Gartenvögel - Daniela Strauß - E-Book

Gartenvögel E-Book

Daniela Strauß

0,0
28,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Vögel im Garten begleiten uns das ganze Jahr über. Wie erleben sie die Ankunft im Frühling? Wo bauen sie ihre Nester? Was passiert zur anstrengenden Brutzeit und bei der Aufzucht der Jungen? Daniela Strauß erzählt unterhaltsame Vogelgeschichten aus dem Garten, wunderschön bebildert mit naturrealistischen Illustrationen. Die einfühlsamen Erzählungen ermutigen dazu, genau hinzuschauen. Zu den alltäglichen Beobachtungen vor der Haustür erfährt man viel Wissenswertes und so manches Geheimnis. Ein Buch für alle, die die Natur lieben und ihren ganzen Zauber genießen möchten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 258

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Meiner Freundin Sabine –

die mir das Tor zum Pfad als Buchautorin geöffnet hat und

mich mit ihrer Naturverbundenheit und Achtsamkeit inspiriert.

Meinen Kindern Florian, Ann-Kathrin, Jannis und Levin

– Begleiter auf unzähligen Streifzügen durch die Natur –

die mich mit ihrer Frohnatur und Gelassenheit begeistern und

mir täglich ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

INHALT

Vorwort

ALLE VÖGEL SIND SCHON DA – Munteres Erwachen

PFEIFFEN, ZWITSCHERN, KLAPPERN, TROMMELN – Vogellaute

SCHWANZMEISEN – Verschiedenfarbig und unverwechselbar

GLEITEN, SEGELN, RÜTTELN – Faszination Vogelflug

SCHWALBEN UND SEGLER – Akrobaten der Lüfte

EULEN – Rufe aus der Dunkelheit

BRUTPLÄTZE RUND UMS HAUS – Jedem sein Plätzchen

STADTBEWOHNER MIT FLÜGELN – Beobachtungen vom Balkon, in Straßen und Parks

RABENVÖGEL – Intelligent, verspielt und anpassungsfähig

SPERBER – Blitz aus heiterem Himmel

BADEPARADIES VOR DER HAUSTÜR – Gefiederpflege und Erfrischung

SPECHTE – Trommler mit Stoßdämpfer

SPURENSUCHE – Was Hinterlassenschaften von Vögeln verraten

STARE – Stimmkünstler und Schwarmvögel

FERNWEH – Vogelzug im Frühjahr und Herbst

GEMEINSAM SIND SIE STARK – Leben in der Gruppe

SEIDENSCHWÄNZE UND BERGFINKEN – Vagabunden aus dem Norden

TREFFPUNKT FUTTERPLATZ – Singvögel erleben

ZEIGT HER EURE SCHNÄBEL – Ernährung und Nahrungserwerb

Danksagung

Nützliche Adressen

Empfehlenswerte Medien

Die Autorin

Impressum

VORWORT

Rotkehlchen.

DAS PRIVILEG MEINER KINDHEIT war ein großer Garten mit Zugang zur Feldmark. Spielplatz und Trauminsel. Es gab einen Rasen mit Obstbäumen, Beerensträucher und Gemüsebeete, Sommerblumen und Stauden; anfangs auch noch Hühner und Schweine. Unser Nachbar war Imker und hielt Bienen. Eine Pforte führte auf den Acker. Am Rand entlang konnten wir auf den Hauptweg und in die dahinter liegende Brachfläche entwischen. Eine Wildnis aus Kopfbäumen und Büschen mit mannshoher Krautschicht. Dicht und bunt. Lebensraum einer Vielzahl von Vögeln, Myriaden von Insekten und weiterer Tiere. Hier wurden meine Liebe und Verbundenheit zur Natur gefestigt.

Im Frühling ertönte das Rufen des Kuckucks aus der „Walachei“ – so hatten wir das Brachland getauft. Goldammern sangen von den Zweigspitzen. Schmetterlinge und Wildbienen schwirrten in der Luft. In der Dämmerung kamen Rehe und gelegentlich ein Fuchs aus der Deckung ins Freie. Nach Einbruch der Dunkelheit schallte die Stimme des Waldkauzes herüber. Die Getreidefelder waren blau und rot gesprenkelt, das Korn reichte mir bis zur Brust. Beim Pflücken von Wiesenblumen tirilierte die Feldlerche über meinem Haupt. Später im Jahr stolzierten Störche auf den abgeernteten Flächen. Mäusebussarde und Rotmilane kreisten am Himmel. Während des Herbstzuges wanderten Kraniche und Gänse vorüber. Die Schneelandschaft enttarnte Grüppchen von Rebhühnern, die im Sommerhalbjahr gewöhnlich unsichtbar blieben.

In der Erinnerung sehe ich mich häufig mit einer Lektüre in der Hängematte liegen; umgeben vom Getschilpe der Haussperlinge, die unterm Dach brüteten und sich in Scharen in unserer Hecke aufhielten. Jedes Mal, wenn ein Familienmitglied beim Verlassen oder Betreten des Hauses daran vorbeilief, beschwerten sie sich lauthals über die Störung. Im Apfelbaum über mir turnten Blau- und Kohlmeisen herum, auf dem Gras hüpfte eine Amsel. Im Winter richteten wir eine Futterstelle ein.

Neben den bekannten Gesichtern wie Haussperlingen, Blau- und Kohlmeisen, Rotkehlchen, Grün- und Buchfinken gab es die Gelegenheitsgäste. Zu diesen Besonderheiten zählten Gimpel, Buntspechte und Schwanzmeisen. Am Gartenteich sorgte einmal der Graureiher für Unruhe unter den Fischen und eines Tages erschien sogar ein Besucher aus dem Norden Russlands: Ein „Taigazilpzalp“ mit kohlrabenschwarzen Beinen, eine Unterart unseres heimischen Zilpzalps.

Seit dem Flüggewerden bin ich mehrfach umgezogen. Vom selbst angelegten und auf Vogelbedürfnisse ausgerichteten Garten auf dem Dorf über eine Gemeinschaftsfläche zum Grillen bis zur Stadtwohnung ohne Balkon war alles dabei. Aktuell besteht meine grüne Oase überwiegend aus Topfpflanzen, die sich auf einem zwei Meter breiten Steinpflaster vor dem Haus verteilen. Außerdem gibt es eine Hecke als Einfriedung.

Ob mit oder ohne das eigene Stück Grün, im Dorf oder in der Stadt, „Gartenvögel“ gibt es überall zu beobachten. Tagtäglich und unmittelbar. Manchmal direkt aus dem Fenster, vom Balkon, der Terrasse oder Gartenbank aus, ein anderes Mal beim Spaziergang durch die Siedlung, in einer Parkanlage, im Naherholungsgebiet oder in der Feldmark.

„Gartenvögel“ – Wer oder was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Die Zuordnung ist subjektiv, denn es handelt sich um ein Kunstwort. In gewisser Weise bleibt es dem Verwender überlassen, wen er in diese Schublade steckt. Im Allgemeinen werden jene Vögel darunter zusammengefasst, die wir mehr oder weniger regelmäßig in unserer unmittelbaren Umgebung antreffen können; oftmals häufige und weit verbreitete Arten. Der Terminus „Garten“ steht somit Pate für die Lebensräume rings um unser Zuhause.

Zu entdecken gibt es die Jahresvögel, die sich durchgehend in unseren Breitengraden aufhalten oder die Sommerfrischler, die ausschließlich zur Aufzucht ihrer Jungen nach Mitteleuropa kommen, reine Winterurlauber oder Wanderer auf der Durchreise. Auf diese Weise ist für Abwechslung gesorgt und es bleibt spannend. Jede Saison hat ihre Höhepunkte.

Haussperling.

Mit einem Potpourri aus Anekdoten, Geschichten, Rückblicken, Denkanstößen, Beschreibungen und Informationen rund um unsere gefiederten Nachbarn möchte ich Sie inspirieren, mit achtsamen Sinnen aus dem Fenster zu blicken oder im Freien umherzustreifen und sich von der Vielfalt vor der eigenen Tür überraschen zu lassen.

Schauplätze meiner Betrachtungen sind die „Gärten“ meines Lebens. Einmal blicke ich von der Dachterrasse in den Himmel, sitze auf dem Balkon oder der Holzschaukel am Teich, arbeite im Gemüsebeet oder klettere auf das Stelzenhaus, ein anderes Mal laufe ich durch Straßen oder Felder, besuche den Friedhof, stehe auf einem Schulhof oder im dreißigsten Stockwerk eines Wolkenkratzers.

Die Reise beginnt im Frühling, dem Symbol des Neuanfangs und der Lebendigkeit. Die Natur erwacht. Vogelgesang und Hochzeitsstimmung liegen in der Luft. Schritt für Schritt geht es durch das Jahr. Jungvögel lernen fliegen und verlassen die Kinderstube. Viele schließen sich zu Gruppen zusammen und ziehen allein oder mit ihren Familien in den Süden. Stille kehrt ein. Besucher aus dem Norden gesellen sich zu den Daheimgebliebenen. Mit Winterbeobachtungen am Futterplatz schließt sich der Kreis. Unterwegs gibt es viel zu entdecken. Von Herzen lade ich Sie ein, meinen Spuren zu folgen. Viel Vergnügen auf Ihren Streifzügen durch dieses Buch und die Gartenvogelwelt!

Daniela Strauß

Rotkehlchen.

ALLE VÖGEL SIND SCHON DA – MUNTERES ERWACHEN

Nachtigall.

ENDLICH FRÜHLING! Die Winterlandschaft hat sich in ein Meer aus Farben verwandelt. Zartes Grün wohin ich schaue. Rote, orangefarbene, gelbe, blaue und violettfarbene Tupfer blitzen im Sonnenlicht; geradeso, als wären die Streifen des Regenbogens in winzige Teile zerstoben und wie Konfetti auf der Erde verstreut worden. Barfuß laufe ich durch meinen Garten und genieße den Kontakt zur erblühenden Natur. Den zeitigen Stunden des Tages wohnt eine besondere Magie inne. Die Geräusche des Alltags schlafen noch. Das Licht ist bezaubernd.

In der morgendlichen Stille lausche ich dem Vogelkonzert. Die Ruhe schärft meine Sinne und ich nehme die unterschiedlichen Sänger wahr. Die Flötentöne einer Amsel. Langsam und melodisch. Sie sitzt auf dem Dachfirst eines Nachbarhauses und hat ihre Umgebung fest im Blick. Das Rotkehlchen hockt in der Weidenhecke. Hoch und fein. Seine Strophen haben einen wehmütig-melancholischen Klang. Laut schmettert der Zaunkönig. Winzig und unsichtbar. Der lebende Beweis dafür, dass Stimmgewalt und Körpergröße zwei Paar Schuhe sind.

Die Bank unter dem Apfelbaum lädt zum Verweilen ein. Offenbar auch der Lieblingsplatz einer Kohlmeise. Inständig und unwiderstehlich lockt sie aus dem Dickicht der Krone: „zi-zi-däh-zi-zi-däh-hab-mich-lieb-hab-mich-lieb“. Da wird sich bestimmt bald ein Weibchen überreden lassen und den Nistkasten inspizieren. Dieser wartet nur darauf, von der nächsten Generation in Besitz genommen zu werden. Bedächtig setze ich mich nieder. Der Zaunkönig hat eine Pause eingelegt und ist für einen Moment verstummt. Aus der Ferne schäckert eine Elster und hoch oben am Himmel schreien Mäusebussarde. Ihre Laute ähneln dem Miauen einer Katze. Über der Szene schwebt das Tschilpen einer Schar Feldsperlinge. Unaufdringlich und durchdringend – wie die Hintergrundmusik in einem Einkaufszentrum.

Fast täglich kommen mit der Rückkehr der Zugvögel neue Mitglieder hinzu. Bald mischen sich das Kratzen der Hausrotschwänze, das Gurren der Turteltauben, das Geschwätz der Schwalben und das Schrillen der Mauersegler unter den Chor. Es herrscht Hochstimmung, oder besser gesagt, Hochzeitsstimmung. Mit ihrem Gesang verteidigen die Vogelmännchen ihr Territorium und werben um ein Weibchen. Es gilt, die Rivalen auf Abstand zu halten und den potentiellen Brutpartner von den eigenen Qualitäten zu überzeugen.

Hausrotschwänzchen.

Kleiderwechsel

Eigens für diesen Zweck wirft sich die Vogelwelt in Schale. Zur Balzzeit leuchten die Farben besonders kräftig und ausdrucksvoll. Die Brautleute haben ihre Alltagskleider abgelegt. Jetzt darf es prunkvoll und prächtig sein. Die Herren versuchen, sich im Rampenlicht von ihrer Schokoladenseite zu zeigen und dem Gegner oder der Damenwelt zu imponieren. Im Frühling wandert daher das Winterkleid in die Versenkung und wird gegen ein sauber gewebtes Sommerkleid eingetauscht.

Beim Star entsteht der neue Frack durch die Abnutzung der Federsäume; bei den meisten anderen Arten durch die Erneuerung des Gefieders, der sogenannten Mauser. Die Bezeichnung trifft es auf den Punkt, denn „mausern“ ist eine Ableitung des Wortes „mutare“ aus dem Lateinischen und bedeutet „wechseln, ändern, tauschen“.

Die Mehrzahl der Singvögel wechselt ihr Kleingefieder und somit alle Federn, die den Körper bedecken, zweimal jährlich: im Frühling vor der Brutperiode und im Herbst unmittelbar danach. Die Schwungfedern der Flügel und die Steuerfedern des Schwanzes wachsen einmal im Jahr neu nach. Sie formen das Großgefieder. Der Austausch ist notwendig, da sämtliche Federn mit der Zeit verschleißen oder durch mechanische Einwir­kungen abknicken. Sobald eine Feder ausfällt oder der Vogel diese auszupft, entwickelt sich an jener Stelle eine neue. Eine günstige Gelegenheit, Farbe zu bekennen und gleichzeitig mit dem Federwechsel das Erscheinungsbild zu wandeln.

Die Eheleute Bachstelze haben sich zu diesem Anlass einen Pullover mit schwarzer Kapuze übergezogen. Bei ihm ist sie scharf zum Aschgrau des Rückens abgegrenzt. Die Kappe seiner Frau ist meliert, der Übergang von Schwarz zu Grau weich und verschwommen. Beide tragen ein Lätzchen vor der Brust. Es ist ebenfalls schwarz und reicht vom Schnabel bis zur Brust. Im Herbst legen sie Kapuzen und Lätzchen ab. Dann ist ihr Kopf grau und die Brust ziert nur noch ein kleiner schwarzer Halbmond.

Kleinvögel mausern innerhalb weniger Wochen. Sie erneuern ihre Federn in der Regel nach und nach, damit die Flugfähigkeit erhalten bleibt. Große Lücken in den Schwungfedern würden diese beeinträchtigen. Greifvögel und Eulen benötigen mehr Zeit. Frei nach dem Motto „Eile mit Weile“ ersetzen sie ihr Großgefieder über das ganze Jahr verteilt oder sogar über mehrere Jahre hinweg. Die Dauer hängt vom Lebensalter der Individuen ab. Wer Mäusebussarde oder Rotmilane beim Kreisen beobachtet, kann immer wieder einzelne Exemplare mit Fenstern im Flügel oder Schwanz entdecken. Sie demonstrieren uns, dass Vögel auch mit fehlenden Federn noch flugfähig sind und erfolgreich jagen können.

Entenvögel verfolgen eine andere Strategie. Sie werfen ihre Schwungfedern im Sommer vollständig ab und bleiben für drei bis vier Wochen flugunfähig, bis diese nachgewachsen sind. Bei ihnen ist der Unterschied zwischen den verschiedenen Kleidern eindeutiger als bei der Mehrzahl der Singvögel. Im Winter tragen sie ihre Hochzeitsgewänder. Die Männchen der Stockente sind dann leicht an ihrem schillernd grünen Kopf und dem weißen Halsring zu erkennen. Im Sommer tauschen sie Smaragdgrün gegen Graubraun, die Tarnfarbe der Weibchen.

Bachstelzen der Nominatform „alba“: Die beiden Illustrationen oben zeigen das Männchen im Prachtkleid, in der Mitte ist das Weibchen im Prachtkleid zu sehen, ganz unten stolziert eine Bachstelze im Schlichtkleid.

Ein Gewand aus Federn

Zur Mauserzeit liegen die ausgedienten Federn am Ufer des Parkteiches. Mir fallen zwei Prachtexemplare ins Auge. Außergewöhnlich und einzig­artig. Erpellocken! Der Hochzeitsschmuck eines Stockentenmännchens. Die Spitzen seiner schwarzen Schwanzfedern sind im Prachtkleid gebogen, als wären sie wie Geschenkband mit einer Schere gekringelt worden. Mit diesen Schmuckfedern möchte er zur Paarungszeit Aufmerksamkeit er­regen und imponieren, denn die Weibchen erwählen den Schönsten als Partner.

Federn sind das Fell der Vögel und neben dem Gesang ihr auffälligstes Kennzeichen. Sie bestehen ebenso wie unsere Haare und Nägel aus Keratin, sind leicht, flexibel und gleichzeitig fest. Es gibt sie in den unterschiedlich­sten Formen, Größen und Farben. Konturfedern bilden das Äußere des Körpers. Darunter befindet sich ein Gewand aus Daunen, welches als wärmeisolierende Schicht wirkt. Beim Blick durch die Lupe werden die Unterschiede deutlich. Daunenfedern haben einen kurzen Kiel und weiche Äste ohne Häkchen, die in alle Richtungen weisen. Vom Schaft einer Konturfeder zweigen die feinen Äste seitlich gleichmäßig ab. Sie sind mit Häkchen versehen und miteinander verzahnt. So entsteht eine nahezu luftdichte Fläche. Kleine Schäden kann der Vogel bei der Gefiederpflege reparieren, indem er die Feder durch seinen Schnabel zieht. Wie bei einem Reißverschluss verhaken sich die feinen Verzweigungen dann wieder.

Diese Wunderwerke der Natur bieten den Vögeln durch ihre Fähigkeit, sich zu einer aerodynamischen Einheit zusammenzufügen, die Tragflächen zum Fliegen. Sie schützen ihre Körper vor Sonne, Kälte, Wind und Regen. Viele Arten besitzen Borsten an der Schnabelbasis oder im Bereich der Augen, die in ihrer Funktion mit den Schnurrhaaren der Säugetiere vergleichbar sind. Diese reduzierten Federn bestehen aus einem Schaft, der entweder kahl oder nur mit wenigen Ästen versehen ist. Mit ihnen können die Vögel tasten und die Augen oder Nasenlöcher vor Fremdkörpern schützen. Besonders auffällig sind diese Borsten beim Kolkraben. Sie reichen bis zu seiner Oberschnabelmitte und sind ein Charakteristikum unseres größten Rabenvogels. Außerdem können einige Vögel ihre Federn zur Erzeugung von Lauten einsetzen. Damit lässt sich während der Balz Eindruck schinden! Genauso wie mit exquisiten Formen, Farben oder Mustern. Überdies kann die äußere Erscheinung des Gefieders als Tarnkappe vor Feinden dienen.

Die Gefierderpartien eines Vogels ...

Im Verborgenen

Eine Gartengrasmücke hat den Weg aus dem Süden Afrikas in meine Oase gefunden. Die unscheinbar graubraun gefärbten Vögel sind Langstreckenzieher und treffen ab Ende April an ihren mitteleuropäischen Brutplätzen ein. Ihre deutsche Bezeichnung ist irreführend, denn lediglich sehr große Gärten oder Parks mit dichten Hecken und ungepflegter Krautschicht kommen als Brutrevier in Frage. Meistens erscheinen sie nur auf dem Durchzug im Siedlungsbereich. Ihr Lebensraum sind Feldgehölze in der offenen Landschaft, Waldrandgebiete, Ufergebüsche und Lichtungen mit üppigem Unterbewuchs.

und ihr Feinbau im Detail.

Konturfeder.

Es ist das allererste Mal, dass ich eine Gartengrasmücke in meinem Garten höre. Ihr Gesang erinnert mich an einen rege dahinplätschernden Gebirgsbach. Gleichförmig plaudernd sprudeln die Noten wie Wasser über Steine. Sie trällert minutenlang aus einem der Sträucher in der hintersten Ecke an der Grenze zum Nachbargrundstück. Dort, wo mein Komposthaufen liegt und alles regelrecht wild aussieht. Es gibt einen Berg aus unordentlich gestapelten Zweigen und Laub für unsere Igel. Insekten und Spinnen tummeln sich in einer Ansammlung Feldsteine. Am Boden wuchern Waldmeister, Ackerschachtelhalm und Efeu. Hopfen, Wildrosen und Himbeeren haben sich ungehindert ausgebreitet. Das ideale Versteck für ein Nest. Ob sie hier brüten wird?

Gartengrasmücken leben im Verborgenen und sind leicht zu übersehen. Zur Balzzeit im Frühjahr bestehen die besten Chancen, die verstohlenen Gebüschschlüpfer ausfindig zu machen; dann machen die Männchen durch ihre Stimme auf sich aufmerksam. Ebenso wie Heckenbraunellen und Nachtigallen sowie ihre nächsten Verwandten, die Mönchsgrasmücken, sind Gartengrasmücken Deckungssänger. Mit ihrem Federkleid in den Schattierungen von Beige, Braun und Grau sind diese Arten hervorragend getarnt und singen nahezu unsichtbar aus der Mitte von Büschen oder Bäumen. Nur selten lassen sie sich frei auf einem Ast sehen und wenn, dann nur, um schon in der nächsten Sekunde wieder ins Dickicht abzutauchen. Der Augenblick reicht vielleicht gerade für das Anheben des Fernglases. Wie oft sah ich nur noch das Zittern der Blätter durch die Linse! Der Vogel war derweil längst wieder in seinem Versteck inmitten des Laubs verschwunden.

Unermüdlich singt die Nachtigall aus dem Gebüsch.

Umso offenkundiger ist dagegen der Gesang dieser heimlichen Poeten. Laut und eindringlich, klangvoll und pfeifend schallt er durch die Vegetation, sodass sämtliche Konkurrenten gewarnt sind: „Das ist mein Revier!“, und sich baldmöglichst ein Weibchen für den Künstler entscheidet. Insbesondere die Nachtigall ist berühmt für ihre Lieder, welche die Menschen seit eh und je beeindrucken. Sie gelten als die schönste Musik der Vogelwelt und inspirierten Komponisten wie Dichter zu ihren Werken. Kräftige Schläge wechseln sich mit melodischen Trillern und schnarrenden Lauten ab.

Charakteristisch ist das eindringliche „Schluchzen“ aus lang gedehnten und lauter werdenden reinen Flötentönen. Die Gesangsduelle der Männchen erklingen vor allem nach Einbruch der Dämmerung und sind in der Stille der Nacht weithin hörbar. Bereits während des Heimzugs und mit voller Intensität nach ihrer Ankunft im Brutgebiet singen die Meistersänger nächtelang, bis sie eine Gemahlin gefunden haben. Danach ertönt ihre Melodie fast nur noch tagsüber zur Verteidigung des Territoriums.

Tarnung in Gelb und Schwarz

Eine Ausnahme unter den meistens eher unscheinbar gefärbten Deckungssängern ist der Pirol mit seinem prachtvollen Federkleid in den Farben der Taxis von Barcelona. Die amselgroßen Vögel halten sich überwiegend im Kronendach höherer Bäume auf. Aufgrund ihrer versteckten Lebensweise sind sie häufig schwer zu finden. Das Gelb und Schwarz der Männchen dient im Spiel von Licht und Schatten als ausgezeichnete Tarnung. Noch schwieriger ist es, ein Weibchen ausfindig zu machen. Sie sind unscheinbar grün und verschmelzen mit dem Laub um sich herum.

Pirole brüten in hohen Bäumen in Laub- und Mischwäldern, Parks und Gärten, Feldgehölzen, Alleen und auf Streuobstwiesen, gerne an Gewässern und in Auwäldern. Zum Glück verraten sie sich durch ihren Gesang. Ab Mai erklingen ihre einprägsamen Flötenrufe, die wie „düdlio“, „dü-de-lio“ oder „büloooh“ klingen und leicht nachzupfeifen sind. Ihnen verdankt der Pirol neben der wissenschaftlichen Bezeichnung Oriolus oriolus ferner seinen deutschen Artnamen. Auf Englisch heißt er dementsprechend „Eurasian Golden Oriole“, auf Katalanisch „Oriol“ und auf Französisch „Loriot“. Letzteren wählte der deutsche Humorist Bernhard-Viktor Christoph-Carl (kurz Vicco) von Bülow als Künstlernamen. Der Pirol ist seit Jahrhunderten das Wappentier des Adelsgeschlechts von Bülow, da seine Melodie lautmalerisch als „bülow“ dargestellt werden kann. Deshalb ist er volkstümlich auch als Bülowvogel, Flautenbülow, Herr von Bülow, Junker Bülow oder Vogel Bülow bekannt.

Von hoher Warte

Meine Gartengrasmücke ist mittlerweile verstummt. Stattdessen hat sich ein Girlitz auf der Birke hinter dem Stelzenhaus der Kinder niedergelassen. Ich betrachte ihn durchs Fernglas. Ein gelbgrünes Federbüschel mit grauschwarzer Strichelung; der Schnabel so klein, dass ich ihn kaum erkennen kann. Von dessen Spitze bis zum Schwanz misst der Winzling gerade einmal elf bis zwölf Zentimeter. Die Waage zeigt elf bis zwölf Gramm Körpergewicht an. Unser kleinster heimischer Fink war ursprünglich nur im Mittelmeergebiet zu Hause und hat sich erst im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts nach Norden ausgedehnt. Er braucht Landschaften, die gleich einem Mosaik bunt und abwechslungsreich gestaltet sind. Lichter Baum- oder Strauchbestand, niedrig bewachsene Krautflächen, kurzrasige Vegetation und offener Boden bilden die Vielfalt seines Lebensraumes. Gerne darf es zudem sonnenbeschienen und windgeschützt sein.

Girlitze sind uns Menschen in die Vororte der Städte und in ländliche Siedlungen mit ihren Gärten und Parks, Friedhöfen und Alleen, Baumschulen und Obstgärten, Industriegeländen und Eisenbahnanlagen gefolgt. Offenbar werden hier ihre Ansprüche besonders gut erfüllt. Es gibt Aussichtspunkte in Form von Antennen oder Leitungsdrähten zum Singen, Bäume oder Hecken zum Brüten und Bodenflächen mit Wildkräutern als Vorratskammer. Bei der Suche nach Knospen, Samen und Insekten oder der Inszenierung ihrer Balz zeigen sich die quirligen Finken zutraulich. Sie sind leicht zu beobachten. Gleichzeitig gibt es vielerorts massive Bestandsverluste aufgrund der zunehmenden Eintönigkeit der Landschaft und des damit einhergehenden schlechteren Nahrungsangebotes. Der Girlitz ist mit einem Rückgang von achtzig Prozent eine der Arten, deren Populationen in den letzten fünfundzwanzig Jahren am stärksten abgenommen haben. Ein Grund mehr, den eigenen Garten vogelfreundlich zu gestalten, eine naturverträgliche Landwirtschaft zu unterstützen und sich aktiv im Naturschutz zu engagieren.

Wie ein König thront mein Gast auf der Spitze des Baumes und zwitschert aus voller Kehle. Dabei stellt er das Knallgelb seiner Vorderseite zur Schau. Sein Gesang ist rasend schnell und erinnert an klirrendes Glas oder einen Kinderwagen mit quietschenden Reifen. Dieses Quietschen ist das Erkennungszeichen des Girlitzes. Plötzlich hebt das singende Männchen ab, ohne sein Lied auch nur für eine Sekunde zu unterbrechen. Mit langsam schlagenden Flügeln fliegt es immer größere Kreise um die Birke herum. Gaukelnd und flatternd. Die Flugweise erinnert mich an einen Schmetterling oder an die Fledermäuse, die in der Abenddämmerung über unserem Gartenteich nach Insekten jagen. Schließlich kehrt der Vogel wieder auf seinen Startpunkt zurück, unaufhörlich trillernd.

Der Girlitz ist ein Wartensänger. Der erhöhte Standort hat Vorteile. Er bietet zum einen freie Sicht über das Territorium; sowohl die Rivalen als auch die Weibchen können ihn gut sehen – und vice versa. Zum anderen trägt der Schall die Töne ungehindert durch die Luft, sodass er darüber hinaus gut gehört und schon von weitem wahrgenommen werden kann.

Viele Vogelarten machen es ihm nach. Gleich dem Girlitz postieren sich auch Amseln, Singdrosseln, Hausrotschwänze und Goldammern gerne so hoch wie möglich auf der Baumspitze, dem Dachfirst oder einem Leitungsdraht. Die Silhouette eines Amselmännchens, das in der Abenddämmerung oder früh am Morgen auf dem Giebel eines Hauses sitzt und seine Melodie flötet, gehört zum wohlvertrauten Bild unserer Dörfer und Städte. Anderen Sängern reicht ein freistehender Ast im Kronenbereich, das Ende eines dürren Zweiges im Gestrüpp, ein Wurzelstock oder der Gartenzaun als Singwarte. Hauptsache exponiert. Zu ihnen gehören Bachstelzen und Grauschnäpper, Kohl-, Blau- und Tannenmeisen, Neuntöter und Buchfinken, Rotkehlchen und Zaunkönige.

Wellenflug mit Applaus

Jetzt ertönt das Gurren der Ringeltauben. „Gu-guh – guh-gu-gu“. Dumpf und rhythmisch. Es hat eine Hörweite von bis zu dreihundert Metern. Die Männchen markieren ihr Territorium von einer hohen Warte aus. Dürre Wipfel, Hausdächer oder Leitungsdrähte gehören zu den Lieblingsrufplätzen. Von dort heben sie außerdem zu ihrem Revierflug ab. Im Flug fallen die charakteristischen weißen Flügelstreifen und der weiße Halsfleck auf. In einem steilen Bogen und mit pfeifenden Flügelschlägen geht es zwanzig bis dreißig Meter in die Höhe. Dann erklingen, mehrfach und mit Abstand, peitschende Schläge. Ein Applaus im Zeitlupentempo, als würde der Täuberich seiner Darbietung selbstzufrieden Beifall zollen. Das Klatschen dient neben den Rufen als ein weiteres akustisches Signal an die Rivalen. Es entsteht beim Zusammenschlagen der Flügel. Meistens ein- bis dreimal und bis zu neunmal klatschen die Vögel während des Aufstiegs. Dann gleiten sie in einem sanften Bogen, mit ausgebreiteten Schwingen und gespreiztem Schwanz langsam wieder nach unten. Wie ein Fallschirm, der vom Wind leicht abgetrieben wird. Manchmal wiederholen sie dieses Muster und fliegen auf diese Weise ihr gesamtes Gebiet ab. Das Flügelklatschen wird auch eingesetzt, um Feinde abzuschrecken.

Seit einigen Tagen zeigen die Männchen zudem ihr Balzspiel. Formvollendet verneigt sich der Täuberich langsam vor der Täubin. Den Kopf tief gesenkt, die Federn an Hals und Nacken stark gesträubt, den Schwanz leicht gefächert und erhoben fordert er sie zum Tanz auf. Schließlich, am tiefsten Punkt der Verbeugung, schließt er den Schwanz und liegt mit dem Schnabel am Boden. Dem Imponiergehabe folgt gegenseitiges Putzen zur Festigung der Paarbindung und das Balzfüttern. Das Weibchen ahmt einen bettelnden Jungvogel nach. Es zittert mit den Flügeln, steckt seinen Schnabel in den des Männchens und drückt gegen seinen Schlund. Daraufhin übergibt dieses ihm Nahrung und die Paarung wird vollzogen. Im Anschluss startet das Männchen zu einem Balzflug, ähnlich dem Revierflug.

Buchfink-Männchen.

Ringeltauben sind unsere größten Tauben. Die Standvögel verbringen das ganze Jahr bei uns. Das „Turrrr – turrrr – turrrr...“ der Turteltauben ist da­gegen nur im Sommer zu hören. Vor kurzem habe ich ihr tiefes Schnurren erstmals vernommen. Es läutet die Brutsaison unserer kleinsten und seltensten Taubenart ein. Ihr deutscher Name wurde dem lateinischen Wort „turtur“ entlehnt. Dieses wiederum ist die lautmalerische Umschreibung ihres Rufes. Sie wirkt exotisch mit ihrer zierlichen Gestalt und dem farbenfrohen Gefieder. Ihre Flügel sind rostbraun mit schwarzen Federzentren. Der Kopf ist blaugrau, die Brust altrosa überhaucht. Das Auge leuchtet orangerot und wird von einem rötlichen Lidring umrandet. Die Halsseiten schmückt beidseitig ein schwarz-weiß gestreifter Fleck. Der Schwanz ist dunkel und deutlich gestuft mit einer weißen Endbinde. Die Langstreckenzieher verbringen das Winterhalbjahr in den Savannen Afrikas südlich der Sahara. Von April bis September leben sie scheu und zurückgezogen in Feldgehölzen, an Waldrändern, in lichten Laubwäldern, Obstgärten und Weinanbaugebieten. Ihre Nahrung suchen sie auf offenen Flächen am Boden.

Während der Balz stellen Turteltauben ihre Farbenpracht in der Luft zur Schau. Ihr Ausdrucksflug richtet sich an den Partner. Von einer erhöhten Stelle steigen sie steil empor und schweben dann mit waagerecht ausgebreiteten Flügeln langsam abwärts. Dabei fächern sie ihren Schwanz, sodass der Kontrast zwischen dem dunklen inneren Bereich und der weißen Außenkante ins Auge sticht. Häufig wird mit den letzten zwei bis fünf Flügelschlägen ein Klatschen erzeugt. Es ist leiser als das Peitschen der Ringeltaube. Meistens wird die Flugschau mehrfach hintereinander gezeigt, in der Regel von den Männchen und seltener von den Weibchen.

Turteltauben gelten seit Jahrhunderten als Symbol der Liebe, der Treue und des Glücks. Jedes Jahr kehren sie aus ihren Winterquartieren zurück und demonstrieren damit ihre Verlässlichkeit. Wenn sie wieder bei uns sind, weiß ich: Es ist Frühling! Während der Balzzeit sitzen die Tauben­pärchen regelmäßig länger beieinander und putzen sich gegenseitig. Sie stecken die Köpfe zusammen und fahren sich mit den Schnäbeln über das Gefieder. Ganz so wie zwei Verliebte. Dies führte zu der Redewendung „wie die Turteltäubchen sein“ und dem Verb „turteln“ für ein auffallend zärtlich-verliebtes Verhalten.

Hoch am Himmel

Mit dem fortschreitenden Morgen ist unterdessen ein weiterer Akteur erschienen. So hoch im Azurblau des Himmels, dass ich ihn mit bloßem Auge kaum entdecke; diesen Punkt, der in der Luft hängt. Außerdem blendet mich das Sonnenlicht. Glücklicherweise erkenne ich seinen Gesang. Es ist das Männchen der Feldlerche, welches dort oben pausenlos flötet und tiriliert. Minutenlang und scheinbar ohne Luft zu holen. Im Gegensatz zu uns und den meisten Wirbeltierarten werden die Lungen der Vögel auch bei der Ausatmung mit Sauerstoff versorgt. Dafür sorgen Luftsäcke, die für die Ventilation der Lunge zuständig sind. Die Feldlerche kann daher gleichzeitig singen und atmen. Für ihren Balzflug steigt sie spiralförmig empor, fliegt dann flügelschlagend und mit gespreizten Schwanzfedern auf der Stelle und trägt ihre Melodie vor. Plötzlich lässt sich der Vogel wie ein Stein wieder zur Erde herabfallen. Gemeinsam mit Haubenlerchen und Heidelerchen, Baumpiepern und Wiesenpiepern, Braunkehlchen und Schwarzkehlchen sowie vielen Watvögeln gehören Feldlerchen zu den Flugsängern. Sie alle bewohnen offene Lebensräume und balzen vornehmlich im Singflug.

Feldlerche im Singflug.

Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Aufenthalt auf der Nordsee­insel Sylt vor vielen Jahren. Bei einem Abendspaziergang im Dunkeln vernahm ich fremdartige Laute aus der Luft. Mir war schleierhaft, wer oder was diese Geräusche verursachte. Erst später erfuhr ich, dass dies das „Meckern“ einer balzenden Bekassine gewesen war. Es hat die Funktion des Gesangs der Singvögel. Bei seinem Balzflug lässt sich der Watvogel mit gespreiztem Schwanz aus großer Höhe herabfallen. Dabei bringt die Luft die äußeren Steuerfedern zum Vibrieren und erzeugt ein schwirrendes Surren, das eigentümlich klingt. Es erinnert an das Meckern einer Ziege. Die Bekassine wird daher auch Himmelsziege genannt.

Tief auf Erden

Feldlerchen balzen auf drei Ebenen. Am häufigsten ist der Singflug am Himmel. Der Bodengesang findet seltener statt und wird deutlich leiser vorgetragen. Vermutlich eine Vorsichtsmaßnahme, denn dort unten sind sie ungeschützt und können eher von Feinden wie dem Sperber oder dem Hermelin überrascht werden. Beim Balzen in der Luft haben die Sänger dagegen einen guten Überblick. Einem Greifvogel ist es kaum möglich, sich ungesehen zu nähern und so können sie in voller Lautstärke zwitschern.

Am unauffälligsten ist die Balz am Boden. In der Vegetation sind die Vögel gut getarnt und kaum zu hören. Das Männchen hüpft auf seine Partnerin zu, richtet sich hoch auf, sträubt die Scheitelfedern, hebt die Flügel und kreist mit Trippelschritten vor ihr herum. Im nächsten Moment springt es einige Male ein bis zwei Zentimeter in die Höhe. Der Vogel scheint jetzt gewachsen zu sein. Mit dem leicht angehobenen Schnabel und den herabhängenden Füßen sieht er ausgesprochen schlank und gestreckt aus. Seine Haltung ist kerzengerade, wirkt steif und statisch. Schließlich verbeugt sich das Männchen und präsentiert unter Flügelzittern seine Kloake, in welche die beiden Samenleiter münden. Das Weibchen schaut dem Geschehen vorerst aufmerksam zu. Dann zieht es den Hals ein, plustert das Gefieder auf und duckt sich. Mit aufwärts gewinkeltem Schwanz und herabhängenden Flügeln fordert es seinen Partner zur Paarung auf. Nach der Begattung singt das Männchen noch ein kurzes Lied für seine Partnerin und entfernt sich dann rasch.

Nur wenige unserer Singvögel führen eine Bodenbalz auf. Neben der Feldlerche, dem Wiesenpieper, der Bachstelze und der Nachtigall gehört auch die Amsel dazu. In meinem Garten kann ich sie während ihres Hochzeitstanzes hautnah beobachten. Die Paarbindung erfolgt bereits im späten Winter oder zeitigen Frühjahr, wenn die Weibchen sich einen Partner mit einem Territorium suchen. Es gibt auch Paare, die den ganzen Winter in ihrem Brutrevier bleiben oder dort gemeinsam ankommen. Ab März beginnen die Vögel zu balzen. Im Mai herrscht Hochsaison auf dem Rasen, vor allem am Morgen nach dem Konzert.

Aufgeregt läuft das Männchen in Imponierhaltung vor seiner Auserwählten hin und her. Zwei Meter nach rechts, dann vier Meter zurück und wieder in die andere Richtung. So geht es minutenlang, in schnellen Trippelschritten und ohne Pause. Gleichzeitig ist das hohe „Ziep“ zu hören. Ein Ruf, der sowohl dem Zusammenfinden als auch dem Zusammenhalt dient und von beiden Geschlechtern geäußert wird. Das Weibchen lässt seinen Kavalier zunächst links liegen und verhält sich passiv. Die Regenwürmer im frisch gemähten Grün scheinen deutlich attraktiver zu sein und verlocken zu einem zweiten Frühstück. Der Amselmann gibt sein Bestes und wird zu guter Letzt mit Erfolg gekrönt. Seine Frau tänzelt ihm mit gepresstem Gesang entgegen, die Flügel leicht geöffnet und vibrierend, der Hals lang vorgestreckt. Die Begattung dauert nur wenige Sekunden. Danach fliegt das Männchen ab. Das Weibchen bleibt noch eine Weile sitzen, ruft leise vor sich hin und schüttelt sein Gefieder.

Zuweilen kommt es zu wilden Verfolgungsflügen und Treibjagden. Wie ein Dieb, der versucht seinen Häschern über weitläufige Plätze und in dem Gewirr enger Gassen zu entkommen, flüchtet das Weibchen am Boden und durch das Gezweig der Hecken vor dem Männchen. Gegner werden mit Drohgebärden, Imponiergehabe und Luftkämpfen auf Abstand gehalten. Ein beeindruckendes Schauspiel. Die Rivalen fliegen dabei fast senkrecht in die Höhe und lassen sich ineinander verkrallt wieder nach unten fallen. Verbissen und heftig, bis der Unterlegene sich trollt.

PFEIFEN, ZWITSCHERN, KLAPPERN, TROMMELN – VOGELLAUTE

Den Auftakt des Vogelkonzerts bildet der Hausrotschwanz.

ABERMALS IST ES EINE KOHLMEISE, die mit ihrem Gesang die Szene beherrscht. Sie singt aus der Platane vor meinem Fenster und holt mich in die Wirklichkeit zurück. Auf dem Bildschirm die leere Seite. Makellos und einladend wie eine frische Schneedecke, die auf das Muster der ersten Fußspuren wartet. Unermüdlich wiederholt der Vogel seine Strophe, übertönt sowohl das Kläffen des Nachbarhundes als auch die Geschichten in meinem Kopf und erinnert mich an mein Vorhaben. Den Plan, die unberührte Seite mit Buchstaben und Wörtern zu beleben – rund um die Stimmen unserer Vögel!