Gehirn-Power Wechseljahre - Louann Brizendine - E-Book

Gehirn-Power Wechseljahre E-Book

Louann Brizendine

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  • Herausgeber: Mosaik
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2023
Beschreibung

Willkommen in der besseren Hälfte Ihres Lebens!

Dr. Louann Brizendine, Autorin des Spiegel-Bestsellers Das weibliche Gehirn, erklärt, wie Frauen nach den Wechseljahren ihr volles Potenzial ausschöpfen. Ihre revolutionäre Botschaft: In dieser Lebensphase verändert sich das weibliche Gehirn zum Besseren – wenn man es zu nutzen weiß. Freuen Sie sich auf:

● neue Kraft,

● bestechender Klarheit,

● Zielstrebigkeit.

Mit wissenschaftlich fundierten Strategien und leicht umsetzbaren Tipps, um die hormonelle Umstellung gut zu überstehen, ist Gehirn-Power Wechseljahre ein Wegweiser zu ungeahnter Stärke und einem völlig neuen – radikal positiven – Verständnis des Älterwerdens.

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Seitenzahl: 542

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Buch

Willkommen in der besseren Hälfte Ihres Lebens! Dr. Louann Brizendine, Autorin des Spiegel-Bestsellers Das weibliche Gehirn, erklärt, wie Frauen nach den Wechseljahren ihr volles Potenzial ausschöpfen. Ihre revolutionäre Botschaft: In der Lebensphase, die gemeinhin als die Wechseljahre bezeichnet wird, verändert sich das weibliche Gehirn zum Besseren – mit neuer Kraft, bestechender Klarheit und besonderer Zielstrebigkeit –, wenn man es zu nutzen weiß. Mit Anleitungen, wie Sie gut durch Perimenopause und Menopause kommen, und leicht umsetzbaren, wissenschaftlich fundierten Tipps für die Gehirngesundheit ist Gehirn-Power Wechseljahre ein Wegweiser zu ungeahnter Stärke und einem völlig neuen – radikal positiven – Verständnis des Älterwerdens.

Autorin

Dr. Louann Brizendine studierte Neurobiologie an der University of California in Berkeley, schloss ihr medizinisches Studium an der Yale School of Medicine ab und machte ihre Facharztausbildung an der Harvard Medical School. Im Anschluss lehrte sie an der Harvard University sowie an der University of California in San Francisco. Sie ist Gründerin und Leiterin der Women’s Mood and Hormone Clinic der University of California in San Francisco (UCSF). Ihr Buch Das weibliche Gehirn. Warum Frauen anders sind als Männer wurde zu einem internationalen Bestseller.

Dr. Louann Brizendinemit Amy Hertz

Aus dem Amerikanischen

von Imke Brodersen

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel »The Upgrade« bei Harmony Book, einem Imprint von Random House, einer Division von Penguin Random House LLC, New York.

Alle Ratschläge in diesem Buch wurden von der Autorin und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autorin beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.

Ein Buch ist kein Ersatz für eine ärztliche Diagnose. Ehe Sie gesundheitlich relevante Entscheidungen treffen, sollten Sie stets Ihren Arzt oder Ihre Ärztin einbeziehen. Das gilt insbesondere beim Vorliegen einer Erkrankung oder behandlungsbedürftiger Symptome.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschütztenInhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 bUrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Deutsche Erstausgabe August 2023

Copyright © 2022 der Originalausgabe: Louann Brizendine, M.D.

Copyright © 2023 der deutschsprachigen Ausgabe: Mosaik Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: Sabine Kwauka

Redaktion: Martha Wilhelm

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

KW ∙ CB

ISBN 978-3-641-30758-5V001

www.mosaik-verlag.de

Für meine Mutter, Louise Ann Stocksdale BrizendineIn memoriam

Hören Sie nie auf, das Mosaik Ihres Lebens zu gestalten.Bleiben Sie bis zum letzten Steinchen dabei.

Inhalt

Einführung

Kapitel 1: Den Diskurs verändern

Kapitel 2: Die Crux der Weiblichkeit

Kapitel 3: Unterwegs zum Upgrade

Kapitel 4: Durch unbekanntes Terrain

Kapitel 5: Das Gehirn auf der Suche nach der neuen Realität

Kapitel 6: Selbstfürsorge aus neurowissenschaftlicher Sicht

Kapitel 7: Das Gehirn auf der Suche nach Verbundenheit

Kapitel 8: Upgrade für den Mami-Modus

Kapitel 9: Das Beziehungsgehirn

Kapitel 10: Eine neue Mitte finden

Kapitel 11: Was der Körper für die Psyche tun kann

Kapitel 12: Neuer Lebenssinn

Kapitel 13: Neuer Fokus

Kapitel 14: Langes oder gesundes Leben?

Kapitel 15: So viel Veränderung

Kapitel 16: Her mit dem Upgrade!

Anhang

Danksagung

Ausgewählte Quellen

Register

Einführung

Eigentlich hatte ich kein Buch mehr geplant. Doch als bei mir selbst die zweite Lebenshälfte anbrach und ich jene spezielle Unsichtbarkeit miterlebte, der Frauen ab einem gewissen Alter unterworfen sind, begann es, in mir zu brodeln. Ich registrierte, wie sich in dieser Phase neue Kraft, neue Klarheit und eine laserscharfe Zielstrebigkeit herausschälten, und da wusste ich, dass es an der Zeit war, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu sichten, die das beschrieben, was ich gerade erlebte. Denn es hatte keineswegs ein allmählicher Abbau eingesetzt: Ich war mit der vitalsten, selbstbewusstesten und weisesten Phase meines Lebens konfrontiert. Es gibt eine passende Bezeichnung für die zweite Lebenshälfte, nur nutzen wir sie noch nicht. Ich bezeichne sie als das Upgrade. Dieses Upgrade – früher als Menopause bekannt – ist die Lebensphase, in die wir eintreten, wenn wir den hormonellen Aufruhr überstanden haben und endlich wahrnehmen und akzeptieren können, wer wir sind, was wir wollen und wie wir leben wollen. Es ist eine wundervolle Zeit voller Freiheiten und Entdeckungen.

Während ich diesem Manuskript den letzten Schliff gab, legte die erste Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten ihren Amtseid ab. Im Kabinett des 46. Präsidenten sind viele Frauen vertreten, die meisten darunter ebenfalls in der zweiten Lebenshälfte. In mir stieg ein Gefühl der Hoffnung auf, das ich seit der Ablehnung des Equal Rights Amendment in den 1970ern und 1980ern begraben glaubte. Die Tür zu neuen Chancen auf eine produktive zweite Lebenshälfte schien sich einen Spaltbreit aufzutun, nicht nur für mich persönlich, sondern auch für uns alle.

Als Neuropsychiaterin habe ich mich auf den Einfluss der weiblichen Hormone auf das Gehirn – und damit auf Emotionen, Gedankengänge, Werte, Prioritäten und sogar die Wahrnehmung – spezialisiert und betrachte mich als medizinische und psychologische Kundschafterin für den Stamm der Frauen. Ich begebe mich mit Begeisterung auf Erkundungsgang, um neurowissenschaftliche und medizinische Studien auf nützliche Informationen zu durchforsten, mit denen ich anschließend anderen helfen kann, ihren eigenen Weg zu finden. Ich will verstehen, was bei Frauen körperlich abläuft und wie sich dadurch alles ändert – von der Grundstimmung bis hin zum Identitätsgefühl. Es mag naiv klingen, aber dieses Selbstverständnis nährt meine Motivation, Ihnen in diesem Buch zu schildern, wie es nun weitergeht.

Beim Upgrade geht es um den Weg zu Ihrem umfassendsten, tiefsten Selbst – das klingt jetzt ein wenig bombastisch, aber wenn nicht jetzt, wann dann? In der zweiten Hälfte meines Lebens will ich meine Fähigkeiten weiter ausbauen und meine Bereitschaft, dafür Verantwortung zu übernehmen, erhöhen. Ich will an meiner Begeisterungsfähigkeit, Geduld, Bescheidenheit, Hingabe und Entschlossenheit arbeiten, um aus diesem Übergang das Beste zu machen. Und ich will mein Gehirn und mein Selbstmitgefühl neu aufladen, während ich auf die Suche gehe: nach einer neuen Realität, neuen Verbindungen, einem neuen Gefühl für mein »Ich«. Ich wünsche mir eine neue Beziehung zu mir und anderen, und ich möchte mich wieder auf einen übergeordneten Zweck konzentrieren. Unter Anerkennung meiner gesundheitlichen Grenzen will ich gut auf Körper und Geist achten, um das Upgrade zu ermöglichen.

Dieses Buch greift Zweifel und Desinformation auf, damit Sie Ihre eigenen Antworten finden können. Es geht um die Lösung von inneren Konflikten in Bezug auf das Zusammenspiel von Emotionen, Hormonen, Biologie und Gehirn, aber auch um den Mut, all Ihre Eigenschaften zu untersuchen, über manche zu jubeln und an anderen zu arbeiten. Und es geht um die Erkenntnis, dass Sie auch in der zweiten Lebenshälfte eine Wahl haben.

So vieles von dem, was uns normal und natürlich erscheint, geht bei genauerem Hinsehen auf Hormone und Umwelteinflüsse zurück. Manches davon ist großartig und hilfreich, doch wir erhalten derart viele Signale bezüglich unserer angeblichen Irrelevanz in der zweiten Lebenshälfte, dass ich fand, es sei an der Zeit für einen Befreiungsschlag. Je mehr Sie über Neurochemikalien, Schaltkreise im Gehirn und die Neuronen im ganzen Körper wissen, desto größer ist Ihre Chance, alte Verhaltensmuster abzustreifen und sich ein neues Leben aufzubauen. Zugleich steigt damit die Chance, dass wir der nachfolgenden Generation die Hand reichen und auch ihnen helfen können.

Mir ist sehr bewusst, dass meine Erfahrungen und die Erfahrungen der Frauen, die mir in meinem Leben begegnet sind, von der Realität vieler anderer Frauen abweichen, die mit weitaus härteren Lebensbedingungen zu kämpfen haben, als ich es nachvollziehen kann, und trotz der schweren Bürde des systemischen Rassismus weiter im Alltag funktionieren. Viele Frauen in diesem Buch identifizieren sich als BIPOC (Black, Indigen und People of Color), und sie alle betrachten sich als cisgender, das heißt, sie können sich in der weiblichen Identität, die ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, wiederfinden. Insofern sind viele der geschilderten Erfahrungen mit den Wechseljahren und dem Upgrade universell. Aus Respekt vor dem individuellen Erleben habe ich mich entschieden, mich beim Schreiben auf mein eigenes Wissen und das Verständnis zu beschränken, das ich durch Gespräche mit meinen Patientinnen, Familienangehörigen und Freundinnen erworben habe. Daher kann ich derzeit nicht ausführlich darauf eingehen, was das Upgrade für trans Männer und Frauen bedeutet. Auf diesem Gebiet ist noch so viel unbekannt und untererforscht, dass meine Ausführungen mehr schaden als helfen könnten. Sofern jedoch etwas bekannt ist, wird es erwähnt. Das gilt ebenso für ethnische und kulturelle Unterschiede – was bekannt ist, greife ich auf. Dass das Gesundheitssystem von strukturellem Rassismus geprägt ist, ist eine Tatsache. Ich verspreche, dass ich tun werde, was ich kann, damit das Upgrade allen Frauen zugutekommt.

Uns alle eint der Wunsch, gesehen, gehört und wertgeschätzt zu werden, und genau das müssen wir einander und denen, die wir lieben, zukommen lassen. Ich habe aufgeschrieben, was ich weiß und was ich erlebt habe, die Hindernisse und die Triumphe des Upgrades. Da es bisher jedoch noch keine echten Meilensteine der weiblichen Entwicklung in der zweiten Lebenshälfte gibt, bedarf es einer kollektiven Anstrengung, sie festzulegen, damit wir alle unseren Weg leichter finden. Ich möchte auch von Ihren Kämpfen und Siegen hören. Vor allem aber möchte ich Sie wissen lassen, wie sehr ich Ihre Erfahrungen und Ihre Weisheit schätze.

Ich hoffe, dass einiges aus diesem Buch Ihnen Unterstützung, Wissen und den Mut vermitteln kann, die vielen Stolpersteine der zweiten Lebenshälfte zu bewältigen. Wir alle müssen da durch! Lassen Sie uns also das Gespräch über das Leben nach der fruchtbaren Phase führen, das uns offenbar niemand zugesteht.

Ein neuer Gesprächsansatz bedarf neuer Begrifflichkeiten

Ich schlage vor, die Bezeichnungen Menopause und Postmenopause durch neue Begriffe zu ersetzen, damit wir uns nicht mehr auf das M-Wort und das P-Wort stützen müssen, die sich buchstäblich auf das Ende der Fruchtbarkeit beziehen.

Der Einstieg in die Wechseljahre (Transition): die Entwicklungsphase im Leben einer Frau, in der Gehirn und Körper unbekanntes Terrain betreten, während die Regelkreise der reproduktiven Phase ihre Aufgaben einstellen. Klassisch wurde diese Phase als Perimenopause bezeichnet.

Wie in der Teenagerzeit geht es auch in den Wechseljahren um weit mehr als nur um Hormone. Die Hormonumstellung, die die Zeit der Fruchtbarkeit beendet, steht im Zentrum dieser Phase, umfasst aber nicht einmal annähernd die komplette Geschichte und repräsentiert nicht, wer wir sind. Im Rahmen der Wechseljahre laufen auch verschiedene psychologische Reifungsprozesse ab, in denen es unter anderem um Identität und zunehmende Authentizität geht. Dieser Übergang markiert eine Veränderung unserer Beziehungen und unserer gesellschaftlichen Rollen. In der Literatur zu den Phasen der menschlichen Entwicklung wird bisher nichts davon genauer behandelt.

Das Upgrade: die Weisheitsphase, in die wir eintreten, nachdem wir jahrzehntelang widerstreitenden Hormonen unterworfen waren. Der Übergang in die eindrücklichste Identitätsphase des Frauenlebens wurde bisher als Menopause und Postmenopause bezeichnet.

»Perimenopause« und »Menopause« sind begriffliche Fossilien, die von Männern in Pharmaunternehmen geprägt wurden. Solche Bezeichnungen entspringen nicht dem Interesse, Frauen zu helfen, die das Upgrade erreichen – bei dem es um explosionsartiges Wachstum und die Realisierung des eigenen Potenzials geht, das die gesamte Person umfasst. Stattdessen entstanden sie, als cisgender Männer sich damit befassten, wie jene Teile des weiblichen Körpers, mit denen sie gern interagieren (sprich: Brust und Vagina), prall und elastisch bleiben konnten. Da ich nicht der Ansicht bin, dass diese Begriffe das volle Ausmaß des Prozesses umfassen, lehne ich ihre Verwendung ab und werde sie abgesehen von dieser Erklärung in diesem Buch nicht nutzen. Sollten sie mir an irgendeiner Stelle dieses Buches dennoch durchgerutscht sein, machen Sie bitte ein Foto oder einen Screenshot von der entsprechenden Seite und kontaktieren Sie mich über Dr. Louann Brizendine (Facebook), @louannbrizendine auf Instagram oder @DrLouann auf Twitter, damit ich aktiv werden kann. Ich freue mich über jede Rückmeldung!

Hormontherapie (HT): Dieser Begriff ersetzt die ältere und weniger zutreffende Bezeichnung Hormonersatztherapie (HET). Wenn wir Hormone verwenden, ist dies kein Ersatz, sondern eine bewusste Ergänzung.

Die vier Phasen der beginnenden Wechseljahre (Transition)

Phase 1 (Prätransition): Diese Phase beginnt, wenn die Anzahl der reifungsfähigen Eier zurückgeht und weniger Follikel gebildet werden, was wiederum die Menge der jeden Monat erzeugten Sexualhormone beeinflusst. Vielleicht stellen Sie fest, dass Sie kurz vor der Periode etwas mehr Angst verspüren, dass das Abkühlen nach intensivem Training etwas länger dauert, dass Ihnen nachts wärmer wird oder Sie sogar schwitzen. Um die Periode herum können Schlafstörungen auftreten. Phase 1 beginnt im Durchschnitt Ende dreißig.

Phase 2 (frühe Transition): Die Schlafstörungen werden spürbarer. Mindestens einmal pro Woche wachen Sie nassgeschwitzt auf oder haben im Laufe der Nacht alle Decken weggeschubst. In Phase 2 bemerken Sie vielleicht gelegentlich irreguläre Blutungen – die Menstruation verläuft kürzer und schwächer oder aber einen bis zwei Tage lang etwas stärker. Es kann in der Zyklusmitte auch zu Durchbruch- oder Schmierblutungen kommen. Der Grund dafür sind zunehmend häufigere Zyklen ohne Eisprung, also ein ganz normaler Vorgang.

Phase 3 (mittlere Transition): Es kommt zu zwei bis drei verkürzten Zyklen pro Jahr, wodurch die durchschnittlich 28 Tage auf 27, 26 oder 25 Tage zurückgehen. In dieser Phase werden die Schlafstörungen häufiger (mehrmals pro Woche), und auch die Schweißausbrüche nehmen zu.

Phase 4 (späte Transition): Diese Phase ist durch Schlafstörungen, Hitzewallungen und drei bis zehn verkürzte Zyklen pro Jahr gekennzeichnet.

Die drei Stadien des Upgrades

Stadium 1 (frühes Upgrade): Zwölf Monate nach der letzten Periode beginnt das frühe Upgrade. Manche Frauen, die ihre Gebärmutter noch haben, entscheiden sich für eine Hormontherapie, die ihren natürlichen Zyklus nachahmt. In diesem Fall findet die Menstruation weiterhin statt. Viele andere empfinden eine Kombination aus Freude über das Entfallen der Periode und Schreck angesichts der körperlichen Veränderung.

Stadium 2 (mittleres Upgrade): In dieser Phase geht es darum, sich mit der neuen Realität anzufreunden, neue Lebenswege auszuloten, um den Drang nach einer Pause und um den verzweifelten Wunsch, dem unüberhörbaren Ruf nach mehr persönlicher Freiheit Folge zu leisten.

Stadium 3 (vollständiges Upgrade): In diesem Stadium verkörpern wir die Fülle des Lebens, umarmen das Auf und Ab, wenden uns erneut unserem Lebenssinn zu, sagen gekonnt und nachdrücklich die Wahrheit, engagieren uns als Mentorin und Sponsorin und sind von dem Wunsch erfüllt, die Menschheit besser zu hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben.

Auf Altersangaben habe ich bewusst verzichtet, weil die Transitionsphasen zu verschiedenen Zeiten beginnen und enden können. Das ist individuell sehr unterschiedlich. Manche Frauen landen beim Upgrade unmittelbar in Stadium 3, andere verharren für den Rest ihres Lebens in Stadium 1. Wo Sie stehen, hängt von Ihrer Lebenseinstellung und Ihrem Handeln ab.

Hormone und Neurohormone, die Sie kennen sollten

Ovarielle Hormone:

Östrogen: Östrogene werden vom Follikel erzeugt, in dem ein Ei heranwächst und reift. Sie fördern das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut, aber auch der Synapsen im Gehirn, steuern Gehirnstoffwechsel und Entzündungsaktivität, heben die Stimmung, schärfen den Verstand, verbessern die Wortfindung und bestärken extravertiertes, flirtendes und liebevolles Verhalten.Progesteron: das Erhaltungshormon, das die Gebärmutterschleimhaut erhält, damit sie ein befruchtetes Ei aufnehmen kann. Zugleich schützt Progesteron vor einer übermäßigen Synapsenbildung im Gehirn. Es ist ein Wohlfühl- und Behaglichkeitshormon, das den Wunsch weckt, sich am Feuer einzukuscheln und Kekse zu futtern. Außerdem ist es zuständig für das leicht benebelte »Schwangerschaftsgehirn«. Diverse synthetische Progesterone werden als »Progestine« bezeichnet.Testosteron: Fördert die Libido und die Lebenslust und regt die Muskelbildung an. Ich erlebe die Wirkung von Testosteron vor allem als das »Wag es nicht, mich aufzuhalten!«-Gefühl, das mich erfüllt, wenn ich morgens in die Praxis flitzen will und mein Mann noch gern mit mir plaudern möchte. Vor Beginn der Wechseljahre stammen 90 Prozent des weiblichen Testosterons aus den Eierstöcken; nach dem Upgrade kommen 90 Prozent aus den Nebennieren.

Nebennierenhormone:

Adrenalin (auch als Epinephrin bezeichnet): Liefert den nötigen Energieschub für eine körperliche und mentale Reaktion bei akuter Gefahr. Erzeugt ein Gefühl der Bissigkeit.Noradrenalin (auch als Norepinephrin bezeichnet): der wichtigste Neurotransmitter aus den Nebennieren für das sympathische Nervensystem und das kardiovaskuläre System. Es lässt das Herz hämmern, damit Sie vor einer Gefahr davonlaufen können.Kortisol: das Stresshormon. Sein Einfluss auf das limbische (oder emotionale) Gehirn ist zehnmal höher als sein Einfluss auf andere Hirnareale. Es unterdrückt das Immunsystem und kann im Übermaß auch Depressionen, Reizbarkeit und kognitiven Abbau in Gang setzen.Pregnenolon: Ein Vorläuferhormon für die Erzeugung von Progesteron, DHEA, Testosteron, Östrogenen, Kortisol und anderen Hormonen. Es unterstützt den gesunden Schlaf, fördert den Sexualtrieb, hebt die Stimmung, stärkt Gedächtnis und Aufmerksamkeit und ist gut für Haut, Gelenke und Muskeln.DHEA (Dehydroepiandrosteron): Der hormonelle Vorläufer für Testosteron und Östrogen. Als Gegenspieler zu Kortisol wirkt es Depressionen entgegen und stärkt den Sexualtrieb, erzeugt aber auch Akne und verstärkt den Körpergeruch.

Chemikalien aus Gehirn und Nervensystem, die im ganzen Körper Verwendung finden:

Follikelstimulierendes Hormon (FSH): Dieses Hormon wird von der Hypophyse ausgeschüttet, damit die Eierstöcke Follikel bilden, um die besten Eier ausreifen zu lassen. Bis zum Upgrade sind es die Follikel, in denen ein Großteil unserer Östrogene, Progesteron und Testosteron entstehen.Luteinisierendes Hormon (LH): Die Hypophyse produziert dieses Hormon, damit der beste Follikel sein Ei in den Eileiter freisetzt, wo es sich auf den Weg in die Gebärmutter macht. Löst den Eisprung aus.Oxytocin: Wird im Hypothalamus erzeugt und in der Hypophyse gespeichert. Wann immer Östrogen besonders aktiv wird, schickt der Hypothalamus eine kleine Portion dieses Bindungs- und Kuschelhormons, das die Zuneigung verstärkt.GABA (Gamma-Aminobuttersäure): das körpereigene Valium, für das 90 Prozent aller Gehirnzellen Rezeptoren besitzen. Wirkt wie ein warmes, inneres Schaumbad.ALLO: Allopregnanolon ist das Molekül, in das Progesteron sich verwandelt. Es interagiert mit dem beruhigenden GABA-System, das das Gehirn und das komplette Nervensystem durchzieht.ACTH: Das adrenocorticotrope Hormon wird von der Hypophyse erzeugt und ausgeschieden, um die Nebennieren zur Kortisolbildung zu animieren.CRH: Das Corticotropin-Releasing-Hormon wird vom Hypothalamus erzeugt. Wenn es von dort aus zur Hypophyse gesandt wird, löst es einen ACTH-Anstieg aus. So etwas geschieht, wenn die Amygdala eine Gefahr oder eine Bedrohung wahrnimmt.Acetylcholin: der wichtigste Neurotransmitter des parasympathischen Nervensystems (das ist der beruhigende Anteil des Nervensystems, der den Herzschlag verlangsamt). Gegenspieler von Epinephrin. Acetylcholin ist maßgeblich an der Gedächtniskonsolidierung im Schlaf beteiligt. Ein niedriger Acetylcholinspiegel geht mit Lern- und Gedächtniseinschränkungen einher.

Zellen, die Sie kennen sollten

Neuronen: die Standardzellen in Gehirn und Nerven, die im Biologieunterricht behandelt werden. Sie sind jedoch nicht die häufigsten Gehirnzellen, sondern haben einen Rivalen!Astrozyten: ebenso zahlreich wie die Neuronen. Ihre Aufgabe besteht darin, den Hirnzellen Nährstoffe zu liefern und schädliche Substanzen von ihnen fernzuhalten.Mikroglia: Diese Fresszellen überwachen die Verbindungen zwischen den Neuronen und schützen das Gehirn vor Infektionen. Im Tagesverlauf sprießen im Gehirn alle möglichen Verknüpfungen, bei deren Entstehung Energie und Abfallprodukte freigesetzt werden. Im Schlaf hingegen kommt das Gehirn zur Ruhe, und die Kanäle rund um die Nervenzellen können sich entspannen und öffnen. Dann strömen die Mikroglia herbei und stutzen übertriebenes Wachstum zurecht.

Konzepte, die Sie kennen sollten

»Sterile« Entzündung: chronische Entzündungsprozesse ohne Infektion auf niedrigem Niveau, die auf Stressfaktoren wie Umweltbedingungen (UV-Strahlung), mechanische Traumata, Zelltod, Hormone und körperfremde Proteine in der Blutbahn, Schlafmangel und verminderte Durchblutung zurückgehen. Aufgrund geschlechtsbedingter Unterschiede des Immunsystems tritt diese Form bei Männern mit zunehmendem Alter häufiger auf.Doppel-X: Frauen haben in der Regel zwei X-Chromosomen. Deshalb stehen uns auf dem zweiten X-Chromosom etliche Gene für das Gehirn und das Immunsystem zur Verfügung, die uns vor kognitivem Abbau bewahren können. Das könnte das Geheimnis der höheren Lebenserwartung von Frauen sein.

Hilfreiche Abbildungen

Das weibliche Gehirn

1. Präfrontaler Cortex (PFC): die Königin, die über unsere Emotionen herrscht und sie davon abhält, Amok zu laufen. Sie bremst die Amygdala aus.

2. Nucleus accumbens: die neuronale Schnittstelle zwischen Begehren und Handeln. Die Brücke zwischen dem Wunsch nach etwas und der Überlegung, wie es zu erlangen ist.

3. Insula: Richterin, Jury und Henkerin in Personalunion, insbesondere in Bezug auf das Selbstbild. Hier entspringt das »Bauchgefühl«.

4. Hypothalamus: Der Hypothalamus dirigiert die hormonelle Sinfonie, setzt die Keimdrüsen in Gang und kommt ins Schleudern, wenn sie ihre Arbeit einstellen.

5. Amygdala: Trifft abrupte Entscheidungen, wenn es um Leben oder Tod geht. Mitunter stuft sie die Frage, wo man vor dem Supermarkt parken sollte, als überlebenswichtig ein.

6. Hypophyse: Erzeugt Fruchtbarkeitshormone und erleidet heftige Entzugssymptome, wenn sie ausbleiben.

7. Hippocampus: Das bei Frauen ausgeprägtere und größere »Elefantengedächtnis«, das keinen Streit, keine romantische Begegnung und keinen zärtlichen Moment vergisst und diese immer wieder ins Bewusstsein spielt. Die Details verblassen allerdings im Zuge des Upgrades.

8./9. TPJ und Precuneus: Wenn diese beiden Regionen parallel aktiv werden, landen Sie im Hamsterrad der Sorgen und versinken in endlosen Grübeleien. Es ist schwer, sich daraus wieder zu befreien, aber mit ein paar Tricks gelingt es!

10. Cerebellum: Das Cerebellum (Kleinhirn) ist der Teil des Gehirns, der Bewegungen und Gleichgewicht so koordiniert, dass wir stehen und gehen können. Es unterstützt die Funktion nahezu aller anderen Hirnregionen, macht Bewegungen und Denken geschmeidiger und bremst impulsive Entscheidungen aus. Daneben trägt es zur Emotionsregulierung bei.

Default Mode Network (DMN): Dieses Netzwerk verbindet Areale im vorderen, mittleren und hinteren Bereich des Gehirns und wird aktiv, wenn die Gedanken umherschweifen. In der Standardeinstellung greift es dabei negative Gedankengänge aller Art auf. Meditation und Ketamin stellen dieses Netzwerk ab!

Stressreaktion: Das Kampf-oder-Flucht-System, das bei Gefahr bestimmte Verhaltensweisen aktiviert. Der beruhigende Reset kommt anschließend vom vagalen System.

HPA-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse) bzw. Stressachse

Die HPA-Achse steuert die Freisetzung von Kortisol (Stresshormon) und dem Androgen DHEA.

HPO-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Ovar-Achse) bzw. gonadotroper Regelkreis

Die HPO-Achse steuert die Freisetzung von Östrogen, Progesteron und Testosteron.

KAPITEL 1

Den Diskurs verändern

Im Rahmen meines Medizinstudiums in Yale arbeitete ich 1980 an einer Studie mit und durchlief zudem eine Famulatur an einer Klinik in London. Aufgrund einer mysteriösen Erkrankung landete ich selbst als Patientin dort. Ich war schwach, hatte ständig Schmerzen und so wenig Energie, dass ich mich sterbenskrank fühlte. Trotz aller erdenklichen Untersuchungen konnte keine Diagnose gestellt werden: kein heimtückischer Tumor, keine seltene Infektionskrankheit, keine organische Fehlfunktion, keine Autoimmunkrankheit. Alle Werte waren normal. Irgendwann stellte ich fest, dass einige der diensthabenden Ärzte und Ärztinnen meinen Sinn für Humor testeten, um zu prüfen, ob ich womöglich auf eine psychiatrische Station gehörte. Das war nicht der Fall, wie sie feststellten.

Nach zehn Tagen wurde ich entlassen und kehrte für das vierte Jahr meines Studiums in die Vereinigten Staaten zurück. In New York wurde ich mit einem Rollstuhl aus dem Flugzeug abgeholt und musste den Privattransport nach New Haven zahlen. Ich bat den Dekan um eine Auszeit, aber ohne Diagnose wurde diese nicht gewährt, und ich hatte von Fakultät, Familie und Freunden wenig Mitleid zu erwarten. Die Unterstützung bröckelte rasch, weil man mir entweder nicht mehr glaubte oder mich als »schwierig« einstufte.

Also kämpfte ich mich auf eigene Faust durch. Ich mietete ein Apartment gegenüber der Klinik, um nach der ersten Visite um halb sechs noch einmal eine Runde schlafen zu können. Irgendwie kam ich auf diese Weise durch, schrieb meine Dissertation und schaffte meinen Abschluss.

Bei den Visiten in den Stationen für Chirurgie und Innere Medizin erlebte ich immer wieder Mediziner und Studierende, die um sechs Uhr früh durch die Räume schritten und mit ihren Untersuchungen begannen, ohne den Menschen in ihren Betten auch nur guten Morgen zu sagen. Sie nahmen nicht Kontakt auf, sie stellten keine Fragen, nicht einmal ein »Wie geht es Ihnen heute?«, und sie schienen außer anderen Ärzten niemanden zu hören. Und wenn solche Mediziner bei besonders Kranken nichts mehr tun konnten, dann verschwanden sie und überließen die Menschen, die doch ein Leben hatten, eigene Erfahrungen und Familien, sich selbst, ohne sich auch nur zu verabschieden. Das überließen sie den Pflegekräften.

Nach meinen einschneidenden Erfahrungen in London war mir bewusst, wie sich das als Patientin anfühlte. Deshalb entschied ich mich für das Fach Psychiatrie. Eine Spezialisierung, die mir keine Zeit zum Zuhören lassen würde, lehnte ich ab.

Das Gehirn – und letztlich das gesamte menschliche Nervensystem, von dem das Gehirn nur ein Teil ist – hungert nach Verbindung. Die Rückmeldungen, die wir aus Gesprächen und in Form von ernsthaften Fragen erhalten, vermitteln uns, dass wir akzeptiert werden und dazugehören. Wenn dieses essenzielle Sozialvitamin ausbleibt, rauben wir unseren Schaltkreisen notwendige Nährstoffe. Wir werden kränker. Unser Verstand urteilt weniger scharf. Depressionen pirschen sich an und setzen dem Körper zu.

Von der Ärzteschaft und dem sozialen Umfeld im Stich gelassen zu werden lehrt uns, uns selbst im Stich zu lassen.

Deshalb rief ich 1994 in San Francisco die Women’s Mood and Hormone Clinic der UCSF ins Leben. Ich wollte Frauen das geben, was ich nicht bekommen hatte. Gleichzeitig erhoffte ich mir über die Arbeit mit Frauen, die aus der Reproduktionsphase in unbekanntes Territorium vorstießen, Antworten auf meine Fragen: »Wie fühlen Sie sich?«, »Wie sehen Ihre Tage und Nächte aus?«, »Was macht Ihnen Angst?«, »Was macht Sie jetzt glücklich?«, und vor allem: »Können Sie mir Ihre Geschichte erzählen? Ich möchte alles hören.«

Seit 30 Jahren höre ich aufmerksam zu, wenn Frauen in der Transition mir ihre Geschichten von Freude und Verlust, Entdeckung und Furcht, Freiheit und Orientierungslosigkeit erzählen. Und die meiste Zeit bewegte ich mich dabei an der Speerspitze der medizinischen Forschung an der UCSF, wo ich bahnbrechende, bedeutsame Arbeit leiste. Ich habe miterlebt, wie wir mit aktivem Handeln unser volles Potenzial erreichen und wie immer mehr Ärztinnen und Ärzte und Organisationen sich genau darauf konzentrieren. Ich wünschte, es ginge schneller. Doch je mehr wir wissen und je lauter wir werden, desto mehr wird die Medizin uns liefern, was wir brauchen.

Was willst du werden?

Kindern stellen wir die Frage, was sie sein wollen, wenn sie groß sind. Ihre Antworten stützen sich auf die Werte der Kultur, die wir verinnerlicht haben oder die uns eingeimpft wurde. Wir leben das Leben, das wir uns gewünscht haben, aber auch das Leben, das wir unserer Meinung nach führen sollten. Für viele beinhaltet das eine Ehe (oder mehrere), Kinder (oder keine), Beruf und Karriere oder aber häusliche Arbeit. So vieles davon hat uns einfach mitgerissen, so vieles davon konfrontiert uns immer noch mit konkreten Rollenerwartungen, besonders die Kinder und Enkelkinder. Aber jetzt ist der Zeitpunkt, an dem Sie sich fragen sollten: Was wollen Sie heute sein? Was wollen Sie während Ihrer Transition und danach werden? Nach der Reproduktionsphase des Lebens liegen noch Jahrzehnte vor Ihnen. Wer wollen Sie sein, wenn die Fülle Ihres neuen Lebensabschnitts vor Ihnen liegt? Sehen Sie sich als Anführerin, als Künstlerin, als Visionärin? Oder als Mentorin und Sponsorin? Soll Ihr Leben von Freiheit, Sinn und Fokus geprägt sein, unbelastet von früheren Verantwortungen? Das sind einige der Träume, die mir Frauen anvertrauen. Ich bin unglaublich gespannt auf die Antworten meiner Patientinnen und darauf, wie die Transition und die Freiheit vom Fruchtbarkeitszyklus uns dabei helfen, ein neues Selbstbild aufzubauen, unser wahres Selbst zu entdecken und neue Chancen zu ergreifen.

Als Wissenschaftlerin habe ich festgestellt, dass dieser Lebensabschnitt eine Chance bietet, in die Weisheit, Kraft und Resilienz hineinzuwachsen, die zeitlebens in uns angelegt waren. Von Geburt an ist das weibliche Gehirn auf Verbindung und Kommunikation angelegt, und das Upgrade gestattet diesen Schaltkreisen, neue Synapsen zu wählen, die mit den hormonellen Weichenstellungen, die während der Reproduktionsphase unsere Entscheidungen prägen, nichts mehr zu tun haben. Veränderungen der Schaltkreise können ein stärkeres, überzeugteres Selbstbild aufbauen, das die über unsere Lebenserfahrung erworbene Weisheit zur neurologischen Realität macht.

Die Phasen 1 bis 4 der Wechseljahre können zwei bis vierzehn Jahre dauern. Die Entfaltung des Upgrades kann ein ganzes Jahrzehnt in Anspruch nehmen und über den Verlauf von 40 bis 50 Jahren weitergehen. Das ist bei jeder Frau unterschiedlich.

Mein Leben, die Leben der Frauen, die mich aufsuchen, meine Freundinnen und meine Forschungsergebnisse haben mich gelehrt, dass die Freiheit nach der Reproduktionsphase ein erstaunlicher, außergewöhnlicher Zeitraum im Leben einer Frau ist, der heute länger währt denn je. In meinen Augen kann das Upgrade sogar neu definieren, was es heißt, eine Frau zu sein. Mit dem Upgrade wird Folgendes möglich:

Direktheit: Der massive Rückgang der Östrogenwellen verändert die Art und Weise, wie das Gehirn mit Ärger und Enttäuschung umgeht. Während das jüngere weibliche Gehirn den Impuls, für sich selbst und die eigenen Werte einzustehen, umlenkt und biologisch zum Schweigen tendiert, befreit die neue Hormonlage diese Schaltkreise. Der Impuls zum Aufbegehren kommt mit einer Wucht, als würden Sie zum ersten Mal einen Maserati fahren – es dauert ein wenig, bis man sich an diese Power gewöhnt hat. Wenn dies jedoch erst einmal gelungen ist und Sie sehen, dass die Welt dadurch nicht einstürzt, gibt es kein Zurück und auch nicht den Wunsch danach. Wir rütteln am Status quo, definieren Beziehungsregeln neu und treten für das ein, was richtig ist.

Fokus: Der angstprovozierende Stress des Multitasking ist vorüber. Multitasking und Angst gehen Hand in Hand. Wir wissen nicht, was zuerst kommt, aber wir wissen, dass sie einander verstärken. Ab dem Upgrade widmen wir uns gezielt nur einer Aufgabe. Das ist kein Rückschritt! Es bedeutet, dass wir gründlicher werden, uns stärker auf etwas einlassen und uns besser konzentrieren können. Wir können das gewünschte Ergebnis im Auge behalten und sind dadurch leistungsfähiger denn je. Zudem scheuen wir uns nicht mehr, Unterbrechungen abzulehnen, wenn uns jemand aus dem Flow holen will.

Wertschätzung von innen: Der große Vorteil der Unsichtbarkeit des Alters ist, dass wir ganz authentisch wir selbst sein können. Ohne die Fruchtbarkeitshormone, die nach Zustimmung von außen gieren, verhalten wir uns anders, und andere reagieren anders auf uns. Viele Frauen stellen fest, dass Männer uns nicht mehr aufgrund unseres Äußeren zuhören, sondern aufgrund unserer Weisheit und Erfahrung.

Die Rückkehr der Unerschrockenheit: Mit dem Upgrade entfällt für das weibliche Gehirn der Stressfaktor, dass sich die Verdrahtung jeden Monat durch hormonelle Einflüsse um 25 Prozent verändert. Die Freiheit, unsere Schaltkreise zu stabilisieren, ermöglicht einen besseren Zugang zu festen Überzeugungen als zu jedem anderen Zeitpunkt im Leben einer Frau. Weil Frauen jetzt weniger darauf bedacht sind, es anderen recht zu machen, können sie diesen Moment nutzen, um einen Standpunkt mit mehr Weitblick einzunehmen und sich mehr Gehör zu verschaffen.

Horizonterweiterung: Sobald der Hormonsturm der Wechseljahre vorbei ist, können die Schaltkreise im Gehirn zur Ruhe kommen. Der hormonelle Motor, der das Hamsterrad der Dauersorge angetrieben hat, wird abgestellt, oder wir sehen zumindest, wie wir es verlassen können. Wenn wir lernen, alles auszublenden, was die Ruhe stört – Urteile anderer, Selbstvorwürfe, Grübeleien über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft –, tut sich eine ganz neue Welt voller Optionen auf. Die Schaltkreise, mit denen wir sowohl die eigenen Impulse wahrgenommen als auch die Gedanken und Gefühle anderer verstanden haben, werden frei für andere Aufgaben. Es bilden sich Schaltkreise der Dankbarkeit heraus, und das Wissen, wie wir diese optimieren können, entscheidet darüber, ob wir voller Vitalität und Neugier alt werden oder zu Depressionen neigen. Mitgefühl für uns selbst und andere aktiviert ungeahnte Schaltkreise der Freude, und solche positiven Stimmungslagen schaffen die Basis für ein robustes, gesundes Gehirn.

Freiheit: Das Drängen, die Besessenheiten und die Wahnvorstellungen, die unsere Fruchtbarkeitshormone rund um Beziehungen und Intimität erzeugt haben, lassen nach. Das postfertile Gehirn ist endlich frei und kann intellektuell und emotional Neues ausloten. Geist und Psyche haben mehr Raum für Kontemplation und Zweckdenken. Bei der Arbeit geht es um Berufung, bei Entscheidungen nimmt die Neugier eine große Rolle ein, und selbst in schwierigen Momenten herrscht eine neue Leichtigkeit vor. Das jüngere weibliche Gehirn mag die breiteren Hüften und die erschlaffte Haut der älteren Frau bemitleiden, aber wir wissen es besser und blicken voller Mitgefühl auf das gemarterte Gemüt unserer jüngeren Schwestern zurück. Und mit einem zutiefst ehrlichen Gott sei Dank muss ich mich damit nicht mehr herumschlagen bieten wir unsere Hilfe an.

In den Jahrzehnten, in denen ich in der Mood and Hormone Clinic mit Frauen gearbeitet habe, habe ich die Macht des optimierten Upgrades erlebt. Wenn wir dieses Alter erreichen, sind wir durchs Feuer gegangen. Wir haben Tragödien überlebt und gelernt, uns aus der Asche zu erheben. Wir sind heißes, geschmolzenes Metall – siedend, geformt und vom Leben versengt. Wir sind die unvorhersehbare Eruption eines Vulkans, die zugleich neue Landmassen erschafft. Nach dem Upgrade der Frau erstrahlt sowohl das scharfe Schwert der Weisheit, das auf eine ungerechte Kultur hinabsaust, als auch das Mitgefühl, das ihre Verantwortung für die Gestaltung einer Zukunft für nachfolgende Generationen prägt, eine Zukunft, die sie nicht mehr erleben wird.

Das Upgrade ist kühne Eigenständigkeit – wie bei der 15-Jährigen, die weiß, dass sie es draufhat und dass ihre Mutter keine Ahnung hat. (Was in ihrer Realität tatsächlich wahr ist!) Im Upgrade geht es um die feste Überzeugung, dass Frauen in der zweiten Lebenshälfte es tatsächlich draufhaben und dass eines Tages die jüngeren Frauen und buchstäblich alle Männer dies begreifen werden. Sie wissen es, sie sagen es, und sie widersetzen sich mit strengem Blick jeder Person, die das noch nicht mitbekommen hat. Das passiert, wenn das weibliche Gehirn von den quälenden Gezeiten erlöst ist, die es während der Reproduktionsphase täglich auf immer andere Weise überkommen.

Ja, Virginia, es ist anders!

Das Erscheinen meines Buchs Das weibliche Gehirn (deutsche Übersetzung erschienen bei Goldmann, 2008) löste hitzige Debatten aus. Was war daran so schockierend und anmaßend? Nun, ich erklärte, dass weibliche Hormone und das weibliche Gehirn sich von männlichen Hormonen und dem männlichen Gehirn unterscheiden. Diese Vorstellung empfanden viele (besonders andere Frauen meines Alters, die während der Frauenbewegung erwachsen geworden sind) als politisch nicht korrekt. Damals waren wir davon überzeugt, dass Frauen gesellschaftlich nur die volle Gleichstellung mit Männern erreichen würden, wenn wir geschlechtliche Unterschiede nicht betonten. Sonst würden die Frauen den Kürzeren ziehen. Der Feminismus wurzelt in einem tief empfundenen Unterlegenheitsgefühl, das uns über gesellschaftliche Signale vermittelt wird. Diese Signale teilen uns mit, wer die Macht hat und wer über uns steht. Damit wurde die Unisex-Parole »Gleiches Recht für alle« zur Pflicht. Offen gestanden glaubte ich damals ebenso fest daran wie alle anderen. Dann jedoch befasste ich mich intensiver mit der Biologie der Hormone und neuen Erkenntnissen dazu, bis ich klare Unterschiede zwischen dem männlichen und dem weiblichen Gehirn sah. Vermutlich werden künftige Studien zum Einfluss der Hormone auf das Gehirn von trans Männern und Frauen diese Erkenntnis erhärten.

Meine Vorgehensweise besteht darin, mich gründlich mit den Erkenntnissen auseinanderzusetzen, auch wenn ich damit auf Widerstand stoße. Als ich mich gründlicher mit der Unmenge neuer Informationen zu Frauen in der zweiten Lebenshälfte befasste, wurde mir bewusst, dass eine weitere Geschichte zum weiblichen Gehirn existierte, die ich erzählen wollte: die fesselnde, elektrisierende Geschichte, wie vieles besser wird, von Beziehungen, Selbstfürsorge, Zuversicht und innerer Stärke bis hin zu Handlungs- und Leistungsfähigkeit. Angesichts der Botschaften, die wir aus der vom Jugendwahn getriebenen Gesellschaft zu körperlichen Leistungsgipfeln in jungen Jahren erhalten, kam mir diese Geschichte kontraintuitiv vor. Wie die meisten hatte ich verinnerlicht, was unsere sozialen Strukturen uns durch die anhaltende Ungleichbezahlung und unsere weitgehende Unsichtbarkeit in den Führungsetagen, in der Politik und bei der Zuweisung von Forschungsgeldern suggerieren: dass Frauen über 50 irrelevant sind.

Über lange Phasen der Menschheitsgeschichte schien man nur voranzukommen, indem man denen, die die Macht hatten, zustimmte. Am einfachsten lief es, wenn man auf der gleichen Wellenlänge war wie die anderen. Das ist der Kompromiss, den Generationen von Frauen vor uns um des lieben Friedens willen eingegangen sind – um den Stress des Konflikts zu vermeiden. Wenn wir uns ein Leben lang als Beilage und »anderes« Geschlecht betrachten, wird dies im Nervensystem fest verdrahtet. Unbewusst definieren wir uns im Vergleich zu anderen und das Weibliche in seiner Relation zum Männlichen. Diese Scheuklappen abzunehmen und authentisch zu leben ist eine Herausforderung an uns selbst: Wir müssen erkennen, dass wir nicht »das andere Geschlecht« sind. Wir sind schlicht weiblich. Und wir feiern unsere besonderen Stärken.

An den Schalthebeln sitzen

Damit das Upgrade stattfinden kann, müssen Sie handlungsfähig sein. Ihnen muss bewusst sein, wie viel Macht Sie innehaben, die zweite Hälfte Ihres Lebens zu gestalten. Das ist der Zeitpunkt, für Frauen in der postfertilen, postreproduktiven Phase der menschlichen Entwicklung die neue Landkarte zu skizzieren. Die zweite Hälfte im Leben einer Frau ist eine Offenbarung.

Wenn wir das Upgrade nicht für möglich halten, können wir nicht einmal davon träumen. Wie sollen wir dann die mächtigen Imaginationskräfte und Planungszentren des Gehirns dazu bringen, unseren künftigen Weg zu entwerfen? Wir müssen uns frühzeitig inspirieren lassen, um eine Vorstellung davon zu entwickeln, was wir mit unserem Leben nach dem 45. Geburtstag anstellen wollen. Ohne Vorbilder oder Orientierungspunkte fällt das Träumen schwerer, aber wenn wir es gar nicht erst versuchen, gar nicht erst damit anfangen, verändert sich gewiss nichts.

Unsere Mütter und Großmütter hatten nur eine Handvoll Rollenmodelle, um sich vorzustellen, wie es ist, einfach aus sich heraus weiblich zu sein. Heute gibt es mehr Vorbilder, denen wir nacheifern können. Und wenn wir das Beste aus dieser Chance machen, können künftige Generationen sogar noch weiter kommen als wir. Wandel ist möglich. Halten Sie sich vor Augen, wie sehr sich die Welt zu unseren Lebzeiten für die LGBTQ+-Community verändert hat. 51 Prozent der Weltbevölkerung sind weiblich. Wir können ihnen das Upgrade zur Verfügung stellen.

Wie machen wir die Welt zu einem Ort, der Hoffnung für ältere Frauen birgt? Angesichts stagnierender Löhne für typische Frauenberufe in der Gastronomie, Kinderbetreuung, Reinigungsbranche und im Gesundheitswesen sowie in der häuslichen und professionellen Pflege werden viele am Ende ohne Ersparnisse oder Altersversorgung dastehen. Wie viele werden vorzeitig sterben, weil sie keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben? Frauen in der zweiten Lebenshälfte werden die ungleiche Verteilung von Vermögen mit großer Wucht spüren, ganz besonders Frauen aus marginalisierten Bevölkerungsgruppen. Und die Welt wird schweigend zusehen und sich stattdessen auf den Arbeitsplatzverlust weißer Männer konzentrieren.

Traditionell wird von den meisten Frauen erwartet, in der zweiten Lebenshälfte weiterhin für andere zu sorgen – für ältere Ehemänner, für die Enkelkinder, für hochbetagte Eltern und Schwiegereltern. Männer denken nicht daran, diese Verantwortung für Familienangehörige zu übernehmen, solange eine Frau dafür bereitsteht. Nachdem wir über Jahrzehnte Kinder großgezogen und den Löwenanteil der Hausarbeit übernommen haben, selbst wenn wir die Hauptverdienerin waren, verwandeln wir uns erneut in unbezahlte Sorgende. Das erschöpft unsere emotionalen und finanziellen Reserven und macht es uns unmöglich, zu arbeiten, produktiv zu sein und zu glänzen.

Doch allen, die glauben, Frauen im Upgrade seien in erster Linie Leistungsempfängerinnen, sei gesagt: Der Datenlage zufolge sind wir Macherinnen. Frauen über 50 gründen mehr Unternehmen als jede andere Gruppe. Sie eröffnen anderen neue Chancen und schultern wirtschaftlichen Erfolg und Sorgearbeit für alle. Um sichtbar zu werden, müssen Sie sich selbst sehen. Und in diesem Moment, nachdem wir privat und gesellschaftlich so viele Krisen überstanden haben, haben wir die Weisheit, die Stabilität, den Mut und die Selbsterkenntnis, darauf zu vertrauen, dass wir auch diese Herausforderung meistern werden. Wir müssen den kulturellen Diskurs verändern. Noch wichtiger ist jedoch, den Diskurs im eigenen Kopf zu verändern.

Die Welt befindet sich schon zu lange im Kriegsmodus, gefangen in der unablässigen Nullsummenschlacht, die sich aus testosteronlastiger Risikosucht speist, ob an der Börse oder auf der Weltbühne. Doch im Kriegsmodus, der von der Dominanz als spezifisch männliches Persönlichkeitsmerkmal angetrieben wird, schreitet die Gesellschaft nicht voran. Auch die Kultur überlebt nicht auf diese Weise. Es ist an der Zeit, die Menschheit über eine andere Denkweise auszubalancieren, deren zentrale Werte die Gemeinschaft und die Erhaltung des Lebens sind. Nach dem Upgrade hat das weibliche Gehirn die Fähigkeit, in der menschlichen Kultur für die nötige Balance zu sorgen.

Ich habe dieses Buch geschrieben, um Ihnen zu versichern, dass Sie jedes Recht haben auf gute Ideen, auf ein großartiges Leben, auf ein eigenständiges Leben nach Ihren Wünschen. Gleichzeitig möchte ich Sie ermutigen, einander (und auch sich selbst) als Frauen zu bestärken, und zwar tagtäglich durch jede Einzelne von uns.

Im Upgrade unterstützt uns die Neurobiologie dabei, die Hülle der alten Identität aus der Fruchtbarkeitsphase abzustreifen und uns bewusst auf eine neue, authentischere und einflussreichere Version unserer selbst einzulassen. Fragen Sie sich selbst an dieser Stelle: Was bedeutet »Freiheit« für Sie? Wenn Geld und körperliche Verwundbarkeit aus der Gleichung entfallen würden – was würden Sie dann tun? Wer würden Sie sein? Im Upgrade können wir anfangen, uns absolut alles zu erträumen. Und zu diesen Träumen möchte ich Ihnen verhelfen.

KAPITEL 2

Die Crux der Weiblichkeit

Biologische Systeme streben nach einem Gleichgewicht. Sie wünschen sich ein möglichst einfaches Zusammenspiel, in dem die Signale wie Rädchen eines Uhrwerks ineinandergreifen, und sorgen durch leises Erinnern dafür, dass alles reibungslos läuft. Sie ringen um Ausgewogenheit. Bei einem biologischen Organismus wird dieses Streben nach einem stabilen Status quo, den wir als gesund einstufen, als Homöostase bezeichnet. Wie eine gigantische, multidimensionale Rube-Goldberg-Maschine schaltet dieser Prozess Gene an und ab, um auf jede Störung, ob auf Molekularebene oder durch massive äußere Gewalt, mit winzigen, blitzschnellen Gegenmaßnahmen zu reagieren. Es werden Proteine und Moleküle erzeugt, die zur Wiederherstellung des Gleichgewichts beitragen oder uns zu einer Handlung wie Essen, Schlafen, Kuscheln oder Rennen veranlassen, die uns wieder auf Kurs bringt. All dies sorgt für ein ungestört funktionierendes System, das Gesundheit und Kraft erhält, doch das Pendel bleibt ständig am Schwingen, ohne je die perfekte Mitte zu erreichen. Dieser Kampf um Stabilität und Gleichförmigkeit ist ein Grundprinzip allen Lebens.

Und nun stellen Sie sich ein biologisches System vor, in dem das grundsätzliche Bestreben nach einem Gleichgewicht täglich einem ungezügelten, chemischen Sturm unterworfen ist, der das System durch Neurohormonwogen zu einer Handlung, einer Reaktion oder einer neuen Verhaltensweise veranlassen will. Da Östrogen, Progesteron, Testosteron, DHEA, Kortisol und viele andere Hormone stündlich, täglich, wöchentlich oder monatlich schwanken, ist es nicht nur die Menstruation, die davon betroffen ist und aus dem Gleichgewicht gerät. Das Gehirn und das gesamte Nervensystem werden abwechselnd provoziert und beruhigt. Jedes Hormonmolekül fordert eine Aktion, um das Überleben des Systems zu sichern. Das weibliche Gehirn wird von starken Hormonwellen dazu gedrängt, eine Partnerschaft einzugehen, zu flirten, sich am Feuer zusammenzurollen, Schokoladenkuchen zu essen, zu wüten, zu umarmen, mit Recht zu schimpfen oder die ungeschminkte Wahrheit auszusprechen, die niemand hören will.

Wellen zählen zu den mächtigsten und wirksamsten physikalischen Kräften, die es gibt. Ob sanfte Ringe in einem Teich oder eine zehn Meter hohe Monsterwelle – Wellen verändern das, was sie berühren, zerschlagen Felsen zu Kieselsteinen, zermahlen Muscheln zu Sand. Ihr Anbranden formt die Küsten und kann Glasscherben, Muscheln, Seetang, Schiffe, Lebewesen und ganze Landmassen verschieben. Ihr Sog beim Zurückfluten ist gleichermaßen stark, denn die Unterströmung kann alles mitreißen, was die Flut herangetragen hat, kann Küstenstreifen verschieben und in den blauen Tiefen des Ozeans steile Abhänge graben.

Die Keys sind eine Inselkette am Ende der Halbinsel Florida, die sich auf der Mischung aus Kalkstein, Sandboden und Korallenriffen, auf der ein Großteil dieses Staates ruht, nach Südwesten erstrecken. Auf der Westseite der Keys, zum Golf von Mexiko und der Florida Bay hin, ist das Wasser ruhig, blau und kristallklar. Meilenweit sind Sandbänke zu sehen, auf denen die Einheimischen den ganzen Tag barfuß durch das knietiefe, warme Meer waten. Der glatte, sandige Boden mit den weichen Wellenmustern ist deutlich zu sehen. Die Küstenlinie ist gleichmäßig und von Kleingetier bevölkert, das im flachen Salzwasser zu Hause ist. Der sanfte Wechsel der Gezeiten zwischen den weißen Korallenfelsen spült kaum Algen an und erodiert auch die Untiefen nicht merklich, solange kein ungewöhnlich heftiger Sturm naht.

Die Landmasse dieser Inselwelt ist schmal, mitunter keine drei Kilometer breit. In der Mitte dieser Kette können Sie in zehn Minuten zur Atlantikküste hinüberspazieren. Dort ist der Ozean rau und das Wasser düster. Das Gemisch aus Sand, Kalkstein und Korallen ist dasselbe, das Salzwasser genauso warm, und doch sieht die Welt hier ganz anders aus als an der Westküste. Der felsige Strand ist von einem dicken, zotteligen Algenteppich überzogen. Seeigel und Stachelrochen hausen ufernah in den Algenwäldern, und in den Gezeitentümpeln schlummern Steine, deren Bruchkanten selbst die schwieligsten Füße verletzen. Aufgrund der Erosion durch die ständige starke Unterströmung fällt die Küste schnell so weit ab, dass sich hier auch größere Meeresräuber ansiedeln können. An solchen Stränden findet man Glasscherben, deren Oberfläche durch die Reibung von Sand und Gezeiten milchig geworden und deren scharfe Ränder weich abgeschliffen sind.

Die Elemente sind identisch, aber die von den Wellen geformte Küste ist einer unbestreitbaren strukturellen Veränderung unterworfen. Ein Felsen auf der stilleren Golfseite hat eine andere Struktur als einer, der dem gnadenlosen Wellenspiel des offenen Atlantiks ausgesetzt ist. Mit einer Wagenladung Sand lässt sich an der Westküste ein kleiner Strand aufschütten. Auf der Atlantikseite wäre dieselbe Menge binnen weniger Tage fortgeschwemmt.

Hormonwellen

Wir Menschen erleben Wellen in Form von Zyklen verhaltensmodifizierender Hormone. Das Nebennierenhormon Kortisol gleicht einer Welle, die uns während ihrer Flutphase weckt, das Gedächtnis schärft und uns aufmerksam und lernbereit macht. Auf dem morgendlichen Höhepunkt dieser Welle fühlen wir uns leistungsfähiger und freuen uns auf den Tag. Zwischen drei und vier Uhr nachmittags ebbt das Kortisol ab, und wir würden uns am liebsten hinlegen oder stöbern nach Schokolade oder einem koffeinhaltigen Getränk, um wieder so frisch zu sein wie am Morgen. Wenn wir mit der Kortisolwelle mitschwingen, kommen wir allmählich zur Ruhe und werden müde, und am Ende verhilft uns eine weitere Hormonwelle zu einem tiefen Nachtschlaf, in dem das Gehirn Gelegenheit bekommt, die tagsüber angefallenen Abbauprodukte abzutransportieren und eine übertriebene Synapsenbildung zurechtzustutzen. Wenn diese Welle unterbrochen wird, weil wir zu lange aufbleiben, Zeitzonen durchquert haben, einen heftigen Streit oder ein traumatisierendes Erlebnis hatten, werden Schaltkreise neu verdrahtet, weil die Kortisolwelle außerplanmäßig verläuft und damit andere Botenstoffe dazu bringt, sich ebenfalls außerplanmäßig zu verhalten. Womöglich liegen wir die halbe Nacht wach, weil wir in aufgekratzten Grübelschleifen festhängen. Wenn sich bei einem Trauma die Nebennieren nicht mehr abschalten, verändern sich die Schaltkreise im Gehirn so massiv, dass wir weder lernen noch entspannen können und die äußeren Umstände sowie andere Menschen vor allem als bedrohlich wahrnehmen.

Wellenverläufe beeinflussen jegliches Terrain, auch die neuronalen Schaltkreise, die Gedanken, Emotionen und Verhalten in Gang setzen. Die tägliche Kortisolwelle betrifft Frauen wie Männer. Solange wir einem halbwegs regelmäßigen Schlaf-wach-Rhythmus samt Essenszeiten und Bewegungsphasen folgen und keine biologische Beeinträchtigung eintritt, sind diese Wellen und ihre Auswirkungen wenig dramatisch. 

Im Verlauf des Lebens sind das männliche Gehirn und Nervensystem diesen typischen Wellen unterworfen, einem täglichen Auf und Ab von Substanzen, die Aufwachen und Einschlafen, aber auch Durchblutung, Atmung, Hunger, Durst, Denken, Lernen, Sexualtrieb und Emotionen regulieren. In der Pubertät gibt die Hypophyse des männlichen Gehirns den Hoden das Signal, Testosteron zu erzeugen, womit der Sexualtrieb ernsthaft erwacht. Für Jungen ist das emotional dramatisch, weil der Drang nach körperlicher Intimität zum dominanten Trieb wird, die Testosteronwelle selbst ist jedoch keineswegs dramatisch. Das Testosteron steigt und fällt parallel zur Kortisolwelle, was die Erektionen morgens am stärksten macht. Insgesamt handelt es sich bei der lebenslangen Melodie im männlichen Gehirn jedoch um eine einzige, unkomplizierte Welle, die im frühen Erwachsenenalter besonders spürbar ist und im Alter allmählich zurückgeht. Die Testosteronwelle verläuft vorhersehbar oberhalb der zuverlässigen Kontrapunkte der täglichen Hormonwellen, die andere Grundtriebe steuern.

Im weiblichen Gehirn hingegen braut sich etwas anderes zusammen. Irgendwann zwischen dem siebten und dem vierzehnten Lebensjahr signalisiert der Hypothalamus des Mädchens der Hypophyse, dass sie verschiedene Hormonwellen in Gang setzen soll. Eine davon ist die Nebennierenwelle, die kleinere Kontrollzentren in den Nebennieren aufweckt und diese Drüsen am oberen Ende der Nieren um eine Welle des Androgens DHEA bittet. DHEA ist wie ein kleines Feuerwerk an Energie, Aufregung und Lebenslust, das gern als Mutterhormon bezeichnet wird, weil es sich sowohl in Östrogen als auch in Testosteron verwandeln kann. Bei Frauen wie Männern stärkt Testosteron das Interesse an Sex.

Deshalb reagieren Mädchen in der Vorpubertät reizbarer: »Fass meine Haare nicht an!«, »Guck nicht so!«, »Sag jetzt nichts!«, »Lass mich in Ruhe!« Die Nebennierenwelle regt aber auch über Kortisol, Adrenalin und DHEA das Nervensystem an. In den richtigen Mengen optimieren diese Hormone die Fähigkeit, Neues zu lernen und sich einzuprägen, und stärken die Wachsamkeit, damit das Mädchen Gefahren erkennen und erfolgreich darauf reagieren kann. Die Mischung aus Adrenalin und etwas Kortisol macht Mädchen hellwach, wenn sie spätabends noch allein unterwegs sind, oder schärft ihre Wahrnehmung, wenn sie irgendwann einmal unbegleitet durch ein großes, menschenleeres Parkhaus laufen.

Mit demselben Prozess stoßen Hypothalamus und Hypophyse eine weitere hormonelle Interaktion an, nämlich den einzigartigen und komplexen Verlauf der Wogen, die gegen die Küsten von Gehirn und Eierstöcken anbranden und dann zurückfluten. Das luteinisierende Hormon (LH) und das follikelstimulierende Hormon (FSH) sind zwei Substanzen aus der Hypophyse, die den Eierstöcken das Signal geben, Östrogen zu produzieren, das für das Heranreifen befruchtungsfähiger Eizellen und die Polsterung der Gebärmutter für deren Aufnahme benötigt wird. Bei den meisten Frauen steigt der Östrogenspiegel im Zyklusverlauf um das Achtfache an. Östrogen zieht eine kleine Wagenladung des Bindungshormons Oxytocin hinter sich her, was für Frauen ein starkes neurochemisches Duo ist – je mehr Östrogen, desto mehr Oxytocin. (Auch Männer haben Oxytocin, aber bei ihnen ist der Spiegel deutlich niedriger.) Wenn die Welle von Östrogen und Oxytocin anschwillt, sind Frauen zum Flirten aufgelegt und sehnen sich nach Zärtlichkeit.

Diese Wellen von LH, FSH, Östrogen, Oxytocin und Testosteron führen immer wieder zu einer vorübergehenden Neuorganisation der Netzwerke im Gehirn und fördern insbesondere um den Eisprung herum das Gedächtnis, sprachliche Fähigkeiten und die Zuneigung. Ein paar Tage nach dem Eisprung fällt der Östrogenspiegel rasant ab und lässt vor allem Progesteron und eine von Testosteron befeuerte Gereiztheit zurück. Die Hypophyse lässt die LH- und FSH-Welle auslaufen, während die Eierstöcke jene Unterströmung aus Progesteron erzeugen, die nach vier Tagen all das extravertierte, aufschäumende Entgegenkommen und damit auch die Schaltkreise mit dem vermehrten Interesse an sozialen Verbindungen und die ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit mit sich reißt. Progesteron fördert nicht nur die weitere Ausbildung der Gebärmutterschleimhaut, sondern auch den Drang zur Innenschau und die Schmerzempfindlichkeit und setzt der Denkfähigkeit zu. Die meisten Frauen erleben in diesem Zeitraum einen um das Achtfache erhöhten Progesteronwert. Allopregnanolon (ALLO) schraubt als Abbauprodukt von Progesteron die GABA-Aktivität des Gehirns hoch. GABA ist das natürliche Valium und das zentrale Beruhigungssystem des Gehirns. Die körperweite GABA-Aktivität bremst das Wachstum, die Bindungsbereitschaft und die Stimulierung durch das Östrogen aus. Ohne diese Bremse hätten wir ständig Krampfanfälle oder wären zumindest reizbar und ängstlich. Das gesamte Nervensystem besitzt GABA-Rezeptoren, die von ALLO, dem Stoffwechselprodukt von Progesteron, beeinflusst werden. Es sendet ein beruhigendes, angstlösendes Signal und erschafft damit jene behagliche Zeit im Monat, in der eine Frau am liebsten zu Hause bleibt, Liebesfilme sieht und Süßes isst. ALLO ist auch die Substanz, die uns in der ersten Hälfte der Schwangerschaft so unglaublich müde macht. Doch wie Sie wissen, hat alles Gute einmal ein Ende: Mit dem dramatischen Abfall von Progesteron geht auch ALLO zurück, und wir sind mit PMS-Beschwerden, Blähungen, Unterleibskrämpfen und Blutung konfrontiert. In den letzten zwei Tagen des Zyklus, wenn das Progesteron den Tiefpunkt erreicht und damit die Ablösung der Gebärmutterschleimhaut einleitet, ist auch unsere Psyche auf dem Tiefpunkt. Der Anblick von Werbespots, in denen Erwachsene Babys oder Welpen knuddeln, rührt uns zu Tränen, und Ärger über eine Privatangelegenheit kann dem Gehirn wie der Beginn einer globalen Katastrophe vorkommen.

Negativ und positiv

Bekanntlich ist das menschliche Gehirn gegenüber Negativem voreingenommen. Es kann sich mit Leichtigkeit spontan auf das konzentrieren, was schiefgegangen ist, und dabei alles Positive ausblenden. In der Wildnis hat uns diese spezielle kognitive Voreingenommenheit (Bias) einst geholfen, uns das Wasserloch einzuprägen, an dem wir gesehen haben, wie der Löwe eine Antilope fraß, damit wir andere davor warnen konnten. Genau dieser Impuls lässt uns heute aufmerksam Warnmeldungen oder die neuesten Katastrophennachrichten mitverfolgen und erklärt umgekehrt, warum wir gute Nachrichten so schnell vergessen. In der Neurowissenschaft heißt es gern, das Gehirn hätte perfekte Antennen für Negatives und sei gegenüber Positivem perfekt abgeschirmt.

Der allmonatliche steile Progesteronabfall (auf etwa ein Achtel der vorherigen Menge) kann die Schaltkreise im weiblichen Gehirn in die Gewässer der Depression ziehen. Wenn das Progesteron in Form der Pille chemisch zugeführt oder bei einer Hormontherapie zu hoch dosiert wird, kann die Neigung zu Depressionen bei entsprechend disponierten Frauen dramatisch zunehmen und sich das Suizidrisiko verdoppeln.

Wenn die Wellen der Neurochemikalien im weiblichen Körper anbranden und wieder abebben, betätigen sie genetische Schalter und Rezeptoren, die alle 26 bis 35 Tage bis zu 25 Prozent der Verschaltungen im Gehirn verändern. Von Woche zu Woche erzeugen diese Wellen radikal andere Realitäten. Mal fühlen wir uns freundlich, klug und zuversichtlich, mal interpretiert ein mentaler Filter jeden Kommentar und jede Interaktion als Kritik oder gar Angriff. Das Kommen und Gehen dieser Wellen hat eine Hochfrequenzamplitude. Im Laufe des Frauenlebens wirkt es rund 500-mal auf das Terrain des weiblichen Gehirns ein.

Schwangerschaften, Geburten und Kindererziehung sorgen für starken, beständigen Wind, unveränderlich hohe Hormonstände, Klimaumschwünge und die Bildung neuer Landmassen, die das weibliche Gehirn dazu bringen, an die eigenen Kinder zu denken, in ihrem Sinne zu handeln und für sie zu leben. Der zähe Nebel der Schwangerschaft kündigt eine komplette Neuprogrammierung im Gehirn an, bei der die Festplatte des Selbst zugunsten des Nachwuchses quasi gelöscht wird. Der Verlust der mentalen Klarheit ist eine Nebenwirkung des massiven Umbaus im Gehirn, der im Rahmen der Pubertät, einer Schwangerschaft, nach einer Entbindung und während der Wechseljahre abläuft. Wir sagen das Falsche, verlegen die Schlüssel, vergessen, das gerade abgesprochene Meeting im Kalender einzutragen – all das zeugt davon, dass der frontale Cortex blockiert ist, weil das limbische (emotionale) Gehirn gerade eine Neuverdrahtung vornimmt, die die biologische Landschaft der Frau unbestreitbar und unwiderruflich verändert.

Doch für jede Aktion existiert eine gleichstarke Gegenreaktion. Der Prozess der Homöostase lässt das Pendel hart in die Gegenrichtung ausschlagen, aber diese Reaktion schießt prompt über das Ziel hinaus, ein präzises, statisches Gleichgewicht zu erzielen, das in einer sich ewig wandelnden Umgebung unerreichbar ist. Etwa 35 Jahre lang ist das weibliche Gehirn tagtäglich dem Dauerfeuer rascher Kurskorrekturen ausgesetzt.

Der Übergang ins Upgrade kann dieses ohnehin schon erbitterte Ringen um Homöostase noch dramatischer machen.

Irgendwann zwischen Ende dreißig und Anfang vierzig lässt die Produktion des Nebennierenhormons DHEA (der erwähnten Vorstufe von Östrogen und Testosteron) und des Östrogens aus den Eierstöcken etwas nach. Hypothalamus und Hypophyse, die seit der Pubertät nach Östrogen gieren, schicken einen kräftigen Schuss LH und FSH, um die Entzugssymptome zu lindern. Darauf reagieren die Eierstöcke mit einem Östrogen-Tsunami, der Gehirn und Körper noch mehr aus dem Gleichgewicht bringt. Östrogen hat einen starken Einfluss auf Kognition, Gedächtnis, den Verstand und die Psyche, weshalb ein rasanter Östrogenanstieg mit Zerstreutheit einhergehen und unglaublich reizbar machen kann. Dem Östrogengipfel folgt ein dramatischer Progesteronsog. Die von Östrogen und Oxytocin ausgelöste extravertierte Zuwendung wird von Reizbarkeit, Traurigkeit, Vergesslichkeit und Pessimismus abgelöst. Das gilt besonders, wenn das Progesteron nach einem massiven Anstieg schlagartig abfällt. Mit Beginn der Wechseljahre wird die Frau reizbar. Das Verhalten, das durch die erratischen Hormonwellen ausgelöst wird, kann von »Fass mich nicht an!« bis hin zu »Verschwinde aus meinem Leben!« reichen.

Der Zyklus wird unregelmäßig, wenn durch den ausbleibenden Eisprung kein Östrogen- oder Progesteronanstieg mehr stattfindet, denn es ist der Eisprung, der den weiteren Aufbau der Gebärmutterschleimhaut aufrechterhält. Normalerweise sorgt das Progesteron dafür, dass die dicke, weiche Schleimhaut erhalten bleibt, wenn das Östrogen zurückgeht. Ohne eine Schwangerschaft fällt der Progesteronspiegel jedoch abrupt ab, was das Signal für die Abstoßung der Schleimhaut ist. Ohne Progesteron bleibt auch das ALLO aus, das Gehirn und Nervensystem beruhigt. Und ohne den Progesteronabfall zerfällt die Gebärmutterschleimhaut erst, wenn sie zu schwer wird. An diesem Punkt kommt es zu massiven Blutungen.

Nicht jede Frau erlebt diese Umstellung auf diese Weise, aber bei den 30 Prozent, die eine dramatische Version der Wechseljahre durchlaufen, dauert das ungestüme Kommen und Gehen dieses neurochemischen Orkans zwischen zwei und vierzehn Jahren, und in dieser Zeit sorgt das Verlangen der Hypophyse nach Hormonen für extreme Stimmungs- und Verhaltensschwankungen. Die pulsierenden GnRH-Zellen im Hypothalamus, die den ganzen Prozess in der Pubertät einst angestoßen haben, geben immer schrillere Signale von sich, bis sie wie eine Sopranistin einen unglaublich langen, hohen Ton von sich geben, obwohl der Konzertsaal längst leer und dunkel ist.

Die Biologie des Körpers ist auf Überleben gepolt. Wann immer ein System seine Funktion einstellt, bricht im Organismus Panik aus. Diese über das Nervensystem vermittelte Panik wird unbewusst zum Antrieb für Gedanken, Emotionen und Verhalten. Aber gibt es dafür ein Ventil? Gibt es Linderung? Als einsichtsfähiger Anteil im menschlichen Gehirn kann der präfrontale Cortex die panische Amygdala beruhigen. Er kann die Situation analysieren und uns mitteilen, dass keine Lebensgefahr besteht. Wir können lernen, den Unterschied zwischen biologischer Panik und einer echten Bedrohung zu verstehen. Wir lernen, dass die Version von uns, die von den Neurohormonen projiziert wird, nicht unser wahres Selbst ist, auch wenn es sich im Chaos des Sturms anders anfühlt.

Bei Männern tritt kein derartiger Prozess auf. Obwohl das weibliche und das männliche Gehirn physisch aus demselben Ausgangsmaterial bestehen, erzeugen die Hormonwellen messbare strukturelle Unterschiede. Wie die zwei Küsten der Florida Keys oder die Karibikküste und die Pazifikküste von Costa Rica werden Umwelt, Struktur und Erfahrung durch die Wucht und die Häufigkeit der Wellen radikal anders beeinflusst.

Resilienz

Wellen sind die Crux der Weiblichkeit, doch sie bringen die ausgesprochen weibliche Kraft der Resilienz zum Vorschein. Resilienz ist die Fähigkeit, schnell wieder in eine Wohlfühlzone zurückzufinden, wenn das System oder die Person aus dem Gleichgewicht geraten ist. Resilienz ist der entscheidende Faktor, der nicht nur zum Überleben eines Systems beiträgt, sondern auch dessen Chance erhöht, sein volles Potenzial auszuschöpfen. Aber Resilienz lässt sich nur durch das Abpuffern destabilisierender Kräfte (wie jener Wellen, denen das weibliche Gehirn ausgesetzt ist) aufbauen und stärken.

In der weiblichen Psyche spiegelt sich die Fähigkeit, inmitten neurochemischer Stürme auf diesen Wellen zu surfen, als Kernelement unseres Mutes, unserer Kraft, unseres Willens, unserer Handlungsfähigkeit und unserer Energie. Die Wogen erzeugen gerade eben genug Leid, um uns dazu zu verhelfen, unsere besten Eigenschaften zu erkennen. Der Tanz der Jugend, jener Hormone, die uns in der Arena unablässiger Errungenschaften – Ehe, Kinder, Karriere, Geld – gefangen halten, endet, wenn die Eierstöcke nicht mehr auf die Forderungen des Gehirns nach Östrogen, Testosteron und Progesteron reagieren.

Das Anbranden dieser dramatischen Wellen löscht die Festplatte erneut, um sie für das Upgrade vorzubereiten, eine Phase, in der die erhöhte Wachsamkeit in Bezug auf Überleben, Kinder und Beziehungen zur Ruhe kommt und die Filter der Sorge, wie wir auf andere wirken könnten, fallen. Wer die Tür des Upgrades durchschreitet, hat wieder klare Sicht auf das positive, authentische Selbst. Um Ihre wahre Kraft zu entdecken, müssen Sie durchs Feuer gehen, doch nach dem Sturm wartet Weisheit. Jetzt wird Ihnen klar, dass das, was Sie für feminine Kräfte hielten – die zweitrangige Macht der weiblichen Sexualität –, lediglich Dekoration war.

Gemeinschaft

Bei Kriegsveteranen verändern sich durch ihre Erlebnisse Denkstrukturen und Nervensystem. Frauen ergeht es ebenso. Veteranen schließen sich zusammen, weil sie wissen, dass die anderen ähnlich empfinden. Frauen in den Wechseljahren wissen instinktiv, dass jemand, der nie an der Front dieser speziellen Hormonschlacht stand, sie niemals vollständig verstehen kann.

Im Upgrade kehren wir keineswegs zu einer alten Version unserer selbst zurück. Das Mädchen, das wir einst waren, bleibt Teil unserer Vergangenheit. Im Verlauf der Jahrzehnte, die wir in einer biologischen Kriegszone zugebracht haben, in der wir Woche für Woche durchgewirbelt wurden, weil Gene, die mit Krankheitsabwehr, Stress, Sexualtrieb und geistiger Frische zusammenhängen, in atemberaubendem Tempo an- und abgeschaltet wurden, haben wir uns dauerhaft verändert. Dieses Schlachtfeld hat uns zu dem gemacht, was wir sind: instinktive Wesen, die andere Menschen und die Realität mit allen Antennen wahrnehmen und begreifen.

Im Upgrade wird uns bewusst, dass unser Bauchgefühl uns stärker macht. Es ergänzt die Intuition, jenes Aufsaugen von Informationen, das so schnell abläuft, dass wir den Input kaum zerlegen können, und es schiebt die leichter verfügbaren Spiegelneuronen in den Vordergrund, die uns gestatten, das Nervensystem unseres Gegenübers wahrzunehmen und einander instinktiv zu verstehen. Ich will keineswegs behaupten, dass Männer kein derartiges Bauchgefühl hätten. Was sie jedoch nicht kennen, sind die Hormonwellen, die uns für die optimale Verfügbarkeit dieses Bauchgefühls sensibilisiert und aufgebrochen haben.

Wenn kein Y-Chromosom auftauchen würde, würde jeder Embryo weiblich bleiben. Ohne anhaltende Testosteronproduktion entwickeln sich automatisch Uterus, Ovarien und Klitoris. Das Grundgeschlecht des Menschen ist das weibliche. Wellen sind eine Urkraft der Natur. Das Männliche ist somit eine Rippe des Weiblichen und das andere Geschlecht, das von Wellen unberührt in einer schmaleren Wohlfühlzone existiert. Die weibliche Kraft tanzt außerhalb dieser Zone in dem Wissen, dass das Durchrütteln der Normalität nicht mit Zerstörung endet, sondern mit Transformation.