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Es ist ein friedlicher Morgen. Mama hat ein Pausenbrot geschmiert und eine liebe Nachricht geschrieben. Und mit Papa hat er die halbe Nacht auf dem Bett gesessen und gequatscht. Simon, elf Jahre alt, macht sich auf den Weg zur Schule, eine Cola gegen die Müdigkeit im Ranzen dabei.Denn seitdem Papa im Einsatz in Afghanistan war, schläft Simon wenig. Vieles ist weniger geworden. Auch Simons Worte für Mama sind weniger geworden. Dafür gibt es ein paar mit Papa und ziemlich viele mit Herrn Leist, dem Psychologen. Zu viele. Vor allem Fragen, auf die Simon keine Antworten weiß. Und Simon selbst hat doch Fragen für ein ganzes Universum. Denn Papa ist tot, aber er kann nicht sterben. Warum sonst würde er nachts zu Besuch kommen und auf Simons Bett sitzen, um zu erzählen? Die plötzliche Begegnung mit Hein, einem alten Mann, den er vor einem Unglück bewahrt, macht Simon wach. Wach für das, was war und was ist und wach für die große Frage: "Wofür lebe ich?" Und so schmiert Hein fleißig Honigbrötchen und nimmt Simon mit auf seiner letzten Etappe, auf der es noch so einiges zu tun gibt, um den Lebenshunger zu stillen. Michael Alexander Müller erzählt in "Füße im Himmel" einfühlsam und humorvoll zugleich von einer außergewöhnlichen Vater-Sohn-Beziehung und den Auswirkungen des Krieges in der Fremde auf eine Familie daheim, in der nach dem Militäreinsatz im Ausland einer fehlt. Wie füllt man diese Lücke, wie lebt man weiter? Was ist das Leben und was der Tod? Was ist der Sinn vom Kämpfen? Und warum lohnt es sich, nicht aufzugeben? Ein wichtiges Stück über den Versuch, nach einem Abschied nicht nur wieder Fuß zu fassen, sondern sich aufzuschwingen in etwas Neues – die Füße im Himmel – und am Leben zu wachsen.
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Seitenzahl: 55
Michael Alexander Müller
Füße im Himmel
Ein Stück für Kinder ab zehn Jahren
FELIX BLOCH ERBEN
Verlag für Bühne, Film und Funk
Inhaltsverzeichnis
Title Page
Personenverzeichnis
Szene 1
Szene 2
Szene 3
Szene 4
Szene 5
Szene 6
Szene 7
Szene 8
Szene 9
Szene 10
Szene 11
Szene 12
Szene 13
Szene 14
Szene 15
Szene 16
Szene 17
Szene 18
Szene 19
Szene 20
Über den Autor
Über das Stück
Impressum
SIMON, 11, später 12 Jahre
HELGE, sein Vater
ILIANA, seine Mutter
JEROME, sein bester Freund
HEIN MESUTAT, Lebensexperte
EDNA AUST, Raumfahrtexpertin
2D/3H (Mehrfachbesetzungen werden empfohlen)
Simon sitzt in seinem Zimmer auf dem Bett. Über dem Bett hängt an der Wand eine Karte von Asien, auf der mehrere Städte eingekreist und einige Wege markiert sind. Darauf kleben selbst gemalte Bilder. Weitere Zeichnungen und eine Reihe von Fotos hängen daneben. Auch Plakate von „Star Wars”, „Planet der Affen” o. ä. sind zu sehen. Simon hat eine Boxershorts und ein T-Shirt an. Seine Augen sind geschlossen. Sein Kopf ist an die Schulter eines Mannes gelehnt, der einen Soldatenhelm auf dem Schoß hat und unbewegt in die Ferne schaut.
HELGE(spricht nach vorne) Aufstehen! Nein! Es ist vier Uhr. Nicht heute, nicht am Sonntag, verdammt noch mal. Ich liege auf meiner Matte und starre an die Decke. Alles ist so ruhig. Ich denke, das Böse kann nicht da draußen sein. Ich fühle mich, als ob ich ganz alleine bin. Nichts kommt zu mir durch. Ich möchte immer weiter schlafen, schlafen, bis ich zu Hause bin. Simon, bist du wach?
SIMONJa, Papa.
HELGEHast du meine E-Mail bekommen?
SIMONDie Geschichte über den Jungen mit dem Luftballon fand ich gut.
HELGEWir rücken aus zum Kokcha-Fluss.
SIMONZur „Brücke der deutsch-afghanischen Freundschaft”.
HELGEDas Unwetter gestern …
SIMON… alles total überflutet.
HELGESie ist abgesackt.
SIMONDie Rebellen.
HELGERebellen sind von unseren Vorposten am gegenüberliegenden Ufer gesichtet worden. Die Arbeiter, die die Brücke abstützen sollen, haben Angst vor einem Überfall. Wir müssen das Gelände sichern und herausfinden, ob sich die Aufständischen in der Gegend aufhalten. Heute ist Sonntag, da könnten wir ausschlafen. Sonntag, wir beide bis mittags im Bett, lesen, Videos gucken …
SIMON… Mama kommt rein, zieht die Bettdecke weg, meckert rum, dass wir Faultiere sind und die Rühreier kalt werden…
HELGE(er hält seine Arm ein die Höhe) Ich stinke wie ein streunender Köter. Egal, ab dafür! Aufrödeln, rein in die Drecksklamotten, Helm auf und fertig.
Der Vater setzt den Helm auf und macht ihn fest. Er schließt seine kugelsichere Weste, schmeißt ein paar Kaugummis zwischen die Zähne.
HELGESchau dir das an! Mitten in der Wüste … (Er streckt die Hände nach vorne.)
SIMONSchneeregen.
Simon legt seinem Vater die Bettdecke um die Schulter. Er steht vom Bett auf. Er zieht sich ohne seinen Vater zu beachten an.
HELGEJetzt dreht das Wetter völlig durch.
SIMON(ohne ihn anzusehen) Bleib hier! Bei mir
HELGEIch muss los. Sie warten.
Der Vater steht auf und geht. Simon nimmt seinen Ranzen und setzt sich an einen Tisch. Auf dem Tisch stehen ein Teller mit Nutella-Brot und ein Glas Milch. Daneben liegt sorgsam eingepackt Simons Pausenbrot. Darauf befinden sich eine kleine Dose und ein Zettel. Simon nimmt ihn und liest ihn halblaut vor.
SIMONBin um fünf wieder da, viel Spaß in der Schule. Vergiss nicht, deine Tabletten zu nehmen. Kuss Mama. (Simon beißt vom Brot ab, nimmt einen Schluck Milch, schüttelt sich und holt eine Cola aus dem Ranzen. Er lässt die Tabletten aus der Dose in seinen Ranzen fallen, trinkt die Cola aus. Zum Publikum) Nutella und Cola, echt gute Mischung. Wenn Papa zu Besuch kommt, schlaf’ ich nicht viel. Mama hat gesagt, ich soll Papa nicht mehr in mein Zimmer lassen. Aber das kann ich nicht. Ich erzähle ihr nicht mehr, dass er kommt. Das macht sie traurig. … Papa stinkt übrigens nicht wie ein streunender Köter, mehr so nach Zigaretten und Sand, nach Gewürzen und geputzten Schuhen. Schwer zu beschreiben. Wie Papa eben. Papa rieche ich sogar ohne ihn zu sehen. (Simon blickt auf den Tisch, stützt den Kopf indie Hand, schaut im Zimmer herum, schläft fast wieder ein, gibt sich einen Ruck und steht auf. Er nimmt seinen Schulranzen und geht los. Im Gehen, zum Publikum) Jeden Tag steh’ ich auf, jeden Tag Frühstück, jeden Tag Schule. Nach der Schule Essen, Hausaufgaben, Computer spielen mit Jerome, schlafen, wieder aufstehen, Frühstück, Schule … Die Tage sind alle total gleich, total nutzlos, außer, wenn Papa zu Besuch kommt.
Simon bleibt an einer Ampel stehen. Er rennt plötzlich über die Bühne ins Off. Das Geräusch eines scharf bremsenden Autos ist zu hören. Hein Mesutat stürzt auf die Bühne. Simon fällt auf ihn drauf.
HEINWas fällt dir ein? Willst du mich umbringen!
SIMONSie wären fast überfahren worden!
HEINIch?
Hein Mesutat rappelt sich auf.
SIMONDie Ampel war rot.
HEINIch weiß.
SIMONDunkelrot!
HEINUnd? Irgendwelche Probleme damit?
SIMONGrün gehen, rot stehen …
HEINWer sagt das?
SIMONAlle …
HEINBin ich alle? Ich geh’, wann ich will und ich steh’, wann ich will.
SIMONWenn Sie meinen. Na denn, weiterhin guten Weg!
Simon nimmt seinen Ranzen, dreht sich um. Herr Mesutat schaut Simon interessiert an.
HEINHallo, warte mal! Wolltest du mich wirklich retten?
SIMONSo was in der Art …
HEINDas hat bis jetzt noch keiner gemacht.
SIMONWäre aber echt nötig.
HEINMeinst du?
SIMONIrgendwie schon.
HEINWie heißt du?
SIMONSimon.
HEIN(streckt ihm die Hand hin) Hein Mesutat. Könntest du mich über die Ampel bringen!
SIMONBei Rot oder Grün?
Hein lächelt und hakt sich bei Simon ein. Sie gehen über die Ampel.
HEINSpielst du eigentlich Gitarre?
SIMONGitarre?
HEINEntschuldige, E-Gitarre … (Sie lachen.) Ich bringe es dir bei, also nur wenn du willst, als Ausgleich für deine Ampeldienste.
SIMONIch überleg’s mir … (im Abgehen) Vielleicht haben Sie eine Rot-Grün-Schwäche.
HEINSchwäche? Ich?
SIMONJa, die Augen!
HEIN… ich war deutscher Meister im Bogenschießen.
SIMONHaben Sie vielleicht auch so was wie ’ne Adresse?
Jerome wartet auf dem Schulhof. Simon kommt angelaufen.
STIMME(aus dem Off) Peng! Du bist tot!
JEROMENa, Skywalker, Schutzschild aktiviert?
SIMONEye Sir, Schutzschild aktiviert.
JEROMEHandphaser!
Sie ziehen unsichtbare Handphaser aus den Hosentaschen.
JEROMEHumanoid eliminieren!
SIMONEye Sir!
Sie ballern in Richtung der Stimme. Jerome legt seinen Arm um Simons Schulter.
SIMON(zum Publikum)