Folker und das Lied vom Tod - Rich Schwab - E-Book

Folker und das Lied vom Tod E-Book

Rich Schwab

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Beschreibung

Alle Wege führen nach Rohm. Na ja, sicher nicht alle. Aber Folker kommt im brütend heißen Sommer 2023 gar nicht umhin, das kleine Eifeldorf mal wieder zu besuchen. Von ländlicher Ruhe und Idylle kann allerdings diesmal keine Rede sein: Der Streit um geplante Photovoltaik-Parks, also Millionen-Investitionen und Traumprofite für Bauern und Grundbesitzer, artet unerwartet in einen blutigen Krieg mit erschreckenden Kollateralschäden aus. Zwischen skrupellosen Investoren, korrupten Politikern, geldgierigen Bauern und wenig zimperlichen Heavy Metal-Fans versuchen Folker und seine Freunde einen Mörder zu finden.

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Seitenzahl: 365

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Rich Schwab

Folker und das Lied vom Tod

Rich Schwab

Folker und das Lied vom Tod

Der zweite Folker Schmittem-Roman

© Dittrich Verlag ist ein Imprint der Velbrück GmbH Verlage, Weilerswist-Metternich 2024

www.dittrich-verlag.de

Printed in Germany

ISBN 978-3-910732-28-5 eISBN 978-3-910732-35-3

Satz: Katharina Jüssen, Metternich

Coverlayout: Helmi Schwarz-Seibt, Leverkusen, unter Verwendung einer Fotografie aus dem © adobe stock

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

I’m going up the country

Where the water tastes like wine

We can jump in the water, stay drunk all the time

Ich gehe raus aufs Land

Wo das Wasser schmeckt wie Wein

Wir können ins Wasser springen

Und die ganze Zeit betrunken sein

aus: Going Up the Country

Canned Heat, 1968

And it’s good old country comfort in my bones

Just the sweetest sound my ears have ever known

Just an old-fashioned feeling fully-grown

Und da ist die gute alte Landbehaglichkeit in meinen Knochen

Einfach der süßeste Klang, den meine Ohren je gekannt haben

Einfach ein altmodisches, ausgewachsenes Gefühl

aus: Country Comfort

Bernie Taupin/Elton John, 1970

Dies ist ein Roman.

Mir scheint, ich erwähne das besser gleich von vornherein.

Ich war nämlich schockiert – dieser Typ hatte ein Vorabexemplar gelesen und mich empört angerufen: »Ja, Köln, schön und gut – aber es gibt doch in der Eifel gar keinen Ort namens Rohm!«

»Tja«, sagte ich, »ich bin Kölner – woher soll ich das wissen?«

»Mann, Mann, Mann …! Am Ende hast du auch die Figuren in dem Buch einfach erfunden, wie?«

Ich bekannte mich schuldig. Obwohl es so einfach nun auch wieder nicht gewesen war.

»Mensch, das musst du deinen Lesern doch sagen!«

Okay.

Done.

Inhalt

Dramatis personae

1

Sonntag, 6. August 2023

2

Montag, 7. August

3

4

Samstag, 5. August

5

Mittwoch, 9. August

6

Donnerstag, 10. August

7

8

Donnerstag, 10. August

Freitag, 11. August

9

10

11

12

13

14

Samstag, 12. August

Mittwoch, 9. August

Samstag, 12. August

15

16

Montag, 14. August

Montag, 21. August

17

Montag, 21. August

Dienstag, 22. August

18

Mittwoch, 23. August

19

Samstag, 2. September

Anhang

Folker und das Influencer – Der dritte Folker Schmittem-Roman –

Leseprobe

Dramatis personae

Das Stammpersonal:

Folker Schmittem, 44. Verkrachte, manchmal depressive, trinkfeste Musikerexistenz. Ein liebenswürdiger Chaot mit einem unglaublichen Schlag bei Frauen, eine Gabe, die ihm auch schon mal zum Verhängnis wird. Raucht Selbstgedrehte ohne Filter. War als Straßenmusiker sogar schon in Australien. Held aus Versehen.

Joseph Luis Ogoudageah bzw. Jupp »Immelda«, 36. Folkers bester Freund, Roadie und Zechkumpan mit Wurzeln in Mosambik. Weiß sich als Kampfsportler normalerweise gut zu wehren.

Susanne Sieglinde ›Sansi‹ Bartel, 41. Lesbische Wirtin der ›Sansibar‹ Mutter der Kompanie. Harte, kunstvoll tätowierte Schale, goldenes Herz. Everybody’s lover.

Taifun Gül, 34. Wirt der ›Zukunft‹, Größe: 1,95, Gewicht: 98. Kampfsportler und -trinker. Gewöhnlich zur Stelle, wenn’s brenzlig wird.

Svenja Schiermann, 31. Ex-Kellnerin in der ›Sansibar‹, hatte mal was mit Folker, ist aber seit vier Jahren Taifuns Freundin und Kellnerin in der ›Zukunft‹.

Regina Peters, 23. Attraktive, liebenswerte kleine Quasselstrippe. Überwiegend mit Jupp liiert. Der ihr gelegentliche Ausflüge zu Sansi nicht übelnimmt.

Neue Rollen spielen:

Francis Leroi Ogoudageah, 39. Jupps einige Jahre lang nicht vermisster Bruder. Arbeitet als Chauffeur und Sicherheitsmann für den Politiker Reinhold Broock. Über den er offenbar zu viel weiß.

Djemal ›Jimmi‹ Bartel, 31. Alter Freund von Folker, Ehemann (auf dem Papier) von Sansi. Schreiner und Straßenmusiker. Lebt im teils beschaulichen Eifeldörfchen Rohm.

Schäfisch, 60. Jimmis Nachbarin und Vertraute. Hat’s nicht leicht als alleinstehende Bäuerin.

Reinhold Broock, 57. Karrieregeiler Politiker mit wenig Skrupeln. Hat gute Chancen, Umweltminister von Rheinland-Pfalz zu werden, sieht sich aber auch schon im Bundeskanzleramt.

Sibylle Reinhard, 49. Musikerin (Posaune), Folkers Lebensabschnittsgefährtin, wie man so sagt.

Tim Lewald, 37. Investor und Projektierer, seit er mit zwanzig seine Startup-IT-Klitsche für -zig Millionen verkauft hat. Hält sich für den unschlagbaren Größten, wobei sein Koks-Konsum nicht gerade hinderlich ist.

Der dicke Mann, etwa 40. Freiberufler mit exotischen Trinkgewohnheiten.

»Uli« und Bernd, 30. Muskelmänner.

Die Glorreichen Sechs, 16 bis 19. Die Rohmer Dorfjugend. Musterbeispiele für lieblose Kindheit. Die Folge: Unter anderem Alkoholmissbrauch und zweifelhafter Musikgeschmack.

1

Sonntag, 6. August 2023

Irgendwo da draußen rauschte und summte eine Autobahn.

Seit ein paar Minuten wurde das Geräusch übertönt von dem Rauschen in seinem Kopf. Seit der Mann hinter ihm, der Mann, der hier das Sagen hatte, ihm mit beiden Händen gleichzeitig auf die Ohren geschlagen hatte.

Es war das erste Mal, dass der Hintermann tätlich eingriff; bis dahin hatte er die Drecksarbeit dem Kerl überlassen, der vor Francis stand. Uli hatte Francis den getauft, weil er dem ehemaligen Vereinspräsidenten von Bayern München ein bisschen ähnlich war. Uli hatte, seit sie hier waren, noch kein einziges Wort von sich gegeben, aber so langsam wurde sein Keuchen lauter. Ein Bodybuilder, ein tumber Kirmesschläger, ein Haudrauf ohne Kondition, der Kämpfe bisher wohl mit seinen hundertdreißig Kilo Lebendgewicht, recht langen Armen und schwieligen harten Fäusten eher schnell überstanden hatte.

Francis stellte sich vor, was er mit diesem Eisenbieger anstellen würde, wäre er selbst nicht mit Händen und Füßen an einen eisernen Pfosten gefesselt. Er mochte Uli nicht, genauso wenig wie Bayern München, den ewigen Deutschen Meister, der seine fast unangefochtene Stellung nur einem Haufen Geld zu verdanken hatte. Und den Spielerstars aus aller Welt, die er damit einkaufen konnte.

Und um Geld ging es natürlich auch hier.

»Wir haben Zeit, Bimbo.« Der Mann hinter Francis verpasste ihm mit den Fingerknöcheln eine Kopfnuss, die auf das Gegenteil schließen ließ. Klar, dass er langsam ungeduldig wurde – sie waren jetzt seit schätzungsweise einer Stunde hier, und es war brütend heiß unter dem Wellblechdach dieses Schuppens. Francis hatte kein so großes Problem mit der Hitze, seine Vorfahren hatten in Mosambik gelebt, aber auch ihm rannen Schweißtropfen an seinen Schläfen und an Brust und Rücken herab. Uli hingegen lief der Schweiß in Strömen und verbreitete einen Übelkeit erregenden Geruch, der an ein Büffelgehege erinnerte und mittlerweile den penetranten Duft nach dem teuren Aftershave des Hintermanns überdeckte. Eins von der Sorte, die mit ganzseitigen Anzeigen in Hochglanz-Magazinen als ultimativ männlich angepriesen wurden, weil sie Duftstoffe von Leder, Pferden, Whiskey, Limonen und Stierhoden enthielten.

Aber da war noch ein spezieller Geruch im Atem des Mannes, wenn er Francis etwas ins Ohr raunte, und das ständige Grübeln darüber, was es sein konnte, war eine willkommene Ablenkung von den Schmerzen.

»Aber nicht ewig«, gab der Hintermann zu. Seine Stimme klang gedämpft und hohl, als trüge er eine FFP-Maske. »Erzähl uns einfach, was wir wissen wollen, dann können wir endlich hier raus und uns irgendwo etwas Erfrischendes gönnen. Reden wirst du irgendwann auf jeden Fall.«

Offenbar hatte er irgendein Zeichen gegeben, ein kurzes Nicken vielleicht, das Zucken einer Augenbraue, denn Uli schlug wieder zu. Ein wilder Schwinger in die Magengrube, reichlich Zeit, die Bauchmuskeln anzuspannen.

»Aua«, sagte Francis betont gelangweilt und grinste Uli abschätzig an.

»Himmel, Arsch …!«, zischte der Hintermann.

Das war der Moment, in dem Francis innerlich mit den Fingern schnipste – er hatte es, er kannte den Geruch: Amaretto.

Uli verpasste ihm, mit verkniffenen Lippen, frustriert einen Tritt ans Schienbein. Francis dachte an Muhammad Ali und die unmenschlichen Prügel, die der in Kinshasa sieben Runden lang ertragen hatte, bevor er in der achten das Blatt wendete und George Foreman auf die Bretter schickte. Er dachte aber auch an Milzrisse und sich in Lungenflügel bohrende gebrochene Rippen und fragte sich, wie lange er diese Tortur aushalten konnte. Ein wenig Hoffnung machte ihm, dass Uli ihn noch kein einziges Mal ins Gesicht oder überhaupt an den Kopf geschlagen hatte – das ließ die Vermutung zu, dass er das Verhör überleben und ohne sichtbare Spuren von Verletzungen seinen Job wieder aufnehmen sollte.

Aber es war eben nur eine Vermutung.

Beunruhigend hinzu kam, dass sie ihm die Füße mit seiner Krawatte und die Hände mit seinem eigenen Gürtel an den Pfosten gefesselt hatten – seine Hose hing ihm auf den Knöcheln, was ihm durchaus ein unangenehmes Gefühl von Verletzlichkeit gab.

Hinter ihm ertönte die Fanfare von The Final Countdown – Hintermanns Handy.

»Ja …?«, meldete der sich und ging ein paar Schritte abseits. »Moment, ich muss mal eben nach draußen.« Noch einige Schritte, dann öffnete sich quietschend eine Tür, ließ gleißendes Sonnenlicht und das Summen der Autobahn herein und schlug gleich wieder zu.

Uli holte eine Schachtel Marlboro und ein Feuerzeug aus der Brusttasche seines schweißgetränkten Hemdes und zündete sich eine Zigarette an. Er warf einen kurzen, kontrollierenden Blick auf Francis und wandte sich dann ab, ging hinüber zu einer Art Werkbank, vor der ein schwerer hölzerner Hocker lag, und hob ihn auf. Pustete Staub von der Sitzfläche und schob den Hocker an die Werkbank heran, damit er sich dort anlehnen und aufstützen konnte. Francis nutzte die Gelegenheit, stemmte die Füße in den Boden und lehnte sich gegen den Pfosten, der ihm bis zu den Schulterblättern reichte. Unter ihm knirschte es – der Pfosten bewegte sich in dem morschen Zementboden. Francis beugte sich vor, simulierte einen heftigen Hustenanfall, packte dabei hinter seinem Rücken das rostige Metall mit beiden Händen und zerrte daran. Noch ein Zentimeter oder zwei.

Uli blickte nur kurz auf, gönnte ihm ein schadenfrohes Grinsen, zog an seiner Zigarette, trat die Kippe auf dem Boden aus und schloss dann die Augen, den Kopf in die Hand gestützt. Francis lehnte sich wieder zurück und drückte. Und wäre beinahe hintenübergefallen – der Pfosten, dessen Sinn und Zweck hier mitten im Raum sich ihm immer noch nicht erschlossen hatte, gab nach, als sei er nur drei Fingerbreit tief einzementiert worden.

Uli schaute hoch und runzelte die Stirn. Aber er konnte nichts Verdächtiges erkennen.

»Stimmt es eigentlich«, sagte Francis im Plauderton, »dass der Schniedel schrumpft, wenn man zu viele Anabolika schluckt?«

»Schnauze!«, brummte Uli.

»Ich kenne einen Bodybuilder«, fuhr Francis ungerührt fort, »der bringt bei Frauen nicht mehr zustande als ein Elfjähriger. Der kriegt nur noch einen hoch, wenn er Leute verhaut.«

»Du sollst die Schnauze halten!« Uli stand auf und machte zwei Schritte auf ihn zu.

»Oh, hab ich einen wunden Punkt getroffen? Tut mir leid, Schatz.«

›Schatz‹ war wohl zu viel – der Schläger stürmte die restlichen vier Schritte vor und holte zu einer Ohrfeige aus. Da fiel ihm offenbar ein, dass das Gesicht des Gefangenen tabu war. Er hielt kurz inne. Grinste, kam noch näher und packte Francis’ Unterhose, mit allem, was darin war. Francis grinste zurück, donnerte ihm die Stirn auf das Nasenbein und hörte es brechen. Mit Schwung warf er sich nach hinten, der Fuß des Pfostens brach aus dem lockeren Zement, Francis landete hart mit dem Hinterkopf auf dem Boden und hätte sich fast die Finger unter dem Eisenpfosten gebrochen. Benommen beeilte er sich, seine mit der Krawatte gefesselten Füße über das Pfostenende zu schieben, musste aber sekundenlang strampeln, bis es ihm gelang. Er sah zu Uli hinüber, doch der lag auf dem staubigen Beton und rührte sich nicht. Francis kam auf die Beine, hockte sich wieder hin und schob fieberhaft seine Hände mit dem Gürtel nach unten, bis endlich der Pfosten aus der gelockerten Fessel kippte und mit metallischem Scheppern zu Boden fiel. So laut, dass man es draußen kaum überhören konnte.

Er schaute zur Tür hinüber – zu weit weg – und hechtete hinter die Werkbank, schürfte sich die nackten Knie und das Gesicht auf, weil seine Hände immer noch hinter dem Rücken gefesselt waren, als die Tür auch schon aufgerissen wurde.

»Verdammt!«, stieß der Hintermann hervor, als er die Szenerie überblickte – kein Gefangener mehr da, kein Marterpfahl, sein Schläger reglos am Boden …

Die Tür schlug wieder zu, rasche Schritte entfernten sich. Francis sprang auf, verlor wertvolle Zeit, um seine Hände aus der Gürtelfessel zu befreien und sich die Hose hochzuziehen. Er rannte zur Tür, riss sie auf – und sah einen schwarzen Audi mit Kölner Kennzeichen mit qualmenden Reifen davonrasen. Ein, zwei Schritte weiter stand er auf einem offenbar aufgegebenen Gewerbegelände, weit und breit waren weder andere Menschen noch irgendein Fahrzeug zu sehen. Hinter einem mit Pappeln bewachsenen Erdwall rauschte unablässig und ungerührt der Verkehr auf der Autobahn.

»Na, dann wollen wir mal die Rollen tauschen, Ulichen«, murmelte er, ging zurück zur Schuppentür und öffnete sie. Geblendet vom grellen Sonnenlicht draußen sah er die Faust, die ihn unter dem Auge traf, nicht einmal kommen. Wieder landete er auf dem Rücken. Und kassierte zwei Tritte in die Rippen, bevor er sich schnell zur Seite wälzen und wieder aufrappeln konnte. Dann reichte ein Stüber mit dem Handballen unter die gebrochene Nase seines Gegners – Uli fiel um wie ein Schwein nach dem Bolzenschuss.

Und auch er würde nie wieder aufstehen – der Stoß hatte ihm wohl Splitter des Nasenbeins ins Gehirn getrieben, vermutete Francis.

Er zog den schweren Leichnam mit Mühe in den Schuppen zurück, untersuchte Ulis Kleidung, fand nichts, was ihm irgendwie weiterhelfen könnte, und dachte: DNA …! Schwitzend zog er dem Toten sämtliche Kleidungsstücke aus und verschnürte sie zu einem Bündel. Dann sah er sich erst in dem Schuppen und danach in einigen der anderen verlassenen Gebäude um. Nach einer halben Stunde hatte er Unmengen von Graffiti, etliche mehr oder weniger leere Farbspraydosen, eine klapprige hölzerne Karre mit platten Reifen, einen vor sich hin rostenden, aber noch halb vollen Benzinkanister und in einem der Schuppen die Grube einer Autowerkstatt gefunden. Dorthin brachte er all seine brauchbaren Funde, zuletzt, mit Hilfe der Karre, mühselig den toten Uli. Drehte eine weitere Runde und sammelte alles, was er an Papier, Pappe und trockenem Holz fand, warf es mitsamt den Spraydosen in die Grube und kippte zum Schluss Uli und die Karre obendrauf.

Schließlich kletterte er auf das Dach des höchsten Schuppens, was nicht einfach war mit einem von all den Schlägen schmerzenden Leib und einem zugeschwollenen Auge, und sah sich um. Im Westen die Autobahn, hinter der langsam die Sonne versank. Im Osten, hinter abgeernteten Getreidefeldern, vielleicht zwei Kilometer entfernt, ein neues Gewerbegebiet. Im Norden ein Wäldchen. Im Süden begann, in etwa fünfhundert Metern Entfernung, ein riesiges Maisfeld. Er würde schnell sein müssen.

Wieder in der alten Autowerkstatt übergoss er alles in der Grube mit Benzin, zündete es mit Ulis Feuerzeug an und rannte los. Auf das Maisfeld zu und hinein. Zwischen den ersten der über zwei Meter hoch wachsenden Pflanzen schaute er kurz zurück – dichte schwarze Rauchwolken krochen aus sämtlichen Öffnungen der Werkstatt und stiegen steil und weithin sichtbar in den wolkenlosen Himmel. Es würde nicht lange dauern, bis irgendjemand kommen und nachsehen würde. Vielleicht hätte er warten sollen, bis die Sonne vollständig untergegangen war. Zu spät. Er rannte weiter und hoffte, dass das Feuer ausreichte, alle Spuren, die zu ihm führen könnten, zu vernichten.

2

Montag, 7. August

Voll der Griff ins Klo.

Folker Schmittem saß auf seinem Schreibtischdrehstuhl, in der Mitte des fast leeren Zimmers, und drehte sich in Zeitlupe um sich selbst.

Wand eins: grau. Raufaser, aber ein totes, glanzloses Betongrau. Im rechten Drittel ein weißer Türrahmen. »Die Türen stehen im Keller«, hatte Jens, der Vormieter, gesagt. Jens war nämlich ein freier Geist, wie er mehrmals betonte. Deshalb hatte er im Mai seine Caro ziehen lassen, ohne zu klammern. Und seitdem keine Miete mehr gezahlt. Und deshalb mochte er auch keine Türen in der Wohnung. Und keine Farben.

Wand zwei: grau. Mittendrin, exakt mittig horizontal wie vertikal, ein etwas hellerer rechteckiger Fleck mit einer Kantenlänge von 250 mal 150 Zentimetern Länge. Da hatte ein Bogen Papier gehangen, auf dem Jens den Plot seines Großen Deutschen Gegenwartsromans aufgezeichnet hatte. Die Plots, genauer gesagt, denn für einen endgültigen hatte er sich nie entscheiden können. Was wiederum der Grund dafür war, dass er auch noch keine Zeile geschrieben hatte, und das seit vier Jahren. Wahrscheinlich hatte die gute Caro keinen Bock mehr, ihn noch länger mit durchzuschleppen …

Wand drei: grau. Ganz rechts in Hüfthöhe ein diffuser Achtzehn-Zoll-Fleck, wo ein alter Röhrenfernseher zu dicht an der Wand gestanden hatte.

Wand vier: grau. Mittendrin ein großes Fenster und eine Balkontür, weiß gerahmt. Dahinter ein brusthohes schmiedeeisernes Gitter – es gab keinen Balkon. Es sei denn, man wollte einen etwa vier Meter breiten und dreißig Zentimeter tiefen aus der Hauswand ragenden vergitterten Betonstreifen als solchen bezeichnen. Dabei hätte man, wäre es einer gewesen, so schön dort draußen sitzen und über den Hinterhof voller Abfallcontainer, Fahrräder und Sperrmüll die Aussicht auf die an diversen Stellen bröckelnde Backstein- und Glasbausteinfassade des Hinterhauses genießen können. Wenn man sich nicht an den Dünsten störte, die aus dem pausenlos summenden Lüftungsrohr der Dönerbude im Erdgeschoss drangen. Unter der Fensterbank ein Heizkörper mit zweiundzwanzig Rippen.

Immerhin dreißig Quadratmeter. Platz genug für eine Matratze, einen kleinen Schreibtisch samt Drehstuhl, ein Billy-Regal, einen Kleiderständer und zwei Gitarren, sollte man meinen.

Das alles – außer dem Stuhl – stand aber noch in der Küche.

Folker seufzte, erhob sich und ging über den schwarzen Noppenfußboden durch den türlosen Durchgang hinüber.

Zwanzig Quadratmeter. Schwarzer Noppenfußboden, graue Wände auch hier. Keine Küchenmöbel außer einer überraschend sauberen Spüle mit weißem Unterschrank. Dahinter ein weißes Fliesenband, sogar ohne Pril-Enten-Sticker. Nein, einen Herd hätten sie nie gehabt, hatte Jens erklärt, sie hätten sich ihr Abendessen immer bei Berek geholt, dem Geschäftsführer des türkischen Imbisses unten. Und nein, Heißgetränke seien eh nicht gut für den mindset, schon gar nicht den eines Autors; Caro und er hätten ausschließlich handwarmes Leitungswasser mit Bio-Zitronenscheiben getrunken. Folker hatte, obwohl neugierig, begonnen, dankbar zu sein, dass er Caro gar nicht kennenlernen musste.

An der freien Wand der Küche waren seine Besitztümer aufgetürmt – seine Handvoll Möbel, vier Umzugskartons und zwei Gitarrenfutterale samt Instrumenten.

Die Küche hatte kein Fenster, dafür in einer Ecke einen vertikalen Heizkörper bis zur Decke, mit drei Rippen, und mitten in der Decke gab es eine halbrunde Zwei-Quadratmeter-Kuppel aus gelblichem Plastik, durch die man aber mehr Taubendreck als Tageslicht sah. Ein weiterer Durchgang führte in einen winzigen Flur, der an einer massiven, natürlich grauen Wohnungstür endete. Vom Flur aus kam man in ein ebenso winziges graues Bad mit Toilette und Duschkabine. Die Wohnungstür war einer der Gründe gewesen, den Mietvertrag zu unterschreiben: Hier würde Folker rund um die Uhr Gitarre spielen und singen können, ohne irgendjemanden zu stören. Über ihm wohnten etliche Lagen Teerpappe und die Tauben, unter ihm produzierte der Imbiss selber reichlich Krach, und an den Seiten trennten die Bude außerdem die Brandmauern von den Nachbarhäusern.

Ein anderer Grund war die Miete – gerade mal dreihundert Euro wollte der alte Eul haben, und als Folker sich bereit erklärte, die Müllcontainer an den Abholtagen auf die Straße zu fahren, wurden es noch fünfzig Euro weniger. Zweihundertfünfzig Ocken kalt für eine Bude in der Kurfürstenstraße, also zwei Fußminuten zum Chlodwigplatz und drei zur Sansibar, das war ein absolutes Schnäppchen.

Trotzdem würde es sich wahrscheinlich als Griff ins Klo entpuppen – jetzt im Sommer knallte die Sonne auf das Flachdach und heizte die Zimmer auf mindestens dreißig Grad auf, im Winter würden die Heizkörper wohl eher die Dachpappe wellen als die Wohnung warm genug halten, und die Nebenkosten würden höher sein als die Miete.

Tja, ’n bisschen Verlust ist immer … Folker seufzte noch einmal, schnappte sich seine Matratze und schleppte sie in den größeren Raum. Das musste vorerst reichen – er würde in den nächsten Nächten sowieso erst einmal ausprobieren müssen, wo im Zimmer der beste Schlafplatz war.

Er zog sein Handy aus der Hosentasche und sah nach der Uhrzeit. 15:29 – vielleicht doch ein kleines bisschen früh für einen Dämmerschoppen zur Feier des Umzugs. Mit einem dritten Seufzer entschied er sich, zumindest den Karton mit den drei fetten Ausrufezeichen zu öffnen, und packte Bettwäsche, die kleine Kompaktanlage, zwei Steckdosenleisten und ein paar Bücher und CDs aus.

Und stieß auf das Päckchen, das er auf seinem Kopfkissen gefunden hatte, nachdem Jutta und Kai ›in Urlaub‹ gefahren waren. Er hatte es immer noch nicht übers Herz gebracht, das schuhkartongroße Ding zu öffnen.

»›In Urlaub‹ …«, brummte er, während er die Musikanlage aufbaute. »Scheiße, verdammte.«

Ende April vor vier Jahren waren sie abgereist, ohne jegliche Abschiedsszene, sie waren einfach fort gewesen, als er eines Abends von seinem Putzjob im Wasserwerk Hochkirchen heimgekommen war. Tagelang war er durch die verlassene Wohnung getigert und hatte sich seinem Leiden hingegeben; einmal hatte er sogar eine Nacht in Juttas Bett verbracht, aber da hatte ihn dermaßen das heulende Elend gepackt, dass er schon im Morgengrauen geflohen war und ihr Schlafzimmer nie wieder betreten hatte. Am Ende der zweiten Woche hatte er, in Erwartung ihrer Rückkehr, die Ärmel hochgekrempelt und die ganze Bude auf Hochglanz gebracht – aber niemand kam. Auch nach drei Wochen nicht. Am Ende der vierten tauchte schließlich der Vermieter auf und teilte ihm mit, dass Jutta a) die Wohnung zum ersten August gekündigt und b) vier potenzielle Nachmieter benannt hatte, von denen c) einer nun der neue Mieter sei, der aber d) gern bereits am fünfzehnten Juli mit der Renovierung beginnen würde. Und da es Jutta ja eigentlich gar nicht gestattet gewesen sei, überhaupt einen Untermieter aufzunehmen …

Folker hatte Glück, seine Sachen durfte er in Sansis Keller unterstellen, und sein alter Freund Jimmi hatte zufällig gerade mal wieder Sehnsucht nach London und war froh, jemanden zu haben, der zwei, drei Wochen seine Hütte in der Eifel hüten würde. Dann hatte er noch mehr Glück, weil Jimmi auf der Insel die Liebe seines Lebens fand, einen Engländer, mit dem er nun erst mal nach Berkshire ziehen würde, wo Chris ein hübsches kleines Häuschen besaß. Allerdings gab es dort auch hübsche Nachbarn. Nein, sagte Jimmi, er rede natürlich nicht von Engländern – im Haus nebenan wohnte ein Clan von nicht nur heftig kiffenden, sondern auch mit Crack dealenden Jamaikanern. Und als Jimmi nach einigen Monaten feststellen musste, dass sein Chris im großen Stil in das Geschäft eingestiegen war, packte er enttäuscht seine Koffer. Und brauchte daraufhin seine Eifelhütte wieder.

Und hier hockte Folker nun, zurück in der Kölner Südstadt, in seiner neuen, eigenen Wohnung, nachdem er über ein Jahr lang mal hier, mal dort als Gast untergekommen war, und konnte sich nicht entscheiden, welche Musik er auflegen sollte. Album für Album legte er beiseite, weil er wusste, dass er spätestens nach acht Takten wieder den Blues kriegen und anfangen zu heulen würde. Selbst ein Jahr später noch. Sein Bierdurst verschärfte sich.

»Ich brauch ’nen Kühlschrank!«, rief er in den hallenden Raum. Nicht nur das – eine Kochgelegenheit würde er auch brauchen. Einen Schrank für Geschirr, das er nicht hatte, und für Vorräte, die er sich noch zulegen müsste. Aber er hatte schon reichlich Mühe gehabt, die drei Monate Kaution zusammenzukratzen, und jetzt Schulden bei einem halben Dutzend Leuten. Mit anderen Worten: Er war mehr als pleite, an Auftritte war so kurz nach diesen beschissenen Corona-Zeiten noch nicht zu denken, und er wagte gar nicht erst, sich mit Gedanken an die Septembermiete zu befassen.

»Na, dann woll’n wir doch mal testen, wie’s hier so ist mit der Nachbarschaft und Musik«, knurrte er, legte Bitches Brew ein und drehte die Anlage auf.

»So, was hörst du?«, hatte Jutta ihn einmal erstaunt gefragt.

»Ich wünschte, ich könnte so spielen«, hatte er gesagt. »Das ist eins der fantastischsten Alben, die je aufgenommen wurden! Ein Meilenstein der Musikgeschichte!«

Sie hatte kopfschüttelnd sein Zimmer verlassen und die Tür geschlossen. Ja, sie hatte wahrscheinlich recht: Sie und er passten gar nicht zusammen.

Er hockte sich auf die Fensterbank, ließ diese so außergewöhnliche Band durch das Zimmer dröhnen und drehte, wog und beäugte das Päckchen in seinen Händen. ›Für Folker‹, mit lila Edding, in ihrer so angemessen runden weichen, weiblichen Handschrift. Juttas Abschiedsgeschenk. Festes braunes Packpapier, an allen Sollreißstellen gründlich mit Klebeband versiegelt. Er schüttelte es. Keine verräterischen Geräusche. In diesem Moment schon gar nicht, dafür sorgte Miles Davis mit seinen Kumpels.

Wie lange willst du da noch drumherum schleichen? Gerade beginnt ein neuer Lebensabschnitt für dich – also wann, wenn nicht jetzt?

Er knibbelte mit dem Fingernagel eine Ecke vom Klebeband ab, zog daran und riss das ganze Papier auseinander, ließ es auf den Boden fallen. In eine Plastiktüte eingewickelt tatsächlich ein Schuhkarton. Hausschuhe Größe neununddreißig, die gefütterten schwarzen mit dem hohen Schaft, die sie im Winter immer getragen hatte. Sonderpreis – neunundzwanzigneunzig.

Auch der Deckel war mit Klebeband fixiert. Weg damit.

Als Folker ihn abnahm, fiel ihm die Kinnlade herab. Obenauf ein gelber Briefumschlag. Wieder ›Für Folker‹. Und darunter Unmengen von Geldscheinen. Er tastete an mehreren Stellen in dem Papierhaufen herum – nichts als Geld, Geld, Geld. Echtes Geld.

Wenn ich jetzt nicht sofort ein Bier bekomme, kriege ich einen dreistündigen Schreikrampf! Er nahm einen Zwanziger aus dem Karton, legte den Umschlag wieder auf den Rest, stülpte den Deckel darauf und sah sich suchend im Zimmer um. Das wäre der Filmgag des Jahres: Junger Mann wird unverhofft reich, geht sich schnell ein Feierbier holen, kommt nach fünf Minuten zurück – und die Wohnungstür ist aufgebrochen und die Kohle verschwunden …!

Er nahm das Kopfkissen von der Matratze, öffnete den Reißverschluss und kippte den Inhalt des Kartons in den Kissenbezug. Warf den Karton in eine Ecke, schnappte sich die Plastiktüte, rannte hinunter in den Dönerladen, kaufte zehn Flaschen Kölsch und zwei Bulgurklöße und hastete wieder hoch in den ersten Stock. Dort öffnete er ein Bier mithilfe seines Feuerzeugs und trank die Flasche in zwei köstlichen langen Zügen halb leer. Seufzte genießerisch, nahm Bier und Kopfkissen mit in die fensterlose Küche, setzte sich auf den Boden, schüttelte das Geld aus dem Kissen und zählte es.

Als die Pulle leer war, hatte er elf Stapel um sich herum verteilt, jeder tausend Euro wert. Elftausend Ocken …! Ich fass es nicht …!

Er öffnete erst die zweite Flasche, dann den Briefumschlag.

Mein lieber Folker, nein, eigentlich sollte ich schreiben: Mein allerliebster Folker …

Er stöhnte auf und wühlte in dem Umzugskarton herum, fand – wusst’ ich’s doch! – ein halbleeres Päckchen krümelig-trockenen Tabak, drehte sich erst einmal eine Zigarette, trank noch einen guten Schluck und benutzte die leere erste Flasche als Aschenbecher. Ich weiß ja nicht, wann und wo Du dieses Paket öffnest, wann und wo Du diesen Brief liest – ich traue Dir durchaus zu, dass Du es erst mal wer weiß wie lange ungeöffnet irgendwo herumliegen lässt. Oder ob Du es überhaupt jemals öffnest, aber ich hoffe inständig, dass Du es nicht einfach unbesehen in die Mülltonne wirfst (oh Gott!) …

Aber wenn Du dies gerade liest, wirst Du auch den restlichen Inhalt schon gesehen haben – er gehört Dir. Aber gib nicht an damit – es ist kein ehrlich erworbenes Geld. Nicht, dass Du meinetwegen noch Ärger bekommst. Ich bin Hebamme, ich bringe Kinder zur Welt und nicht Leute ins Gefängnis.

Ja, mein Lieber, es ist schmutziges Geld. Ein Teil dessen, was ich in den letzten fünf Jahren in meinem Nebenjob beiseitegeschafft habe. Tja, Folker – ich war Schuggermän, der berüchtigte (und beliebte) Kokslieferant einer Menge Südstädter Schniefnasen …! (Aber das ist eine andere, lange Geschichte.)

Es wäre noch erheblich mehr, wäre mir nicht Me’Shell auf die Schliche gekommen – die Du ja offenbar auch kennst, denn sie trug mir auf, Dich zu grüßen, was mir aber eben erst wieder eingefallen ist (sorry!). Jetzt im Nachhinein bin ich sehr froh, dass sie es war – es hätte genauso gut die Polizei sein können, und ich säße jetzt nicht am Strand (hoffe ich beim Verfassen dieses Schreibens wenigstens), sondern in einer Gefängniszelle. Und auf jeden Fall war es ein schrilles, unüberhörbares Signal, dass es höchste Zeit war, meine kriminelle Laufbahn zu beenden.

So hat sie halt einen Teil dieses Geldes bekommen (den größten Teil, nebenbei bemerkt), aber mir hat der Rest völlig gereicht, um Schuggermän und diese ganze schmutzige Angelegenheit zu beerdigen und einen Neuanfang zu wagen. Ich hoffe, Du verstehst, dass ich hier mehr nicht preisgeben möchte.

Es war sogar ihre Idee, ein bisschen was für Dich abzuzweigen (zu meiner Ehrenrettung darf ich aber anmerken, dass ich den gleichen Gedanken schon vor ihr hatte – die Summe ist auf ihrem Mist gewachsen, und ich fand, die passt auch gut zu Dir;-). Leider hat sie mir nicht verraten, aus welchen Gründen sie Dich so nett bedacht hat – aber da ich Dich kenne, bin ich mir sicher, es waren gute Gründe.

Ach, Folker … Mir bricht das Herz, wenn ich dies schreibe – nein, das ist nicht wahr: Es brach mir schon bei dem Gespräch an unserem letzten gemeinsamen Abend, ach was, schon als ich am Tag nach unserer so wunderschönen Liebesnacht (endlich …!) beschlossen habe, beschließen musste, dass unsere Wege sich trennen müssen.

Mein Doppelleben, die Tatsache, dass die eine Hälfte eines als Kriminelle war, und Kai natürlich … Ich wollte und konnte mich einfach nicht auf eine ernsthafte Bindung einlassen, eben auch seinetwegen, so schwer es mir auch zunehmend fiel …

Ich hoffe, dass es Dir gutgeht, dass Du die Schmerzen, die ich Dir leider zugefügt habe, bald überwindest – oder schon überwunden hast, wenn Du dies liest.

Ich vermute jetzt mal, dass es auch uns gutgeht, da, wo wir nun sind, also mach Dir keine Sorgen. Und ich wünsche Dir alles, alles Gute.

Und noch mal: Geh vorsichtig mit dem Geld um. Protz nicht damit rum, hau nicht alles auf einmal auf den Kopp – und vor allem: Kauf Dir um Himmels willen kein Koks davon!

In Liebe, Deine Jutta

***

»Was soll das denn werden, Alter?«

Als Folker aus der Haustür trat, hätte er sich beinahe der Länge nach auf den Bürgersteig gelegt und konnte einen bösen Sturz gerade noch verhindern, indem er sich am Türgriff festhielt. Auf der breiten Stufe vor der Tür hatte es sich ein Bündel Mensch bequem gemacht. Quer. Ein Mensch mit langen weißen Zottelhaaren, einem nikotingelben Vollbart und auf den ersten Blick etwa drei Zähnen. Er steckte bis zur Brust in einem bundeswehrgrünen, fleckigen Schlafsack, ein Bündel Plastikeinkaufstüten auf dem Schoß, und nuckelte an einer Wermutflasche, so sah es zumindest aus.

»Energiewende!«, grölte der Typ mit einer Stimme wie Joe Cocker.

»Hä?«

»Hab einfach keine Energie mehr, noch bis inne Annostraße zu latschen mit all mei’m Gepäck, verstehste? Bleib jetzt hier. Basta. Lass dich nich stören, Junge.«

»Na, du bist lustig. Erstens hätte ich mir gerade fast den Hals gebrochen. Und was ist, wenn ich zweitens heut Nacht besoffen nach Hause komme und dir in die Eingeweide trampele? Nee, nee, geh mal schön in die Annostraße – im Bett schläft es sich doch viel besser als hier auf den Steinen, oder?«

»Mag ja sein. Aber dann lässt der Blödmann mich wieder meine Puppa nicht mit reinnehmen.« Er schwenkte die Flasche, trank einen Schluck und wiegte sie dann im Arm wie ein Baby. Offenbar waren die Regeln in der Obdachlosenunterkunft mal wieder verschärft worden. Zu viele nächtliche Streitigkeiten und Schlägereien – Alkoholverbot im Johannisheim.

»Die ist doch eh fast leer«, sagte Folker.

»Ja, ja, immer mit dem Finger in die offene Wunde!«, grölte der Alte, der genauso gut siebzig wie fünfzig sein konnte. Mit wässrigen Augen blinzelte er zu Folker hoch. »Du hast’s gut, du kannst einen saufen geh’n … Scheißkapitalismus da …!«

»Ich würd’ dich ja mitnehmen«, behauptete Folker und versuchte, einen Zehner aus seiner Hosentasche zu kramen, ohne allzu viel von den anderen Scheinen sehen zu lassen, »aber ich geh in ’ne Lesbenkneipe, das wär wohl eher nix für dich. Pass auf, wie machen einen Deal …«

Schwups, hatte der Typ ihm den Schein auch schon aus der Hand gefischt und in den Ausschnitt seines schmutzigen Hemds gesteckt.

»Okay«, brummte er, »kannst beruhigt zu die Weiber geh’n – ich halt hier Wache. Auf mich kannste dich verlassen, Junge.«

»Nee, nee, so war das nicht gemeint, Alter. Der Deal ist: Du trinkst deine Puppa leer, nimmst den Zehner, gehst in die Anno, und morgen früh kannste dir was zum Frühstücken kaufen. Oder für’n Frühschoppen, wie du willst. Aber hier kannst du nicht bleiben.«

»Wieso denn nich? Glaubst du, du bist was Besseres?«

»Nee, sicher nicht. Aber ich möchte nicht, dass dich heut Nacht die Bullen hier vertreiben.«

»Die kennen mich, die tun mir nix!«

»Glaub ich dir gern. Aber schlimmer noch …«, Folker beugte sich zu dem Alten hinunter und flüsterte fast, »die Türkenjungs hier«, er deutete auf den Eingang zu Bereks Imbiss, »die räumen jeden Abend auf – und spritzen die ganze Fassade hier und den Bürgersteig mit dem Schlauch ab …«

»Ach du Scheiße …«

»Ja. Ich sag’s dir ja nur.«

»Danke, du bist ’n echter Freund. Okay, ich trink noch aus, und dann mach ich mich vom Acker.« Der Alte streckte die rechte Hand aus. Folker zögerte, aber da sie ja nun schon mal Freunde waren, nahm er sie und schüttelte sie. Und musste die Zähne zusammenbeißen – sie war hart und voller Hornhaut, als hätte der Typ sein Leben lang raue Backsteine geschleppt. Ein wenig fester zugepackt, und er hätte Folker den einen oder anderen Finger gebrochen.

»Mach’s gut, Junge, und danke. Wenn du mal ’n Problem hast, frag nach Lotto-Günther.«

»Mach ich«, sagte Folker, verbiss sich ein Lachen, stieg über Günther hinweg und ging.

Er war ziemlich stolz auf sich. Nicht nur, weil er fand, dass er gerade ein gutes Werk getan hatte.

»Man soll die Feste doch feiern, wie sie fallen«, hatte er bei der dritten Flasche Bier seinem Mobiliar verkündet und beschlossen, genau das zu tun und den unverhofften Geldsegen angemessen zu begießen.

Doch dann hatte er sich umgesehen und sich gefragt, wie er sich am nächsten Morgen wohl fühlen würde – zwar stinkreich, jedenfalls reicher als Lotto-Günther, aber auf einer nackten Matratze liegend, umgeben von Gerümpel. Er hatte symbolisch die Ärmel hochgekrempelt und sie bezogen, hatte die Musikanlage näher ans Bett gerückt, ordentlich und versteckter verkabelt, und den Umzugskarton völlig ausgeleert, zusammengefaltet und unter der Matratze verschwinden lassen. Alles, was nicht in die Küche gehörte, hatte er ins Schlafzimmer geräumt und umgekehrt, und sein Waschzeug und die drei Handtücher, die er besaß, ins Bad.

Schließlich setzte er sich wieder auf seinen Schreibtischstuhl, machte das vierte Bier auf, das inzwischen leider schon unangenehm warm geworden war, und sah sich um. Mit dem WimS-Sammelband, der ihn seit vierzehn Jahren durch sämtliche Umzüge begleitete, als Unterlage legte er eine Liste der dringendsten Anschaffungen an: Schreibtischplatte, Aschenbecher, Kochplatte, Kühlschrank, so was wie ein Küchenschrank, ein paar Regalbretter … Ein bisschen Werkzeug würde er sich wohl von Jupp ausleihen können. Er schrieb Wandfarbe dazu, machte dann ein Fragezeichen dahinter, sah sich die beiden Räume noch einmal an und strich beides durch – er würde sich irgendetwas Künstlerisches überlegen, um die Wände zu verschönern.

Stoff, schrieb er, Bilder. Lampen.

Nach einem weiteren Schluck unterstrich er Kühlschrank zwei Mal, kippte den Rest der warmen Plörre in den Ausguss und verließ seine neue Wohnung.

Wherever I hang my hat …, sang er im Treppenhaus.

***

»Bist du nicht noch ’n bisschen jung für Memoiren?« Sansi beugte sich neugierig über die Theke, wo Folker weiter an seiner Einkaufsliste arbeitete. Im Hintergrund lief ihre American Songbook-Playlist. Ihr Heute ist nix los, da brauch ich nicht für Stimmung zu sorgen-Mix.

»Bist du nicht schon ’n bisschen zu alt, um noch selber hinterm Tresen zu stehen?«

Sie blitzte ihn aus ihren dunkelbraunen Augen an. »Ist dein Deckel hier nicht schon ’n bisschen zu hoch, um so ’ne kesse Lippe zu riskieren?«

»Ach, dir geht’s bloß um Geld? Sag das doch gleich. Hier …«, Folker zog zwei Hunderter aus seiner Hemdtasche, »haste schon mal ’ne Anzahlung.«

Nun starrte sie ihn mit offenem Mund an. Jetzt tat es ihm fast leid, dass er nicht direkt seine kompletten Schulden bei ihr bezahlt hatte – wenigstens die Trinkschulden; was sie ihm für die Mietkaution geliehen hatte, war ja privat. Aber er hatte sich überlegt, dass es vielleicht nicht so klug sei, gleich alle wissen oder zumindest ahnen zu lassen, dass er zu Geld gekommen war.

»Ich hab Lotto-Günther getroffen«, erklärte er, als sei damit alles erklärt. »Trinkst du einen Kurzen mit mir?«

»Auf den Schreck brauch ich aber ’nen Doppelten«, sagte sie. Er zog bloß eine Augenbraue hoch, neigte den Kopf und zuckte in einer Geld-spielt-keine-Rolle-Geste mit der Schulter.

»Und wie ist die neue Bude?«, fragte sie, als sie sich zugeprostet und die Kräuterschnäpse gekippt hatten.

»Ich sag mal so: Die Jungs, die gerade für ’ne Wohnung im Kranhaus ’ne Million hingelegt haben, werden sich auf meiner Einweihungsparty in den Arsch beißen.«

»Blöd«, sagte sie.

»Wieso?«

»Ich hab im Hinterhof einen Küchentisch und vier Stühle geparkt. Aber die kannst du ja dann nicht brauchen.«

»Hä?«

»Na, wie sollen sich deine High-Society-Freunde denn im Sitzen in den Arsch beißen?«

»Boah …!«, stöhnte er. »Heiermann in die Kalauerkasse!« Sie lachten beide herzlich. Send in the clowns, sang Frankieboy.

Sansi zapfte frisches Bier für Tisch zwei. Folker drehte sich auf seinem Hocker halb herum, um einen Rundblick durch die Sansibar zu werfen. Fünf Gestalten an der Theke, überwiegend weiblich, an Tisch zwei ein Frauenquartett, an Tisch vier, neben dem Eingang, zwei gemischte Pärchen.

»Werde ich alt, oder werden die alle immer jünger?«, wandte er sich wieder zu Sansi um.

Sie kam mit dem halb gefüllten Bierkranz um den Tresen herum, drückte sich grinsend an ihm vorbei. »Welche Frage soll ich denn zuerst beantworten?«

Er verdrehte bloß die Augen.

»Mir egal, wie alt die sind«, sagte sie, als sie zurückkam. »Hauptsache, sie sind mindestens achtzehn, benehmen sich, saufen ordentlich und sind für Spaß zu haben.«

»Ja«, seufzte Folker, »Spaß haben war ja die letzten zwei Jahre gar nicht so einfach …«

»Nee, echt nicht. Hätte nicht viel gefehlt und ich hätte den Laden zumachen müssen.«

»Ein Hoch auf die NRW-Soforthilfe«, sagte er und schwenkte sein leeres Glas.

»Von der ich drei Mille wieder zurückzahlen soll«, murrte Sansi und zapfte ihm ein neues. »Wenn ich den Prozess verliere. Ich und die paar hundert anderen, die sich getraut haben, zu klagen. Du hast dich ja nicht getraut«, sagte sie mit vorwurfsvollem Blick.

»Mir hat der Papierkrieg für den Antrag schon gereicht«, wehrte er sich. »Ich hasse diese Formularschlachten – ich gucke auf so ’n amtliches Formular, und mir fallen sofort die Augen zu. Hab ich eben meine eigene Strategie gefahren.«

»Ja, klar – tolle Strategie. Wenn ich mich recht erinnere, musst du doch sogar fast vier Mille zurückzahlen …«

»Die ich seit acht Monaten mit einem Dauerauftrag über vierzig Ören abstottere. Ist doch ’ne Win-Win-Situation: Ich merk die vierzig Ocken im Monat kaum, und die Jungs und Mädels im Wirtschaftsministerium haben was zu tun und müssen sich nicht langweilen. Und beide haben wir Spaß.«

»Und du latzt, bis du schwarz wirst.«

»Quatsch. Nur sechsundneunzig Monate lang«, grinste er. »Und vielleicht lass ich Ende des Jahres den Dauerauftrag mal für ’nen Monat oder zwei pausieren.«

Sansi schüttelte resigniert den Kopf. Get on the right track, sang Julie London.

»Ich drück dir und den anderen mutigen Klägern jedenfalls beide Daumen«, lenkte Folker ein. »Und uns allen, dass es das jetzt erst mal war mit Pandemien und Lockdowns und dem ganzen Viren-Scheiß. Wie’s aussieht, hab ich im Herbst sogar schon wieder ein paar Auftritte.«

»Prima. Hoffentlich kriegst du da dann auch ein paar CDs verkauft.«

Er seufzte wieder. »Hör mir bloß damit auf …! Wenn ich auch nur geahnt hätte, wie wenig Leute überhaupt noch daran interessiert sind, sich so was anzuschaffen … Selbst die in unserem Alter gucken mich nur mitleidig an: ›CDs …? Wir haben doch ’n Spotify-Abo …!‹ Oder eins bei Amazon oder bei Apple … Ich könnte kotzen, wenn ich daran denke.«

»Aber nicht an meiner Theke!«

»Nee, keine Bange. Mach uns noch so’n Kabänes, Kräuter sollen ja gut für den Magen und die Verdauung sein.«

»Hey, Folker – ich bin im Dienst!«

I’ve heard that song before, sang Frank Sinatra, und Folker drehte sich eine Kippe.

»Wollt ihr auch noch was?«, fragte Sansi das Pärchen drei Hocker weiter, in dessen Gläsern nur noch ein Zentimeter Bier stand.

»Nee, wir zahlen«, sagte der Typ.

»Sechs Euro.«

»Wir müssen früh raus«, erklärte die Frau. »Aber war nett hier bei euch. Schöne Mucke.« Er holte ein Portemonnaie aus der Tasche und zählte sechs Euro auf den Tresen.

»Mensch, Holger …!«, stöhnte die Frau, griff in seine Börse und legte einen weiteren Euro dazu. Sah Sansi an, verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf – Männer …! »Und toll, dass man hier rauchen darf!«

»Ja«, sagte Sansi, »schönen Abend noch, euch beiden!«

»Komisch«, murmelte Folker, »darüber hab ich mir noch nie Gedanken gemacht …«

»Worüber?«

»Dass die Sansibar die einzige Kneipe weit und breit ist, in der geraucht werden darf. Wieso eigentlich, das ist doch schon lange verboten?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Scheiß drauf. Außerdem sind wir gar nicht die einzige – bei Taifun wird auch gequalmt.«

»Ach ja, stimmt, in der Zukunft auch. Aber was ist, wenn die vom Ordnungsamt hier eines Abends kontrollieren kommen?«

»Machen die nicht.«

»Wieso? Woher willst du das denn wissen? Ich hab gehört, die sind andauernd unterwegs, und ganz viele Wirte haben schon ganz schön viel Strafe zahlen müssen.«

»Tja …«

»Was, ›tja‹? Meinst du, dir könnte das nicht passieren?«

»Meine ich.«

»Aber wieso …?«

Sansi seufzte. Blickte sich um. Niemand achtete auf ihre Unterhaltung. Trotzdem beugte sie sich über die Theke zu Folker hin.

»Weil mein Alter seit vierzehn Jahren der Leiter des verfickten Ordnungsamts ist«, raunte sie ihm ins Ohr.

»Nee, ne?«

»Doch. Was glaubst du denn, warum hier nie einer von denen auftaucht? Egal, wie laut es ist, egal, wie lange wir machen, egal, ob’s hier qualmt wie in guten alten Zeiten?«

»Das heißt, dein Vater hält so einfach seine schützende Hand über dich und deine Kneipe? Über Jahre? Kann der das denn? Kann er deswegen nicht richtig Ärger kriegen?«

»Doch, kann er. Noch mehr aber, wenn er es nicht tut.«

»Wie hast du das denn hingekriegt?«

»Ich hab ihm gesagt, dass ich sonst meiner Mutter erzähle, wer der Vater von Tante Annas Sohn Sebastian ist.«

Folker blieb der Mund offenstehen. Sansi tätschelte seine Hand, ging mit einem triumphierenden Lächeln zu ihrem Hocker hinter der Theke zurück und drehte sich eine Zigarette.

Don’t smoke in bed, sang Peggy Lee.

3

Die Stalltür quietschte. Der dösende Hund reagierte mit einem halb aufgestellten Ohr und einem einzigen schlappen Schwanzschlag. Er blinzelte kurz der aufgehenden Sonne zu und ließ seinen gewaltigen Schädel grunzend wieder auf die Vorderpfoten sinken. Gadaffi, eine wilde Mischung aus Dogge, Schäferhund und irgendeinem Tier mit Alligatorgebiss, lag ausgestreckt auf einem der letzten vier Heuballen im Hof. Mehr Heu gab es nicht. Nicht in Rohm, nicht in den umliegenden Dörfern. Vermutlich in der ganzen Eifel nicht.

Schäfisch schloss die Tür und blickte hoch zum Himmel – auch heute nicht eine Wolke. Das blasse Blaugrüngrau am Horizont sagte strahlenden Sonnenschein voraus. Wie schon gestern, vorgestern und viel zu viele Tage davor. Seit Anfang Mai hatte es nicht mehr richtig geregnet. Schäfisch lehnte die Mistgabel an die Stallwand, fluchte leise und zog die verschwitzte, ehemals wahrscheinlich weiße Baseballkappe vom Kopf. Acht, vielleicht zehn Tage noch, dann war der Rest Heu vom Vorjahr aufgefressen. Das Vieh war seit zwei Wochen im Stall, denn draußen gab es für die Tiere keine Nahrung mehr – das Gras war so trocken, es zerfiel wie alte Kartoffelchips, wenn man drauf trat.

Sie rubbelte sich den Staub aus den kurzen, grauen Locken. Wenn nicht bald Regen kam – und zwar tagelange, ergiebige Güsse, ganze Wassermassen, die das verdurstende Land wieder ergrünen ließen – blieb ihr nur, den Schlachter anzurufen. Ohne eine halbwegs gute Heuernte im Herbst würde es nicht genug Vorräte geben, um vierzig Kühe über den Winter zu bringen. Bliebe es weiterhin so trocken, würden die Händler das Zeug mit Gold aufwiegen. Doch Schäfisch hatte keine Lust, den arroganten Bankschnösel in Daun um Geld anzubetteln.

Gadaffi gähnte, streckte sich und ließ seinen massigen Körper von dem Heuballen hinabgleiten. Er machte drei, vier staksige Schritte auf sie zu, setzte sich aufs Hinterteil und knurrte ungehalten.