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<p><strong>Faszien - rundum fit und geschmeidig.</strong></p> <p>R&uuml;ckenschmerzen, verspannter Nacken, ein Stechen beim B&uuml;cken - Bewegungsschmerzen k&ouml;nnen Sie ganz sch&ouml;n ausbremsen. Die Ursache sind h&auml;ufig verklebte Faszien. Faszien stabilisieren und formen unseren K&ouml;rper und brauchen, genau wie Muskeln, regelm&auml;&szlig;iges Training. Kristin Adler und Arndt Fengler - weltweit als Experten in Sachen Faszientherapie unterwegs - zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Faszien dehnen, n&auml;hren und geschmeidig halten - f&uuml;r ein kraftvolles K&ouml;rpergef&uuml;hl und einen dynamischen Alltag.</p> <p>Passgenaues Selbsthilfe-Programm: Die &Uuml;bungen sind auf typische Schmerzregionen zugeschnitten: Brustkorb, Wirbels&auml;ule, Schultern und Arme, Knie und F&uuml;&szlig;e. Sie machen Spa&szlig;, sind einfach, aber tiefenwirksam und lassen sich kinderleicht in den Alltag integrieren.</p> <p>Soforthilfe: Die schmerzhaften Triggerpunkte erkennen und durch punktuellen Druck aufl&ouml;sen.</p> <p>Motivation inklusive: 10 Erfolgsmomente und Selbst-Tests begleiten Sie bei Ihren Trainingsfortschritten.</p> <p>Schauen statt Lesen: Alle Tests und &Uuml;bungen zus&auml;tzlich auf DVD.</p>
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Seitenzahl: 187
Kristin Adler, Arndt Fengler
seit Jahren teilen wir unsere große Leidenschaft für die Arbeit als Therapeut. Auch in der Freizeit fördern angeregte Diskussionen und lebhafter Austausch die ständige Reflexion und Weiterentwicklung unserer Fähigkeiten. Als Instruktoren für kinesiologisches Taping und Faszientherapie haben wir die Gelegenheit, auf der ganzen Welt tätig zu werden. Aus Freude am Lernen besuchen wir regelmäßig Fortbildungen und Kongresse, um uns von guten Lehrern inspirieren zu lassen. Die Mitarbeit in einem bundesweiten Expertenkreis für gerätegestützte Faszientherapie, unter der Leitung von Dr. Robert Schleip, gibt uns immer wieder aktuellste Einblicke in die Welt der Faszien. Dass ein regelmäßiges Training dieses Netzwerks hilft, einen gesünderen und leistungsfähigeren Körper zu erhalten, sehen wir immer wieder bei der Arbeit mit Patienten, aber auch bei unseren eigenen sportlichen Aktivitäten. Mit der Möglichkeit, dieses Buch zu schreiben, hat sich für uns ein Traum erfüllt. Wieder durften wir viel lernen, neue Herausforderungen meistern und sehr nette und interessante Menschen kennenlernen. Wir möchten uns beim Team des TRIAS Verlages und unserer Lektorin für die gute Zusammenarbeit und bei Bernd Fengler jr. für die technische Unterstützung bedanken. Ihnen wünschen wir mit diesem Buch viel Spaß und hoffen, dass Sie zukünftig viel Freude mit spannungsfreien Muskeln und gut trainierten Faszien haben.
Kristin Adler und Arndt Fengler
Titelei
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Faszien – unser Körper-Netzwerk
Vom Mauerblümchen zum gefeierten Star
Faszien – mehr als nur Hüllmaterial
Das lebendige Netzwerk unseres Körpers
Faszien verbinden
Faszien in mehreren Ebenen
Fascia superficialis
Myofasziale Ketten
Muskelketten
Myofasziale Ketten
Verbessern Sie das Zusammenspiel
Vielfältige Funktionen
Faszien informieren
Faszien nehmen wahr
Viel Spaß mit alten Freunden
Unbeschwerte Bewegungsfreude
Geschmeidige Vielfalt
Feinfühlige Körperneugier
Die drei Stufen: Wahrnehmen, Verändern, Integrieren
Trainingsaufbau
Wahrnehmen
Verändern
Integrieren
Was ist Ihr Ziel?
Wählen Sie Ihr Ziel
Messen Sie die Erfolge
Nutzen Sie die Anziehungskraft
Bleiben Sie realistisch
Welcher Typ sind Sie?
Gönnen Sie sich etwas Zeit
Instinktive Handkontakte
Beobachten Sie Ihre eigenen Handkontakte
Gesunde Faszien von Kopf bis Fuß
Der Oberkörper als Dreh- und Angelpunkt
10 gute Gründe für einen beweglichen Oberkörper
Äußerst sensibel – der Brustkorb
Störungen im Bereich des Brustkorbs
stabile Basis und geschmeidiger Partner
Netzwerkpartner des Brustkorbs
Verbindungen zu anderen Regionen
Triggerpunkte des Brustkorbs
Wahrnehmen: Finger-Boden-Abstand in Rückenlage
Ausführung
Verändern: Beweglich in der Körpermitte
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Entspannung auf dem Handtuch
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Ball im Rücken
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Küchenkobra
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Küchenkätzchen
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Haltung bewahren
Ausführung
Richtig üben
Stabilität für die Halswirbelsäule
10 gute Gründe für eine bewegliche Halswirbelsäule
HWS: Balanceakt bei freier Bewegung
Achten Sie auf gute Haltung am Rechner
Störungen im Bereich der Halswirbelsäule
Anatomie der Halsfaszien
Triggerpunkte der Halswirbelsäule
Wahrnehmen: Schulterblick
Ausführung
Richtig üben
Wahrnehmen: Beweglichkeit in Beugung und Streckung
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Hand im Nacken
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Ball im Nacken
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Dehnung der Halsfaszien
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Rolle im Nacken
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Wackeldackel
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Nackendehnung
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Große Augen machen
Ausführung
Richtig üben
Entspannte Schultern, flexible Arme, bewegliche Hände
10 gute Gründe für bewegliche Arme und Hände
Die Querachse des Oberkörpers
Störungen im Bereich der Schulter-Arm-Region
Schulter und Arme: tagtäglich beansprucht
Triggerpunkte der Arme
Wahrnehmen: Schulterbeweglichkeit
Ausführung: Nackengriff
Ausführung: Schürzengriff
Verändern: Arme rollen
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Arme hoch
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Tennisarm wegrollen
Ausführung
Richtig Üben
Verändern: Golfarm wegrollen
Ausführung
Richtig Üben
Verändern: Faszinierende Trennung
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Freier Daumen
Ausführung
Verändern: Entspannt zwischen Daumen und Hand
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Beschwingte Schulter
Ausführung
Richtig üben
Die Lendenwirbelsäule – häufiger Brennpunkt
10 gute Gründe für eine bewegliche Lendenwirbelsäule
Pflegen Sie die Lendenwirbelsäule
Sensoren für Bewegung und Schmerz
Fernwirkungen
Störungen im Bereich der Lendenwirbelsäule
Anatomie der Rückenfaszien
Triggerpunkte der Lendenwirbelsäule
Wahrnehmen: LWS-Beugung
Ausführung
Wahrnehmen: LWS-Drehung in Rückenlage
Ausführung
Verändern: Rücken ausrollen
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Spannkraft nutzen
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Dehnung im Sitzen
Ausführung
Richtig Üben
Verändern: Rückenstretching
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Drehdehnlage
Ausführung
Richtig Üben
Integrieren: Federnd zum Boden
Ausführung
Richtig Üben
Integrieren: Freier Sitz
Ausführung
Richtig üben
Das Becken als stabile Mitte
10 gute Gründe für ein bewegliches Becken
Das Becken nicht überlasten
Schonen Sie den Rollhügel
Störungen des Beckens
Das Becken – Bindeglied zwischen Rumpf und Beinen
Triggerpunkte im Becken
Wahrnehmen: Gestreckte Hüfte
Ausführung
Wahrnehmen: Ausfallschritt zur Seite
Ausführung
Wahrnehmen: Hüft-Twist
Ausführung
Verändern: Triggerpunkte am Becken
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Geschmeidiges Becken
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Bärenstand
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Stretching der Hüften
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Ursprüngliche Haltungen
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Mobil im Bad
Ausführung
Richtig Üben
Integrieren: Stabil im Bad
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Kick auf der Treppe
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Hüft-Twist im Stand
Ausführung
Richtig üben
Ein guter Standpunkt – die Beine
10 gute Gründe für die Behandlung der Beine
Die Beine spielen eine tragende Rolle
Störungen im Bereich Beine und Füße
Anatomie der Faszien
Brennpunkt Fußgewölbe
Triggerpunkte der Beine
Ein wenig Aufmerksamkeit für die Unterschenkel
Wahrnehmen: Anfersen
Ausführung
Wahrnehmen: Gestrecktes Bein
Ausführung
Wahrnehmen: Tiefe Hocke
Ausführung
Wahrnehmen: Fersensitz
Ausführung
Verändern: Geschmeidige Beinfaszien
Ausführung: Schwerpunkt Triggerpunkte
Verändern: Freies Knie
Ausführung: Schwerpunkt Triggerpunkte
Ausführung: Schwerpunkt Faszien
Verändern: Rückwärtiges Beinstretching
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Rollkur für das Schienbein
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Ausrollen von Wade und Bein
Ausführung
Richtig üben
Verändern: Schöne Füße
Ausführung
Richtig üben
Integrieren: Ninjawalk auf der Treppe
Ausführung
Richtig üben
Service
Weitere Bücher und Informationen
Serviceadressen
Autorenvorstellung
Sachverzeichnis
Impressum
Faszien durchziehen unseren Körper, umhüllen die Organe, kommunizieren mit dem Nervensystem und geben uns Halt. Sie wahrzunehmen und zu trainieren fördert Gesundheit, Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit.
Faszien sind heute keine unscheinbaren Mauerblümchen mehr. Sie sind ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens geworden. Sie werden behandelt, trainiert und erforscht. Um die Begeisterung zu verstehen, sollte man einen Blick in die Geschichte werfen.
Video: Willkommen
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Wenn Sie heute dieses Buch lesen, ist es sehr wahrscheinlich, dass Ihnen der Begriff "Faszien" schon in irgendeiner Form begegnet ist, sei es in einem Fernsehbericht, in einem Zeitungsartikel oder bei einem Gespräch mit lieben Freunden. Vielleicht hat das Wort "Faszien" sogar Ihr Interesse an unserem Buch geweckt. Es schmückt die Titel von Büchern, Kongressen und Fortbildungen. Verschiedene Produkte buhlen mit dem Begriff „Faszie“ um die Aufmerksamkeit der Käufer. Es hat den Anschein, als sei eine Art Hype oder Hysterie um diese lange unbeachteten Körperteile entstanden. Erste Stimmen wehren sich gegen diesen Trend. Doch gerade durch die große Euphorie werden viele interessante Erkenntnisse gewonnen. Sie werden dazu führen, dass Faszien, auch nach dem Hype, einen festen Platz in der Medizin erhalten.
Als die Anatomen begannen, Leichen zu untersuchen, um die faszinierenden Rätsel unseres Körpers zu lösen, stießen sie beim Sezieren auf silbrig glänzende Hüllen, die scheinbar alles Wichtige des menschlichen Körpers umschlossen. Muskeln, Organe, Gefäße und Nerven, die es zu entdecken galt, waren von diesen Häuten umhüllt. Da man sie tatsächlich nur für die Verpackung hielt, wurden sie entfernt, um den Blick der Forscher nicht zu stören. So kommt es, dass in den wichtigen Lehrbüchern der Medizin Faszien oft nur fragmentartig zu sehen sind.
Der erste funktionelle Anatomieatlas des menschlichen Fasziensystems erschien erst im Jahr 2015 und ist das Werk der italienischen Forscherin Carla Stecco. Dass ein solches Buch heute auf ein interessiertes Publikum trifft, ist einer stetig wachsenden Zahl von Forschern, Medizinern und Therapeuten zu verdanken, die sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch treffen. Einer von ihnen, Dr. Robert Schleip, hat gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Werner Klingler 2006 eine preisgekrönte Studie veröffentlicht. In dieser Arbeit zeigten die beiden, dass unsere Faszien kein passives Verpackungsmaterial sind. Sie bewiesen, dass dieses Hüllorgan vielmehr selbst zur Anspannung und Entspannung fähig ist. Diese Tatsache begeisterte Körpertherapeuten rund um den Erdball. Endlich gab es eine mögliche Erklärung für das, was viele Kollegen schon oft in ihrer therapeutischen Arbeit gespürt hatten! Rolfing-Therapeuten und Osteopathen haben, schon lange vor einem vermeintlichen Hype, Faszien behandelt und festgestellt, dass mitunter eine fühlbare Entspannung in diesem Gewebe einsetzte, jedoch ohne dieses Phänomen erklären zu können. 2007 fand der erste „Fascia Research Congress“ in Boston statt. In zwei der wichtigsten Fachzeitschriften für Naturwissenschaftler erschienen Artikel zum Thema Faszien, damit war das Interesse der renommierten Forschungswelt geweckt. Seit 2007 hat sich die Zahl ernst zu nehmender Studien, die jährlich über Faszien veröffentlicht werden, verdoppelt. So wurde aus dem einstigen Mauerblümchen medizinischer Forschung ein ernst zu nehmender Star, dem inzwischen viel Aufmerksamkeit gewidmet wird.
Ähnlich wie der Begriff "Faszien" dürften Ihnen auch die Begriffe "Netzwerk" und "Vernetzung" in letzter Zeit häufig begegnet sein. Wir sind Mitglieder sozialer Netzwerke, in denen wir mit Freunden kommunizieren. Wir „networken“ am Arbeitsplatz, um unser berufliches Vorankommen zu sichern. Wir hören und lesen von digitaler Vernetzung und begegnen ihr in Form des Internets täglich. Zunehmende Reiseaktivität verbindet Menschen aus aller Welt. Netzwerke können unterschiedlichsten Zwecken dienen. Menschen können sich über ihre Interessen austauschen oder gemeinsam für etwas eintreten. Wir können mithilfe von Netzwerkpartnern sprichwörtlich über uns hinauswachsen und als Gruppe Fähigkeiten entwickeln, die dem Einzelnen nicht zur Verfügung stehen. Es gibt in unserem Alltag sehr lockere Netzwerke, in denen eine geringe Bindungsstärke herrscht, und es gibt sehr dichte und enge Verbindungen. Einige Netzwerke bilden sich sehr schnell, erfüllen eine Funktion und lösen sich dann wieder auf. Fast jeder hat schon einmal die berauschende Wirkung eines Konzertbesuches oder einer wunderbaren Party erlebt. Menschen kommen zusammen, um gemeinsam zu feiern. Es entsteht eine Verbindung zwischen den Anwesenden und eigene Grenzen werden nicht mehr deutlich wahrgenommen. Empfundene Freude steigert sich durch das Gemeinschaftsgefühl um ein Vielfaches. So erleben Menschen wunderbare Momente in kleinen oder großen Netzwerken. Andere Verbindungen begleiten uns ein Leben lang. Familie und Freunde können uns Halt geben und auch sehr glücklich machen. In Netzwerken kommt es idealerweise zur Bündelung von Kompetenzen und zum Informationsaustausch.
Viele dieser beschriebenen Aspekte lassen sich auf unsere Faszien übertragen. Denn sie bilden ein alles durchdringendes, lebendiges Netzwerk in unserem Körper. Biochemisch gesehen bestehen Faszien aus Wasser, Kollagen (Protein), Zuckern und verschiedenen Substanzen mit klebenden Eigenschaften. Diese bilden viele Fasern mit unterschiedlichen Fähigkeiten aus. Es gibt sehr feste Fasern, aber auch sehr elastische. Die Fasern werden in unterschiedlichsten Formen in unserem Körper gebündelt. Manche Fasern liegen streng ausgerichtet nebeneinander, andere sind locker verteilt. Faszien können wie ein Tuch große Flächen bedecken und Spannungen verteilen oder als starke Bänder Gelenke stabilisieren. Der Körper verfügt über schlauchförmige Faszien, die dem größten Muskel und dem allerkleinsten Nerv oder Blutgefäß als schützende Hülle dienen. Sie verfügen über Messfühler (Rezeptoren), die Spannungsänderungen, Bewegungen oder Schmerzen wahrnehmen können. "Bindegewebe" ist ein Wort, das oft stellvertretend für Faszien genutzt wird. Es trifft sehr schön eine der wichtigsten Fähigkeiten unseres biologischen Netzwerkes. Faszien verbinden!
Wenn ein Anatom die menschliche Haut entfernt, trifft er zunächst auf die oberflächliche Faszie (Fascia superficialis). Sie hat eine lockere Struktur und engen Kontakt mit dem Unterhautfettgewebe. Berühren Sie bitte einmal die Haut Ihres rechten Unterarmes mit zwei Fingern der linken Hand und schieben Sie die Haut sanft hin und her. Tun Sie dasselbe bitte einmal am rechten Handrücken und anschließend in der Handinnenfläche. Im Vergleich bemerken Sie sicher, dass sich die Haut am Arm sehr gut bewegen lässt während die Handfläche nur sehr wenig Bewegung zulässt. Herzlichen Glückwunsch! Sie haben soeben eine sehr wichtige Funktion der Faszia superfisziales gespürt: ihre Gleitfähigkeit.
Unter ihr befindet sich eine weitere Faszienschicht, die unseren gesamten Körper bedeckt. Sie umhüllt Muskelgruppen und hält diese an Ort und Stelle. Durch ihren Kontakt mit einigen Muskeln kann sie helfen, Kräfte über längere Strecken im Körper zu verteilen. Vielleicht haben Sie schon einmal den Begriff „Muskelketten“ gehört. Solche Strukturen bilden sich aus mehreren Einzelmuskeln, die durch Faszien verbunden sind. Komplexere Bewegungen sind ohne sie nicht möglich und auch ihre Funktion ist von diesen Faszien abhängig.
Noch weiter in der Tiefe des Körpers befinden sich die „Muskelfaszien“, die jeden einzelnen Muskel bis in seine kleinste Einheit umhüllen. Noch auf feinster mikroskopischer Ebene lassen sich die Verbindungen zwischen Muskel und Faszie beobachten.
Myofasziale Ketten umspannen den gesamten Körper und bilden die Grundlage für Bewegung.
Bei seinen komplexen Aufgaben setzt der Körper nicht auf einzelne Muskeln, sondern verknüpft mehrere von ihnen zu leistungsstarken Einheiten.
Wenn Sie vor dem Körper etwas hochheben und dafür bei stabilisiertem Rumpf nur die Ellenbogengelenke beugen, spricht man von einer „offenen Kette“. Man könnte sagen, dass hier der Oberarmbeuger (Musculus biceps brachii) als Solist tätig ist und von den rumpfstabilisierenden Muskeln nur hintergründig unterstützt wird. Setzen Sie bei einer komplexeren Aufgabe wie dem Gehen viele Gelenke in Bewegung, spricht man von einer geschlossenen Muskelkette. Bei dieser Art von Tätigkeiten werden viele Muskeln eingesetzt und arbeiten zusammen wie die Instrumentalisten eines gut eingespielten Orchesters.
Als die Faszien in biomechanischen Betrachtungen noch keine Rolle spielten, herrschte die Vorstellung, dass ein Muskel seine Kraft ausschließlich auf die Knochen überträgt, mit denen er in Verbindung steht. Heute wissen wir, dass etwa 30 Prozent dieser Kraft in die umliegenden Faszien des Muskels übertragen werden. So kommt es zu einer stärkeren Vernetzung zwischen Muskeln, als es das „Spieler/Gegenspieler-Modell“ vermuten ließ. Einige Leistungen, wie das Heben extremer Gewichte, werden überhaupt erst möglich, weil Muskeln durch Faszien unterstützt und verbunden werden.
Neben den Einzelfaszien, die einen Muskelbauch umhüllen und ihm erlauben, reibungslos an seinen Nachbarmuskeln vorbeizugleiten, gibt es Faszien, die mehrere Muskeln umhüllen und diese zu körperweiten Schlingen verbinden. Sie werden auch als myofasziale Ketten bezeichnet. Manche verlaufen gerade vom Kopf über die gesamte Wirbelsäule und die Beine bis zu den Zehen und helfen dabei, den Körper aufzurichten. Andere Ketten umspannen den Körper diagonal und unterstützen Sie, während Sie gehen oder Schultergürtel und Becken gegeneinander verdrehen.
Schon in den 40er- und 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts beschrieben Dr. Herman Kabat (Begründer der PNF-Methode) oder Kurt Tittel (deutscher Arzt) Muskelketten. Auch Therapeuten wie der Osteopath Leopold Busquet und der Rolfer Thomas W. Myers, beschäftigen sich mit diesen wichtigen Funktionseinheiten unseres Körpers und liefern interessante Behandlungs- und Trainingsansätze. Anstatt einzelne Muskeln isoliert zu dehnen, wird dazu übergegangen, ganze Ketten einzusetzen. So wird das Zusammenspiel zwischen den Muskeln und Faszien verbessert.
In den Übungen des Buches werden Sie zunächst lernen, einzelne Muskeln selbstständig von Verspannungen zu befreien. Mithilfe einfacher Techniken können Sie jederzeit überprüfen, ob die Übung für sie funktioniert und hilfreich ist. So steht dem ungestörten Einsatz Ihrer myofaszialen Ketten nichts mehr im Wege.
Wortwörtlich übersetzt bedeutet „Faszie“ soviel wie „Bündel oder Verbund“. Die Grundbausteine von Faszien sind Fasern, die von speziellen Bindegewebszellen (Fibroblasten) gebildet werden. Diese Fibroblasten liegen verteilt in diesem Fasziennetzwerk und können auf mechanische Reize und körpereigene Botenstoffe reagieren. Je nach Bedarf können sie sehr feste, straffe Kollagenfasern oder elastische Elastinfasern an ihre Umgebung abgeben, die sich durch regelmäßige Bewegungsreize ausrichten. Bleiben solche Reize aus, fehlt es den entstehenden Strukturen an Orientierung. Sie bilden keine geordnete Struktur und es entstehen „verfilzte“ Areale. Diese sind nicht gleitfähig und können auftretende Kräfte nicht gut aufnehmen und weiterleiten. Bewegung ist also ein wichtiger Reiz für das sich ständig erneuernde Netzwerk. Ein kompletter Austauschzyklus läuft über bis zu 22 Monate.
Die Bindegewebszellen und Fasern sind von der sogenannten Grundsubstanz umgeben. Diese besteht zum größten Teil aus Wasser und verschiedenen Stoffen, die ihr teilweise eine gelartige Konsistenz verleihen. Die Fasern sind von dieser Grundsubstanz wie von einem Puffer umgeben. So kann das Gewebe auch als Stoßdämpfer wirken. Die Grundsubstanz ist auch ein Ort des Austausches und der Informationsweitergabe. Nähr- und Botenstoffe werden in ihr transportiert und verteilt. Freie Zellen bewegen sich in der Flüssigkeit und unterstützen unsere Immunabwehr. Die Bindegewebszellen können Strömungen in dieser Flüssigkeit wahrnehmen und werden durch sie angeregt, wichtige Stoffe in ihre Umgebung freizusetzen. Auch diese Prozesse werden durch Bewegung unterstützt. Bei Verletzungen des Körpers werden chemische Stoffe abgegeben, die die Bindegewebszellen anregen, den Wundverschluss zu unterstützen.
Neben den Fasern, den Zellen und der Flüssigkeit befinden sich unzählige Körpersensoren (Rezeptoren) in unseren Faszien. Sie dienen der Informationsaufnahme und -weitergabe. Dabei messen sie Dehnungen, Muskelaktivitäten und Berührungen. Sie registrieren Aktivitäten im Organsystem und melden Schmerzen. Wenn ich Sie bitte, bei geschlossenen Augen mit Ihrer rechten Zeigefingerspitze nacheinander Ihre Nase, das linke Ohrläppchen oder Ihren Bauchnabel zu berühren, wird es Ihnen ohne Probleme gelingen. Sie sind in der Lage, einen Lufthauch oder die Landung einer kleinen Fliege auf Ihrem Körper zu spüren, weil Sie ein feinfühliges Nervensystem mit Messfühlern in verschiedensten Strukturen haben. Dadurch wissen Sie, ohne hinschauen zu müssen, wie Ihre Arme oder Beine eingestellt sind, Sie spüren, ob Ihnen kalt oder warm ist, und Sie können bemerken, dass eine Körperhaltung anstrengend wird.
Messfühler der Faszien
Messfühler
Vorkommen
Auslösereize
Reaktion des Körpers
Pacini-Körperchen
Muskel-Sehnen-Übergänge, Gelenkkapseln, im Bandapparat der Wirbelsäule
abwechslungsreiche Impulse (Druck, Vibrationen und ruckartige Bewegungen)
wird im „Bewegungslernen“ unterstützt
Ruffini-Rezeptoren
Faszien, Bänder, Gelenkkapseln, Hirn- und Nervenhäute, in der großen Lendenfaszie
flächiger, anhaltender Druck und Scherbewegungen
Entspannung des gesamten Körpers
Golgi-Rezeptoren
Muskel-Sehnen-Apparat, Gelenkkapseln, flächige Faszien und Bänder
Dehnreize in Sehnen im Grenzbereich
Muskelspannungen werden entspannt
freie Nervenendigungen
im gesamten Körper, sehr stark im Periost (Knochenhaut), flächige Faszien
feinste und kräftige Berührungen, Schmerzen (drohender oder einsetzender Gewebeschaden), Bewegungen
Stellungssinn wird angesprochen, teilweise Meldung an die Hirnregion, die Emotionen beeinflusst; inneres Selbstbild
Einige der Rezeptoren beeinflussen unbewusst sogar Ihre Emotionen, andere geben Ihnen ein Gefühl von Körperweite oder Körperenge. Kennen Sie Situationen, in oder nach denen Sie sich größer, offener oder weiter fühlen? Es gibt Menschen, die sich nach einer gelungenen Trainingseinheit oder einem schönen Spaziergang zehn Zentimeter größer fühlen. Während der therapeutischen Behandlung berichten Patienten mitunter sehr erstaunt von Gefühlen, die lange zurückliegen. Sie fühlen sich an Situationen erinnert, die sie längst vergessen glaubten. Für die meisten Menschen hat diese Art der Erfahrung etwas ähnlich Befreiendes wie das Lösen körperlicher Verspannungen. Auch Sie können durch unser Faszientraining ein wunderbares Körpergefühl entwickeln.
Die Aufgaben der Faszien
Aus den vorangegangenen Schilderungen ersehen Sie, wie vielfältig das Organ ist, dem wir uns in diesem Buch widmen. Hier möchten wir die Aufgaben unseres Fasziennetzwerkes noch einmal zusammenfassen:
Faszien verbinden unterschiedlichste Strukturen des Körpers.
Faszien schützen.
Faszien sind ein Organ der Vernetzung.
Faszien dienen dem Informationsaustausch.
Faszien formen unseren Körper bis in die kleinsten Einheiten.
Faszien nehmen Kräfte auf und geben sie wieder ab.
Faszien können Bewegungen unterstützen oder einschränken.
Faszien „fühlen“.
Faszien unterstützen das Immunsystem.
Triggerpunkte
Nicht immer ist der Ort des Schmerzes auch der Ort der Schmerzursache. Häufig sind lokal begrenzte Muskelverhärtungen, die Triggerpunkte, für Schmerzen auch in weiter entfernten Körperregionen verantwortlich. Hier können Sie selbst aktiv werden.
Was sind Triggerpunkte?
Muskeln und Faszien bilden eine wichtige Einheit in unserem Körper. Sie arbeiten eng zusammen und sind bis in die kleinsten Einheiten miteinander verbunden. Oft ist vom „myofaszialen System“ die Rede und auch der Begriff „myofaszialer Triggerpunkt“ wird unter Experten häufig benutzt. Triggerpunkte können Bewegungen schmerzhaft hemmen, Muskelverspannungen und -verkürzungen auslösen und Schmerzen an anderen, weit entfernten Orten des Körpers hervorrufen. Die Ausstrahlungsschmerzen können durch Anspannung oder Dehnung des betroffenen Muskels ausgelöst werden. "Auslösen" heißt im Englischen „to trigger“, daher der Name „Triggerpunkt“. Diese Punkte reagieren sehr empfindlich auf Druck und können als Verhärtungen des Muskels ertastet werden. Sie resultieren aus der lokalen Anspannung im Bereich des Punktes und aus einer Schwellung, die um ihn herum entsteht. Durch diese beiden Phänomene kommt es zu einem verschlechterten Nährstoffaustausch an der betroffenen Stelle. Neben den ausstrahlenden Schmerzen (Referred Pain) erzeugt der Triggerpunkt eine strangartige Verspannung im betroffenen Muskel. Dadurch ist die Leistungsfähigkeit des Muskels nicht mehr voll gewährleistet. Er wird anfälliger für Überlastungsreaktionen.
Wie entstehen Triggerpunkte?
Grundlage für die Entstehung eines Triggerpunkts sind häufig feinste Verletzungen. Sie können durch direkte Gewalteinwirkungen (Unfälle, Stürze) oder durch chronische und akute Überlastungen, wie intensiven Sport, belastende Arbeitshaltungen und Überdehnungen, entstehen. Durch kleine Verletzungen und Entzündungsreaktionen kommt es zu Vernarbungen und Verklebungen in Muskelfasern. Die Muskelfasern können nicht mehr so gut entspannen und aneinander vorbeigleiten. Ist ein Triggerpunkt entstanden, muss er nicht permanent Schmerzen bereiten. Der Punkt kann lange Zeit bestehen, ohne Symptome auszulösen. Dann sprechen Experten von einem latenten oder „stummen“ Triggerpunkt. Es gibt jedoch Einflüsse wie Zugluft, nasskaltes Wetter, Bewegungsmangel und Stress, die einen Triggerpunkt aktivieren können. Das führt dann zu deutlichen Schmerzen und Verspannungen. Erfreulicherweise können Sie selbst aktiv werden und diese Symptome durch einfache Selbstbehandlungen zügig beheben.
Helfen Sie sich
Myofasziale Triggerpunkte können Sie selber aus dem schmerzhaften in einen symptomfreien Zustand zurückversetzen, indem Sie punktuell Druck ausüben oder die Region dehnen. Durch die Selbstbehandlung senken Sie die Spannung und verbessern die Durchblutung. So können Sie Schmerzen komplett beseitigen.
Triggerpunkte reagieren noch empfindlicher auf mentalen Stress als gesunde Muskeln. Aber auch hier ist Abhilfe möglich. Eine tiefe Atmung unterstützt den Körper beim Loslassen stressbedingter Verspannungen. Gönnen Sie sich so oft wie möglich einige tiefe Atemzüge. Zählen Sie langsam bis vier, während Sie einatmen, und versuchen Sie 2–3 Sekunden länger auszuatmen.
Instinktive Handkontakte!