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Das Interesse an einem verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Geld wächst. Allerdings haben die meisten Sparer nur eine ungefähre Vorstellung von nachhaltiger Finanzanlage. Dieses Buch schließt diese Wissenslücke. Es werden die wichtigsten Banken und Finanzprodukte vorgestellt – von Klima-Anleihen über Öko-Aktien bis zu Genuss-Scheinen, Mikrofinanzfonds und anderen exotischen Angeboten. Dabei beleuchtet Heismann das unübersichtliche Angebot kritisch und trennt die Spreu vom Weizen. Den Abschluss bildet ein beispielhaftes Musterdepot.
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Seitenzahl: 312
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Günter Heismann
GELD ANLEGEN MIT GUTEM GEWISSEN
So investieren Sie nachhaltig in den Planeten Erde
CAMPUS VERLAG
FRANKFURT/NEW YORK
Über das Buch
Das Interesse an einem verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Geld wächst. Allerdings haben die meisten Sparer nur eine ungefähre Vorstellung von nachhaltiger Finanzanlage. Dieses Buch schließt diese Wissenslücke. Es werden die wichtigsten Banken und Finanzprodukte vorgestellt – von Klima-Anleihen über Öko-Aktien bis zu Genuss-Scheinen, Mikrofinanzfonds und anderen exotischen Angeboten. Dabei beleuchtet Heismann das unübersichtliche Angebot kritisch und trennt die Spreu vom Weizen. Den Abschluss bildet ein beispielhaftes Musterdepot.
Vita
Günter Heismann arbeitet seit mehr als drei Jahrzehnten als Wirtschafts- und Finanzjournalist u.a. für das Manager Magazin, die Woche und die Financial Times Deutschland. Heute ist er freier Journalist und schreibt regelmäßig über nachhaltige Geldanlage für die ZEIT und für die FAZ – sowohl aus Emittenten- als auch aus Anlegersicht.
Einleitung
Tschüss, liebe Skandalbank!
Vier Alternativen für nachhaltiges Investment
Der Kunde entscheidet, welche Ziele er unterstützen möchte
Green Bonds bremsen nachweisbar den Ausstoß von Kohlendioxid
Aktien schützen vor Inflation und Kaufkraftverlust
In reife Technologien und Märkte investieren
Best of Class versus Impact Investing
Kritische Aktionäre stellen die Großindustrie zur Rede
Fazit: Warnungen und Empfehlungen
TEIL IDIE ETWAS ANDEREN BANKEN
Kapitel 1GLS – der Pionier aus dem Ruhrgebiet
Kapitel 2Triodos – People, Planet, Profit
Kapitel 3UmweltBank – wo Nachhaltigkeit sich lohnt
Kapitel 4Ethik-Bank – fragwürdige Investments
Kapitel 5Bankiers der Mühseligen und Beladenen
Kapitel 6Ein Modell für die Erneuerung der Volksbanken – und die Transformation des gesamten Finanzsystems
Checkliste für den Bankenwechsel
TEIL IIANLEIHEN FÜR DEN KLIMASCHUTZ
Kapitel 7 Sichtbarer Nutzen für die Natur
Kapitel 8Trau, schau, wem!
Kapitel 9Social Bonds – Anleihen mit sozialer Wirkung
Checkliste für Investments in Klima-Anleihen
TEIL IIIINVESTMENTS IN DIE ENERGIEWENDE
Kapitel 10Warum die Börse gut ist für den Ruhestand
Kapitel 11Die Supernova und die Sternschnuppen
Checkliste für die Aktienanlage
TEIL IVMIT FONDS DIE RISIKEN STREUEN
Kapitel 12Brüssel bringt die Investmentfonds auf Trab
Kapitel 13Indexfonds sind der falsche Weg
Kapitel 14Kleine Hilfen für große Probleme
Checkliste für Ökofonds
TEIL VFAZIT: WARNUNGEN UND EMPFEHLUNGEN
Kapitel 15Wo die Risiken allzu groß sind
Kapitel 16Ein Musterportfolio für Mutter Erde
Ein paar Worte zum Schluss
Die Deutschen sind Champions im Sparen. 2020 legten sie rund 400 Milliarden Euro auf die hohe Kante – so viel wie noch nie. Gefördert wurde der Spareifer von der Covid-19-Pandemie, die eine schwere Rezession hervorgerufen hatte. Zum einen mussten im Lockdown zahlreiche Geschäfte, Fitnessstudios und Restaurants geschlossen bleiben; das dämpfte den Konsum. Auf der anderen Seite fürchteten viele Menschen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Sie hatten gute Gründe, ihr Geld zusammenzuhalten.
So reich wie heute waren die Bürger in Deutschland niemals zuvor. Dank der hohen Ersparnisse im Corona-Jahr stiegen die Geldvermögen der privaten Haushalte laut der Bundesbank auf insgesamt rund 7 Billionen Euro. Das sind 7 000 Milliarden oder 7 Millionen Mal 1 Million. Rund 40 Prozent dieser kaum fassbaren Summe liegen auf den Konten von Banken und Sparkassen. Der Rest besteht im Wesentlichen aus Investments in Anleihen, Aktien und Fonds sowie aus Ansprüchen an Pensionskassen und Lebensversicherungen.
Immer mehr Menschen möchten heute eines gerne wissen: Was geschieht eigentlich mit all diesem Geld? Was machen die Banken mit den 2,8 Billionen Euro, die ihnen Sparer und Kleinanleger anvertraut haben? Werden damit nützliche Dinge finanziert, zum Beispiel Häuser, die möglichst wenig Energie verschwenden? Windparks, die Atommeiler und Kohlekraftwerke ersetzen? Bioläden, die gesunde Nahrungsmittel verkaufen?
Oder spekuliert meine Bank in großem Stil an der Börse? Werden mit meinen Ersparnissen womöglich die Förderung von Braunkohle und Erdöl, die Exporte von Panzern und Bombenflugzeugen oder die Produktion von schädlichem Plastik und giftigen Unkrautvernichtern finanziert? Investiert meine Bank in die Zukunft des Planeten Erde? Oder denken das Geldhaus, seine Chefs und die Eigentümer vor allem an den eigenen Vorteil?
Wer zu seiner Sparkasse oder Volksbank geht, um herauszufinden, was mit seinen Ersparnissen passiert, bekommt in der Regel keine klaren Antworten. Betreten schweigt die freundliche Kundenbetreuerin; vielleicht stammelt sie etwas von Bankgeheimnis. Der Bankkunde darf froh sein, wenn er wegen seiner Naivität nicht belächelt wird.
Es gibt jedoch Banken, die den Kunden klipp und klar sagen können, was sie mit ihrem Geld anstellen. Hierzu gehört die GLS Gemeinschaftsbank aus Bochum. Sie veröffentlicht zweimal im Jahr den Bankspiegel, ein Magazin, in dem detailliert dargestellt wird, für welche Zwecke die Einlagen der Kunden verwendet werden. Es sind überwiegend soziale und ökologische Projekte, mit denen verantwortungsvolle Anleger sich identifizieren können.
Die GLS belässt es nicht bei allgemeinen Angaben. Hunderte von Betrieben und Institutionen, die das Geldhaus finanziert, werden vorgestellt. Es sind Solarkraftwerke und Windparks, Naturkostläden und chemiefreie Bauernhöfe, Pflegeheime und Montessorischulen. Wer zufällig in der Nähe wohnt, kann mit eigenen Augen überprüfen, was mit seinem Geld geschieht. Möglicherweise finanziert die GLS den Solarpark im Nachbarort, den Biomarkt, in dem der Anleger regelmäßig einkaufen geht oder das Seniorenheim, in dem Verwandte leben.
Diese Transparenz und das durchgehend soziale und ökologische Geschäftsmodell finden Anklang bei Menschen, die ihr Geld verantwortungsvoll anlegen möchten. 2020 konnte die GLS 38 000 neue Kunden gewinnen; gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der Kontoinhaber um rund 16 Prozent. »Die Kunden wissen es zu schätzen, dass die GLS mitarbeitet an einer grundlegenden ökologischen und sozialen Transformation der Gesellschaft«, sagt Vorstandssprecher Thomas Jorberg.
Es sind zwei fundamentale Gründe, die immer mehr Menschen dazu bewegen, ihr Konto zu einer Ökobank wie der GLS zu verlegen. Zum einen wollen sie ihr Geld nicht einer Bank in den Rachen werfen, die sich auf Kosten der Gesellschaft bereichert. Spätestens mit der globalen Finanzkrise, die 2008 ausbrach, wurde deutlich, wie schamlos manche Geldhäuser ihre Kunden über den Tisch ziehen. Sie drehen ihnen immer neue »Finanzinnovationen« an, seien es windige Hypothekenpapiere, hochriskante Zertifikate oder verlustbringende Schiffsfonds.
Zugleich nimmt in der Bevölkerung das Bewusstsein zu, dass entschieden mehr getan werden muss, um Natur, Umwelt und Menschheit vor elementaren Schäden zu bewahren. Der Klimawandel sorgt immer häufiger für extreme Hitze und Unwetter. Wenn die Aufheizung der Erdatmosphäre nicht aufgehalten werden kann, dann wird dieser Planet bald weitgehend unbewohnbar. Zugleich schreitet die Abholzung der Regenwälder voran. In den Ozeanen treiben Milliarden Tonnen Plastikmüll.
Diese globalen Probleme beschäftigen viele Menschen auch dann, wenn es um ganz alltägliche Fragen geht, etwa darum, wo und wie sie ihre Ersparnisse anlegen. Das zeigt eine Erhebung, die der Bankenverband 2020 durchgeführt hat. Auf die Frage, welche Bedeutung nachhaltige Geldanlage für sie habe, antworten knapp zwei Drittel der Teilnehmer, dies sei wichtig oder sogar sehr wichtig. Lediglich 35 Prozent gaben an, es sei nicht wichtig, ob ihr Geld in soziale und umweltverträgliche Projekte investiert werde.
Den traditionellen Banken trauen viele Anleger aber nicht zu, dass diese verantwortungsvoll mit ihrem Geld umgehen. Woche für Woche entscheiden sich Tausende Sparer zu einem Schritt, den die meisten Menschen vielleicht einmal im Leben unternehmen: Sie sagen ihrer alten Bank Lebewohl und tragen ihr Geld zu einem Kreditinstitut, bei dem sie sich darauf verlassen können, dass ihre Ersparnisse nicht zur weiteren Zerstörung unserer Lebensgrundlagen eingesetzt werden.
Neben der GLS sind hierzulande eine Reihe weiterer Banken aktiv, die sich auf ethische und ökologische Geschäftsprinzipien verpflichtet haben. Zu ihnen gehört Triodos aus den Niederlanden, die europaweit bereits mehr als 700 000 Kunden hat. »Wir merken, dass das Thema nachhaltiges Banking immer mehr Menschen interessiert. ›Was passiert mit meinem Geld auf dem Konto oder in meinem Depot?‹ Diese Frage wird immer relevanter«, sagt Georg Schürmann, Geschäftsführer der deutschen Triodos-Filiale. Ein Wachstumstreiber für die Bank sei die Umweltbewegung.
Wie stark das Bewusstsein für soziale und ökologische Probleme unter den Bankkunden zugenommen hat, können ebenfalls die Kreditinstitute beobachten, die im Umkreis der christlichen Kirchen entstanden sind. »Unsere Privatanleger möchten ihr Geld mit gutem Gewissen investieren, also in Unternehmen und Staaten, die einen positiven Beitrag zur Bewahrung von Gerechtigkeit, Frieden und Umwelt leisten«, sagt Jutta Hinrichs; sie leitet die Stabsstelle Ethik und Nachhaltigkeit bei der Pax-Bank in Köln, einem Kreditinstitut mit katholischen Wurzeln.
Doch Sparer, die ihr Geld verantwortungsvoll anlegen wollen, müssen nicht unbedingt die Bank wechseln. Es gibt Alternativen, die ihnen auch offenstehen, wenn sie bei ihrer alten Sparkasse oder Volksbank bleiben. Eine Möglichkeit besteht beispielsweise darin, Green Bonds zu kaufen. Dies sind Anleihen, deren Erlöse ausschließlich für den Klima- und Umweltschutz verwendet werden dürfen. Eine andere Alternative sind Aktien von Unternehmen, die einen positiven Beitrag zur Rettung unseres Planeten leisten, also etwa die Hersteller von Solaranlagen und Windkrafttechnik. Besonders einfach ist es, in einen ethischen, sozialen oder ökologischen Fonds zu investieren.
Diese vier Alternativen werden in diesem Buch vorgestellt. Manch ein Ratgeber, Finanzjournalist oder auch Bankberater verspricht den Anlegern, mit nachhaltigen Investments könnten sie höhere Renditen erzielen, als wenn sie ihr Geld auf althergebrachte Weise anlegen würden. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten in der Tat darauf hin, dass sich ökologische und ethische Investments besser auszahlen.
Der Autor bekennt freilich, dass er nicht in der Lage ist, jene Anleihen, Aktien und Fonds ausfindig zu machen, die den Anlegern künftig die höchsten Zinsen, Dividenden und Kursgewinne bescheren werden. Seinen bescheidenen Kenntnissen zufolge können dies auch die allermeisten Experten nicht. In diesem Buch sollen vor allem Hinweise gegeben werden, welche Fehler nachhaltige Anleger nicht begehen sollten, damit ihr sauer Erspartes vor Verlusten geschützt ist.
Ohnehin dürfte die Rendite für die meisten Anleger nicht die höchste Priorität haben. Sie möchten vielmehr sicher sein, dass ihr Geld tatsächlich einen ökologischen und sozialen Nutzen stiftet. Leider ist dies aber nicht garantiert. Nachhaltigkeit ist das neue Zauberwort in der Finanzwelt, das profitable Geschäfte verspricht. Flink stoppeln Banken und Fondshäuser Finanzprodukte zusammen, die als ethisch und ökologisch beworben werden, in Wahrheit aber weder das eine noch das andere sind.
»Der Nachhaltigkeitsbegriff ist im Finanzmarkt nicht geschützt. Es sind viele Trittbrettfahrer unterwegs, deren Nachhaltigkeits- oder Öko-Engagement bei Lichte besehen überschaubar ist«, sagt Albrecht Weisker; er war bis Ende 2020 Manager bei der Evangelischen Bank, mit 70 000 Kunden eine der größten deutschen Ethikbanken.
Die EU hat zwar begonnen, einen rechtlichen Rahmen für nachhaltige Investments zu zimmern. Doch es werden wohl noch Milliarden Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre entweichen, bis die neuen Vorschriften mitsamt aller Ausführungsbestimmungen in Kraft treten. Ursprünglich sollte dies bereits am 1. Januar 2022 geschehen. Der Termin kann jedoch aufgrund gravierender interner Meinungsunterschiede nicht eingehalten werden. So will Frankreich, dass Brüssel auch die Nutzung der Atomkraft als nachhaltig einstuft. Dagegen wenden sich Deutschland und andere Mitgliedstaaten vehement.
Bis solche Differenzen eines Tages geklärt sind, müssen die Anleger also selbst genau prüfen, welche der vielen Angebote und Akteure auf den Finanzmärkten tatsächlich nachhaltig sind. Dies gilt auch für die Umwelt- und Ethikbanken, die in Teil I vorgestellt werden. In der Bundesrepublik sind heute rund ein Dutzend Kreditinstitute aktiv, die sich dazu verpflichtet haben, die Einlagen ihrer Kunden nur auf verantwortungsvolle Weise zu nutzen. Diese Banken haben klare Kriterien formuliert, welchen Firmen sie Kredite geben und wer von ihnen kein Geld bekommt. Tabu sind in der Regel Rüstung, Tabak, Pornografie, Atomkraft und fossile Energien.
Auch kontroverse Geschäftspraktiken sind klare Ausschlusskriterien. Hierunter fallen etwa der Raubbau an den natürlichen Ressourcen, die Beschäftigung von Kindern und die Verletzung von Menschenrechten. Diese Richtlinien gelten für alle Länder, in denen Unternehmen produzieren, aus denen sie Rohstoffe beziehen oder in denen sie ihre Produkte verkaufen. Die Kriterien betreffen nicht nur die Vergabe von Krediten, sondern auch Investments in Wertpapiere, also in Aktien und Anleihen der Unternehmen.
Die Ethik- und Umweltbanken haben unterschiedliche weltanschauliche und religiöse Wurzeln. Die GLS Bank und Triodos wurden beide von Anthroposophen gegründet. Bei der niederländischen Nachhaltigkeitsbank ist dies bis heute deutlich zu spüren. Hingegen hat sich die GLS Bank in vieler Hinsicht von ihren Ursprüngen gelöst. Man müsse kein Anthroposoph sein, um das Konzept und die Ziele der alternativen Bank zu unterstützen, versichert Vorstandssprecher Jorberg.
Acht Nachhaltigkeitsbanken sind im Umkreis der christlichen Kirchen aktiv. Hiervon stehen fünf auch privaten Kunden offen, die einer anderen Konfession oder überhaupt keiner Glaubensgemeinschaft angehören. Dies sind die Evangelische Bank aus Kassel sowie die gleichfalls protestantische KD-Bank aus Dortmund. Der katholischen Kirche nahe stehen die BIB Essen, die Pax-Bank aus Köln und die Steyler Ethik Bank aus Sankt Augustin bei Bonn.
Konfessionell und weltanschaulich neutral sind die UmweltBank aus Nürnberg und die Ethik-Bank aus Eisenberg in Thüringen. Bei der UmweltBank handelt es sich um eine Aktiengesellschaft, die an der Börse notiert ist. Bei diesem Geldinstitut spielt mithin die Erzielung von Gewinnen eine große Rolle. Bei der GLS, der Ethik-Bank und den meisten Kirchenbanken handelt es sich jedoch um Genossenschaften, die der Gemeinnützigkeit verpflichtet sind.
Die Geschäftsmodelle der Nachhaltigkeitsbanken unterscheiden sich zum Teil sehr deutlich. Bei der UmweltBank stehen die erneuerbaren Energien im Vordergrund. Das Geldhaus aus Nürnberg finanziert vor allem Solaranlagen und Windkraftparks. Dieses Institut kommt also für Anleger infrage, für die der Klimaschutz Vorrang hat. Sie können mit ihrem Geld gezielt dazu beitragen die Aufheizung der Erdatmosphäre zu bremsen.
Die Kirchenbanken kümmern sich hingegen vor allem um karitative und soziale Aufgaben. Sie unterstützen zum Beispiel den Bau von Krankenhäusern, Pflegeheimen und Einrichtungen für Jugendhilfe. Einen breiten Raum nimmt ebenfalls die Wohnungswirtschaft ein; die Kirchenbanken finanzieren jedoch keine Immobilienkonzerne, sondern bevorzugt Genossenschaften und kommunale Wohnungsbaugesellschaften. Wem Themen wie bezahlbarer Wohnraum, Gesundheit und Hilfe für sozial Benachteiligte am Herzen liegen, ist bei den Kirchenbanken gut aufgehoben.
Die GLS Bank aus Bochum hat ein breit gefächertes Geschäftsmodell. Das Spektrum reicht von gesunder Ernährung und nachhaltiger Landwirtschaft über Bildung und Soziales bis zu den erneuerbaren Energien. Die Kunden können selbst entscheiden, welche der verschiedenen Aktivitäten sie mit ihren Ersparnissen unterstützen wollen. Zur Wahl stehen sechs Kategorien. Die GLS setzt offenbar auf den mündigen Anleger, dem das Institut nicht vorschreiben will, wie er sein Geld anzulegen hat.
Allerdings bieten manche Nachhaltigkeitsbanken nur ein schmales Spektrum an Finanzprodukten und Dienstleistungen an. So können die Anleger bei der UmweltBank keine Girokonten eröffnen; das Institut ist also nicht als Ersatz für die gewohnte Sparkasse oder Volksbank geeignet. Wer ein Tagesgeld- oder Sparkonto bei der UmweltBank eröffnen möchte, muss seine alte Bankverbindung beibehalten. Hingegen eignen sich andere Institute wie die GLS und die Kirchenbanken durchaus als Hausbank.
Die Checkliste am Ende von Teil I enthält zehn Punkte, die jeder Anleger vor einem Wechsel seiner Bank prüfen sollte. Passt das Institut zu meinen persönlichen Vorstellungen und Überzeugungen? Welche Finanzprodukte und Dienstleistungen werden angeboten? Wird überhaupt überprüft, ob die Bank ihre eigenen ethischen und ökologischen Prinzipien in der Praxis befolgt?
Nicht alle Nachhaltigkeitsbanken bestehen diesen Stresstest mit Bestnoten. Besonders schlecht schneidet die Ethik-Bank aus Thüringen ab; sie ist im Grunde kein eigenständiges Kreditinstitut, sondern lediglich ein Online-Angebot der Volksbank Eisenberg. Die Einlagen der Kunden werden nur zum kleineren Teil zur Finanzierung von Ökokrediten verwendet. Den größten Teil investiert die Ethik-Bank in Wertpapiere, bei denen ein sozialer oder ökologischer Bezug zuweilen schwer zu erkennen ist.
Dieses Portfolio enthält Anleihen mehrerer internationaler Großbanken, die in den vergangenen Jahren mit kontroversen Aktivitäten und Geschäftsmethoden aufgefallen sind. Dazu gehört die gezielte Unterstützung von Steuerflucht und die Duldung von Geldwäsche. Die Ethik-Bank hat einen zweistelligen Millionenbetrag in vier australische Großbanken investiert, die massiv die Förderung von Kohle, Öl und Erdgas finanzieren. Da haben offenbar alle Kontrollen versagt.
Bevor ein Anleger zu einem solchen Institut geht, bleibt er besser bei seiner Sparkasse oder Volksbank. Ohnehin bieten immer mehr traditionelle Kreditinstitute ethisch-ökologische Tages- und Sparkonten an. Sie reagieren damit auf die wachsende Nachfrage nach solchen Produkten. Die Grenzen zwischen alternativen und etablierten Banken verschwimmen zusehends.
Unabhängig, bei welcher Bank eine Anlegerin ihr Konto hat, kann sie selbst die nachhaltigen Wertpapiere auswählen, in denen sie ihre Ersparnisse investieren möchte. Dazu gehören die Green Bonds, die in Teil II vorgestellt werden. Hierbei handelt es sich um Anleihen, die speziell dem Klima- und Umweltschutz dienen. Die Erlöse dürfen beispielsweise nur zur Finanzierung von Solarparks, für Elektromobilität oder für die Renaturierung von Ödland verwendet werden. Green Bonds bieten mithin eine ausgezeichnete Möglichkeit, gezielt in ökologische Projekte zu investieren.
In der Bundesrepublik zählen die KfW-Bank aus Frankfurt und die NRW-Bank aus Düsseldorf zu den größten Emittenten von Klima-Anleihen. Beide Institute sind staatliche Förderbanken, die öffentliche Aufgaben finanzieren. Die KfW-Bank gehört mehrheitlich dem Bund; bei der NRW-Bank ist das Land Nordrhein-Westfalen alleiniger Eigentümer.
Die NRW-Bank hat bislang zehn Green Bonds mit einem Volumen von insgesamt 5 Milliarden Euro begeben. Diese Gelder wurden für Kredite verwendet, mit denen unter anderem die Sanierung der Emscher finanziert wird, des einst am stärksten verschmutzten Flusses in ganz Deutschland. Darüber hinaus fördert das Institut die Anschaffung von Omnibussen, Lkw und Lieferwagen mit Elektroantrieb. Ebenso unterstützt die NRW-Bank den Bau von Windparks und die energetische Ertüchtigung von Krankenhäusern.
Zinsen zahlt die NRW-Bank auf ihre jüngsten Green Bonds freilich keine; da ist sie genauso knickerig wie Volksbanken und Sparkassen. Die Anleger können sich jedoch ausrechnen, wie hoch die ökologische Rendite ist, die sie mit einem Investment erzielen können. Wer für 10 000 Euro Green Bonds der NRW-Bank erwirbt, verhindert damit pro Jahr den Ausstoß von 8 Tonnen Kohlendioxid. Diese Zahlen hat das Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie ermittelt, das die ökologischen Auswirkungen der Klima-Anleihen wissenschaftlich überprüft.
Ähnlich wie die NRW-Bank finanziert die KfW ihre Aufgaben zu einem Gutteil mit Green Bonds. Die bundeseigene Förderbank vergibt pro Jahr Kredite von mehr als 10 Milliarden Euro, mit denen vor allem energiesparende Wohnhäuser und Gewerbeimmobilien gefördert werden. Doch auch für Solaranlagen und Windparks gibt es Geld von der KfW.
Dieses Institut lässt gleichfalls von Wissenschaftlern überprüfen, wie hoch der ökologische Nutzen der geförderten Projekte ist. Im Jahr 2019 konnte mit den Vorhaben, die die KfW mit Klima-Anleihen finanziert hat, der Ausstoß von Kohlendioxid in Deutschland um 12,8 Millionen Tonnen reduziert werden. Das entspricht den Abgasen von 6,6 Millionen Personenwagen. Die Green Bonds der staatlichen Förderbank haben den gleichen Effekt, als wenn in Deutschland jedes siebte Auto aus dem Verkehr gezogen werden würde.
Klima-Anleihen sind an den Finanzmärkten zunehmend populär. Auch kommerzielle Großbanken begeben Green Bonds, desgleichen Industriekonzerne wie der Autohersteller Daimler, der Chemiekonzern BASF und der Energieversorger Eon. Da mag sich mancher Beobachter fragen, ob hier nicht Missbrauch mit einem an sich sehr sinnvollen Finanzinstrument getrieben wird. In der Tat sollten Anleger bei Green Bonds ein paar Punkte beachten, die am Ende von Teil II in einer Checkliste aufgeführt werden.
Eine relativ neue Spielart von Klima-Anleihen sind Social Bonds, auch Social Impact Bonds oder Blue Bonds genannt. Mit diesen Anleihen werden soziale Aufgaben finanziert, also zum Beispiel der Bau von günstigen Mietwohnungen sowie von Kindertagesstätten, Krankenhäusern, Pflegeheimen, Behindertenwerkstätten und anderen karitativen Einrichtungen. Bislang wurden in Deutschland aber nur wenige Social Bonds begeben, die für Kleinanleger infrage kommen. Die Emittenten sind meist Förderbanken der Bundesländer.
Social Bonds werden freilich ebenso schlecht verzinst wie Klima-Anleihen. Die Tiefzins-Phase, die wir heute erleben, wird voraussichtlich noch viele Jahre anhalten. Zugleich könnten die Inflationsraten, die derzeit ebenfalls sehr moderat sind, in absehbarer Zukunft wieder anziehen. Das bedeutet, dass ein Vermögen, dass in Green Bonds oder anderen Anleihen angelegt wird, im Lauf der Zeit deutlich an Kaufkraft verlieren dürfte.
Wer sich vor einem solchen Wertverlust schützen will, sollte einen Teil seiner Ersparnisse in Aktien anlegen, die aller Erfahrung nach auch in Zukunft positive Renditen bringen dürften. Freilich müssen die Anleger damit rechnen, dass die Kurse jederzeit scharf einbrechen können wie etwa nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020. Um einen solchen Kursrutsch aufzufangen, müssen Aktien langfristig gehalten werden, also für mindestens fünf bis zehn Jahre.
Niemand sollte in Panik seine Papiere abstoßen, wenn an der Börse mal wieder Unwetter toben; die Wende zum Besseren kommt oft unerwartet rasch. Ungeachtet der anhaltenden Corona-Rezession haben sich die Aktienkurse im Lauf des Jahres 2020 wieder deutlich erholt. Dank der großzügigen Finanzhilfen, die Regierungen und Zentralbanken weltweit zur Ankurbelung der Wirtschaft beschlossen haben, fassten die Börsen rasch wieder Vertrauen.
Eine in jeder Hinsicht fantastische Entwicklung nahm die Aktie von Tesla. Der Hersteller von Elektroautos erlebte 2020 einen Kurssprung von mehr als 500 Prozent; im Januar 2021 schoss der Börsenwert zeitweise über die Marke von 800 Milliarden US-Dollar. Das kalifornische Unternehmen gehörte seinerzeit zu den fünf wertvollsten Börsengesellschaften der Welt.
Der rational nicht nachvollziehbare Kursanstieg zeigt zweierlei: Zum einen ist das Thema Nachhaltigkeit längst an der Börse angekommen. Auf der anderen Seite lösen Öko-Werte wie Tesla irrwitzige Spekulationen aus, die es seriösen Anlegern nicht gerade leicht machen, Aktien zu finden, die zwei fundamentale Ziele erfüllen – nämlich die erstens den eigenen sozial-ökologischen Vorstellungen genügen, zweitens aber noch nicht hoffnungslos überteuert sind.
Eine Supernova wie Tesla steht in Gefahr, jederzeit zu explodieren und sich in Sternenstaub aufzulösen. Wie tief einst angehimmelte Stars fallen können, zeigt anschaulich der Öko-DAX. Diesen Index hatte die Deutsche Börse 2007 geschaffen, um den Handel mit Werten aus den erneuerbaren Energien zu beflügeln. Von den zehn Firmen, die der Öko-DAX bei seinem Start umfasste, gingen binnen weniger Jahre die Hälfte in Konkurs. Die Insolvenz anmelden mussten vor allem Solarunternehmen wie Q-Cells, Solon und Solarworld.
Der Niedergang war weitgehend selbst verschuldet. Solange es ihnen gut ging, verteilten die Photovoltaikunternehmen großzügig die erzielten Gewinne an ihre Aktionäre. Hingegen geizten die Vorstände mit Ausgaben für die Forschung und Entwicklung. Das sollte sich rasch rächen. Als asiatische Billigkonkurrenten mit Massenprodukten auf die europäischen Märkte drängten, hatten ihnen die deutschen Solarunternehmen meist keine innovativen Produkte entgegenzusetzen.
Wer hingegen in seinem Geschäftsfeld zu den ökologischen Pionieren gehört, kann an der Börse funkeln. Dies belegt der Natur-Aktien-Index, der dreißig Ökopioniere aus den unterschiedlichsten Branchen und Ländern enthält. Von 2010 bis 2020 hat sich der Index, der von der Hamburger Finanzfirma Securvita herausgegeben wird, weitaus strahlender entwickelt als zum Beispiel der DAX.
Doch wie finden Privatanleger Unternehmen, die sowohl nachhaltig wirtschaften als auch anhaltend Kursgewinne erzielen? Diese doppelte Aufgabe ist nicht leicht. Eine Checkliste am Ende von Teil III zeigt, welche Punkte nachhaltige Aktionäre beachten sollten. Sie müssen sich insbesondere davor hüten, auf den nächsten Hype hereinzufallen. Seit 2020 wird beispielsweise die Trommel gerührt für die Aktien von Wasserstoffunternehmen, von denen selbst Experten zuvor nie etwas gehört haben.
Privatanleger, die mit ihren Investments erneuerbare Energien fördern wollen, sollten sich auf Solarenergie und Windkraft konzentrieren. Hier haben Technologien und Märkte mittlerweile einen gewissen Reifegrad erreicht. Dies erlaubt es, die künftige Entwicklung halbwegs zuverlässig vorherzusehen. Wer heute zu den Marktführern gehört, wird voraussichtlich auch in der absehbaren Zukunft gut im Geschäft sein.
Ein nachhaltiges Aktienportfolio aufzubauen, verlangt freilich einige Vorkenntnisse, über die nicht alle privaten Anleger verfügen dürften. Die Auswahl von Einzeltiteln ist außerdem recht zeitaufwendig, denn die Investoren müssen sich über ihre Unternehmen auf dem Laufenden halten, sich also regelmäßig in Presse, Internet und Finanzportalen über aktuelle Entwicklungen informieren.
Wer nicht nur in Windkraft- und Solarunternehmen investieren will, sondern sein Geld breit gestreut in nachhaltige Werte anlegen möchte, sollte sich für einen Ökofonds entscheiden, wie in Teil IV des Buches ausgeführt wird. Er muss jedoch unbedingt beachten, dass diese Finanzprodukte ganz unterschiedlich konstruiert sind. Zwei gegensätzliche Konzepte sind zu unterscheiden – der Best-of-Class-Approach und das Impact Investing.
Beim ersten Ansatz werden in die Fonds grundsätzlich Unternehmen aufgenommen, die in ihrer Branche die – relativ gesehen – geringsten Schäden für Umwelt und Klima verursachen. Das kann zum Beispiel ein Autohersteller sein, dessen Fahrzeuge im Durchschnitt weniger Kohlendioxid in die Luft blasen als die Modelle der Mitbewerber.
Zu den »Klassenbesten« würde auch ein Chemiekonzern gehören, der die Umwelt mit weniger Schadstoffen belastet als die liebe Konkurrenz. Oder ein Energiekonzern, der seinen Strom zu einem höheren Anteil aus erneuerbaren Quellen gewinnt als andere Stromversorger (aber dennoch weiter fleißig Atommeiler und Kohlekraftwerke betreibt).
Weniger schmutzig als andere heißt noch lange nicht: wirklich sauber. Welcher Investor möchte einen Fonds kaufen, in dem die Aktien von BASF, BMW und Eon enthalten sind? Wer es ernst nimmt mit der ethischen, sozialen und ökologischen Geldanlage, sollte sein Erspartes besser in Finanzprodukte anlegen, die Impact Investment betreiben. Hierbei wählen die Fondsmanager Unternehmen aus, die nachweisbar einen positiven Beitrag leisten, um den Treibhauseffekt zu bekämpfen oder auf andere Weise eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Mit Fonds können private Anleger gezielt bestimmte Nachhaltigkeitsziele fördern, die ihnen ganz besonders am Herzen liegen. Hierzu gehört beispielsweise die Entwicklungspolitik, die heute allzu oft gegenüber dem Klimaschutz zurücktreten muss. Wer ein klein wenig dazu beitragen möchte, mit seinen Ersparnissen Armut, Not und Hunger in der Dritten Welt zu bekämpfen, kann etwa einen Mikrofinanzfonds zeichnen. Solche Fonds vergeben Kredite an Bauern, Handwerker und andere Gewerbetreibende in Entwicklungsländern, die keinen Zugang zu regulären Banken haben. Klein- und Kleinstunternehmer aber sind die wichtigsten Motoren, um die wirtschaftliche Entwicklung in den armen Ländern voranzutreiben.
Kritisch sollten Anleger ETF oder Indexfonds sehen, die von ihren Urhebern als ethisch oder ökologisch deklariert werden. In der Regel orientieren sich solche Fonds an Aktienindizes, die sich zu einem Gutteil aus recht zweifelhaften Werten zusammensetzen. Welche Punkte die Anleger beachten sollten, wird, wie zuvor bei Banken, Anleihen und Aktien, auch bei Fonds in einer abschließenden Checkliste zusammengefasst.
Ein ganz wichtiges Kriterium ist: Üben die Fonds entschlossen und wirksam die Rechte der Kunden aus, deren Ersparnisse sie treuhänderisch verwalten? Gehen die Fondsmanager auf die Hauptversammlungen, die alljährlich abgehalten werden? Treten sie dort ans Mikrofon, um dem Vorstand die Leviten zu lesen? Fordern die Investoren, bedenkliche Praktiken wie Geldwäsche, Korruption und Kinderarbeit abzustellen?
Wenn kritische Investoren sich zu Wort melden wollen, dann tun sie das allerdings nicht immer auf den jährlichen Aktionärstreffen. Wirkungsvoller ist es mitunter, Bedenken hinter verschlossenen Türen vorzutragen. Dort muss niemand auf Medien und Öffentlichkeit schielen. Das Management kann einräumen, dass die Kritik an Strategie und Geschäftspolitik des Unternehmens vielleicht nicht ganz unberechtigt ist – ohne befürchten zu müssen, das Gesicht zu verlieren.
In Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren eine lockere Gruppe kritischer Aktionäre gebildet, die regelmäßig einige der größten Industriekonzerne zur Rede stellen. Zu diesen Investoren gehören unter anderem Ethikbanken wie die Evangelische Bank, die KD-Bank, die Pax-Bank und die Steyler Ethik Bank. Diese Kreditinstitute bieten ihren Kunden nicht nur Fonds an, die in Aktien investieren. Sie halten darüber hinaus ebenfalls direkt Wertpapiere börsennotierter Unternehmen.
Deshalb können die Banken Rechenschaft verlangen von den Börsengesellschaften, an denen sie beteiligt sind. Einen solchen kritischen Dialog haben kirchliche Investoren beispielsweise mit der deutschen Autoindustrie gestartet. Die Ethikbanken wollten wissen, woher die Unternehmen Rohstoffe wie Kautschuk, Kobalt und Lithium beziehen. Mit ihren bohrenden Fragen trugen die kritischen Aktionäre offenbar dazu bei, dass die Autokonzerne zum Teil eingelenkt haben. BMW und Daimler erklärten 2020, dass sie künftig darauf achten wollen, ob ihre Lieferanten aus den Schwellenländern bei der Förderung konfliktbelasteter Mineralien ökologische und soziale Mindeststandards einhalten.
Teil V des Buches verfolgt ein doppeltes Ziel. Zum einen wird vor Finanzprodukten gewarnt, die für unerfahrene Privatanleger viel zu riskant sind. Hierzu gehören etwa geschlossene Fonds, die in Windparks und Solarkraftwerke investieren. Untersuchungen der Stiftung Warentest zeigen: Geschlossene Sachwertefonds bescheren den Anlegern in den meisten Fällen nichts als Verluste. Ebenfalls recht riskant sind Genussscheine, Anleihen mit Nachrangabrede und Crowdinvesting.
Nach diesen Warnungen folgen im letzten Kapitel einige Hinweise, wie private Anleger ein nachhaltiges Portfolio aufbauen können. Ein solches Musterdepot sollte auf der einen Seite sichere Komponenten wie Spareinlagen und Green Bonds staatlicher Emittenten enthalten. Diese beiden Anlageklassen sind freilich derzeit vollkommen renditelos: Sie werfen weder Zinsen noch Dividenden ab.
Daher muss ein Öko-Portfolio auch ertragreiche Komponenten enthalten, will der Anleger vermeiden, dass sein Vermögen nach und nach Kaufkraft einbüßt. Dies sind im Wesentlichen Aktien und Aktienfonds. Freilich bergen Investments an der Börse Gefahren, die jederzeit einen erheblichen Teil des Vermögens vernichten können. Investments, die beides bieten – große Sicherheit und hohe Erträge – gibt es schlichtweg nicht.
TEIL I
Das Jahr 2020 war für die Wirtschaft ein Annus horribilis, eine Zeit nicht abreißender traumatischer Ereignisse. Im Zuge der Pandemie schrumpfte das Sozialprodukt in der Bundesrepublik um fast 5 Prozent. Hunderttausende Einzelhändler, Friseurgeschäfte und Restaurants blieben während des Lockdowns geschlossen. Auch die großzügigen Hilfen des Staates konnten nicht verhindern, dass zahllose Kleinbetriebe zahlungsunfähig wurden. Die Insolvenzen belasteten wiederum die Banken. Sie mussten in ihren Bilanzen Milliarden an Rückstellungen bilden, um Vorsorge zu treffen für die erwartete Konkurswelle.
Doch in der Corona-Krise gab es durchaus auch Gewinner. Zu ihnen zählt die GLS Gemeinschaftsbank aus Bochum, die sich auf die Finanzierung von sozialen und ökologischen Projekten spezialisiert hat. Das Institut konnte 2020 rund 38 000 neue Kunden gewinnen; insgesamt 280 000 Menschen hatten Ende des Jahres ein Konto bei dem westfälischen Kreditinstitut. Damit ist das Institut zwar noch keine Großbank. Doch gerade in einer der schwersten Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahrzehnte hat sich gezeigt, dass die GLS Bank das attraktivere Geschäftsmodell hat – jedenfalls für Sparer und Kleinanleger, die ihr Geld verantwortungsvoll anlegen wollen.
Die Kunden kommen vor allem aus zwei Gründen zur GLS. »Zum einen haben wir ein durchgängig nachhaltiges Geschäftsmodell. Neben den erneuerbaren Energien unterstützen wir mit der Kreditvergabe zum Beispiel auch den ökologischen Landbau, Biomärkte und den Bau von bezahlbaren Wohnungen«, erläutert Vorstandschef Jorberg. Überdies könnten die Kunden entwicklungspolitische Ziele fördern, indem sie in den Mikrofinanzfonds der Bank investieren.
Ebenso wichtig wie diese ganz konkreten Zwecke dürfte für viele Kleinanleger ein allgemeines, eher abstraktes Ziel sein. »Die Kunden wissen es zu schätzen, dass die GLS mitarbeitet an einer grundlegenden ökologischen und sozialen Transformation der Gesellschaft. Wir bieten eben mehr als nur Geldanlage«, sagt Jorberg selbstbewusst. Das sind große Worte für ein nach wie vor recht kleines Geldhaus. Tatsächlich aber könnte die GLS Bank für die Zukunft des Finanzwesens stehen. Wer dort heute ein Konto eröffnet, trägt damit sein Scherflein dazu bei, dass die Welt morgen vielleicht ein klein wenig besser sein wird.
Der David aus Bochum ist in vieler Hinsicht das genaue Gegenteil der Goliaths, die heute noch die Finanzwelt beherrschen. Das zeigt sich bereits an den Standorten. Die meisten deutschen Großbanken haben ihren Hauptsitz in Frankfurt. Dort befinden sich nicht nur die Zentralen der Commerzbank und der Deutschen Bank, also der beiden größten privatwirtschaftlichen Geldhäuser der Bundesrepublik. Auch die DZ Bank, das Spitzeninstitut der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken sitzt im vornehmen Westend, desgleichen die DekaBank, die eine zentrale Rolle für die Sparkassen ausübt.
Wie keine andere Branche betonen die Banken in Frankfurt mit ihrer Architektur, welche Bedeutung und welche Macht sie sich anmaßen. Gebieterisch reckt sich der »Tower« der Commerzbank 259 Meter in die Höhe. Die imperiale Geste steht in krassem Gegensatz zu den schlechten Leistungen, mit denen das Management seit Jahren unangenehm auffällt. Ohne milliardenschwere Staatshilfen hätte die Bank die Finanzkrise von 2008 nicht überlebt.
Schauen die Banker in ihren Hochhäusern aus dem Fenster, dann blicken sie unvermeidlich in die Glaspaläste von Konkurrenten, die wenige Dutzend Meter entfernt in den Himmel ragen. Sind die Türme an einem Winternachmittag hell erleuchtet, dann sehen Managerinnen, Analysten und Sekretärinnen wie in einer übergroßen Puppenstube die Managerinnen, Analysten und Sekretärinnen anderer Banken, die am Bildschirm sitzen, telefonieren oder sich in der Kaffeeküche zu einem Schwätzchen versammeln. Willkommen in der Parallelwelt!
Die GLS Bank hingegen hat ihre Hauptverwaltung in Bochum, in der industriellen Wüstenei des Ruhrgebiets. Stahl und Kohle, einst die beiden Stützen der regionalen Ökonomie, spielen in Bochum längst keine Rolle mehr. Dank der stillgelegten Schlote ist der Himmel über der Ruhr zwar wieder blau. Doch die Spätfolgen der hemmungslosen Industrialisierung sind bis heute zu erkennen. Zerfallende Werkhallen künden vom Niedergang; gelegentlich stürzen Bergwerksstollen tief unter der Erde ein, dann wackeln buchstäblich die Wände. Das Stadtbild wird geprägt von der einfallslosen Architektur der Nachkriegszeit, als das Ruhrgebiet noch das Kraftwerk der deutschen Wirtschaft war.
Vermutlich ist es kein Zufall, dass ausgerechnet dort, wo Mensch und Natur jahrzehntelang so hemmungslos ausgebeutet wurden wie in keiner anderen deutschen Region diesseits von Bitterfeld, 1974 die erste Nachhaltigkeitsbank Deutschlands entstand. Gegründet wurde sie von Wilhelm Ernst Barkhoff, Albert Fink, Rolf Kerler und Gisela Reuther, alle Anhänger der Anthroposophie, der nicht unumstrittenen Weltanschauung, die auf Rudolf Steiner zurückgeht.
Die vier tauften ihre Neuschöpfung auf den Namen »Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken«, heute abgekürzt zu GLS. Mit der neuen Bank wollten die Gründer ein Instrument schaffen, um beispielsweise Waldorfschulen zu finanzieren. Damals verlangten konventionelle Kreditinstitute noch Zinsen, die aus heutiger Sicht astronomisch hoch erscheinen. Um die extravaganten Finanzierungskosten zu senken, schlossen sich Bürger, die der Anthroposophie nahestanden, zusammen, um ihre Ersparnisse gemeinsam für ein Ziel einzusetzen, das ihnen allen am Herzen lag – zum Beispiel eine Reformschule für ihre Kinder.
Genau in gleichem Geist hatten im 19. Jahrhundert Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch die Raiffeisen- und Volksbanken gegründet. Es waren Selbsthilfeorganisationen für kleine Leute, die bei den Banken seinerzeit häufig kein Geld bekamen. Die Idee bestand darin, dass sich Bauern, Handwerker und andere Gewerbetreibende gegenseitig mit ihren Ersparnissen unterstützen sollten. Diese Kreditinstitute sind bis heute Genossenschaften, bei denen Kunden und Eigentümer, Sparer und Kreditnehmer großenteils identisch sind.
Völlig neu war das Geschäftsmodell der GLS mithin nicht, es beruht auf einem bewährten Konzept, das angereichert wurde durch neue Vorstellungen zur Nachhaltigkeit. Es muss niemand Jünger von Rudolf Steiner sein, um dieser grünen Kreditgenossenschaft beizutreten. »Ein wesentliches Merkmal der Anthroposophie ist die ganzheitliche Betrachtung, die auch für unsere Geschäfte gilt. Zu dieser Auffassung kann man jedoch auf ganz verschiedenen Wegen gelangen. Man muss keineswegs Anthroposoph sein, um das ganzheitliche Konzept der GLS Bank zu unterstützen«, erläutert Vorstandschef Jorberg.
Im Lauf der Jahre hat sich die GLS Bank ohnehin etwas von ihren anthroposophischen Wurzeln gelöst. Hierzu trugen vor allem die Übernahme von zwei anderen Umwelt- und Ethikbanken bei. 2003 erwarb das Institut die Ökobank aus Frankfurt, die aus der Umweltbewegung hervorgegangen war. Aufgrund eines recht unprofessionellen Managements geriet das alternative Geldhaus allerdings finanziell ins Schlingern. Im Jahr 2008 übernahm die GLS zudem die IntegraBank aus München, die eine betont christliche Ausrichtung hatte.
Die heutige Gemeinschaftsbank wurzelt mithin in drei recht verschiedenen Traditionen – der Anthroposophie, dem Christentum und der säkularen Umwelt- und Friedensbewegung. So sehr deren Anhänger in vielen Fragen miteinander streiten mögen – in einem Punkt sind sich die Gründer von Integra, GLS und Ökobank einig: Das Finanzsystem bedarf dringend einer Reformation an Haupt und Gliedern.
Auf einen Blick: GLS Gemeinschaftsbank
Rechtsform
Eingetragene Genossenschaft (eG) mit Sitz in Bochum
Eigentümer
83 500 Mitglieder der Genossenschaft
Bilanzsumme
8,03 Milliarden Euro
Zahl der Kunden
280 000
Geschäftsstellen
Hauptstelle in Bochum; Filialen in Berlin, Frankfurt, Freiburg, Hamburg, München und Stuttgart
Angebote für Zahlungsverkehr
Girokonten, Geld- und Kreditkarten, digitale Karten; die Kunden können bei nahezu allen Volks- und Raiffeisenbanken kostenlos Bargeld abheben
Geldanlage (Auswahl)
Tagesgeld, Sparbriefe, eigene Investmentfonds
Kredite für Privatkunden
Ökologische Baufinanzierung mit Einbindung einer KfW-Förderung
Anlageberatung
Die Berater für nachhaltige Investments erhalten regelmäßig eine interne Fortbildung
Transparenz
Die von der GLS finanzierten Projekte werden halbjährlich im Bankspiegel veröffentlicht
Überprüfung
Die Einhaltung der ethischen Anlageprinzipien wird durch einen Anlageausschuss kontrolliert, in dem neben Vertretern der GLS externe Fachleute sitzen. Zudem arbeitet die Bank mit der ökologischen Ratingagentur Imug zusammen.
Quelle: Unternehmensangaben, eigene Recherchen; Stand: Ende 2020
Einen ersten kleinen Schritt hierzu tat die GLS: Sie ist eine der ersten Banken in Deutschland, die sich einen ethischen Kodex verordnet hat. In verbindlichen Richtlinien ist festgeschrieben, welche Aktivitäten das Institut betreiben darf und welche nicht. »Für die Verwendung der Kundengelder haben wir strenge ethische, ökologische und soziale Kriterien, die auf unserer Website nachzulesen sind«, sagt GLS-Vorstandssprecher Thomas Jorberg. Klare Ausschlusskriterien seien zum Beispiel Rüstung, Atomkraft, Korruption, die Verletzung von Menschenrechten und gravierende Verstöße gegen geltende Umweltgesetze. Die Bank investiere grundsätzlich nicht in Unternehmen, die solche kontroversen Geschäftsfelder beziehungsweise Geschäftspraktiken aufweisen.
Die ethischen Prinzipien gelten für die beiden zentralen Geschäftsfelder des Instituts: Vergabe von Krediten und Investitionen in Wertpapiere, wie Aktien und Anleihen. Kein Unternehmen bekommt von der GLS Bank Geld, wenn es nicht nachweisbar die strengen Kriterien des Instituts erfüllt. Auch die Staaten, in deren Wertpapiere die Bank investiert, müssen den Anlagekriterien genügen. Ebenso strikte Prinzipien gelten für die Investmentfonds, die die GLS anbietet.
Diese ethischen Leitlinien sind nicht bloß eine Deklamation guter Absichten, sondern wurden tief in den Strukturen der GLS Bank verankert. Das Institut hat einen Anlageausschuss, der die Investmentkriterien mehrmals im Jahr überprüft. Bei dieser Aufgabe verlässt sich die Bank nicht nur auf die Sachkunde und die Erfahrung der eigenen Führungskräfte, die ja in der Regel gelernte Banker sind und keine Experten für Ethik oder Nachhaltigkeit. Neben internen Mitgliedern sitzen im Anlageausschuss auch externe Experten aus Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft. Hierzu gehörte Ende 2020 beispielsweise Professor Christian Berg. Der ausgewiesene Nachhaltigkeitsexperte war lange Zeit Manager beim badischen Softwarehaus SAP, dem größten IT-Konzern Europas. Auch die übrigen Mitglieder des Anlageausschusses blicken auf lange und reiche Erfahrungen mit den Themen zurück, die bei der GLS Bank im Fokus stehen.
Der Anlageausschuss legt freilich nicht nur die ethischen Leitlinien fest. »Dieses Gremium überwacht außerdem, ob die Vorgaben in der Praxis auch vom Management beachtet werden«, sagt GLS-Chef Jorberg. Zu diesem Zweck trifft sich der Anlageausschuss regelmäßig mit dem Vorstand. Stellt er fest, dass das Management die eigenen Leitlinien verletzt oder nicht mit der gebotenen Konsequenz umsetzt, sprechen die Ethik-Kontrolleure dies offen aus.
Das Gremium hat freilich keine formellen Kompetenzen: Es kann beispielsweise den Vorstand nicht öffentlich rügen oder gar absetzen, wenn dieser die ethischen Geschäftsgrundlagen missachtet. In einem solchen Fall gibt der Anlageausschuss jedoch klare Ratschläge, was zu tun ist. »Bislang hat die Geschäftsleitung die Empfehlungen des Anlageausschusses im Wesentlichen stets befolgt«, versichert Jorberg. Es habe noch nie grundlegende Konflikte mit dem Vorstand gegeben.
Auch die Kunden können überprüfen, was die GLS Gemeinschaftsbank mit ihrem Geld macht. In dem Magazin Bankspiegel