Geschichten aus dem Märchenwald - Johannes Hewig - E-Book

Geschichten aus dem Märchenwald E-Book

Johannes Hewig

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Beschreibung

Ein amüsanter Streifzug durch den Grimmschen Märchenwald mit den drei Trollen Bolg, Bong und Borg. Die drei jungen Trolle sind ausgerissen und marschieren nach Süden. Dabei bringen sie den Märchenwald und seine Figuren gehörig durcheinander. Selbstverständlich muss jemand die Verfolgung aufnehmen und versuchen die drei wieder einzufangen.

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Für meine Kinder.

Inhaltsverzeichnis:

Knusper, Knusper, Knäusle

Gute Ware, schöne Ware.

Kuchen und Wein

Gerangel um die goldene Kugel

Bruchstücke und Sterne

Von Salaten und Haaren

Wirtshaus zum Trollhaus

Gestiefelt und schneidig geplaudert

Und wenn sie nicht…

1. Knusper, Knusper, Knäusle

Es war einmal in den letzten hundert Jahren passiert, dass sich Trolle so weit nach Süden gewagt hatten. Es musste also Seltsames vorgefallen sein im nördlichen Waldkönigreich, welches von König Celparien regiert wurde. Der Ratgeber des Königs hatte ein altes Pergament hervorgeholt und vorgelesen was dort geschrieben stand.

„Es gehe das erstgeborene Kind des Waldkönigs aus, um die Unholde einzufangen.“

Damit war entschieden, wer den Trollen folgen musste und auserkoren war, das wieder in Ordnung zu bringen. Das Erstgeborene, also ich. Der Ratgeber des Königs hatte klargemacht, dass diese Aufgabe erfüllt werden musste. Also war dieser Ritt in den Süden alternativlos und so war es mitsamt Ross, dem braven und klugen Hans, auf in den südlichen Wald gegangen. Wir waren der unübersehbaren Fährte der Trolle nun schon tagelang gefolgt. Die Spur von geknickten Ästen und Bäumen, die durch den dichten Tannenwald führte, war leicht zu erkennen und wir konnten schließlich nach Tagen im Dunkel des tiefen Waldes schon von weitem eine sonnenhelle Lichtung erahnen. Das Erste, was jedem, der sich dieser Lichtung näherte, jedoch aufgefallen wäre, war das Wimmern einer alten Frau. Als wir den Wald verlassen und die leuchtende Wiese erreicht hatten, bot sich uns ein unvergesslicher Anblick. Auf der Lichtung hatte ein Haus gestanden. Es war jedoch offenbar bis auf die Grundmauern niedergefressen worden. Hier und da lagen auf der Wiese verstreut noch einige Krümel herum. An den kümmerlichen Resten der Wände waren Bissspuren zu erkennen. Die Trolle hatten das Pfefferkuchenhaus, welches dort wohl gestanden hatte, nahezu vollständig verputzt. Einzig der massiv gemauerte Schornstein des Nebengebäudes ragte noch in den Himmel und davor saß die alte Frau. Aus tiefen Augenhöhlen schaute sie gen Waldrand.

Die langjährige Erfahrung im Wald verriet einem sofort womit man es zu tun hatte. Eine Backhexe. Diese erblickte die aus dem Wald kommende, berittene Gestalt und kam jammernd näher.

„Hoheit bitte helfen Sie mir. Man hat mir alles genommen. Mein Haus und die Kinder.“ Auch noch eine Vermisstenmeldung, dachte ich, das hatte noch gefehlt.

„So, so, die Kinder. Ihre?“, frug ich.

„Ähm ja…“, krächzte die Alte und blickte aus ihren trüben, fast erblindeten Augen zur Seite. Sie legte die Stirn in zweifelnde Falten und brachte ein falsches Lächeln hervor. Natürlich waren sie das offenbar nicht – also ihre Kinder.

„…ja, sie gehören mir.“, fuhr sie fort. Ich hob eine Augenbraue und entgegnete:

„Man kann Kinder nicht besitzen!“ Ein Funken Ärger blitzte in den Augen der Alten auf, doch sie beherrschte sich und sah zu Boden.

„Äh nun ja, nein, also sie gehören zu mir, wollte ich sagen. Meine … Nichte und mein Neffe.“ Die Alte ergänzte:

„Bringen Sie sie mir wieder und der Lohn soll Euch gut munden.“

Ihr verzaubertes Backwerk würde keiner anrühren, der bei Verstand war und bei Verstand bleiben wollte. Aber der einfachste Weg hier wieder wegzukommen war klar; eine kurze Befragung und dann schnell weiterreiten.

„Wie heißen die Kinder?“, frug ich.

„Hänsel und Gretel. Sie sind davongelaufen als die Trolle anfingen das Dach aufzufressen. Mein schönes Pfefferkuchendach. Das ist das letzte Stück. Nehmen sie es!“ Sie hielt mir das Stück Pfefferkuchen hin und blickte mich bohrend an. Es sah lecker aus und duftete nach Zimt und Nelken. Kurz zuckte meine Hand, aber ich beherrschte mich gerade noch rechtzeitig. Netter Versuch mich reinzulegen, dachte ich und sagte:

„Nein, danke!“

Da fing sie wieder an bitterlich zu weinen nur wirkte es nun noch ein wenig unechter als zuvor. Man kannte die Sorte. Jeder Trick war ihnen recht, um vor allem Kinder als Arbeitssklaven und für andere Zwecke einzufangen, zu verführen und abhängig zu machen von ihrem Zuckerwerk, daher die Pfefferkuchen am Haus jeder Backhexe.

„Und wie sehen die Kinder aus?“, frug ich weiter.

„Ein recht dürres, hageres Bürschchen, leider, mit dunklen Haaren. Und ein etwa gleichaltriges blondes Mädchen.“, antwortete sie.

„In Ordnung Gute Frau. Ich verfolge die Trolle. Wann waren die Trolle hier?“, hakte ich nach.

„Heute Morgen.“, meinte die Alte. Fast einen Tag war das also schon her.

„Na Hans, da müssen wir uns sputen!“, sprach ich und dachte bei mir, dass wir zumindest ein wenig aufholten, denn bei unserem Aufbruch mussten es beinahe drei Tage gewesen sein, die die Trolle Vorsprung gehabt hatten.

„Sind es 3 Trolle gewesen?“

„Jawohl.“, bestätigte die Alte.

„Danke, ich muss nun weiter, um sie einzuholen!“

„Wollt Ihr nicht doch ein Stückchen süßes oder salziges Backwerk knuspern, um Euch zu stärken und die Nacht lieber hier verbringen? Ein wenig hab‘ ich noch.“

Die Alte bot wieder ein Stück Backwerk, diesmal Lebkuchen, in ihrer runzligen, knochigen Hand dar. Hättest du wohl gern, dachte ich mir. Trau nie einer Backhexe und iss ja nichts von ihrem Lebkuchen, denn man kann nicht oder nur sehr schwer wieder damit aufhören, wenn man einmal damit angefangen hat. Das ist der Trick der Backhexen, dass man immer wieder zugreifen muss, wenn man einmal begonnen hat sich ihrem Naschwerk hinzugeben.

„Nein, ich muss die Verfolgung aufnehmen, danke. Lebt wohl.“ Auch Hans wieherte ablehnend. Nur mein verräterischer Magen knurrte vernehmlich. Doch schon lief Hans los und wir galoppierten auf den Waldrand zu.

2. Gute Ware, schöne Ware

Eine alte Bäuerin trat mit einem großen Korb, den sie gegen ihre Hüfte stemmte, näher an das kleine zierliche Häuschen heran, welches unter einer gewaltigen Eiche stand.

„Schöne Ware, gute Ware!“, rief sie und trat noch ein wenig näher.

„Schöne Ware, gute Ware!“ wiederholte die alte Bäuerin und klopfte. Die Tür ging auf, eine gewaltig große Hand kam heraus und packte die alte Frau. Die geschlossene Faust mitsamt Frau darin verschwand im Haus und die Tür wurde zugeknallt.

Ein Troll hielt die alte Frau in der einen Hand, und holte sich mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand vorsichtig den ersten Apfel aus dem Korb der Bäuerin. Er biss hinein, kaute kurz und schluckte ihn herunter.

„Mmm, klein, aber süß!“ Die in der Faust hängende Frau fuchtelte wild mit den Armen herum und der Troll nahm ihr daraufhin den Korb weg.