Gespenster-Krimi 155 - Brian Elliot - E-Book

Gespenster-Krimi 155 E-Book

Brian Elliot

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Als der amerikanische Geschäftsmann Larry Landon das uralte Schloss Ysancourt in Frankreich betritt, ahnt er noch nicht, welches Grauen ihn dort erwartet. Eigentlich will Larry das Gemäuer für seine Firma kaufen und in ein Hotel umwandeln. Dann aber erfährt er von dem Fluch, der über der Familie Ysancourt liegt, ausgesprochen von einer Hexe im finstreren Mittelalter! Und schon in seiner zweiten Nacht auf Schloss Ysancourt fordert dieser Fluch sein erstes Todesopfer!
Doch Larry kann nicht einfach in die Heimat zurückkehren. Er hat sich in die junge Comtesse Yvonne verliebt und ist entschlossen, sich dem "Schrecken von Ysancourt" zu stellen, um ihr Leben zu retten!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 127

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Im Verlies der blutigen Träume

Vorschau

Impressum

Im Verliesder blutigen Träume

von Brian Elliot

Die Henkersknechte, kräftige Gesellen in roten Wämsern, schleppten einen grauhaarigen Mann zwischen sich, dessen Oberkörper trotz der Kälte nackt war. Seine Brust und sein Rücken waren von schrecklichen Wunden entstellt. Er sehnte sich nur noch nach dem Tod, dem Ende seiner Qual.

Nach ihm wurde eine junge Frau aus dem Haus geführt, gleichfalls gefesselt. Sie war hochschwanger, ihr Leib wölbte sich unter dem grünen Kleid. Erhobenen Hauptes schritt sie durch den Spott der Menge, stolz wie der Teufel selbst.

Rufe voller Hass erklangen, obszöne Gesten wurden ge‍macht. »Hexe! Satansbuhlerin! Du trägst das Kind des Teufels in deinem sündigen Leib! Fluch und Schande über dich, Denise de Ysancourt!«

»Jean-Paul Dulot«, rief das Mädchen, »triumphiere nicht zu früh! Ich komme wieder! Du wirst deinen Sohn sehen, Jean-Paul Dulot! Unseren Sohn! Und tausend Jahre lang, alle hundert Jahre, wird der Schrecken die Deinen heimsuchen und der Fluch sich von Neuem erfüllen!«

Laurence »Larry« Landon landete am 2. Januar morgens um 7 Uhr 15 in Le Bourget. Ein eiskalter Wind pfiff über das Flugfeld, als Larry aus der Caravelle stieg. Er stellte den Kragen seiner Jacke hoch, steckte die Hände tief in die Taschen und ging zum Flughafengebäude.

Beim Zoll hatte er keine Schwierigkeiten, denn Larry war ein Mann, der gern mit leichtem Gepäck reiste. Larry erhielt sein Gepäck bei der Abfertigung.

Er sah sich in der großen Halle um. Yvonne de Ysancourt sollte ihn am PanAm-Schalter erwarten. Als Erkennungszeichen war eine Ausgabe des ›Paris Match‹ ausgemacht, die sie unter dem Arm halten sollte.

Larry schnitt eine Grimasse. Er stellte sich eine vertrocknete Frau um die Fünfzig vor, wahrscheinlich mit Stahlbrille und schiefsitzenden Strümpfen. Larry teilte nicht die Ehrfurcht vieler Amerikaner vor einem Adelstitel. Er hatte seine Erfahrungen gemacht. Ob Earl, ob Chevalier, ob Graf, sie alle wollten Unsummen für ihre verrotteten Kästen von Burgen und Schlössern, wenn Landon Hotels & Stores an sie herantraten.

Zudem waren viele der Gebäude so vom Einsturz bedroht, dass selbst Richard Löwenherz sich geweigert hätte, unter einem solchen Dach zu übernachten.

Eine dankbare Aufgabe war es nicht, die Burgen und Schlösser interessierter europäischer Adliger zur Umwandlung in einen Hotelbetrieb zu testen.

Bei PanAm stand keine Fünfzigjährige, sondern eine bildhübsche dunkelhaarige junge Frau. Unter dem Arm hielt sie den ›Paris Match‹.

»Comtesse Yvonne de Ysancourt?«, fragte Larry.

Zwei braune Augen musterten ihn.

»Mr. Landon?«

»Ganz genau. Es ist mir ein Vergnügen. Mit einer so charmanten Geschäftspartnerin hatte ich nicht gerechnet.«

»Sie sehen auch nicht wie der Prototyp eines amerikanischen Hotelfachmanns aus.«

Das stimmte. Laurence Landon, zweiter Sohn von James Landon III., war schlaksige Einsachtzig lang, hatte braunes Haar und ein sympathisches Gesicht.

»Sie wollen also Landon Hotels & Stores ein Schloss verkaufen, komplett mit Schlossgeistern und allem Drum und Dran?«

Ein Schatten huschte über das hübsche Gesicht.

»Über solche Dinge machen wir keine Witze!«, sagte sie. »Sie mögen das vielleicht nicht glauben, aber es gibt tatsächlich Spukschlösser und verwunschene Burgen, auf denen der Fluch der blutigen Vergangenheit ruht.« Die junge Comtesse war bei diesen Worten sehr ernst geworden.

Doch Larry wäre nicht Larry gewesen, hätte er darauf nicht einen seiner lockeren Sprüche vom Stapel gelassen. »Je mehr Schlossgeister, Gespenster und Flüche, umso besser. Landon kauft sie alle. Mit so einer Attraktion ließe sich eine Menge Geld machen. Einmal, drüben in England, in der Nähe von Reading, glaubte ich schon einmal, ich hätte einen waschechten Poltergeist erwischt. Ein Lord wollte seinen Sommersitz verkaufen, weil es dort des Nachts manchmal grässlich rumorte und polterte. Ich übernachtete dort. Gleich in der ersten Nacht die unheimlichen Laute. Poltern. Trappen. Rumoren. Ich zischte aus dem Bett und sah mich im düsteren Gang ei‍ner dunklen Gestalt gegenüber.«

»Und?«

»Es war der trunksüchtige Butler. Er hatte einen Geheimschlüssel zum Weinkeller und war oft nicht mehr ganz sicher auf den Beinen, wenn er von seinen Kostproben zurückkehrte.«

»Ich sehe schon, mit Ihnen kann man kein ernstes Wort reden, Monsieur. Kommen Sie, mein Wagen wartet draußen.«

Laurence Landon und die Comtesse de Ysancourt verließen das Flughafengebäude. Larry sprach ein ausgezeichnetes, fast akzentfreies Französisch. Das und die Tatsache, dass er ein cleverer, mit allen Wassern gewaschener Geschäftsmann war, hatte James Landon III. und. James II. bewogen, ihn nach Frankreich zu schicken, wo er sich einige alte Schlösser ansehen sollte.

Die hübsche Comtesse steuerte entschlossen auf einen Parkplatz zu. Dort stand ein Citroën DS 19 von wahrhaft ehrwürdigem Alter.

Larry ging zunächst dreimal um das Gefährt herum.

»Mon Dieu!«, sagte er andächtig.

»Das Gleiche sagten mein Vater und meine Brüder auch, als sie ihn zum ersten Mal sahen.«

Larry verstaute sein Gepäck im Kofferraum, setzte sich dann neben Yvonne de Ysancourt. Sie ließ den Motor an.

Der Citroën rollte los. Die Comtesse reihte sich auf dem Peripherique Boulevard ein, um nicht quer durch die Stadt fahren zu müssen.

Als sie die Stadt hinter sich gelassen hatten, ging es durch verschneite Felder, Wälder, Städte und Dörfer.

»Sie redeten vorhin, als würden sie Geister- und Spukerscheinungen auf alten Schlössern durchaus ernst nehmen, Comtesse«, sagte Larry, mehr um ein Gesprächsthema zu ha‍ben.

»Nennen Sie mich einfach Yvonne. Ich gebe wenig auf den Titel, von dem ich ohnehin nicht sehr viel habe. Meine Freunde am Institut d'Art et d'Archeologie sagen auch einfach nur Yvonne.«

»Was studieren Sie dort, Yvonne?«

»Kunst. Mit mäßigem Erfolg allerdings. Ich bin wohl kein besonderes Talent.«

»Oh, dann reden wir lieber wieder über die Spukschlösser und Geisterburgen. Im Ernst, glauben Sie tatsächlich, dass es in diesen alten Gemäuern übernatürliche Dinge geben kann?«

»Monsieur Landon, ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie diese Dinge nie kennenlernen. Hinter vielen dieser alten Sagen und Überlieferungen verbirgt sich eine grausige Realität. Wie hinter dem Schrecken von Ysancourt.«

»Der Schrecken von Ysancourt? Was ist das?«

»Eine alte blutrünstige Geschichte, Monsieur. Das ist keine Touristenattraktion. Diese Dinge sind lange vorbei, aber unsere Familie denkt immer noch mit Schaudern daran. Am besten, Sie vergessen, dass ich es erwähnt habe.«

Schloss Ysancourt befand sich auf einer kleinen Insel inmitten eines Sees, der von einem Nebenarm der Loire gespeist wurde. Das Schloss war nur achtzehn Kilometer von Tours entfernt. Eine schmale Stegbrücke, über die allerdings kein Auto fahren konnte, verband die Insel und das Schloss mit dem Festland.

Das Schloss war ein düsterer Bau mit Zinnen und hochragenden Türmen. Es schien Larry noch düsterer als der Hintergrund des bewölkten Himmels. Er fragte sich, wie aus dem Kasten jemals ein Hotel werden sollte.

Doch Yvonne de Ysancourt war zu hübsch, als dass er ihr so einfach eine Abfuhr erteilen konnte.

»Hm«, meinte Larry also nur, »ein reichlich dunkles Gebäude, finden Sie nicht?«

»Warten Sie ab, bis Sie drin sind. Ysancourt ist sehr gemütlich.«

Die Comtesse parkte den Wagen in einer Leichtbaugarage vor der Stegbrücke. Larry stieg aus, reckte und dehnte sich ausgiebig nach der langen Autofahrt. Es war gegen elf Uhr. Larry nahm seine Koffer, warf noch einmal einen misstrauischen Blick auf Schloss Ysancourt, dann folgte er der Comtesse über die Zugbrücke.

Larry war sicher kein abergläubischer Mensch, doch als er durch den wuchtigen, gemauerten Torbogen lief, fiel ihm die bedrückte, schier unheimliche Atmosphäre auf, die über dem Schloss zu lasten schien. Der Schlosshof – mit feucht glänzenden Kopfsteinen gepflastert – war leer.

Die Comtesse deutete auf das Haupt- und Wohngebäude. »Diesen Flügel, den westlichen, bewohnen wir. Im südlichen Teil des Schlosses sind die Dienstboten untergebracht. Viele sind es nicht, denn mit der Herrlichkeit von Schloss Ysancourt ist es nicht mehr weit her. Die übrigen Gebäude stehen zum Teil schon seit vielen Jahren leer, sind aber allesamt in gutem Zustand. Es dürfte nicht besonders schwierig und kostspielig sein, sie zu restaurieren, wenn Sie Schloss Ysancourt erst einmal gepachtet haben.«

»Offen gestanden, wenn es zum Abschluss kommt, sind Landon Hotels & Stores mehr an einem Kauf interessiert.«

»Ich glaube, ein Pachtvertrag über ein paar Jahrzehnte wäre für beide Teile besser, Monsieur Landon. Doch darüber können wir später noch reden. Immerhin ist Schloss Ysancourt seit dem 14. Jahrhundert im Besitz unserer Familie.«

»Wir werden sehen. Doch um eins möchte ich bitten, Yvonne. Lassen Sie den Monsieur weg und nennen Sie mich Larry. Wir Amerikaner sind keine großen Freunde von Förmlichkeiten.«

Yvonne de Ysancourt ging nicht darauf ein. »Wir sollten zunächst meinen Vater und meine Brüder begrüßen«, sagte sie. »Offen gestanden erwartet meine Familie sowohl Sie als auch mich erst in ein paar Wochen, aber das macht nichts.«

Ihre Worte erstaunten, ja, verwirrten Laurence Landon, doch bevor er nachhaken konnte, klopfte Yvonne mit dem eisernen Türklopfer, dessen Ring im offenen Maul eines kunstvoll geschmiedeten Löwen steckte.

Ein alter, großer weißhaariger Mann mit dunklem Anzug und zerknittertem Gesicht öffnete nach einer Weile. Er riss die Augen auf, als er sah, wer da vor der Tür stand.

»Comtesse? Sie? Mit Ihnen haben wir nicht gerechnet. Ich fürchte, Ihr Vater wird gar nicht erfreut sein, Sie zu dieser Zeit hier zu sehen. Warum sind Sie nicht in Paris an der Universität?«

Er sprach mit sanftem Vorwurf wie ein Bediensteter, der schon seit vielen Jahren angestellt ist und praktisch zur Familie gehört.

»Wo ist mein Vater?«

»In der Bibliothek. Ich werde ihn holen. Ihre Brüder sind nicht zu Hause, Comtesse, aber sie werden im Laufe des Tages zurückkommen. Wird Monsieur hier auf Schloss Ysancourt wohnen?«

»Allerdings. Zeigen Sie Monsieur Landon das beste Gästezimmer, Daniel. Er soll sich wohl fühlen bei uns. Sie werden sich sicher zunächst frisch machen wollen, Laurence. Können Sie mit meinem Vater in – sagen wir – einer halben Stunde in der Halle sprechen?«

»Natürlich.«

»Dann bis später.«

Yvonne ging, und Larry folgte dem alten Diener, der sicher schon seine siebzig Jahre auf dem Buckel hatte. Er ächzte mit den Koffern die Treppe hoch, kam durch einen langen, mit einem roten Läufer belegten Gang.

Der alte Daniel öffnete eine Tür. Larry trat in ein behaglich eingerichtetes Zimmer.

Es gefiel ihm auf den ersten Blick, wie ihm auch das Schloss überhaupt gefiel. Von innen war von dem düsteren Eindruck, den Schloss Ysancourt von außen auf ihn gemacht hatte, nichts zu bemerken.

Das Zimmer war mit antiken Möbeln eingerichtet. Dazu gehörte auch ein Himmelbett mit einem Baldachin. Von dem muffigen Geruch, den er von anderen alten Schlössern und Burgen kannte, konnte Larry hier nicht das Geringste bemerken.

Er setzte die Koffer vor dem Bett ab.

»Sehr schön, Daniel«, sagte er. »Weshalb glauben Sie, dass der Comte über die Ankunft von Comtesse Yvonne nicht entzückt ist?«

Daniel verzog keine Miene. »Die Comtesse sollte mitten im Semester in Paris sein. Das Klima hier in der Tourraine ist im Januar doch recht rau. Nichts für eine junge Dame.«

»Das Klima, Daniel? Es wird wohl eher der Schrecken von Ysancourt sein, weshalb der Comte Comtesse Yvonne nicht hier haben will!«

Larry hatte das im Spaß gesagt, um den alten Daniel, der ihm reichlich steif erschien, ein wenig auf den Arm zu nehmen. Zu seinem Erstaunen trat aber Daniel zwei Schritte zurück. Er wurde bleich unter seiner gesunden Gesichtsfarbe und streckte abwehrend die Hände aus.

»Woher wissen Sie davon, Monsieur? Hat die Comtesse zu Ihnen geredet?«

»Wir haben uns nur allgemein über alte Spukschlösser und dergleichen unterhalten, Daniel. Doch jetzt bin ich neugierig geworden. Was hat es denn mit diesem Schrecken von Ysancourt auf sich? Eine alte Familiensage oder ein Schlossgespenst?«

»Forschen Sie nicht nach diesen Dingen, Monsieur! Das alles gehört der Vergangenheit an, ist lange begraben und vergessen. Der Schrecken von Ysancourt ist vor genau hundert Jahren zum letzten Mal aufgetreten. Hören Sie nicht auf die Klatschmäuler. Ich führe Sie in einer halben Stunde zum Comte.«

Der Diener ging.

Larry duschte, rasierte sich die Bartstoppeln aus dem Gesicht. Er fühlte sich wie zerschlagen. Die acht Stunden Zeitverschiebung bei dem Flug nach Osten hatten Larrys Organismus etwas durcheinandergebracht, zudem noch das lange Sitzen im Flugzeug und die Autofahrt von Paris hierher.

Larry packte seine Sachen aus, verstaute sie im massiven, mit Schnitzereien verzierten Schrank.

Es klopfte an der Tür. Die halbe Stunde war um.

Larry folgte dem alten Diener. In den Gängen des Schlosses brannte Licht, denn es war draußen düster. Larry sah alte Gemälde an den Wänden, Ritterrüstungen und ein paar wirklich schöne Deckenmalereien und Fresken.

In der Halle meldete der alte Diener Larry formvollendet an. Larry trat in einen hohen Saal mit prasselndem Kaminfeuer.

Er sah die Ahnengalerie an den Wänden. Ein prächtiger Kristalllüster spendete Licht. Der Comte stand vor der lang gestreckten Tafel, Yvonne an seiner Seite.

Der Comte war um die Fünfzig, ein breitschultriger, untersetzter Mann mit ergrauendem schwarzem Haar und dunklen Augen, die etwas Stechendes hatten. Er trug einen Anzug von gedeckter Farbe mit Lederflicken an den Ellbogen. Er erinnerte Larry an englische Landadelige, mit denen er zu tun gehabt hatte.

Er begrüßte Larry förmlich, bot ihm Platz an.

»Wir haben Sie gar nicht so bald erwartet, Monsieur Landon«, sagte er. »Yvonne erwähnte zwar, dass sie Verbindung mit einem amerikanischen Hotelkonzern aufnehmen wol‍le, aber dass es so bald schon zu konkreten Verhandlungen käme, ahnte ich nicht.«

Larry sah Yvonne leicht befremdet an, auch etwas missmutig, weil sein Kommen nicht angekündigt war, kam aber gleich zur Sache. »Sie wissen, Comte, es ist verschiedentlich praktiziert worden, mittelalterliche Schlösser und Burgen in Ferienhotels umzuwandeln. Besonders bei meinen Landsleuten findet es großen Anklang, einen Urlaub auf einem Schloss eines Grafen, Comte oder Lords zu verbringen. Das europäische Mittelalter fasziniert sie. Die jeweiligen Schlösser müssen jedoch mehr oder weniger restauriert werden, da ein gewisser Komfort sein muss.«

»Das ist mir klar, Monsieur Landon.«

»Zudem muss Unterhaltung geboten werden. Sie haben ein Gestüt, wie mir die Comtesse sagte?«

»Ja. Nicht hier auf dem Schlossgelände natürlich, aber nur zwei Ki‍lometer entfernt.«

»Ausgezeichnet. Zudem könnte man Golf- und Tennisplätze errichten.«

Es schien Larry, als sei der Comte mit seinen Gedanken nicht bei der Sache. Er kam Larry geistesabwesend vor.

Yvonne war Feuer und Flamme, das war klar zu erkennen.

»Vielleicht ließe sich auch noch ein Hauch Makabres einflechten, ein wenig Grusel, Sie verstehen?«, fuhr Larry fort. »Die Comtesse erwähnte etwas von einem alten Fluch, von dem Schrecken von Ysancourt. Vielleicht ließe sich daraus ...«

Die Faust des Comte krachte auf den Tisch. Daniel, der gerade ein Tablett mit zwei Flaschen und Gläsern hereinbrachte, erstarrte an der Tür.

»Nicht genug, dass du jetzt schon zurückkehrst, obwohl ich dir ausdrücklich verboten habe, im nächsten Vierteljahr nach Schloss Ysancourt zu kommen!«, fuhr der Comte seine Tochter an und schien Larrys Gegenwart völlig vergessen zu haben. »Du sprichst auch noch zu Fremden über dieses Verhängnis, das auf unserer Familie lastet, und gibst den Klatschmäulern zusätzlich Nahrung! Warum, zum Teufel, konntest du nicht abwarten, bis die kritische Zeit vorüber ist, ehe du zurückkommst und noch dazu einen Gast mitbringst?«

Yvonne senkte den Blick. Die junge, lebenslustige Frau wirkte verstört, als sie sagte: »Ich ... ich konnte nicht anders, Vater. Die Träume! Sie kehrten jede Nacht wieder. Ich musste zurückkommen. Und als Monsieur Landon schrieb, er könne ebenso gut auch schon jetzt kommen, um Schloss Ysancourt auf seine Touristentauglichkeit hin zu prüfen, da dachte ich, er könne gleich anreisen.«

Der Comte nickte. »Ich dachte es mir«, sagte er leise. »Auch René und Hervé sind gekommen; Hervé von Cambridge, René sogar aus Südamerika, wo er an Ausgrabungsarbeiten teilgenommen hat. Auch bei ihnen waren es die Träume, die sie hierhergezwungen haben. Doch Monsieur Landon hättest du besser nicht hergebracht.«