2,99 €
Pia ist Mitte zwanzig, liebt das Schreiben und ist vor allem eine waschechte Fashionista. Ihr großer Traum ist es, Bestseller-Autorin zu werden – natürlich mit einem Buch zu ihrem Lieblingsthema Mode. Dafür legt sie sich mächtig ins Zeug: Strenge Disziplin, frühes Aufstehen und eine tägliche Schönheits-Routine sollen sie auf ihr Leben als angesagtes It-Girl vorbereiten. Doch ihr Vorhaben ist gar nicht so leicht: Pia wohnt in einem schrecklich öden Kaff, ihre beste Freundin zieht aus der gemeinsamen WG aus und das mit der Disziplin möchte auch nicht so recht klappen. Dann trifft sie auf Chris. Der charmante Fitnesstrainer soll sie in Form bringen, aber stattdessen wirft er sie vollkommen aus der Bahn. Und als sie die Chance bekommt, bei der Fashion Week in Berlin dabei zu sein, überstürzen sich die Ereignisse.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 296
Die AutorinSonja Becker wurde 1986 geboren und hat schon als Kind am liebsten Geschichten geschrieben. Nach einer Ausbildung zur Pferdewirtin arbeitete sie zwei Jahre lang als Redakteurin und fing in dieser Zeit an, sich auch privat vermehrt dem Schreiben zu widmen. Ihre zweite Passion neben dem Schreiben war jedoch auch die Mode und so stand sie hin und wieder für kleinere Model-Jobs von der Kamera. Mittlerweile übt sie neben einem Vollzeit-Job im Büro eine selbständige Tätigkeit als Bloggerin und Texterin für verschiedene Online-Portale und Magazine aus. Sowohl das Reiten als auch das Modeln betreibt sie nach wie vor als Hobby.
Das BuchPia ist Mitte zwanzig, liebt das Schreiben und ist vor allem eine waschechte Fashionista. Ihr großer Traum ist es, Bestseller-Autorin zu werden – natürlich mit einem Buch zu ihrem Lieblingsthema Mode. Dafür legt sie sich mächtig ins Zeug: Strenge Disziplin, frühes Aufstehen und eine tägliche Schönheits-Routine sollen sie auf ihr Leben als angesagtes It-Girl vorbereiten. Doch ihr Vorhaben ist gar nicht so leicht: Pia wohnt in einem schrecklich öden Kaff, ihre beste Freundin zieht aus der gemeinsamen WG aus und das mit der Disziplin möchte auch nicht so recht klappen. Dann trifft sie auf Chris. Der charmante Fitnesstrainer soll sie in Form bringen, aber stattdessen wirft er sie vollkommen aus der Bahn. Und als sie die Chance bekommt, bei der Fashion Week in Berlin dabei zu sein, überstürzen sich die Ereignisse.
Sonja Becker
Fashion Queen's Diary
Roman
Forever by Ullsteinforever.ullstein.de
In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt. Originalausgabe bei Forever Forever ist ein Digitalverlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin April 2016 (1) © Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2016 Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München Titellabbildung: © Finepic® Autorenfoto: © privat ISBN 978-3 -958-18-089-5 Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.
»Was wirst du nun tun?«, fragt sie, während sie auf die Autobahn abbiegt.
»Ich habe keine Ahnung. Mich verstecken? Ich habe mich zum Trottel der Nation gemacht, werde vermutlich jetzt einige Auftraggeber verlieren … Mein Leben bestand bisher nur aus dem Schreiben von Artikeln, von meinem Bestseller … Was bleibt mir jetzt noch?« Ich bin den Tränen nahe.
»Schreib ein Buch über das, was du erlebt hast!«, sagt Alex und sieht mich von der Seite an. »Integrier deine Kolumnen, die du nie veröffentlicht hast, schreibe ein Buch über dich und dein Leben! Ach so … und das am besten unter einem Pseudonym.«
Und das habe ich getan. Das, was ihr nun in den frisch manikürten Händen haltet, ist meine Geschichte. Was mir dieses Buch gebracht hat? Neben dem Verzehr von kiloweise Schokolade und literweise Cappuccino habe ich einiges über mich selbst gelernt. Und außerdem … ein Seelenklempner wäre teurer gewesen, reicht das als Antwort?
Mein Name: Pia
Meine Mission: Einen Bestseller schreiben
Mein Outfit: Stylish. Und irgendwann werden die schon erkennen, dass ich dazu geboren wurde, Chefredakteurin der Vogue zu sein
Mein Job: Um es mit einem Beziehungsstatus auszudrücken– es ist kompliziert. Ich bin freiberuflich tätig und schreibe Beiträge und Kolumnen für Magazine und Online-Portale.
Mein Kontostand: Reden wir besser nicht drüber …
Mein Status: Glücklich vergeben an meine Klamotten – wer braucht schon einen Mann?
Shoppingsüchtig? Den Schrank voller Designerteile, die Schuhkartons stapeln sich bis unter die Decke, während die Visakarte noch vom letzten Shoppingtrip vor sich hin glüht und das Dispo bereits leise um Hilfe ruft, da es bis an den Rand ausgereizt ist? Genau diese Storys liebe ich und daher stapeln sich bei mir zwar nicht die Schuhkartons bis unter die Decke, aber die Bücherstapel, die von ebenjenen Storys handeln. Irgendwann kam mir dann mal der Gedanke: »Das kann ich auch! Mein Leben gleicht fast dem meiner heimlichen Helden und wenn die es schaffen, ihren mode- und kreditkartenbelasteten Alltag zu Papier zu bringen, dann kann ich das auch!«
Ich mache es mir also mit meinem Laptop auf der Couch bequem, öffne mein Textverarbeitungsprogramm und beginne zu schreiben. Nach drei Zeilen fällt mir nichts mehr ein. Nach fünf Tagen und drei Seiten (immerhin!) finde ich die Story schon wieder blöd und schicke alles in den virtuellen Papierkorb. »Okay, das muss auch anders gehen.«
Alex, meine WG-Mitbewohnerin und beste Freundin, kann ich nicht fragen. Die würde mich nur auslachen.
Aber wie machen das die anderen? Die Starautoren, die ihren Lebensunterhalt mit dem Schreiben von Büchern verdienen? Die ihren Stammplatz in den Bücherregalen der Welt haben, die von ihren eigenen Werbepostern in den Schaufenstern der Buchläden auf die anderen herab blicken. Mister Google bringt mir meine Antworten – und die haben nichts mit einem bequemen Leben auf der Couch zu tun. Da gibt es Bilder von Autoren an ihren (meist aufgeräumten und sauberen) Schreibtischen in ihren Büros, die von ordentlich gestapelten Papieren und Büchern übersät und natürlich für fast niemanden zugänglich sind (ein Autor in seiner kreativen Phase braucht schließlich Ruhe – maximal gute Musik!), und mittendrin, fast schon nicht mehr sichtbar, steht da so ein kleiner mickriger Laptop, dessen Inhalt DAS BUCH der Bestellerlisten umfasst.
Teilweise werden dabei wahre Rituale begangen (»die Jalousie muss immer halb zu sein« oder »ohne meine Lieblingsmusik auf den Ohren geht gar nichts«). Liest man sich die Interviews durch, stößt man auf Sätze wie »…nach knapp einem Jahr Recherche habe ich nun endlich mit dem Schreiben der Geschichte beginnen können und genieße dabei am liebsten eine Tasse schwarzen Tee« oder »Ideen kommen mir immer in kleinen gemütlichen Cafés, in denen ich stumm die Menschen beobachten und Storys entwickeln kann«.
Hm, ich habe weder ein Jahr (okay, noch nicht einmal eine Minute) mit dem Recherchieren und Sammeln von Ideen verbracht, noch mich in ein Café gesetzt, um mein Gedankenkarussell in Fahrt zubringen. Im Gegenteil – wenn ich mich hier mit Notizblock und Kuli bewaffnet in ein Café setzen und verträumt die Menschen um mich herumbeobachten würde, würde ich mit Sicherheit für Aufsehen sorgen. Hier auf dem Lande, im Nichts, im Nirwana der ländlichen Einöde. Ich wäre wahrscheinlich so interessant wie ein rosa Papagei auf Koks (oder man würde mich, fast noch schlimmer, für einen Voyeur halten). Wie dem auch sei. Die Autoren von Welt haben natürlich meist feste Uhrzeiten, zu denen sie schreiben (kreativ sein um Punkt 8.15 Uhr? Wie geht das? Oder sie treffen Aussagen à la »Ich schreibe meistens nachts, dann habe ich die meiste Ruhe«)und schaffen dabei locker leicht ein Pensum von 1000 Wörtern am Tag. Danach widmen sie sich der Familie, denn die beansprucht schließlich auch noch Zeit. Irgendwie hört sich das alles so klar strukturiert an. Keiner von denen hat sich auf der Couch fotografieren lassen oder so etwas wie »Am liebsten schreibe ich meine Bestseller auf dem Sofa, eingehüllt in meinen Morgenmantel, umringt von Fernsehkulisse und der ganzen Familie!« von sich gegeben.
Ich muss also einiges ändern. Wenn es Fotos von mir gibt, dann natürlich nur an einem schicken Schreibtisch in einer Umgebung, die jeden neidisch machen würde. Ich stelle mir etwas vor wie einen Schreibtisch vor einem Fenster mit Blick aufs Meer. Oder in einem wunderschönen romantischen Garten mit Rosenblüten und einem weißen Pavillon, in welchen ich mich im Sommer zum Schreiben zurückziehen könnte. Man würde mich dort in einem luftigen Sommerkleid betrachten können, meine Haut leicht gebräunt und meine Haare zu einem schicken, aber kreativ angehauchten Dutt hochgesteckt. Doch es würde natürlich nicht nur bei einer Traumkulisse bleiben, oh nein! Auch mein Aussehen würde jede Fashion Queen auf dem roten Teppich wie ein unscheinbares Schulmädchen wirken lassen, wenn ich mich zum Beispiel in einer angesagten Stadt in ein Straßencafé setze. Ich hätte natürlich obercoole Klamotten an. Zum Beispiel eine enge Lederimitat-Röhrenjeans mit schwarzen High Heels (von Christian Louboutin selbstverständlich) und ein weißes Valentino-Top, welches locker meinen schlanken Oberkörper umspielt. Am Arm würde ich dann einen dünnen goldenen Armreif tragen, der in Kombination mit dem weißen Top meine Sonnenbräune wunderbar zum Vorschein bringt (die Sonnenbräune stammt dann aus meinem Sommerurlaub in Cannes). Ich wäre die wahre Fashion Queen unter den Autoren! Ich muss also einiges ändern. Das Schreiben auf der Couch ist ab sofort tabu für mich. Ein Schreibtisch muss her, ein edles Modell, an dem die Ideen und Einfälle nur so fließen. Und ein eigenes Büro, ich brauche schließlich Ruhe und Entspannung beim Schreiben. Blöd nur, dass unsere WG zu klein ist, um ein ganzes Zimmer für mein kreatives Schreibvorhaben zu beanspruchen. Und einen Schreibtisch habe ich auch nicht. Also muss erst einmal der Küchentisch herhalten (der reicht mir zum Schreiben für meine Artikel sonst auch). Da kann ich dann auch direkt einen Tee nach dem anderen trinken (der Wasserkocher ist quasi eine Armlänge von mir entfernt), um mich in eine Art »Schreiblaune« zu versetzen (ich habe von einem Autor gelesen, der beim Schreiben immer den gleichen Tee trinkt, und quasi schon beim Geruch dieses Tees in eine wahre Schreibwut verfällt). Zunächst muss ich mich noch für eine Sorte entscheiden. Ich denke, etwas Fruchtiges würde mich in gute Laune versetzen. Für düstere Gedanken werde ich es dann doch auch mal mit dem erwähnten Schwarztee probieren (oder grüner Tee, für harmonische Gedankengänge?). Was gibt unser Teefach überhaupt her? Ich öffne den Schrank und blicke in ein diffuses Chaos. Da stapeln sich Teekartons über Teekartons und Teedosen über Teedosen. So geht das nicht. Für meine Kreativität brauche ich Ordnung. Also fange ich fein säuberlich an, den Schrank komplett auszuräumen und diesen von innen erst einmal zu reinigen (wenn schon, dann richtig). 13 Teekartons und fünf Teedosen späterstelle ich fest, dass davon nur noch zwei Teesorten haltbar sind (eigentlich ist es fast schon peinlich, aber ich habe tatsächlich einen Brombeertee gefunden, der 2009 abgelaufen ist. Der muss von Alex stammen…)
Die Mülltonne füllt sich also und übrig bleiben ein Rooibos-Tee sowie ein Pflaume-Zimt-Tee. Pflaume klingt schon einmal gut, aber ob ich davon in Schreibstimmung komme? Und außerdem ist Pflaume-Zimt ein Wintertee, was soll ich denn dann im Sommer trinken?
Ich beschließe bei meinem nächsten Schreibversuch nichts dem Zufall zu überlassen, setze mich in mein Auto (ich erwähne es noch einmal: Ich wohne auf dem Land, bis zum nächsten größeren Ort sind es fast 20 km) und brause mit 50 km/h davon. Als ich auf dem Supermarkt-Parkplatz stehe, bin ich der Meinung, dass dies nicht der richtige Ort sei, um den Tee zu kaufen, der mich auf dem Weg zum Bestsellerautorinnendasein begleiten soll. Ich steuere also Richtung Innenstadt (wenn man das hier wirklich schon als Stadt bezeichnen kann) und halte zufrieden vor einem Teeladen. Dies ist der einzig richtige Ort, um meinen Schreib-Tee zu kaufen. Es muss einfach alles perfekt sein, wenn ich mich an meinen Bestsellerroman begebe (und seien wir mal ehrlich: Industrie-Tee aus dem Supermarkt ist ja nun wirklich keine Alternative, wenn man frischen Tee aus einem reinen Tee-Geschäft erhalten und zudem noch eine kompetente Beratung erwarten kann).
Und dann betrete ich das Paradies der Düfte. Jeder, der schon einmal in einem echten Teeladen war, weiß, wovon ich spreche. Es riecht aromatisch, angenehm und irgendwie versetzt mich diese Geruchswelt in eine entspannte Haltung – also bin ich hier goldrichtig, um erste Vorbereitungen für mein zukünftiges Arbeitsritual zu schaffen.
»Darf ich Ihnen behilflich sein?«
Ich liebe es! Es ist genau wie in diesen alten Rosamunde-Pilcher-Filmen, in denen ein altes Mütterchen auf einen zukommt und man das Gefühl hat, gerade von einer sehr erfahrenen Frau mit einer unfassbaren Lebensgeschichte beraten zu werden. Fehlt nur noch eine entsprechende Kulisse, wie man sie aus diesen Kitschfilmen so kennt. Wenn jemand weiß, welchen Tee ich brauche, dann sie!
»Ich bin auf der Suche nach einem Tee, der mich in eine kreative, aber auch entspannte Haltung bringt.«
Die alte Dame, die bereits ihr ganzes Leben lang Tee verkauft (zumindest sieht sie so aus mit ihrem hellblauen Kleidchen, der weißen Schürze und den silbergrauen Haaren), zeigt mir eine ganze Reihe an verschiedenen Teesorten und lässt mich an allen schnuppern, von denen sie der festen Überzeugung ist, dass dies die richtige Sorte für mich sei. Und es gibt eine Menge Sorten, die exakt für mich bestimmt zu sein scheinen. Nach einer guten halben Stunde stehe ich dann an der Kasse und zücke meine Kreditkarte (auch wenn diese Dame bestimmt schon mindestens 80 Jahre alt ist, weiß sie dennoch, dass es in der heutigen Zeit ein absolutes No-Go wäre, die Kunden ausschließlich mit Bargeld bezahlen zu lassen – auch wenn ich zugeben muss, dass ich mir hier wunderbar so eine uralte Kasse vorstellen kann, die bei jedem Öffnen ein lautes »Ping« von sich gibt …).
Einen Rosen-Tee, einen Erdbeer-Vanille-Tee, einen Kräuter-Wellness-Tee, ein Tee-Ei und einen Teatimer später bin ich geschlagene 26,98 Euro ärmer. Aber es hat sich gelohnt und ist somit als Investition in meine Karriere als Star-Autorin zu verbuchen. Und mal ehrlich: Wir wissen doch alle, dass man ohne eine gewisse Investition nie etwas erreichen kann. Ich werde dieses süße, kleine Geschäft zu meinem »Stamm-Teeladen« küren, um später in Interviews erzählen zu können, dass ich seit Anfang meiner Karriere immer in diesem Laden meinen Tee kaufe, da ich nur dort das Gefühl habe, wirklich qualitativ hochwertigen Tee zu bekommen, der zudem auch noch rein »Bio« ist. Somit tue ich gleichzeitig auch etwas Gutes für die Umwelt und man wird mich nicht nur für meinen tollen Kleiderstil bewundern, sondern auch für mein Umweltbewusstsein.
Überhaupt wäre es gar nicht so verkehrt, viel mehr auf »Bio« zu gehen. Ich meine, ich kaufe mir im Prinzip worauf ich Lust habe und weiß aber ganz genau, dass ich mir und der Umwelt nicht unbedingt einen Gefallen damit tue. In Zukunft werde ich also verstärkt darauf achten, mehr Bio-Produkte aus heimischem Anbau zu kaufen. Oder auch Bio-Klamotten. Schließlich gibt es da auch richtig tolle Sachen und ich bin ja kein Unmensch.
Wieder zu Hause räume ich meine Errungenschaften in unser Teeregal. Ich beschließe spontan, den Rest des Samstagnachmittags für meine kreativen Gedanken zu nutzen. Ich gieße mir also einen Tee auf (Rose), zünde eine Duftkerze an, die ich in einem anderen Schrank gefunden habe(vielleicht hilft das ja auch bei der Ideenfindung), und fahre meinen Laptop hoch. Alex ist bei ihrem Freund und ich habe somit sturmfrei.
Zufrieden sitze ich am Küchentisch, halte in der einen Hand meine Tasse Tee und blicke … auf einen Stapel dreckiges Geschirr. Na super, wie soll man denn da kreativ sein?
Nachdem ich das Geschirr gespült habe, ist mein Tee kalt. O Mann, ich glaube, jetzt weiß ich, warum die Autoren ihren Schreibtisch an Orten stehen haben, von denen sie alles »Unkreative« verbannen können. So wird das nichts mit dem Bestseller. Ich beschließe, mein Schlafzimmer ein wenig umzuräumen, um den idealen Platz für meine Schreib-Oase zu schaffen (ich finde, »Schreib-Oase« hat direkt schon so einen gemütlichen, entspannenden Touch und wird meine Kreativität bestimmt noch ein wenig mehr beflügeln). Nach einigem Hin- und Herschieben stehen nun sowohl mein Sofa als auch der Fernsehtisch in der einen Ecke des Zimmers. Mein weißes Regal habe ich zum Raumteiler auserkoren. Nachdem ich dann auch meine Pflanzen (ich liebe meine Palmen!) wie wild hundertmal von links nach rechts gezerrt habe, bin ich am Ende mit meinem Ergebnis mehr als zufrieden. Meine Schreib-Oase befindet sich an der Fensterseite meines Zimmers und ist zudem von vielen Grünpflanzen (okay, es sind nur drei Palmen, aber immerhin!) umringt, wodurch sich die Oase noch ein wenig mehr ihres Namenswürdig erweist. Fehlt nur noch der Schreibtisch, den ich mir dann auch gleich im Internet bestellt habe. Dieses Onlineshopping ist einfach für mich erfunden worden. Es muss so sein, denn nicht nur einen schicken, weißen Schreibtisch habe ich dort gefunden, sondern auch einen supergemütlichen Schreibtischstuhl (zumindest sieht er auf dem Bild so aus). Am Abend sitze ich dann mit dem Laptop auf dem Schoß auf der Couch (nein, ich werde nicht anfangen zu schreiben, denn auf der Couch geht das aus Erfahrung ja ohnehin nur schief!) und durchforste noch ein wenig die Internetforen für angehende Autoren. Was ich sehr interessant finde, ist die Tatsache, dass scheinbar alle »ihr Werkzeug« zum Schreiben haben und niemals etwas anderes verwenden würden. »Sammy85« schreibt zum Beispiel: »Ohne mein Moleskine-Notizbuch würde ich nie auch nur eine Zeile tippen« und »Ole_P« ist der festen Überzeugung, nur mit dem »feinen, alten Füller von meinem Opa« den Roman seines Lebens zu Papier zu bringen. Scheinbar ist ein einfacher Laptop nicht mehr ausreichend, um ein erfolgreicher Autor zu werden. Hm, ich habe weder ein Notizbuch noch ein schönes »Schreibgerät«. Aber ich bin auch nicht der Typ, der gerne mit Füller, geschweige denn mit Kugelschreiber schreibt. Ich bevorzuge ja dann doch eher diese Tintenroller oder die guten alten Fineliner. Doch alles, was sich an »Schreibkram« in meiner Wohnung befindet, ist entweder fast ausgetrocknet oder entspricht einfach nicht dem Stil einer angehenden Autorin, um dafür auserkoren zu werden, die Notizen und Gedankengänge zum neuen Werk festzuhalten (ein Werbekuli aus dem Supermarkt und einer von irgendeinem Versandhaus sind nicht würdig genug, um mich in meinem Leben als Bestsellerautorin zu begleiten). Auch an Notizbüchern habe ich einen Mangel. Eigentlich habe ich nichts außer zwei ollen Kulis, einem Tintenroller (der noch aus meiner Schulzeit stammt und mittlerweile schon einen Teil seiner Farbummantelung verloren hat) und drei schwarzen Finelinern, von denen keiner mehr so richtig schreibt (ganz zu schweigen von einem DIN A5 Block mit einer Diddl-Maus vorne drauf – fragen Sie jetzt besser nicht, wieso ich so etwas besitze!). Es wird Zeit, auch hier in ein paar Dinge zu investieren, um meine zukünftige Karriere nicht zu gefährden. Zum Arbeiten habe ich bisher kaum Schreibsachen gebraucht, das ging alles so herrlich unkompliziert am Laptop.
Merke: Ohne Vorbereitung funktioniert schon einmal gar nichts!
Mit einem ausgiebigen Peeling unter der Dusche starte ich schon einmal ohne überflüssige Hautschüppchen (und somit bestimmt mindestens um drei Gramm leichter) in den Tag. Dann folgt eine extraintensive Bodylotion, und meine Haut fühlt sich zart an wie die eines Neugeborenen. Da fällt mir gerade ein, dass ich noch unbedingt auf meine To-Do-Liste schreiben muss, diese neue Bodylotion mit dem Schokoladenduft zu kaufen. Mattierender Puder (es gibt nichts Schlimmeres als diese Frauen, die wie Speckschwarten glänzen), ein bisschen Mascara für einen XXL-Wimpernaufschlag und ein wenig Lipbalm mit Honiggeschmack und ich fühle mich bereit für den Tag. Mit dem Outfit hadere ich jedoch. Es ist nicht so, dass ich nichts anzuziehen hätte, aber vieles davon fällt unter die Kategorie »zwar günstig erworben, aber dafür lösen sich überall die Nähte«. Dies ist übrigens auch so ein Punkt, den ich dringend ändern muss. Was nutzen einem die ganzen billig gekauften Klamotten, wenn sie sich nach dreimal Waschen in Luft auflösen. Ich habe mal in einer Dokumentation gesehen, dass viele Hersteller mit Absicht mangelnde Qualität für kleines Geld verkaufen, da sich die Trends ohnehin schnell ändern und die meisten Frauen (und modebewussten Männer) ihre Outfits nach ein paar Mal tragen quasi wieder als »out« entsorgen. Aber mit mir nicht (mehr)! Ich habe mir fest vorgenommen, nur noch qualitativ hochwertige Kleidung zu kaufen. Ich werde später einfach mal meinen Kleiderschrank ausmisten (der es nebenbei bemerkt echt bitter nötig hat!), um mir dann nach und nach eine Grund-Garderobe zuzulegen. Schlichte Basics, aber aus hochwertiger Qualität, die ich dann ewig tragen kann, und natürlich auch ein paar Bio-Klamotten. An dieser Stelle muss ich jetzt auch ganz offen und ehrlich sein: Ich habe fast keine Basics. Jetzt ist es raus.
In einem schlauen (wie ich finde) Styling-Ratgeber (nicht, dass ich so etwas nötig hätte, aber ein bisschen Inspiration kann bekanntlich nicht schaden) habe ich mal gelesen, dass eine echte Fashionista eine schwarze und eine weiße Bluse sowie ein schwarzes und ein weißes Shirt im Schrank haben sollte. Ich mache mein Häkchen hinter »schwarzes Shirt« und »rosa Shirt« und »pinkes Shirt« und »gemustertes Shirt« (an den anderen Sachen muss ich noch arbeiten, denn ich glaube, eine pinke und eine lila Satinbluse zählen nicht zwingend zu den Basics – oder?). Dann gehört es zum guten Ton, für jede Lebenslage die richtige Hose/Jeans zu besitzen. Hier kann ich ein paar Häkchen mehr verteilen. Röhrenjeans (und nicht nur eine!), Bootcut (mit 2 Kilo weniger passt mir die auch wieder) und eine Cargohose – nur zu einer schwarzen, edlen Stoffhose habe ich mich nicht mehr durchringen können, nachdem ich meine damals »wo auch immer« verloren habe.
Pullover habe ich auch (nur halt nicht viele und auch nicht so schicke, eher ultragemütliche XXL-Hoodies). Was muss eine Fashionista noch haben, als Basic sozusagen? Schuhe, Stiefel, Sneakers? Klar, kein Thema, hab’ ich! Handtaschen? Nun ja, ich habe Taschen, allerdings nicht sonderlich viele, was auch daran liegen mag, dass ich hier in diesem Kuhkaff nicht sonderlich oft die Gelegenheit dazu bekomme, diese auch gebührend auszuführen.
Fakt ist: Ich muss mir noch ein paar Basics zulegen und dazu muss ich Geld verdienen und dazu muss ich meinen Bestseller fertig bekommen! Ein Teufelskreis. Doch ich schweife vom Thema ab. Eine dunkelblaue Jeans, ein schwarzes Top und meine neuen schwarzen Chucks mit Keilabsatz später fühle ich mich bereit für den Shopping-Trip. Wobei ich an dieser Stelle nochmals erwähnen möchte, dass ich im Nirwana wohne und Shopping-Trip wohl ein bisschen übertrieben klingt. Aber für ein besseres Gefühl nenne ich es einfach Shopping-Trip (auch wenn mich dieser nur in ein kleines Kaufhaus führt und ich mit Glück vielleicht noch irgendwo einen winzig kleinen Schreibwarenladen finde).
Nach einer guten halben Stunde Autofahrt bin ich im Paradies eines jeden Autors. Da reihen sich Notizbücher an Notizblöcke und Stifte an Kulis und edle Füllfederhalter. Da liegt zum Beispiel ein ultrasüßes Notizbuch mit einer bunten Eule und dort ein Heftchen mit einem Hundebaby drauf und da liegen Kulis mit frechen Engelmotiven… Wie soll man sich denn da entscheiden? Nach endlosem »Anfassen, Ausprobieren und Auf- und Zuklappen« entscheide ich mich für zwei Notizbücher, eine große Box Fineliner in allen erdenklichen Farben sowie ein kleines Notizbuch mit abreißbaren Seiten irgendeines No-Name-Herstellers (aber auf der Vorderseite befindet sich ein wunderschöner Leuchtturm!). Als ich das Geschäft verlasse, fühle ich mich bereit für das Abenteuer meines Lebens als Bestsellerautorin. Ich muss zugeben, ich habe bisher schon eine Menge Geld ausgegeben, aber mir war ja klar, dass es ohne Investitionen nicht funktionieren kann. Doch dieses Abenteuer lässt nun schon ganz schön lang auf sich warten. Nach über zwei Wochen und mit Hilfe von David, Alex’ Freund, steht mein neuer Schreibtisch an Ort und Stelle. Meine Schreib-Oase ist offiziell eröffnet! Ich habe es mir in der Zwischenzeit natürlich nicht nehmen lassen, immer mal wieder vereinzelt Gedankengänge in meinem neuen Notizbuch festzuhalten. Nichts ist schließlich schlimmer als ein Autor, der den Einfallseines Lebens vergisst.
Sie war meine erste große Liebe, wir sind durch dick und dünn gegangen, haben jede noch so unüberwindbare Aufgabe gemeistert – und nun hat sie mich verlassen. Meine heiß geliebte Gucci-Handtasche hat sich in den Modehimmel verabschiedet. Ein wirklich schlimmer Tag neigt sich dem Ende zu.
Ich sitze auf der Couch und blättere in der neuen Vogue. Ob ich hier eine neue Tasche finde? Eine neue Freundin? Eine, die mich in allen Situationen meines Lebens begleiten kann und einfach immer umwerfend aussieht? Entmutigt lasse ich das Magazin sinken und schaue mich um. Es ist ja nicht so, dass ich keine anderen Taschen hätte, oh nein. Aber sie war nun mal etwas ganz Besonderes… Ich habe sie kennengelernt, als ich zum Shoppen in Berlin war, für ein ganzes Wochenende. Sie lag einfach so im Schaufenster. Es war Liebe auf den ersten Blick und sie folgte mir zurück nach Hause. Ich stehe auf und zünde eine Duftkerze auf meinem Tisch an. In stillem Gedenken an…
»Pia! Was machst du da?« Alex steht in der Tür und sieht erschrocken auf mich herab. Zugegeben, es muss etwas (ziemlich) dämlich aussehen, wie ich vor meinem Wohnzimmertisch knie, meine Gucci-Tasche (bzw. das, was davon noch übrig ist) auf meinem Schoß liegen habe und die Kerze anbete, aber mal ehrlich, das würde doch jeder tun, oder?
»Alex! Es … es ist vorbei. Sie hat mich verlassen – für immer!«
Zum Beweis halte ich ihr die sterblichen Überreste der Tasche unter die Nase.
»Diese blöde Kuh hat einfach den Lockenstab danebengelegt und nicht gemerkt, dass …«
Mir kullert eine Träne die Wange herab.
»Sie hat deine Tasche angekokelt?«
Ich sehe das Entsetzen in Alex Gesicht. Ich wusste, dass sie mich verstehen würde.
»Es tut mir so leid für dich!«, sagt Alex mitfühlend. Ich weiß, warum sie meine beste Freundin ist. Gemeinsam sitzen wir vor der Kerze und begießen die Überreste mit einem Glas Rotwein.
Ich habe Feierabend (wenn man selbstständig ist, darf man selbst bestimmen, wann Feierabend ist), Zeit und alles Wichtige beisammen, was man als Bestsellerautor so braucht – mal abgesehen von einer neuen Tasche. Ich brühe mir eine Tasse heißen Rosentee auf (dass das Geschirr in der Küche schon gespült ist, versteht sich von selbst!) und setze mich feierlich an den Schreibtisch in meiner schönen Schreib-Oase (ich liebe dieses Wort einfach!). Zu meiner Linken zünde ich noch eine Duftkerze an (ich weiß, das hatten wir alles schon einmal), öffne das Schreibprogramm meines Laptops und – nichts passiert. Mir fällt nichts ein. Ungläubig starre ich auf die weiße Seite vor mir. Der Cursor blinkt mich auch verzweifelt und ungeduldig an. Warum tut sich nichts?
Ich bin doch ideal vorbereitet! Schnell ziehe ich mein Notizbuch aus der Schublade und schlage die erste Seite auf.
Mich starren zwar Wörter an wie »Stilikone«, »Fashion« und »frech und trendy«, aber eine zusammenhängende Idee bleibt aus. Frust steigt in mir hoch. Ich schaue aus dem Fenster und beobachte einen Vogel, der sich auf dem Nachbarszaun putzt. Der muss sich keine Gedanken über weiße Seiten machen. Ich will doch nur über mein Leben als echte Stilikone schreiben! Und dann kommt mir die Idee für eine Kolumne.
Bin ich eine echte Fashionista? Jemand, den man sich zum Vorbild nehmen kann? Was macht eine echte Fashionista überhaupt aus? Immer der gleiche, durchstrukturierte Tagesablauf?
Ich sage NEIN und bin der Meinung, dass eine echte Fashionista ihr Dasein als Stilikone mit Freiheiten und dem Hang zum Schönen verbindet. Morgens früh aufstehen, Yoga, ein gesundes Obst-Müsli gegessen, mit dem Personal Trainer eine Runde Sport getrieben, um die Figur in Form zu halten, mittags einen gesunden Snack wie mageren Fisch mit Salat, am Nachmittag Power-Shopping, bis die Kredit-Karte glüht, und am Abend (Dinner-Cancelling versteht sich von selbst) auf einer schicken It-Party abfeiern – das ist mit Sicherheit NICHT das Leben einer Fashionista, die neben der Kleidung auch Wert auf einen gesunden Lebensstil legt.
Eine echte Fashionista liebt das Leben und genießt es (auch ohne Platin – Kreditkarte) in vollen Zügen. Natürlich dürfen Shopping-Nachmittage nicht fehlen und auch die Figur verlangt ein gewisses Maß an Selbstdisziplin, will man auch in fünf Jahren noch in die soeben teuer (höllisch teuer) erstandene Joop-Jeans passen. Aber eine echte Fashionista rennt keinem Trend hinterher, sie kreiert ihren eigenen Trend. Eine echte Fashionista trägt ihre Klamotten auch zwei-, drei- und sogar vier- und fünfmal (manche wie meiner einer mit etwas weniger Einkommen sogar noch öfter …), aber immer wieder anders gestylt und somit einfach nur hot! Eine echte Fashionista weiß, welche Farben, Formen und Stile frau miteinander kombinieren kann (und welche nicht) und würde daher niemals einen Mode-Fauxpas begehen. Eine echte Fashionista hat alle nötigen Basics daheim im Schrank und weiß diese immer wieder geschickt und mit neuen Sachen und Schmuck zu variieren. Eine echte Fashionista hat Schuhe! Schuhe, die man immer wieder neu kombinieren kann, und darunter befindet sich mindestens ein Paar sündhaft teure schwarze Pumps (zum Beispiel diese traumhaften mit der roten Sohle). Eine echte Fashionista würde sich niemals »billige« Klamotten kaufen, bei denen sich nach dem ersten Waschen schon die Fäden lösen. Viel lieber spart eine echte Fashionista auf ein teures, dafür aber qualitativ hochwertiges Teil, an dem sie jahrelang Freude hat. Eigentlich ist es gar nicht so schwer, eine echte Fashionista zu sein, wenn man nur seinem eigenen Stil treu bleibt, darauf achtet, was man kauft bzw. wovon man lieber die Finger lassen sollte und vor allem: Eine echte Fashionista erfindet ihren eigenen Stil immer wieder selbst neu und ist daher ihre ganz eigene, persönliche Stilikone!
Unter uns: Ich glaube, ich muss noch ein ganz kleines bisschen an meinem Leben als Fashion Queen arbeiten. Aber nur ein bisschen natürlich.
Als Bestsellerautorin braucht man natürlich auch tolle Schuhe, die man auf den Lesereisen dem begeisterten Publikum präsentieren und so vom eigenen Modegeschmack überzeugen kann. Also führt mich mein nächster Weg direkt in ein Schuhgeschäft. Beim ersten Schuhgeschäft (ja, ich bin in eine »Großstadt« gefahren. Investitionen und so!) bleibe ich stehen und blicke sehnsuchtsvoll ins Schaufenster. Da stehen die wundervollsten High Heels, die ich je gesehen habe. Schwarze dünne Riemchen, Swarovski-Steinchen und Absätze, bei deren Höhe einem schwindelig werden könnte. Die sind der Wahnsinn. Und ich darf mir diese traumhaften Schuhe nicht kaufen! Ich bin nicht ganz so liquid, wie ich es sein müsste für diese Schuhe, und mein Dispo ist mittlerweile doch ein wenig mehr ausgereizt als ich gedacht hatte (ich habe heute Morgen per Online-Banking meinen Kontostand abgerufen …).
»Du hast jetzt zwölf Paar Schuhe anprobiert und keine gefallen dir? Typisch Frau!«, höre ich einen Typen schimpfen, der mit einer sehr üppig ausgestatteten Blondine das Schuhgeschäft verlässt. Hey! Das ist es! Anprobieren! Wenn ich die Schuhe schon nicht kaufen kann, kann ich sie ja wenigstens mal anprobieren! Gut gelaunt dank meiner Idee betrete ich das Schuhgeschäft und von allen Seiten strahlen mich die wunderschönsten Schuhe an. Ich bin im Paradies – endlich!
»Darf ich Ihnen behilflich sein?«
Eine etwas ältere Verkäuferin kommt auf mich zu und ihr erster Blick wandert (wie könnte es auch anders sein) zu meinen Füßen.
»Äh, nun ja, ich hatte diese süßen, schwarzen Riemchensandalen im Schaufenster gesehen und…«
»Aber natürlich!«, unterbricht die nette Verkäuferin mich und steuert schon auf das Schaufenster zu, um mir die Prachtexemplare zu überreichen.
»Bitte setzen Sie sich doch!«, bedeutet sie mir mit Blick auf einen Hocker.
»Größe 38, nehme ich an?«
»Pia, beherrsch dich! Reiß dich am Riemen! Pia, du bist quasi pleite!«, schreit mir der kleine Engel auf der einen Seite ins Ohr.
»Aber diese Schuhe sind einfach ein wahr gewordener Mädchentraum!«, flüstert der kleine Teufel auf der anderen Seite.
Es dauert keine 30 Sekunden, da habe ich den Traum meiner Träume bereits angezogen.
»Die stehen Ihnen wirklich ausgezeichnet, junge Frau!«, spornt mich die Verkäuferin an. Diese Schuhe fühlen sich an, als wären sie nur für mich gemacht. Sie schmiegen sich perfekt an meine Füße und lassen sie wie Modelfüße aussehen. Meine Fantasie ist bereits in vollem Gange. Diese Schuhe mit einem schicken Kleid zu einem Mega-Event. Ich würde aussehen wie eine… Wie will ich eigentlich aussehen? Sexy Pia, die jedem Mann den Kopf verdreht in Lederhose und engem Oberteil? Prinzessin Pia, die einfach nur traumhaft schön aussieht in ihrem Ballkleid? Karrierefrau Pia mit Dutt und Brille? Hilfe! Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht! (Notiz an mich selbst: dem eigenen Stil eine Bezeichnung geben.)
»Junge Frau, darf ich Ihnen die Schuhe schon einpacken?«, reißt mich die Verkäuferin aus meinen Gedanken.
»Ja!«, sagt das Teufelchen auf meiner linken Schulter. »Nein!«, widerspricht das Engelchen auf der anderen Schulter (glauben Sie mir, die beiden tauchen immer wieder in den unmöglichsten Situationen auf).
»Bitte?« Die Verkäuferin schaut mich verwirrt an. Ich bin es auch.
»Also, ich meine, ähm …«
Mist, Mist, Mist. Wo ist diese verdammte Selbstbeherrschung, wenn man sie mal braucht? Ich schaue mich im Geschäft um. Wie beneide ich doch diese Frau da vorne an der Kasse. Drei Schuhkartons hievt sie auf die Theke und zückt ihre Visakarte.
»Nein, ich benötige noch ein wenig Bedenkzeit«, plappert mein Mund drauf los, noch ehe meine Gedanken richtig folgen können. Habe ich das wirklich gerade gesagt? Die Verkäuferin sieht mich verdutzt an. Scheint wohl nicht oft vorzukommen, dass jemand Schuhe für 1200 Euro anprobiert und sie danach nicht mit nach Hause nimmt. Würde ich auch nicht machen – eigentlich… Und genau das ist so ein Punkt, an dem ich jedes Mal verzweifeln könnte. Ich meine, wenn man sich so ein paar schicke Schuhe kauft aus einem Material, welches über Jahre hinweg noch gut aussieht (und das erwarte ich bei Schuhen dieser Preisklasse), dann ist das eine nicht zu unterschätzende Investition! Immerhin kann es bei Schuhen NICHT passieren, dass man irgendwann zu dick dafür ist. Man kann noch so viel zunehmen, sich von Konfektionsgröße 34 auf 40 steigern oder auch andersherum –die Schuhe bleiben einem dennoch treu am Fuß, denn der Fuß nimmt nicht zu, jedenfalls nicht so richtig. Daher appelliere ich an alle Fashion Queens dieser Welt: Wenn Sie sich ein Paar Schuhe kaufen, dann investieren Sie etwas mehr Geld und Sie werden jahrelang Freude daran haben (auch wenn Sie den Schokoriegeln nicht widerstehen können: im Gegensatz zu Ihren Klamotten bleiben Ihnen die Schuhe treu.).Nachdem ich meine Traumschuhe wieder ausgezogen habe, verlasse ich missmutig den Laden. Anproben scheinen doch nicht das Richtige für mich zu sein. Ich beschließe, dass ich nun dringend einen heißen Chai Latte brauche. Ich bin so frustriert, dass ich etwas Süßes bitter nötig habe. Und da ich heute noch nichts gekauft habe, kann ich mir wenigstens etwas zu trinken gönnen (außerdem ist Trinken überlebensnotwendig, regt die Gehirnzellen an, und davon brauche ich schließlich eine Menge als angehende Bestsellerautorin – also von daher eine gute Investition). Ich steuere ein kleines Café an und erblicke nebenan einen Zeitschriftenladen. Zehn Minuten später steht mein Getränk vor mir und ich halte ein mir unbekanntes Fashion- und Star-Magazin in der Hand, welches es scheinbar noch nicht bis in unser Kuhkaff geschafft hat. Eine Seite sticht mir besonders ins Auge: eine Doppelseite voller schwangerer Promis, die eine (die ich übrigens gar nicht kenne) sogar mit einem Dip Dye in pink-blond. Und vernichtende Urteile der Redakteure. Wie kann man denn jemanden verurteilen, nur weil diejenige in der Schwangerschaft nicht auf ihre heißgeliebten High Heels verzichten mag? Unmöglich, diese Leute. Wahrscheinlich sogar von Männern geschrieben, die eh keinen Plan haben… Und dann habe ich eine Idee für eine neue Kolumne, zücke mein Notizbuch und meinen neu erworbenen Kuli (Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ich in meinem Leben als zukünftige Bestsellerautorin keine Schreibutensilien mit habe, wenn ich unterwegs bin?).
Ich bin schließlich auf dem besten Weg den Bestseller meines Lebens zuschreiben und außerdem habe ich im Internet gelesen, dass alle Autoren immer etwas zum Schreiben dabei haben.
Meint ihr das ernst?
Ich habe ja nichts gegen neue Trends. Ich bin ja vielem gegenüber aufgeschlossen und probiere auch selber gerne mal das aus, was andere als Trend bezeichnen. Aber als ich hörte, dass Dip Dye Trend sein sollte, bin ich fast