Franz von Sickingen - Ferdinand Lassalle - E-Book

Franz von Sickingen E-Book

Ferdinand Lassalle

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Beschreibung

Lassalles historisches Drama handelt von der Person des Reichsritters Franz von Sickingen. Dieser war Anführer der rheinischen und schwäbischen Ritterschaft. Als Unterstützer von Anhängern der Reformation stritt er für die Säkularisation der kirchlichen Güter und führte seine Standesgenossen im Ritterkrieg an. Nach Belagerung und Übergabe seiner Burg Nanstein starb er dort an einer schweren Verwundung, die er bei der Beschießung erlitten hatte.

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Franz von Sickingen

Ferdinand Lassalle

Inhalt:

Ferdinand Lassalle – Biografie und Bibliografie

Franz von Sickingen

Personen.

Vorwort

Erster Akt

Zweiter Akt

Dritter Akt

Vierter Akt

Fünfter Akt

Franz von Sickingen , F. Lassalle

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849630256

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Ferdinand Lassalle – Biografie und Bibliografie

Gelehrter und Begründer der Sozialdemokratie in Deutschland, geb. 11. April 1825 in Breslau, gest. 31. Aug. 1864, Sohn eines reichen israelitischen Seidenhändlers, Lassal (Ferdinand L. schrieb sich »Lassalle« erst nach einem Pariser Aufenthalt im J. 1846), der ihn für den Handelsstand bestimmt hatte und deshalb auf die Leipziger Handelsschule schickte. Aber L., der keine Neigung für den kaufmännischen Beruf hatte, verließ im Sommer 1841 heimlich Leipzig, machte das Abiturientenexamen und studierte nun auf den Universitäten Breslau und Berlin Philosophie, Philologie und Archäologie. Schon während seiner Universitätszeit begann er sein Werk über Heraklit, das ihm die akademische Laufbahn eröffnen sollte. Früh trat er in freundschaftliche Beziehungen zu hervorragenden Gelehrten, so namentlich in Berlin zu A. Böckh, A. v. Humboldt u.a. 1844 ging er auf Reisen und hielt sich einige Zeit in Paris auf. Nach Deutschland zurückgekehrt, lernte er im Winter 1844/45 in Berlin die Gräfin Sophie Hatzfeldt kennen, die mit ihrem Manne im Ehescheidungsprozess lebte (s. Hatzfeldt 3). Gerührt von dem Unglück der schönen, von ihren Verwandten verlassenen Frau, bot er derselben sein Vermögen und seine Dienste an, begab sich mit ihr nach der Rheinprovinz und führte nun fast 10 Jahre ihre Prozesse mit dem Grafen, die er schließlich auch gewann. L. und die Gräfin lebten dann bis zu seinem Tode fortwährend an denselben Orten und in dem engsten freundschaftlichen Verkehr. In jenem Rechtsstreit wurde L. auch in einen Kriminalprozess, der seinerzeit viel Aufsehen machte, verwickelt, indem er als intellektueller Urheber des Diebstahls einer Kassette der Mätresse des Grafen, der Baronin von Meyendorff, in der ein für den Fortgang des Prozesses wichtiger Kontrakt aufbewahrt war, angeklagt, aber nach einer glänzenden Verteidigungsrede freigesprochen wurde. 1848 stürzte L. sich in die politische Agitation. Seine Anschauungen waren die der radikalen Demokratie. Unter deren Führern nahm er sofort neben Marx, Freiligrath, Becker etc. einen hervorragenden Platz ein, durch den Verkehr mit Marx wurde er auch zum Sozialisten. Wegen einer zu Neuss gehaltenen Rede 22. Nov. 1848 verhaftet und angeklagt, die Bürger zur Bewaffnung gegen die königliche Gewalt aufgereizt zu haben, wurde er nach sechsmonatiger Untersuchungshaft 3. Mai 1849 von den Geschwornen zu Düsseldorf freigesprochen. Die »berühmte« Assisenrede (»Meine Assisenrede etc.«, Düsseld. 1849) ist von L. nicht gehalten worden. Trotz der Freisprechung wurde aber L. nicht aus dem Gefängnis entlassen, sondern jetzt wegen derselben Rede eines geringeren Vergehens, die Bürgerwehr zur Widersetzlichkeit gegen die Beamten aufgefordert zu haben, angeklagt und vom Korrektionstribunal 5. Juli 1849 zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Nach Beendigung der Hatzfeldtschen Prozesse (1854) nahm L., zuerst in Düsseldorf, dann in Berlin, wohin er 1857 übersiedelte, seine wissenschaftlichen Studien wieder auf, vollendete sein Buch über »Die Philosophie Herakleitos' des Dunklen von Ephesos« (Berl. 1858, 2 Bde.) und schrieb »Das System der erworbenen Rechte, eine Versöhnung des positiven Rechts und der Rechtsphilosophie« (Leipz. 1860, 2 Bde.; 2. Aufl. 1880), zwei Werke, die ihm wegen ihrer Originalität einen geachteten Namen in der Gelehrtenwelt verschafften. Zwischendurch erschien auch sein historisches Trauerspiel »Franz von Sickingen« (Berl. 1859), ein Werk voll kühner, genialer Gedanken trotz aller Schwächen in ästhetischer und formaler Beziehung und von hohem Interesse durch die deutschnationale Gesinnung des Dichters, eines begeisterten Anhängers des deutschen Einheitsstaates. Diese Gesinnung tritt noch stärker hervor in der während des italienischen Krieges erschienenen Broschüre »Der italienische Krieg und die Aufgabe Preußens« (Berl. 1859), in der er die preußische Neutralität Frankreich gegenüber billigte, aber riet, Preußen solle den günstigen Augenblick der Beschäftigung seiner Gegner benutzen, um den Dualismus in Deutschland zu beseitigen und die deutschen Stämme mit Ausschluss Österreichs unter einer nationalen demokratischen Regierung zu einigen, ebenso in der Abhandlung »Fichtes politisches Vermächtnis und die neueste Gegenwart« (in Walesrodes »Demokratischen Studien«, Hamb. 1860) und in seiner Festrede auf Fichte 19. Mai 1862. »Die Philosophie Fichtes und die Bedeutung des deutschen Volksgeistes« (Berl. 1862). Im März 1862 erschien als eignes Buch eine Kritik der Julian Schmidtschen Literaturgeschichte, zu dem auch der L. nahe befreundete Lothar Bucher als »Das Setzerweib« Beiträge geliefert hat (»Herr Julian Schmidt, der Literarhistoriker«, Berl. 1862). In der Konfliktszeit versuchte L. die Fortschrittspartei zum passiven Widerstand, zur Niederlegung des Mandats in Masse, zu bewegen und hielt auch in diesem Sinne öffentliche Vorträge: »Über Verfassungswesen« (Berl. 1862), »Was nun?« (das. 1862). Da die Fortschrittspartei diese Politik verwarf, glaubte L. die Zeit gekommen, eine eigne demokratische Partei bilden zu können. Er versprach sich einen Erfolg aber nur bei einem Programm, das zugleich Vorschläge über die Lösung der sozialen Frage enthielte. Zu diesem Zweck hielt er 12. April 1862 in einer großen Arbeiterversammlung einen Vortrag: »Über den besonderen Zusammenhang der gegenwärtigen Geschichtsperiode mit der Idee des Arbeiterstandes« (gedruckt u. d. T.: »Arbeiterprogramm«, Berl. 1862). Auf Grund dieses Vortrags wurde L. wegen Gefährdung des öffentlichen Friedens durch öffentliche Anreizung der Angehörigen des Staates zum Hass gegeneinander angeklagt und 16. Jan. 1863 zu vier Monaten Gefängnis verurteilt, aber in zweiter Instanz freigesprochen. Anlässlich dieses Prozesses veröffentlichte L. folgende Schriften: seine Verteidigungsrede »Die Wissenschaft und die Arbeiter« (Zürich 1863), »Der Lassallesche Kriminalprozess« (das. 1863), »Die indirekte Steuer und die Lage der arbeitenden Klassen« (das. 1863). Sein Auftreten für die Arbeiterklasse veranlasste 10. Febr. 1863 ein Arbeiterkomitee in Leipzig, das damals einen allgemeinen deutschen Arbeiterkongreß berufen wollte, sich an L. zu wenden und seine Ansicht über den Kongress und über die Arbeiterfrage zu erbitten. L. antwortete nach 14 Tagen in einer Broschüre: »Offenes Antwortschreiben an das Zentralkomitee etc.« (Zürich 1863), in der er sein sozialistisches Programm entwickelte. Er riet dem Komitee, dies Programm, dessen Hauptpunkt die Gründung von Produktivgenossenschaften mit Hilfe des Staatskredits war, anzunehmen, den Kongress nicht zu halten, aber einen allgemeinen deutschen Arbeiterverein zu gründen, der sich zunächst nur die eine Aufgabe stelle, für das allgemeine gleiche direkte Wahlrecht mit geheimer Abstimmung zu agitieren, um, wenn dies erreicht sei, mit Hilfe des Stimmrechts die Macht im Staat für den Arbeiterstand zu erlangen und dann das sozialistische Programm durchzuführen. Das Komitee folgte dem Rat, L. wurde von ihm veranlasst, in Leipzig 16. April (Lassalles Rede »Zur Arbeiterfrage«), in Frankfurt 17. und 19. Mai (»Arbeiterlesebuch«, Frankf. a. M.) und andern Orten zu sprechen; am 23. Mai 1863 wurde der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein in Leipzig mit etwa 600 Mitgliedern gegründet und L. zum Präsidenten gewählt. In dieser Stellung entfaltete er eine umfassende agitatorische Tätigkeit, aber seine Erfolge waren sehr gering. Kaum einige tausend Arbeiter gelang es ihm zu gewinnen. Sein Hauptkampf war gegen Bourgeoisie und Liberalismus gerichtet. Dieser Kampf verwickelte L. in eine Reihe von Kriminalprozessen, schließlich sogar in einen Hochverratsprozeß auf Grund einer gedruckten Ansprache: »An die Arbeiter Berlins« (Berl. 1863), in der er ausführte, dass die oktroyierte preußische Verfassung nicht zu Recht bestehe, und die Arbeiter aufforderte, in den Verein zu treten, um diese Verfassung zu stürzen. Er wurde in diesem Prozess 12. März 1864 freigesprochen, aber in andern verurteilt. Die Agitation hatte Lassalles Gesundheit zerrüttet. Um sich zu stärken, ging er, nachdem er noch im Mai 1864 am Rhein in den ihm ergebenen Arbeiterdistrikten einen Triumphzug gehalten, im Juni 1864 nach der Schweiz. L. traf dort mit Helene v. Dönniges, der Tochter eines bayrischen Diplomaten, zusammen, die, ihm selbst schon von früher her bekannt, damals mit einem Walachen, Janko von Rakowitz, verlobt war. Sein Verhältnis zu dieser Dame führte zu einem Pistolenduell zwischen L. und Rakowitz in Genf 28. Aug. 1864, in dem L. tödlich verwundet wurde. – Die gegenwärtige Sozialdemokratie hat die Ideen Lassalles für veraltet erklärt, und sie musste dies nach der Entwickelung, die sie genommen, tun; denn die moderne Sozialdemokratie ist international und staatsfeindlich geworden, während der Sozialismus Lassalles durchaus national war. Aber das ändert nichts an der historischen Bedeutung dieses Mannes, die darin liegt, dass er es verstanden hat, in Deutschland zuerst eine nachhaltige Arbeiterbewegung ins Leben zu rufen und den Arbeiterstand für seine eignen Interessen zu begeistern. Sein Bildnis s. Porträttafel »Sozialisten II«. – Außer den erwähnten Agitationsschriften erschienen noch: »Macht und Recht« (Zürich 1863); »Die Feste, die Presse und der Frankfurter Abgeordnetentag« (Düsseld. 1863); »Der Hochverratsprozeß wider Ferdinand L. etc.« (Berl. 1864); »Die Agitation des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins« etc., Lassalles letzte Rede (das. 1864) und Lassalles letztes wissenschaftliches Werk: »Herr Bastiat-Schulze von Delitzsch, der ökonomische Julian, oder Kapital und Arbeit« (das. 1864), eine Polemik gegen die manchesterlichen Anschauungen über die soziale Frage und der Versuch, seinen sozialistischen Standpunkt wissenschaftlich zu begründen. Eine Gesamtausgabe seiner »Reden und Schriften« besorgte im Auftrage des Vorstands der sozialdemokratischen Partei E. Bernstein (Berl. 1891–94, 3 Bde.). Eine neue Ausgabe seiner »Gesamtwerke« (Bd. 1–4, Leipz. 1899–1901) besorgte E. Blum; sein »Tagebuch« (aus der Jugendzeit) gab P. Lindau (Bresl. 1891) heraus. Von Lassalles Briefen sind erschienen: »Briefe an Hans v. Bülow 1862–1864« (Dresd. 1885 u. ö.), an R. Rodbertus (Berl. 1878), an G. Herwegh (Zürich 1896), an Karl Marx und Friedrich Engels (Stuttg. 1902). Vgl. B. Becker, Geschichte der Arbeiteragitation F. Lassalles (Braunschw. 1874); G. Brandes, Ferdinand L. (deutsch, 4. Aufl., Leipz. 1900); A. Aaberg, Ferdinand L. (das. 1883); E. v. Plener, L. (das. 1884); Diehl, Artikel »Lassalle« im »Handwörterbuch der Staatswissenschaft«, Bd. 5 (2. Aufl., Jena 1900); G. Mayer, L. als Sozialökonom (Berl. 1894); Brandt, F. Lassalles sozialökonomische Anschauungen und praktische Vorschläge (Jena 1895); H. Oncken, L. (Stuttg. 1904); E. Bernstein, Ferd. L. und seine Bedeutung für die Arbeiterklasse (Berl. 1904); Seillière, Études sur Ferd. L. (Par. 1897).

Franz von Sickingen

Eine historische Tragödie

 Die höchste Macht der Begünstigung eines Stoffes bleibt doch der Poesie gegeben.

A. von Humboldt

Personen.

Kaiser Karl V.

Kurfürst Ludwig von der Pfalz, Pfalzgraf und Herzog in und bei Rhein.

Richard von Greifenklau, Erzbischof und Kurfürst von Trier.

Philipp, Landgraf von Hessen.

Der päpstliche Kardinal-Legat.

Hans Renner, kaiserlicher Minister und Rat.

Franz von Sickingen.

Ulrich von Hutten.

Graf Wilhelm von Fürstenberg,

Graf Eitelfritz von Zollern,

Frowin von Hutten, Großhofmeister und Kämmerer des Kurfürsten Erzbischof Albrecht von Mainz,

Ritter Philipp von Rüdesheim,

Ritter Heinrich von Schwarzenberg,

Ritter Wilhelm von Waldeck,

Ritter Heinrich von Dhan,

Ritter Philipp von Dalberg,

Ritter Wolf von Türkheim,

Ritter von Venningen,

Ritt er von Falkenstein,

Ritter Hartmuth von Kronberg,

Ritter Fritz von Sombreff, Freunde und Anhänger Sickingens.

Oecolampadius, lutherischer Hauskaplan Sickingens.

Balthasar Slör, Sickingens Geheimsekretär und Vertrauter.

Hauptmann Jörg von Augsburg, Büchsenmeister im Dienste Sickingens.

Jos Fritz, ein Bauernagitator.

Marie, Sickingens Tochter.

Der Geheimsekretär des Pfalzgrafen Ludwig.

Ein trierscher Ritter.

Graf Solms.

Ein Hauptmann trierscher Lanzknechte.

Ein Reichsherold.

Ein Herold im Dienste Sickingens.

Kurt ein Knappe Sickingens.

Ein Gastwirt.

Ein Arzt.

Zwei Boten.

Die nachstehende Tragödie ist zum größten Teil im Frühjahr 1857 noch während meines, Aufenthalts im Düsseldorf von mir geschrieben worden. Andere Arbeiten hinderten mich, sie früher als im Winter 1857/58 zu vollenden. Noch wahrend ich hiermit beschäftigt war, hatte ich die Freude, David Strauß' Leben Ulrichs von Hutten erscheinen und hierin einen Beweis mehr zu sehen, wie zeitgemäß und fast unwillkürlich die Rückwendung auf jene Periode unseres größesten und entscheidendsten geschichtlichen Wendepunktes dem gegenwärtigen Geiste ist – Im Frühjahr 1858 fertigte ich eine äußerst verkürzte und mit Rücksicht auf die Bühnenbedürfnisse eingerichtete Umarbeitung des Stückes an Besonders im ersten, zweiten und vorzüglich im dritten Akt sind diese Umänderungen bedeutend. So mußte im dritten Akt unter anderem die durch ihre Länge vielleicht selbst an einen epischen Ton hinstreifende Schilderung des Lebens Huttens sowie des Reuchlinschen Streits vor dem Bedürfnisse des Bühnendramas nach rasch abrollender Handlung fortfallen. Im Literaturdrama aber erschienen mir nach einigem Zaudern die merkwürdige Lebensgeschichte jenes Mannes sowie der große, in seinem tiefsten Wesen vielleicht noch lange nicht hinreichend gewürdigte humanistische Kampf viel zu wertvoll in sich selbst, viel zu eng zusammenhängend mit der tragischen Idee des Dramas, viel zu bedeutsam für den Geist und Konflikt jener Zeit, um sie hier nicht in unverkürzter Gestik stehenzulassen. –

Ein als Manuskript gedrucktes Exemplar der Bühnenausgabe ließ ich im Juli 1858 durch einen Freund anonym der Intendantur des Kgl Hoftheaters hierselbst überreichen. Es war mein Wunsch, das Stück, ehe ich es dem Publikum im Druck übergab, anonym zur Aufführung gebracht zu sehen, um ihm so eine ganz objektive Aufnahme von selten der Nation zu sichern. Am 31 Jan 1859 erfolgte endlich die Ablehnung seitens der Kgl Intendantur, und ich beeile mich daher nunmehr, nachdem jene Rücksicht fortgefallen, das Literaturdrama als solches dem Publikum zu übergeben. –

Erster Akt

Erster Auftritt

Zimmer auf der Ebernburg. Marie, eine Handarbeit, an der sie beschäftigt war, zusammenlegend. Balthasar, ein Mann von einigen sechzig Jahren, mit ganz weißem Haar, aber noch in voller Kraft. Breite, feste Stimme.

MARIE.

Ich weiß nicht, Balthasar, der Vater ist

Seit ein'ger Zeit nicht mehr so froh wie sonst.

Er zieht sich häuf'ger in die Einsamkeit

Zurück; zumal wenn Briefe kommen, finde

Ich seine Stirne meistens tief umwölkt.

BALTHASAR.

Die Folge ist's von seinen – mit Verlaub

Ich bin gewohnt, stets grad heraus zu reden –

Die Folge ist's von seinen – Dummheiten!

MARIE.

Wie, Balthasar! Der Vater Dummheiten?

Und ist es recht, zur Tochter das zu sagen?

BALTHASAR.

Je nun, mein gnäd'ges Fräulein, seid schon flügge

Und könnt auch schon ein freies Wort ertragen.

Zudem wißt Ihr ja wohl, seid Ihr die Tochter auch,

Liebt Ihr Franziskus doch nicht mehr als ich.

MARIE ihm mit Rührung die Hand reichend.

Ja das ist wahr, Ihr seid ein treuer Diener.

BALTHASAR.

Hat sich was, treu zu sein! 'ne rechte Kunst!

Ich müßt' mir selbst nicht treu sein, wenn ich's ihm

Nicht wäre! – Seht, als man mich unterdrückte,

Der herrschbegier'ge Magistrat von Worms

Mich eigenmächtig austrieb, widerrechtlich

Die Habe mir entriß und mich zum Bettler machte –

Wer hat sich da denn meiner angenommen?

Ich schrie umsonst zu Kaiser und zu Reich!

Die große Stadt war mir zu übermächtig,

Der Kaiser brauchte sie, es wollte niemand

Um meinethalb mit ihr sich überwerfen.

Da wandt' ich mich in meiner höchsten Not

An Euren Vater. – Traun, das ist ein Rechtsanwalt!

So einer lebt im ganzen Land nicht mehr!

Er nahm mich auf und prüfte meinen Handel,

Und als er klärlich sah, daß mir Gewalt geschehn,

Da sagt' er mir ganz einfach: Balthasar,

Kann's Schreiberdienst nicht sein, sei's Reitersdienst!

Und wie nun sein Verwenden Worms verlachte,

Sich mir zu Rechtens nicht erbieten wollte,

Vielmehr im Übermut mit Achtgesuch

Bei Kaiser und bei Reich ihm drohen tät,

Nahm er so ein zehntausend gute Gründe –

Ich meine Pickelhauben, Fräulein – zog

Damit vor Worms und gab sich Euch jetzt an

Ein Demonstrieren und ein Distinguieren –

Ja, Fräulein, der versteht's! –

Er distinguierte, daß die Mauern wichen!

Nicht Kaisers Zorn, nicht eigene Gefahr

Konnt' ihn von meiner Sache schrecken. – Fräulein,

Man wär' ein Schelm, wenn man so was vergäße!

MARIE.

Ihr seid ein treues, redliches Gemüt!

BALTHASAR.

Schön Dank, mein Fräulein! – Doch, trotz alledem

Und vielem andern noch, um dessenthalb

Ich den gestrengen Ritter liebe, macht

Die Liebe diese alten Augen doch

Für seine – Dummheiten nicht blind.

MARIE mit Humor.

Aha, ich seh, Ihr kehrt zum Angriff wieder.

Es drückt Euch etwas auf dem Herzen, Meister.

Gewiß hat Euch der Vater wieder nicht gefolgt!

Mit komischem Pathos.

Nun wohl, so klagt vor unserm Tribunal,

Wir sind bereit zu hören, mein getreuer Stand!

Recht soll Euch werden! Nehmt darauf

Hier Unser kaiserliches Wort. 

BALTHASAR.

Ihr schäkert,

Mutwill'ges Wesen! Aber Balthasar

Spricht ganz im Ernst. – Ihr wißt doch, edles Fräulein,

Daß König Franz von Frankreich Eurem Vater

Den Marschallsstab verliehn? 

MARIE in ihrer obigen Weise, mit Grandezza.

Wir haben das gehört.

BALTHASAR.

Ihr wißt auch, wie das kam? 

MARIE wie oben, etwas verlegen.

Nein – ja – zum Teil! –

Bei den Regierungssorgen haben Wir

Zum Teil das schon vergessen! 

BALTHASAR beiseite.

Welch ein

Herzallerliebster Affe das! fürwahr,

Könnt' sie trotz meiner grauen Haare küssen!

Zu Marie.

Nun seht. Als Euer Vater Lothring's Herzog

– Der uns seitdem zum Bundsgenossen wurde –

Im Kriege überwältigt – als er drauf

Das starke Metz aus höchst gerechtem Grund,

Weil man dort andern, so wie mir in Worms

Getan, die sich an ihn um Hülfe wandten,

Bekriegte und mit zwanzigtausend Mann

Zu Fuß, zweitausenden zu Roß belagerte

Und so die Stadt bedrängte, bis sich die

Patrizier drinnen den Vertriebenen

Zu Abbitt' und Ersatz verstehen mußten –

Da wurde König Franz ob dieser Taten

Aufmerksam auf den Ritter, der auf eigne Hand

So mir nichts dir nichts Heere stellen konnte,

Wie sie der Kaiser selber große Plage

Zusamm'n zu bringen hat und sie gar oft

Auch nicht zusammenbringt. Er wollt' ihn gern

Für sich gewinnen, lud nach Sedan ihn,

Dort schickt' er ihm den Grafen von der Mark,

Den Herzog Bouillon hin und Marquis Fleuranges.

Die mußten erst ihn durch halb Frankreich führen

Mit großen Ehren, fürstlichem Empfang,

Und endlich mußten sie nach Amboise

An König Franzens Hof ihn bringen.

Da ging es an ein Karessieren erst! –

Der König tat, als könnt' er ohne ihn

Nicht leben, hing in großer Hofversammlung

Ihm selber eine goldne Kette um

Und überreicht' ihm selbst den Marschallsstab,

Mit eigner Hand! Die Großen mußten tun,

Als wollten sie vor Liebe schier ihn fressen!

Auch waren sie nicht wenig drob verwundert,

Wie Euer Vater hingeritten kam.

Denn hinter ihm, als sein Gefolge, ritt

Der erste Adel Deutschlands, mächt'ge Grafen

Des Reichs, viele weit vornehmer als er

Und aus weit älterm Haus – die alle folgten ihm

Und bildeten ihm eine Edelgarde.

MARIE.

Noch immer, Kläger, will es uns bedünken,

Als sahn wir keinen Klagegrund. 

BALTHASAR.

's ist auch

Einleitung erst! 

MARIE.

So kommt von Eurer Einleitung

Zur Sache denn! Der Reichstag dehnt sich lang.

Sonst setz ich Euch 'ne andre Tagfahrt aus.

Lachend.

Ich muß mich um die Tafel noch bekümmern.

BALTHASAR.

Das wird Brigitte schon besorgen! – Fräulein,

Ihr sprächt nicht so, wenn Ihr die prächt'gen Damen

Gesehen an des fränk'schen Königs Hof.

MARIE schnell.

So? sind die schön? 

BALTHASAR.

Blitzweiber das! Mein Seel!

Und plaudern, daß das Wasser einem gleich

Im Mund zusammenläuft. Die alle waren

Trefflich einexerziert und bildeten

Das schwer Geschütz, womit der König Franz

Den ehrenfesten Ritter jetzt beschoß,

Denn bei dem Nachbar, Fräulein, seht, da sind

So Männer wie auch Frauen gleichmäßig

Zu ihres Königs Dienst! Doch alles das

War, wie bei mir, so auch bei König Franz

Nur Einleitung. Der Kaiser Max war alt

Und mußte bald das Zeitliche gesegnen,

Daswar der Grund, der König spekulierte

Auf unsre Kaiserkrone, hatte schon

Den Pfälzer und den Trierer sich gewonnen.

Doch wußt' er wohl, daß unser Ritter Franz,

Ist er gleich keiner von den Sieben, die

In Frankfurt dort das Privilegium haben,

Käm'es zur Wahl, soviel mitstimmen würde

Wie jene Sieben all mitsamtgenommen.

Wie nun der Kaiser Max die Augen schloß,

Da schickte Franz 'ne eigene Gesandtschaft

An den Franziskus ab. – Je nun, Ihr müßt Euch doch

Des zierlichen Franzosen noch erinnern,

Der damals auf der Ebernburg eintraf?

MARIE lachend.

Ob ich mich sein entsinn! Ganz Samt und Seide,

Mit Goldbrokat durchwirket war sein Wams.

Ich hätte mich gescheut, ihn anzurühren,

Aus Furcht, ihm etwas zu verderben! Sicher,

Er war der schönste Mann, den ich gesehn,

Wenn er nur schwieg! Denn wenn er redete –

Ja, dann war's aus! Er schnitt mir Komplimente

Viel spitz'ger noch als seine Schnabelschuhe,

So zuckersüß, daß ich mich halten mußte,

Nicht ins Gesicht ihm manchmal frisch zu lachen.

Der arme Mann! So seinen ganzen Vorrat

Von Artigkeiten, aus Paris gebracht,

Hier nutzlos zu vertun! – Hätt' ihm gern all

Die kostbar-süßen Dinge wieder eingepackt,

Damit er hier in Schaden nicht gekommen.

BALTHASAR.

Nun, Fräulein, wenn der Mann Euch so gefiel –

Er war von mächtigem und großem Haus,

Was kam's drauf an denn, was er redete?

Er hätte Euch zuliebe auch geschwiegen.

Ihr hättet, traun, ein stattlich Paar gegeben.

MARIE.

Ach, Balthasar! Seht, das versteht Ihr nicht.

Uns Weibern, sagt man, wohnt die Seel' im Auge;

Kann sein. Ich weiß es nicht. Doch das weiß ich,

Daß in der Zunge sie den Männern wohnt. 

BALTHASAR.

So?

Habt Ihr darin schon Studia gemacht?

Habt Ihr's vielleicht schon an Euch selbst erfahren?

MARIE errötend.

Ach, Balthasar! Was Ihr nun wieder schwätzt!

Gewiß, Ihr wißt wohl, wie ich's meine, wollt

Mich mit Gewalt nur mißverstehn.

Dem Manne, mein ich, ziemt ein großer Sinn,

Dergibt sich durch die Worte zu erkennen.

Sowohl das Wie als mehr noch, was er sagt,

Zeigt klärlich uns des Mannes innre Seele. 

BALTHASAR.

Hm! Hm!

Versteh! – Ich seh, an Kurfürst Albrechts Hof

Von Mainz, wo Ihr nun eine Zeit geweilt,

Wo Wissenschaft und Künste mächtig blühn,

Da haben sie die neuen Zeitideen

Euch auch schon in den Kopf gesetzt. Vor kurzem,

Da wußt' ein deutscher Mann nur noch von großen Hieben.

Jetzt wollen sie auch großen Sinn. Nun, nun,

Ich tadle Euch drum nicht, mein Fräulein; bin ich

Doch selbst ob dieser Ändrung herzlich froh!

Und Euch gerad geziemt es, so zu denken,

Des Sickings Tochter, der das Neue all

So mächtig schirmt. Auch konnte Euch gar wohl

Des eignen Vaters Beispiel so begeistern,

Denn Sinn wie Rede ist bei ihm gleich groß.

Marquis Fleuranges, der alle Großen kennt

In Deutschland wie an Frankreichs Hofe, wo

Man sich der Worte zierlich gar befleißt,

Der sagt' einmal zu mir, daß er sein Lebtag

So mächt'gen Redner nirgend hab' gesehn.

Und in der Tat, wenn er sich aufschließt, Fräulein,

Dann strömt es ihm wie Feuer von der Zunge

Und reißt dahin mit brausender Gewalt.

Gewöhnlich zwar, da spricht er nicht gar viel,

Hält mit sich Haus und läßt die andern reden.

MARIE.

So, Balthasar, hab ich weit lieber Euch,

Wenn Ihr den Vater lobt, als wenn Ihr ihn

Mir schelten wollt! 

BALTHASAR.

Ganz recht, mein Fräulein, Ihr

Erinnert mich dadurch, zu meinem Faden

Zurückzukehren. Der Franzose nun,

Der Euch so schöne Komplimente machte –

Dem Ritter bracht' er noch viel schönere

Von König Franz, und viel solidrer Art.

Er bot ihm dreißigtausend Kronentaler bar

Und außerdem für seine Lebensdauer

'ne Jahresrente von achttausend Kronen

Auf Land und Leute fest ihm zu verbriefen,

Wenn er verspräch', ihm treulich beizustehn

Mit seinem Einfluß bei der Kaiserwahl,

Und wollt' er etwa mehr, ließ er ihm sagen,

So sollte es ihm auch an mehr nicht fehlen!

Doch Ritter Franz in seiner törichten

Anhänglichkeit für Karl als Maxens Enkel

Wies alles barsch zurück und schrieb sofort

An König Karl, den Handel ihm zu melden.

MARIE heftig auffahrend.

Pfui, schämt Euch, alter Slör! Nie hätt' ich das

Von Euch gedacht, daß Ihr den Vater darum

Mir schelten würdet, weil er nicht gewollt

Für niedres Gold die Kron' dem Auslande

Verkaufen.

BALTHASAR.

Beißt mich nicht, mein edles Fräulein –

Blitz! Was des Sickings Blut in diesem Kinde wallt! –

Das war's ja gar nicht, was ich tadeln wollte.

Obschon, wenn man es reiflich überlegt,

Karl, wenn auch Maxens Enkel, auch kein Deutscher ist.

Und andrerseits ließ König Franz damals

Durch die Gelehrten überall beweisen,

Ersei ein Deutscher, da von Kaiser Karl

Dem Großen er entstamme. Merkwürdig!

Sowie sich's um die Kaiserkrone handelt,

Da sind sie alle Deutsche! Aber ist

Das deutsche Reich einmal in Nöten – will

Niemand sich der Verwandtschaft mehr entsinnen!

Doch sagt nun selbst, ob großer Unterschied

Sich zwischen Franz und Karl befunden hat?

Beide sind Ausländer. Es handelt sich nur

Um ein paar Ahnen mehr, die sie von Deutschland trennen.

DenUnterschied, den hätten, sollt' ich meinen,

Die vielen Kronen reichlich wettgemacht.

Jedoch – das ist es nicht, wovon ich spreche.

Diekleine Torheit hätt' ich Eurem Vater

Gar leicht verziehn. Er hat des Guts genug,

Braucht nicht des Franzens Taler. Und es kann

Ihm füglich gleich sein, ob auf deutschem Thron

Ein Franz sitzt oder Karl. – Kömmt doch auf eins hinaus!

Nein, Fräulein, nein, weit größre Dummheit ist's,

Die ich ihm nicht verzeih! Entfliehen ließ er

Die Stunde, die vielleicht ihm niemals mehr

Zurückkehrt. War auf seinen Vorteil er

Bedacht, hätt' er ganz anders handeln mögen!

MARIE.

Was gab's denn noch? 

BALTHASAR.

Mein edles Fräulein! Seht,

Vielleicht erleb ich noch die Stunde, wo

Es gutzumachen – vielleicht kömmt sie erst,

Wenn längst der alte Bahhasar schon tot!

In diesem Fall bind Euch ich's auf die Seele,

Ihn anzutreiben. Euch folgt er vielleicht

Einst mehr als jetzt dem alten Balthasar.

Trotz Eurer Munterkeit und heitrem Sinn

Hab ich schon lang in Eurer Seele Tiefen

Ein heldisches Gemüt entdeckt, das leicht

Von allem Großen hingerissen wird

Und ihm dann standhaft folgt. – 's wird sich entwickeln noch!

MARIE mit komischem Pathos.

Bei diesem Heldensinn, mir selber unbekannt,

Den Ihr in mir verspüret, schwör ich Euch,

Was Ihr gefordert, zu verwirklichen!

Ich kann's mit um so leichterem Gewissen tun,

Als ich Euch auch – kein Wort verstanden habe!

BALTHASAR.

So hört mich doch nur! – Seht, als es nun endlich

Zur Kaiserwahl in Frankfurt wirklich kam,

Da warb Eu'r Vater, um auf Karl die Wahl

Zu lenken, und den rechten Einfluß auf

Des Reiches fromme Kurfürsten zu üben,

Ein Heer von über zwanzigtausend Mann

Und zog damit vor Frankfurt, lagert' sich

Gemächlich vor den Wällen dieser Stadt.

Es war 'ne Freude da mit anzusehn,

Wie der Franziskus Hahn im Korbe war!

Selbst unser Kurfürst von der Pfalz – der einz'ge Fürst,

Den außerm Mainzer unser Ritter liebt –,

Er tät umsonst dagegen protestieren.

Seht! Da war Euer Vater Herr des Augenblicks!

Sie mußten all nach seiner Pfeife tanzen,

Es hätte ihnen alles nichts genützt!

Er hatte Adel wie Nation für sich –

Zu ihrem Besten eben wär's gewesen –

Und hatt' ein Heer, das sich in Stücke gleich

Für ihn hätt' reißen lassen! – Ach, was habe

Ich da zu Schanden mich geredt! Er hatte

Die Kurfürsten, die sieben, all beisammen –

Mit einer Pantomime.

Klatsch –

FRANZ hinter der Szene.

Gebt meinem Gaul zu fressen, hat das Futter

Sich reichlich heut verdient. 

MARIE auffahrend.

O still, der Vater!

Zweiter Auftritt

Die Vorigen. Franz von Sickingen.

FRANZ schnell eintretend.

Guten Morgen, Kind! 

MARIE ihm an den Hals springend.

Geliebter Vater!

FRANZ sie betrachtend.

Blitzmädel das! Wie hübsch sie ist! Gib mir

'nen Kuß, du muntres Ding. 

MARIE küßt ihn.

Wie gern! Ihr schaut

Ja heute sehr vergnügt. Wie freut mich das!

FRANZ.

Ich habe einen tüchtgen Morgenritt

Getan, da hat der Wind mich frisch gekühlt.

Guten Morgen, Balthasar! 

BALTHASAR.

Schön Dank, gestrenger Herr!

Franz. Ich hört' euch ja gar heftig perorieren.

Zu Balthasar.

Du hast gewiß dir wieder gütlich mal

Getan und mich so recht herausgestrichen.

MARIE schalkhaft.

Darüber, Vater, könnt Ihr dieses Mal

Euch eben nicht grad allzusehr beschweren!

Wir spielten Reichstag, Vater. Balthasar

Verklagt' Euch hart, und ich – ich war der Kaiser!

FRANZ lachend.

Ja, von dem Tribunal, wo du, mein alter Slör,

Zum Kläger wider mich erstehst, da werd ich

Wohl schwerlich je etwas zu fürchten haben.

BALTHASAR.

Ihr irrt, Herr! Wüßt ich nur ein Tribunal,

Das Euch zu ändern Macht hätt' – wollte schon

Euch Kläger werden! Eben war ich dran,

Im besten Zuge schwer Euch anzuklagen

All Eurer sieben Todsünden, die ich

So oft vergeblich schon an Euch bekämpft,

Unzeit'ger Großmut, übertriebener

Uneigennützigkeit, wo Hand in Hand

Eu'r eigner Nutz mit dem gemeinen ginge,

Zu viel Vertraun, als wären andre auch wie Ihr,

Und wie die Sünden alle heißen, die

An Euch noch mal gar schwer sich rächen können.

FRANZ.

Versteh ich recht? Wahrhaftig, Balthasar –

Ich glaube gar, hast mit – dem Mädel da

Politisiert?! Schämst dich nicht, alter Graukopf?

BALTHASAR.

Mitnichten, Herr. – Margreth von Parma

Ist 'ne Regentin, die fürwahr so weise,

Wie kaum ein Fürst uns in Europa lebt!