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Theresa ist 20 Jahre alt, als sie von einer Wochenendbekanntschaft verführt wird, und kurz darauf ein Kind erwartet. Ihre Eltern sind sehr konservativ und schicken sie, um den Schein einer anständigen Familie zu wahren, ins entfernte England zu Theresas Tante. Dort bringt Theresa ihren Sohn Sebastian zur Welt. Als der Junge zwei Jahre alt ist, kehrt Theresa heim zu ihrer Familie und lässt ihren Sohn zurück. Kurze Zeit später lernt sie ihren zukünftigen Ehemann Holger kennen, dem gegenüber sie aber ihr uneheliches Kind verschweigt. Von ihren Eltern erfährt Theresa in dieser Zeit, dass die Familie kurz vor dem finanziellen Ruin steht. Die Eltern wissen, dass Holgers Vater ein sehr geachteter Bauunternehmer ist und drängen ihre Tochter zu einer Hochzeit, da sie hoffen, dem zukünftigen Schwiegervater einige ihrer Ländereien verkaufen zu können. Um die Heirat nicht zu gefährden, bestehen Theresas Eltern darauf, dass ihre Tochter Holger auch weiterhin nichts von ihrem Sohn in England erzählt. Dem Druck der Eltern nicht gewachsen, willigt Theresa schließlich ein. Die Ehe entwickelt sich als eine sehr harmonische und von Liebe geprägte Partnerschaft. Doch immer wieder plagen Theresa Gewissensbisse. Regelmäßig im Jahr fliegt Theresa nach London, um ihren Sohn zu besuchen. Bei einem ihrer Besuche macht Theresas Tante Sophia ihr den Vorschlag, Sebastian zu adoptieren, so dass künftig niemand Verdacht ob der regelmäßigen Besuche schöpft. Des Weiteren setzt Sophia den kleinen Jungen als Alleinerben ihres Vermögens ein. Allerdings hatte Sophia nicht bedacht, dass sie dadurch den Zorn ihres guten Freundes Jörn, der sich noch immer als Lebenspartner Sophias betrachtet, auf die Familie ziehen würde.
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Seitenzahl: 256
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Für meine verstorbene Schwester Marlies.
Sie hat immer an mich geglaubt undmich darin bestärkt, zu schreiben.Auf diesem Weg möchte ich ihr
Danke sagen.
Anne Schröter
© 2016 Anne Schröter
Lektorat, korrektorat: Susanne Hebel
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-7345-4525-2
Hardcover:
978-3-7345-4526-9
e-Book:
978-3-7345-4527-6
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Der kalte Herbstwind weht die ersten Blätter von den Bäumen und die Sonnenstrahlen lassen das Herbstlaub in den schönsten Farben erscheinen. Fröhlich tanzen die roten, grünen und gelben Blätter in den Baumkronen mit dem Wind hin und her. Ein angenehmer Geruch von Laub und Moos liegt in der Luft. Theresa atmet tief durch und wischt sich die letzten Tränen aus den Augen. Sie fröstelt. Deshalb zieht sie den Reißverschluss ihrer etwas zu großen Jacke zu. Sicherlich hat sie in der Eile wieder die Jacke ihres Mannes Holger erwischt. Aber das macht ja nichts, ganz im Gegenteil. Da kann ich mich so richtig schön einmuckeln, dachte sie. Gut, dass Holger sie beim letzten Mal hier vergessen hat. Der Wind hier zwischen den Feldern ist doch schon ganz schön kalt. Ihre langen blonden Haare hatten sich schon teilweise aus der Spange gelöst und ihr Gesicht war kaum noch zu erkennen. Dieser Spaziergang am Rande des Waldes mit dem Blick über die Weite der Felder und Wiesen war jetzt genau das Richtige. Das Gut ihrer Eltern lag in der Nähe von Bredenbeck. Nicht ganz so groß wie man es von herrschaftlichen Gütern gewohnt war, dennoch konnte es sich sehen lassen. Ihr Vater Axel von Dahlhaus erzählte immer ganz stolz, dass sogar seine Ururgroßeltern bereits auf diesem Gut gelebt haben. Soweit Theresa sich erinnern konnte, erwähnte ihr Vater einmal, dass es so etwa im 18. Jahrhundert erbaut wurde. Theresa liebte dieses Landleben, sie hätte sich nicht vorstellen können, woanders beheimatet zu sein. Sie brauchte die Wiesen und Felder, den Wald und das Vogelgezwitscher. Klar war es auch mal schön in die Stadt zu fahren und einfach mal einkaufen zu gehen. Aber dort zu leben? Nein, das konnte sie sich nicht vorstellen. Hier war ihre Heimat und ihr Zuhause! Wehmütig dachte sie zurück an ihre unbeschwerte Kindheit. Ach, könnte man die Zeit doch noch einmal zurückdrehen. Heute würde sie sich ganz anders entscheiden. Aber jetzt war es zu spät! Wie soll es nur weitergehen? Egal wie …, ich muss eine Lösung finden! Ja, ich habe vieles falsch gemacht! Wenn ich ehrlich bin, war ich sogar froh, dass meine Eltern mir diese Entscheidung abgenommen haben. Ich habe das getan, was meine Eltern für richtig hielten.
Theresa ließ ihr bisheriges Leben noch einmal Revue passieren! Wehmütig blickte sie zum Himmel und sah die dicken grauen Wolken, die langsam vorüberzogen. Die passen genau zu meiner Stimmung, dachte sie. „Genauso düster, sieht es gerade in mir aus!“
Die eben geführte Auseinandersetzung mit den Eltern machte die Sache auch nicht leichter. Ganz im Gegenteil. Sie musste erst einmal einen klaren Kopf bekommen. Der plötzliche Tod von Tante Sophia hatte sie völlig aus der Bahn geworfen!
Theresa ahnte schon immer, dass dieser Tag einmal kommen würde, an dem ihr großes Geheimnis auffliegt. Sie quälte sich mit Selbstvorwürfen! Ja, es war ein Fehler, mit solch einer Lüge in die Ehe zu gehen.
Sie hätte ihrem Mann Holger damals alles sagen müssen. Es war sein gutes Recht, die Wahrheit zu erfahren! Wie konnte sie sich bloß auf so etwas einlassen? Selbst wenn Holger sie nicht geheiratet hätte. Dieses Risiko hätte sie einfach eingehen müssen. Ihre große Jugendsünde verfolgte sie Tag und Nacht.
Es war auf einem Rockkonzert, das sie und Helen im Frühjahr besuchten. Helen und Theresa waren damals total begeistert. Ja, sie schwärmten von der Gruppe „Backstage“. Sie sammelten alle Fotos und Plakate. Die meisten Mädchen schwärmten natürlich für Roy. Er spielte so gut Gitarre und war einfach der Star der Band. Theresa machte da keine Ausnahme. Auch sie war hin- und hergerissen, wenn sie ihn sah. Diese wunderschönen dunklen Augen mit den langen dichten Wimpern hatten es ihr angetan. Dazu die dunklen Haare mit Gel gestylt, die schöne Bräune in seinem Gesicht. Ach, er sah einfach traumhaft aus! Meistens trug Roy knallenge Jeans und Cowboystiefel. Ab und zu bei größeren Konzerten änderte er gerne sein Outfit, indem er seine Jeans mit einer engen schwarzen Lederhose und einer schwarzen Weste tauschte. Doch sein absolutes Markenzeichen trug er immer. Es war eine Kette mit einem Kreuz aus Strasssteinen. Theresa war damals gerade mal zwanzig, was war sie doch naiv und unerfahren. Sie himmelte Roy förmlich an, wie alle anderen Mädchen auch. Als er ausgerechnet sie nach dem Konzert ansprach, verschlug es ihr fast die Sprache. Theresa hatte damals das Gefühl, unter Hypnose zu stehen. Unter all den Mädchen sei gerade sie ihm aufgefallen. Nach einer kurzen Unterhaltung, die sie mit ihm führte, erkläre Roy ihr, dass er im Hotel seine neuesten CDs habe. Gerne würde er ihr einige davon schenken. Deshalb lud er sie ein, in seiner Hotelbar einen Cocktail mit ihr zu trinken. Helen beneidete sie und riet ihr: „Die Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder! Sei nicht dumm! Ich gehe inzwischen mit den anderen in die Disco nebenan. Dort warte ich auf dich!“ Theresa willigte ein und begleitete Roy in die Hotelbar. Roy nutzte ihre Unerfahrenheit natürlich aus. An der Hotelbar bestellte er erst einmal Champagner. Theresa fühlte sich geschmeichelt, er verstand es, ihr die schönsten Komplimente zu machen. Nach einigen Gläsern schwebte Theresa im siebten Himmel. Sie glaubte ihm jedes Wort und somit hatte Roy ein leichtes Spiel. Theresa unterschätzte die Wirkung des Alkohols und ließ sich von Roy verführen. Viel zu spät bemerkte Theresa, dass es für ihn nur ein Spaß war.
Später in der Disco fiel sie aus allen Wolken als sie sah, wie Roy ein sehr attraktives Mädchen mit langen schwarzen Haaren leidenschaftlich küsste. Wie versteinert stand sie da. Einer der Bandmitglieder erklärte ihr dann sehr zynisch: „Das ist Sabrina, Roys große Liebe, sie sind seit drei Jahren zusammen! Er kommt nicht von ihr los." Schmunzelnd fügte er hinzu: „Aber trotzdem, ein bisschen Spaß nebenbei, da ist ja nichts gegen einzuwenden, oder?" Dieses hämische Grinsen in seinem Gesicht vergaß sie nie! Vor lauter Scham und den Tränen nahe, verließ Theresa so schnell wie möglich mit Helen die Disco. Helen wäre gern noch geblieben. Doch sie hätte zu gern gewusst was mit Theresa auf einmal los war. Warum Theresa es plötzlich so eilig hatte? Sie war total aufgebracht und wollte nicht darüber sprechen.
Im Nachhinein wusste sie gar nicht mehr, wie sie nach Hause gekommen war. Einige Tage später sprach Helen sie noch einmal auf das Thema an. Ziemlich aufgewühlt flehte Theresa ihre Freundin an: „Bitte Helen, versprich mir eines, erwähne diese Sache nie wieder! Ich möchte nie mehr daran erinnert werden! Versprochen? Schwör es mir, bitte bei unserer Freundschaft, dass du es nie wieder erwähnst!“ Helen sah sie mit großen Augen ganz erschrocken an. „Aber Theresa, was ist denn bloß passiert?“ Theresa schaute zu Boden und schwieg. Helen befürchtete einiges, sie wird doch wohl nicht …? Ist sie am Ende zu weit gegangen mit diesem Roy? Doch sie schwieg. Es wäre nicht auszudenken. Egal was auch geschehen war. Helen schwor ihr, bei ihrer Freundschaft, diese dumme Sache auf keinen Fall mehr zu erwähnen! Beide Mädchen versuchten, diese Geschichte zu verdrängen. Theresa selbst verschwand auch keinen Gedanken mehr daran, dass sich Roy je noch einmal bei ihr meldete. Nicht eine Träne weinte sie ihm nach, er war es einfach nicht wert. Diese bittere Erfahrung hatte sie schließlich gemacht. Er verschwand genauso schnell aus ihrem Leben wie er gekommen war.
Natürlich machten ihre Eltern ihr Vorwürfe, als sie bemerkten, dass sie schwanger war. Doch die größten Vorwürfe machte Theresa sich selbst. Wie sollte es nur weitergehen? Immerhin hatte sie gerade erst ihr Abitur gemacht! Nach ihrem Arztbesuch hatte sie Gewissheit und beriet sich mit ihrer Mutter. „Ma, ich bin so verzweifelt, ich weiß nicht, wie es weitergehen soll!“ „Ja, mein Kind, auch ich bin völlig ratlos. Du musst dir darüber im Klaren sein, mit einem Kind verbaust du dir dein ganzes zukünftiges Leben. Ein Kind großzuziehen bedeutet Verantwortung zu übernehmen! Und was wird mit deiner Ausbildung?“ Katharina von Dahlhaus war eine kluge Frau. Ihr war längst klargeworden, mit weiteren Vorwürfen konnte sie ihrer Tochter nicht helfen.
Vielmehr musste eine Lösung gefunden werden. „Ich meine nur, heutzutage muss so etwas doch gar nicht mehr sein.“ „Was meinst du damit, Ma?“ Katharina haderte mit sich selber bevor sie es aussprach. „Was hältst du von einem Schwangerschaftsabbruch?“ „Nein, Ma! Darüber brauchen wir uns gar nicht erst zu unterhalten, das kommt für mich nicht infrage!“ „Egal wie du dich entscheidest, mein Kind, es wird nicht leicht für dich sein. Schau mal, du hast zwar dein Abitur, aber noch keinen Beruf. Papa und ich wollen doch nur dein Bestes. Ganz davon zu schweigen wie die Leute reden werden. Gerade hier bei uns im Ort. Du weißt, als Gemeindevertreter genießt Vater einen guten Ruf. Er ist in solchen Dingen besonders altmodisch. Ich kann nur versuchen, es ihm so schonend wie möglich beizubringen. Das Donnerwetter höre ich jetzt schon!" „Wann willst du es ihm denn sagen?“ „Es wäre nicht klug, wenn ich ihn jetzt störe. Er sitzt gerade in der Wohnstube und schaut sich das Springreiten an. Gleich wenn die Sendung zu Ende ist, gehe ich zu ihm!“ Theresa befand sich gerade in der Küche, als sie hörte wie ihre Eltern sich lautstark stritten. Nach einer Weile rief der Vater sie fast zornig zu sich. Katharina von Dahlhaus konnte ihr die Vorwürfe, die er ihr machte nicht ersparen. „Hast du denn keinen Funken Anstand im Leib? Wie konntest du uns so etwas antun? Eine von Dahlhaus lässt sich nicht einfach von einem Dahergelaufenen wie eine Magd schwängern! Die Kollegen im Gemeinderat werden sich die Mäuler über uns zerreißen. Die Forstverwaltung, der Getreidehändler, im Kirchenchor – überall werden sie über uns reden.“ So wütend hatte Theresa ihren Vater noch nie erlebt! Er schrie sie förmlich an als er fragte: „Weiß schon jemand davon?“ Kleinlaut und weinend erklärte sie: „Nein.“ „Dann soll es auch vorläufig so bleiben! Was ist mit dem Vater des Kindes?“ „Er weiß es nicht, er wird es auch nie erfahren!“ Schluchzend fügte sie hinzu: „Ich will ihn nie wiedersehen!“ Obwohl Axel von Dahlhaus sehr verärgert war, dachte er darüber nach, wie er den guten Ruf seiner Familie und den seiner Tochter retten konnte.
Diese dumme Geschichte raubte auch ihm den Schlaf. Seine Theresa war doch sonst so ein vernünftiges Mädchen, wie konnte so etwas nur passieren? Nach einigen Tagen kam er zu dem Entschluss, die ganze Grübelei nutzte jetzt auch nichts mehr. Es änderte ja nichts. Früher schickte man solche Mädchen aus besseren Kreisen weit fort. Aber in der heutigen Zeit? Die Leute … so wichtig waren die auch wieder nicht! Sie würden sich schon daran gewöhnen und irgendwann wächst Gras über die Sache. Sie einfach fortschicken? Nein, das kommt nicht infrage. Axel überlegte, dann machte er ja fast den gleichen Fehler wie seine Eltern damals! Das könnte er sich niemals verzeihen! Axel kam zu der Erkenntnis, sollen doch die Leute reden was sie wollen. Unsere Tochter ist mir wichtiger als mein guter Ruf!
Am Abend saß die Familie in der Wohnstube, um sich zu beraten. Weinend erklärte Theresa: „Ich habe eine große Bitte an euch, ihr müsst mir helfen. Ich möchte auf keinen Fall hierbleiben! Helen darf nie etwas davon erfahren! Sie wüsste dann sofort Bescheid! Das wäre das Schlimmste, was mir passieren könnte! Ich kenne Helen nur zu gut, wenn sie einmal redet, hört sie so schnell nicht wieder auf. Ein Versprecher im falschen Augenblick und schon ist es passiert. Ich traue ihr nicht zu, so etwas mit Absicht zu machen. Schließlich ist sie ja nicht dumm!" Nachdenklich sah Axel seine Tochter an. „Wie stellst du dir das vor? So einfach ist das nicht! Du kannst doch nicht so ganz allein irgendwo in die Fremde ziehen. Nein, nein das geht nicht! Schlag dir das aus dem Kopf. Axel wischte sich angespannt und nachdenklich durchs Gesicht. Blitzartig kam ihm ein Gedanke, der ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Er ging ohne ein Wort zu sagen, in sein Büro und führte ein längeres Telefonat. Theresa und Katharina warteten gespannt bis er zurückkam. Bei seiner Rückkehr machte er ein ernstes und nachdenkliches Gesicht. Es dauerte eine Weile bis er das Wort ergriff!
Vorsichtig und mit Bedacht machte er einen Vorschlag. „Wie wäre es denn mit London? Ich habe gerade mit meiner Schwester Sophia telefoniert. Du kannst dich bestimmt noch an sie erinnern?“ „Ja, ich erinnere mich noch gut, sie war doch vor ein paar Jahren hier. Ich mochte sie auf Anhieb. War das nicht so, dass sie kaum Kontakt zur Familie hatte?“ „Ja, du kennst die Geschichte. Jedenfalls habe ich ihr die ganze Situation erklärt, sie würde sich freuen, wenn du dich dazu entschließen könntest, zu ihr zu kommen. Bei Sophia wärst du in guten Händen. Und wir wüssten wenigstens wo du bist. Mutter wäre sicherlich auch beruhigt und könnte dich besuchen kommen. Theresa sah ihn erstaunt an. „Vater, ist das dein Ernst?“ Peinlich berührt sah er jetzt Theresa an. „Du hast vollkommen recht, das ist keine gute Idee! Versteh mich bitte nicht falsch, selbstverständlich kannst du hierbleiben." „Aber Vater, ganz im Gegenteil, das ist ja großartig! So wird Helen nie erfahren, dass ich schwanger bin! Ach, Vater, lass dich umarmen. Mama, was sagst du dazu? Ist das nicht prima?“ Voller Wehmut und unter Tränen brachte sie hervor „Ja, Theresa, dein Vater hat recht, es wird wohl vorläufig das Beste für dich sein!“ „Sieh mal“, überlegte Axel laut „du könntest dort in aller Ruhe das Kind bekommen, dann sehen wir weiter. Es liegt natürlich an dir, wie es weitergehen soll. Ich habe Sophia so verstanden, wenn du willst könntest du dort auch eine Ausbildung machen, wie es sich für ein anständiges Mädchen gehört. Sagen wir mal, du bleibst knapp drei Jahre. Dann kommst du zurück und hast einen vernünftigen Beruf. Jedenfalls bist du in der Lage, dein Kind zu ernähren. Soviel ich weiß, geht Frau Reiners, die Sekretärin aus der Gemeindeverwaltung, in drei Jahren in Rente. Und wenn du dich ein wenig anstrengst, kannst du vielleicht ihre Stelle übernehmen. Was hältst du davon?“ Theresas sorgenvolles Gesicht erhellte sich zu einem Lächeln.
Theresa traute sich in der nächsten Zeit kaum noch aus dem Haus. Immer war ihr übel und laufend musste sie sich übergeben. Beim letzten Treffen mit Helen in dem Bistro konnte sie sich gerade noch bremsen. Immerhin wollte sie sich doch von ihrer besten Freundin verabschieden. Schließlich musste sie Helen irgendwie glaubhaft erklären, dass sie zum Studieren nach London geht. Glücklicherweise klingelte gerade Helens Handy, es war so laut in dem Bistro, dass Helen hinausging, um in Ruhe zu telefonieren. Wenn Theresa diese Gelegenheit nicht genutzt hätte, zur Toilette zu laufen, wäre es zu spät gewesen! Später entschuldigte sich Helen bei Theresa, da ihr Telefonat etwas länger dauerte. Sie konnte ja nicht ahnen, dass dieser dumme Zufall Theresa gerade recht kam, um sie vor unangenehmen Fragen zu schützen. Schnell wurde Theresa aber klar, so ganz überzeugt von ihren Argumenten nach London zu gehen, war Helen nicht. Bildete sie es sich nur ein, oder betrachtete Helen sie etwas kritisch? Ganz unerwartet stellte Helen mit hochgezogenen Brauen die Frage: „Oder gibt es noch einen anderen Grund, warum du so plötzlich weggehst?“ Theresa erschrak und lief rot an. Sie brauchte einen Moment, um sich zu fangen. Lachend schüttelte sie ihren Kopf. „Also Helen, ich weiß nicht was du meinst. Musst du immer irgendwelche Hintergedanken haben? Also pass auf, Vaters Schwester, Tante Sophia, ist doch damals durchgebrannt, mit irgendeinem Künstler. Ich glaube, er war Maler! Es war wohl die ganz große Liebe! Die Familie zeigte damals kein Verständnis dafür und wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben. Sie brachen den Kontakt zu ihr vollkommen ab. Irgendwann haben sich die beiden Liebenden aber getrennt und Tante Sophia war ganz allein auf sich gestellt. Sie muss wohl sehr schwere Zeiten durchgemacht haben. Trotz allem hat sie es geschafft! Heute ist sie selbst eine bedeutende Künstlerin, sie stellt glaube ich Skulpturen her. Nach dem Tod meiner Großeltern wurde das Verhältnis zu meinem Vater etwas besser. Sie hat uns auch ab und zu besucht. Zurzeit liegt sie im Krankenhaus und mein Vater macht sich große Vorwürfe.“ „Das kann ich verstehen, was hat sie denn?“ Soviel ich weiß, etwas mit dem Herzen!“ „Hat er sie dort drüben denn nie besucht?“ „Nein, nie! Anscheinend hat sie ein großes Haus und lebt dort ganz alleine. So ein Angebot hättest du sicher auch nicht abgelehnt, oder? Endlich komm ich mal hier raus. In unserem Kaff ist eh nicht viel los." Ganz mutig fügte sie noch hinzu, um all ihre Zweifel zu zerstören: „Was hältst du davon, wenn du mich begleitest? Das wäre doch prima?“ Theresa wusste nur zu gut, Helens Eltern würden das nie erlauben! Helens Gesicht erhellte sich. „Oh, das wäre super!“ Doch ihr pausbäckiger blonder Lockenkopf neigte sich kurz darauf sofort zu Boden. „Du kennst doch meine Eltern, die würden das niemals erlauben! Außerdem wäre das viel zu teuer!“ „Ach quatsch, wohnen könntest du doch bei uns! Beim Abschied versprach Helen mit ihren Eltern zu reden, in der Hoffnung sie könnte sie überzeugen!“ Theresa war sich sicher, somit waren Helens Zweifel ihrer Freundin gegenüber beseitigt! Einige Tage später rief Helen ganz enttäuscht bei Theresa an. Nicht anders als erwartet erklärte sie ihr: „Ich bin total sauer, meine Eltern sind strikt dagegen! Theresa, ich beneide dich, ich wünsche dir eine schöne Zeit und schreib mir mal, wie es dir gefällt. Vielleicht darf ich dich ja einmal besuchen?“ Theresa tröstete ihre Freundin, aber was den Besuch anging, da kamen ihr doch einige Bedenken. Das musste sie irgendwie verhindern!
Theresa sah ein, je schneller sie von der Bildfläche verschwand, umso besser.
Bei Sophia war sie am besten aufgehoben. Mit dieser Lösung war sie mehr als einverstanden. Dort kannte sie keiner und niemand würde ihr unangenehme Fragen stellen. Außerdem hatte sie schon immer einmal vor, Tante Sophia zu besuchen. Ihr Vater hoffte natürlich heimlich, Theresa würde irgendwann zur Vernunft kommen und dieses Kind zur Adoption freigeben. Schließlich stand zu viel auf dem Spiel. Vorläufig vermied er es, mit ihr über dieses Thema zu sprechen.
Nachdem Theresa selbst noch einmal mit Sophia telefoniert hatte, erhellte sich ihre Stimmung von Tag zu Tag. Eilig traf sie alle Vorbereitungen, um so schnell wie möglich nach London zu fliegen. Sophia bestätigte ihr nämlich, dass sie überhaupt kein Problem damit habe, sie aufzunehmen. „Ganz im Gegenteil, mein Liebes, ich kann es kaum abwarten bis du da bist! Du wirst dich bei mir schon wohl fühlen, das verspreche ich dir! Vor allen Dingen kommst du mal wieder auf andere Gedanken. Komm bald und überleg nicht mehr so lange!“
Sophia hingegen konnte sich noch allzu gut an ihre eigene Jugend erinnern. Was war sie doch naiv, einfach bei Nacht und Nebel von zu Hause durchzubrennen. Dass ihre Eltern sie nur beschützen wollten und sich Sorgen um sie machten, wollte sie damals nicht einsehen.
Viel zu spät erkannte sie, dass es der falsche Weg war, den sie eingeschlagen hatte. Ihre Eltern konnten es ihr nie verzeihen! Wenn sie damals ihren Bruder nicht gehabt hätte, was wäre wohl dann aus ihr geworden? Jetzt hatte sie die Möglichkeit, ihrem Bruder etwas zurückzugeben. Zumal sie ja keine eigenen Kinder besaß. Und Theresa, ihre einzige Nichte, war ihr von jeher ans Herz gewachsen. Manchmal, so glaubte sie, sich in ihr wiederzuerkennen. Sophia war bereit alles daranzusetzen, um Theresa ein ähnlich schweres Schicksal zu ersparen.
Am Abend vor ihrem Abflug telefonierte Theresa noch einmal mit Sophia. Sophia versprach, sie am Flughafen abzuholen. „Ich kann es kaum erwarten bis du da bist! Alles ist schon für dich vorbereitet. Du wirst staunen, ich hoffe es gefällt dir auch, so wie ich es hergerichtet habe.“ Theresa war überglücklich als sie auflegte. Wusste sie doch jetzt, dass sie herzlich willkommen war! Am nächsten Morgen umarmten Axel und Katharina ihre Tochter beim Abschied sehr innig. Es fiel ihnen nicht leicht, sie gehen zu lassen. Noch sah man ihr die Schwangerschaft nicht an. Für einen Moment dachte Axel kurz darüber nach, wie schnell doch die Zeit vergangen war. Aus seinem kleinen Mädchen ist nun eine junge Frau geworden. Für ihn schien es unvorstellbar, dass sie bald Mutter werden sollte. Später, nachdem das Taxi abgefahren war, ging er traurig mit seiner Frau Hand in Hand ins Haus zurück. Katharina flüsterte mit Tränen erstickter Stimme leise vor sich hin: „Unsere kleine Theresa, wer hätte das gedacht.“ „Ja, sie wird uns fehlen! Aber es ist besser so. Du wirst schon sehen!“
Bei Theresas Ankunft umarmte Sophia ihre Nichte ganz herzlich. „Ich bin ja so glücklich, dass du endlich da bist.“ „Tante Sophia, du glaubst nicht wie froh ich bin, dass ich bei dir sein darf. Mute ich dir auch nicht zu viel zu?“ „Ach, mach dir doch darüber keine Gedanken, ganz im Gegenteil, ich freu mich doch, dass endlich Leben ins Haus kommt.“ „Und das mit dem Baby?“ Sophia antwortete lachend: „Das kriegen wir schon hin. Du bist nicht das erste Mädchen, dem so etwas widerfährt. Jetzt bist du erst einmal bei mir! Nur das Wort „Tante“, das lässt du schön bleiben, von nun an bin ich für dich Sophia!“ Freudig stimmte Theresa in ihr Lachen ein.
Zum ersten Mal konnte Theresa wieder tief durchatmen und brauchte sich nicht zu verstecken. Sophias Haus lag außerhalb der Stadt. Eine Art Patrizia-Villa mit einem wunderschönen Garten. Seitlich am Haus befand sich Sophias Werkstatt, in der sie ihre Skulpturen fertigte. Vor der Haustür standen jeweils auf einem kleinen Podest zwei kleine sitzende pausbäckige Engel aus Stein, die Sophia natürlich selbst entworfen hatte. Theresa konnte sich kaum vorstellen, dass Sophia in der Lage war, solch schöne Skulpturen anzufertigen. Diese kleine etwas drahtige Person konnte anscheinend richtig zupacken. Mit ihren rotblonden kurzen Haaren sah sie sogar nahezu burschikos aus. Sophia machte nicht den Eindruck einer Lady, nein, sie war eher der sportliche Typ. Genauso kleidete sie sich auch. Theresas Augen wurden immer größer: „Sophia, was ist das schön hier! Der Garten sieht fast so aus wie bei uns zu Hause. Vater hat mir vor langer Zeit mal Bilder von deinem Haus gezeigt. Aber so schön hätte ich es mir nicht vorgestellt! Darf ich mir erst einmal den Garten genauer ansehen?“ „Aber ja, ich bringe inzwischen dein Gepäck ins Haus!“ Hinter dem Haus auf der großen Wiese befand sich ein Springbrunnen mit einer Skulptur aus Marmor. Sie zeigte ein Mädchen mit langem Haar, das kniend ihre Hände zum Wasser streckte, um es aufzufangen. Theresa war beeindruckt von diesem lieblichen Gesicht des Mädchens. Es wirkte irgendwie traurig und melancholisch. Wenn man davorstand und dem plätschernden Wasser lauschte, kam man so richtig ins Träumen. Um den Brunnen herum lagen weiße Kieselsteine, eine kleine, halbrunde Bank lud zum Verweilen ein. Die großen, rund geformten Buchsbäume, die im Halbkreis standen, vollendeten dieses Bild.
Am Zaun entlang standen große Rhododendronbüsche in den schönsten Farben. Als Theresa den Duft dieser Blüten wahrnahm, dachte sie an zu Hause. Der parkähnliche Garten ihrer Eltern war voll damit, überall wo man hinsah standen Rhododendronbüsche. Sophia kam in den Garten und lächelte vielsagend, als sie bemerkte, wo Theresa hinschaute. „Das ist meine Erinnerung an Zuhause. Immer wenn mich das Heimweh überkommt, sehe ich mir meine Rhododendren an. Sie sind ein Stück Heimat für mich!“ „Sag mal, Sophia, diese Skulptur da drüben am Brunnen, hast du die auch selbst angefertigt? Die ist ja wunderschön! Ich stelle mir das sehr schwer vor?“ „Ja, das ist es auch. Man gewöhnt sich daran, es macht mir viel Spaß. Schau, ich mache die Entwürfe und dann bespreche ich das mit Justus. Er ist einer meiner Steinmetze. Und dann legen wir los!" Lachend fügte sie hinzu: „Du wirst noch genug Gelegenheiten haben, uns bei der Arbeit zuzusehen. Aber nun komm ins Haus, der Tee ist schon fertig! Außerdem musst du dir erst einmal deine Räumlichkeiten ansehen, ich hoffe sie gefallen dir!“
Sophia hatte für Theresa die oberste linke Etage freigemacht. Theresa traute ihren Augen nicht, denn auf dieser Seite befand sich eine kleine komplett abgeschlossene Wohnung. Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer, eine kleine Küche und ein Bad. Das Kinderzimmer hatte sogar einen Sternenhimmel. Alles war so liebevoll eingerichtet, selbst das Kinderbettchen und der Wickeltisch standen schon bereit. Und überall im Zimmer befanden sich niedliche Plüschtiere. „Ich hoffe ich habe das Kinderzimmer nach deinem Geschmack eingerichtet?“ „Ach, Sophia, ich danke dir! Ich hätte es nicht schöner einrichten können.“ Mit einem strahlenden Lächeln erklärte Sophia, „Und hier hast du dein eigenes Reich! Du kannst dich jederzeit zurückziehen, wenn du deine Ruhe haben willst.“ Vor lauter Freude und Dankbarkeit schloss Theresa Sophia spontan in ihre Arme. Plötzlich brach all der Kummer aus ihr heraus und sie weinte vor Glück. „Sophia, ich hätte nie gedacht, dass ich und mein ungeborenes Kind so willkommen bei dir sind. Ich danke dir. Das werde ich dir nie vergessen!“ „Papperlapapp", erwiderte Sophia, „ich sagte doch schon, es hat mir einen Heidenspaß gemacht! Es wurde auch mal Zeit, dass richtig Leben ins Haus kommt!“
Nach einem vorzüglichen Abendessen begaben sich Sophia und Theresa ins Wohnzimmer. Obwohl der Raum nicht gerade klein war, wirkte er durch die geschmackvolle Einrichtung sehr behaglich. Unter den Fenstern gab es überall gemütliche Sitzbänke. Geschmackvoll mit den typisch englischen Rosenstoffen bezogen. Vor dem Kamin standen zwei große Ohrensessel aus grünem Leder. Dazwischen stand ein kleiner Tisch mit einer ebenso stilvollen englischen Lampe. Die antiken Möbel in dem Raum wirkten sehr geschmackvoll. In der Ecke neben dem Fenster stand ein Sekretär mit passendem Stuhl. Dieses schöne Stück gefiel Theresa am besten. „Oh, Sophia, was ist der schön, wo hast du ihn her?“ „Du wirst es kaum glauben, diese Möbel habe ich aus dem Nachlass einer sogenannten Adelsfamilie erworben.“ Theresa nahm inzwischen auf der bequemen Couch Platz. Sie genoss die heiße Schokolade, die Sophia ihr zubereitet hatte.
Sophia nahm sich ein Glas Wein, setzte sich in ihren gemütlichen Sessel und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Etwas wehmütig kamen all ihre Erinnerungen wieder hoch.
Und sie erzählte Theresa aus ihrer Jugend. „Ach, was war ich doch damals verliebt. Gegen den Willen meiner Eltern bin ich heimlich von zu Hause durchgebrannt.“ Sophia gestand ihr, dass sie sich damals bis über beide Ohren in einen Künstler verliebt hatte. Er war Maler und wollte hoch hinaus. „Meine Eltern waren natürlich dagegen und drohten mit allem Möglichen! Ja, sogar ins Kloster wollten sie mich stecken. Dann stellte ich fest, dass ich schwanger war. Da geriet ich in Panik! Meine damalige große Liebe, Jörn Heimann, war ganz aus dem Häuschen vor Freude. Er strahlte mich an und sagte: „Was soll‘s? Hab keine Angst, mein Schatz, ich freu mich auf unser Kind! Wir schaffen das schon. Mach dir keine Sorgen, du musst mir nur vertrauen. Von nun an, gibt es nur noch uns beide. Wir sollten nach London gehen, dort kenne ich mich ganz gut aus. Da habe ich Freunde! Ich kann dort sicher ein kleines Atelier mieten und arbeiten. Nur du und ich! Was hältst du davon? Wir brennen einfach durch!" Sophia war mit allem einverstanden, was Jörn ihr vorschlug. Sie erinnerte sich noch genau, sie glaubte nur zu gerne alles was er ihr sagte. Ach, was war sie doch damals jung und naiv. In gutem Glauben schlich sie sich bei Nacht und Nebel mit all ihren Ersparnissen und ihren Papieren aus dem Haus. Jörn hatte angeblich Freunde in London, also flogen sie dort hin. „In London haben wir dann heimlich geheiratet. Vorläufig kamen wir erst einmal in einer Wohngemeinschaft unter, doch es war die reinste Katastrophe. Das Geld wurde immer weniger. Jörn verkaufte nicht ein einziges seiner Bilder und sprach immer mehr dem Alkohol zu. Es war zum Verzweifeln. Ständig kam es zu Streitereien, der Einfluss seiner Freunde trug dazu bei. Sophia berichtete, sie ließ sich nicht erschüttern, sie liebte Jörn und konnte ihm nicht böse sein. „Jörn lebte schließlich in einer ganz anderen Welt. Er war ein Künstler und machte sich weniger Gedanken über den Ernst des Lebens. Seine Welt bestand aus Farben und Formen. „Nur seine Kunst war ihm wichtig. Manchmal zweifelte er an sich selbst und war niedergeschlagen." Sophia blickte nachdenklich drein und schüttelte den Kopf als sie erklärte: „Mit seinen halblangen blonden Haaren, die er ab und zu zusammenband, wirkte er ein wenig hippiemäßig. Trotz allem sah er gut aus. Wer ihn nicht kannte glaubte im ersten Augenblick er sei Lehrer oder Psychiater. Jörn besaß eine gewisse Gabe, er vermittelte jedem das Gefühl etwas Besonderes zu sein. Du hättest ihn mal sehen sollen. Doch die Frauen liebten ihn. Er läuft ja heute noch so rum!“
Theresa hörte gespannt und aufmerksam zu.
„Erzähl bitte weiter, Sophia!“ „Willst du das wirklich alles hören?“ „Aber ja, wie ging es weiter mit euch?“
Sophia lächelte so vor sich hin, als sie fortfuhr mit ihren Erinnerungen. „Sogar eifersüchtig war ich auf ihn. Jörn erregte nämlich bei einer Vernissage die Aufmerksamkeit einer attraktiven Dame aus der sogenannten besseren Gesellschaft.“ Schnell registrierte ich, dass es nicht nur seine Bilder waren, die sie interessierten. Es war in erster Linie Jörn. Er besaß gewissermaßen die Fähigkeit, in einer fröhlichen Runde alle für sich einzunehmen. Wenn er erzählte, wurde es ganz still. Jeder hörte ihm gern zu. Für viele war er der große Meister, also ein Vorbild. Mit seiner liebenswürdigen, einfühlsamen Art kam er bei allen gut an, besonders bei Frauen. Er war ein richtiger Lebenskünstler! Alle bewunderten ihn. Seine Bilder waren gut, davon war ich auch überzeugt.
Ihm fehlte nur noch der große Durchbruch! Er musste nur einmal richtig Erfolg haben. Von meinem letzten Geld mietete ich uns eine kleine Dachwohnung. Später suchte ich mir eine Putzstelle, damit wir uns über Wasser halten konnten. Eine ältere Dame brauchte eine Putzhilfe, ich glaube sie hatte Mitleid mit mir. Obwohl ich schwanger war, stellte sie mich ein. Ich versprach ihr, nach der Geburt des Kindes, auch weiterhin bei ihr zu putzen.
Dann geschah das Entsetzliche.