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Examensarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Pädagogik - Heilpädagogik, Sonderpädagogik, Note: 1,3, Humboldt-Universität zu Berlin (-), Sprache: Deutsch, Abstract: Im Kindes- und Jugendalter nehmen die Sprachstörungen an Häufigkeit zu. Wobei die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der auftretenden Störungen aus der Komplexität des Systems der Sprache resultieren. Dieser Komplexität begegnen die ganzheitlichen Formen der Stimmtherapie. Die Feldenkrais-Methode stellt eine Form dieser ganzheitlichen Therapien dar, die unter dem Aspekt der Anwendbarkeit und den Formen der derzeitigen Anwendung in der Stimmtherapie betrachtet wird. Das Ziel meiner Arbeit ist es, die Grundlagenkenntnisse der Feldenkrais-Methode darzulegen sowie die Suche/Recherche nach Ansätzen der Anwendung dieser Methode im stimmtherapeutischen und schulischen Bereich. Im Vorfeld gebe ich einen theoretischen Überblick über die funktionellen Stimmstörungen und gehe auf die Dysphonien im Kindesalter näher ein. Die Notwendigkeit der Anwendung ganzheitlicher Methoden zeigt die Betrachtung der unterschiedlichen funktionellen Stimmstörungen und deren mögliche physische und psychische Ursachen. Eine wesentliche Grundlage für die Entfaltung der Kommunikationsfähigkeit des Menschen stellen die Stimme und die Sprache dar. Daher gebe ich eine grobe Beschreibung der komplexen Prozesse die zur Entwicklung der Stimme und der Sprache bei Kindern führen. Defizite in der Entwicklung der Stimme werden nicht zuletzt aufgrund der Vielschichtigkeit der Stimmentwicklung mit sehr unterschiedlichen Maßnahmen behandelt, die in einem Überblick erfasst werden. Der Bekanntheitsgrad der Feldenkrais-Methode ist trotz großer Erfolge in den unterschiedlichsten Bereichen, nicht nur in der breiten Bevölkerung, sondern auch unter den Therapeuten relativ niedrig. Die vorliegende Arbeit eröffnet den Einblick in die Feldenkrais-Methode, die sich im Kern mit dem Menschen als Ganzes auseinandersetzt. Ich gehe auf die Funktionszusammenhänge der Muskulatur des Stimmapparates und der Haltemuskulatur des Körpers, bezogen auf die Stimmfunktion, ein. Am Ende meiner Ausführungen fasse ich einige Überlegungen zur Integration von Feldenkrais-Übungen als Stimmtherapie in das Unterrichtsgeschehen zusammen.
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Grundbegriffe
2.1 Ganzheitliche Stimmtherapie
2.2 Feldenkrais-Methode
3 Stimme und Stimmtherapie
3.1 Stimme und Sprache
3.2 Entwicklung der Stimme beim Kind
3.3 Stimmdiagnostik
3.4 Maßnahmen innerhalb der Stimmtherapie
3.4.1 Wahrnehmungszentrierten Maßnahmen
3.4.2 Körperzentrierten Maßnahmen
3.4.3 Emotionszentrierte Maßnahmen
3.4.4 Stimmzentrierte Maßnahmen
3.4.5 Sprechzentrierte Maßnahmen
3.4.6 Interaktionszentrierte Maßnahmen
3.4.7 Therapiebegleitende Maßnahmen
4 Funktionelle Stimmstörungen
4.1 Definition
4.2 Ätiologie
4.3 Einteilung der Funktionellen Stimmstörungen
4.3.1 Phonoponosen
4.3.1.1 Hyperfunktionelle Dysphonie
4.3.1.2 Taschenfaltenstimme
4.3.1.3 Hypofunktionelle Dysphonie
4.3.1.4 Dysphonia mixta
4.3.1.5 Phonasthenie
4.3.1.6 Berufsdysphonie
4.3.2 Phononeurosen
4.3.2.1 Psychogene Dysphonie
4.3.2.2 Psychogene Aphonie
4.3.2.3 Hyperfunktionelle Form der psychogenen Aphonie
4.3.2.4 Hypofunktionelle Form der psychogenen Aphonie
4.3.2.5 Spastische Dysphonie
4.3.2.6 Inspiratorische Stimmgebung
4.3.2.7 Psychogene Fistelstimme
4.3.3 Dysodie
5 Dysphonien im Kindesalter
5.1 Symptome der Dysphonie im Kindesalter
5.2 Ursachen von Stimmstörungen im Kindesalter
5.2.1 Prädisponierende konstitutionelle Faktoren
5.2.2 Habituell-funktionelle Faktoren
5.2.3 Umweltbedingungen
5.3 Verbreitung von Stimmstörungen im Kindesalter
5.4 Mögliche Auswirkungen von Stimmstörungen bei Kindern
5.4.1 Angst bei Stimmstörungen
5.4.1.1 Angst
5.4.1.2 Wie Angst das körperliche Verhalten beeinträchtigt
5.4.1.3 Zusammenhang von Angst und Stimmstörungen
5.4.2 Aggression bei Stimmstörungen
5.4.2.1 Aggression
5.4.2.2 Zusammenhang von Aggression und Stimmstörungen
5.5 Prophylaxe von Stimmstörungen
5.6 Therapieinhalte bei funktionellen Stimmstörungen
5.6.1 Basisarbeit an den dem Sprechen zugrunde liegenden Faktoren
5.6.2 Übungen zur Stimmfunktion und zum Sprechvorgang
5.7 Die Rolle des Lehrers
6 Ganzheitlichkeit in der Stimmtherapie bei Kindern
6.1 Ganzheitliche Betrachtung
6.2 Entwicklung funktioneller Einheit
6.2.1 Gleichgewicht
6.2.2 Orientierung im Raum
6.2.2.1 Sehen
6.2.2.2 Gehör
6.2.3 Koordination
6.2.4 Integration der Sinne
7 Die Feldenkrais-Methode in der Therapie von Stimmstörungen
7.1 Die Methode
7.1.1 Biographie von Moshé Feldenkrais (1904 – 1984)
7.1.2 Theoretische Grundlagen der Feldenkrais – Methode
7.1.3 Unterrichtung in der Feldenkrais–Methode
7.1.4 Methodische Zugänge
7.1.5 Um welche Funktionen geht es in der Feldenkrais-Methode
7.1.6 Ziele der Methode
7.1.7 Zielgruppen der Feldenkrais-Methode
7.2 Verfahrensweisen bei der Feldenkrais-Methode
7.2.1Bewusstheit durch Bewegung
7.2.1.1 Unterschied von Bewusstsein und Bewusstheit
7.2.2Funktionale Integration (FI)
7.3 Lernen
7.3.1 Förderung von Lernerfahrungen
7.3.2 Organisches Lernen
8 Die Bedeutung der Feldenkrais-Methode in der stimmtherapeutischen Praxis
8.1 Förderung der Selbstwahrnehmung
8.2 Förderung der muskulären Tonusregulation
8.3 Förderung der Dynamik der Körperhaltung
8.4 Förderung des Atemgeschehens
8.5 Förderung der Persönlichkeitsentwicklung
8.6 Lernen in der Stimmtherapie
8.7 Praktische Anwendung der Funktionalen Integration bei Kindern
8.8 Arbeitsgrundlage für den Lehrer zur Ausführung der Funktionalen Integration bei Kindern
9 Stimmfunktion und Funktionszusammenhänge als ganzheitlicher Prozess
9.1 Beine
9.2 Rumpf
9.3 Hals und Kopf
10 Anwendung des organischen Lernens auf Atem und Stimme
10.1 Atemrhythmus und Bewusstsein
10.2 Atemspiele
10.3 Der Stimmeinsatz
10.4 Der Stimmlippenschluss
11 Überlegungen zur Integration von Feldenkrais-Übungen als Stimmtherapie in das Unterrichtsgeschehen
12 Zusammenfassung
13 Abbildungsverzeichnis
14 Literaturverzeichnis
Im Kindes- und Jugendalter nehmen die Sprachstörungen an Häufigkeit zu. Wobei die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der auftretenden Störungen aus der Komplexität des Systems der Sprache resultieren. Dieser Komplexität begegnen die ganzheitlichen Formen der Stimmtherapie. Die Feldenkrais-Methode stellt eine Form dieser ganzheitlichen Therapien dar, die unter dem Aspekt der Anwendbarkeit und den Formen der derzeitigen Anwendung in der Stimmtherapie betrachtet wird.
Das Ziel meiner Arbeit ist es, die Grundlagenkenntnisse der Feldenkrais-Methode darzulegen sowie die Suche/Recherche nach Ansätzen der Anwendung dieser Methode im stimmtherapeutischen und schulischen Bereich.
Im Vorfeld gebe ich einen theoretischen Überblick über die funktionellen Stimmstörungen und gehe auf die Dysphonien im Kindesalter näher ein. Die Notwendigkeit der Anwendung ganzheitlicher Methoden zeigt die Betrachtung der unterschiedlichen funktionellen Stimmstörungen und deren mögliche physische und psychische Ursachen. Eine wesentliche Grundlage für die Entfaltung der Kommunikationsfähigkeit des Menschen stellen die Stimme und die Sprache dar. Daher gebe ich eine grobe Beschreibung der komplexen Prozesse die zur Entwicklung der Stimme und der Sprache bei Kindern führen. Defizite in der Entwicklung der Stimme werden nicht zuletzt aufgrund der Vielschichtigkeit der Stimmentwicklung mit sehr unterschiedlichen Maßnahmen behandelt, die in einem Überblick erfasst werden.
Mit Rückblick auf die letzten Jahre lässt sich ein kontinuierlicher Wandel im Bereich der Sprech- und Stimmtherapie erkennen. Ein sich Ablösen von mechanischen Auffassungen und eine Hinwendung zu Betrachtungsweisen, welche interaktionale und systemische Aspekte mit einbeziehen, sind zu beobachten (vgl. Nienkerke-Springer 1996). Inzwischen wird innerhalb der gesamten Sprachheilarbeit immer mehr ursachenbezogen therapiert. Eine Stimmstörung wird nicht mehr nur als primär medizinisch-phoniatrisches Problem angesehen.
Der Aspekt der ganzheitlichen Stimmtherapie wird von Pädagogen (z.B. Schulze, Nienkerke-Springer), Logopäden (z.B. Spiecker-Henke, Oberländer-Gentsch), Lehrern für Atem, Stimme und Sprache (z.B. Saatweber) und Medizinern (z.B. Stelzig) behandelt. Konkrete Ansätze gibt es z.B. in den Bereichen der Bewegungsschulung, Körperarbeit, Tanztherapie und Phonorhythmik (vgl. Grohnfeld 1994). Treten z.B. Stimmstörungen in der Lebenssituation oder im Beziehungs- und Kommunikationssystem auf, können systemtheoretische Aspekte zur ganzheitlichen Analyse von bio-psycho-sozialen Konstellationen beitragen. Es kann Ansätze für die Konstruktion eines mehrdimensionalen Theoriemodells und Praxiskonzept aufzeigen.
Der Begriff „ganzheitlich“ bedeutet nach Deuse (1995) „auf philosophisch-theoretischer Ebene ein adäquates Menschenbild bzw. Erklärungsmodell zur Störungsbeschreibung, in der Praxis eine multifaktoriell, mehrdimensional-systemische und methodenintegrierte Herangehensweise“ (Deuse 1995, 21). In der Praxis zeigen sich die Wechselwirkungen besonders in ganzheitlichen, motorischen bzw. körperbezogenen Förder- und Therapiekonzepten, welche von Seiten des Therapeuten oder Lehrers die Fähigkeit zur Integration der verschiedenen diagnostischen Momente und therapeutischen Methoden voraussetzen (vgl. Deuse 1994). Ganzheitliche Theoriemodelle und Praxiskonzepte haben zum Ziel, anhand von geeigneten Inhalten in Förderung, Therapie und Unterricht, jeden Menschen bei der möglichst selbständigen Bewältigung seiner momentanen Lebenssituation zu unterstützen. Dabei wird sich an den persönlichen Erfahrungen, Stärken und Schwächen der Betroffenen orientiert. Personen aus dem nahen Umfeld sollen so weit wie möglich in die Arbeit mit einbezogen werden (vgl. Deuse1995).
Schulze/Schroeder (1991a) betrachten „den Menschen als eine bio-psycho-soziale Einheit und die Stimmfunktion als ein multifaktiorielles Gefüge mit vielfältigen Wechselbeziehungen“ (Schulze/Schroeder 1991a, 70). Nienkerke-Springer (1994) führt an, dass eine Störung der Stimme, als Bindeglied im Prozess der Kommunikation, auf einen Verlust des Gleichgewichts des Ganzen schließen lässt. Dieser Verlust zeigt sich im stimmlich-körperlichen und psychisch-emotionalen Bereich. Sie sieht den Menschen als eine „Leib-Seele-Geist-Einheit“ und nicht als „Summe der einzelnen Funktionen“. Darüber hinaus bezieht sie „auch kommunikative und interaktionäre Prozesse und ihre Auswirkungen auf das Individuum mit ein“ (Nienkerke-Springer 1994, 397). Scholz (1991) ist der Ansicht, dass Veränderungen oder Auffälligkeiten der Stimme verlässliche Zeichen seelischer Spannungen oder Störungen sind. Als eine „lauthafte Biographie“ bezeichnet Gundermann (1991) die Stimme und Lotzmann schreibt: „die stimmliche Normabweichung mit ihrer sekundären kommunikativen Bedeutung ist immer eingebettet in den primär relevanten, die Sprecher-Hörergemeinschaft konstituierenden Verständigungsprozeß“ (Lotzmann 1991a, 142). Als natürlich betrachtet Oberländer-Gentsch (1993) die enge Verbindung von leib-seelischer Entwicklung und Körperkonstellation und den Wirkzusammenhang zwischen Stimme, Sprechfunktion und Körpersprache.
Nach Deuse (1994) ist im Prinzip der Grundsatz der ‚Ganzheitlichkeit‘ unumstritten. Kritische Äußerungen von Grohnfeld (1987/1988) und Speck (1987) machen darauf aufmerksam, dass eine ganzheitliche und differentielle Theoriebildung, Diagnostik, Förderung und Therapie notwendig sind. Die Betonung der Ganzheit des Menschen schließt nicht aus, dass durch die Kenntnis von einzelnen Aspekten wichtige Informationen erwachsen und zur Diagnostik beitragen können.
Die Feldenkrais-Methode ist ein spezielles Verfahren zur Gestaltung von Lernprozessen und reicht in die verschiedensten Tätigkeitsbereiche, wie Psychotherapie, Physiotherapie, Ergotherapie, Sport, Gesundheit, Freizeit, Bildung und Beruf hinein. Sie ist nach ihrem Begründer Moshé Feldenkrais benannt. Seine Lebensphilosophie und seine Theorien basieren auf der Einheit von Körper, Seele und Geist.
Inwieweit wirkt sich eine Stimmstörung auf den sprechsprachlichen Kommunikationsprozess aus? Laut Schulze (1994) verringern sich vor allem die ektosemantisch-emotionalen Sprechanteile. Eine funktionstüchtige Stimme ist variabel und flexibel um die typischen Gleittöne hervorzubringen, welche für das Sprechen notwendig sind. Diese Variabilität und Flexibilität sind bei einer gestörten Stimme reduziert. Die stimmgestörte Person ist in der intonatorischen Leistungsfähigkeit eingeschränkt und kann aufgrund dessen stimmlich nicht adäquat auf kommunikative Situationen reagieren. Beim Zuhörer könnte dadurch ein falscher Eindruck entstehen und z.B. Antipathie und Desinteresse hervorrufen.
Spiecker-Henke (1994) betont, dass jede Stimmstörung auch als eine Kommunikationsstörung anzusehen ist, da es fast immer auch zu Veränderungen der zwischenmenschlichen Beziehungen und Begegnungen kommt. Da die Störfaktoren, welche im Rahmen der Diagnostik aufgedeckt werden müssen, vielfältige sein können, sind die Therapieinhalte breit gefächert. Das Ziel aller Therapiemaßnahmen ist es, den Patienten zu befähigen, eine leistungsstarke und möglichst klangvolle Stimmfunktion, entsprechend seinen individuellen Möglichkeiten, zu erreichen. Die Basis für die Inhalte der Stimmtherapie wird aus der Einsicht gebildet, dass der Mensch eine Leib-Seele-Geist-Einheit ist, worauf ich später noch näher eingehen werde.