Der Dieb von Cordoba - Johannes Hewig - E-Book

Der Dieb von Cordoba E-Book

Johannes Hewig

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Beschreibung

Eine Geschichte über die Kraft der Liebe, die alles zu überwinden in der Lage ist. Ein Märchen aus einer Zeit, als die Märchen aus Tausendundeiner Nacht noch Märchen aus Hundertundeiner Nacht waren. Ein Historienroman, der den Leser ins Kalifat Cordoba entführt, in die historische Epoche des Hochmittelalters während der Reconquista, als der Islam noch die dominante Religion in Südspanien war.

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Seitenzahl: 56

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Für meine Frau.

Inhaltsverzeichnis:

Prolog

Im rot-weißen Säulenwald der Moschee

Das fahlgelbe Heim

Der verbotene Garten

Das Teehaus in der Medina

Das Wiedersehen der Liebenden

Die Macht des Schicksals

Der alte Drache von Baeza

Im Silberschein der braunen Grube

Der kleine Prinz wird enthüllt

Auf der Ebene des Adlers

Ein Löwe öffnet den goldenen Käfig

Die Jagd nach dem Kalifen

Das Vorzimmer zur Hölle

Das Wagnis der Liebe

Das Schicksal in den eigenen Händen

Von Eicheln und Schweinen

1. Prolog

„Ich will dir ein Liebesmittel zeigen ohne einen Trank, ohne ein Kraut, ohne Spruch irgendeiner Zauberin: Willst du geliebt sein, so liebe.“

Seneca: Vom glückseligen Leben.

Es war einmal ein Junge. Er war ein hageres Bürschchen. Was es ihm an Kraft und Gewicht fehlte, das machte er an Schnelligkeit in Kopf und Körper wett. Die hagere Statur war dem Mangel zuzuschreiben, den seine Familie litt. Sie lebten in einem kleinen Häuschen am Rande von Cordoba, das dem Kalifat der Almohaden angehörte. Er sammelte Holz, tat hier und dort einen Botendienst, half bei den Gerbern – eine wenig beliebte Arbeit – oder mühte sich verbotenerweise mal einen Fisch aus den tiefen Wassern des Guadalquivir zu holen, um ihn zu verkaufen. Er versuchte sich den Händlerkarawanen als Helfer anzudienen oder im Gewimmel des Basars etwas zu erhaschen, das jemand anderes besaß. Letzteres war die gefährlichste seiner Unternehmungen. Da all dies keine große Zukunft versprach, hatte seine Mutter ihren Bruder gebeten, den jungen Ali einzustellen.

Sein Vater war früh verstorben. Um ihre Kinder nicht unversorgt zu wissen, heiratete seine Mutter einen Kriegsveteranen, einen der Soldaten aus Marrakesch, die ihren Glaubensbrüdern zu Hilfe geeilt waren. Für den Jungen war dies nicht erfreulich. Zumal der im Krieg verwundete Stiefvater die ihm zustehende Pension in Teehäusern verprasste. So musste er selbst für sich und seine beiden jüngeren Geschwister sorgen – denn die neuen Geschwister, die seit seine Mutter wieder geheiratet hatte, geboren worden waren, hatten die Geburt nicht überlebt oder waren alle früh gestorben. Das wenige, das er zusammen mit den anderen Jungen auf der Straße verdiente oder stahl, nahm ihm der Stiefvater häufig ab, immer dann, wenn er ihn zu fassen kriegte.

Sie lebten in der südlichen Vorstadt, eine Tatsache, die seinen Onkel, der in der Altstadt eine Teestube besaß, besonders störte und die er dem Stiefvater mehrmals vorgeworfen hatte. Wenigstens in der Axerqui, der östlichen Vorstadt sollte dieser die Familie unterbringen, insbesondere in diesen Zeiten, die in die Herrschaft des Kalifen Yaqub al-Mansur aus der Berberdynastie der Almohaden fielen. Denn immer wieder griffen die Christen das Kalifat von Norden an und die östliche Vorstadt al-Sarquiyya war ummauert mit einer Vormauer aus Erde und einer von einem Erdwall gekrönten inneren Mauer mit Steinfundamenten. Sein Onkel fand das müsse selbst einem Stiefvater das Wohl der ihm anvertrauten Kinder Wert sein. Der Stiefvater hatte entgegnet, dass die südliche Vorstadt den Vorteil habe, dass sie auf der Südseite des Flusses liege und die Christen den Guadalquivir nicht so leicht überqueren könnten, selbst wenn einmal eine Bande von Ihnen Cordoba erreichen sollte, was er bezweifle.

Sein Onkel hatte schließlich zugestimmt ihn zu beschäftigen, obwohl er für die Arbeit im Teehaus in der Medina – der Altstadt – noch recht jung war. Das hatte dieser seiner Mutter zuliebe getan, denn sein Onkel hasste seinen Stiefvater dafür, dass es ihm nicht gelang, die Familie ausreichend zu versorgen. Der Grund dafür aber, dass er auch nach einiger Zeit immer noch im Teehaus seines Onkels half, war seine körperliche Begabung. Er war schnell und geschickt. Er balancierte auf dem Tablett die beiden Teetassen, die Zuckerdose, die Teekanne und etwas Gebäck. Mal wieder räumte Ali die leeren Tassen an einem der Tischchen ab und hörte den einen der Männer, die im Aufbruch schienen, schmunzelnd sagen: „…aber die süßesten Früchte finden sich gewiss im Garten des Alcazar.“ Ein zweiter Mann entgegnete: „Das mag stimmen, doch wie man so hört, bleiben sie gänzlich ungepflückt. Welch eine Vergeudung!“ Die Männer lachten und erhoben sich. Ali schaute ihnen verwundert nach.

2. Im rot-weißen Säulenwald der Moschee

„Das Gefallen am Schönen und die Macht der Liebe sind etwas Natürliches, weder befohlen noch verboten, denn die Herzen stehen in Gottes Hand, und er wendet sie.“

Ali Ibn Al Andaluzi Hazm, Wesir des Kalifen von Cordoba: Halsband der Taube.

Da hörte er die Stimme des Muezzins. Das Adhan begann. Allahu akbar. Rasch räumte er einige Tassen beiseite. Es begannen die Wiederholungen des hajja ‘ala-salah. Kommt her zum Gebet. Freundlich wies er die Gäste darauf hin, dass es Zeit fürs Rakat, das Mittagsgebet sei, und holte den Gebetsteppich hervor. Alle Gäste waren schon entschwunden und er wartete ungeduldig auf seinen Onkel, der schließlich milde lächelnd herunterkam und mit ihm zur Moschee ging. Mit geneigtem Haupt begleitete er seinen Onkel durch die Pforte der Vergebung und betrat mit ihm den Orangenhof vor der Moschee. Sie begaben sich zur Wudhu. Wie jeden Tag mahnte sein Onkel: „Werde Dir der Absicht zur Reinheit gewahr!“ Dann begann er mit den Händen die Waschungen. Als er schließlich auch mit dem Waschen des linken Fußes fertig war, sprach er gemeinsam mit dem Onkel: „Allah, mach mich zu einem der Reumütigen und mach mich zu einem sich Reinigenden“. Sodann folgten sie den vielen Gläubigen ins Innere. Im letzten Moment wurde er beim Eintreten gewahr, dass er den falschen Fuß setzen wollte. Er zog ihn noch rechtzeitig zurück und betrat die Moschee mit dem rechten Fuß. Er trat ein und bestaunte wie jeden Tag den Wald aus schwarz-grauen Säulen und rot-weißen Bögen. Ein sanftes Gemurmel erfüllte die Moschee. Er setzte an, seinen Onkel etwas zu fragen. „Sei still jetzt und formuliere Deine Absicht zum Gebet!“ So senkte Ali das Haupt und besann sich auf das Gebet.