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Studienarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Kunst - Fotografie und Film, Note: 1,0, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für Kunst- und Bildgeschichte), Veranstaltung: Von Friedrich dem Großen bis Thälmann – Szenographie des Historienfilms, Sprache: Deutsch, Abstract: Mit der Bezeichnung als „Tonbild-Reportage über die letzten Kämpfe in Frankreich“ erstellte die Filmillustrierte LichtBildBühne am 04.04.1930 eine so kurze wie präzise Inhaltsangabe des ersten Tonfilms von Georg Wilhelm Pabst . Der von Seymour Nebenzahl bei der Nero-Film AG Berlin produzierte, 1930 erschienene Schwarzweißfilm Westfront 1918 – Vier von der Infanterie stellt auf einer Länge von 98 Minuten das Schicksal von vier Infanteriesoldaten während der letzten Monate des ersten Weltkriegs dar. Die Produktion erfolgte im Bavaria Filmstudio Grünwald, wo Pabst den ungarischen Filmarchitekten und -regisseur Ernö Metzner, mit dem er bereits seit 1926 an mehreren Filmen zusammengearbeitet hatte, das Szenenbild erstellen ließ. Das Drehbuch von Ladislaus Vajda verläuft frei nach Ernst Johannsens Roman „Vier von der Infanterie“.
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Filmdaten und Inhalt
1.2. Weimarer Autorenkino und Neue Sachlichkeit
2. Die Fremde
2.1. Der Schützengraben
2.2. Das französische Grenzdorf
2.3. Yvettes Haus
3. Die Heimat
3.1. Karls Heimatstadt
3.2. Karls Wohnung
4. Gegenüberstellung und Fazit
5. Abbildungen
6. Literaturverzeichnis
6.1. Quelle
6.2. Literatur
6.3. Webseiten
Mit der Bezeichnung als „Tonbild-Reportage über die letzten Kämpfe in Frankreich“[1]erstellte die Filmillustrierte LichtBildBühne am 04.04.1930 eine so kurze wie präzise Inhaltsangabe des ersten Tonfilms von Georg Wilhelm Pabst[2]. Der von Seymour Nebenzahl bei der Nero-Film AG Berlin produzierte, 1930 erschienene Schwarzweißfilm Westfront 1918 – Vier von der Infanterie stellt auf einer Länge von 98 Minuten das Schicksal von vier Infanteriesoldaten während der letzten Monate des ersten Weltkriegs dar.[3] Die Produktion erfolgte im Bavaria Filmstudio Grünwald, wo Pabst den ungarischen Filmarchitekten und -regisseur Ernö Metzner, mit dem er bereits seit 1926 an mehreren Filmen zusammengearbeitet hatte, das Szenenbild erstellen ließ.[4] Das Drehbuch von Ladislaus Vajda verläuft frei nach Ernst Johannsens Roman „Vier von der Infanterie“.[5]
Die Szenen spielen abwechselnd in einem französischen Dorf nahe der Front, auf dem Schlachtfeld bzw. in dessen Schützengräben und in der Heimatstadt des Infanteristen Karl. Jener ist auch der einzige der vier, welcher einen Namen erhält. Seine Kameraden, der Bayer, Leutnant und Student werden mit Herkunfts- und Berufsbezeichnung vorgestellt und angesprochen.
Gemeinsam mit weiteren, nicht genauer vorgestellten oder zahlenmäßig schätzbaren Soldaten verbringen sie die Tage in Schützengräben des Schlachtfelds und den besetzten Häusern der französischen Landbevölkerung. Dort verliebt sich der Student in das französische Bauernmädchen Yvette, in deren Wohnhaus er mit seinem Regiment einquartiert ist. Ihnen bleibt jedoch kaum gemeinsame Zeit, weil die Infanteristen nach einem Luftangriff wieder an die Front befohlen werden, an welcher Gefahr, Tod und Zerstörung allgegenwärtig sind. Als Karl, der Bayer und der Leutnant verschüttet werden, gräbt der Student sie wieder aus, als sie später irrtümlich unter Beschuss der eigenen Artillerie gelangen, meldet er sich freiwillig als Meldegänger, um unter Lebensgefahr die Einstellung des Beschusses zu bewirken. Auch der anschließende, unerlaubte Besuch bei Yvette ist kurz, da sein Kommandant ihn wieder zurück an die Front befehligt.
Während die deutschen Soldaten im Fronttheater unterhalten werden, erhält Karl Urlaub. In seiner Heimatstadt trifft er auf die hungernde Zivilbevölkerung, welche für die knappen Lebensmittel Schlange stehen und ertappt seine Frau beim Ehebruch mit einem Metzgergesellen. Trotz ihrer Erklärung, sich diesem Mann aus Hungersnot hingegeben zu haben, verweigert sich Karl einer Versöhnung und reist nach einigen Tagen verbittert und enttäuscht ab.
Währenddessen ist der Student im Nahkampf mit einem französischen Soldaten gestorben und im Schlamm eines Granattrichters ertrunken, aus dem nur noch seine Hand ragt und später von den Kameraden entdeckt wird. Die Intensität der Kampfhandlungen steigert sich bis zur finalen Schlacht, das französische Grenzdorf wird evakuiert und die Tanker-Großoffensive der Alliierten durchbricht die deutsche Verteidigung. Während das restliche Regiment fällt, werden die verbliebenen drei Infanteristen voneinander getrennt und einzeln in ein Feldlazarett gebracht. Der Leutnant erleidet einen Nervenzusammenbruch, verfällt dem Wahnsinn und salutiert ununterbrochen „Hurra!“ rufend einem Berg Leichen, Karl und der Bayer sind schwer verletzt. Im Sterben erscheint Karl seine Frau mit der Bitte um Versöhnung und er stirbt mit den Worten „Alle sind wir schuld“. Ein neben ihn gebetteter französischer Verwundeter nimmt seine Hand, die unter dem Leichentuch heraushängt und spricht die Worte „moi – Kamerad – pas ennemi“[6], dann wird das Wort „Ende“ mit einem Frage- und Ausrufezeichen eingeblendet.
Mit dem hohen Grad an Realismus in Handlung und Szenenbild, welcher schon in den zeitgenössischen Kritiken betont wurde, wird Westfront 1918 heute dem Genre der Neuen Sachlichkeit zugeordnet.[7] Schon im Jahr 1933 wurde der Film mit der Begründung, er „enthalte im Wesentlichen nur das, was sich im Kriege an Unerfreulichem und Furchtbarem ereignet hat“[8], verboten.
Zu einer Zeit, in der Kriegsfilme quasi Hochkonjunktur hatten, verzichtet Pabst in seinem Film auf sämtliche beschönigende und idealisierende Elemente bei der Inszenierung des Krieges. Die ebenso ausbleibende Kritik und nüchterne, illusionsfreie Darstellung von Kampfhandlungen und dem Alltag der Zivilbevölkerung geben ihm letztlich einen dokumentierenden Charakter.[9] Die vier Soldaten stehen dabei lediglich als pars pro toto für Millionen an Kriegsopfern.[10] Ihre Namenlosigkeit macht sie zu Prototypen ihres Standes bzw. Berufes und verdeutlicht, dass Pabst' Intention nicht die Ausmalung von Einzelschicksalen, sondern die Darstellung eines Kriegsalltags ist, der jeder Individualität entbehrt und sie letztlich auch vernichtet.
Als „Autorenfilm“ dem neuen Kunstverständnis der Weimarer Republik entsprungen, nach welchem sich Drehbuchautoren nun auf gleicher Ebene mit Theaterdramaturgen positionierten, [11] liegt Westfront 1918 das neuartige ästhetische Verständnis der Neuen Sachlichkeit zugrunde.[12] Diese „Utopie der Sachlichkeit“[13] des Weimarer Autorenkinos hat seinen Ursprung im russischen Montagekino, welches 1927 mit Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin begann und in der folgenden Welle aus Montagefilmen einen „Querschnittfilm“[14] zwischen expressionistischer Phantastik bzw. Filmästhetik und sachlichem Realismus entwickelte.[15]
Die daraus folgende Darstellung sozialer Realität geht über die reine Abbildung hinaus, sie verbindet bei Pabst sozialkritische Inhalte mit narrativen Formen[16], sodass alle Gesten und Charaktere seiner Figuren entsprechend jener schon namentlich Entindividualisierung zeichenhaft werden und auf zwischenmenschliche Beziehungen, auf den gesellschaftlichen Umgang hinausweisen.[17] Pabst beschränkt sich nicht auf die Darstellung von Kampfhandlungen, er führt die Auswirkungen des Krieges auf die Zivilbevölkerung mittels Karls Heimaturlaub vor. Die Schicksale jenseits der Front, Schlangestehen bis Prostitution für Lebensmittel geben Einblick in private Räume und weiten das Thema der Schuld und Vergebung bis dorthin aus.[18]