FÉLELEM Zwei Erzählungen aus dem Leben des Franz K. - Heinz-Josef 'Jozsy' Scherer - E-Book

FÉLELEM Zwei Erzählungen aus dem Leben des Franz K. E-Book

Heinz-Josef 'Jozsy' Scherer

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Beschreibung

Franz K. wird in unterschiedlichen Lebenslagen Opfer massiver Angst- und Panikattacken. In seiner bisherigen Biographie davon unberührt sieht er sich jenen hilflos ausgeliefert. Es ist, als würde ihm der Boden unter den Füßen entzogen. Die fürsorgliche, verständnis- und liebevolle, aber auch leidenschaftlich-herausfordernde Zuwendung durch das andere Geschlecht gewähren ihm wieder ein (zumindest partielles) Gefühl von Vertrauen und Sicherheit. Doch trotz aller hoffnungsvollen Anfänge unterliegen die Beziehungen letztlich dem Schicksal des Scheiterns. Was sind die jeweiligen Gründe, welche Beitrag leistet Franz K. etwa selbst und wie geht er damit um? Die vorliegenden zwei Erzählungen illustrieren die Tragik einer unvorbereitet eingetretenen Angst- und Panikstörung, deren - in diesem Fall - individuelle Bewältigung sowie das Glück, die Chancen als auch die Gefahr der Brüchigkeit zwischengeschlechtlicher Beziehungen. Mit einem Nachwort des Verfassers

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über das Weibliche

Es kann stehen für das

Fürsorgliche

Warme

Weiche

Runde

Geschmeidige

Lebendige

Fröhliche – für

Lust

Leidenschaft

Begierde

Faszination – das

Verführerische

Fremde

Geheimnisvolle

Rätselhafte.

Ebenso für

das (mögliche) Verhängnis

den (möglichen) Abgrund.

Doch bedenke:

Was wäre ein Leben ohne…?!

Inhalt

Erzählung 1

Erzählung 2

Nachwort des Verfassers

Über den Autor

Vom nämlichen Autor bereits erschienen

Erzählung 1

Es war im Sommer 1980. Franz K. wohnte in einem katholischen Studentenheim mitten in der Stadt. Sein Zimmer glich einem schmalen Schlauch, lediglich aufs Notdürftigste eingerichtet – das Bett als karges Lager rundete die äußerst bescheidene Möblierung ab. Er hatte noch Glück, auf der Hinterseite des Gebäudes zu wohnen – nach vorne wäre er Tag und Nacht mit dem unaufhörlichen Lärm der direkt nebenan laufenden Stadtautobahn konfrontiert gewesen. Insgesamt hatte er sich mit seiner Wohnsituation arrangiert – nicht zuletzt, da er es spannend fand, inmitten des pulsierenden Lebens zu wohnen, zudem wusste er auch das etwaige Eingebundensein in die Gemeinschaft der Wohnheimstudenten zu schätzen.

Doch an diesem Nachmittag war es anders: ihn überfiel nicht nur Platzangst, sondern auch ein diffuses, unerklärbares, bedrohliches Gefühl, welches sogar die Angst vor sich selbst zum Gegenstand hatte. Er erwartete, jeden Moment umzufallen. Doch er fiel nicht um. Es passierte nichts, es ging einfach weiter.

Er war allein in seinem Zimmer. Seine Freundin, die er seit etwa einem knappen Jahr kannte und ebenfalls in diesem Studentenheim wohnte, befand sich zwecks ihrer Studien an der Universität.

Was sollte er tun? Er fühlte sich diesem unerklärbaren, bis dahin nie dagewesenen Gefühlszustand gegenüber vollkommen hilflos. In seinem extremen Betroffensein verschaffte er sich etwas Erleichterung durch Bewegung, indem er von einem zum anderen Ende – wo sich das Fenster befand, durch das er auf einen tristen Hinterhof sehen konnte – des schmalen Schlauches ziellos hin und her ging. Nach und nach verdichtete sich sein Zustand dergestalt, dass er es nicht mehr in diesem Zimmer aushielt. Es gewährte ihm einerseits Schutz, nahm aber auch die Gestalt eines einengenden Gefängnisses an, welches in seiner Vorstellung, es zu verlassen, ebenfalls Angst und das Gefühl von Haltlosigkeit und Ausgeliefertsein verursachte, letztlich aber nur die unabdingbare Notwendigkeit der baldigen Außenorientierung zuließ.

Er eilte zu seinem nicht weit entfernt geparkten Wagen, setzte sich hinein und fuhr kurzentschlossen durch den dichten quälenden Nachmittagsverkehr in das nächstgelegene psychiatrische Krankenhaus, bat dort um Aufnahme, welche man ihm nach einem Gespräch mit dem leitenden Arzt auch gewährte.

Seine Angst schien fürs Erste abgewendet, wich jedoch am Abend, als er feststellte, dass man die Eingangstür abschloss – er befand fand sich auf der geschlossenen Abteilung – einer anderen Art von Bedrohung: er war eingesperrt und man beabsichtigte, ihn die Nacht über hier zu behalten.

Wieder geriet er in Panik, wollte weg. Nachdem man ihm erneut ein Gespräch mit dem leitenden Arzt gewährte, entließ man ihn wieder – mit dem Vermerk ‚auf eigenen Wunsch und eigene Verantwortung‘. Inzwischen dunkel geworden fuhr er – an einer Stelle noch eine Autobahnauffahrt wählend, welche sich ihm jedoch noch rechtzeitig als Abfahrt realisierte und er im Rahmen einer abenteuerlichen Aktion, doch unbeschadet umkehren konnte – zurück zum Wohnheim, dort auf direktem Weg zum Zimmer seiner Freundin. Sie war da, lag schon in ihrem Bett, lud ihn zu sich ein und quittierte seinen kurzen Bericht über das Gewesene mit den Worten ‚Ich gehöre dir’. Es gab ihm das Gefühl von Zugehörigkeit, Nähe, Verständnis und Wärme. Die gute Seite des Lebens hatte ihn – zumindest für den Moment und diese Nacht – wieder.

Seine Freundin, welche für die kommende Zeit zu seiner engsten und unverzichtbaren Begleiterin wurde, hatte Franz K. an einem Freitagabend auf ihrer Geburtstagsparty im Aufenthaltsraum des fünften Stockes kennengelernt. Das Studentenwohnheim wurde von der Katholischen Hochschulgemeinde unterhalten und betrieben, welches zur Folge hatte, dass die Frauen- und Männeretagen strikt voneinander getrennt waren. Mit zunehmend höherer Etage – und somit auch im fünften Stockwerk – war der weibliche Anteil der Bewohnerschaft untergebracht, was dem Ganzen auch einen gewissen Reiz verlieh. Franz K. wusste bis zu diesem Abend nichts von der Fete, und als er davon erfuhr, wollte er auch nicht hingehen – er wollte in seinem Zimmer bleiben und fernsehen, vielleicht noch etwas lesen und einfach den Tag in Ruhe mit sich allein ausklingen lassen. Außerdem versprach er sich nicht viel davon: wer – vor allem hinsichtlich der anwesenden Damenwelt – sollte an ihm schon großes Interesse zeigen, denn sein Selbstbewusstsein schien zu dieser Zeit auf nicht allzu stabilen Beinen zu stehen. Erst durch das wiederholte penetrante Drängen eines seiner Kumpel ließ er sich schließlich doch noch dazu bewegen, seinen schützenden Mikrokosmos zu verlassen und mitzugehen.

Die Fete fand in einem Aufenthaltsraum statt, welchen man aus dem Fahrstuhl kommend mit zwei bis drei Schritten mühelos erreichte. Die Tür stand offen und es war die bei solchen Gelegenheiten eher übliche Szenerie: abgedunkeltes Licht, auf dem Boden um die Wände herum ausgelegte Matratzen, auf denen sich einige Partygäste niedergelassen hatten. Auch glaubte er die Gastgeberin innerhalb nur kurzer Zeit aufgrund ihres Verhaltens identifiziert zu haben. Neben der Tatsache, dass sie mit Abstand die hübscheste der anwesenden Damen war, verkörperte sie auch – zumindest in seinen Augen – den Prototyp der Studentin, welche diese ihm schon vertraute Art von Selbstbewusstsein und Souveränität ausstrahlte und sie somit nach seinem Empfinden noch reizvoller, gleichzeitig aber auch unerreichbarer machte.

Franz K. befand sich zu diesem Zeitpunkt schon seit längerem im Zustand einer ernstlichen Identitätskrise bzgl. seines Studentenstatus samt all der sich daraus ableitenden Neben- und Folgeerscheinungen. Zudem entstammte er der Arbeiterschicht, sah sich implizit als ‚homo novus‘, welcher sich im Umfeld des akademischen Nachwuchses aufgrund bestimmter Merkmale – wie z. B. die nicht selten anzutreffende besondere Art der Selbstdarstellung, die Kommunikation in einem ausgesuchten elaborierten Hochdeutsch – nicht allzu heimisch und gut angekommen fühlte.

Er nahm auf einer der Sitzgelegenheiten auf dem Boden Platz und schaute dem Treiben um ihn herum zu. Sein Kumpel, welcher ihn hier her gelockt hatte, ließ sich genüsslich neben ihm nieder und schickte sich an, das Ganze in vollen Zügen zu genießen. Zu seiner Überraschung setzte sich die Hübsche, d. h. Gastgeberin schon bald neben ihn und die beiden hatten sichtlich Spaß miteinander, indem sie sich auf höchst unbefangene Art und Weise unterhielten, so als ob sie sich schon lange kannten – wie dem wohl auch war.

Überhaupt war Franz K. eher der Außenseiter und Außenstehende, der distanzierte Beobachter, der Fremde, der höchstens mal situativ und sich dabei den nötigen Fluchtweg immer offen haltend an der Heimgemeinschaft teilnahm. Dies hatte seine Ursache in Gründen, wie sie weiter oben bereits angedeutet wurden, aber auch zu einem gehörigen Teil aus seinen grundsätzlichen, aus der Tiefe kommenden Dispositionen herrührend. Zudem eignete er sich nur sehr bedingt als ‚Gruppentier‘, welches zu jeder Zeit kontaktbereit und – vor allem – auch kontaktfähig war, indem er einem Gruppengeschehen und dessen zugrundeliegenden komplexen Reizniveau adäquat zu begegnen nur in seltenen Fällen bereit sowie auch in der Lage gewesen wäre.

Zwar lag seinem Fühlen bei genauem Hinsehen auch eine keinesfalls zu leugnende Sehnsucht nach menschlichem Kontakt sowie Nähe zugrunde, doch glaubte er dies hier nur an der Oberfläche vorzufinden, wo es mehr um den ‚Smalltalk‘, um ‚l’art pour l’art‘ ging, welchem es inhaltlich i. d. R. an der nötigen Tiefe fehlte und der Einzelne – und vor allem er mit seinem elementaren Bedürfnis nach emotionaler Verbindlichkeit – in den meisten der Fälle zu kurz kommen musste. Dagegen strebte er eher eine Beziehung à la ‚face to face‘ an, welche überschaubarer, ehrlicher war und vor allem mehr an gefühlsmäßiger Substanz zuließ.

Nach und nach bemerkte Franz K., dass die attraktive Gastgeberin auch das Gespräch mit ihm suchte. Später erzählte sie, dass sie seinen Kumpel in erster Linie dazu benutzt hatte, um Kontakt mit ihm aufzunehmen, was ihn aus bereits oben erwähnten Gründen überraschte, ja verlegen machte – spätestens ab dem Punkt, als sie ohne Zweifel Interesse an ihm bekundete. Jedenfalls kam es am Ende dazu, dass beide in seinem schmalen, kargen Studentenbett landeten, wo sie auch den Rest der Nacht miteinander verbrachten.

Als er am Morgen erwachte, war sie schon weg. Im Gegensatz zu anderen Affairen, die er zu dieser Zeit hatte, beschlich ihn ein ungutes Gefühl von Schuld, so als hätte er dieses Mal etwas Wertvolles, Zerbrechliches, quasi Heiliges verletzt, ja zerstört – was sich im Nachhinein auch (zumindest teilweise) bestätigte. Ihre Gunst erworben zu haben – dies ‚in Windeseile‘ und dann noch mit dem Ergebnis einer intimen Vereinigung – erfüllte ihn mit einer gewissen nicht zu leugnenden Art von Stolz (galt sie doch, wie er im Nachhinein erfuhr, als eine der attraktivsten und begehrtesten Damen im Haus), bereitete ihm aber gleichzeitig eine Art von Unbehagen, welches – neben den Gründen, die bereits erwähnt wurden – daher rührte, dass sie gut vernetzt und eine bekannte, ja beliebte Institution war, was in grassem Gegensatz zu ihm stand, der mehr den Außenseiter, den beobachtenden scheuen distanzierten ‚Steppenwolf‘ verkörperte.

Er sah sie danach nicht mehr – mit einer Ausnahme: An einem Werktagnachmittag begegnete sie ihm nahe dem Studentenheim. Umgeben von mehreren Begleitern – er jedoch allein – begrüßte sie ihn unverbindlich-freundlich gerade so im Vorübergehen, als wäre nichts zwischen ihnen gewesen, so dass sich in ihm die Überzeugung verfestigte, dass er für sie nur den Stellenwert einer vorübergehenden Beiläufigkeit hatte, ja möglicherweise gar nur ein ‚Ausrutscher‘ in einem ‚schwachen Moment‘ war – was wiederum sein Selbstbild, das er von sich hatte sowie seiner Ansicht nach die Reaktion der anderen darauf nur bestätigte.

Damit konnte Franz K. leben, d. h. zumindest überleben, denn das kannte er ja zur Genüge. Er dachte zwar mehrmals daran, zwei Stockwerke höher zu gehen und an ihre Zimmertür zu klopfen, doch ließ er diesen Gedanken immer wieder fallen, denn was sollte er dort, der Außenseiter und Zweifler im Reich der Fröhlichen, Selbstbewussten – im Reich derer mit Zuversicht im Gesicht und in allen Facetten ihrer Erscheinung sowie der Art ihrer satt und zufrieden wirkenden Selbstdarstellung. Er hielt sich für unerwünscht, überflüssig und blieb deswegen fern.

So verging ca. eine Woche, als an einem Sonntagabend jener Kumpel, der ihn damals zur Geburtstagsparty mitnahm, an seine Tür klopfte, um mit ihm zu reden. Dabei erfuhr er Ungeahntes, nämlich genau das Gegenteil seiner über lange Zeit gehegten Vermutungen: Seine ‚Angebetete‘ – sie hieß Cornelia, genannt Conny – sei seit ihrer Geburtstagsparty und dem Zusammensein mit ihm unglücklich, ja depressiv, wäre oft dem Weinen nahe, denn sie fühle sich seit jener Nacht von ihm ausgenutzt, gebraucht und sei tief betroffen, dass er seither offensichtlich den Kontakt zu ihr meide, ja sie es ihm nicht Wert sei, sie einmal aufzusuchen bzw. zu ihr zu kommen – kurzum: sie erwarte ihn auf ihrem Zimmer. Dies wiederum ließ sich Franz K. nicht zweimal sagen, nahm endgültig seinen ganzen Mut zusammen und stieg die zwei Stockwerke hoch zu ihr.

Er blieb die ganze Nacht sowie den darauffol-genden Tag – eine Liebesbeziehung, welche für ihn und seine weitere Biographie vor allem durch ihre einstweilige Komplexität von besonderer Bedeutung sein sollte, nahm ihren Lauf.

Sie liebte ihn. Im Gegensatz zu ihm, der sich in fast allen Lebenslagen mit seiner inneren Zerrissenheit konfrontiert sah, zeichnete sie sich durch eine zu großen Teilen solide Art von geerdet Sein aus – worum er sie beneidete, bewunderte und letztlich auch liebte. Sie studierte an der Universität Englisch und Russisch am Institut für ‚Allgemeine Sprachwissenschaft so-wie Übersetzen und Dolmetschen‘.

Ihre große Liebe und Leidenschaft galt vor allem dem amerikanischen Englisch, was ihr quasi schon in die Wiege gelegt worden war, denn sie wuchs in einer Region auf, wo zu dieser Zeit amerikanische Soldaten stationiert waren, zu denen sie fast regelmäßig Kontakt hatte.

So verkörperte sie den Gegenpol zu ihm, dem Zweifler, Denker und Träumer. Möglicherweise fand sie aber genau das attraktiv. Einmal sagte sie zu ihm, sie bewundere ihn dafür, wie er denke und was er alles wisse. Sie wurden unzertrennlich und später stellte er sie auch seinen Eltern vor, mit denen sie sich auf Anhieb hervorragend verstand.

Nach etwa einem halben Jahr ihrer Bekanntschaft stellten sich bei Franz K. Angst- und Panikattacken ein, welche sein Leben auf den Prüfstand stellen sollten. Bislang nicht damit konfrontiert, fühlte er sich vollkommen hilflos in den Fesseln dieser Krankheit gefangen. Er hatte Angst – eine kaum fassbare diffuse Angst, welche, wenn sie mal konkreter wurde, u. a. die vor dem Sterben, dem schier hilflosen ausgeliefert-Sein, ja die vor sich selbst zum Gegenstand hatte. Die Medikamente, die ein Facharzt ihm verordnete, verschafften zwar bisweilen Erleichterung, halfen aber nur bedingt, und schon gar nicht vermochten sie ihn gänzlich von dieser quälenden Tortur zu befreien – zudem nahm er sie nur situativ, d. h. nicht in der Regelmäßigkeit, wie es ihm ursprünglich aufgetragen worden war.

Es war sie, welche ihm in dieser schwierigen Zeit zur Schicksalsgefährtin, zu seiner ständigen Begleiterin wurde. Sie musste für ihn erreichbar sein. Es tat ihm gut, gab ihm Vertrauen, Wärme, Zuversicht und Sicherheit, sie in seiner Nähe zu haben, und sie tat auch alles soweit Mögliche, dass dem so war. Bei all der Tragik und Fatalität seines Zustandes erfüllte es ihn mit unsäglichem Glück, wie sie sich um ihn kümmerte, bei ihm war, zu ihm hielt – eine unzertrennlich verschworene Gemeinschaft ‚en miniature‘, welche auch denen um sie herum nicht verborgen blieb und die man bewundernd würdigte. So unternahmen sie auch oft etwas Schönes, waren viel unterwegs, allein schon wegen der Enge ihrer Zimmer im Studentenwohnheim, in denen man es nicht allzu lange aushielt – zudem tat es ihm gut, rauszukommen, die Perspektive zu wechseln, sich die Dinge aus der Distanz anzusehen, aktiv und in Bewegung zu sein wie z. B. beim Spazierengehen oder Wandern in der Natur.

Einmal hatte er im Rahmen seines Studiums den Auftrag, in einem sozialen Brennpunktgebiet Befragungen durchzuführen, wohin auch sie ihn begleitete. Das Wohngebiet, in dem die Befragung stattfand, lag in unmittelbarer Nähe eines Erholungsparks, welchen sie anschließend noch aufsuchten. Sie setzten sich auf eine Bank neben einem Teich, in der sich eine Wasserorgel befand, aus welcher plötzlich der ‚Schneewalzer‘ ertönte. Es war an einem normalen Werktag am späten Vormittag – ihrem spontanen Impuls synchron folgend standen sie auf und begannen zu tanzen.

Auch hatten beide ihre Lokale, in denen sie regelmäßig verkehrten. Genaugenommen war K. die Triebfeder für diese Aktivitäten, denn er musste raus, sich Erleichterung verschaffen, nach seinem Empfinden in diesem Kontext dazugehören, zumal sich dies in den Abendstunden abspielte – eine Tageszeit, welche ihm noch eher Handlungsbereitschaft sowie (vor allem) Unternehmungslust garantierte. Man kannte die beiden: immer zu zweit – wobei Conny dies bei näherer Betrachtung zu großen Teilen Franz K. zuliebe tat. Sie wäre auch gerne mal zu Hause geblieben – wovon sie ihn öfter zu überzeugen versuchte und ihr in einigen Fällen auch gelang.

Nach einiger Zeit entschlossen sie sich, aus der Enge des Studentenwohnheims auszuziehen. Sie bezog ein geräumiges Zimmer in einer alten Villa, wo sechs Personen auf einer Etage wohnten, die sich eine Küchenzeile, Dusche und Toilette teilten. Er ging mit und wohnte in-kognito bei ihr - er lebte seine Zweifel, sie ihre Aspirationen hinsichtlich Gegenwart und Zukunft, dazwischen trafen sie sich und waren zusammen. Auch hier beneidete und bewunderte er sie ob ihrer Leichtigkeit, Bodenhaftung, Strebsamkeit, Alltagsnähe sowie -tauglichkeit.

Nicht weit von ihnen befand sich ein Bistro-Restaurant, welches sie an manchen Abenden besuchten. Man musste nicht, konnte es aber auch als ‚Szene-Lokal’ – etwas außerhalb des Zentrums liegend – bezeichnen, was vor allem Franz K. im Rahmen eines Bedürfnisses nach Dazugehören nicht ganz unwesentlich war. Man redete den Wirt mit einem vertrauten ‚du‘ an, was dieser bereitwillig in gleicher Art erwiderte und dadurch dem Aufenthalt eine gewisse Wärme und Nähe vermittelte.

Ihre gemeinsame Behausung hatte jedoch nur den Charakter des Vorübergehenden, denn schon vor längerer Zeit hatten beide unabhängig voneinander Anträge auf ein jeweiliges Zimmer in einem der Wohnheime auf dem Uni-Campus gestellt, welche nach relativ kurzer Wartezeit auch genehmigt wurden.

Dort angekommen wohnten sie getrennt in zwei sich gegenüberliegenden Bauten, welche durch einen Zwischenteil miteinander verbunden waren – sie im Parterre, er im gegenüberliegenden Block in der vierten, d. h. obersten Etage. Seine Lage hatte insoweit noch eine Besonderheit, welche darin bestand, dass er von seinem Fenster aus auf den Fußweg zu ihrem Trakt blicken konnte, was zu einem späteren Zeitpunkt noch von Bedeutung werden sollte. Sie waren getrennt und doch vereint, konnten sich innerhalb relativ kurzer Zeit und Distanz besuchen und zusammen sein - was sie nach Bedarf auch taten.

Auch hatten sie ein paar Freunde, mit denen sie gelegentlich etwas unternahmen. So waren sie eines Abends bei einem Kommilitonen von ihm eingeladen, an dem auch dem Alkohol in großzügiger Manier zugesagt wurde. Wie be