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Hüftspeck, Truthahnhals, Hormonschwankungen - es trifft jede über fünfzig. Grund genug, eine Diät zu machen und teure Antifaltencremes zu kaufen. Aber Achtung: Wer geliftet die Tanzfläche stürmt, sobald I will survive ertönt, sieht echt alt aus. Umwerfend komisch und gnadenlos böse - Désirée Nick nimmt beim Thema Wechseljahre kein Blatt vor den Mund.
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Désirée
Nick
Gibt es ein Leben nach fünfzig?
Mein Beitrag zum Klimawandel
Marion von Schröder
Ähnlichkeiten mit Lebenden oder Toten sind rein zufällig.
Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie
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Marion von Schröder ist ein Verlag
der Ullstein Buchverlage GmbH
ISBN 978-3-8437-0010-8
© 2011 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
Alle Rechte vorbehalten
Satz: LVD GmbH, Berlin
Dem einzigen Mann meines Lebens, der zu seinem fünfzigsten Geburtstag von der Busenfreundin ein ganzes Buch geschrieben bekommt – und das im Jahr unserer »Silberhochzeit«. Auf die fabelhaften Fünfziger – das halbe Leben liegt noch vor uns! Und nun sind wir erwachsen!
In Liebe Deine Desi
Vorwort
Ich bin kurz davor, heute noch DIE absolute Traumreise zu buchen, um mir ganz sicher zu sein, dass ich einen gut gelegenen Sitzplatz mit Beinfreiheit sowie das günstigste Ticket für einen Flug direkt ins Paradies bekomme – damit ich der glücklichste Mensch der Welt bin, wenn ich an dem Tag erwache, an dem ich sechzig werde. Denn fünfzig ist KEIN ALTER – wenn man sechzig ist! Und ich werde schon aus Trotz niemals einen Seniorenteller bestellen. Wenn vierzig das neue zwanzig ist, dann ist fünfzig nämlich das neue dreißig. In relativen Zahlen. Ich muss sagen, neuerdings wird mir moderne Mathematik immer sympathischer. (Aber wenn vierzig für zwanzig steht, müsste zwanzig dann nicht null sein?)
Und wird am Ende die Bundesregierung die neuen Zähleinheiten vielleicht sogar missbrauchen, um ihr Budget auszubalancieren – und uns erst mit achtzig in Rente zu schicken? Und wenn die Vierziger meine Zwanziger sind, warum habe ich dann in zehn Zentimeter hohen Riemchen-Stilettos geschwollene Füße und stöhne, wenn ich im Korsagenballkleid in meine Kutsche hineingehievt werde? Wenn es darum geht, Menschsein in Maßeinheiten zu bemessen, sollte man vielleicht doch besser zu Hieroglyphen zurückkehren.
Als passionierte Vielfliegerin weiß ich natürlich trotzdem nur zu gut, dass es mir in keinem Airline Jet der Welt je gelingen wird, der einen Frage zu entfliehen, die mich quält, seit ich Mitglied im Club der Gereiften bin:
Was werde ich tun, wenn ich erwachsen bin?
Denn alt bin ich ja noch nicht! Nicht mal in absoluten Zahlen! Gerade mal angelangt in der Mitte des Lebens – man könnte sagen: Ich habe die zweite Volljährigkeit erreicht! Und das fast zeitgleich mit einer halben Milliarde Schwestern weltweit!
Eine 50+-Frau, die weiß, dass sie mit Caroline Kennedy, Carol Alt, Maria Shriver, Tilda Swinton, Jennifer Grey, Erin Brockovich, Geena Davis, Teri Hatcher, Ellen DeGeneres und Oprah Winfrey dieselbe kollektive Vergangenheit teilt, kann an ihren bescheidenen fünf Fingerchen abzählen, dass diese Schwesternschaft im Geiste dazu beiträgt, sich in den Wechseljahren tapfer zu sagen: »Das Schöne daran ist, ich bin nicht allein!«
Schließlich habe ich mit Schönheiten und Legenden wie Madonna, Sharon Stone, Michelle Pfeiffer, Kim Basinger, Daryl Hannah, Goldie Hawn, Jane Fonda, Lauren Hutton, Diane Keaton, Kelly LeBrock, Iman, Kim Cattrall oder Christie Brinkley vieles gemeinsam! Ja, ich sehe mich voller Stolz zwischen diesen Glamourstars Hollywoods oder grandiosen Frauen wie Nina Hagen, Iris Berben, Miou-Miou, Suzi Quatro, Anjelica Huston, Bonnie Tyler, Jerry Hall, Kim Wilde, Nena, Sunnyi Melles, der Prinzessin von Sayn-Wittgenstein-Sayn, Prinzessin Caroline von Hannover und Gloria von Thurn und Taxis platziert.
Was für eine Riege! Kinn hoch, Bauch rein und Brustwarzen gegen den Wind, denn uns verbindet weit mehr als das tiefe Wissen über eine gute Haltung und den Wonderbra: Wir sind allesamt Muttis in der Menopause. Und die waren noch nie so begehrenswert wie heute!
Sieht man ja schon, wenn man nur durch den Supermarkt geht. Letztens hielt man mich dort für Mitte zwanzig, während ich (ganz meinem Alter entsprechend!) einen Pürierstab und Bananen in meinen Korb legte. In dem Moment spricht mich doch tatsächlich ein smarter Offizier in Uniform an, drückt mir einen Flyer in die Hand und fragt: »Schon mal an eine Karriere bei der Bundeswehr gedacht?«
»Aber Herr General!«, entfuhr es mir, während ich vor Schreck meine Banane schälte, »ich bin doch viel zu alt fürs Militär!«
»Nein, junge Dame«, entgegnete der Kadett, »wir haben das Alterslimit jetzt auf dreißig hochgesetzt!«
»Sorry, Officer«, sagte ich und biss beherzt in meine Banane, »was glauben Sie denn, wie alt ich bin?«
Dann haute ich ihm mein 50+ um die Ohren, und der Typ taumelte rückwärts in seinen Pappaufsteller mit den Armeebroschüren. Nun, wenn ein Soldat den Feind dermaßen falsch einschätzt, dann wird wahrscheinlich auch nicht alles Flugzeug sein, was er so herunterholt.
Meine Poly-Diadem-Tönung, mein Pferdeschwanz und mein Juicy-Couture-Tracksuit schienen ihre Wirkung getan zu haben, so dass ich mich schnellstens aus dem Staube machte, bevor ich einer kritischen Musterung durch den General persönlich unterzogen wurde. Jedenfalls entkam ich aus dem Supermarkt, ohne auch nur ein einziges Formular für Nachwuchssoldatinnen unterschrieben zu haben. Zu Hause angekommen, musste ich mich gleich für meinen Mittzwanziger-Status belohnen, klickte mich durchs Internet und erstand neue Tigerlook-Print-Ballerinas! Per Online-Shopping natürlich.
Apropos: In einer Welt, in der man ungeduldig mit den Fingern auf der Tischplatte trommelt, wenn sich ein Worldwideweb-Window zehn Sekunden zu spät öffnet, wartet da wirklich noch irgendjemand darauf, dass eine Faltencreme erst nach sechs Wochen Resultate zeigt? Natürlich nicht!
Genau das richtige Zeitalter für Faltenretusche durch Spritzen und Botox. Sofortige Problemlösungen müssen her, denn die vielbeschäftigte Multi-Tasking-40+-Generation hat keine Zeit zu verlieren. Wir sind ja laufend damit beschäftigt, vor dem Altern wegzurennen! Wenn das kein Großprojekt ist …
Das Fatale ist nur: Egal, wie emanzipiert, erfahren, erleuchtet, erkenntnisreich, erotisch und erfolgreich wir auch sind, das Älterwerden holt jeden von uns ein. Der Wettstreit mit dem Alter ist die eine Hürde im Leben, die keiner von uns nehmen wird. Das Spiel um ewige Jugend macht uns alle zu Verlierern. Zum Glück gibt es eine Möglichkeit, die Reißleine zu ziehen und sich per Schleudersitz diesem Rattenrennen zu entziehen:
Ein Buch über das immense Vergnügen, nicht mehr jung sein zu müssen!
Bitte schön, hier kommt es! Der Ratgeber, der Sie davor bewahren wird, sich an einem Gummiband in die Tiefe zu stürzen, um dem Adrenalin der Jugend hinterherzujagen. Fünfzig Jahre zu spät, ich weiß. Aber es ist ein Instant-Ratgeber. Rezeptfrei! Und ich verspreche sofortige Wirkung!
Wer sind die neuen Alten?
Willkommen im Club der Gereiften
Fakt ist: Ich sitze mit den erotischsten Frauen aller Zeiten in einem Boot! Es sind meine Schwestern im Zyklus. Vereint darin, dass wir mitten im Winter das Fenster aufreißen und den Ventilator anschmeißen, weil uns plötzlich heiß ist. Hallöchen, wir sind die Babyboomer! Die 50+-Generation, die den späten Girlies, die ja alle schlappe zehn Jahre jünger sind als wir, fröhlich zum Geburtstag gratuliert und mit einem beherzten »Naaa, schon wieder 39 geworden?« zuprostet!
Hadern, weil der dreißigste Geburtstag naht? Das sind für uns die Probleme einer Krabbelgruppe! Panik, weil man vierzig wird? Da winken wir nur lässig ab, nippen am Aperol und entledigen uns heimlich unterm Tisch der Schuhe, die neuerdings so ungewohnt einschneiden, wenn’s spät wird. Als wären unsere Füße plötzlich eine Nummer gewachsen … wo wir doch einst mit unseren schlanken Füßen und Fesseln für den Durchbruch von Hot Pants und Flip-Flops gesorgt haben! Und hat nicht Mary Quant, die Erfinderin des Minirocks und eine Revolutionärin der Mode, das Zepter an Vivienne Westwood weitergegeben, die ihre Enkel jetzt in Konkubinen-Kothurnen, Lederzaumzeug im Ponylook und Chaps mit freiem Arsch über den Laufsteg schickt – und selber dabei die Urgroßmutter ist!
Ja, es wird heiß im Lande! Mädels, zieht die Pullis aus, kann man da nur raten. Wer wundert sich eigentlich bei einem weltweiten Bevölkerungsanteil von rund 500 Millionen Frauen in den Wechseljahren noch über die Klimakatastrophe? Der wirkliche Auslöser für die drastische Erderwärmung dürfte angesichts dieser Fakten doch wohl geklärt sein: Es sind die Hitzewellen der Babyboomer-Generation, die die Polkappen zum Schmelzen bringen. Die Muttis in der Menopause – kurz: MM’s – hinterlassen klimatisch ihre Spuren.
Egal, wie geschickt Sie aus der Fünf in Ihrem Pass auch eine Drei malen, die heiße Phase ist als globales Kollektivschicksal inzwischen eingeläutet. Und nach all den Coming-outs der Schwulen, Lesben, Behindertenolympiaden und Gay Games sollten Mädels in der Menopause auch endlich ihre eigene Lobby gründen. Mit mir als Präsidentin natürlich! Warum sich länger verstecken, wo man doch endlich diese Plage los ist?
Die Wechseljahre sind wirklich eine Befreiung, und ich wünschte, Frauen würden einen eleganten Fächer aus der Handtasche ziehen und sich Luft zufächeln, wenn das innere Thermostat plötzlich in die Höhe schnellt. Warum diese Geheimnistuerei um die natürlichste Sache der Welt, die 52 % aller Menschen in der Mitte des Lebens überkommt? Ich möchte Frauen vom Tabu der Wechseljahre befreien und das Bewusstsein für all die wunderbaren Möglichkeiten schärfen, die diesen Jahren innewohnen. Offen damit umzugehen, das würde uns Frauen aus der Generation der Gereiften die Macht der Dinosaurier verschaffen.
Wenn man weltweit die Energie und Power aller Frauen, die derzeit in der Menopause sind, in die Kraft eines Erdbebens umwandeln würde, dann würde der Planet Erde zerbersten. Die Richterskala würde in eine Million Teile explodieren. Anders gesagt: Bei Millionen Muttis in der Menopause kann der Klimawandel wirtschaftlich nicht ohne Folgen bleiben. WIR haben die Macht! Darum kommt endlich aus dem Versteck heraus und findet für die Mitte des Lebens eine neue Frequenz! Denn genau darum geht es: den Beat zu ändern! Einen neuen Gang einzulegen.
Man kennt so was doch vom Frühjahrsputz, vom Großreinemachen, vom generellen Ausmisten an allen Fronten. Ein Aufruf zum längst überfälligen Kehraus. Erst mal die große Umhängetasche auskippen und gründlich durchsortieren. Alles wegschmeißen, was unseren neuen Bedürfnissen nicht standhält. Ballast abwerfen.
Iris Berben sagt ja gerne: Man ist, was man isst. Und dass man wesentlich länger lebt, wenn man Ananas, Schrot und Ballaststoffe zu sich nimmt. Aber was habe ich davon, wenn ich Ananas, Schrot und Ballaststoffe fresse und dann meine letzten 15 Jahre auf dem Klo verbringe? Nein, danke. Ich esse ja überhaupt kein Health Food mehr. Im Gegenteil! In meinem Alter brauche ich alle Konservierungsstoffe, die auf dem Markt sind.
Wichtig ist doch nur: Das prämenstruelle Syndrom – diese beschwerlichen Tage, die uns jahrzehntelang zu Sklaven des eigenen Stimmungsbarometers machten und pünktlich einmal im Monat mit einem grandiosen Blähbauch einhergingen –, es ist überwunden! Das verschafft den Erfindern der Frauenbewegung von der Hüfte abwärts doch völlig neue Freiheiten: Sex ohne Angst vor Schwangerschaft, ein Leben ohne die Spirale, keine Angst mehr vor weißen Röcken an den kritischen Tagen!
Vielleicht treibt es sogar die Tamponindustrie in den Ruin. Droht der Always-Ultra-Slipeinlage etwa das AUS? Weil die Käuferinnen der geburtenstärksten Jahrgänge wegfallen?
Menopause – das bedeutet endlich Pause von den Malaisen der Jugend! Wechseljahre – DER Umbruch im Leben schlechthin. Eine Umstellung, eine Neuordnung, ein Beginn – der Anfang eines neuen Lebens, befreit von all den Hang-ups und Kinkerlitzchen, die uns früher nur behindert haben. Was war das furchtbar, aus Angst, als Mauerblümchen zu enden, dauernd aufgestrapst seinen Platz in der Peer Group verteidigen zu müssen – und im Wettstreit um den muskulösesten Höhlenbewohner permanent in Stilettos an die Front auszurücken! Bin ich froh, dass dieses Immer-und-überall-dabei-sein- und Im-Leben-mindestens-mit-einem-der-Beatles-in-der-Kiste-gelandet-sein-Müssen endlich ein Ende hat.
Jedes Menschenleben teilen wir unbewusst in zwei grobe Abschnitte ein. So wie man aus einer grünen Gurke erst mal zur besseren Handhabung zwei Teile macht. Es gibt in unseren Biographien immer die Zeit VOR dem fünfzigsten und die Zeit NACH dem fünfzigsten Geburtstag. Und in der Mitte des Lebens, sozusagen VOR dem Altwerden, handelt es sich um eine Sondierungspause, um das Dritte Zeitalter. Wir werden von der Natur aufgefordert, die Dinge neu zu ordnen, quasi wie in einer Postpubertät.
Denn egal, wie sehr wir die Umstände beschönigen, unsere Biographie frisieren oder mit den minimalinvasiven Methoden der Schönheitsindustrie heimlich nachhelfen: Ab dem Jahr 2060 werden die Kinder der sechziger Jahre hundert!
Aber solange wir noch nicht Treppenliftuser und Butterfahrtenmuttis sind, solange es für uns nicht die schönste Sache der Welt ist, von den Operationen anderer Leute zu hören, so lange wir unsere Brille nicht dringender brauchen als Sex, so lange liegt es an uns, die Mitte des Lebens zum strahlenden Höhepunkt zu gestalten.
Prozentual gesehen bilden die einstigen Blumenkinder nun die stärkste Bevölkerungsgruppe und lassen die heutigen Zwanzig- bis Dreißigjährigen zu einer Minderheit schrumpfen. Und so schauen wir auf die Teenies von heute als die coolsten Omas aller Zeiten herab! Großmütter wie uns hat die Welt noch nie gesehen. Da müssen unsere Enkelinnen sich hüten, dass der Freund beim Familientreffen nicht zur Omama überwandert.
O. K., die bunten Baumwollkleidchen von damals spannen mittlerweile ein bisschen überm Hüftspeck. Und auf der Ablage im Bad sind die Verhüterlis, Thermometer, Pillen und Kondome unmerklich von Schrundensalben, Hühneraugenpflastern und Hornhauthobeln verdrängt worden. Mag ja sein. Aber all das bietet auch ungeahnte Perspektiven. Happy Feet heißt unser neues Hobby. Schließlich soll es uns nicht so gehen wie Uschi Glas: barfuß im Strandkorb sitzen und ein Kompliment für die schicken braunen Krokolederschuhe bekommen!
Klar, wer mit 50+ nach einer durchzechten Nacht heimkehrt, den schmerzen die müden Gelenke! Aber ich erinnere mich auch an so manches Frühstück in den Achtzigern, morgens um zehn, direkt nach der Disco und mit wundgetanzten Füßen in einem Café gestrandet. Und ausgerechnet da bohrte sich schon der alte Pickel bei unerbittlichem Sonnenschein durchs Make-up.
Klar kostet es inzwischen mehr Kraft und Energie, denselben Zustand der Berufsjugendlichkeit aufrechtzuhalten. Was sich damals automatisch ergab und mit natürlicher Leichtigkeit geschah, wird heute zum Projekt. Jetzt nehmen wir vorm Zubettgehen erst mal alles raus oder runter. Wir tragen keine durchsichtigen Nachthemden mehr, weil wir wissen, dass unser Partner eh nicht mehr durch sie hindurchsehen kann. Wir lassen einfach das Licht an, wenn wir keinen Bock auf Sex haben. Wir schauen nicht mehr in den Wolkenhimmel, um Bilder zu erkennen, sondern spielen das Spiel mit Krampfadern. Und wer früher Weibern beherzt in den Po gekniffen hat, winkt ihnen jetzt lieber mit der Krücke nach. Aber Achtung: Wer auf dem Sofa stundenlang vor sich hindämmert, wird schon mal von minderjährigen Enkeln für tot gehalten! Obwohl, so ging es mir früher auch, wenn ich Drogen genommen hatte. Überhaupt tragen diese Erfahrungen meines gelebten Lebens entscheidend dazu bei, die allgemeine Lage entspannter einzuschätzen. Die Prioritäten zu verlagern, sozusagen. Schließlich habe ich nicht umsonst fünfzig Jahre lang mein Haar überlebt.
Das sind ja inzwischen gar keine Haare mehr, das sind Nervenenden, die bloßliegen. An schlechten Tagen toupiere ich mir die Haare schon mal mit der elektrischen Zahnbürste – weil die Schulter so schmerzt. Gebe ich zu! Aber solange um mich herum die Freunde nicht tot umfallen wie die Fliegen, ist das Wort »Friedhof« in weiter Ferne. Und bis die Wochenenden von Grabpflege dominiert werden, haben die Kinder der Sechziger altersbedingte Phobien durch angemessenere Strategien ersetzt. Dafür garantiere ich. Wir werden uns dem Rentnerdasein verweigern, auch wenn das Teddybär-Tattoo am Unterbauch längst für eine Giraffe gehalten wird.
Das Leben hat uns Babyboomer mit seinem rasanten Ablauf überrascht. Wichtig ist nun, dass sich die erste Lebenshälfte gelohnt hat. Die Kapazitäten und die Substanz, die wir bis zum fünfzigsten Geburtstag erworben haben, werden uns nun für den Rest des Lebens nähren. Wechsel ist der Rhythmus des Lebens – und nur was sich nicht mehr verändert, ist tot.
Fest steht: Mit fünfzig hat man die Hälfte des Lebens noch vor sich! Der Aufstieg mag mühsam gewesen sein, aber jetzt sind wir über den Berg, und die Aussichten sind spektakulär.
Es liegt in der Natur der Sache, dass sich auf der Straße bergab das Tempo von selbst beschleunigt. Wir müssen nicht mal mehr Gas geben, um bei unserer Talfahrt auf Hochtouren zu kommen. Stellen wir uns also kollektiv auf diesen neuen Rhythmus ein. Machen wir gemeinsam die besten Jahre des Lebens zum Fest. Wir mögen zwar bei den Jungen zu den Alten gehören – aber bei den Alten gehören wir zu den Blutjungen! Da dürfen wir wieder Küken sein, Nachwuchs, Azubi. Oder noch besser: die Pin-ups der Geriatrie!
Fünfzig ist das Alter der Jugend und die Jugend des Alters. Einen besseren Grund zum Ü-Partymachen gibt es gar nicht.
50+: Bin ich radioaktiv?
Warum haben die Leute heutzutage diese massiven Probleme, zum Älterwerden zu stehen? Lieber reden sie vom »Herbst des Lebens« oder retten sich in Floskeln wie »in unserem Alter« oder »Du bist ja auch nicht mehr die Jüngste«. In gepflegten Konversationen werden laufend Sätze gesagt wie: »Wir kommen ja jetzt in dieses ungute Alter« oder »Die und die geht ja auch stramm auf die Sechzig zu…«
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