Finding Kasimir - Tristan Thomas - E-Book

Finding Kasimir E-Book

Tristan Thomas

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Beschreibung

Jonas liebt Vampy, Vampy liebt Jonas. Eigentlich läuft – zwischen Wonnejuchzen und Blutwurstpastete – alles rund im rumänischen Waldland. Eigentlich. Denn immer wenn es um Vampys erste große Liebe, den Stallburschen Kasimir, geht, blockt Vampy ab. Doch Hundegestaltwandler Jonas Prager ist immer noch jung, schwul und SEHR neugierig. Vielleicht zu neugierig? Salatgurkentango meets Einhornkot. Weiterhin ganz normaler Wahnsinn. Willkommen zurück in Usturoi.

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Tristan Thomas

Finding Kasimir

Der Graf, der einen Hund wollte und mich bekam 2

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2024

http://www.deadsoft.de

© the author

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© Nadzn – stock.adobe.com

© scalinger – stock.adobe.com

© Rita Kochmarjova – stock.adobe.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-721-7

ISBN 978-3-96089-722-4 (ebook)

Inhalt:

Jonas liebt Vampy, Vampy liebt Jonas. Eigentlich läuft – zwischen Wonnejuchzen und Blutwurstpastete – alles rund im rumänischen Waldland.

Eigentlich.

Denn immer wenn es um Vampys erste große Liebe, den Stallburschen Kasimir, geht, blockt Vampy ab.

Doch Hundegestaltwandler Jonas Prager ist immer noch jung, schwul und SEHR neugierig. Vielleicht zu neugierig?

Salatgurkentango meets Einhornkot. Weiterhin ganz normaler Wahnsinn. Willkommen zurück in Usturoi.

1. Kapitel: Das bisschen Haushalt …

»Und du glaubst wirklich, dass diese Svetlana ein ›guter Fang‹ ist?«

Lord Vampy – mein Lieblingsvampir und fester Freund – schaut skeptisch über seinen Teller mit Blutwurstpastete zu mir rüber. Seine dunklen Augen unter seinen dichten Augenbrauen leuchten wie immer geheimnisvoll. Er ist nicht wirklich davon überzeugt, dass es eine gute Idee ist, sich eine katholische Jungfer ins Schloss zu holen.

»Na ja, ich kann natürlich deine superleckere Pastete auch weiterhin selbst zubereiten.« Ich lächele zuckersüß. Ich weiß, dass meine Kochkünste bei ihm keine Begeisterungsstürme auslösen.

Wenn er nicht unsterblich wäre, hätte ihn der Fraß längst umgebracht.

Hallo innere Stimme, auch schon wach?

»Was war denn falsch mit Erika?« Vampy stochert lustlos in seiner Pastete herum. »Ich fand ihren Blutwurstauflauf äußerst delikat.«

Eines ist sicher, in den nächsten zwanzig Jahren lasse ich mich nicht von ihm beißen. Ich verspüre noch keine Lust, einen Blutwurstauflauf ›äußerst delikat‹ zu finden. Bäh aber auch.

»Sie konnte nicht putzen.« Ich beiße in mein Mettbrötchen. »Gar nicht.«

»Jeder kann putzen.«

»Ach?«

»Ich bin Graf. Grafen putzen nicht.«

Das ist der Haken daran, wenn man(n) mit einem jahrhundertealten Vampir zusammen ist. Der Vampir hängt mit seinen Ansichten und Gepflogenheiten zumeist in den vergangenen Jahrhunderten fest. Ich bin das – nach einem halben Jahr Beziehung – inzwischen gewöhnt.

»Und bevor du fragst, dieser Toni hat auch nicht geputzt.«

Du kleiner Lügner, du.

Ja, okay, Toni hat toll geputzt, toll gekocht, das war mit Sicherheit die geilste Schweinshaxe meines Lebens – und er sah auch noch toll aus. Als Haushälterin bei einem schwulen Grafen also völlig ungeeignet.

Bei einem eifersüchtigen Gestaltwandler. Da wird ein Schuh draus.

Na und? Ich brauch’ kein bayrisches Junghasi, das in viel zu kurzen Krachledernen meinen Vampy wuschig macht. In den Po hätte ja selbst ich reingebissen, wenn ich nicht schon Lord Knackarsch an meiner Seite hätte, der jede andere Kehrseite langweilig macht. Auch wenn mich der Schuft bisher immer noch nicht rangelassen hat.

Weil du schneller die Beine in die Luft schmeißt, als er ›Wollen wir heute mal …‹ sagen kann.

Da ist er halt gut drin. Ich meine, er hat auch das Instrument dafür. Eine große Fleischwurst spricht nun einmal mein Menschen-Ich und mein Hunde-Ich gleichermaßen an. Ich schiele zu ihm rüber. Gegen ein bisschen Frühsport hätte ich nichts einzuwenden. Der weckt zumindest die Lebensgeister, denn an Vampys Tagesrhythmus, 19 Uhr ist die neue Morgenstunde, habe ich mich immer noch nicht gewöhnt.

»Diesen Toni hätte ich eh rausgeschmissen.« Er schiebt den Teller von sich und steht auf. Sein rotsamtener Morgenrock glänzt im Schein der Uralt-Elektrik. »Der ist dir ja ständig nachgestiegen.«

Mir liegt schon ein »Wohin?« auf den Lippen, da kapiere ich, dass nachgestiegen wieder so eine Vokabelantiquität von anno dazumal ist.

»Danke, dass du mich für nachsteigenswert erachtest.« Ich muss grinsen. »Aber der gute Toni war nur an dir interessiert.«

»Ich erachte nicht nur, du BIST nachsteigenswert.« Vampy tritt hinter mich und massiert mir die Schultern. Er kann herrlich kräftig zupacken. Wenn ich ihn nicht schon längst umworben hätte, wie er sich auszudrücken pflegt, ich würde es wieder und immer wieder tun. »Ich bin nur ein alter, langweiliger Graf, mit einem Stock im …« Er lacht auf. Tief und brummig, wie es seine Art ist. »Nein, mit Stöckchen haben wir Vampire es nicht so. Das ist eher dein Metier.«

Nur ein alter, langweiliger Graf, ja ja. Das Schlimme daran ist, dass er das echt glaubt. Er hat wirklich nicht bemerkt, wie ihm Toni fast schon den Hof gemacht hat.

›Herr Graf, möchten Sie noch ein Gläschen Wein?‹

›Herr Graf, soll ich Ihnen ein schönes, heißes Bad einlassen?‹

›Herr Graf, habe ich schon erwähnt, dass ich ein Seminar in Fußmassage belegt habe?‹

›Augenblick, Herr Prager. Sobald ich Zeit dafür habe, bringe ich Ihnen Ihre Cola.‹

Beim heißen Bad sagte mein Argwohn erst einmal nur Hallo, aber schon bei der Nummer mit der Fußmassage gab’s einen zünftigen Tritt in den Allerwertesten.

Dir fällt schon auf, dass der Sprachgebrauch deines Liebsten langsam abfärbt?

Sprach die innere Stimme, die Lord Vampy meinen Liebsten nennt.

Dann eben Stecher, wenn dir das besser gefällt.

Pffff!

»Herr Prager, ich brauche dringend … wie heißen noch mal … Wischmopp.« Svetlana hebt ihr aktuelles Arbeitsgerät in die Höhe. »Alter Schrubber schlecht. Borsten weg.«

Ja, das hatte ich, bei meinen hehren Bemühungen, den riesigen Kasten zu putzen, auch schon festgestellt. Als Hausmann tauge ich wirklich nicht. Okay, ich bin vielleicht ein bisschen besser als Lord Pascha, aber ich würde das bisschen – ehrlicherweise – im sehr geringfügigen Bereich ansiedeln. Das gräfliche Reinigungsequipment hat natürlich auch seinen Teil dazu beigetragen. Es bleibt ein Rätsel, wie Alfons, Vampys verstorbener Butler, das alles geschafft hat.

Der hat in seiner Hexenküche bestimmt ein paar dienstbare Dämonen beschworen.

Quatsch. Alfons war zwar ein bisschen irre, aber nicht so irre, dass er irgendwelche Gruselgestalten beschworen hätte. Andererseits. Die Tour mit den drei komischen Scrooge-Geistern war schon ziemlich schräg gewesen.

»Wischmopp, Herr Prager. Wischmopp.«

Svetlana steht noch immer in ihrer ganzen Größe und Breite vor mir. Ihr voluminöser Busen nur knapp unter Augenhöhe. Sie hat etwas von Fräulein Knüppelkuh aus diesem Matilda-Film der späten 90er. Allerdings ist sie die nette Version. Sonst hätte ich sie auch nicht eingestellt.

»Ich gebe dir nachher Geld, Svetlana«, antworte ich trotzdem schnell, bevor sie sich doch noch in Knüppelkuh 2.0 verwandelt. »Dann kannst du im Ort einkaufen, was du brauchst.«

Sie ist erst eine Woche hier, aber dass sie auf vernünftige Arbeitsmaterialien steht, hat sie schon mehr als einmal kundgetan.

›Graf Soundso hat ganzes Schloss. Alles groß, alles viel. Aber zum Saubermachen hat nur Müll. Müssen kaufen neu. Staubsauger ist Ding aus Steinzeit. Sagt man so? Steinzeit?‹

Bei der Erinnerung daran muss ich grinsen. Graf Soundso war – ob der Ansage – nicht sehr erfreut gewesen.

»Svetlana auch kaufen neuen Lockenstab. Ich zwar nicht wissen, für was Herr Prager brauchen, aber alter Lockenstab ist kaputt.«

Lockenstab? Wovon redet sie? Ich habe keinen Lockenstab. Wofür auch? Mein Haar ist kurz und störrisch. Schon immer. Ich schaue sie fragend an. Was auch immer sie da gefunden haben mag, mir gehört es nicht.

»Hat nicht mehr heiß gemacht. Nur brumm. Svetlana hat weggeschmissen.«

Hat nur noch gebrummt? Ich habe ganz plötzlich so eine Ahnung.

Lass mich raten, Herr Prager ist nicht sehr erfreut.

Das darf ja wohl nicht wahr sein. Schmeißt die polnische Jungfer doch glatt meinen Vibrator weg.

›Hat nicht mehr heiß gemacht.‹

»Die hat sie nicht mehr alle«, fluche ich leise vor mich hin, während ich mich im Hof durch die blechernen Mülltonnen wühle. Das Teil war teuer. Scheißegal, dass ich es nicht mehr benutze, seit Vampy Gefallen daran findet, mich recht regelmäßig vor Wonne juchzen zu lassen. Seine Worte, nicht meine. Und jetzt knurrt es auch noch hinter mir. Mist, das Wolfsrudel habe ich ja ganz vergessen.

›Svetlana füttern keine Wölfe. Das machen allein.‹

Herr Isegrim – der Rudelchef – schnuppert schon wieder an meinem Hintern rum. Als Hund lasse ich mir das notgedrungen gefallen, aber als Mensch mag ich das gar nicht. Ich scheuche ihn also weg. Auch auf die Gefahr hin, dass er mich wieder zwei Tage lang beleidigt ignoriert. Man glaubt es kaum, aber Wölfe können ganz schön zickig sein. Doch viel wichtiger, als sich Gedanken über die Launen eines Wolfes zu machen, ist die Tatsache, dass wir hier eindeutig mehr Personal benötigen. Vampy hat keine Ahnung, was für eine Herkulesaufgabe Alfons jahrhundertelang bewältigt hat. Das Schloss, die Wäsche, das Essen.

Und ein Rudel hungriger Wölfe.

Ja, die auch. Ich drehe mich zu ihnen um. Inzwischen knurren sie nicht mehr, sondern sitzen brav in einer Reihe und schauen mich erwartungsfroh an. Nur nicht Herr Isegrim. Der würdigt mich – Surprise! Surprise! Surprise! – keines Blickes.

»Jungs, in diesen Tonnen gibt es zwar auch ein paar Essensreste.« Ich wische meine klebrigen Finger, ich will NICHT wissen, was das ist, an meiner Jeanshose ab. »Aber das Zeug wollt ihr nicht fressen, ehrlich nicht.«

Die Blicke werden noch erwartungsfroher. Ich habe fressen gesagt. Grober Fehler. Jetzt kann ich die Suche nach dem Vibrator erst einmal vergessen. Jetzt heißt es, die vorbereiteten Speisen eimerweise aus der Waschküche zu holen. Ich hasse diesen Job, aber einer muss ihn ja machen.

›Jonas, ich würde dir ja gerne dabei helfen, aber ich habe wirklich kein Händchen für ein Hackebeil. Und von Gedärm mit Augengarnitur wird mir schlecht.‹

Mir etwa nicht? Ehrlich, wenn ich den Kerl nicht so lieben würde, wäre ich schon längst über alle rumänischen Berge. Er ist halt so aufregend anders.

Er ist ein Vampir, du Dödel!

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es auch hässliche und langweilige Vampire gibt, aber egal. Vampy ist es jedenfalls nicht. Er ist schön. Nicht so gelackt und glatt schön, eher so aristokratisch-charismatisch, mit einer Unternote animalisch. Nennen wir es einfach Aura, er hat eine Aura – und die haut mich um. Wenn er angezogen ist, ist er schlicht anbetungswürdig, macht er sich nackig, geh’ ich instantly auf die Knie. Bis er in mein Leben getreten ist, bin ich keinem Mann begegnet, der es geschafft hätte, all meine Sinne gleichzeitig anzusprechen. Dieser Barkeeper in Berlin war nah dran gewesen. Geile Fresse, super Body – und ein Geruch nach Wald und Flur.

Wäre da nicht die gar liebreizende Stimme gewesen.

Tja. War sie aber. Eine Mischung aus hohem Quieken und dem Kratzen von Kreide auf einer Tafel. Ich befürchte, das Quieken wäre bei anderweitigen Aktivitäten noch stärker in den Fokus gerückt. Ich habe also dankend verzichtet. Kein Orgasmus ist DAS wert. Dann würge ich doch lieber die Schlange oder ziehe den Hasen. Einen von der Palme wedeln steht auch hoch im Kurs. Ganz anders Vampy. Der braucht mir nur einen guten Morgen zu wünschen – und ich bin ganz nah am Ständer gebaut. Sagen wir’s so, in der Regel komme ich aus dem vor Wonne Juchzen nicht mehr raus. Vampy hat Nachholbedarf – und steht zudem auf Fellatio, wie er sich ganz gräflich auszudrücken pflegt. BEVOR ich nackig bin. Danach hat sich was mit gräflich und vornehm. Er kann nämlich auch noch lecken wie Lassie.

Dabei bist du hier der Hundegestaltwandler.

Ich kann auch lecken wie Lassie. Ich komme nur nie dazu, weil Vampy so viel Freude daran hat.

Jammern auf hohem Niveau. Manch einer würde sich wünschen, jeden Tag gepflegt einen geblubbert zu bekommen.

ICH JAMMERE NICHT! Ich finde dieses ausgiebige Verwöhnprogramm schon gut, aber bisher ist unser Sex recht einseitig. Vampy macht und tut – und ich juchze vor Wonne. Ich will, dass auch er mal juchzt, statt nur at work zu schnaufen. Ich habe ihm bisher zweimal einen geblasen. Es hat ihm auch gefallen, da bin ich mir sicher, aber nach den Blowjobs wurde ich am folgenden Tag sofort mit einer Extradarbietung seiner Künste bedacht. Nicht um mir zu zeigen, dass er es besser kann. Ich habe das Gefühl, da steckt etwas anderes dahinter.

Boah, Jonas! Lass bitte den Hobbypsychologen stecken.

Nein, lasse ich nicht. Ich will wissen, warum mein Lord Wonnemacher so sehr darauf bedacht ist, dass ICH auf meine Kosten komme – und so wenig darauf, dass er selbst auch auf seine Kosten kommt. Ich juchze nicht nur, ich frohlocke sogar am Ende. Aber er? Wenn ich abgespritzt habe, küsst er mich, schenkt mir ein sexy Grinsen – und geht dann seinem Tagewerk nach. Natürlich habe ich ihn schon gefragt, ob es für ihn schön war.

Auch abgespritzt? Kreuze an: Ja. Nein. Ich weiß noch nicht.

Da aus mir danach nichts rausläuft, kann ich das Nein selbst ankreuzen.

›So lange du bei mir bist, bin ich glücklich – und alles ist schön.‹

Mit seiner fast schon obligatorischen Antwort kann man auch wenig anfangen. Als wir frisch zusammengekommen waren, hat er mal gesagt, er sei der König der schwierigen Mitbewohner. Klingt zwar blöd, aber ich wünschte, er wäre es (noch). Inzwischen liest er mir jeden Wunsch von den Augen ab.

Ich will Personal einstellen.

›Mach nur. So wie du denkst.‹

Ich brauche Geld.

›Hier ist der Schlüssel zur Schatzkammer. Nimm dir, was du brauchst.‹

Ja, er hat tatsächlich eine Schatzkammer. Verborgen hinter einem Bücherregal in der Kleinen Bibliothek. Natürlich habe ich ihn gefragt, ob es auch eine Große Bibliothek gibt. Scheiß die Wand an, die gibt es – und groß ist vielleicht nicht die richtige Bezeichnung dafür. Vampy ist ein Büchernarr. Dazu ein paar Jahrhunderte alt und mit dem nötigen Kleingeld ausgestattet. Als Resultat ein Saal mit fünf Meter hohen Bücherregalen an allen Wänden. Und der Saal ist mindestens fünfzig Meter lang und zehn Meter breit. An beiden Enden ein großer Kamin. Vor dem einen Kamin stehen zwei Lesesessel des späten Barocks, vor dem anderen ein Schreibtisch aus Ebenholz.

›Svetlana stauben das alles nicht allein ab, Herr Prager. Nein, nein, nein. Svetlana brauchen Hilfe. VIEL Hilfe.‹

Mein Lieblingsgraf ist nicht nur belesen, sondern auch ein Künstler. Die Gemälde, die er schafft, sind wahre Kunstwerke.

Und deswegen versteckst du das Kunstwerk, das er dir geschenkt hat, auch in deinem Kleiderschrank.

Hallo? Das Gemälde zeigt MICH. Breitbeinig auf einem Rokokosessel. NACKIG. Nur vor meinem Gemächt ein kleiner Wirbel aus Rosenblättern. Leinwand-Jonas lächelt verschmitzt. Das Gemälde ist toll, gar keine Frage. Ich bin darauf wunderschön. Aber eben auch NACKIG. Ich will nicht, dass Svetlana mich so sieht. Sie ist nett, sie ist katholisch …

… und sie hält einen Vibrator für einen Lockenstab.

Und deshalb bleibt das Gemälde jetzt erst recht im Schrank. ›Wer hat gemalt Herrn Prager … ohne Hose? Rosenzeug Absicht?‹ Ich höre die Gute förmlich. Und das ist der große Haken daran, wenn man Personal hat. Man(n) muss gewisse Sachen verstecken, weil man(n) keine Fragen über Aktgemälde, Vibratoren und Analflutsche beantworten möchte.

Dabei hält Svetlana die Analflutsche bestimmt für Haargel.

Wenn sie überhaupt weiß, was Haargel ist. Ihre wilde, spröde Mähne kündet nur von Wasser und Seife.

2. Kapitel: Ein Hauch von Kasimir

Die Sonne geht unter. Vampy schläft noch – und ich schaue ihm dabei zu. Erfreulicherweise haben diese Vampirfilme im Fernsehen und die Bücher von Bram Stoker & Co. mit der Realität nichts zu tun. Weder ruht Vampy steif und vornehm in einem Sarg, noch trägt er – während er schläft – Frack und Cape. Er trägt nichts und liegt lässig ausgestreckt auf dem Bauch. Nur sein Kopf ruht. Nämlich auf einem Kissen.

Das er soeben gnadenlos vollsabbert.

Ja. Seufz. Ich würde zu gerne ein Foto mit dem Handy davon machen, aber leider kann man Vampire nicht fotografieren oder filmen. Hängt wohl mit der blöden Spiegelbildsache zusammen.

Na ja, irgendwelche Vampirklischees müssen schließlich stimmen. Sonst wäre er nur ein unsterblicher Blutwurstliebhaber mit dezent zu groß geratenen Eckzähnen.

Für mich ist er mehr als das. Ich war ein ruheloses Schiff auf Reisen – und er ist mein sicherer Hafen.

Palim Palim. Ich hätte gerne eine Flasche Kitsch.

Ich finde das nicht kitschig. Mich beruhigt es ungemein, abends in dem kleinen Sessel seines Schlafzimmers zu sitzen und ihm beim Schlafen zuzusehen. Ich weiß, dass er zu mir gehört und ich zu ihm. Wenn ich so malen könnte wie er, hätte ich hier eine Staffelei vor mir stehen und ich müsste inzwischen bestimmt zehn Gemäldemehr vor Svetlana zu verstecken. Bei mir gäbe es keine Rosenblätter, die ihn romantisch-sittsam umwehen. Ich würde ganz sicher – mit einem feinen Pinsel – jedes einzelne tiefschwarze Härchen auf seiner makellos-weißen Haut zelebrieren. Keine Ahnung, warum Vampire keine Pickel bekommen. Vielleicht liegt es an der geringeren Körpertemperatur. Vampys Haut ist immer angenehm kühl. Gott sei Dank nicht leichenkalt. Das wäre schon ein bisschen abtörnend.

»Guten Morgen, mein Hübscher.« Er schlägt die Augen auf und zwinkert mir zu. »Wie lange beobachtest du mich schon wieder?«

Das ist jetzt schon das fünfte Mal, dass er mich dabei ertappt. Immerhin habe ich heute keinen Ständer. Was er – so scheint es mir – bedauernd registriert.

»Vampylein, wenn es Morgen wäre, würdest du dich jetzt hinlegen und nicht aufstehen.«

Ich zwinkere zurück. Jetzt ist er schon so viele Jahrhunderte lang ein Vampir, aber wenn er aufsteht, ist für ihn nach wie vor Morgen – und seine erste Mahlzeit des Tages bezeichnet er noch immer als Frühstück.

»Wenn ich dir eine gute Nacht wünschen würde, klänge das aber noch viel merkwürdiger.«

Er stützt seinen Kopf auf seine rechte Hand und schaut mich abwartend an. Er hat zwar gesabbert, aber seine Lippen sind trocken. Der Speichel ist ihm – einem Rinnsal gleich – aus dem Mundwinkel geflossen. Wie in Zeitlupe fährt seine Zunge die wundervollen Schwünge einer nahezu perfekten Oberlippe nach. Meine Lippen sind nur zwei Striche. Die Oberlippe ohne Finesse, die Unterlippe kein bisschen bauschig, kein bisschen prall – und von sündhafter Verheißung kann nicht einmal ansatzweise die Rede sein. Wenigstens habe ich eine Kauleiste mit strahlend weißen Zähnen. Die rettet in der Regel mein Lächeln. Vampy muss nicht lächeln, um mich für sich zu gewinnen. Normalerweise reicht es, wenn er sich die Lippen leckt, um mich instantly wuschig zu machen. Das weiß er. Aber heute ist mir nicht nach Frühsport. Körperliche Ertüchtigung, wie er es nennt. Heute muss ich mit ihm reden, weil irgendein Schatten über uns schwebt.

Ein geiler Graf, Bombensex am laufenden Band und Schotter bis zum Abwinken. Und du willst irgendwelche Probleme wälzen? Halt einfach die Klappe, Jonas.

Wenn es mir nur um Sex ginge, dann okay. Klappe halten, Schwanz rausholen und Lord Fellatio machen lassen.Aber Liebe bedeutet, dass man den Partner auch verstehen will. Und ich verstehe Vampy leider immer weniger. Ich zweifle nicht an seiner Liebe. Ich weiß, was ich ihm bedeute. Ich sehe es in seinen Augen, wenn er mich anschaut. So wie jetzt. Aber ich bin nicht der Mann, dem er sich anvertraut. Ich spüre, dass ihn etwas bedrückt. Wenn er schläft, klammert er sich im Schlaf an mich. Als müsse er mich festhalten, damit ich noch da bin, wenn er aufwacht. Spreche ich ihn jedoch auf Kasimir, seine erste große Liebe, an, wechselt er das Thema.

›Kasimir ist tot. Schon lange. Dein Urururgroßvater war noch nicht einmal geboren, da war Kasimir schon tot. Was hältst du davon, wenn wir später in dieses Lichtspielhaus, ich glaube, du nennst es Kino, gehen?‹

Er hasst Ausgehen. Wie unangenehm muss ein Gespräch über Kasimir sein, wenn er sich lieber freiwillig mit mir in ein Kino setzt?

»Vampy, du weißt, dass ich dich liebe, oder?«

»Worauf willst du hinaus, Jonas?«

Er ist nicht dumm. Er ist alarmiert. Sein Körper versteift sich. Seine buschigen Augenbrauen ziehen sich über dem Nasenbein zusammen. Ich höre seine Zähne leise knirschen, dann steht er auf und greift sich seinen rotsamtenen Morgenrock.

»Du willst schon wieder über Kasimir reden, nicht wahr?«

Guck dir dieses Sahneschnittchen an. Können wir das Öffnen der Büchse des Kasimir nicht verschieben? Also ich wär‘ für Schiffchenversenken.

Kurz bin ich abgelenkt. Wenn Vampy nackt vor mir herumspringt, bringt mich das immer kurzzeitig aus dem Konzept. Auch das weiß er. Mit Speck fängt man Mäuse, mit Fleischwürsten Jonasse und Hunde. Er ist verdammt gut darin, seine Trümpfe auszuspielen.

Du hast ihm ja schließlich auch gezeigt, wie das geht.

Jepp, habe ich. So habe ich ihn – vor einem halben Jahr – letztlich rumgekriegt. Ich habe mich einfach nackig gemacht. Er fand mich schon vorher gut, aber das hatte den Ausschlag gegeben.

›Aber wenn SIE mich natürlich partout nicht wollen, dann ziehe ich mich wieder an.‹

›Lass die Hose liegen!‹

»Verdammt nochmal, Waldemar Theodosius Friedrich!«

Ich benutze absichtlich seine echten Vornamen. Das tue ich selten. Nur wenn ich wirklich pissed off bin.

Und ich könnte mich wegen WTF immer noch vor Lachen bepissen.

»Zu einer Beziehung gehört mehr, als nur nett zu kopulieren und Mondscheinwanderungen mit Wölfen zu unternehmen. Ich will wissen, was dich bedrückt. Ich will es wissen, wenn du unglücklich bist.«

»Kasimir ist vor über 200 Jahren gestorben, JONAS PRAGER. Meinst du nicht, dass ich genug Zeit hatte, ihn angemessen zu betrauern?«

Sein Blick verfinstert sich. Nicht bedrohlich, eher schwermütig-leidend. Normalerweise lenke ich in diesem Stadium ein, weil ich es nicht mag, wenn er leidet, aber heute stecke ich nicht zurück.

»Seinen Tod? Ja. Deinen Verlust? Nein.«

Ich mag es noch viel weniger, wenn sich der stolze Gockel nicht helfen lassen will, weil er mit seinem aristokratischen Verstand alles allein in den Griff zu bekommen gedenkt. Dass er auch ein Herz hat, das hat er – bis ich in sein Leben gestolpert bin – ein paar Menschenleben lang geschickt verdrängt. Meistens zumindest. Die zahlreichen Gemälde von Kasimir, die er in der hintersten Ecke der Schatzkammer gestapelt hat, zeugen von so einigen schwachen Momenten. Bin ich etwas eifersüchtig? Ja.

Jetzt gib dem armen Kerl doch mal ein bisschen Zeit. In 200 Jahren stapeln sich bestimmt auch ein paar Jonas-Bilder in der Schatzkammer. Oder in deinem Kleiderschrank. Der Svetlanas wegen.

»Was willst du hören, Jonas? Dass ich Kasimir geliebt habe? Ja, das habe ich. Dass ich eine Zeit lang gedacht habe, ich müsse sterben ohne ihn? Ja, das habe ich. War der Schmerz scheiße? JA, JA UND NOCHMAL JA!« Kurz regiert der Zorn. Auf sich, auf mich, auf Kasimir. Dann übernimmt die Traurigkeit. »Er ist gegangen. Er hat mich verlassen. Ohne ein einziges Wort.«

»Er hat dir Briefe geschrieben, Vampy. Es ist nicht seine Schuld, dass sie dein Vater abgefangen und abgefackelt hat.«

Ich greife seine Hand. Sie zittert. Das tut sie selten. Eigentlich fast nie. Wenn Vampy wach ist, hat er sich meist perfekt unter Kontrolle. Selbst beim Sex, weil er sich mir nie wirklich vollständig hingibt.

Hey, du hast ihm schon zweimal einen geblasen.

Schon? Blowjobs: Jonas 2, Lord Fellatio 100. Wow!

»Will ich eigentlich wissen, woher du von diesen angeblichen Briefen weißt, Jonas?«

Er schaut mich skeptisch an, aber er drückt meine Hand. Zwischen uns ist alles gut. Aber von meinen Abenteuern mit den Dickens-Geistern werde ich ihm dennoch nichts erzählen. Mir wäre es auch höchst unangenehm, wenn ER in meiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft herumwildern würde.

Deine Vergangenheit wäre deutlich wutziger.

»Vertraust du mir, Vampy?«

Ich streiche ihm mit der freien Hand eine Haarsträhne aus der Stirn. Ich weiß, er mag diese kleinen Gesten. Ich mag sie auch.

»Immer.«

Herzlichen Glückwunsch, es ist ein Snape.

»Dann frag mich nicht, woher ich bestimmte Dinge weiß. Ich weiß sie. Reicht dir das?«

Er legt den Kopf zur Seite, schaut mich nachdenklich an. »Ja«, antwortet er dann. Er ist ein Freak wie ich. Wir übernatürlichen Freaks haben unsere Geheimnisse. Das gehört zum Freaksein irgendwie dazu.

»Weißt du auch, was in diesen Briefen geschrieben stand? Ich würde es gerne wissen. Ich frage mich oft, ob er es bedauert hat, mich so einfach aufgegeben zu haben.«

»Nein, das weiß ich nicht«, antworte ich ehrlich. Ich habe sie bei meinem Besuch in der Vergangenheit nicht gesehen. Ich habe nur die Worte von Vampys Vater an Vampys Mutter in den Ohren.

›Ich habe den Stallburschen schon vor zwei Jahren aus der Burg gejagt, Werteste. Ich habe sogar ein weiteres Jahr lang seine Tintenergüsse abgefangen und dem Feuer überantworten müssen, aber zur Besinnung ist Waldemar Theodosius Friedrich ganz sicher nicht gekommen.‹

»Dann weißt du nicht, ob sie nicht nur ein billiges Tut mir leid enthalten haben. Ich habe jetzt ein Mädchen kennengelernt, das ich zu ehelichen gedenke, um mit ihr fünfundneunzig Kinder zu zeugen. Vielleicht nennen wir eins davon sogar Waldemar.« Vampy entzieht mir seine Hand.

Jetzt weiß ich, warum er nicht über Kasimir sprechen wollte. Auch nach über 200 Jahren ist die Wunde immer noch frisch. Kasimir hat ihm das Herz gebrochen, der verdammte Vampir, den ihm sein Vater auf den Hals-Schrägstrich-Arsch gehetzt hat, dann Salz in die Wunde gestreut – und ich bin der Einzige, der es wieder heilen und flicken kann.

›Die Entscheidung ist gefallen, Frikadesia. Alfons wird diesen jungen Herrn hierher schaffen und er wird unseren widerspenstigen Sohn verführen und beißen. Wenn Waldemar Theodosius Friedrich keinen Erben in die Welt setzen will, muss unser Sohn eben selbst unser Erbe, bis in alle Ewigkeit, bewahren.‹

»Für ein Tut mir leid hätte ein einziger Brief gereicht, Vampy.«

Ich nehme ihn von hinten in den Arm. Er wehrt sich nur kurz, dann sinkt er seufzend gegen mich.

»Aber was sind Briefe wert, Jonas? Tinte auf Papier. Leere Worte ohne Taten. Er hätte zurückkommen können. Notfalls heimlich. Spätestens als Vater tot war.« Vampys Stimme bricht weg. Ich würde darauf wetten, dass ihm eine Träne die Wange hinunterrinnt. Ich halte ihn fester. »Aber er ist nicht zurückgekommen. Er hat mich nicht nur verlassen, er hat mich auch vergessen.«

»Hast du nach ihm gesucht?«

»NATÜRLICH habe ich ihn gesucht. Ich habe sogar ehrenwerte und nicht ganz so ehrenwerte Männer beauftragt, jeden Stein einzeln umzudrehen. Doch nichts. Kasimir war wie vom Erdboden verschwunden. Niemand hat irgendwo von ihm gehört, niemand hat ihn je wieder gesehen. Wahrscheinlich hat er seinen Namen geändert – und sein Aussehen gleich mit. Mit Geld und Gold geht bekanntlich alles. Schon damals.« Vampys Stimme bekommt einen bitteren Unterton. »Mein Vater hat sich niemals lumpen lassen, wenn es darum ging, seinen Willen durchzusetzen.«

Was soll ich darauf antworten?

Du wolltest ja unbedingt die Büchse des Kasimir öffnen.

Ja, aber ich wollte nicht, dass Vampy noch mehr leidet. Ich wollte, dass er sich seine Sorgen und Ängste von der Seele redet – und nicht, dass er mit einem eleganten Hechtsprung in den trübsten Liebeskummertümpel springt.

»ICH werde dich nicht verlassen, Vampy.«

»Worte, Jonas, Worte!« Er löst sich aus meiner Umarmung. »Sehen wir den Tatsachen ins Auge. Ich bin kein Mensch, bei dem man gerne bleibt. So sehr ich mich auch anstrenge, JEDER verlässt mich, früher oder später.«

Ich will noch etwas entgegnen, da hat er das Zimmer schon verlassen. Ich bleibe – mit offenstehendem Mund – zurück. Er weiß nicht, was mir der Geist des zukünftigen Irgendwas gezeigt hat, denn wüsste er es, wäre ihm klar, dass ich ihn niemals verlassen werde. Dank dieses bescheuerten Eizellen-Freds weiß ich nämlich sehr genau, was Verlustangst ist. Ich habe mich für ein Leben mit Vampy entschieden, weil ein Leben ohne Vampy für mich nicht infrage kommt. So nervig Dickens-Geister auch sein mögen, sie zeigen einem, was wirklich wichtig ist.

Hmmm. Sag mal …

Zwei Dumme, ein Gedanke.

Genaugenommen sind wir nur EIN Dummer.

Oder so.

3. Kapitel: Sistaaas!

Alfons’ Hexenküche. Seit seinem Tod war ich nicht mehr hier gewesen.

Warum auch? Du planst schließlich keine Zweitkarriere als Kräuterhexe.

Genaugenommen habe ich gar keine Karriere.

Das stimmt so nicht. Du machst dich vorzüglich als Gesellschaftsdame eines verschrobenen Grafen. Voller Körpereinsatz und so.

Pfff. Meine innere Stimme kann bisweilen ein ganz schönes Arschloch sein. Natürlich füllt mich mein aktuelles Dasein nicht aus.

Na ja. Als ausfüllend würde ich es schon bezeichnen.

»Halt die Klappe!«

Ich habe gerade Besseres zu tun, als mit mir selbst mein Sexleben auszudiskutieren. Ich muss Alfons’ kleine Gruselbibliothek durchforsten – und dann auch noch darauf hoffen, dass ich hier alle Ingredienzien finde.

Die blöden Gespenster? Dein Ernst?