Erfolgt der Eisprung jedoch erst am 20. Tag, dann würde selbst völlige Enthaltsamkeit vom 11. bis zum 17. Tag eine Schwangerschaft nicht verhindern können!
Und was ist mit der Behauptung, eine Frau könne nicht schwanger werden, wenn sie während der Menstruation Verkehr hat? Viele glauben fälschlich, Sperma könne maximal drei Tage überleben, doch in »fruchtbarem« Zervixsekret sind Spermien tatsächlich noch nach fünf Tagen aktiv! Kombiniert man diese These mit der vom Eisprung am 14. Tag, dann sind ungewollte Schwangerschaften fast schon vorprogrammiert. Und dies sind nur die gängigsten Fehleinschätzungen der menschlichen Fortpflanzungsbiologie. In diesem Bereich fehlt es eindeutig an Aufklärung.
3. Dem Paar erscheint keine Verhütungsmethode geeignet:
Vielen Menschen behagen die gängigen Verhütungsmittel nicht. Neben einer Sterilisation gibt es die Wahl zwischen Methoden, die den Körper mit künstlichen Hormonen überschwemmen, wie die Antibabypille, und andere hormonelle Optionen, die angeblich das Brustkrebs- oder Osteoporoserisiko erhöhen (Depo Provera) oder bei denen ein streichholzgroßes Hormonröhrchen aus Silikon unter die Haut gepflanzt wird (Implanon ®). Des Weiteren gibt es Intrauterinpessare (IUP), die uns eine Dauerentzündung der Gebärmutter und nicht selten Menstruationsschmerzen bescheren, das Diaphragma, das die Scheide mit einer Latexschale auskleidet, aus der noch 24 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr Spermizid austritt – und es gibt Methoden, die lästig sind und den Muttermund verändern können (Portiokappe), Scheideninfektionen begünstigen (Verhütungsschwamm), die Klitoris überdecken (Femidom) oder mittels Gummi den Hautkontakt zwischen Mann und Frau verhindern (Kondom).
Man muss sich nicht über ungeplante Schwangerschaften wundern, wenn so viele Leute davon ausgehen, dass die oben genannten Verhütungsmethoden die einzigen Optionen sind. Die Bewusste Fruchtbarkeitsmethode bietet Paaren dagegen über weite Teile des Zyklus die Freiheit einer wirksamen Verhütung ohne mechanische Vorrichtungen, Chemikalien oder Nebenwirkungen.
4. Das Paar verhütet, aber die Verhütungsmethode versagt:
Einem der hartnäckigsten Vorurteile zufolge sind Liebespaare an einer ungewollten Schwangerschaft meist selbst schuld, weil sie aus Nachlässigkeit nicht verhütet haben. Oft sieht die Realität aber anders aus. Als Expertenkommission für Bevölkerungsforschung hat das Alan Guttmacher Institute in New York ermittelt, dass rund die Hälfte aller US-Amerikanerinnen, die ungewollt schwanger wurden, sehr wohl verhütet hat. Viele dieser »Verhütungspannen« würden nicht passieren, wenn Paare mit dem Menstruationszyklus der Frau besser vertraut wären.
Interessant ist, dass viele Barrieremethoden eindrucksvolle »Wirksamkeitsquoten« bei der Verhütung von bis zu 95 Prozent oder mehr ausloben. Solche Statistiken sind per se irreführend, vor allem, weil sie von der falschen Prämisse ausgehen, eine Empfängnis sei während des gesamten Menstruationszyklus möglich, obwohl dies in Wahrheit nur in einem Viertel des normalen Zyklus der Fall ist. Versagt eine Verhütungsmethode, dann tut sie das lediglich in der kurzen fruchtbaren Phase des Zyklus, in der eine Empfängnis physisch überhaupt möglich ist. Vor diesem Hintergrund müssten Paare lediglich wissen, wann im Laufe des Zyklus das Verhütungsmittel versagen könnte, und dann selbst entscheiden, ob sie in dieser kritischen Phase vorsichtshalber auf Sex verzichten oder doppelt verhüten. Wenn ein Paar normalerweise ein Diaphragma einsetzt, könnte es an besonders fruchtbaren Tagen zusätzlich ein Kondom benutzen.
Wer ist für die Verhütung zuständig – Mann oder Frau?
In Gesprächen unter Frauen geht es oft darum, wie leid es viele sind, dass die Verantwortung für die Verhütung komplett auf ihren Schultern lastet. Denkt man darüber nach, dass die Fruchtbarkeit der Frauen sich auf einen Bruchteil der Zeit beschränkt, in der Männer Kinder zeugen können, kann man über die ungerechte Lastenverteilung nur den Kopf schütteln. Frauen müssen während des gesamten Zyklus überdies oft überproportional viele Nebenwirkungen der Verhütung ertragen. Dass die Antibabypille ursprünglich dazu beitragen sollte, die Frau sexuell zu emanzipieren, wissen viele Männer. Aber als Nebeneffekt bürdet die Pille der Frau die alleinige Verantwortung für die Verhütung auf.
Susan und Joe sind ein Paar, das sich über die Gleichstellung viele Gedanken machte. Susan hatte jahrelang die Pille genommen, obwohl sie häufig an Migräne litt und über Übelkeit klagte. Als sie Joe vorschlug, einen Kurs zur Fruchtbarkeitsmethode zu besuchen und die Pille abzusetzen, war er Feuer und Flamme. Drei Jahre sind seither vergangen, aber bis heute springt Joe jeden Tag beim Weckerklingeln aus dem Bett, steckt Susan das Thermometer in den Mund, putzt sich die Zähne, nimmt ihr das Thermometer wieder ab und notiert den Wert in der Tabelle. Sie kuschelt sich währenddessen noch im Bett. Übelkeit und Kopfschmerzen sind bei Susan seither passé.
Im Gegensatz zu den meisten Methoden gibt die Bewusste Fruchtbarkeitsmethode Männern die Gelegenheit, aktiv ihren Teil zur Verhütung beizutragen. Sie können sich nachhaltig in das Thema einbringen. Viele Paare sind sogar der Überzeugung, die FAM habe ihre Beziehung gestärkt.
(UNERFÜLLTER) KINDERWUNSCH
Ich erinnere mich noch sehr gut an den Anruf meiner Patientin Terry. Als sie meinen Kurs besuchte, bemühte sie sich schon seit über einem Jahr erfolglos, schwanger zu werden. Zwei Wochen nach dem Kurs rief sie mich an. Etwas stockend wollte sie wissen, ob sie an diesem Abend mit ihrem Mann schlafen sollte. Sie war unsicher, weil sie glaubte, eine Scheideninfektion zu haben, die einer Empfängnis im Weg stehen könnte. Als sie anfing, mir zu beschreiben, was »da unten rauskommt«, schaltete sich über einen zweiten Apparat ihr Mann James ins Gespräch ein: »Toni, Sie machen sich keine Vorstellung, was da rauskommt!« »Jetzt mal ganz langsam«, unterbrach ich ihn. »Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen. Ist das Sekret denn klar?« »Ja.« »Wie rohes Eiweiß?« »Ja, genau!« »Ist es dehn- bzw. spinnbar?« »Ja, und ob... Toni, ich kann es fast 25 Zentimeter lang ziehen!« »Was zum Teufel macht Ihr beiden dann am Telefon?«, rief ich lachend. »Legt sofort den Hörer auf und nutzt die Gelegenheit!« Der Abend war ein voller Erfolg, und Terry wurde endlich schwanger.
Ob die Unfruchtbarkeit in den letzten Jahrzehnten generell zugenommen hat oder ob sich einfach mehr Menschen deswegen ärztlich behandeln lassen, lässt sich nur schwer beurteilen. Wahrscheinlich ist es eine Kombination von beidem. Ein Grund für den allgemeinen Geburtenrückgang ist, dass immer mehr Frauen die erste Schwangerschaft mindestens bis zum 35. Lebensjahr aufschieben – und wie Sie wissen, nimmt die Fruchtbarkeit der Frau mit zunehmendem Alter mehr und mehr ab. Unabhängig von den Gründen, besteht heute bei einem Sechstel aller Paare ein unerfüllter Kinderwunsch. Ob diese Paare tatsächlich unfruchtbar sind, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt.
Von Unfruchtbarkeit spricht man in der Regel dann, wenn sich nach einem Jahr ungeschütztem Geschlechtsverkehr keine Schwangerschaft einstellt. Allerdings sind die Ursachen dafür bei vielen Paaren simpel zu lösen. Oft reicht schon die Bewusste Fruchtbarkeitsmethode aus, um die Unfruchtbarkeit zu beheben. Ich behaupte nicht, man könne sämtliche Fruchtbarkeitsprobleme mit dem entsprechenden Wissen lösen. Leider verbreiten aber selbst Mediziner oftmals ungewollt Falschinformationen, die den Kinderwunsch vieler Paare vereiteln. Ein Klassiker der Fruchtbarkeitsmythen ist die in Kapitel 1 erwähnte Behauptung, der Eisprung finde am 14. Zyklustag statt. Tatsächlich könnte ein gesundes Paar ein Jahr lang jedes Mal am 14. Tag des Zyklus Geschlechtsverkehr haben, ohne dass es zur Empfängnis kommt, falls der Eisprung bei der Frau in der Regel erst am 20. Tag erfolgt. Klappt es dann bei diesem Paar mit einer Schwangerschaft, nachdem es über den wahren Zeitpunkt des Eisprungs Bescheid weiß – war es ja vorher auch nicht unfruchtbar. Die emotionalen und finanziellen Konsequenzen einer vermeintlichen Unfruchtbarkeit aber sind häufig genauso gravierend, als wäre es so.
Irrungen und Wirrungen: Was heißt eigentlich unfruchtbar?
Bevor wir uns damit beschäftigen, was es für ein Paar bedeuten kann, als unfruchtbar abgestempelt zu werden, schauen wir uns zuerst einmal an, welche Irrtümer und Fragen zum Thema Unfruchtbarkeit kursieren.
1. Unfruchtbarkeit heißt keine Empfängnis innerhalb eines Jahres?
Hat ein Paar ein Jahr lang ungeschützten Sex, ohne dass sich eine Schwangerschaft einstellt, nimmt man meist eine Fruchtbarkeitsstörung an. Häufig handelt es sich dabei aber nicht um ein medizinisches Problem.
2. Sind unregelmäßige Zyklen problematisch?
Die Annahmen, ein normaler Zyklus dauere 28 Tage und der Eisprung finde am 14. Tag statt, sind so stark in unseren Köpfen verwurzelt, dass man Abweichungen von dieser Norm oft als Ursache für Fruchtbarkeitsprobleme betrachtet. Für Gynäkologen sind »unregelmäßige« Zyklen schon aus dem Grund problematisch, weil Fertilitätstests und –behandlungen oft um die Zeit der Ovulation erfolgen müssen. Hat eine Frau aber gelernt, durch Selbstbeobachtung den nahenden Eisprung zu erkennen, dann spielt es keine Rolle, ob dieser am 14., 19. oder 21. Zyklustag stattfindet. (Schwankt die Zykluslänge allerdings erheblich oder umfasst sie mehr als 38 Tage, deutet das auf eine Hormonstörung hin, die der Arzt abklären sollte. Mehr dazu auf Seite 122.)
Eine Patientin erzählte deprimiert, sie versuche seit über einem Jahr vergeblich, schwanger zu werden. Grund für die Unfruchtbarkeit war ihrer Meinung nach, dass ihre Zyklen nicht die »normale« Länge aufwiesen. Sie dauerten etwa 33 Tage, was noch im Normbereich liegt, aber länger als die »üblichen« 28 Tage ist. Ihr Mann sei so frustriert über ihre offensichtliche Unfruchtbarkeit, dass sie nur noch bis zum 14. Tag Verkehr hätten und dann bis zum nächsten Zyklus aussetzten. Kein Wunder, dass sie nicht schwanger wurde! Sind bei einer Frau die Zyklen länger, erfolgt der Eisprung logischerweise später, erklärte ich ihr. Einen Monat nach dem Telefonat war sie schwanger.
3. Oft werden augenfällige Lösungen übersehen.
Mediziner lernen, Krankheiten zu erkennen, und untermauern ihre Diagnosen und Behandlungen gern mit Hightech-Verfahren. Oft werden dabei grundlegende Zusammenhänge übersehen, so beim Thema Unfruchtbarkeit zum Beispiel der Zusammenhang zwischen Empfängnis und der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs. Es gibt Paare, bei denen eine Schwangerschaft ausbleibt, obwohl sie ein Jahr lang zweimal wöchentlich miteinander schlafen. Der Arzt führt in diesen Fällen meist ein umfangreiches Untersuchungsprogramm durch (zum Teil mit invasiven und unangenehmen Tests), weil ganz automatisch von einem Fruchtbarkeitsproblem ausgegangen wird. Übersehen wird dabei die eigentliche Frage: Findet der Verkehr zum richtigen Zeitpunkt während des Zyklus statt? Es kann durchaus sein, dass das Paar ein Jahr lang zweimal wöchentlich Sex hat und trotzdem Zyklus für Zyklus die fruchtbare Phase knapp verpasst. Das gilt vor allem dann, wenn das Zervixsekret nur etwa einen Tag lang optimale Qualität hat oder das Sperma nur wenige lebensfähige Samenzellen enthält. Hier liegt eindeutig kein Fruchtbarkeits-, sondern ein Wissensproblem vor.
Wie leicht man Zusammenhänge übersehen kann, zeigte schon das »Gesetz des Instruments« des Philosophen Abraham Kaplan (1918-1993):
Gib einem kleinen Jungen einen Hammer, und er wird schnell entdecken, dass alles, was ihm unterkommt, Hammerschläge braucht.
Mediziner haben verständlicherweise ein Interesse daran, ihr in jahrelanger Mühe perfektioniertes Instrumentarium zu nutzen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Spezialisten für Unfruchtbarkeit primär auf Hightech-Verfahren setzen. Vielen Paaren, die tatsächlich unfruchtbar sind, ist damit bestens geholfen, doch bei anderen Paaren sind die Verfahren schlicht überflüssig. Mein Rat: Bevor man zu speziellen Tests oder Therapien greift, sollte zunächst das Sperma des Mannes untersucht werden. Zudem sollte die Frau ihre Fruchtbarkeitszeichen dokumentieren, um herauszufinden, an welchen Tagen sie fruchtbar ist und ob etwas einer Empfängnis im Weg steht.
4. Viele Klinikärzte achten eher auf die Basaltemperatur (Morgentemperatur) als auf das Zervixsekret.
Die meisten Ärzte konzentrieren sich bei der Bestimmung der Fruchtbarkeit auf die Basal- oder Morgentemperatur, lassen aber das Zervixsekret außer Acht, obwohl es für den richtigen Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs relevanter ist. Manchmal entsteht sogar erst ein »Fruchtbarkeitsproblem«, wenn Mediziner ihren Patienten zum Verkehr zum Zeitpunkt des Temperaturabfalls oder –anstiegs raten. Diese Empfehlung ist nicht nur irreführend, sondern kann sogar eine Schwangerschaft verhindern. Für das richtige Timing ist definitiv das Zervixsekret der entscheidende Aspekt.
Ein drastisches Beispiel dafür, dass Mediziner die Vorhersage der Fruchtbarkeit anhand bisheriger Zyklen propagieren, passierte ausgerechnet bei einer Tagung der Fertilitätsberatung RESOLVE. Die Ärztin sprach in ihrem Referat über Fruchtbarkeitsmythen. Zu Recht wies sie darauf hin, dass die Basaltemperatur (Morgentemperatur) die Fruchtbarkeit erst anzeigt, wenn der Eisprung längst erfolgt und der Zeitpunkt für eine Empfängnis verpasst ist. Als ich mich schon freute, dass endlich ein Mediziner die Temperatur für das Timing des Geschlechtsverkehrs für unbrauchbar erklärt, hörte ich im nächsten Moment zu meiner Verblüffung: »Um Ihre bevorstehende Fruchtbarkeit vorherzusagen, müssen Sie sich Ihre bisherigen Temperaturanstiege ansehen.« Ich war sprachlos. Einmal mehr wurde bekräftigt, man solle künftige Fruchtbarkeit anhand bisheriger Zyklen vorhersagen, ohne über das Zervixsekret als entscheidendes Fruchtbarkeitszeichen ein einziges Wort zu verlieren. Wäre der Rat nicht so absurd und die Zielgruppe nicht so ahnungslos gewesen, hätte ich gelacht.
Dass die Temperaturangabe allein für das Timing der Empfängnis unbrauchbar ist, liegt daran, dass die Eizelle zum Zeitpunkt des Temperaturanstiegs normalerweise bereits abgestorben ist. Nützlich ist die Temperatur dennoch, weil sie Aufschlüsse über den Zyklus liefert. Sie zeigt nicht nur, ob überhaupt ein Eisprung stattfindet und ob die zweite Zyklusphase (vom Eisprung bis zum Einsetzen der Blutung) lang genug ist, damit die Eizelle sich in der Gebärmutterschleimhaut einnisten kann, sondern auch, ob in dem betreffenden Zyklus eine Befruchtung erfolgt ist.
5. Fertilitätstests erfolgen oft zur falschen Zeit (oder überflüssig).
Vermutet der Arzt eine Unfruchtbarkeit, versucht er, zum Beispiel mithilfe eines sogenannten Postkoitaltests, festzustellen, ob die Samenzellen sich im Zervixsekret frei bewegen können. Dazu muss die Frau innerhalb weniger Stunden nach dem Geschlechtsverkehr in die Klinik kommen, wo man eine Spermaprobe aus ihrer Vagina unter dem Mikroskop untersucht. Daran, ob die Samenzellen lebendig und beweglich sind, kann man erkennen, ob das Zervixsekret geeignet ist, sie am Leben zu erhalten.
Ein gängiger Fehler dabei ist falsches Timing. Viele Ärzte führen den Test auch heute noch um den 14. Zyklustag durch, ohne zu prüfen, ob der Eisprung der Frau auch tatsächlich zu diesem Zeitpunkt erfolgt. Tut er das nicht, verliert der Test seine Gültigkeit, bestärkt aber viele Paare in dem Irrtum, mit ihrer Fruchtbarkeit sei etwas nicht in Ordnung.
Einen Vortrag über Therapien bei Unfruchtbarkeit, den ich vor Fachkrankenpflegern hielt, brachte die Dinge auf den Punkt. Als ich erklärte, die Tests seien zur falschen Zeit im Zyklus völlig nutzlos (da der 14. Tagfür viele Frauen zu früh ist), fing die Stimmung im Raum an zu knistern, bis eine Teilnehmerin entnervt ausrief: »Wohin sollen wir unsere Patientinnen denn schicken? Die führen den Postkoitaltest doch nicht dann durch, wenn der Zyklus es vorgibt, sondern wenn das Personal gerade Zeit dafür hat!« Ich hielt trotzdem nichts davon, ihnen nur zu sagen, was sie hören wollten. Ich vermittelte Fakten.
Es gibt Abläufe, die kann man nicht steuern: Babys kommen nicht von 9.00 bis 17.30 Uhr zur Welt – und Verletzungen behandelt man, wenn sie passieren, und nicht nur während der Öffnungszeiten der Klinik. Das Gleiche sollte für den Eisprung einer Frau gelten. Ein Postkoitaltest ist nur dann sinnvoll, wenn er zum richtigen Zeitpunkt stattfindet. Führt man den Test am 14. Zyklustag durch, obwohl der Eisprung erst am 20. Tag erfolgt, beweist man damit eigentlich nur, dass die FAM effizient der Verhütung dienen kann, denn außerhalb der fruchtbaren Phase einer Frau sterben die Samenzellen innerhalb weniger Stunden nach dem Geschlechtsverkehr ab. Die fruchtbare Phase umfasst allerdings nur wenige Tage rings um den Eisprung. Zu jeder anderen Zeit ist der Test wertlos!
Auch für Endometrium-Biopsien ist das Timing entscheidend. Bei der Untersuchung entnimmt man kurz vor der Menstruation eine Probe der Gebärmutterschleimhaut und untersucht, ob ein Eisprung stattfindet und sich die Schleimhaut so verändert, dass die befruchtete Eizelle sich einnisten kann. Auch in diesem Fall gehen Ärzte der Einfachheit halber oft vom Eisprung am 14. Tag aus. Genauigkeit und Relevanz des Tests sind somit fragwürdig. (Erfolgt der Eisprung am 21. Tag, könnte man erwarten, dass sich sowohl der Aufbau des Endometriums als auch die nächste Periode um eine Woche verzögern.) Frauen, die sich solchen Prozeduren unterziehen, haben Anspruch auf brauchbare Ergebnisse – und die erhält man nur bei korrektem Timing. Nicht selten werden Tests vorschnell durchgeführt. Umso schlimmer, wenn sie obendrein unangenehm sind! Bei der Hysterosalpingografie (HSG) prüft man mittels Kontrastmittel, ob die Eileiter durchlässig sind. Der Test ist aufschlussreich, aber schmerzhaft und teuer, sodass man ihn erst nach Ausschluss etwaiger Probleme bei Eisprung oder Zervixsekret durchführen sollte. Ohne Nutzen ist der Test auch, wenn es sich bei der vermeintlichen Unfruchtbarkeit in Wahrheit um Fehlgeburten handelt. Die Selbstbeobachtung mittels der FAM könnte dies im Voraus aufdecken.
6. Oft werden ovulationsfördernde Medikamente wie Clomifen (Clomifencitrat) grundlos verschrieben.
Bei Verdacht auf Unfruchtbarkeit verschreiben Ärzte Frauen heutzutage gern ein Arzneimittel, das die Follikelreifung anregt (vorher sollte jedoch geprüft werden, ob die Eierstöcke dieser Frauen überhaupt Eizellen ausstoßen). Diese ovulationsfördernden Medikamente haben allerdings – was die meisten Paare nicht wissen – eine paradoxe Nebenwirkung: Sie können das Zervixsekret der Frau austrocknen. Damit Spermien im Zervixsekret durch den Muttermund in die Gebärmutter gelangen, muss das Sekret gleitfähig sein. Das ovulationsfördernde Mittel steigert zwar wirksam die Fruchtbarkeit der Frau, kann aber zugleich durch das Austrocknen des Zervixsekrets eine Befruchtung verhindern. (Manchmal bleibt dann als Lösung nur noch eine intrauterine Befruchtung, bei der das Sperma unter Umgehung der Zervix direkt in den Uterus eingebracht wird.) Viele meiner Patientinnen wurden übrigens schwanger, nachdem sie Clomifen abgesetzt hatten.
Clomifen hat unbestritten seinen Platz in der Familienplanung. Es hilft Frauen, schwanger zu werden, und teilweise kann man die Nebenwirkung ausgleichen. Sein Vorteil ist, dass es bei stattfindendem Eisprung die anschließende Lutealphase verlängert. Dennoch sollte es nicht routinemäßig im ersten Schritt verschrieben werden, sondern erst nach weiterer Abklärung. Frauen fragen ihren Arzt am besten, warum er das Präparat in ihrem konkreten Fall für sinnvoll hält – vor allem dann, wenn sie anhand ihrer Aufzeichnungen bereits wissen, dass ihr Eisprung normal erfolgt.
7. Handelsübliche Ovulationstests sind manchmal irreführend.
Ovulationstests kann man gebrauchsfertig in jedem Drogeriemarkt kaufen. Bleibt jedoch der Farbumschlag bei dem Test aus, der den bevorstehenden Eisprung anzeigen soll, gehen viele Frauen davon aus, dass mit ihrer Fruchtbarkeit etwas nicht stimmt.
Doch selbst die »richtige« Farbe ist noch lange keine Garantie für eine Empfängnis. Warum Ovulationstests nicht immer eindeutig sind, erkläre ich ab Seite 190.
8. Angeblich liegt eine Unfruchtbarkeit vor, tatsächlich aber treten immer wieder Fehlgeburten auf.
Ob eine Frau noch nie in ihrem Leben schwanger war oder ob sie ständig schwanger wird, die Frucht aber sofort wieder verliert, macht aus medizinischer Sicht einen enormen Unterschied. In beiden Fällen besteht eine Fruchtbarkeitsproblematik, aber beide Situationen erfordern völlig andere diagnostische Schritte.
Fehlgeburten sind oft schwierig zu erkennen. Treten sie sehr früh im Zyklus auf, hält man sie meist für normale Monatsblutungen. Eine FAM-erfahrene Frau weiß jedoch, dass mindestens zehn Tage zwischen Eisprung und Menstruation liegen müssen, damit sich das befruchtete Ei einnisten kann, und dass höhere Temperaturen an 18 aufeinanderfolgenden Tagen ab Eisprung mit ziemlicher Sicherheit eine Schwangerschaft anzeigen. In diesem Fall wüsste die Frau, ob sie vor der Blutung schwanger war oder nicht. Wer allerdings wenig oder gar nicht über seine Zyklen Bescheid weiß, kann die Vorgänge in seinem Körper auch nicht deuten und unterzieht sich vielleicht grundlos invasiven diagnostischen Verfahren, um ein nicht vorhandenes Unfruchtbarkeitsproblem auszuschließen.
Meine Patientin Kisha hoffte sehnlichst, endlich schwanger zu werden. Sie hatte meinen Kurs besucht und wusste, dass 18 aufeinanderfolgende hohe Temperaturwerte auf eine Schwangerschaft hindeuten. Ich bestellte sie zum Bluttest zu mir in die Klinik. Sie war schwanger, und die Empfängnis war so früh im Zyklus erfolgt (um den 11. Tag), dass sie nach 18 höheren Temperaturwerten erst 29 Tage schwanger war (zu diesem Zeitpunkt hätten die meisten Frauen noch nicht im Traum daran gedacht!). Dank der Fruchtbarkeitsmethode wusste sie viel früher, was los war. Leider erlitt sie wenige Tage nach dem positiven Schwangerschaftstest eine Fehlgeburt. Das war traurig, aber die Tatsache, dass eine Befruchtung stattgefunden hatte, gab ihr wichtige Aufschlüsse:
a Ihr Eisprung fand statt.
b Ihre Eileiter waren durchlässig.
c Ihr Zervixsekret bot den Spermien ein günstiges Milieu.
d Das Sperma ihres Partners war fruchtbar.
Kisha lernte aus dieser Erfahrung, dass sie zweifellos vorher auch schon Abgänge gehabt hatte, seit sie schwanger zu werden versuchte. Ohne die FAM-Tabellen hätte sie dies jedoch nie herausgefunden. Die Selbstbeobachtung ergab, dass ihr Problem vermutlich eine verkürzte Lutealphase in der zweiten Zyklushälfte war. Anstatt das unerfreuliche Arsenal der Fertilitätstests komplett durchlaufen zu müssen, konnte sie ihrem Arzt ihre FAM-Tabellen vorlegen und das Problem direkt angehen. Der Arzt behandelte die verkürzte Lutealphase – und einige Monate später wurde Kisha schwanger und bekam schließlich eine Tochter.
Diagnose Unfruchtbarkeit: Behalten Sie die Kontrolle!
Es gibt also einige Gründe, warum Paare zu der irrigen Überzeugung verleitet werden, sie seien unfruchtbar. Eine Fehldiagnose hinterlässt stets tief greifende physische und psychische Spuren. Hinzu kommt, dass Krankenversicherungen die Kosten für Kinderwunschuntersuchungen und –behandlungen nicht immer übernehmen. Viele ungewollt kinderlose Paare empfinden es als ungerecht, dass sie mit ihren Beiträgen die Schwangerschaften und Entbindungen anderer Leute mitbezahlen, selbst aber leer ausgehen. Schon die Voruntersuchungen können sich auf Tausende von Euro summieren, eine komplette Abklärung und Behandlung beläuft sich oft auf Zehntausende Euro, die teilweise aus eigener Tasche zu tragen sind. Das ist umso trauriger, als viele dieser Kosten unnötig sind.
Männer werden zwar meist in den Ablauf mit einbezogen, doch die Leidtragenden sind in erster Linie die Frauen. Aufgrund der Verknüpfung zwischen Fruchtbarkeit und Zyklus müssen sie zur Abklärung etwaiger Probleme mehrmals im Monat den Arzt aufsuchen. Da das in den seltensten Fällen abends oder am Wochenende geht, müssen sich viele dafür häufig freinehmen oder sogar den Job kündigen, um die Behandlung durchführen zu können.
Hinzu kommt: Viele Untersuchungen sind unangenehm oder schmerzhaft. Dass sie oft zum falschen Zeitpunkt oder unnötig erfolgen, macht die Sache nicht besser. Beobachtet eine Frau dagegen konsequent ihre drei wichtigsten Fruchtbarkeitszeichen, kann sie ihrem Arzt Fakten liefern und damit den Umfang der Diagnostik drastisch verringern. Sinnlose Eingriffe lassen sich von vornherein vermeiden – und alle übrigen Eingriffe exakt in dem Zeitfenster durchführen, in dem sie brauchbare Informationen liefern. Eine Frau würde ihrem Arzt viel selbstbewusster gegenübertreten, wenn sie ihm beim ersten Besuch schon Folgendes mitteilen könnte:
Guten Tag, Dr. Schmitt. Danke, mir geht es gut! Ich habe ein paar Punkte, die ich gern mit Ihnen besprechen würde. Ich führe einen Zykluskalender und habe festgestellt, dass meine Lutealphase etwas kurz ist. Da ich in diesem Jahr schwanger werden möchte, würde ich gern meine Lutealphase verlängern, um einer Fehlgeburt vorzubeugen. Was schlagen Sie mir dazu vor?
Frauen – ganz allgemein – und Paare mit Kinderwunsch können sich mit der Bewussten Fruchtbarkeitsmethode aktiv an ihrer Gesundheitspflege beteiligen und somit etwas gegen das Gefühl der Hilfslosigkeit tun. Wenn vermeintlich unfruchtbare Paare Zyklustabellen führen, erhöhen sie in jedem Fall damit die Chance, ihren Kinderwunsch mit und ohne ärztliche Hilfe zu erfüllen.
Die richtige Bestimmung: Wann fand die Empfängnis statt?