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Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Romanistik - Hispanistik, Note: 1,7, Eberhard-Karls-Universität Tübingen (Romanisches Seminar), Veranstaltung: Der argentinische Roman des 20. Jahrhunderts, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Proömium zu seinem im Jahr 1961 erschienenen Roman „Sobre héroes y tumbas“ beschreibt der argentinische Romancier Ernesto Sábato sein zentrales Anliegen – die Erforschung jenes „oscuro laberinto que conduce al secreto central de nuestra vida“. Damit markiert er a priori den Roman als Kombination von kunstvoller Fiktion und existentieller Philosophie. Doch zählt der Roman „Sobre héroes y tumbas“ zu denen des so genannten lateinamerikanischen Booms, die einerseits weltliterarischen Ruhm erlangten und sich andererseits vehement von den aus Europa vorgegeben, modernen Erzählmodellen mit dem Primat der Form distanzierten, um mit der nueva novela eine spezifisch eigene literarische Kunstrichtung zu kreieren. Obwohl eine Charakterisierung des Romans viele mögliche Nuancierungen gestattet und demnach nicht eindeutig bestimmbar erscheint, ist m. E. der Modus des erinnernden Erzählens sein wesentliches Charakteristikum und bildet das Fundament zur Entfaltung verschiedenster Zusammenhänge. Mittels der Erinnerung bestreiten die Figuren den Weg in das „Labyrinth“ ihres inneren Gedächtnisses und konstruieren vielfältige Assoziationen, deren Bezüge sowohl auf der Geschichtsebene als auch auf der Erzählebene generiert werden. Inwiefern die narrative Externalisation der erinnerten Erlebnisse, Empfindungen, Wünsche, Interessen oder Erwartungen in die Außenwelt das Geheimnis des Lebens zu enthüllen vermag und welche Funktionen die Erinnerung in „Sobre héroes y tumbas“ im Einzelnen genau einnimmt, soll im Zuge dieser Arbeit erörtert und expliziert werden. In dieser Hinsicht wird vorab die Handlung auf der Geschichtsebene resümiert, so dass die Analyse der Erzählsituation in seiner Originalität des erinnernden Erzählens zum Plot des Romans in Relation gesetzt werden kann. Im Anschluss sollen drei Thesen der Funktion des mehrschichtigen Erinnerungsgefüges eruiert und anhand der Protagonisten sowie der argentinischen Eigentümlichkeit plausibilsiert werden, um zu einem abschließenden Urteil über die Erinnerungsstruktur des Romans zu gelangen.
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HS Spanisch/Literaturwissenschaft:Der argentinische Roman des 20. Jahrhunderts
Spanisch/ ev. Theologie/ Französisch
7. Fachsemester
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Im Proömium zu seinem im Jahr 1961 erschienenen Roman „Sobre héroes y tumbas“ beschreibt der argentinische Romancier Ernesto Sábato sein zentrales Anliegen - die Erforschung jenes „oscuro laberinto que conduce al secreto central de nuestra vida“ (S. 7)1. Damit markiert er a priori den Roman als Kombination von kunstvoller Fiktion und existentieller Philosophie, „in der Octavio Paz die auffallendste Übereinstimmung von Romantik und Avantgarde hat sehen wollen.“2Doch zählt der Roman „Sobre héroes y tumbas“ zu denen des so genannten lateinamerikanischenBooms,die einerseits weltliterarischen Ruhm erlangten und sich andererseits vehement von den aus Europa vorgegeben, modernen Erzählmodellen mit dem Primat der Form distanzierten, um mit dernueva novelaeine spezifisch eigene literarische Kunstrichtung zu kreieren. Eines jener Spezifika findet sich wohl im Substrat der kulturhistorischen Bedingungen Lateinamerikas begründet, die als ein wesentliches Interpretament einer Hermeneutik dieser Werke festgehalten werden müssen.3Doch wie äußert sich die besagte Eigenheit nun in einem Roman, der dem Titel nach nüchtern „über“ Helden und Gräber zu berichten weiß? Zunächst weist die vorausgehendeNoticia preliminar(S. 9), ein Auszug aus einem Polizeibericht über den rätselhaften Mord der Tochter einer angesehenen argentinischen Familie, Alejandra Vidal Olmos, an ihrem Vater und sich selbst, in Richtung eines Detektivromans. Doch folgt im Haupttext nicht der Bericht einer kriminalistischen Aufklärung des Verbrechens, sondern eine Illustration der ersten und zugleich bitteren Liebe des siebzehnjährigen Martín del Castillo zu eben jener Alejandra, bei der der Protagonist eine innere Entwicklung durchläuft, was exemplarisch für den Typus des Bildungsromans steht. Des Weiteren werden die Familiengeschichte Alejandras auf dem Hintergrund der argentinischen Historie und die Lebensbedingungen des städtischen Milieus von Buenos Aires entfaltet. Obwohl eine Charakterisierung des Romans also viele mögliche Nuancierungen gestattet und demnach nicht eindeutig bestimmbar erscheint, ist m. E. der Modus des erinnernden Erzählens sein wesentliche s Charakteristikum und bildet das Fundament zur Entfaltung verschiedenster Zusammenhänge. Mittels der Erinnerung bestreiten die Figuren den Weg in das „Labyrinth“ ihres inneren Gedächtnisses und konstruieren vielfältige Assoziationen, deren Bezüge sowohl auf der Geschichtsebene als auch auf der Erzählebene generiert werden. Inwiefern die narrative Externalisation der erinnerten
1Dieses und alle weiteren Zitate sowie Seitenangaben im Text sind folgender Ausgabe entnommen: Ernesto Sábato: „Sobre héroes y tumbas“, Barcelona: Seix Barral,22003.
2Juan José Sánchez: „Ernesto Sábato: «Sobre héroes y tumbas»“, in:Der hispanoamerikanische Roman,S. 33.
3Zu den speziellen Charakteristika der lateinamerikanischen Realisierung von Literatur als Ausdruck der gesellschaftlichen Wirklichkeitskonstruktion vgl. Hanne Birk, Birgit Neumann: „Go between:Postkoloniale Erzähltheorie“, in:Neue Ansätze in der Erzähltheorie,S. 115-152.