Gabun - Meinrad Braun - E-Book

Gabun E-Book

Meinrad Braun

4,8

Beschreibung

Seit der Trennung von Lea übernachtet Bernd Jesper in seinem roten Subaru. Aber ein Auto ist auf die Dauer kein Heim. Und ein Schrottplatz ist keine Perspektive für einen angehenden Ameisenforscher. Gustav Wessing, der Mann an der Metallwaage, nimmt Jesper unter seine Fittiche und macht ihm beim abendlichen Bier ein verlockendes Angebot. Er erzählt ihm vom 'Park', einer Edel-Urlaubslodge mitten in der Wildnis von Gabun. Dort können betuchte Touristen Afrika erleben, wie es einmal war. Für einen Biologen ist noch eine Stelle frei. Bernds letzte SMS an Lea bleibt, wie befürchtet, ohne Antwort. Er verkauft seinen Subaru und fliegt mit Wessing nach Afrika.

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Meinrad Braun, geboren 1953, ist Psychotherapeut. Er lebt und arbeitet in Mannheim. Veröffentlichungen: »Casa dei Nani«, Swato Zapletal, Prag, 2005; »Winterreise«,, Axel Dielmann, Frankfurt, 2006; »Die künstliche Demoiselle. Ein galantes Abenteuer Giacomo Casanovas«, Llux-Verlag, Ludwigshafen, 2008; »Indisches Tagebuch«, Llux-Verlag, Ludwigshafen, 2009; »Die traurige Geschichte der Alexina Barbin. Stimmen. Kein Geständnis«, Llux-Verlag, Ludwigshafen, 2011. Im Emons Verlag erschienen seine Romane »Das Schwedengrab«, »Fürchten lernen«, »Fliegende Fische« und »Fließende Welt«.www.meinrad-braun.de

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.

© 2013 Hermann-Josef Emons Verlag Alle Rechte vorbehalten Umschlagmotiv: mauritius images/ib/Guenter Fischer Umschlaggestaltung: Weusthoff Noël, Hamburg (www.wnkd.de) eBook-Erstellung: CPI – Clausen & Bosse, LeckISBN 978-3-86358-256-2 Originalausgabe

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EINS

Ich stand im Stau. Unter einem Himmel von der Farbe benutzter Watte reihten sich die Autos hintereinander. Also den Motor abschalten, warten. Geht ja immer weiter irgendwann. Ich starrte auf die schwarzen Zeichen auf dem nächsten Nummernschild: nicht entzifferbar, Geheimschrift. Lea tauchte vor mir auf, ihr Spiegelbild. Ich schaute ihr über die Schulter, sah ihr dabei zu, wie sie sich durch den Vorhang ihrer schwarzen Schneewittchenhaare musterte, als wäre sie sich gerade zum ersten Mal begegnet, und sich mit einem wolkenweißen Wattebausch das Make-up von den Wangen wischte, mit der schicksalhaften Ernsthaftigkeit, die Frauen entwickeln können, wenn sie in einen Spiegel sehen. Unsichtbarer Voyeur, verfolgte ich die Bewegung, mit der sie eine neue Watteflocke zwischen Daumen und Zeigefinger nahm, ohne den Blickkontakt mit sich selbst aufzugeben, die Watte mal rechts, mal links auf die Haut unter den Lidern drückte, an die Stelle, an der die ersten Falten auftauchen würden. Lea schminkte sich jeden Morgen. Sich zu schminken war selbstverständlich für sie, ein Zeichen für Erfolg. Die benutzte Watte ließ sie liegen. Kleine Schlechtwetterwolken auf der Konsole im Badezimmer, wenn ich sie, nachdem Lea aus dem Haus gegangen war, aufsammelte und in den Mülleimer warf, bevor ich mich rasierte. Sie hatten einen fettigen Griff und verströmten einen Hauch Parfum, wie die Erinnerung an eine aufregende Nacht.

Jemand hupte: weiterfahren. Ich war spät dran. Pünktlichkeit war nicht meine Stärke. Erfolg wahrscheinlich auch nicht, wobei ich den Zusammenhang von Pünktlichkeit und Erfolg nicht hätte begründen können. Besser, nicht darüber nachzudenken. Ich war müde, ich hatte in dieser Nacht kaum geschlafen. Der Bereitschaft zum Grübeln erlag ich weniger, wenn ich müde war. Man kann zwar im Sommer ohne Weiteres ein paar Nächte im Auto verbringen, aber in einem Auto fühlt man sich weder drinnen noch draußen. Man muss ständig an neuen Orten parken, wenn man schlafen gehen will. Ein Auto ist auf die Dauer kein Heim.

Nachdem ich ein paar Kilometer im Stop-and-go über die Autobahn geschlichen war, nahm ich die nächste Ausfahrt, tastete mich durch einige Kreisel und fuhr anschließend durch das Industriegebiet in Britz, vorbei an verrußten Betonwänden und endlos langen Zäunen aus Aluminiumblechprofilen, deren trostloses Grau noch niemanden dazu verführt hatte, ein paar aufmunternde Graffiti darauf zu sprühen. Am Tor von Klemm fuhr ich erst einmal vorbei, weil mir die riesigen Buchstaben auf dem Gebäudedach nicht aufgefallen waren, sie waren einfach zu groß, um sie zu bemerken. Bei der zweiten Runde um den Block geriet ich hinter einen Traktor mit zwei Heuwendern auf dem Anhänger, die verrosteten Stahlzähne ineinander verhakt. Im Kampf verendete extraterrestrische Wesen von einem weit entfernten Metallplaneten. Ich folgte dem Traktor, dabei beobachtete ich die hin- und herschwankenden Eisenskelette. Unentschieden, die Sache war unentschieden ausgegangen, das Schicksal hatte beschlossen, die Wesen in irdischen Schrott zu verwandeln. Und Schrott, der konnte nur zu Klemm gehen.

Der Traktor tuckerte langsam durch die Einfahrt, gesteuert von einer Gestalt, die bloß aus einem ausgestopften Parka mit Kapuze zu bestehen schien. Im August! Wahrscheinlich ein Androide, der sich Sorgen um seine Betriebstemperatur machen musste. Die Außerirdischen befinden sich längst unter uns, aber keiner will sie haben. Bekommen keine Jobs und keine Stütze, arbeiten inzwischen umsonst. Ungeduldig mit den Fingern aufs Lenkrad trommelnd, rollte ich hinter dem Traktor über ölfleckige Betonplatten auf das Firmengelände, sah nun auch die enorm großen fünf Buchstaben auf dem Betondach, fünf Versalien in einem verblichenen Taubenblau.

Das Gelände war angefüllt mit Metallgegenständen jeder Art. Als habe jemand eine enorme Menge Schrott von oben hineingeschüttet, so viel, wie eben reinpasste. Man konnte förmlich sehen, wie die Schrottlawine in einer historischen Gründungskatastrophe hier niedergegangen war, sich ausbreitete und gegen die drei Meter hohen Betonmauern schwappte, ehe sie zur Ruhe kam. Gesandt von weisen Angehörigen einer fernen Intelligenz, die die Bewohner der Erde bestrafen wollten für den Mist, den sie fortlaufend produzierten, um ihn anschließend wegzuwerfen. In dem so entstandenen Schrottsee dümpelten ein paar Container, beladen mit blinkenden Metallbändern, verrosteten Regalen, zerknittertem Blech. Eine Plattform ragte aus dem Metallsee, daran ein Schild: »Waage«. Die Waage war das einzige intakte Gebilde auf dem ganzen Gelände, alles andere hatte Form und Maß eingebüßt. Das hatte etwas Biblisches. Der Jüngste Tag. Da wird gewogen.

Ich blieb im Wagen sitzen, nachdem ich angehalten hatte. Vielleicht wollte ich nicht aussteigen, nachdem ich einen ersten Eindruck gewonnen hatte. Die ARGE hatte den Job bei Klemm als »Sortierer« beschrieben, Vorkenntnisse nicht erforderlich. Ich ließ das Fenster herunter. Die Geruchsprobe ergab ein penetrantes Gemisch aus Schmieröl und Pinkelecke in einer Unterführung. Vielleicht war ich ja am falschen Ende des Letzten Gerichts eingebogen und befand mich bereits in der Hölle. Ich streckte Kopf und Arm aus dem Fenster und winkte mit der Hand in Richtung Waage, wo zwei Männer am Geländer lehnten. Sie blickten zum Horizont, beide in die gleiche Richtung, als befänden sie sich an der Reling eines Schiffes auf hoher See. Einer von ihnen rauchte, das Rauchwölkchen trieb langsam über seinem Kopf davon, bis es sich auflöste. Sie schauten nicht in meine Richtung. Ich winkte noch einmal, erkannte: vergeblich, dann stieg ich aus.

Der Traktor mit den verkämpften Heuwendern auf dem Anhänger stand inzwischen vor der Waage, die daraufsitzende Mumie im Parka wackelte willenlos im Takt des vor sich hin hämmernden Motors. Einer der beiden Männer auf der Plattform betrat einen verglasten Verschlag, derjenige, der rauchte, blieb am Geländer stehen, ohne seine Haltung zu ändern. Er trug ein Unterhemd und fleckige Jeans, sein Bauch wölbte sich weich über den Gürtel heraus.

»Was wollen Sie?«, sagte eine heisere Stimme hinter meinem Rücken.

Ich drehte mich um, ertappt. Überlegte, was ich wollte. Man hätte dazu einiges sagen können, die Frage hing in der Luft, verführerisch: Was ich wolle. Am Ort des Jüngsten Gerichts. Womöglich ein überlasteter Engel. Vielleicht wird im Himmel ja auch das Personal verschlankt. Der Frager trug einen Blaumann und ein unförmig großes Walkie-Talkie aus dem vorigen Jahrhundert, seine Augen irrlichterten. Bei seinem Anblick wurde einem sofort klar, welche Zumutung es war, dass jemand da war und möglicherweise etwas wollte. Prompt verursachte die Frage in meinem Gehirn die übliche Unordnung bei grundsätzlichen Fragen. Ich kann das nur mit Mühe unterdrücken. Dann ist es gut, wenn ich gleich etwas zu sagen weiß, wie in diesem Fall.

Ich sagte: »Das Büro? Wo ist das?«

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