Flammentänzer - Donna Grant - E-Book

Flammentänzer E-Book

Donna Grant

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Beschreibung

Kneipenbesitzerin Sammi Miller führt ein ruhiges, fast schon langweiliges Leben – bis zu dem Tag, an dem sie in ihrem Pub überfallen und angeschossen wird. Schwer verletzt flüchtet Sammi zu ihrer Halbschwester Jane in die schottischen Highlands. Dort liegt, in den Hügeln versteckt, der Unterschlupf der legendären Drachenkönige, und dort glaubt sich Sammi endlich vor ihren Feinden in Sicherheit. Wovor sie allerdings nicht sicher ist, ist die Liebe, die ihr in Gestalt des düster-sinnlichen Drachenkriegers Tristan begegnet ...

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Seitenzahl: 526

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DONNA GRANT

FLAMMENTÄNZER

Roman

 

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

 

Das Buch

Tief verborgen im üppigen Grün der schottischen Highlands leben die letzten Drachenkönige: mächtige Krieger, die in der Lage sind, ihre Gestalt zu wechseln. Ihre Aufgabe ist es, die Menschen, vor den Feen und ihren dunklen Kräften zu beschützen. Doch inzwischen glauben die Menschen nicht mehr an Magie, und die Drachenkönige haben sich von ihnen abgewandt. Auch die hübsche Kneipenbesitzerin Sammi Miller ahnt nichts von dieser geheimnisvollen Welt – bis sie eines Tages auf der Flucht vor der Mafia Unterschlupf bei ihrer Halbschwester Jane sucht, die mit einem Drachenkönig verheiratet ist. Dort begegnet Sammi dem Drachenkrieger Tristan, der schwört, sie vor ihren Verfolgern zu beschützen. Sammi fühlt sich sofort zu dem atemberaubend schönen Mann hingezogen, und zum ersten Mal seit dem Tod ihrer Mutter kann sie sich einer anderen Person gegenüber öffnen. Doch Tristan trägt ein dunkles Geheimnis aus seiner Vergangenheit mit sich herum, und obwohl auch er sich Hals über Kopf in Sammi verliebt, hat der toughe Drachenkrieger Schwierigkeiten, sich seine Gefühle einzugestehen. Doch dann wird Sammi von den Dunklen Feen entführt, und Tristan muss alles auf eine Karte setzen, um die Frau, die er liebt, zu retten …

Die Autorin

Donna Grant wurde in Texas geboren und ist dort aufgewachsen. Ihre Leidenschaft fürs Reisen führte sie jedoch auch nach Mexiko, Jamaika und Schottland. Ihre zweite große Leidenschaft ist das Schreiben übernatürlicher Liebesgeschichten, mit denen sie regelmäßig eine Platzierung auf den amerikanischen Bestsellerlisten schafft. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Texas. Der erste Band aus Donna Grants Drachenkönige-Reihe, Dunkle Flammen, ist bereits im Heyne Verlag erschienen.

Mehr über Autorin und Werk erfahren Sie auf:

www.donnagrant.com

 

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Titel der amerikanischen Originalausgabe

FIRE RISING

Deutsche Übersetzung von Ingrid Klein

Deutsche Erstausgabe 08/2016

Redaktion: Uta Dahnke

Copyright © 2014 by Donna Grant

Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabe by

Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München,

unter Verwendung von shutterstock/Yeko Photo Studio

Satz: Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich

ISBN: 978-3-641-18811-5V001

www.heyne.de

 

Für euch –

das Abenteuer geht weiter …

 

 

Prolog

Mai 2014

Rose and Crown Pub

Oban, Schottland

Sammi wischte gerade den hochglanzpolierten Bartresen ihres Pubs ab, als die Eingangstür aufgerissen wurde und Daniel hereingestürzt kam. Verwundert registrierte sie den gehetzten Ausdruck und die Schweißperlen auf seinem Gesicht. Als er die Tür hinter sich schloss und sie ängstlich und zugleich mit einem Ausdruck des Bedauerns und des schlechten Gewissens ansah, wusste sie, dass etwas sehr Schlimmes passiert war.

»Was ist los?«, fragte sie vorsichtig.

Daniel schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch, als wüsste er nicht recht, ob er sich beeilen oder sich Zeit lassen sollte auf dem Weg zu ihr hinter den Tresen. Seine Blicke schossen hin und her, und sein Gesicht war stark gerötet. »Wir müssen verschwinden. Sofort.«

»Ich habe eben erst geschlossen.« Sammi nahm sich ein Glas, hielt es unter einen Zapfhahn und ließ es halb voll laufen mit dunklem Bier, bevor sie den Hahn abdrehte und das Glas zum Mund führte. Sie genehmigte sich mehrere Schlucke und grübelte dabei über das merkwürdige Gebaren ihres Ex-Geliebten nach.

Ihre Affäre war heftig – und kurz – gewesen. Sie wusste, dass Daniel weder der Typ für dauerhafte Beziehungen war noch derjenige, mit dem sie eine hätte haben wollen. Nicht dass so ein Mann überhaupt existierte.

Oder dass sie irgendjemanden so nah an sich heranlassen würde.

Aber er hatte eine tolle Nase für alles Geschäftliche. Selbst, als ihre kurze Affäre bereits im Abklingen begriffen war, festigte sich ihre Freundschaft noch, bis Daniel einfach zum Geschäft gehörte, ein Teil davon geworden war. Seine Verbindungen zu Händlern und Lieferanten reduzierten ihre Kosten um ein Drittel, sodass sie viel mehr einsparte, als sie für möglich gehalten hätte.

»Sammi, es ist mein Ernst«, sagte er eindringlich, seine Stimme tiefer als sonst, während er nach ihrem Arm griff.

Sie wich ihm aus und stützte einen Ellenbogen auf den Tresen, warnte ihn mit einem Blick, ja nicht den Versuch zu unternehmen, sie zu zwingen. Ihr klangen die Ohren noch von den abendlichen Geräuschen, und bei dem Gedanken an das Hummer-Sandwich, das in der kleinen Küche hinten im Pub auf sie wartete, lief ihr das Wasser im Mund zusammen.

»Erst will ich wissen, was hier los ist.«

»Verdammt. Wir haben keine Zeit.« Er fuhr sich mit einer Hand durch sein schütteres dunkles Haar und fluchte laut. »Wir müssen auf der Stelle von hier abhauen.«

»Erst muss ich noch die Fußböden wischen, was eigentlich deine Aufgabe gewesen wäre laut unserem Arbeitsplan. Du weißt doch? Der Arbeitsplan, den ich letzte Woche aufgehängt habe? Und dem du zugestimmt hast? Wenn du dich hier öfter blicken ließest, wüsstest du, wo er hängt. Nebenbei bemerkt, was ist eigentlich damit? Du hast dich sehr rar gemacht in letzter Zeit.«

Er schluckte schwer und blickte nervös zur Tür. »Ich erzähle dir alles, sobald wir unterwegs sind. Geh und pack eine Tasche, so schnell du kannst.«

Sammi hätte beinahe ihr Bier durch die Nase ausgeprustet, so absurd fand sie diese Aufforderung. »Was?«, fragte sie ungläubig, nachdem ihr Husten sich gelegt hatte. »Warum muss ich eine Reisetasche packen?«

»Sie kommen, Sammi. Wir müssen verschwinden!«, schrie Daniel jetzt geradezu. »Auf der Stelle!«

Eine böse Ahnung beschlich sie. »Wer kommt? Ich rühre mich nicht von der Stelle, ehe du mir das sagst, also spuck’s aus.«

Er legte beide Hände flach auf den Tresen und ließ den Kopf hängen, als lastete das Gewicht der Welt auf seinen Schultern. »Ich war ein Idiot. Ich … ich habe mich mit einigen schlimmen Leuten eingelassen als Jugendlicher. Ich hatte nicht wirklich eine andere Wahl. Jeder in meiner Familie arbeitet irgendwie für sie. Und ich habe weiter für sie gearbeitet, weil die Arbeit sehr gut bezahlt wurde. Und dazu war es auch noch leicht verdientes Geld.«

»Was waren das für Leute?«, fragte sie zögernd. Sie war sich nicht sicher, ob sie es wirklich wissen wollte. Sie stellte ihr Glas ab, spähte hinüber zur Tür, die Daniel geschlossen hatte, und ihre Befürchtungen wuchsen.

»Ihre Namen spielen keine Rolle. Sie gehören zum organisierten Verbrechen.«

Das Blut gefror ihr in den Adern bei seinen Worten. »Was hast du für sie gemacht?«

»Geld gewaschen. Durch den Pub.«

»Meinen Pub?« Sie fühlte sich, als hätte jemand sie in den Magen geboxt. Der Mann, dem sie vertrauensvoll die Buchführung ihres Lokals überlassen hatte, hatte Geld für die Mafia gewaschen. Diese Vorstellung war viel zu abwegig, einfach unbegreiflich.

Daniel hob den Kopf, seine blauen Augen blickten sie schuldbewusst an. »Wir haben beide davon profitiert. Dafür habe ich gesorgt.«

»O Gott.« Es wurde von Minute zu Minute schlimmer. Sie ahnte es zwar bereits, fragte aber nichtsdestotrotz: »Was genau hast du gemacht?«

Daniel stieß sich vom Tresen ab und nahm ihre Hände in seine. »Ich habe etwas von ihrem Geld abgezweigt. Nur ganz wenig, Sammi, aber ich wollte sichergehen, dass du ausgesorgt hast. Du hattest echt zu kämpfen mit dem Pub, nachdem deine Mum gestorben war, ganz zu schweigen davon, dass ich den Pub zur Geldwäsche genutzt habe. Es war das Mindeste, was ich für dich tun konnte.«

Ihr fehlten die Worte. Der Mann, der vor ihr stand, der Mann, mit dem sie ihr Bett und ihr Geschäft geteilt hatte, war ihr plötzlich vollkommen fremd. Allerdings versetzte die Tatsache, dass er Angst hatte, sie in höchste Alarmbereitschaft.

»Sie haben herausgefunden, dass du Geld gestohlen hast, stimmt’s?«

Er nickte steif. »Ich hätte mich vor zwei Stunden mit ihnen treffen sollen.«

»Du hättest? Du meinst, du hast es nicht getan?« Sie konnte ihn nur total schockiert anstarren.

»Weißt du, was die mit Leuten, die ihnen Geld stehlen, anstellen?«

Sammi blickte sich um in ihrem Pub, als die Erkenntnis sie mit voller Wucht traf. Sie hatte Geld zusammengekratzt, und mit ein wenig zusätzlicher Unterstützung vonseiten ihrer Mutter hatte sie es vor fünf Jahren geschafft, den Pub zu kaufen. Er war ihr Leben. Das dunkle, glatte Holz der Bar, die Schnapsflaschen, die aufgereiht in den Regalen standen, und die Essensdüfte, die von hinten aus der kleinen Küche drangen, waren die einzigen Dinge, auf die sie sich jeden Tag aufs Neue freute.

Sie würde sie verlieren. Wegen eines Idioten, dem sie vertraut hatte. »Ich habe genug Filme gesehen, um das zu wissen.«

»Sie werden mich aufspüren. Du darfst nicht hier sein, wenn es so weit ist. Sie werden … Du willst gar nicht wissen, was sie dir antun werden.«

Nein, das wollte sie wirklich nicht. Aber genauso wenig hatte sie vor, ihren Pub aufzugeben. Er gehörte ihr, und sie würde um ihn kämpfen. Dazu musste sie allerdings zunächst einmal am Leben bleiben. »Wir lange werden wir wegbleiben?«

Daniel runzelte die Stirn, und seine dunklen Brauen verdüsterten seinen Blick. »Wir werden nie wieder zurückkehren. Sie haben einen langen Arm. Wenn wir zu lange an einem Ort bleiben, schnappen sie uns. Keine Kreditkarten, keine Handys. Wir müssen verschwinden und uns neue Identitäten verschaffen.«

Der Raum um sie herum begann zu schwanken, da ihr Leben derart aus den Fugen geriet. Als sie heute Morgen aufgewacht war, hatte sie noch vorgehabt, morgen hinunter zu den Docks zu gehen, um die beste Auswahl an den frischesten Meeresfrüchten ganz Schottlands zu haben.

»Mein gesamtes Geld liegt auf der Bank.«

»Wir können es nicht riskieren«, sagte Daniel. »Nimm mit, was du hier hast. Wir müssen improvisieren. Ich habe etwas Geld im Lagerhaus versteckt. Du weißt schon, in dem, das ich unter falschem Namen gekauft habe.«

Sie wusste, von welchem er redete, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dorthin zu gelangen, ohne dass die Mafia sie vorher zu fassen kriegte. Und wie sollte sie überleben ohne ihre Kreditkarten, ihr Bankkonto oder ihr Handy? Der Gedanke daran, auf der Flucht zu sein, erschreckte sie, verunsicherte sie zutiefst.

Verwirrte sie.

»Na los«, sagte Daniel, während er sie zu der Pendeltür schob, die zu dem nicht öffentlich zugänglichen Bereich hinter dem Schankraum des Pubs führte.

Sammi warf einen Blick in die hell erleuchtete Küche und auf das Hummer-Sandwich, das auf einem weißen Teller auf der Arbeitsfläche aus Edelstahl auf sie wartete. Aber statt dorthin ging sie nach rechts, an der Tür ihres Büros vorbei und die Treppe hinauf, die zu ihrer Wohnung führte.

Es bestand keine Notwendigkeit, Licht anzumachen. Die Straßenlampen sorgten für ausreichend Helligkeit, sodass sie ihren Weg zu ihrem Schlafzimmer deutlich sehen konnte.

Um drei Uhr morgens war Oban am ruhigsten. Wie viele Male war sie von den Schreien der Möwen geweckt worden, wenn ein Schiff anlegte? Wie viele Drinks hatte sie den Einwohnern von Oban eingeschenkt?

All das würde sie jetzt hinter sich lassen. Es war so ungerecht. Vielleicht würde sie einfach nicht gehen. Daniel war derjenige, der das Geld geklaut hatte. Er war derjenige, hinter dem sie her waren.

»Wem will ich etwas vormachen?«, fragte sie sich selbst.

Bevor die sie näher überprüfen würden, wäre sie wahrscheinlich schon tot, schon erschossen worden. Auch wenn sie vorgäbe, von nichts zu wissen, würden die sie mit Sicherheit nicht einfach gehen lassen.

Sie wollte nicht sterben, also tat Sammi, was sie tun musste – wie immer. Sie zog eine Tasche unter ihrem Bett hervor, öffnete mehrere Schubladen und wollte schon Kleidungsstücke hineinstopfen, als sie einen Wagen vorfahren hörte.

Sammi eilte auf die Seite ihres Lofts, die zum Parkplatz hin lag, und drückte sich neben dem Fenster an die Wand. Sie zögerte sekundenlang, bevor sie vorsichtig durch die durchsichtigen goldenen Gardinen spähte.

Sie sah einen Lexus SUV und drei vierschrötige Männer, die einen großen, elegant gekleideten Mann flankierten, der offenbar ihr Anführer war.

Er hielt inne, um sein Anzugjackett zuzuknöpfen, und blickte hinauf zu ihrem Fenster. Sie konnte nicht viel über ihn sagen, außer dass er dunkle, glatte Haare hatte.

»Mist. Mist, Mist, Mist«, murmelte sie, während sie sich duckte und, so schnell sie konnte, zurückwich vom Fenster.

Sie musste hinunter zu Daniel, damit sie durch die Hintertür fliehen konnten, bevor …

Ihre Gedanken wurden abrupt dadurch unterbrochen, dass die Tür des Pubs krachend gegen die Wand schlug. Jetzt gab es keine Möglichkeit mehr zu entkommen. Sammi stand auf der obersten Treppenstufe. Ihr Herz pochte geradezu unerträglich langsam.

Dies war die Nacht, in der sie sterben würde. Die Erkenntnis ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Sie blickte zum Telefon, wünschte sich, dass sie Jane zurückgerufen hätte, wie sie es vor ein paar Stunden noch vorgehabt hatte.

Jane, ihre Halbschwester, die vor zwei Jahren so unverhofft und überraschend in ihr Leben geplatzt war. Es war unmöglich gewesen, Jane nicht zu mögen. Egal, wie sehr Sammi sich dagegen gewehrt hatte; sie hatte Jane näher an sich herangelassen als irgendjemand anderen, nachdem ihre Mutter gestorben war.

Sammi wurde durch Daniels Schmerzensschrei aus ihren Gedanken gerissen. Der Adrenalinstoß sorgte dafür, dass sie sich flach an die Wand presste für den Fall, dass jemand die Treppe hochsah.

»Du hättest dich lieber hüten sollen, mir mein Geld zu stehlen«, drang ein kultivierter englischer Akzent zu ihr hinauf. »Ich wäre möglicherweise nachsichtiger gewesen, wenn du meiner Aufforderung gefolgt wärst.«

»Au … ich«, sagte Daniel und keuchte heftig. »Ich wollte Ihnen die jüngste Abrechnung des letzten Postens bringen, den ich gewaschen habe.«

»Wie viel hast du dieses Mal genommen?«

Sammi zuckte zusammen, als Daniel zögerte.

»Danny«, sagte der Mann, in dessen Stimme eine Andeutung von Bosheit und etwas noch Finstereres lag. »Ich würde vorschlagen, dass du mir antwortest.«

»Ich ha-habe nur zehntausend genommen.«

»Und was hast du mit meinem Geld gemacht?«

Das Geräusch von sich nähernden Fußschritten veranlasste Sammi, sich noch weiter von der Treppe zurückzuziehen. Sie bekam Daniels Antwort nicht mit, da sie sich voll und ganz auf ihren potenziellen Verfolger konzentrierte.

Mehrere angespannte Minuten verstrichen, bis der Mann sich wieder entfernte. Sammi atmete erleichtert aus, aber als Daniel erneut aufschrie, wusste sie, dass sie hier verschwinden musste.

Sie befeuchtete ihre Lippen, während sie die Entfernung bis zu den Fenstern links und rechts von ihrem Bett abschätzte. Wenn sie es bis dahin schaffte, könnte sie am Fallrohr der Regenrinne hinunterrutschen. Aber eben nur wenn.

»Wo ist Miss Miller?«, fragte der Anführer.

Sie fing an, seinen kultivierten Tonfall zu hassen.

Daniel antwortete nicht. Einen Moment später hörte sie das unmissverständliche Geräusch eines Faustschlags, der seinen Körper traf. Daniel hustete, und sein pfeifender Atem verriet ihr, dass der Schlag ihn in den Bauch getroffen hatte.

»Ich frage dich noch einmal, Danny. Wo ist Miss Miller?«

»Sie hat nichts hiermit zu tun«, antwortete er.

Sammi schloss die Augen, als sie hörte, wie ein weiterer Faustschlag ihn traf.

»Richte seinen Stuhl auf, Fabian«, befahl der Anführer.

Ein Stuhl schrappte über den Fußboden, dann herrschte erneut Stille. Sammi hatte die wildesten Vorstellungen von dem, was dort unten gerade vorging.

»Danny?«

»Sie ist nicht hier«, bellte Daniel wütend. »Sammi hat sich ein paar Tage frei genommen.«

Sie hörte ein Schnauben. »Du meinst, du hast sie weggeschickt, damit du dich ihr gegenüber nicht rechtfertigen musst, richtig?«

»Was immer Sie sagen, Mr. …«

Daniels Ausführungen wurden von einem weiteren Treffer unterbrochen. Sammi machte die Augen wieder auf und spähte erneut hinüber zu den Fenstern. Ihr lief die Zeit davon. Die Männer würden Daniel nicht glauben. Sie würden das gesamte Haus durchsuchen. Wenn sie die Sonne noch einmal aufgehen sehen wollte, konnte sie hier keinesfalls bleiben.

Sie holte tief Luft und stieß sie wieder aus, als sie durch die offene Tür stürmte. Sie hatte in erster Linie an Schnelligkeit gedacht, und nicht an Verstohlenheit. Ein Fehler, wie sie umgehend bemerkte, als eine Bodendiele unter ihrem Fuß knarrte. Sie erstarrte und hörte im selben Moment, dass der Anführer jemanden auf die Suche nach oben schickte.

Sammis Hände zitterten, als sie versuchte, das Fenster zu öffnen. Das Adrenalin hielt sie zwar aufrecht, aber vor Panik war sie ungeschickt.

Sie bekam das Fenster auf, als der erste Schläger die Treppe hinauflief. Da sie kein Licht anhatte, konnte er sie nicht sehen, was ihn aber nicht daran hinderte, einige Schüsse in den Raum abzufeuern – von denen ihr einer gefährlich nahe kam.

Als er nach dem Lichtschalter tastete, hatte sie das Fenster so weit hochgeschoben, dass sie sich hindurchzwängen konnte. Sie klammerte sich mit beiden Beinen und einer Hand an das Fallrohr, sodass sie mit der anderen Hand das Fenster wieder herunterziehen konnte, bis es beinah geschlossen war.

Das Glück war auf ihrer Seite, weil erst in diesem Augenblick das Licht anging.

Sammi hörte Stimmen von der Vorderseite des Pubs und rutschte, getrieben von ihrer Furcht, schnell an dem Rohr hinunter. Sie landete hart auf dem Boden und verstauchte sich ihren Fußknöchel. Nach einem hastigen Blick zurück über ihre Schulter zwängte sie sich nahezu geräuschlos zwischen leeren Kisten hindurch und floh geradewegs ins Wasser, als die näherkommenden Fußschritte lauter wurden.

Obwohl es über dem Wasser stockdunkel war, presste sie sich so eng wie möglich an die Kaimauer aus Angst, entdeckt zu werden. Sie waren da, warteten nur darauf, dass sie ein Geräusch machen und sich verraten würde, aber sie dachte nicht im Traum daran.

Sammi zitterte im kalten Wasser, von Entsetzen gepackt. Jeden Augenblick könnte ihr Leben ausgelöscht werden, enden, bevor sie auch nur eins ihrer Ziele erreicht hatte.

Sie kamen bis zum Rand des Kais, wo sie stehen blieben und das schwarze Wasser absuchten. Die Stille war am schwersten zu ertragen. Sammi betete stumm, dass sie reden, dass sie irgendetwas sagen würden, um die Stille zu durchbrechen.

Ihr Wunsch wurde erfüllt, als sie anfingen, mehrere Salven abzufeuern, und die Kugeln um sie herumpfiffen wie kleine Raketen. Es kam ihr wie Stunden vor, bis der Anführer seine Männer zurückrief und sie verschwanden. Sammi wartete, bis sie hörte, dass der Motor des SUVs angelassen wurde. Erst dann traute sie sich langsam aus dem Wasser.

In dem Moment flog ihr Pub in die Luft.

Die Wucht der Explosion schleuderte Sammi zurück ins Meer. Durch die Wasseroberfläche konnte sie die Flammen erkennen, die in den dunklen Himmel schossen. Und als sie anfing wegzuschwimmen, spürte sie ein Stechen in ihrer Schulter.

Sie durchbrach die Oberfläche und holte keuchend Luft, versorgte ihre brennenden Lungen mit Sauerstoff. Menschen rannten nun dort oben hin und her, schrien durcheinander, während sie versuchten, das Feuer zu löschen, damit nicht auch noch der Rest der Straße in Flammen aufging.

Sammi schwamm weiter am Kai entlang, nur weg von ihrem Pub, und erklomm schließlich schwankend eine der Leitern, die an Land führten. Erst als sie oben angelangt war, tastete sie nach ihrer Schulter, und die Berührung sorgte dafür, dass sie zischend die Luft einsog.

Sie ballte ihre Hände zu Fäusten, unterdrückte einen Fluch. Als sie ihre Handflächen betrachtete, stellte sie fest, dass sie bluteten und aufgeschürft waren.

Noch hielt das Adrenalin die Schmerzen in Schach, aber die würden nicht mehr lange auf sich warten lassen. Sie musste unbedingt einigen Abstand zwischen sich und Oban legen, bevor die Schmerzen voll zuschlugen.

 

 

1

Einen Monat später …

»Hallo, Schwesterherz, ich bin’s.«

Sammi verdrehte die Augen angesichts ihres viel zu fröhlichen Tonfalls, während sie ihre Fahrt in dem vierten gestohlenen Wagen fortsetzte. Das würde nie im Leben klappen. Jane sollte schließlich annehmen, dass es sich um einen spontanen – und kurzen – Besuch handelte.

Wenn ihre Halbschwester Wind davon bekäme, dass sie in Schwierigkeiten war, würde Jane versuchen, ihr zu helfen. Und das war das Letzte, was Sammi wollte.

Andererseits musste sie sich unbedingt ein bisschen ausruhen. Richtig ausruhen. Nicht so wie in den vergangenen vier Wochen, in denen sie immer nur stundenweise geschlafen hatte. Es hatte einfach nirgendwo einen Ort gegeben, an dem sie sich sicher genug gefühlt hätte, um sich den Schlaf zu holen, den ihr Körper für seine Heilung gebraucht hätte.

»Jane. Ich bin’s«, versuchte es Sammi erneut mit einem strahlenden Lächeln, das allerdings schnell verschwand, als sie sich aufstöhnend eingestand: »Ich kriege den lockeren Tonfall einfach nicht hin. Sie wird mich auf der Stelle durchschauen.«

Nichts war leicht gewesen, seit sie geflohen war. Sie hatte sich nicht getraut, ihre Kreditkarten zu benutzen, weil sie befürchtete, dass die Mafia sie aufspüren könnte. Aus dem gleichen Grund hatte sie kein Bargeld von ihrem Bankkonto abgehoben. Aber wenigstens hatte Daniels Geld an der von ihm genannten Stelle gelegen. Nur dadurch hatte sie bisher überlebt.

Sie hatte sich darauf verlegt, Autos zu stehlen, die sich besser zum Verschrotten denn als Transportmittel geeignet hätten. Aber sie sollte sich nicht beklagen. Der Schrotthaufen, den sie gerade fuhr, schaffte immerhin fünfzig Meilen pro Stunde, ohne liegenzubleiben.

»Bring mich bitte bis nach Dreagan, alte Rostlaube, dann fackele ich dich auch nicht einfach ab.«

Als wollte er Sammi kundtun, dass sie ihn keinesfalls in der Gewalt hatte, stotterte der 1982er Morris Marina erst mal, bevor der Motor langsam wieder auf Touren kam.

Sammi dachte nicht weiter über das Auto nach, sondern wieder über eine Begrüßung, die nicht Janes Misstrauen erregen würde. Sie hatte bereits zwei weitere Szenarien durchgespielt, als sie die Fahrt schließlich verlangsamte, da sie sich der Abbiegung näherte, die Jane ihr vor ungefähr einem Jahr beschrieben hatte. Damals hatte sie Sammi zu der geplanten Party nach ihrer Hochzeit mit Banan eingeladen.

Eine weitere Einladung, die Sammi unter irgendeinem Vorwand nicht angenommen hatte. Was für ein Mensch war sie eigentlich, dass sie log und nicht zur Hochzeitsfeier ihrer Schwester ging?

Sie wusste zwar nicht, wieso sie sich an die Beschreibung dieser Abbiegung erinnerte, da sie im Pub während des Telefonats Bestellungen entgegengenommen hatte, aber irgendwie wusste sie, dass es die richtige war. Und sie war sehr dankbar.

Sammi fuhr mit gedrosselter Geschwindigkeit die lange, kurvenreiche Straße entlang, die auf beiden Seiten von Gebirge flankiert war. Einmal meinte sie, jemanden oder etwas erspäht zu haben im dichten Wald, aber es war wohl Einbildung gewesen. Ihre Fantasie spielte sowieso verrückt seit jenem Vorfall – wie sie es inzwischen nannte – in Oban.

Sammi spürte, wie die Anspannung in ihren Schultern etwas nachließ, als Dreagan Industries in Sicht kam. Jane hatte sie mehrmals eingeladen, aber sie hatte es nie geschafft, ihren Pub zu verlassen. Jetzt, da sie den spektakulären Anblick in sich aufnahm, wünschte Sammi sich, dass sie es getan hätte.

Sie parkte den Wagen und sah sich nach dem Wohnhaus um. Jane lebte auf dem Gelände, aber alles, was Sammi sah, waren Gebäude, die dazu dienten, Dreagans berühmten Whisky herzustellen.

Mehrere Minuten lang sog sie einfach den Anblick der weißen Häuser mit ihren roten Dächern in sich auf, die Geräusche der Brennerei und die Stille, die ein Teil von Dreagan selbst zu sein schien, bis sie schließlich den Wagen verließ.

Jane hatte ihr erzählt, dass Dreagan über sechzigtausend Morgen groß war. Und soweit Sammi bisher sehen konnte, gab es nicht ein einziges Fleckchen, das ihr nicht den Atem verschlagen hätte.

Zum ersten Mal seit über einem Monat spürte sie nicht das Kribbeln im Nacken, fühlte sie sich nicht beobachtet. Ein Blick rundum bestätigte ihr, dass es keine verdächtigen Autos gab, keine zwielichtigen Männer, die ihr möglicherweise gefolgt waren.

Vielleicht könnte sie hier endlich zur Ruhe kommen. Und sei es auch nur für ein paar Tage. Länger würde sie keinesfalls bleiben, es nicht riskieren, die Mafia geradewegs zu Jane zu führen. Ganz zu schweigen davon, dass Janes Ehemann, Banan, es sicher nicht begrüßen würde, wenn Kriminelle hier eindringen und die Schönheit Dreagans zerstören würden.

»Sind Sie auch hier, um sich um den Job zu bewerben?«

Sammi zuckte zusammen, aufgeschreckt von der Stimme hinter ihr. Die Bewegung zerrte an ihrer nur schwer heilenden Wunde, sodass sie ihren linken Arm mit der rechten Hand stützte. Sie drehte sich um und erblickte eine junge Frau mit schimmerndem schwarzem Haar, das ihr über die eine Schulter fiel.

Die Frau musterte Sammis Arm mit ihren dunklen Augen, und Besorgnis umwölkte ihr Gesicht. »Sind Sie verletzt? Kann ich Ihnen helfen?«

Sammi schluckte und ließ ihren Arm vorsichtig sinken. »Alles in Ordnung, danke.«

»Aber Sie können nicht sehen, wie blass Sie geworden sind.«

»Sie sind Amerikanerin, richtig?«, fragte Sammi, um das Thema zu wechseln.

Die Frau blickte kurz weg, als sie nickte. »Meine Mutter stammt aus Südafrika, und mein Vater hat sowohl die amerikanische als auch die spanische Staatsbürgerschaft.«

»Wie interessant.« Als einstige Pubbesitzerin hatte Sammi ein Gespür für Menschen, die eine Geschichte zu erzählen hatten, und dass diese Frau eine von ihnen war, sah sie sofort.

Die junge Frau trat einen Schritt näher und schob ihre dunkle Haarpracht über ihre Schulter zurück. »Lassen Sie sich wenigstens von mir hineinhelfen, damit Sie sich ein wenig sammeln können vor dem Vorstellungsgespräch.«

Sammi mochte die Frau auf der Stelle, ihren amerikanischen Akzent und alles. Sie hatte etwas an sich, was ihr sagte, dass die Frau durch und durch gutherzig war.

»Ich bin nicht hier, um mich vorzustellen«, klärte Sammi sie auf.

Die Frau hielt inne, bevor ein kleines Lächeln ihr Gesicht erhellte. »Also, da bin ich aber froh. Ich brauche diesen Job nämlich wirklich.«

»Machen Sie sich keinen Kopf über irgendwelche Konkurrenz. Sie sind ein Naturtalent im Umgang mit Menschen. Wenn das verlangt wird bei diesem Job, wären sie verrückt, Ihnen die Stelle nicht zu geben.«

Die Frau strahlte so, dass sich jetzt Fältchen um ihre großen dunklen Augen bildeten. »Vielen Dank. Ich bin übrigens Lily. Lily Ross.«

»Freut mich, Sie kennenzulernen, Lily. Ich bin Sammi.«

Lily nahm ihre Handtasche auf die andere Schulter, was dazu führte, dass der Ärmel ihres Pullovers, der mindestens drei Nummern zu groß war, herunterrutschte und einen großen blauen Fleck an ihrem Arm enthüllte.

»Das ist aber ein verdammt gemeiner Bluterguss«, bemerkte Sammi.

Lily lachte, während sie ihren Pullover wieder darüber zog. »Ich bin unglaublich tollpatschig. Es ist nicht mehr erforderlich als ein voller Wäschekorb und Schuhe mitten auf dem Fußboden, und schon bin ich eine Katastrophe in Wartestellung.«

»Dann müssten Sie sich großartig mit Jane verstehen.« Sammi nahm sich vor, auf keinen Fall etwas Zerbrechliches in ihrer Nähe zu haben, wenn beide, Lily und Jane, anwesend waren.

Lily musterte Sammi von Kopf bis Fuß und runzelte die Stirn. »Sie müssen sich unbedingt setzen. Soll ich Sie hineinbringen?«

»Ich glaube, ich schaffe es schon selbst, aber ich komme mit.«

Sie waren erst ein paar Schritte gegangen, als Lily fragte: »Wieso denken Sie, dass ich gut mit Menschen umgehen kann?«

»Diese Gabe hatte ich schon immer. Ich sehe eine Person an und weiß es einfach. Ich habe mal einen Pub geführt und sehr schnell gelernt, dass nur ein ganz bestimmter Menschentyp geeignet ist, in diesem Metier zu arbeiten und erfolgreich zu sein. Menschen wie Sie.«

Lily lächelte, wendete aber die Augen ab und blickte zu Boden.

Als sie nichts weiter sagte, beschloss Sammi, sie ein bisschen auszuhorchen. »Um was für einen Job wollen Sie sich denn bewerben?«

»Oh, um keinen besonders wichtigen. Es geht nur um den Geschenkeladen.«

»Dann würden Sie Touristen also Dreagans Whisky verkaufen?«

»Genau.«

»Das ist perfekt für Sie. Seien Sie nur zuversichtlich, wenn Sie hineingehen. Und nicht vergessen: Es ist ein wichtiger Job, weil es Ihrer sein wird.«

Lilys Lächeln wurde breiter, verwandelte die liebenswerte junge Frau in eine wahre Schönheit. Sie trug sehr wenig Make-up, und ihre Kleidung war zu weit und ziemlich trist.

Sammi, die nie eine enge Freundin gehabt hatte, überkam das plötzliche Bedürfnis, mit Lily shoppen zu gehen und sie mit den passenden Klamotten auszustatten. Mit irgendetwas Hellem und Gewagtem, was zu ihrer Hautfarbe passen würde. Es lag bestimmt daran, dass sie sich wochenlang vor der Mafia hatte verstecken müssen, dass sie nun auf eine so aberwitzige Idee kam.

Nur gut, dass sie sich der Ladentür näherten, sonst hätte Sammi unter Umständen noch etwas wirklich Dummes angestellt und Lily angeboten, mit ihr einkaufen zu gehen! Und das hätte die Frau möglicherweise beleidigt. Lily kleidete sich vielleicht gern wie eine Sechzigjährige. Manche Frauen waren einfach so.

Trotz ihres Aufzugs war Lily eine bemerkenswerte Schönheit mit ihrem schwarzen Haar, den dunklen Augen und ihrem dunklen Teint. Entsprechendes konnte man von Sammi nicht gerade behaupten, aber Sammi hatte schon früh gelernt, sich mit ihren störrischen Haaren und ihrer hellen Haut abzufinden, dank ihrer Mutter.

Sobald sie den Laden betreten hatten, fielen Sammi die an den Wänden aufgereihten Regale voller Flaschen mit Dreagan Whisky ins Auge.

Einige der gläsernen Flaschen befanden sich in kleinen, bemalten Fässchen und waren als aromatisierter Whisky gekennzeichnet, während andere in großen, zylindrischen Blechbehältern steckten. Es gab sehr viele Flaschen, die nur die halbe Größe hatten, und auch welche, die wie eine Art Cremelikör aussahen.

An der hinteren Wand befanden sich Glasvitrinen, in denen die unterschiedlichsten Flaschen ausgestellt waren.

»Das da hinten wird fünfzig Jahre alter Scotch sein, und einige sind wahrscheinlich sogar noch älter. Sie sind außerordentlich geschätzt unter Sammlern, und sie sind auch sehr wertvoll«, erklärte Lily.

Eine Frau mit langen, braunen Haaren, die teilweise hochgesteckt waren, kam um den Tresen herum und lächelte Lily an. »Sie kennen sich ja gut aus mit Whisky.«

Lily drehte sich zu der Frau um und straffte sich. »Das hoffe ich. Ich wurde zu einem Vorstellungsgespräch hergebeten.«

»Aha«, sagte die Frau, während sie hinter sich auf das Klemmbrett blickte. »Sie müssen Lilliana Ross sein.«

»Lily, bitte«, sagte diese und streckte ihre Hand aus.

Die Frau ergriff sie und lächelte. »Ich bin Cassie. Warum gehen wir nicht nach hinten und unterhalten uns ein wenig?«

Sammi beobachtete den Umgang der beiden Amerikanerinnen miteinander und schloss aus Cassies Gebaren, dass sie Lily mochte. Wäre Sammi jemand gewesen, der gern wettete, hätte sie eine große Summe darauf gesetzt, dass Lily den Job so gut wie in der Tasche hatte.

»Natürlich«, antwortete Lily.

Cassies dunkle Augen hefteten sich jetzt auf Sammi. »Kann ich Ihnen helfen?«

»Das hoffe ich. Ich suche Jane.«

»Jane?«, wiederholte Cassie, und ihr freundlicher Blick verdüsterte sich leicht.

Sammi war nicht beleidigt. Jane hatte erwähnt, wie nah sich alle bei Dreagan standen, und wenn sie sich richtig erinnerte, hatte Jane auch eine Cassie erwähnt.

»Ich bin Sammi Miller, Ja…«

»Janes Halbschwester«, beendete Cassie mit einem freundlichen Kopfnicken den Satz für sie. »Ich rufe im Haus an und bitte sie herüber. Sie wird sich unglaublich freuen, dich zu sehen.«

Dessen war sich Sammi nicht so sicher, aber sie brauchte wenigstens einen Tag Ruhe und musste unbedingt nach ihrer Wunde sehen. Sie fühlte sich an, als wäre sie entzündet.

Sie konnte ihren Arm kaum noch bewegen. Sich anzukleiden und zu duschen wurde zunehmend anstrengender mit nur einem Arm, vom Haarewaschen mal ganz zu schweigen.

Bevor Cassie ihren Telefonanruf tätigte, steckte sie ihren Kopf um die Ecke und sagte etwas zu jemandem, der sich dort aufhielt. Während sie telefonierte, betrat ein großer Mann den Laden. Er trug eine verwaschene Jeans, die tief auf seinen schlanken Hüften saß, und ein burgunderfarbenes T-Shirt mit einem Drachenmuster, das wohl eine Art Stammes-Tätowierung nachahmte.

Es war schwer zu sagen, wie lang seine dunklen Haare waren, weil er sie zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden trug. Seine aquamarinblauen Augen blickten erst Sammi und dann Lily an. Er ließ sich reichlich Zeit und nahm jeden Quadratzentimeter der grazilen Frau in sich auf, bevor er den Blick abwandte und um den Tresen herum zu einer Kiste mit Whisky trat, der noch in die Regale eingeordnet werden musste.

Sammi wandte sich zu Lily um und sah, dass sie den Mann anstarrte, als wäre er der Topf mit Gold am Ende des Regenbogens. Zugegeben, er war durchaus ein Typ, den man anschmachten konnte, aber Sammi war Männern wie ihm häufig genug begegnet während ihrer Zeit im Pub. Sie sahen fantastisch aus, und die meisten von ihnen wussten es auch. Solche Männer betrachteten Frauen nur als Vergnügung und sonst nichts weiter.

Aber die Art und Weise, wie Lily ihren Blick nicht von ihm abwenden konnte, hätte Sammi beinahe dazu veranlasst, sie zu warnen. Gerade noch rechtzeitig rief sie sich in Erinnerung, es lieber bleiben zu lassen. Jeder Mensch sollte sich schließlich mindestens einmal verlieben, und jeder musste sich einmal das Herz brechen lassen. Und wenn sich dann die Liebe erneut meldete, war sie umso wunderbarer.

Auf jeden Fall hatte ihre Mum das immer gesagt. Sammi war diesem Ratschlag selbst nie gefolgt. Oh, als Teenager hatte sie durchaus ein gebrochenes Herz gehabt, aber danach hatte sie sich nie wieder verliebt.

Und würde es auch nie tun.

Cassie beendete ihr Telefonat und sah Sammi an. »Jane ist unterwegs. Lily, wollen wir nach hinten gehen?«

Sammi zwinkerte Lily aufmunternd zu, dann war sie mit dem Mann allein.

»Du bist also Samantha«, sagte er, ohne sie anzublicken.

Sie drehte sich zu ihm um und funkelte ihn an, was er allerdings nicht sehen konnte. Er fuhr fort, den Whisky ins Regal zu stellen, als hätte er überhaupt nicht mit ihr gesprochen. »Mir ist Sammi lieber.«

»Du trägst lieber einen Männernamen?«

»Und du scheinst es darauf abgesehen zu haben, einen kräftigen Tritt in die Eier zu kriegen, oder?«

Er schwieg. Dann blickte er sie über seine Schulter an und grinste breit. »Ich dachte, du wärst mehr wie Jane.«

»Still und zurückhaltend oder tollpatschig?«

»Sowohl als auch.«

»Lass sie in Ruhe, Rhys«, sagte Jane, während sie die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ, wobei keine Schärfe in ihrem Tonfall lag. »Sammi schlägt sich wacker. Und was die Zurückhaltung betrifft: Ich finde sie toll, so, wie sie ist.«

Sammi hasste es, wenn Jane solche Dinge sagte, weil ihr dann immer die Tränen kamen. Sie blickte in Janes bernsteinfarbene Augen und wusste, dass alles in Ordnung war.

»Ich freue mich ja so, dass du hier bist«, sagte Jane und eilte zu ihr.

Sammi versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen, als Jane sie umarmte, aber sie war nicht schnell genug. Jane trat einen Schritt zurück, und im selben Augenblick sah Rhys sie an.

Jane musterte sie mehrere Minuten lang schweigend, bevor sie fragte: »Was ist passiert?«

»Nichts. Warum? Kann ich nicht herkommen und meine Halbschwester besuchen?«

»Doch, natürlich«, sagte Jane, die sie immer noch prüfend betrachtete. »Es ist nur … Nun ja, ehrlich gesagt, hast du das bisher vermieden.«

Sammi zuckte innerlich zusammen. »Ich weiß. Es tut mir leid. Aber jetzt war mir danach, mir ein paar Tage frei zu nehmen und dich zu besuchen. Natürlich nur, wenn du nicht zu beschäftigt bist.«

»Absolut nicht. Ich freue mich unglaublich, dass du gekommen bist. Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?«, fragte sie wieder.

Sammi zwang sich zu einem Lachen. »Natürlich ist es das. Warum fragst du immer wieder nach?«

»Du bist dünner geworden, obgleich du auch schon vorher kein Übergewicht hattest. Außerdem hast du dunkle Ringe unter den Augen und hältst deinen linken Arm irgendwie komisch. Und ist das Blut, das ich da an deinem T-Shirt an der Schulter sehe?«

Plötzlich machten sich die letzten vier Wochen alle auf einmal bemerkbar bei Sammi. Vielleicht lag das daran, dass sie sich wieder an Janes Bemerkung erinnerte, dass Dreagan einer der am besten bewachten Orte ganz Schottlands sei, oder auch an der Tatsache, dass sie endlich hier war und daher ihre Wachsamkeit nachließ.

Sei es, wie es sei, ihr Körper schien jedenfalls einfach an seine Grenzen gekommen zu sein. Sammi konnte kaum noch ihre Augen offen halten, so erschöpft war sie. Sie packte die Kante des Tresens, um sich trotz ihrer Müdigkeit aufrecht zu halten, während sie verzweifelt nach einer passenden Lüge suchte.

Aber eigentlich wollte sie nicht mehr lügen, nicht Jane gegenüber. Sie konnte ihnen nicht die Wahrheit sagen, aber sie musste ihnen irgendetwas anbieten. »Es ist nur eine kleine Wunde, und es ist besser, wenn ihr nichts wisst. Ich brauche nur einen Ort, wo ich die Nacht über bleiben kann.«

»Du bleibst auf jeden Fall länger«, entgegnete Jane und unterstrich ihre Bemerkung mit einem Nicken.

Aber Sammi schüttelte schon den Kopf. »Nein.«

»Banan, sag du es ihr«, forderte Jane ihren Mann auf.

Banans große Gestalt kam um den Tresen herum auf Jane zu. Sammi hatte nicht einmal mitbekommen, dass er den Laden betreten hatte. Jetzt stand er hinter Jane, und seine Hände ruhten auf ihren Schultern, während seine grauen Augen Sammi musterten. Anders als Rhys, der lange Haare hatte, trug Banan seine dunkelbraunen Locken kurz geschnitten.

»Jane hat recht. Du musst bleiben«, sagte Banan.

Sammi wusste, dass es im Moment sinnlos war, dagegen anzugehen. Sie würde einfach früh aufstehen und verschwunden sein, bevor es irgendjemand mitbekam. Jetzt, da sie wusste, dass sie in Dreagan war und bleiben konnte, stand sie kurz davor, zusammenzuklappen. Ihr Magen knurrte, ihre Wunde schmerzte, und sie konnte kaum noch die Augen offen halten.

»Bringen wir dich ins Haus«, sagte Jane, wandte sich Sammi zu und führte sie zur Tür. »Banan wird dir deine Sachen bringen. Sobald du gegessen und dich ein wenig ausgeruht hast, möchte ich, dass du mir erzählst, was los ist. Ich kann dir sicher helfen.«

Sammi blickte starr geradeaus und setzte dank schierer Willenskraft einen Fuß vor den anderen. Sie hatte nicht vor, hier zusammenzubrechen. Nichts, was Jane sagen konnte, würde sie davon überzeugen, ihr irgendetwas von ihren Schwierigkeiten zu erzählen. Je weniger Jane und Banan wussten, desto besser.

Zumindest war es das, worum Sammi betete.

 

 

2

Wütend stapfte Tristan mit großen Schritten den Berg hinunter. Seit Wochen verfolgte ihn Phelan mit der Frage, ob er sich an irgendetwas aus der Zeit erinnern konnte, bevor er ein Drachenkönig geworden war.

Egal, wie viele Fragen Phelan ihm auch stellte, egal, wie viele Geschichten Phelan ihm von seinem vermeintlichen Zwillingsbruder Ian erzählte, Tristan erinnerte sich an absolut nichts davon.

Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er ganz genau so aussah wie Ian Kerr. Das bewiesen die Fotos, die man ihm gezeigt hatte, aber wie intensiv auch immer die Verbindung zwischen Ian und seinem Zwilling Duncan gewesen sein mochte – sie war nicht auf ihn, Tristan, übergegangen. Duncan war getötet worden, doch laut Phelan hatte Ian auch danach noch Duncans Stimme in seinem Kopf gehört.

Vielleicht war Duncan ja gestorben, oder zumindest seine Seele. Und Tristan besaß nun seinen Körper, aber eine neue Seele. Er hatte keine Ahnung, und er war es unglaublich leid, dass alle Welt ihn damit nervte.

»Tristan, warte«, sagte Laith, der hinter ihm her gerannt kam und zu ihm aufschloss. »Wir versuchen alle nur zu helfen.«

Tristan blieb abrupt stehen und drehte sich zu Laith um, blickte in die metallisch blaugrauen Augen des Drachenkönigs. »Warum fällt es allen so schwer zu begreifen, dass hier drinnen nichts«, sagte er und tippte sich mit einem Finger gegen die Stirn, »absolut nichts von Duncan Kerr ist? Meine Erinnerungen setzen in dem Moment ein, als ich vor zwei Jahren nackt im Schnee aufwachte und ein Schwert in der Hand hielt.«

»Weil es nun einmal nicht zu übersehen ist, dass du Ians Zwillingsbruder bist, Kumpel. Wir wollen dir doch nur helfen.«

Tristan stemmte die Hände in die Hüften und stieß einen tiefen Seufzer aus. Er blickt sich um, betrachtete die schroffen, zerklüfteten Berge, sah die Schönheit Schottlands und spürte, wie seine Spannung etwas nachließ. Er hatte nie in Zweifel gezogen, dass er ein Schotte war. Nicht nur wegen des typischen Akzents, nein, es war mehr als das. Schottland ruhte in seiner Seele, in jeder einzelnen Faser seines Seins.

»Was ist, wenn es keine Erinnerungen Duncans in meinem Gehirn gibt?«

Laith zuckte die Achseln. »Dann gibt es eben keine. Wir machen einfach weiter.«

»Und wenn es Erinnerungen gibt und sie nur verschüttet sind?«, fragte Tristan zögernd, so als hätte er beinahe Angst, die Befürchtungen zu äußern, die ihn, seit er erfahren hatte, wer Ian war, quälten.

»Wenn es Erinnerung gibt, dann liegt es bei dir, sie zuzulassen, Tristan. Sie kommen möglicherweise nicht an die Oberfläche, weil du noch nicht dazu bereit bist. Oder aber es ist, wie du gesagt hast, und vielleicht gibt es gar keine.«

»Ich möchte Ian nicht sehen.«

»Du kannst ihm nicht für immer aus dem Weg gehen.«

Tristan rieb sich den Nacken. »Mir ist nur einfach nicht danach, den enttäuschten Ausdruck in seinen Augen zu sehen. Ich weiß, was er sich wünscht, aber ich kann es ihm nicht geben.«

Laith kam nicht mehr dazu, darauf zu antworten, da sie in dem Moment Banan und Jane erblickten, die eine Frau zum Herrenhaus Dreagan Manor führten. Die Frau war nicht ganz so groß wie Jane, und ihre welligen, rötlichen Haare, die ihr bis auf die Schultern fielen, wurden ihr von der Brise ins Gesicht geweht. Die Frau strich sich die Ponyfransen aus den Augen, sodass sie Duke übersah, der ums Haus herum auf sie zustürmte.

Die Dänische Dogge blieb neben ihr stehen, aber dank seiner schieren Größe brachte der Hund sie aus dem Gleichgewicht, als er sich an sie lehnte. In dem Augenblick sah Tristan, dass sie zusammenzuckte und ihren linken Arm schützend an sich presste.

»Wer ist das?«, fragte Tristan.

Laith beobachtete sie noch eine Weile, bevor er sagte: »Aus dem Aufstand, den Jane veranstaltet, schließe ich, dass es sich um Sammi handelt, Janes Halbschwester.«

Während Banan Duke am Halsband zurückhielt, führte Jane Sammi ins Haus. Kurz bevor Sammi hineinging, wendete sie ihren Kopf und richtete den Blick ihrer graublauen Augen direkt auf Tristan. Es war wie ein Schlag in die Magengrube.

Überraschend, verwirrend.

Erstaunlich.

Die verwunderliche Verbindung, die zwischen ihnen zu schwirren schien, führte dazu, dass er schwankte, taumelte. Stürzte.

Und er wollte mehr. Sehr viel mehr.

»Tristan?«

Er riss seinen Blick von der inzwischen leeren Türöffnung los und sah Laith an. »Was?«

»Was auch immer du vorhaben solltest in Bezug auf Sammi, ich würde dir dringend davon abraten.«

Tristan runzelte die Stirn und blickte hinüber zum Haus, überlegte, was für eine Verletzung Sammi wohl haben mochte. »Was willst du damit sagen?«

»Vergiss es.« Laith schüttelte den Kopf und lächelte ironisch. »Warten wir mal ab, was als Nächstes passiert. Na komm. Gehen wir und begrüßen Sammi.«

Die Tatsache, dass Tristan die Frau näher kennenlernen wollte, hätte ausreichen müssen, um ihn in die entgegengesetzte Richtung fliehen zu lassen. Er fing gerade erst an, sich an das Leben in Dreagan zu gewöhnen. Phelan und die anderen Krieger machten die Dinge schon ausreichend kompliziert. Was Tristan am allerwenigsten gebrauchen konnte, war, sie noch zusätzlich zu komplizieren durch eine Frau.

Dennoch folgte er Laith ins Herrenhaus. Die Stimmengeräusche drangen aus der Küche zu ihnen. Als sie im Eingang zur Küche stehen blieben, sahen sie, dass Elena Tee einschenkte und Jane ein Sandwich zubereitete, während Sammi am Tisch Platz genommen hatte und sich verzweifelt bemühte, wach zu bleiben.

Tristan konnte seinen Blick nicht von ihr abwenden, egal, wie sehr er sich bemühte, nicht zu ihr zu schauen. Sogar im Profil war sie schön mit ihrem langen, eleganten Hals und ihrem rötlichen Haar. Sie saß mit geradem Rücken auf dem Stuhl, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, dass sie sich so aufrecht hielt.

Tristan sah, dass sie zweimal einnickte und jedes Mal wieder hochschreckte. Beim dritten Mal sackte sie nach rechts weg. Er eilte hinüber und fing sie auf, kurz bevor sie auf den Fußboden rutschte. Jane, Elena und Banan ließen alle drei gleichzeitig von dem ab, was sie gerade taten, und starrten ihn mit offenem Mund an.

Er blickte die in seinen Armen schlafende Frau an, absolut unempfänglich für seine Umgebung, während er ihr ovales Gesicht betrachtete. Ihre Wangenknochen waren unglaublich hoch, ihre Nase klein und ihre Lippen geradezu sündig dekadent.

Obwohl sie schlief, erweckte sie in seinem Körper ein unbändiges Verlangen nach ihr, verzehrte sich sein Mund nach ihren Lippen, danach, sie zu kosten, und seine Hände sehnten sich danach, sie zu streicheln. Schlagartig begehrte er sie, war er für sie entflammt.

Hatte die Leidenschaft ihn gepackt.

Tristan strich ihr eine Haarsträhne aus den Augen und wünschte sich, sie würde sie wieder öffnen, damit er erneut ihre kühle Farbe sehen konnte.

Dann erinnerte er sich daran, wo er war und wen er in den Armen hielt. »Ich glaube, das Essen muss noch warten.«

»Ich wusste, dass sie müde aussah«, sagte Jane und runzelte die Stirn.

Mühelos verlagerte Tristan Sammis Gewicht in seinen Armen und stand auf. »Sie ist zu mager.«

»Und dass sie abgenommen hat, wusste ich auch«, sagte Jane und schüttelte den Kopf. Dann sah sie Banan an. »Ich glaube, dass sie in echten Schwierigkeiten steckt.«

»Wir werden ihr heraushelfen«, versprach Banan.

Sorgfältig vermied Tristan es, Sammis linken Arm zu berühren, als mehr Blut durch ihr T-Shirt sickerte. »Was ist mit ihrer Verletzung?«