8,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 7,99 €
Nach einer missglückten Intimrasur liegt die 18-jährige Helen auf der Inneren Abteilung von Maria Hilf. Sie wartet auf den Besuch ihrer geschiedenen Eltern, in der irren Hoffnung, die beiden könnten sich am Krankenbett der Tochter endlich versöhnen. Unterdessen nimmt sie jene Bereiche ihres Körpers unter die Lupe, die gewöhnlich als unmädchenhaft gelten, und lässt Krankenpfleger Robin die Stellen fotografieren, die sich ihrem neugierigen Blick entziehen. Nebenher pflegt sie ihre Sammlung von Avocadokernen, die ihr auch in sexueller Hinsicht wertvolle Dienste leisten. Selbst wenn Helens Besessenheit eine Notoperation nötig werden lässt – ihr ungestümer Witz und ihre Wahrhaftigkeit machen sie zu einer Sensation nicht nur auf der Station des Krankenhauses. Sie spricht aus, was andere nicht einmal zu denken wagen. „Feuchtgebiete" ist eine Exkursion zu den letzten Tabus der Gegenwart. Mutig, radikal und provokant rebelliert Charlotte Roches Roman gegen Hygienehysterie und die sterile Ästhetik der Frauenzeitschriften, gegen den standardisierten Umgang mit dem weiblichen Körper und seiner Sexualität – und erzählt dabei die wunderbar wilde Geschichte einer ebenso genusssüchtigen wie verletzlichen Heldin.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 265
Charlotte Roche
Feuchtgebiete
Roman
eBook 2010
© 2008 DuMont Buchverlag, Köln
Alle Rechte vorbehalten
Umschlag: Zero, München
ISBN eBook: 978-3-8321-8538-1
für Martin
Ich halte sehr viel von der Altenpflege im Kreise der Familie. Als Scheidungskind wünsche ich mir wie fast alle Scheidungskinder meine Eltern wieder zusammen. Wenn sie pflegebedürftig werden, muss ich nur ihre neuen Partner ins Altersheim stecken, dann pflege ich meine geschiedenen Eltern zu Hause, wo ich sie in ein und dasselbe Ehebett reinlege, bis sie sterben. Das ist für mich die größte Vorstellung von Glück. Irgendwann, ich muss nur geduldig warten, liegt es in meiner Hand.
Solange ich denken kann, habe ich Hämorrhoiden. Viele, viele Jahre habe ich gedacht, ich dürfte das keinem sagen. Weil Hämorrhoiden doch nur bei Opas wachsen. Ich fand die immer sehr unmädchenhaft. Wie oft ich mit denen schon beim Proktologen war! Der hat mir aber empfohlen, die dran zu lassen, solange sie mir keine Schmerzen verursachen. Das taten sie nicht. Sie juckten nur. Dagegen bekam ich von meinem Proktologen Dr. Fiddel eine Zinksalbe.
Für das äußere Gejucke drückt man aus der Tube eine haselnussgroße Menge auf den Finger mit dem kürzesten Nagel und verreibt sie auf der Rosette. Die Tube hat auch so einen spitzen Aufsatz mit vielen Löchern drin, damit ich die anal einführen und da hinspritzen kann, um den Juckreiz sogar innen zu stillen.
Bevor ich so eine Salbe hatte, hab ich mich im Schlaf so feste mit einem Finger am und im Poloch gekratzt, dass ich am nächsten Morgen einen kronkorkengroßen dunkelbraunen Fleck in der Unterhose hatte. So stark war der Juckreiz, so tief der Finger drin. Sag ich ja: sehr unmädchenhaft.
Meine Hämorrhoiden sehen ganz besonders aus. Im Laufe der Jahre haben die sich immer mehr nach außen gestülpt. Einmal rund um die Rosette sind jetzt wolkenförmige Hautlappen, die aussehen wie die Fangarme einer Seeanemone. Dr. Fiddel nennt das Blumenkohl.
Er sagt, wenn ich das weghaben will, wäre das ein rein ästhetischer Eingriff. Er macht das nur weg, wenn es die Leute wirklich belastet. Gute Gründe wären, wenn es meinem Liebhaber nicht gefällt oder ich wegen meinem Blumenkohl beim Sex Beklemmungen kriege. Das würde ich aber nie zugeben.
Wenn einer mich liebt oder auch nur geil auf mich ist, dann sollte doch so ein Blumenkohl keine Rolle spielen. Außerdem habe ich schon viele Jahre, von fünfzehn bis heute, mit achtzehn, trotz eines wuchernden Blumenkohls sehr erfolgreich Analverkehr. Sehr erfolgreich heißt für mich: kommen, obwohl der Schwanz nur in meinem Arsch steckt und sonst nix berührt wird. Ja, da bin ich stolz drauf.
So teste ich übrigens am besten, ob es einer ernst mit mir meint: Ich fordere ihn schon bei einem der ersten Sexe zu meiner Lieblingsstellung auf: ich in Doggystellung, also auf allen vieren, Gesicht nach unten, er von hinten kommend Zunge in die Muschi, Nase in den Arsch, da muss man sich geduldig vorarbeiten, weil das Loch ja von dem Gemüse verdeckt wird. Die Stellung heißt »Mit-Dem-Gesicht-Gestopft«. Hat sich noch keiner beschwert.
Wenn man so was an einem für Sex wichtigen Organ hat (ist der Po überhaupt ein Organ?), muss man sich in Entspanntheit üben. Das wiederum hilft beim Sichfallenlassen und Lockermachen für zum Beispiel Analverkehr.
Da bei mir der Arsch offensichtlich zum Sex dazugehört, ist er auch diesem modernen Rasurzwang unterworfen wie meine Muschi, meine Beine, meine Achselhöhlen, der Oberlippenbereich, beide großen Zehen und die Fußrücken auch. Die Oberlippe wird natürlich nicht rasiert, sondern gezupft, weil wir alle gelernt haben, dass einem sonst ein immer dickerer Schnurrbart wächst. Als Mädchen gilt es das zu verhindern. Früher war ich unrasiert sehr glücklich, aber dann habe ich mit dem Quatsch mal angefangen und kann jetzt nicht mehr aufhören.
Zurück zum Arschrasieren. Ich weiß im Gegensatz zu anderen Menschen sehr genau, wie mein Poloch aussieht. Ich gucke es täglich in unserem Badezimmer an. Mit dem Po zum Spiegel hinstellen, mit beiden Händen die Arschbacken feste auseinanderziehen, Beine gerade lassen, mit dem Kopf fast auf den Boden und durch die Beine nach hinten gucken. Genauso führe ich auch eine Arschrasur durch. Nur dass ich dabei natürlich immer eine Backe loslassen muss, um rasieren zu können. Der Nassrasierer wird auf den Blumenkohl gesetzt und dann wird mutig und feste von innen nach außen rasiert. Ruhig auch bis zur Mitte der Backe, manchmal verirrt sich auch dahin ein Haar. Weil ich mich innerlich sehr gegen das Rasieren wehre, mache ich das immer viel zu schnell und zu dolle. Genau dabei hab ich mir diese Analfissur zugefügt, wegen der ich jetzt im Krankenhaus liege. Alles das Ladyshaven schuld. Feel like Venus. Be a goddess!
Es weiß vielleicht nicht jeder, was eine Analfissur ist. Das ist ein haarfeiner Riss oder Schnitt in der Rosettenhaut. Und wenn sich diese kleine, offene Stelle auch noch entzündet, was da unten leider sehr wahrscheinlich ist, dann tut das höllisch weh. Wie bei mir jetzt. Das Poloch ist auch immer in Bewegung. Wenn man redet, lacht, hustet, geht, schläft und vor allem, wenn man auf Klo sitzt. Das weiß ich aber erst, seit es wehtut.
Die geschwollenen Hämorrhoiden drücken jetzt mit aller Kraft gegen meine Rasurverletzung, lassen die Fissur immer weiter reißen und verursachen mir die größten Schmerzen, die ich je hatte. Mit Abstand. Direkt danach auf Platz zwei kommt der Schmerz, den ich hatte, als mir mein Vater die Kofferraumklappe unseres Autos die ganze Wirbelsäule entlanggeschrabbt hat – ratatatatat – beim volle Pulle Zuschlagen. Und mein drittschlimmster Schmerz war, als ich beim Pulloverausziehen mein Brustwarzenpiercing rausgerissen hab. Weswegen meine rechte Brustwarze jetzt aussieht wie eine Schlangenzunge.
Zurück zu meinem Po. Ich habe mich unter riesigen Schmerzen von der Schule ins Krankenhaus geschleppt und jedem Doktor, der wollte, meinen Riss gezeigt. Ich habe sofort ein Bett in der Proktologischen Abteilung gekriegt, oder sagt man Innere Abteilung? Innere klingt besser als so speziell Arschabteilung zu sagen. Man will ja nicht, dass andere neidisch werden. Vielleicht verallgemeinert man das mit Innere. Frage ich später mal, wenn die Schmerzen weg sind. Jetzt darf ich mich jedenfalls nicht mehr bewegen und liege hier in Embryonalstellung rum. Mit hochgeschobenem Rock und runtergelassener Unterhose, Arsch zur Tür. Damit jeder, der reinkommt, sofort weiß, was Sache ist. Es muss sehr entzündet aussehen. Alle, die reinkommen, sagen: »Oh.«
Und reden was von Eiter und einer prall gefüllten Wundwasserblase, die aus dem Poloch raushängt. Ich stelle mir vor, dass die Blase aussieht wie die Halshaut von diesen tropischen Vögeln, wenn sie da zum Brunftangeben ganz viel Luft reinpumpen. Ein glänzendrotblau gespannter Sack. Der nächste Proktologe, der reinkommt, sagt kurz: »Guten Tag, Professor Dr. Notz mein Name.«
Und rammt mir dann was ins Arschloch. Der Schmerz bohrt sich die Wirbelsäule hoch bis zur Stirn. Ich verliere fast das Bewusstsein. Nach ein paar Schmerzsekunden habe ich ein platzendes, nasses Gefühl und schreie: »Aua, vorwarnen, bitte. Was war das, verdammt?«
Und er: »Mein Daumen. Entschuldigen Sie bitte, mit der dicken Blase davor konnte ich nichts sehen.«
Was für eine Art, sich vorzustellen!
»Und? Was sehen Sie jetzt?«
»Wir müssen sofort operieren. Heute Morgen schon was gegessen?«
»Wie denn, vor lauter Schmerzen?«
»Gut, dann Vollnarkose. Bei dem Befund besser.«
Ich freu mich auch. Ich will bei so was nicht dabei sein.
»Was machen Sie genau bei der Operation?«
Dieses Gespräch strengt mich jetzt schon an. Es ist schwer, sich auf was anderes als die Schmerzen zu konzentrieren.
»Wir schneiden Ihnen das entzündete Gewebe um den Hautriss keilförmig raus.«
»Kann ich mir nichts drunter vorstellen: keilförmig. Können Sie mir das aufmalen?«
Offensichtlich wird Herr Professor Dr. Notz nicht oft gebeten, seine operativen Vorhaben vorher kurz zu skizzieren. Er will weg, Blick zur Tür, kaum wahrnehmbares Seufzen.
Dann zieht er sich doch den silbernen Kugelschreiber von der Brusttasche. Sieht schwer aus. Scheint wertvoll zu sein. Er guckt sich um und sucht wohl Papier zum Zeichnen. Ich kann nicht mithelfen, ich hoffe, das erwartet der auch nicht. Jede Bewegung tut weh. Ich schließe die Augen. Es knistert und ich höre, wie er ein Stück Papier irgendwo abreißt. Ich muss die Augen wieder öffnen, bin zu gespannt auf diese Zeichnung. Er hält den Zettel in seiner Handfläche und macht mit dem Kugelschreiber darin rum. Dann präsentiert er sein Werk. Ich lese: Rahmwirsing. Das gibt es nicht. Er hat ein Stück aus meiner Speisekarte gerissen. Ich drehe das Papier um. Er hat einen Kreis gemalt, ich schätze mal, dass es mein Poloch sein soll. Und in den Kreis einen spitzen, dreieckigen Spalt, als hätte jemand ein Stück Torte geklaut.
Ach so! Danke, Herr Professor Dr. Notz! Schon mal drüber nachgedacht, Maler zu werden, bei dem Talent? Diese Zeichnung nützt mir überhaupt nichts. Ich werde daraus nicht schlau, frage aber nicht weiter nach. Der will mir schon mal nicht helfen, Licht ins Dunkel zu bringen.
»Den Blumenkohl können Sie doch bestimmt in einem Rutsch mit wegmachen?«
»Wird gemacht.«
Er lässt mich in meiner Pfütze Wundblasenwasser liegen und geht. Ich bin alleine. Und kriege Angst vor der Operation. Auf mich wirkt eine Vollnarkose so unsicher, als würde nach jeder zweiten Operation der Betäubte nicht mehr aufwachen. Ich komme mir sehr mutig vor, dass ich es trotzdem mache. Als Nächstes kommt der Anästhesist.
Der Betäuber. Er setzt sich direkt neben meinen Kopf ans Bett auf einen viel zu niedrigen Stuhl. Er redet ganz sanft und hat mehr Verständnis für meine unangenehme Situation als Professor Dr. Notz. Er fragt nach meinem Alter. Wenn ich unter achtzehn wäre, müsste jetzt ein Erziehungsberechtigter hier sein. Bin ich aber nicht. Ich sage ihm, dass ich dieses Jahr volljährig geworden bin. Er guckt mir prüfend in die Augen. Ich weiß, glaubt nie jemand. Ich sehe irgendwie jünger aus. Kenne ich schon, diese Prozedur. Ich mache mein ernstes Kannst-du-mir-ruhig-glauben-Gesicht und gucke ihm fest entschlossen zurück in die Augen. Sein Blick ändert sich. Er glaubt es. Weiter im Text.
Er erklärt mir, wie die Narkose wirkt, dass ich zählen soll und irgendwann wegkippe, ohne es zu merken. Während der gesamten Operation sitzt er an meinem Kopfende, überwacht meine Atmung und kontrolliert, wie ich die Narkose vertrage. Aha. Dann ist dieses Zu-nah-am-Kopf-Sitzen also eine Berufskrankheit. Die meisten merken es sowieso nicht, sind ja betäubt. Und bestimmt muss er sich ganz klein machen und deswegen so nah am Kopf sitzen, weil er sonst die echten Ärzte beim Operieren stört. Der Arme. Typische Haltung beim Ausüben des Berufs: Kauern.
Er hat einen Vertrag mitgebracht, den soll ich unterschreiben. Da steht drin, dass es durch die Operation zu Inkontinenz kommen kann. Ich frage ihn, was das alles mit Pipi zu tun hat. Er schmunzelt und sagt, es handele sich hierbei um eine Anal-Inkontinenz. Noch nie von gehört. Plötzlich wird mir klar, was das heißen könnte: »Sie meinen, ich kann meinen Schließmuskel nicht mehr kontrollieren und mir läuft da immer und überall Kacke raus, ich brauche eine Windel und rieche dann die ganze Zeit danach?«
Mein Betäuber sagt: »Ja, passiert aber selten. Hier unterschreiben, bitte.«
Ich unterschreibe. Was soll ich sonst machen? Wenn das hier die Operationsbedingungen sind. Kann mich ja schlecht selber zu Hause operieren.
Oh, Mann. Bitte, lieber nicht vorhandener Gott, mach, dass das nicht passiert. Ich krieg dann mit achtzehn eine Windel. Eigentlich gibt’s die doch erst zum Achtzigsten. Ich hätte dann nur vierzehn Jahre meines Lebens ohne Windel geschafft. Und dadurch sieht man auch nicht besser aus.
»Lieber Betäuber, wäre es möglich, das, was die da bei der Operation wegschneiden, nachher zu sehen? Ich mag das nicht, wenn man mir was wegschneidet und das einfach im Müll landet, zusammen mit den Abgetriebenen und Blinddärmen, ohne dass ich mir ein Bild davon machen kann. Ich will das selber mal in der Hand halten und untersuchen.«
»Wenn Sie darauf bestehen, natürlich.«
»Danke.« Er steckt mir schon mal die Nadel in den Arm und klebt alles mit Gaffa fest. Das ist der Kanal für die Vollnarkose später. Er sagt, in ein paar Minuten kommt ein Pfleger und fährt mich in den Operationssaal. Auch der Betäuber lässt mich in meiner Wundblasenwasserpfütze liegen und geht raus.
Diese Sache mit der Analinkontinenz macht mir Sorgen.
Lieber nicht vorhandener Gott, wenn ich hier rauskomme, ohne anal inkontinent zu sein, höre ich auch auf mit den ganzen Sachen, die mir sowieso ein schlechtes Gewissen bereiten. Dieses eine Spiel, bei dem meine Freundin Corinna und ich total besoffen durch die Stadt laufen und allen Brillenträgern im Vorbeilaufen die Brille von der Nase grapschen, einmal durchbrechen und dann in die Ecke pfeffern.
Da muss man sehr schnell laufen, weil manche vor lauter Wut auch ohne Brille sehr schnell werden können.
Das Spiel ist eigentlich totaler Quatsch, weil wir danach immer nüchtern sind vor lauter Aufregung und AdrenalinAusschüttung. Große Geldverschwendung. Danach fangen wir wieder von vorne an, uns zu betrinken.
Das würde ich sogar gerne aufgeben, dieses Spiel, weil ich nachts öfters von dem Gesichtsausdruck träume, den die Entbrillten in dem Moment haben. Als würde ich ihnen ein Körperteil abreißen.
Also, das würde ich schon mal drangeben, und was anderes überleg ich mir noch.
Vielleicht das mit den Nutten, wenn es unbedingt sein muss. Das wäre aber echt ein großes Opfer. Mir wäre es lieber, das mit den Brillen aufhören würde reichen.
Ich habe jetzt schon beschlossen, die beste Patientin zu werden, die dieses Krankenhaus je gesehen hat. Ich werde sehr nett zu den überarbeiteten Schwestern und Ärzten sein. Und ich werde meinen Dreck immer selber wegmachen. Zum Beispiel dieses Wundblasenwasser. Auf der Fensterbank steht ein großer aufgerissener Karton mit Gummihandschuhen. Wohl für Untersuchungen. Hatte der Notz einen an, als er meine Arschblase entjungfert hat? Mist, nicht drauf geachtet. Neben dem Gummihandschuhlager steht eine große durchsichtige Plastikkiste. Eine Tupperdose für Riesen. Vielleicht ist da was drin, was ich zur Selbstreinigung benutzen kann. Mein Bett steht am Fenster. Ganz vorsichtig und langsam strecke ich mich ein wenig, ohne meinen entzündeten Po zu bewegen, und schon komm ich dran. Ich ziehe die Kiste zu mir aufs Bett. Au. Beim Hochheben und Rüberwuppen habe ich meine Bauchmuskeln angespannt, und das stößt ein Messer in die Entzündung. Pause. Augen zu. Tief atmen. Erst mal nicht bewegen. Warten, bis sich der Schmerz verzieht. Augen auf. So.
Jetzt kann ich den Deckel aufmachen. Wie aufregend. Alles bis oben hin voll mit Riesenbinden, Erwachsenenwindeln, Einmalunterhosen, Mulltüchern und Unterlagen, die auf der einen Seite aus Plastik und auf der anderen aus Watte sind.
Das hätte ich mal lieber unter mir gehabt, als der Notz reinkam. Dann wäre das Bett jetzt nicht nass. Sehr unangenehm. Von diesen Unterlagen brauche ich zwei. Eine kommt mit der Watteseite nach unten auf die Pfütze. Damit die aufgesogen wird. Dann läge ich aber auf Plastik. Mag ich nicht. Also noch eine Unterlage mit dem Plastik auf das Plastik und mit der Watte nach oben. Gut gemacht, Helen, trotz Höllenschmerzen bist du dir selber die beste Krankenschwester.
Also, wer sich so gut selbst versorgen kann, wird bestimmt bald wieder gesund. Hier im Krankenhaus muss ich etwas hygienischer sein als in meinem normalen Leben draußen.
Hygiene wird bei mir kleingeschrieben.
Mir ist irgendwann klar geworden, dass Mädchen und Jungs unterschiedlich beigebracht kriegen, ihren Intimbereich sauber zu halten. Meine Mutter hat auf meine Muschihygiene immer großen Wert gelegt, auf die Penishygiene meines Bruders aber gar nicht. Der darf sogar pinkeln ohne abwischen und den Rest in die Unterhose laufen lassen.
Aus Muschiwaschen wird bei uns zu Hause eine riesenernste Wissenschaft gemacht. Es ist angeblich sehr schwierig, eine Muschi wirklich sauberzuhalten. Das ist natürlich totaler Unfug. Bisschen Wasser, bisschen Seife, schrubbelschrubbel. Fertig.
Bloß nicht zu viel waschen. Einmal wegen der wichtigen Muschiflora. Dann aber auch wegen dem für Sex sehr wichtigen Muschigeschmack und -geruch. Das soll ja nicht weg. Ich mache schon lange Experimente mit nicht gewaschener Muschi. Mein Ziel ist, dass es leicht und betörend aus der Hose riecht, auch durch dicke Jeans oder Skihosen. Das wird von Männern dann nicht bewusst wahrgenommen, aber doch unterschwellig, weil wir ja alle Tiere sind, die sich paaren wollen. Am liebsten mit Menschen, die nach Muschi riechen.
So fängt man leicht einen Flirt an und muss die ganze Zeit grinsen, weil man ja weiß, was die Luft mit diesem leckeren süßen Geruch erfüllt. Das ist doch eigentlich der Effekt, den Parfüm erzielen soll. Uns wird immer erzählt, dass man durch Parfüm erotisch auf andere wirkt. Aber warum benutzen wir nicht unser viel wirksameres eigenes Parfüm? In Wirklichkeit werden wir doch alle von Muschi-, Schwanz- und Schweißgerüchen geil. Die meisten sind nur entfremdet und denken, alles Natürliche stinkt und alles Künstliche duftet. Wenn eine einparfümierte Frau an mir vorbeigeht, wird mir kotzübel. Egal, wie dezent es aufgetragen ist. Was hat sie zu verbergen? Frauen sprühen auch, nachdem sie gekackt haben, in öffentlichen Toiletten mit ihrem Parfüm rum. Sie denken, dann riecht alles wieder angenehm. Ich rieche aber immer die Kacke durch. Mir ist jeder alte Kacke- und Pissegeruch lieber als diese ganzen gekauften Ekelparfüms.
Was noch schlimmer ist als Frauen, die im Klo mit Parfüm rumsprühen, ist eine neue Erfindung, die sich immer mehr ausbreitet.
Wenn man auf eine öffentliche Toilette geht, egal ob Restaurant oder Bahnhof, zieht man auf dem Weg zum Klo die Kabinentür hinter sich zu und wird von oben nassgespritzt. Beim ersten Mal habe ich mich echt erschreckt. Ich dachte, jemand hätte aus der Kabine nebenan Wasser rübergeschmissen. Aber beim Hochgucken habe ich festgestellt, dass da oben an der Tür eine Art Seifenspender angebracht ist, der ganz offiziell und mit voller Absicht Raumspray der übelsten Sorte auf den unschuldigen Toilettenbesucher runtergießt, sobald man die Tür zuzieht. In die Haare, auf die Kleidung, ins Gesicht. Also, wenn das nicht die ultimative Vergewaltigung durch Hygienefanatiker ist, dann weiß ich auch nicht.
Ich benutze mein Smegma wie andere ihre Parfümflakons. Mit dem Finger kurz in die Muschi getunkt und etwas Schleim hinters Ohrläppchen getupft und verrieben. Wirkt schon beim Begrüßungsküsschen Wunder. Eine andere Muschiregel meiner Mutter war, dass Muschis viel leichter krank werden als Penisse. Also viel anfälliger sind für Pilze und Schimmel und so. Weswegen sich Mädchen auf fremden oder öffentlichen Toiletten niemals hinsetzen sollten. Mir wurde beigebracht, in einer stehenden Hockhaltung freischwebend zu pinkeln, ohne das ganze Igittigitt-Pipi-Mobiliar überhaupt zu berühren. Ich habe schon bei vielen Dingen, die mir beigebracht wurden, festgestellt, dass die gar nicht stimmen.
Also habe ich mich zu einem lebenden Muschihygieneselbstexperiment gemacht. Mir macht es Riesenspaß, mich nicht nur immer und überall bräsig voll auf die dreckige Klobrille zu setzen. Ich wische sie auch vor dem Hinsetzen mit meiner Muschi in einer kunstvoll geschwungenen Hüftbewegung einmal komplett im Kreis sauber. Wenn ich mit der Muschi auf der Klobrille ansetze, gibt es ein schönes schmatzendes Geräusch und alle fremden Schamhaare, Tropfen, Flecken und Pfützen jeder Farbe und Konsistenz werden von meiner Muschi aufgesogen. Das mache ich jetzt schon seit vier Jahren auf jeder Toilette. Am liebsten an Raststätten, wo es für Männer und Frauen nur eine Toilette gibt. Und ich habe noch nie einen einzigen Pilz gehabt. Das kann mein Frauenarzt Dr. Brökert bestätigen.
Ich hatte aber auch schon mal den Verdacht, dass ich muschikrank bin. Immer, wenn ich auf Klo saß und die Untenrummuskeln losgelassen hab, damit die Pinkel kommt, merkte ich nachher beim Runtergucken, was ich sehr gerne mache, dass da im Wasser ein großer, weißer, weicher, hübscher Schleimklumpen liegt. Der wie Champagner Bläschen und Schlieren nach oben steigen lässt.
Ich muss dazu sagen, dass ich den ganzen Tag über sehr feucht bin, ich könnte mehrmals am Tag die Unterhose wechseln. Mach ich aber nicht, ich sammel ja gern. Also, weiter mit dem Schleimklumpen. Sollte ich am Ende die ganze Zeit krank gewesen sein, und mein Glitschischleim ist nur die Folge von einem Muschipilzbefall wegen meinen Toilettenexperimenten?
Herr Dr. Brökert konnte mich beruhigen. Es handelt sich um eine gesunde, sehr aktive Schleimhautbeschleimung. So hat der das nicht ausgedrückt. Aber gemeint.
Ich pflege einen sehr engen Kontakt zu meinen Körperausscheidungen. Diese Sache mit dem Muschischleim zum Beispiel hat mich schon früher immer sehr stolz gemacht beim Petting mit den Jungs. Die kamen nur mit dem Finger kurz an die Schamlippen, schon Wasserrutsche nach innen.
Ein Freund hat beim Petting immer gesungen: »By The Rivers Of Babylon«. Jetzt könnte ich daraus ein Geschäft machen und trockenen Frauen, die Probleme bei der Schleimbildung haben, kleine Tiegel abfüllen. Es ist doch viel besser, echten Frauenschleim zu nehmen, als irgend so ein künstliches Gleitmittel. Riecht dann auch nach Muschi! Vielleicht machen das aber nur Frauen, die einen kennen, vielleicht ekeln sich fremde Frauen vor fremdem Schleim? Könnte man aber mal ausprobieren. Mit einer trockenen Freundin vielleicht.
Ich esse und rieche mein Smegma sehr gerne. Beschäftige mich, seit ich denken kann, mit meinen Muschifalten. Was man da so alles finden kann. Ich habe lange Haare, also auf dem Kopf, und manchmal verirrt sich ein rausgefallenes Haar irgendwie in meine Muschilamellen. Es ist aufregend, ganz langsam an dem Haar zu ziehen und nachzufühlen, wo es sich überall hingezwirbelt hat. Ich ärgere mich sehr, wenn dieses Gefühl dann vorbei ist, und wünsche mir noch längere Haare, damit ich länger was davon habe.
Das ist ein sehr seltenes Glück. Genau wie eine andere Sache, die mich aufgeilt. Wenn ich alleine in der Badewanne bin und furzen muss, versuche ich die Luftblasen zwischen den Schamlippen entlangzuleiten. Das gelingt nur selten, noch seltener als das mit dem Haar, aber wenn, dann fühlen sich die Luftblasen wie harte Kugeln an, die sich ihren Weg zwischen meinen matschigen, warmen Schamlippen bohren. Wenn das mal gelingt, sagen wir: einmal im Monat, dann kribbelt mein ganzer Unterleib und meine Muschi juckt so sehr, dass ich sie mit meinen langen Nägeln kratzen muss, bis ich komme. Mein Muschijucken kann nur durch starkes Auskratzen gestillt werden. Ich kratze zwischen den inneren Schamlippen, von mir Hahnenkämme genannt, und den äußeren Schamlippen, von mir Vanillekipferln genannt, feste hin und her, und irgendwann klappe ich die Hahnenkämme nach rechts und links weg, um genau in der Mitte das Jucken wegzukratzen. Ich spreize die Beine weit auseinander, bis die Hüftgelenke knacken, damit warmes Wasser in mein Loch strömen kann. Wenn ich kurz vorm Kommen bin, kneife ich mir fest in die Klitoris, von mir Perlenrüssel genannt. Das steigert meine Geilheit ins Unermessliche. Ja, so wird’s gemacht.
Zurück zum Smegma. Ich habe im Lexikon nachgeschlagen, was Smegma eigentlich genau ist. Meine beste Freundin Corinna hat mal zu mir gesagt, nur Männer haben Smegma.
Und was ist das dann immer zwischen meinen Lippen und in meiner Unterhose?
Habe ich gedacht, nicht gesagt. Trau ich mich nicht. Da im Lexikon war eine lange Erklärung, was Smegma ist. Heißt bei Frauen übrigens auch so, ha. Aber ein Satz ist bei mir bis heute hängengeblieben: »Mit bloßem Auge sichtbare Ansammlungen von Smegma können sich nur bei mangelnder Intimhygiene bilden.«
Wie bitte? Das ist doch eine Riesenunverschämtheit. Am Ende jedes Tages kann ich mit bloßem Auge Ansammlungen von Smegma erkennen, egal, wie gründlich ich mir morgens die Muschifalten mit Seifenwasser ausgespült habe.
Was meinen die denn? Dass man sich mehrmals am Tag waschen soll? Ist doch gut, wenn ich eine flutschige Muschi habe, ist nämlich bei gewissen Sachen sehr hilfreich. Der Begriff »Mangelnde Intimhygiene« ist dehnbar. Wie eine Muschi. So.
Ich nehme eine von den Erwachsenenwindeln aus der durchsichtigen Plastikkiste. Oh, Mann, sind die groß. Sie haben ein dickes, großes Watteviereck in der Mitte und vier große Flügel aus dünnem Plastik zum Zubinden in der Taille. Die passen bestimmt auch ganz alten, dicken Männern, so groß sind die. So was will ich nicht so bald brauchen müssen. Bitte. Es klopft an der Tür.
Ein lächelnder Pfleger mit Kakadufrisur kommt rein. »Guten Tag, Frau Memel. Mein Name ist Robin. Ich sehe schon, Sie machen sich mit Ihrem Arbeitsmaterial für die nächsten Tage vertraut. Sie werden am Anus operiert, eine sehr unhygienische Stelle, eigentlich die unhygienischste Stelle überhaupt am Körper. Mit den Sachen aus der Kiste können Sie Ihre Wunde nach der OP komplett selber versorgen. Und wir empfehlen Ihnen, sich mindestens einmal am Tag breitbeinig in die Dusche zu stellen und die Wunde mit dem Duschkopf abzuduschen. Am besten so, dass einige Wasserstrahlen auch reingehen. Mit ein bisschen Übung klappt das ganz gut. Die Wunde mit Wasser zu reinigen ist wesentlich weniger schmerzhaft für Sie, als sie mit Tüchern sauberzuwischen. Nach dem Abduschen einfach vorsichtig mit einem Handtuch abtupfen. Und hier habe ich eine Beruhigungstablette, die können Sie jetzt schon nehmen, macht den Übergang in die Vollnarkose weicher, geht gleich los, die lustige Fahrt.«
Diese Informationen sind für mich kein Problem. Mit Duschköpfen verstehe ich mich sehr gut. Und ich weiß genau, wie ich ein paar Wasserstrahlen in mich reinbefördert kriege. Während Robin mich in meinem Rollbett durch Flure schiebt und ich die Neonröhren über mich hinwegsausen sehe, lege ich heimlich die Hand unter der Bettdecke auf meinen Venushügel, um mich vor der Operation zu beruhigen. Ich lenke mich von der Angst ab, indem ich daran denke, wie ich mich schon als ganz junges Mädchen mit dem Duschkopf aufgegeilt habe.
Erst mal habe ich die Strahlen nur von außen gegen meine Muschi geschossen, später die Vanillekipferln hochgehalten, damit ich die Hahnenkämme und den Perlenrüssel mit dem Wasserstrahl treffe. Je fester, desto besser. Das soll richtig zwiebeln. Dabei hat mal der eine oder andere harte Strahl voll in die Muschi reingetroffen. Da hab ich schon gemerkt, dass das genau mein Ding ist. Volllaufen lassen und – genauso geil – alles wieder rauslaufen lassen.
Dafür setze ich mich immer im Schneidersitz in die Dusche, bisschen zurückgelehnt, Po etwas hoch. Dann fummele ich die ganzen Schamlippen zu den Seiten, wo sie hingehören, und schiebe mir ganz langsam und vorsichtig den dicken Duschkopf rein. Dafür brauche ich kein Pjur, weil meine Muschi bei der bloßen Vorstellung, dass ich mich gleich volllaufen lasse, Unmengen von hilfreichem Schleim produziert. Pjur ist das beste Gleitmittel, weil es nicht einzieht und geruchsneutral ist. Ich hasse parfümierte Gleitcremes. Wenn also der Duschkopf endlich drin ist, was wirklich lange dauert, weil ich mich sehr stark auseinanderdehnen muss, drehe ich ihn so, dass die Seite mit den Wasserdüsen nach oben zeigt, also Richtung Gebärmutterhals, -mund, -auge oder wie das da oben heißt, wo ein Mann mit langem Schwanz bei bestimmten Stellungen leicht gegenklopft. Jetzt wird das Wasser stark aufgedreht, ich verschränke die Hände hinterm Kopf – hab ja beide Hände frei, weil die Muschi den Duschkopf selber hält – mache die Augen zu und summe »Amazing Grace«.
Nach gefühlten vier Litern drehe ich das Wasser ab und ziehe ganz vorsichtig den Duschkopf wieder raus, damit so wenig Wasser wie möglich rausläuft. Das brauche ich nachher noch zum Abspritzen. Mit dem Duschkopf klopfe ich so lange meine vom Aufspreizen geschwollenen Vanillekipferln, bis ich komme.
Das geht bei mir meistens sehr schnell – wenn ich nicht gestört werde. Durch das Gefühl, komplett gestopft zu sein, wie jetzt von dem Wasser, schaffe ich das in wenigen Sekunden. Wenn ich gekommen bin, walke ich mit einer Hand feste meinen Unterbauch durch und stecke gleichzeitig alle Finger der anderen Hand tief in die Muschi rein und spreize sie alle auseinander, damit das Wasser nur so rausschießt, genauso wie es reingeschossen ist. Meistens komme ich vom rauslaufenden Wasser gleich noch mal. Das ist für mich eine schöne, erfolgreiche Selbstbefriedigung. Nach so einer großen Wassersause muss ich noch stundenlang viele Schichten Klopapier in meinem Unterhosenschritt türmen, weil bei jeder Bewegung immer wieder stoßweise Wasser rausschießt und in Klamotten so aussähe wie Pipi. Das will ich nicht.
Eine andere Sanitäranlage, die sich hervorragend für so was eignet, ist das Bidet. Das Bidet wurde mir immer von meiner Mutter nahegelegt, um sich nach dem Sex mal schnell untenrum wieder frisch zu machen. Warum sollte ich?
Wenn ich mit jemandem ficke, trage ich doch mit Stolz sein Sperma in allen Körperritzen, an den Schenkeln, am Bauch oder wo der mich sonst noch vollgespritzt hat. Warum immer dieses bescheuerte Waschen danach? Wenn man Schwänze, Sperma oder Smegma ekelhaft findet, kann man’s mit dem Sex auch direkt bleiben lassen. Ich mag es gerne, wenn Sperma auf der Haut trocknet, Krusten bildet und abplatzt.
Wenn ich mit meiner Hand einen Schwanz wichse, achte ich immer darauf, dass etwas Sperma an meinen Händen bleibt. Das kratze ich mit meinen langen Fingernägeln auf und lasse es darunter hart werden, um es später am Tag als Andenken an meinen guten Fickpartner mit den Zähnen unter den Nägeln rauszuknabbern, im Mund damit rumzuspielen, drauf rumzukauen und es nach langem Schmecken und Schmelzenlassen runterzuschlucken. Das ist eine Erfindung, auf die ich sehr stolz bin: Mein Sexandenkenkaubonbon.
Das Gleiche gilt natürlich auch für Sperma, das in der Muschi gelandet ist. Eben nicht mit dem Bidet zerstören! Sondern mit Stolz tragen. In die Schule zum Beispiel. Und Stunden nach dem Sex läuft es als kleine Überraschung warm aus der Muschi raus. Ich bin zwar im Klassenraum, mit den Gedanken aber ganz da, wo das Sperma hergekommen ist. Ich sitze selig lächelnd in meiner warmen Spermapfütze, während der Lehrer vorne über Gottesbeweise spricht. So lässt sich Schule aushalten. Über diese Flüssigkeitsverbindung zwischen meinen Beinen freue ich mich immer sehr und schreibe sofort eine SMS an den Verursacher: Dein warmes Sperma läuft mir grad raus! Danke!
Gedanken zurück zum Bidet. Ich wollte mir noch ausmalen, wie ich mich mit dem Bidet volllaufen lasse. Es bleibt aber keine Zeit mehr dafür. Wir sind jetzt im Voroperationszimmer angekommen. Kann ich mir ja später weiter Gedanken drüber machen. Mein Betäuber ist schon da und wartet auf uns. Er schließt eine Flasche an meinen Armkanal an, hängt sie falsch rum an eine Stange mit Rollen und sagt, ich soll zählen.
Robin, der nette Pfleger, geht weg und wünscht viel Erfolg. Eins, zwei ...
Ich wache im Aufwachraum auf. Man benimmt sich immer ein bisschen bescheuert nach einer Vollnarkose. Das will man, glaub ich, den Verwandten ersparen, deswegen wurde der Aufwachraum erfunden.
Ich werde von meinem eigenen Gebrabbel wach. Was hab ich gesagt? Weiß nicht. Ich zittere am ganzen Körper. Ganz langsam fängt mein Hirn an zu mahlen. Was mache ich hier? Ist mir was passiert? Ich will lächeln, um meine Hilflosigkeit zu überspielen, obwohl keiner sonst im Raum ist. Ich reiße mir mit dem Lächeln die Mundwinkel ein, weil meine Lippen so trocken sind. Mein Arschloch! Deswegen bin ich hier! Das war auch eingerissen. Meine Hand wandert runter zum Po. Ich ertaste einen großen Mullaufkleber, der über beide Arschbacken gespannt ist, und unter dem Aufkleber einen dicken Knubbel. O je. Hoffentlich gehört der Knubbel nicht zu meinem Körper. Hoffentlich geht der mit ab, wenn das Pflaster abgerissen wird. Ich habe dieses alberne schlabberlatzähnliche Kleid an. Da stehen die drauf in Krankenhäusern.
Da sind Ärmel dran und vorne rum sieht man aus wie ein Rauscheengel. Aber hinten ist absolut kein Stoff außer der kleinen Schleife im Nacken. Warum gibt’s dieses Kleidungsstück überhaupt? Ja, gut. Wenn man liegt, können die einem das anziehen, ohne einen anheben zu müssen. Aber ich lag während der Operation doch wohl eher auf dem Bauch, damit die besser an den Arsch kommen. Heißt das, ich war die ganze Operation über nackt? Das finde ich schlimm. Die reden doch darüber, wie man aussieht. Da bin ich mir total sicher! Und man speichert das in der Narkose im Unterbewusstsein ab und wird irgendwann verrückt, und keiner weiß, warum.
Dieses luftige Gefühl hintenrum kenne ich aus meinem wiederkehrenden Kindheitsalptraum. Grundschule. Ich stehe an der Haltestelle und warte auf den Schulbus. So wie ich wirklich oft vergessen hab, die Schlafanzughose auszuziehen, bevor ich die Jeans anziehe, habe ich an dem Tag vergessen, unter meinem Rock eine Unterhose anzuziehen. Als Kind merkt man so was zu Hause nicht, in der Öffentlichkeit will man aber lieber sterben, als entdeckt zu werden, mit nacktem Arsch unterm Rock. Und das genau in der Zeit, als alle Jungs mit uns gespielt haben: Deckel hoch, Wasser kocht.