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Dieser 'Landwirtschaftliche Kurs' wurde 1924 für eine Gruppe von Landwirten aus der anthroposophischen Bewegung gehalten. Aus ihm entwickelte sich die als 'biologisch-dynamisch' bezeichnete Anbauweise. Der Kurs gibt aber nicht einfach Anleitungen oder Rezepte, die nach Belieben gehandhabt werden können, sondern er bildet vielmehr den Ausgangspunkt für eine Neuorientierung und für eine Erweiterung des Blickes auf die spirituellen Grundlagen der Landwirtschaft.
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Rudolf Steiner
Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft
Acht Vorträge, eine Ansprache und vier Fragenbeantwortungen, gehalten in Koberwitz bei Breslau vom 7. bis 16. Juni 1924
Mit einem Anhang:
Aufzeichnungen Rudolf Steiners zum Landwirtschaftlichen Kurs und farbige Wiedergaben der Tafelzeichnungen
RUDOLF STEINER VERLAG
Zu den Veröffentlichungen aus dem Vortragswerk von Rudolf Steiner
Die Gesamtausgabe der Werke Rudolf Steiners (1861–1925) gliedert sich in die drei großen Abteilungen: Schriften – Vorträge – künstlerisches Werk (siehe die Übersicht am Schluß des Bandes).
Von den in den Jahren 1900 bis 1924 sowohl öffentlich wie für Mitglieder der Theosophischen, später Anthroposophischen Gesellschaft zahlreichen frei gehaltenen Vorträgen und Kursen hatte Rudolf Steiner ursprünglich nicht gewollt, daß sie schriftlich festgehalten würden, da sie von ihm als «mündliche, nicht zum Druck bestimmte Mitteilungen» gedacht waren. Nachdem aber zunehmend unvollständige und fehlerhafte Hörernachschriften angefertigt und verbreitet wurden, sah er sich veranlaßt, das Nachschreiben zu regeln. Mit dieser Aufgabe betraute er Marie Steiner-von Sivers. Ihr oblag die Bestimmung der Stenographierenden, die Verwaltung der Nachschriften und die für die Herausgabe notwendige Durchsicht der Texte. Da Rudolf Steiner aus Zeitmangel nur in ganz wenigen Fällen die Nachschriften selbst korrigieren konnte, muß gegenüber allen Vortrags Veröffentlichungen sein Vorbehalt berücksichtigt werden: «Es wird eben nur hingenommen werden müssen, daß in den von mir nicht nachgesehenen Vorlagen sich Fehlerhaftes findet.»
Über das Verhältnis der Mitgliedervorträge, welche zunächst nur als interne Manuskriptdrucke zugänglich waren, zu seinen öffentlichen Schriften äußert sich Rudolf Steiner in seiner Selbstbiographie «Mein Lebensgang» (35. Kapitel). Der entsprechende Wortlaut ist am Schluß dieses Bandes wiedergegeben. Das dort Gesagte gilt gleichermaßen auch für die Kurse zu einzelnen Fachgebieten, welche sich an einen begrenzten, mit den Grundlagen der Geisteswissenschaft vertrauten Teilnehmerkreis richteten.
Nach dem Tode von Marie Steiner (1867–1948) wurde gemäß ihren Richtlinien mit der Herausgabe einer Rudolf Steiner Gesamtausgabe begonnen. Der vorliegende Band bildet einen Bestandteil dieser Gesamtausgabe. Soweit erforderlich, finden sich nähere Angaben zu den Textunterlagen am Beginn der Hinweise.
Ausführliche Inhaltsangabe
Zur Einführung
Nachträglicher Bericht Rudolf Steiners über den Landwirtschaftlichen Kurs, Dornach, 20. Juni 1924
Erster Vortrag,Koberwitz, 7. Juni 1924
Vorrede und Einleitung zum Kurs
Emanzipation des menschlichen und tierischen Lebens von der äußeren Welt
Das planetarische Leben. Das irdische Leben. Das Leben der Kieselsubstanz in der Welt. Kalksubstanz. Einjährige Pflanzen. Dauerpflanzen. Planetarische Aufgangsperioden.
Die Bedingungen zum Gedeihen der Landwirtschaft
Zweiter Vortrag, 10. Juni 1924
Die Kräfte der Erde und des Kosmos
Der Erdboden als wirkliches Organ. Die landwirtschaftliche Individualität. Lebendige Wechselwirkung. Das zurückgestrahlte Kosmische. Die innerliche Lebendigkeit. Kosmischer Chemismus. Kosmische Aufwärtsströmung. Das unmittelbar Terrestrische. Blütenwärme – Wurzelwärme. Die Kristallisationskraft.
In der Zeit fortlebende Individualität. Das Samenchaos. Natürliche Humusbildung. Das ABC des ganzen Pflanzenwachstums. Das Sonnenhafte.
Die große Umwandlung des Innern der Natur. Kosmische qualitative Analyse. Form- und Farbengestalt des Tieres. Struktur und Konsistenz seiner Substanz.
Dritter Vortrag, 11. Juni 1924
Exkurs in die Tätigkeit der Natur: Die Wirkung des Geistes in der Natur
Bedeutung und Einfluß des Stickstoffs auf die gesamte landwirtschaftliche Produktion. Die Betätigung des Stickstoffs im Weltenall. Die Tätigkeit des Schwefels. Schwefel, der Träger des Geistigen. Die Bedeutung des Kohlenstoffs im Weltall. Der Kohlenstoff, der Träger aller Gestaltungsprozesse in der Natur. Der Sauerstoff unter und über der Erde. Der Sauerstoff, der Träger des lebendigen Äthers. Der Stickstoff über und in der Erde. Der Stickstoff, der Träger der Empfindung. Der Wasserstoff als Träger in die Weiten des Weltenalls.
Die Eiweiß-Urstoffe und das Samenchaos. Kalk und Kiesel als Grundlage des Pflanzenwachstums. Die Schmetterlingsblütler. Der Ton.
Vierter Vortrag, 12. Juni 1924
Kräfte und Substanzen, die in das Geistige hereingehen:
Die Düngungsfrage
Das Düngen im Haushalt der Natur. Die Wirkungsweise des Stofflichen, der Kräfte, und die Wirkungsweise des Geistigen. Das Wesen des Baumes im Gegensatz zur einjährigen Pflanze. Aufgestülpte Erde. Das Wesen einer gedüngten Erde. Persönliches Verhältnis zum Dünger. Kraftwirkungen im Innern des Organischen. Belebung des Erdigen selber.
Kompost. Hornbildung – Geweihbildung. Der gewöhnliche Stalldünger. Bakterien und Güte des Düngers. Konzentrierte, belebende Düngungskraft in dem Inhalte des Kuhhorns. Verdünnen und Rühren des Kuhhornmistes. Übersommern von Quarz oder Feldspat in der Erde.
Der Mensch als Grundlage der Betrachtung.
Fragenbeantwortung, 12. Juni 1924
Verdünnung, Rühren und Verteilung des Kuhhornmistes. Aufbewahrung und Verwendung der Kuhhörner. Ins-Chaos-Treiben des Samens. Reproduktionsfähigkeit und Nahrhaftigkeit in den Getreidepflanzen.
Die Beobachtung des Makrokosmischen als Aufgabe der Geisteswissenschaft: Erd- und Pflanzenwachstum
Fünfter Vortrag, 13. Juni 1924
Die richtige Substantiierung des Düngers
Behandlung mit unorganischen Substanzverbindungen. Die direkte Belebung der Erde mit Organischem. Homöopathische Dosierung aus dem Weltenkreis. Substantielle, lebendige und strahlende Kräfte. Die Schafgarbe im Naturprozeß des Pflanzenwachstums. Das Edelwild und die Kräfte des Kosmos. Die Kalziumwirkungen und Chamomilla officinalis. Die Brennessel, die größte Wohltäterin des Pflanzenwachstums. Die Durchvernünftung des Bodens. Pflanzennatur und Pflanzenkrankheiten. Die Eiche. Kieselsäureaufnahme der Erde. Gegenseitiges Qualitätsverhältnis in den organischen Prozessen. Wechselwirkung zwischen Kieselsäure und Kalium. Der Löwenzahn. Valeriana officinalis.
Fragenbeantwortung, 13. Juni 1924
Allgemeine Dungpflege. Einzelnes zu den Dungpräparaten. Nahrungsaufnahme aus der Atmosphäre.
Die Individualisierung in den Maßnahmen der Landwirtschaft
Sechster Vortrag, 14. Juni 1924
Das Wesen des Unkrautes, der tierischen Schädlinge und der sogenannten Pflanzenkrankheiten vor dem Forum der Natur
Die Kalk- und Kieselwirkungen der Erde. Die Planetenwirkungen. Mondeinflüsse und Keimestätigkeit in der Erde. Die Fruchtbildung befördernde Kräfte. Unterbindung der Mondenwirkung bei den Unkräutern. Die Asche. Planetensystem und Tierkreis. Mond- und Venuswirkungen beim Tierreich. Charakteristisches Beispiel: Die Feldmaus. Kosmische Einflüsse bei Insekten und niederem Getier. Die Rübennematode. Die Sonne im Tierkreis. Normalität und Krankheiten bei Pflanzen und Tieren. Mondenwirkung und parasitäre Pilzbildung. Equisetum arvense.
Fragenbeantwortung, 14. Juni 1924
Über Wasserunkräuter, Kohlhernie, Pilzkrankheiten der Weinrebe, Brand. Zur Frage der Konstellationen. Der mineralische Dünger.
Siebenter Vortrag, 15. Juni 1924
Die naturintimeren Wechselwirkungen: Das Verhältnis von Feldwirtschaft, Obstwirtschaft und Viehzucht
Der Baum im ganzen Haushalt der Natur. Kraut- und Getreidepflanzen. Das Kambium. Erdpflanzengeruch und Baumgeruch. Das Wesen der Wurzel. Die Verwandtschaft der Pflanzen zur Insektenwelt. Die Regenwürmer. Die Vogelwelt. Wechselverhältnis von Wald, Feld und Wiese: Die Regulierung des Waldes. Innere Verwandtschaft der strauchartigen Gewächse zum Säugetierwesen. Intime Beziehung alles Pilzigen zur niederen Tierwelt.
Das Verhältnis des Pflanzlichen zum Tierischen, des Tierischen zum Pflanzlichen. Das Geben und Nehmen in der Natur.
Achter Vortrag, 16. Juni 1924
Das Wesen der Fütterung
Die Zweigliederung im tierischen Organismus. Irdische und kosmische Stofflichkeit. Irdische und kosmische Kräfte. Die Landwirtschaft als Organismus. Die Ich-Anlage im Dünger. Die werdende Ich-Kraft in der Erde.
Die Landwirtschaft als Individualität. Das Zusammenwirken der Stoff- und Kräfteströmung bei Milch-, Arbeits- und Masttieren. Die Wurzelnahrung. Der Leinsamen. Das Heu. Die Kleearten. Das Kochen der Nahrungsmittel. Das Salz. Tomate und Kartoffel.
Die Landwirtschaft im innersten Zusammenhang mit dem sozialen Leben.
Fragenbeantwortung, 16. Juni 1924
Dung und Jauche. Zur Frage der Gestirnkonstellationen. Die Rolle der Elektrizität in der Natur. Die Säuerung des Futters. Die Gründüngung. Die Verwendung des Menschendüngers. Moralität und Gesinnung.
Ansprache, 11. Juni 1924
Hinweise der Herausgeber zum Aufgreifen der Arbeit (1963)
Hinweise: Zu dieser Ausgabe / Hinweise zum Text
Personenregister
Korrekturen in der Auflage 1999
Sachwortregister
Aufzeichnungen Rudolf Steiners zum Landwirtschaftlichen Kurs
Rudolf Steiner über die Vortragsnachschriften
Übersicht über die Rudolf Steiner Gesamtausgabe
8 farbige Wandtafeln von Rudolf Steiner
Zur Einführung
Dornach, 20. Juni 1924
Ich bin eben zurückgekommen von der Reise nach Breslau-Koberwitz, die ja vor allen Dingen diesmal einem bestimmten Ziel gedient hat; aber das spezielle Ziel war verbunden mit einem ganz Allgemein- Anthroposophischen. Zunächst handelt es sich ja darum, wie Sie wissen, daß eine Anzahl von Landwirten, die innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft stehen, gewünscht haben, daß für sie ein Kursus gehalten werde mit besonderen landwirtschaftlichen Gesichtspunkten, mit Dingen, die die Landwirtschaft betreffen. Es waren wirklich weithinzugereist diejenigen, die innerhalb unserer Gesellschaft Landwirte sind, um in ganz ernster Weise für dasjenige, was aus anthroposophischer Forschung heraus für dieses Gebiet des menschlichen Arbeitens gegeben werden kann, Gesichtspunkte zu bekommen.
Bei solch einem praktischen Lebensgebiete handelt es sich ja natürlich durchaus auch um Gesichtspunkte für das Arbeiten, nicht um irgendwelche Theorien. Deshalb wurden auch durchaus praktische Gesichtspunkte erwartet.
Nun war diese Veranstaltung eine in sich geschlossene und für die Teilnehmer außerordentlich befriedigende, weil die Teilnehmer an diesem landwirtschaftlichen Kursus einschließlich derjenigen Mitglieder des Vorstandes vom Goetheanum, die anwesend sein konnten, Frau Dr. Steiner,Frl. Vreede und Dr. Wachsmuth, Gäste waren im Schlosse Koberwitz bei unserem lieben Freunde, dem Grafen Keyserlingk.
Und man darf wohl sagen, es war eine ganz außerordentlich im anthroposophischen Sinne gehaltene Aufnahme. Denn es war eben nicht gerade eine Kleinigkeit, an einem Orte, wohin man ja von Breslau mit dem Auto immerhin dreiviertel Stunden fährt, eine ganze Gesellschaft nicht nur sich niedersetzen zu lassen zu Vorträgen, sondern auch ganz reichlich zu bewirten. Die Gesellschaft bestand ja immerhin aus mehr als hundert Teilnehmern, die jeden Tag bewirtet werden mußten.
Die Gesellschaft kam gewöhnlich um die elfte Stunde nach Koberwitz. In Koberwitz konnten die Leute nicht wohnen, sie kamen von Breslau aus nach Koberwitz. Und dann begann zunächst der Vortrag, der bis ein Uhr dauerte. Dann verwandelte sich bald der Vortrag in das Frühstück, wobei die Gäste fast das ganze Schloß benützen konnten und alles, was dazu gehört, was sehr interessant ist. Dann dauerte das bis gegen einhalb oder dreiviertel zwei Uhr. Dann war noch eine Aussprache über landwirtschaftliche Gegenstände bis drei Uhr. Das war also der Koberwitzer Teil der ganzen Veranstaltung. Das ging durch zehn Tage hindurch.
Sie sehen also, welch reichliches Entgegenkommen da war. Nun muß ich ja sagen, leicht ist es aber dennoch der Gräfin und dem Grafen Keyserlingk nicht geworden, diesen Kursus zu veranstalten, denn er war lange versprochen, und ich konnte immer wieder nicht hinkommen. Deshalb war ja schon bei der Weihnachtstagung der Neffe des Grafen Keyserlingk hier in Dornach, und dem Neffen wurde dazumal gesagt, als er hierher geschickt wurde: Entweder bringst du mir das ganz bestimmte Versprechen, daß noch im nächsten Halbjahr dieser Kursus stattfinden werde, oder du kommst mir überhaupt nicht nach Hause. Unter diesen Auspizien ist dann der Neffe, der ja auch sonst manches Merkwürdige in der Welt zustande gebracht hat, hier erschienen und hat tatsächlich so eindringlich gesprochen, daß ich ihm sagte, sobald es nur irgend sein könne, würde der Kursus stattfinden.
Nun konnte er nicht früher sein, fand also zu Pfingsten statt. Es war ein schönes Pfingstfest, ein recht anthroposophisches Pfingstfest.
Es ist etwas sehr Eigentümliches um dieses Gut Koberwitz und seine Umgebung. Es gehört ja zum Gut Koberwitz eine Landwirtschaft von dreißigtausend Morgen. Es ist eines der größten Güter. Es kann also schon sehr viel von der Landwirtschaft dort besehen werden. Es wurde auch dort sehr viel gesehen, denn es wurde alles mit einem außerordentlichen Entgegenkommen gezeigt.
Eines fällt einem sogleich auf, wenn man ankommt in Koberwitz und die erste Verrichtung vollbringen will, sich die Hände zu waschen: man merkt sogleich, daß im Waschbecken Eisen drinnen ist. Der Boden in Koberwitz ist nämlich ein Boden, der eisenhaltig ist. Und ich denke tatsächlich daran, daß dieser Boden in der mannigfaltigsten Weise noch Verwendung finden könnte, denn er ist außerordentlich eisenreich.
Nun fand ich tatsächlich dieses Entgegenkommen des Eisens überall. Und deshalb sagte ich gleich beim ersten Mittag, um die Hausleute zu begrüßen, daß es einem vor allen Dingen auffällt, daß in Koberwitz alles aus Eisen ist: der Neffe war schon aus Eisen in seinen Forderungen, als er hier zu Weihnachten erschien; der Boden ist ganz eisengetränkt, und dort herrscht etwas Zielbewußtes und Energisches, so daß ich nicht anders sagen konnte, als: die eiserne Gräfin und der eiserne Graf. Es war auch tatsächlich in dem moralischen Verhalten etwas durchaus Eisernes.
Bei dem landwirtschaftlichen Kursus handelte es sich dann darum, zunächst zu entwickeln, welches die Bedingungen des Gedeihens der verschiedenen Gebiete der Landwirtschaft sind. Da gibt es ja außerordentlich interessante Gebiete, Pflanzenwachstum, Tierzucht, Waldwirtschaft, Gartenwirtschaft und so weiter. Dann dasjenige, was zum Allerinteressantesten gehört, die Geheimnisse des Düngens, die außerordentlich wirkliche Geheimnisse sind.
Für alles dieses wurden zunächst die Prinzipien, die Zusammenhänge entwickelt, die ja deshalb in der gegenwärtigen Zeit ganz besonders bedeutsam erscheinen, weil ja, so sehr man es glauben mag oder nicht, gerade die Landwirtschaft unter der materialistischen Weltanschauung am allermeisten von rationellen Prinzipien abgekommen ist. Und die wenigsten Menschen wissen ja, daß im Laufe der letzten Jahrzehnte sich innerhalb der Landwirtschaft das ergeben hat, daß alle Produkte, von denen der Mensch eigentlich lebt, degenerieren, und zwar in einem außerordentlich raschen Maßstab degenerieren.
Es ist schon so, daß nicht etwa bloß die moralische Entwickelung der Menschheit in der Gegenwart, in der Zeit des Überganges vom Kali Yuga zu dem lichten Zeitalter, im Degenerieren ist, sondern es ist dasjenige, was der Mensch mit seinen Maßnahmen aus der Erde und aus dem, was unmittelbar darüber ist, gemacht hat, in einem raschen Degenerieren, das statistisch heute festgestellt ist, das besprochen wird in landwirtschaftlichen Vereinigungen zum Beispiel, dem gegenüber eben nur die Menschen machtlos sind.
Und so kann sich heute auch schon der materialistische Landwirt, wenn er überhaupt nicht ganz dumpf dahinlebt, sondern etwas nachdenkt über die Dinge, die sich ja täglich oder wenigstens jährlich ergeben, ungefähr ausrechnen, in wieviel Jahrzehnten die Produkte so degeneriert sein werden, daß sie noch im Laufe dieses Jahrhunderts nicht mehr zur Nahrung der Menschen dienen können.
Also es handelt sich dabei durchaus um eine Frage, die im allereminentesten Sinne eine, ich möchte sagen, kosmisch-irdische Frage ist. Gerade bei der Landwirtschaft zeigt es sich, daß aus dem Geiste heraus Kräfte geholt werden müssen, die heute ganz unbekannt sind, und die nicht nur die Bedeutung haben, daß etwa die Landwirtschaft ein bißchen verbessert wird, sondern die die Bedeutung haben, daß überhaupt das Leben der Menschen – der Mensch muß ja von dem leben, was die Erde trägt –, eben weitergehen könne auf Erden auch im physischen Sinne.
Es handelte sich also schon um ein ganz beträchtliches Thema. Und die Prinzipien, die dann angegeben wurden, um zu zeigen, unter welchen Bedingungen sich Pflanzen entwickeln in der verschiedensten Art, die Tiere entwickeln, die Prinzipien, nach denen gedüngt werden muß, nach denen das Unkraut entfernt werden muß, nach denen die Schädlinge der Landwirtschaft, die Parasiten vertilgt werden können, nach denen die Pflanzenkrankheiten bekämpft werden können, all das sind ja heute auf dem Gebiete der Landwirtschaft außerordentlich eklatante Fragen.
Nachdem diese Prinzipien besprochen worden sind, wurde dann übergegangen zu dem, was nun zunächst zu tun ist, um es dahin zu bringen, daß eine Düngerreform kommt, eine Reform in der Bekämpfung des Unkrautes und der tierischen Pflanzenschädlinge, der Parasiten, und in der Bekämpfung der Pflanzenkrankheiten. Und es hat sich nun im Anschlüsse an den Kursus und die jeden Tag an den Kursus sich anschließenden Besprechungen ein Ring, wie der Graf Keyserlingk es nannte, der dost versammelten anthroposophischen Landwirte gebildet, der im engsten Zusammenhänge mit der Naturwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum hier arbeiten will. So daß die Naturwissenschaftliche Sektion Prinzipien auszuarbeiten hat nach den Grundlagen, die zunächst über die geologische Bodenbeschaffenheit, über die sonstige Bodenbeschaffenheit, über die Futtermöglichkeiten, über die Dungmöglichkeiten, über alle Gebiete, die eben in Betracht kommen, Nähe des Waldes, klimatische Verhältnisse und so weiter. Nachdem diese Angaben in der entsprechenden Weise gemacht sind von seiten der landwirtschaftlichen Fachleute, werden hier die Prinzipien dann ausgearbeitet werden, nach denen die weiteren Versuche nun zu gestalten sind, um dasjenige, was als praktische Winke im Kurse gegeben worden oder in den Diskussionen noch angeführt worden ist, tatsächlich so auszuprobieren, daß jeder dann sagen kann, wenn auch manches heute noch absonderlich erscheint: Wir haben es probiert, es geht.
Dazu soll also dieser Ring von Landwirten da sein, der im engsten Zusammenhänge mit der Naturwissenschaftlichen Sektion und auch mit Frl. Dr. Vreede, weil astronomische Angaben dazu notwendig sind, arbeiten wird.
Selbstverständlich wird in der mannigfaltigsten Weise überhaupt die ganze Freie Hochschule, insbesondere die Medizinische Sektion auch dabei beteiligt sein. So daß also gerade nach den Intentionen, die von unseren Freunden, namentlich von unseren Freunden Graf Keyserlingk und Herrn Stegemann, ausgearbeitet worden sind während des Kurses, die Sache hoffentlich nun auch auf praktischem Gebiete einen günstigeren Verlauf nimmt als manches, was unter anderen Auspizien, unter nicht so sachgemäßen Auspizien in der letzten Zeit von manchen unternommen worden ist.
Die Bedingung des Gelingens besteht aber in folgendem, und es wurde strenge betont, wiederholt immer wieder und wiederum, daß dasjenige, was der Inhalt dieses Kurses war, zunächst das geistige Eigentum des Ringes der Landwirte bleibt, der praktischen Landwirte. Es waren ja auch Interessenten der Landwirtschaft da, die dann nicht in den Ring eintreten konnten, denen ist es ausdrücklich auferlegt worden, daß nicht in altgewohnter anthroposophischer Weise gleich wiederum alles an jeden ausgeschwatzt wird, denn die Dinge können nur dann ihre praktische Bedeutung erlangen, wenn zunächst dasjenige, was Inhalt des Kursus war, im fachmännischen Kreise bleibt, von Landwirten ausgeprüft wird. Manche Dinge werden vier Jahre zum Ausprobieren brauchen. Während dieser Zeit wird dasjenige, was an praktischen Winken gegeben worden ist, nicht über den Kreis der landwirtschaftlichen Gemeinschaft hinauskommen, weil es gar keinen Zweck hat, daß man über die Dinge bloß redet, sondern die Dinge sind eben dazu da, daß sie tatsächlich in die Lebenspraxis hereinkommen. Und jeder begeht ein Unrecht, der dort die Dinge gehört hat, und sie etwa irgendwie ausschwätzt.
Das sind die Dinge, die sich zunächst auf den, wie ich glaube, fruchtbaren landwirtschaftlichen Kursus beziehen.
Es konnte auch noch in Breslau eine Eurythmie-Vorstellung stattfinden, die am Pfingstsonntag morgens war, die außerordentlich stark besucht war, und die in einer außerordentlich günstigen Weise aufgenommen worden ist.
Außer diesen Veranstaltungen fanden zahlreiche andere statt. Vor allen Dingen morgens dauerten die landwirtschaftlichen Debatten von etwa viertel nach elf Uhr bis nachmittags drei Uhr. Das war in Koberwitz draußen, wie gesagt. Die anderen Dinge waren in Breslau drinnen – was dazwischen liegt, werde ich nachher sagen –, und jeder Tag wurde damit abgeschlossen, daß ein anthroposophischer Vortrag für Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft stattfand, der sich im wesentlichen auch mit den Karmafragen beschäftigte, die ja hier schon seit Wochen den Gegenstand der Betrachtungen bildeten. Sie wurden dort in neun Vorträgen zusammengefaßt. Ich habe einen kurzenBericht über die ganze Sache ja schon gegeben in dem Mitteilungsblatte, das dem «Goetheanum» beiliegt, das eben heute herausgekommen ist. Da ist schon über die ganze Breslauer Veranstaltung berichtet. Ich darf auch dabei sogleich wieder betonen: Aus dem, was nun an den verschiedensten Orten erprobt werden konnte, in Prag, in Bern, in Paris, jetzt wieder in Breslau, darf ich sagen, daß dasjenige, was von der Weihnachtstagung ausgegangen ist, dieser esoterische Zug, der jetzt durch die ganze Anthroposophische Gesellschaft geht, der das Neue, man könnte sagen eigentlich dasjenige ist, was nach der wirklichen Neubegründung der Anthroposophischen Gesellschaft jetzt da ist, früher nicht da war, daß das nun von den Herzen überall in einer wirklich, in einer deutlich befriedigenden nicht nur, sondern außerordentlich seelenhaften Weise entgegengenommen wird; so daß wirklich die begründete Hoffnung besteht, daß jetzt, nachdem die Anthroposophische Gesellschaft durch die Weihnachtstagung ihre Spiritualität gewonnen hat, bewußt spirituell schon von dem esoterischen Vorstand in Dornach gearbeitet wird, daß jetzt tatsächlich überall bemerkt werden kann, daß nicht nur die Strömung nach auswärts geht, sondern daß die Herzen der Teilnehmer dieser Strömung durchaus entgegenkommen.
Man konnte das bei den Abendvorträgen, bei den Mitgliedervorträgen am Abend sehr, sehr deutlich sehen. Und die Herzlichkeit außerdem, mit der Breslau und Koberwitz auch diesen Vorträgen entgegengekommen ist, die gestaltete sich wirklich in einer spirituellorganisatorischen Weise aus, denn es war tiefes anthroposophisches Verständnis, und es hatte sich auch umgesetzt, in der Materie verwirklicht. Ich brauche das nur zu erwähnen, daß am letzten Abend, am Montag Abend in Breslau, dann statt des Vortrages alles beschlossen wurde mit einem geselligen Zusammensein. Es waren ja wirklich von weither viele Mitglieder zugereist, lange Zeit hatten die Mitglieder der deutschen Gegenden nicht so etwas gehabt, es waren von weither, von Süddeutschland, von Westdeutschland, von den näheren Gegenden auch selbstverständlich die Mitglieder zugereist, so daß große Säle von den Mitgliedern überfüllt waren. Am letzten Abend, beim geselligen Zusammensein, nachdem am Sonntag viele oder die meisten fortreisen mußten, waren eben immerhin noch so dreihundertsiebzig Mitglieder anwesend, die nun alle zum Abendbrot bewirtet wurden drinnen in Breslau von dem Hause Keyserlingk.
Sie müssen sich also nur vorstellen, daß in einem Lokal in Breslau, hineingebracht auf Lastautos, alles dasjenige war, was für die Bewirtung von dreihundertsiebzig Anthroposophen, die an diesem Abend, wie ich beim Herumgehen bemerkte, einen außerordentlich guten Appetit hatten, nötig war. – Ja, das geschieht so beim Bilder- anschauen, man ist niemals so hungrig, als wenn man durch Bildergalerien gegangen ist, das geschieht offenbar auch so bei anthroposophischen Vorträgen. Da hat es sich in den Tagen zusammengesammelt. Aber das Schönste war das, daß die Anthroposophen einen großen Appetit hatten, dreihundertsiebzig an der Zahl waren, und daß noch eine ganze Menge übriggeblieben ist.
Diese Vorträge bildeten also den Schluß des Tages, so daß vom landwirtschaftlichen Kursus und von den anthroposophischen Mitgliederversammlungen die ganze Veranstaltung eingerahmt war.
Zwischendrinnen war ein Kursus über künstlerische Sprachgestaltung von Frau Dr. Steiner; es waren zwei Versammlungen für die Breslauer Jugendgruppe; es waren zwei Klassenstunden. Und am letzten Sonntag kam noch etwas dazu. Da fand sich Herr Kugelmannmit seiner Schauspielertruppe ein, die neue künstlerische Bühnenspiele begründet haben unter den Anregungen des Sprachkursus, der vor zwei Jahren hier am Goetheanum war, und die uns die «Iphigenie» vorführen wollten, was tatsächlich mit Bezug auf alles dasjenige, was aus dem Sprachkursus hervorgegangen ist, eine ganz vielversprechende, zunächst vielversprechende Sache war.
Die Zeit war reichlich, wirklich reichlich ausgefüllt, aber es war eben auch möglich, mancherlei zu bringen für Mitglieder, die lange Zeit entbehrt haben, überhaupt an einer anthroposophischen Veranstaltung teilnehmen zu können.
Zwischen diesen Dingen waren dann die Begehungen der Güter. Man schaute sich dasjenige an, was auf dem Gute zu sehen war, wobei natürlich immer in alle diese Dinge in Mitteleuropa dasjenige hineinspielt heute, was sich so deutlich bemerkbar macht in der absolut zusammenbrechenden Wirtschaft. Ich meine das Wirtschaftsleben im allgemeinen. Das Gut Koberwitz ist ja in ausgezeichneter Weise bewirtschaftet, die Landwirtschaft muß ja natürlich fortgehen, aber das Wirtschaftsleben ist schon in einem furchtbaren Zustande in Deutschland. Nun, am Montag waren dann, ich glaube um elf Uhr abends, die Veranstaltungen zu Ende.
Dann konnte ich am Dienstag herüberfahren nach Jena-Lauenstein, wo eine Anzahl unserer jüngeren Freunde mit Frl. Dr. Ilse Knauerzusammen eine Heil- und Erziehungsstätte begründen für nicht nur schwach begabte, sondern wirklich konstitutionell kranke Kinder, die er20gen werden und so weit gebracht werden sollen, als es eben geht. Dieses Institut ist wie gesagt in Begründung begriffen. Ich konnte die Sache etwas inaugurieren und konnte die ersten aufgenommenen Kinder sehen. So daß wir die Sache in Lauenstein, in der Nähe von Jena, sozusagen haben auf die Beine bringen können.
Dann bin ich eben über Stuttgart hierher gekommen. Nicht wahr, in Stuttgart ist ja vor allen Dingen dasjenige heute – von dem übrigen abgesehen – das außerordentlich Bedrückende, daß in der Waldorfschule, die in pädagogisch-didaktischer und in geistiger Beziehung so außerordentliche Fortschritte macht, das Wirtschaftliche geradezu trostlos ist. Sie müssen nur bedenken, heute morgen zum Beispiel habe ich die fünfte Klasse wiederum so einrichten müssen, daß aus zwei Klassen drei geworden sind, wir haben also jetzt die fünfte Klasse a, die fünfte Klasse b, die fünfte Klasse c. Auch die sechste Klasse haben wir in drei Abteilungen. Die meisten Klassen haben wir in zwei Abteilungen, selbst bis in die höheren Klassen hinauf. Wir haben über achthundert Schüler in der Waldorfschule. Die Sache geht außerordentlich gut fort in pädagogisch-didaktischer Beziehung und auch in geistiger Beziehung, aber das Wirtschaftliche der Waldorfschule ist geradezu trostlos, wirklich im tiefsten Sinne trostlos!
Sie müssen nur bedenken, wir hatten, sagen wir, in den Wochen vor Weihnachten noch einen Monatsetat in der Waldorfschule von etwa 6 000–8 000 Mark, was jetzt einem Monatsetat von 25 000–27 000 Mark infolge des ungeheuren Hinaufschnellens der Lebensmittelpreise in Deutschland entspricht. Das sind natürlich Dinge, die ganz furchtbar sind. Und wir standen vor einiger Zeit vor der finanziellen Situation, daß wir von diesen 25 000–27 000 Mark Monatsetat etwa 15 000–17 000 Mark nicht gedeckt haben, daß wir also mit einem Defizit im Monat werden zu rechnen haben in der nächsten Zeit von 15 000–17 000 Goldmark.
Das ist schon eine bedrückende Sache, die sehr schwer auf der Seele lastet, denn alles ist eingerichtet, ein Lehrerkollegium, das über vierzig Lehrer umfaßt, ist da, über achthundert Schüler sind da. Das alles geht natürlich außerordentlich schwierig weiterzutragen unter solchen wirtschaftlichen Voraussetzungen, und namentlich unter den wirtschaftlichen Aussichten, die da bestehen in Deutschland.
Nun ist es möglich gewesen, durch Opferwilligkeit von anthroposophischen Freunden zunächst für die nächsten drei, vier oder fünf Monate von diesem monatlichen Manko 10 000 Mark zu decken, so daß nur noch etwa 6 000–7 000 Mark monatlich etwa werden gedeckt werden müssen in den letzten Monaten. Die könnten ja auch gedeckt werden, aber es ist schon das wahr, meine lieben Freunde, daß eben in der anthroposophischen Gesellschaft doch, wenn es auf die Dinge ankommt, die etwas praktisch gehandhabt werden sollen, manche nichtpraktische Art des Verhaltens da ist.
Man braucht sich nur zu überlegen, wie ich bei einer Versammlung des Waldorfschulvereins kürzlich sagte, was hoffentlich recht weit hinausgetragen wird – denn diese Dinge weiter hinauszutragen ist viel wichtiger als dasjenige, was von Anthroposophen in der Gegenwart manchmal hinausgetragen wird –, ich sagte: wir haben in Deutschland ganz gering gerechnet 10 000 Anthroposophen. Wenn in jeder Woche überall gesammelt wird, in jeder Woche jeder nur 50 Pfennige gibt, so sind das in jeder Woche von 10 000 Anthroposophen 5 000 Mark, und es ist etwas, was mit Leichtigkeit zu handhaben wäre, wenn man es eben nur täte. So daß ich sagte: In der Anthroposophischen Gesellschaft ist es vielfach so, daß unsere Einrichtungen so schwach fundiert sind, daß die Leute, die gern ihr Geld geben würden – das ist eine Erfahrung –, absolut nicht wissen, auf welche Weise sie es losbringen können. Ja, es bleibt aber immerhin doch eine sehr schwer erträgliche Sache, diese Situation der Waldorfschule, und ich darf bei dieser Gelegenheit ja erwähnen, daß gerade durch die Opferwilligkeit der Schweizer Freunde in der letzten Zeit ein gar nicht unbeträchtlicher, sondern recht beträchtlicher Monatsetat teilweise durch direkte Beihilfe, aber namentlich durch Übernahme von Patenschaft für Kinder – Pate ist derjenige, der für ein Kind der Waldorfschule den Monatsetat von 25–27 Mark bezahlt – geleistet worden ist. Aber es bleibt natürlich doch eine sehr trübe Aussicht und etwas sehr, sehr Bedrückendes, diese Verhältnisse in der Waldorfschule.
Wenn sich etwa 250–300 Paten noch finden würden, und die Mitgliedsbeiträge besser einlaufen würden, Sammlungen stattfinden würden, so würde es aber gar nicht so schwierig sein. Nur natürlich muß ja gesagt werden, daß gegenwärtig in Deutschland eine gar nicht zu beschreibende Geldknappheit vorhanden ist. Nicht als ob keine Werte da wären, aber es ist eine solche Geldknappheit doch da, daß gar keine Zirkulation eigentlich möglich ist. Also das wirtschaftliche Leben ist schon in einer recht üblen Verfassung in Mitteleuropa.
Das ist so der Bericht, den ich Ihnen habe geben wollen. Alle diese Dinge zeigen, daß alles, was auf anthroposophischem Felde aus der anthroposophischen Bewegung heraus selber gemacht wird, eine sehr starke Kraft in der Gegenwart aufweist. Die ganze Gestalt, welche die Waldorfschule angenommen hat, zeigt schon eben eine sehr, sehr starke Kraft, die dem Anthroposophischen innewohnt. Und das tritt auch sonst hervor.
Bedürfnis ist vorhanden nach demjenigen, was Anthroposophie geben kann. Es war ein Sprachkursus, also ein Kursus für künstlerische Sprachbehandlung angesetzt, der in wenigen Stunden absolviert werden mußte, weil ja wirklich gar nicht die Zeit vorhanden war für so vieles. Aber da meldeten sich, ich glaube, 160 Leute oder so etwas. Man kann nicht in fünf Stunden 160 Leuten Sprachunterricht geben, so daß die Sache so eingerichtet werden mußte, daß etwa 30 Leute vorne saßen, die bekamen einen wirklichen Sprachunterricht; die andern konnten nur zuhören. Also Bedürfnis ist durchaus vorhanden, ein tiefes, ein intensives, ein weitgehendes Bedürfnis. Wir müßten nur in der Lage sein, die vorhandenen Kräfte wirklich flottzumachen, und wir müßten eben tatsächlich im anthroposophischen Wirken weiterkommen.
Es ist ja Tatsache, daß so etwas, wie es in Breslau der Fall war, hat zustande kommen können, eben durchaus dem Wirken, wie ich schon sagte, des eisernen Grafen und der eisernen Gräfin Keyserlingk und unserem alten Freunde, der ja fast so lange, als die anthroposophische Bewegung wirkt, seinerseits auch wirkt, dem Rektor Bartsch, zuzuschreiben, der als junger Mann begonnen hat, Anthroposoph zu sein, jetzt eben pensionierter Schulrektor geworden ist, aber noch immer so sehr jugendlich sich fühlt mit andern zusammen, daß er bei seinen Begrüßungsworten, die er mir am ersten Abend der Mitgliederversammlung, der Vorträge, gehalten hat, mich den Vater genannt hat, was er ganz außerordentlich stark während der ganzen zehn Tage hat büßen müssen!
Das ist der Bericht, den ich Ihnen habe geben wollen, meine lieben Freunde, von jener Veranstaltung, die Sie zweifellos schon deshalb interessieren muß, weil es vielleicht nun doch gelingt, auf einem bestimmten Gebiete, vom Anthroposophischen ausgehend, ins unmittelbare Leben hinein auch etwas zu bringen. Denn man sieht, es kann auf anthroposophischem Gebiete von beiden Seiten her, von dem höchst Spirituellen und von dem ganz Praktischen, von beiden Seiten her kann mitgewirkt werden. Und eigentlich erst dann wird richtig gewirkt, wenn diese beiden Seiten etwas ineinander verweben und miteinander in vollste Harmonie gebracht werden.
Die Fehler, die da im anthroposophischen Wirken sehr leicht entstehen können, die entstehen ja eben gerade dadurch, daß auf der einen Seite dasjenige, was spirituell ist, nicht ins wirkliche Leben übergeht, daß es eine Art Theorie, oder eine Art, ich möchte sagen, Glaube an Worte bleibt, nicht einmal an Gedanken, sondern Glaube an Worte bleibt, daß auf der anderen Seite wiederum nicht die Einsicht in richtiger Weise beizubringen ist, daß in das unmittelbar praktische Handhaben das Spirituelle wirklich eingreifen kann.
Sie müssen ja nur das eine bedenken, meine lieben Freunde, heute versteht eigentlich kein Mensch das Wesen des Düngens. Gewiß, es wird instinktiv durch Tradition aus alten Zeiten gemacht. Aber das Wesen des Düngens verstehen, das tut heute eigentlich kein Mensch. Es weiß kein Mensch im Grunde genommen – außer denjenigen, die das aus Geistigem heraus wissen können –, was eigentlich der Dünger für den Acker bedeutet, und warum er in gewissen Gegenden unerläßlich und notwendig ist, und wie er zu handhaben ist. Es weiß zum Beispiel kein Mensch heute, daß alle die mineralischen Dungarten gerade diejenigen sind, die zu dieser Degenerierung, von der ich gesprochen habe, zu diesem Schlechterwerden der landwirtschaftlichen Produkte das Wesentliche beitragen. Denn heute denkt eben jeder einfach: nun ja, zum Pflanzenwachstum gehört eine bestimmte Menge Stickstoff, und die Leute finden einfach ganz gleichgültig, auf welche Weise dieser Stickstoff bereitet wird, wo er herkommt. Das ist aber nicht gleichgültig, wo er herkommt, sondern es handelt sich wirklich darum, daß zwischen Stickstoff und Stickstoff, zwischen dem Stickstoff, wie er in der Luft mit dem Sauerstoff zusammen ist, zwischen diesem toten Stickstoff und dem anderen Stickstoff ein großer Unterschied ist. Sie werden es nicht leugnen, meine lieben Freunde, daß ein Unterschied ist zwischen einem Menschen, der lebendig herumgeht und einem Leichnam, einem menschlichen Leichnam. Das eine ist tot, das andere ist lebendig und beseelt.
Dasselbe ist zum Beispiel für den Stickstoff und die anderen Stoffe der Fall. Es gibt toten Stickstoff. Das ist derjenige, der in unserer Luftumgebung ist, der dem Sauerstoff beigemischt ist, und der eine Rolle spielt bei unserem ganzen Atmungsprozeß und bei dem Prozeß des Zusammenlebens mit der Luft. Der darf nicht lebendig sein, aus dem einfachen Grunde, weil, wenn wir in lebendiger Luft leben würden, wir fortwährend ohnmächtig sein würden. Daß die Luft tot ist, der Sauerstoff tot ist, der Stickstoff tot ist, das ist die Bedingung einer Luft, in der viele Menschen so atmen sollen, daß sie bewußt, besonnen denken können.
Der Stickstoff, der in der Erde ist, der mit dem Dung hineinkommen muß, der unter dem Einfluß des ganzen Himmels sich bilden muß, dieser Stickstoff muß ein lebendiger sein.
Und das sind zwei verschiedene Stickstoffe: derjenige Stickstoff, der über dem Niveau der Erde ist, und derjenige, der unter dem Niveau der Erde ist; das eine ist toter Stickstoff; das andere ist lebendiger Stickstoff.
Und so ist es mit allem. Dasjenige, was für eine Weiterpflege der Natur notwendig ist, das ist ja vollständig in das Nichtwissen hineingekommen im Laufe des materialistischen Zeitalters. Man weiß ja die wichtigsten Dinge nicht. Und so werden die Dinge fort-gehandhabt, gewiß aus einem ganz guten Instinkte heraus, aber der verschwindet allmählich. Die Traditionen verschwinden. Die Leute werden mit Wissenschaft die Äcker düngen. Die Kartoffeln, das Getreide, alles wird immer schlechter.
Das wissen auch die Leute, daß es schlechter wird, konstatieren es statistisch. Es ist heute nur eben erst das Sträuben vorhanden gegen praktische Maßregeln, welche ausgehen von demjenigen, was man in geistiger Anschauung gewinnen kann.
Daß man in diesen Dingen einmal richtig schaut, richtig sieht, das ist von einer ungeheuren Bedeutung. Ich habe es auch hier öfter gesagt, wenn einer eine Magnetnadel hat, die immer eine ganz bestimmte Richtung einnimmt, die eine Spitze nach dem magnetischen Nordpol, die andere Spitze nach dem magnetischen Südpol, so würde man ihn für kindisch halten, wenn er sagen würde, in der Magnetnadel drinnen liegen die Gründe, warum die eine Spitze immer nach Norden, die andere Spitze immer nach dem Süden zeigt. Man sagt, hier ist die Erde, da ist die Magnetnadel; warum zeigt die Magnetnadel mit der einen Spitze nach Norden, mit der anderen Spitze nach Süden? weil hier ein magnetischer Nordpol, hier ein magnetischer Südpol ist; der richtet die Richtung der Magnetnadel nach der einen und nach der anderen Seite. Die ganze Erde nimmt man zu Hilfe, um die Richtung der Magnetnadel zu erklären. Man geht aus der Magnetnadel heraus. Man würde den für kindisch halten, der meinte, daß die Ursache dafür in der Magnetnadel liege.
So kindisch ist man aber, wenn man glaubt, daß dasjenige, was die heutige Wissenschaft in unmittelbarer Nähe der Pflanzen oder in der unmittelbaren Umgebung konstatiert, von dem abhänge, was man da anschaut. Am Pflanzenwachstum ist der ganze Himmel mit seinen Sternen beteiligt! Das muß man wissen. Das muß in die Köpfe wirklich nun einmal hineinkommen. Man muß sich sagen können, es ist ebenso kindisch, in der heutigen Art Botanik zu treiben, wie es kindisch wäre, über die Magnetnadel so zu reden, wie ich es heute angedeutet habe.
Und gewisse Dinge kann jeder Gebildete sich heute aneignen, wenn er nur Sinn hat für die allereinfachsten Bedingungen des anthroposophischen Lebens.
Dasjenige, was ich in Penmaenmawr zum allerersten Mal angedeutet habe im vorigen Jahre, das ist außerordentlich wichtig. Die Leute wissen ja heute nicht einmal, wie Mensch und Tier sich ernährt, geschweige denn eine Pflanze. Die Leute glauben, Ernährung besteht darinnen, daß der Mensch die Substanzen seiner Umgebung ißt. Er nimmt sie in den Mund herein; sie kommen dann in den Magen. Da wird ein Teil abgelagert, ein Teil geht weg. Dann wird der verbraucht, der abgelagert worden ist. Dann geht der auch weg. Dann wird das wieder ersetzt. In einer ganz äußerlichen Weise stellt man sich heute die Ernährung vor. So ist es aber nicht, daß mit den Nahrungsmitteln, die der Mensch aufnimmt durch seinen Magen, aufgebaut werden Knochen, Muskeln, sonstige Gewebemasse, – das gilt ausgesprochen ja nur für den menschlichen Kopf. Und alles dasjenige, was auf dem Umwege durch die Verdauungsorgane in weiterer Verarbeitung im Menschen sich ausbreitet, das bildet nur das Stoffmaterial für seinen Kopf und für alles dasjenige, was im Nerven-Sinnes-System und dem, was dazu gehört, sich ablagert, währenddem zum Beispiel für das Gliedmaßensystem oder für die Organe des Stoffwechsels selber die Substanzen, die man braucht, also sagen wir, um Röhrenknochen zu gestalten für die Beine oder für die Arme, oder für Därme zu gestalten für den Stoffwechsel, für die Verdauung, gar nicht durch die durch den Mund und Magen aufgenommene Nahrung gebildet werden, sondern sie werden durch die Atmung und sogar durch die Sinnesorgane aus der ganzen Umgebung aufgenommen. Es findet fortwährend im Menschen ein solcher Prozeß statt, daß das durch den Magen Aufgenommene hinaufströmt und im Kopfe verwendet wird, daß dasjenige aber, was im Kopfe, beziehungsweise im Nerven-Sinnes-System aufgenommen wird aus Luft und aus der anderen Umgebung, wiederum hinunterströmt, und daraus werden die Organe des Verdauungssystems oder die Gliedmaßen.
Wenn Sie also wissen wollen, woraus die Substanz der großen Zehe besteht, müssen Sie nicht auf die Nahrungsmittel hinschauen. Wenn Sie Ihr Gehirn fragen: Woher kommt die Substanz? da müssen Sie auf die Nahrung sehen. Wenn Sie aber die Substanz Ihrer großen Zehe, insofern sie nicht Sinnessubstanz, also mit Wärme und so weiter ausgekleidet ist – insofern wird sie auch durch den Magen ernährt –, sondern dasjenige, was sie außerdem an Gerüstesubstanz und so weiter ist, kennen wollen, so wird das aufgenommen durch die Atmung, durch die Sinnesorgane, ein Teil sogar durch die Augen. Und das geht alles, wie ich es ja öfter hier ausgeführt habe, durch einen siebenjährigen Zyklus in die Organe hinein, so daß der Mensch substantiell in bezug auf sein Gliedmaßen-Stoffwechsel-System, das heißt die Organe, aufgebaut ist aus kosmischer Substanz. Nur das Nerven-Sinnes-System ist aus tellurischer, aus irdischer Substanz aufgebaut. Nun, sehen Sie, das ist eine so fundamental bedeutsame Tatsache, daß das physische Leben von Mensch und Tier überhaupt nur beurteilt werden kann, wenn das gewußt wird. Und nichts, nicht einmal die Mittel und Wege, um so etwas zu wissen, nichts ist in der heutigen Wissenschaft gegeben. Man kann es gar nicht wissen mit der heutigen Wissenschaft. Es geht gar nicht, weil, wenn die heutige Wissenschaft mit ihren Mitteln arbeitet, sie gar nicht zu so etwas kommen kann. Es ist unmöglich, es ist aussichtslos.
Das sind die Dinge, die eben durchaus bedacht werden müssen. Daher haben wir heute diese Trennung von Theorie und Praxis. Die heutige Praxis ist geistlos, ist eine bloße Routine.
Aber es hört auf dasjenige, was aus dem Geist kommt, unpraktisch zu sein, wenn es eben tatsächlich aus dem Geiste kommt. Es wird dann im eminentesten Sinne praktisch.
Erster Vortrag
Koberwitz, 7. Juni 1924
Vorrede und Einleitung zum Kursus
Emanzipation des menschlichen und tierischen
Lebens von der äußeren Welt
Mit tiefem Danke sehe ich auf die Worte zurück, die eben der Herr Graf Keyserlingk gesprochen hat. Denn es ist ja durchaus nicht bloß die Empfindung des Dankes derjenigen, die aus der Anthroposophie etwas entgegennehmen können, berechtigt, sondern es ist sozusagen auch wirklich der Dank der anthroposophischen Sache, der in unserer heutigen schwierigen Zeit allen Teilnehmern an anthroposophischen Interessen gezollt werden muß, ein solcher, den man tief empfinden kann. Und so möchte ich gerade aus dem Geiste anthroposophischer Gesinnung heraus in allerherzlichster Weise danken für die eben ausgesprochenen Worte.
Es ist ja eine tiefbefriedigende Tatsache, daß es möglich ist, diesen landwirtschaftlichen Kursus gerade hier im Hause des Grafen und der Gräfin Keyserlingk abhalten zu können. Aus meinen früheren Besuchen weiß ich, welch wunderschön wirkende Atmosphäre, ich meine vor allem auch die geistig-seelische Atmosphäre, es hier in Koberwitz gibt, und wie gerade dasjenige, was hier an geistig-seelischer Atmosphäre lebt, ja die schönste Vorbedingung ist für dasjenige, was innerhalb dieses Kurses gesprochen werden soll.
Wenn der Graf darauf aufmerksam gemacht hat, daß es für den einen oder den anderen – in diesem Falle waren es die Eurythmiedamen, es können ja auch andere Besucher von auswärts davon betroffen sein – vielleicht manches Unannehmliche geben kann, so muß auf der anderen Seite in bezug auf das, was uns eigentlich zusammengebracht hat, doch gesagt werden: Ich glaube, wir könnten für diesen landwirtschaftlichen Kursus kaum irgendwo besser untergebracht sein als gerade inmitten einer so ausgezeichneten und so musterhaft betriebenen Landwirtschaft. Zu allem, was auf anthroposophischem Felde zutage tritt, gehört ja das, daß man auch sozusagen in der nötigen Empfindungsumgebung drinnen stecken kann. Und das wird für die Landwirtschaft ganz sicher hier der Fall sein können.
Nun, das alles veranlaßt mich, dem Hause des Grafen Keyserlingk den allertiefgefühltesten Dank auszusprechen, dem ja gewiß auch Frau Dr. Steiner beistimmen wird dafür, daß wir diese Festes-, ich denke, es werden auch Arbeitstage sein, gerade hier werden verleben können. Ich muß ja dabei bedenken, daß, ich möchte sagen, gerade dadurch, daß wir hier in Koberwitz sind, ein schon mit der anthroposophischen Bewegung verbundener landwirtschaftlicher Geist in diesen Festestagen walten wird. War es doch der Graf Keyserlingk, der von Anfang den Bestrebungen, die wir, ausgehend vom «Kommenden Tag», für die Landwirtschaft in Stuttgart entwickelten, mit Rat und Tat und aufopferungsvoller Arbeit zur Seite stand, der ja seinen aus einem so gründlichen Zusammengewachsensein mit der Landwirtschaft herangezogenen Geist in dem walten ließ, was wir in bezug auf die Landwirtschaft tun konnten. Es war schon, ich möchte sagen, aus dem Innersten unserer Bewegung dadurch etwas an Kräften waltend, die wie mit einer gewissen Selbstverständlichkeit uns hierher zogen nach Koberwitz in dem Augenblicke, wo uns der Graf hier haben wollte. Deshalb kann ich auch versichern, daß ich glauben kann, daß jeder eigentlich gerne hier nach Koberwitz für die Abhaltung dieses Kursus gegangen ist. Das begründet, daß wir, die wir gekommen sind, ebenso tief unseren Dank dafür auszusprechen haben, ihn sehr gerne aussprechen dafür, daß das Haus Keyserlingk sich bereit erklärt hat, uns mit diesen Bestrebungen in diesen Tagen aufzunehmen.
Was mich betrifft, so ist dieser Dank allerherzlichst gefühlt, und ich bitte das Haus Keyserlingk, ihn von mir ganz besonders entgegenzunehmen. Ich weiß, was es heißt, durch längere Tage hindurch in einer solchen Weise, wie ich es fühle, daß es geschehen wird, so viele Besucher aufzunehmen, und kann, glaube ich, daher auch in diesen Dank die nötige Nuance legen, und bitte auch, diese durchaus so aufzunehmen, daß ich auch die Schwierigkeiten durchaus bedenken kann, die der Abhaltung einer solchen Veranstaltung in einem Hause, das weit abliegt von der Stadt, entgegenstehen. Ich bin überzeugt davon, daß, wie auch jene Unannehmlichkeiten, von denen Graf Keyserlingk als in diesem Fall Vertreter selbstverständlich nicht der inneren, sondern der auswärtigen Politik der hiesigen Vortragsveranstaltungen gesprochen hat, sich ausnehmen werden, unter allen Umständen jeder von uns befriedigt hinweggehen wird, was anbetrifft die Bewirtung und die Aufnahme hier.
Nun, ob Sie ebenso befriedigt hinweggehen können von dem Kursus selber, das ist natürlich durchaus die Frage, die wahrscheinlich immer diskutabler werden wird, trotzdem wir ja alles tun wollen, um uns auch in den späteren Tagen in allerlei Diskussionen über das Gesagte zu verständigen. Denn Sie müssen bedenken, es ist ja, obzwar, von vielen Seiten ein langgehegter Wunsch nach einem solchen Kursus bestand, zum erstenmal, daß ich aus dem Schoß des anthroposophischen Strebens heraus einen solchen Kursus übernehme. Ein solcher Kursus erfordert gar mancherlei, denn er wird uns selber zeigen, wie die Interessen der Landwirtschaft nach allen Seiten hin mit dem größten Umkreise des menschlichen Lebens verwachsen sind und wie eigentlich es kaum ein Gebiet des Lebens gibt, das nicht zu der Landwirtschaft gehört. Von irgendeiner Seite, aus irgendeiner Ecke gehören alle Interessen des menschlichen Lebens in die Landwirtschaft hinein. Wir können selbstverständlich hier nur das zentrale Gebiet des Landwirtschaftlichen berühren. Allein, das wird uns wie von selbst führen zu manchem Seitenwege, der vielleicht gerade deshalb, weil das, was hier gesagt ist, durchaus auf anthroposophischem Boden gesagt werden soll, sich gerade dadurch als notwendig ergibt. Insbesondere werden Sie mir verzeihen müssen, wenn die heutige Einleitung zunächst so weit hergeholt werden muß, daß vielleicht nicht jeder gleich sieht, welche Verbindung zwischen der Einleitung bestehen wird und dem, was wir speziell landwirtschaftlich zu verhandeln haben. Trotzdem wird aber dasjenige, was da aufgebaut werden soll, auf diesem heute zu Sagenden, scheinbar etwas ferner Liegenden, fußen müssen.
Gerade die Landwirtschaft ist ja auch in einer gewissen Weise betroffen, in ernstlicher Weise betroffen worden durch das ganze neuzeitliche Geistesleben. Sehen Sie, dieses ganze neuzeitliche Geistesleben hat ja insbesondere in bezug auf wirtschaftlichen Charakter zerstörerische Formen angenommen, deren zerstörerische Bedeutung von vielen Leuten heute noch kaum geahnt wird. Und solchen Dingen hat entgegenarbeiten wollen dasjenige, was in den Absichten lag der wirtschaftlichen Unternehmungen aus unserer anthroposophischen Bewegung heraus. Diese wirtschaftlichen Unternehmungen sind von Wirtschaftern und Kommerziellen geschaffen worden; allein sie haben es nicht vermocht, dasjenige, was eigentlich ursprüngliche Intentionen waren, nach allen Seiten hin zu verwirklichen, einfach auch schon aus dem Grunde nicht, weil in unserer Gegenwart allzuviele widerstrebende Kräfte da sind, um das rechte Verständnis für eine solche Sache hervorzurufen. Der einzelne Mensch ist vielfach den wirksamen Mächten gegenüber machtlos, und dadurch ist eigentlich nicht einmal bis jetzt das Allerursprünglichste in diesen wirtschaftlichen Bestrebungen, die aus dem Schoße der anthroposophischen Bewegung hervorgegangen sind, es ist das Allerwesentlichste nicht einmal zur Diskussion gekommen. Denn um was hat es sich praktisch gehandelt?
Ich will es an dem Beispiel der Landwirtschaft einmal erörtern, damit wir nicht im allgemeinen, sondern im konkreten sprechen. Es gibt heute zum Beispiel allerlei sogenannte nationalökonomische Bücher und Vorträge, die haben auch Kapitel über die Landwirtschaft vom sozialökonomischen Standpunkt aus. Man denkt nach, wie man die Landwirtschaft gestalten soll aus sozialökonomischen Prinzipien heraus. Es gibt Schriften heute, die handeln von den sozialökonomischen Ideen, wie man die Landwirtschaft gestalten soll. Das Ganze, sowohl das Abhalten von nationalökonomischen Vorträgen wie das Schreiben von solchen Büchern, ist ein offenbarer Unsinn. Aber offenbarer Unsinn wird heute in weitesten Kreisen geübt. Denn selbstverständlich sollte jeder erkennen, daß man über die Landwirtschaft nur sprechen kann, auch in ihrer sozialen Gestaltung, wenn man die Sache der Landwirtschaft zuerst als Unterlage hat, wenn man wirklich weiß, was Rübenbau, Kartoffelbau, Getreidebau bedeuten. Ohne das kann man auch nicht über die nationalökonomischen Prinzipien sprechen. Diese Dinge müssen aus der Sache heraus, nicht aus irgendwelchen theoretischen Erwägungen festgestellt werden. Wenn man so etwas spricht heute vor denjenigen Menschen, die an der Universität eine Anzahl von Kollegs gehört haben über Nationalökonomie in bezug auf die Landwirtschaft, dann kommt ihnen das ganz absurd vor, weil ihnen die Sache so festzustehen scheint. Das ist aber nicht der Fall; über die Landwirtschaft kann nur derjenige urteilen, der sein Urteil vom Feld, vom Wald, von der Tierzucht hernimmt. Es sollte einfach alles Gerede aufhören über Nationalökonomie, das nicht aus der Sache selber heraus genommen ist. Solange man das nicht einsehen wird, daß es ein bloßes Gerede ist, was über den Dingen schwebend in nationalökonomischer Beziehung gesagt wird, so lange wird es zu nichts Aussichtsvollem kommen, nicht auf diesem landwirtschaftlichen, nicht auf anderem Gebiete.
Daß es so ist, daß man glaubt, aus den verschiedensten Gesichtspunkten her über die Dinge reden zu können, auch wenn man von der Sache nichts versteht, das kommt nur davon her, daß man wiederum innerhalb der einzelnen Lebensgebiete selber nicht auf die Grundlagen zurückgehen kann. Daß man eine Rübe ja als eine Rübe ansieht, gewiß, sie schaut so und so aus, läßt sich leichter oder schwerer schneiden, hat diese Farbe und diese oder jene Bestandteile in sich, das alles kann man sagen. Aber damit ist die Rübe noch lange nicht verstanden und vor allen Dingen nicht das Zusammenleben der Rübe mit dem Acker, mit der Jahreszeit, in der sie reift und so weiter, sondern man muß sich über folgendes klar sein.
Ich habe öfters einen Vergleich gebraucht, um auf anderen Lebensgebieten das klar zu machen. Ich sagte: Man sieht eine Magnetnadel, man entdeckt, daß diese Nadel immer mit dem einen Ende nahezu nach Norden, mit dem anderen nach Süden zeigt. Man denkt nach, warum das ist, man sucht die Ursache dazu nicht in der Magnetnadel, sondern in der ganzen Erde, indem man ihrer einen Seite den magnetischen Nordpol, ihrer anderen den magnetischen Südpol gibt. Würde jemand in der Magnetnadel selber die Ursache suchen, daß sie sich in einer so eigentümlichen Weise hinstellt, so würde er einen Unsinn reden. Denn in ihrer Lage kann man die Magnetnadel nur verstehen, wenn man weiß, in welcher Beziehung sie zur ganzen Erde steht.
Alles das, was für die Magnetnadel als ein Unsinn erscheint, das gilt für viele andere Dinge den Menschen als Sinn. Wenn Sie die Rübe in der Erde wachsen haben: sie so zu nehmen, wie sie ist, in ihren engen Grenzen, ist in dem Augenblick ein Unding, wenn die Rübe in ihrem Wachstum vielleicht abhängig ist von unzähligen Umständen, die gar nicht auf der Erde, sondern in der kosmischen Umgebung der Erde vorhanden sind. Und so erklärt man heute vieles, so richtet man vieles im praktischen Leben ein, als ob man es nur zu tun hätte mit den engumgrenzten Dingen und nicht mit den Wirkungen, die aus der ganzen Welt kommen. Die einzelnen Lebensgebiete haben furchtbar darunter gelitten und würden diese Leiden viel mehr zeigen, wenn nicht, ich möchte sagen, trotz aller Wissenschaft der neueren Zeit, noch ein gewisser Instinkt vorhanden wäre aus derjenigen Zeit, wo man mit dem Instinkt und nicht mit der Wissenschaft gearbeitet hat, wenn diejenigen Menschen, die von ihren Ärzten verschrieben haben, wieviel Gramm Fleisch sie essen sollen, wieviel Kohl, damit das zur richtigen menschlichen Physiologie stimmt – es haben manche Leute neben sich eine Waage und wiegen sich alles das zu, was da auf den Teller kommt; das ist ja schön selbstverständlich, man soll so etwas wissen, aber ich muß immer wieder denken: Es ist doch gut, daß der Betreffende auch den Hunger spürt, wenn er mit dem Zugewogenen noch nicht genug hat, daß noch dieser Instinkt vorhanden ist.
So war der Instinkt eigentlich allem zugrunde hegend, was Menschen tun mußten, bevor eine Wissenschaft auf diesem Gebiete da war. Und diese Instinkte haben manchmal ganz sicher gewaltet, und man kann heute noch immer außerordentlich überrascht sein, wenn man in solchen alten Bauernkalendern die Bauernregeln best, wie ungeheuer weise und verständlich das ist, was sie ausdrücken. Denn, um in solchen Dingen nicht abergläubisch zu sein, dazu hat doch auch der instinkthaft sichere Mensch die Möglichkeit. Ebenso wie man für die Sache außerordentlich tiefsinnige Aussprüche hat, die für die Aussaat und Ernte gelten, findet man hin und wieder, um alle möglichen Firlefanzereien abzuweisen, solche Aussprüche wie: « Kräht der Hahn auf dem Mist, so regnet es, oder es bleibt, wie es ist.» Der nötige Humor ist auch in diesem Instinkthaften überall darinnen, um Abergläubische abzuweisen.
Es handelt sich, wenn hier vom anthroposophischen Gesichtspunkte aus gesprochen wird, wirklich darum, nicht zurückzugehen zu den alten Instinkten, sondern aus einer tieferen geistigen Einsicht heraus das zu finden, was die unsicher gewordenen Instinkte immer weniger geben können. Dazu ist notwendig, daß wir uns einlassen auf eine starke Erweiterung der Betrachtung des Lebens der Pflanzen, der Tiere, aber auch des Lebens der Erde selbst, auf eine starke Erweiterung nach der kosmischen Seite hin.
Es ist ja doch so, daß gewiß von einer Seite her es ganz richtig ist, Regenwitterung in trivialer Weise nicht mit den Mondphasen in Beziehung zu bringen, aber auf der anderen Seite besteht auch wiederum das, was sich einmal zugetragen hat. Ich habe es schon öfter in anderen Kreisen erzählt, daß in Leipzig zwei Professoren tätig waren, wovon der eine, Gustav Theodor Fechner, ein in geistigen Dingen mit so manchen sicheren Einblicken behafteter Mann, aus äußeren Beobachtungen heraus nicht so ganz nur mit Aberglauben hinblicken konnte darauf, daß gewisse Epochen des Regnens und Nichtregnens doch wiederum mit dem Monde und seinem Gange um die Erde Zusammenhängen. Es hat sich das für ihn als eine Notwendigkeit aus statistischen Untersuchungen ergeben. Aber sein Kollege, der berühmte Professor Schleiden, der stellte in einer Zeit, in der man über solche Dinge hinwegsah, aus wissenschaftlichen Vernunftgründen alles das in Abrede. Nun hatten die beiden Professoren an der Leipziger Universität auch Frauen. Und Gustav Theodor Fechner, der ein etwas humorvoll angelegter Mensch war, sagte: Es sollen mal unsere Frauen entscheiden. Nun war damals in Leipzig noch eine gewisse Sitte. Es war das Wasser, das man zum Waschen der Wäsche brauchte, nicht so leicht zu erhalten. Man mußte es weit herholen. Man stellte also die Krüge und Bottiche auf und fing das Regenwasser auf. Das tat sowohl die Frau Professor Schleiden wie die