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"Bye bye Dubai" oder "Do buy" in Dubai? Glitzermetropole oder Größenwahn? Stürzt die Stadt der Superlative in die Immobilienkrise? Ist das Übermorgenland plötzlich pleite und die Ölmilliarden versickern im Sand? Kritiker des Gigantismus im Emirat sehen sich bestätigt; die Medien präsentieren nach dem Überflieger der Golfstaaten nun den freien Fall einer Volkswirtschaft. Doch so einfach ist es nicht. Bettina Müller verfolgt einen ganzheitlichen Deutungsansatz und hinterfragt positive Entwicklungen wie negative Folgen. Vieles wurde im Wüstenstaat unternommen, um neue Eckpfeiler für die Wirtschaft zu schaffen und ein passendes Image zu kreieren. Dies geschieht vor allem mit Hilfe gezielter Inszenierungen und (touristischer) Architektur. Trotz aller Rückschläge ist aus dem Perlenfischerdorf von einst ein zentraler Handels- und Finanzplatz des Mittleren Ostens und ein Touristenziel für Besucher aus aller Welt geworden. Wie es dazu kam, schildert die Autorin fundiert mit Blick sowohl auf den historischen und soziokulturellen Werdegang wie auch auf den ökonomischen Aufstieg. Wer sich von Dubais zukünftiger Entwicklung nicht überraschen lassen möchte, kommt um diese umfassende Betrachtung nicht umhin.
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Seitenzahl: 324
Bettina Müller
Glitzermetropole Dubai. Diversifizierung und Imagegestaltung einer auf Erdöleinnahmen aufgebauten Wirtschaft
© Tectum Verlag Marburg, 2010
ISBN 978-3-8288-5609-7
Bildnachweis Cover: Umschlaggestaltung Bettina Müller und Thomas Fuchs
(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Buch unter der ISBN 978-3-8288-2375-4 im Tectum Verlag erschienen.)
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
I N H A L T
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Fragestellung und Methodik
1.2. Aufbau
2. Rahmenbedingungen des wirtschaftlichen Handelns in Dubai
2.1. Geographische Besonderheiten
2.2. Geschichtlicher Hintergrund — Vom Nomadenstaat zur Föderation
2.2.1. Die Persisch-Arabische Golfregion unter britischem Einfluss — die Trucial States
2.2.2. Der Weg zur Föderation und die Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate
2.3. Das politische und rechtliche System der Vereinigten Arabissschen Emirate
2.4. Demographische und sozio-kulturelle Situation in Dubai
2.4.1. Rentierstaat Dubai?
2.4.1.1. Begriffserklärungen zu Rentierstaat und Rentenkapitalismus
2.4.1.2. Auswirkungen der Rentiergesellschaft in Dubai: „voluntary unemployment“
2.4.2. Gastarbeiter — die Bedeutung der „Expats“ für Dubais Wirtschaft
2.4.2.1. Entwicklung des Gastarbeitertums in Dubai
2.4.2.2. Veränderung der Bevölkerungsstruktur durch die Gastarbeiter
3. Wirtschaft in Dubai: ‘Oil- vs. Non-Oil-Sektor’
3.1. Der Oil-Sektor: Die Entdeckung des Erdöls in Dubai und dessen Auswirkung auf die Wirtschaftsentwicklung
3.1.1. Die Entwicklung des Erdölsektors
3.1.2. Abhängigkeit vom Erdöl: Dubais energieintensive Schwerindustrie
3.1.3. Investitionen der Erdöleinnahmen
3.2. Der Non-Oil-Sektor: Diversifizierungsstrategien — Dubais Wirtschaft will weg vom Öl
3.2.1. Die Ausweitung des Industriesektors
3.2.2. Dubais Entwicklung zur Handelsdrehscheibe des Mittleren Ostens
3.2.2.1. Freihandelshafen Dubai
3.2.2.2. Der strategische Hafen(aus)bau und die Ausweitung der Infrastruktur
3.2.2.3. Dubai International Airport und die Bedeutung der Fluggesellschaft Emirates
3.2.2.4. Dubai World Central International Airport
3.2.2.5. Dubais Außenhandelsaktivitäten
3.2.3. Schaffung branchenspezifischer Freihandelszonen
3.2.4. Ausbildung des Banken- und Finanzsektors Dubai als Metropole nach westlichem Vorbild
3.2.5. Ausweitung des Immobiliensektors —ein Novum in der Geschichte der Vereinigten Arabischen Emirate
3.2.6. Tourismus als Chance für den Erhalt des Wirtschaftswachstums?
3.2.6.1. Der Aufbau des Tourismussektors —der Staat als Investor
3.2.6.2. Tourismus in Dubai heute — Marktcharakteristik
3.2.6.3. Dubai als inter- oder intraregionales Tourismusziel Will sich Dubai global positionieren?
3.3. Fazit: Wie erfolgreich waren die Diversifizierungsstrategien?
4. Tourismus und Imagegestaltung durch (touristische) Architektur in Dubai
4.1. Architektur als Image
4.1.1. Image — ein „multidisziplinärer Omnibusbegriff“
4.1.2. Strategien der touristischen Vermarktung: Dubais Image der Exklusivität
4.1.2.1. Luxustourismus
4.1.2.2. Kreuzfahrttourismus
4.1.3. Tourismus-Architektur und Architektur-Tourismus
4.1.4. Architektur als Attraktivitäts- und Imagefaktor im (Städte-)Tourismus. Realisierte oder bereits im Bau befindliche Prestigebauten
4.1.5. Weltweite Imagevermarktung und Marketingstrategien des DTCM
4.2. Tourismus in Dubai – eine inszenierte (Erlebnis-)Welt
4.2.1. Was ist eine inszenierte Welt?
4.2.2. „Ökonomie der Faszination“ als Forschungsperspektive
4.2.3. Dubais Kunstwelten
4.2.3.1. Shoppingtourismus in (thematisierten) Malls
4.2.3.2. Madinat Jumeirah als Beispiel einer künstlichen Stadt
4.2.4. Diversifizierung im Tourismussektor durch spektakuläre Großereignisse
4.2.4.1. Festivalisierung der Stadt: Festival- und Eventtourismus in Dubai
4.2.4.2. Geschäfts- und MICE-Tourismus
4.3. Schattenseiten der Architektur und städtebauliche Probleme
4.4. Resümee: Dubai — eine Ökonomie der Faszination?
5. Zukunftsprognose: „Anything is possible“
Anhang
Literaturverzeichnis
AED:
Arab Emirates Dirham, Währung der VAE, 1 US-Dollar entspricht 3,67 AED
BIP:
Bruttoinlandsprodukt
CTBUH:
Council on Tall Buildings and Urban Habitat
DAFZ:
Dubai Airport Free Zone
DAFZA:
Dubai Airport Free Zone Authority, Verwaltungsbehörde der DAFZ
DDIA:
Dubai Development and Investment Authority
DED:
Department of Economic Development
DICEC:
Dubai International Convention and Exhibition Centre
DIFC:
Dubai International Financial Centre
DPA:
Dubai Ports Authority
DPC:
Dubai Petroleum Company
DP World:
Dubai Ports World
DSF:
Dubai Shopping Festival
DSS:
Dubai Summer Surprises
DTCM:
Department of Tourism and Commerce Marketing, staatliche Tourismusbehörde Dubais
DUBAL:
Dubai Aluminium Company
DUCAB:
Dubai Cabling Company
DUGAS:
Dubai Natural Gas Company
DWC:
Dubai World Central International Airport
DWTC:
Dubai World Trade Centre
DXB:
Dubai International Airport
EADS:
European Aeronautic Defence and Space Company
Emirates NBD:
Emirates National Bank Dubai, Fusion der National Bank of Dubai und Emirates Bank International zum heute größten Finanzinstitut der Golfregion
FIT:
Free Independent Travel
FHZ:
Freihandelszone
GCC:
Gulf Cooperation Council (Cooperation Council for the Arab States of the Gulf),Golf-Kooperationsrat
GLA:
Gross Leasable Area, Bruttomietfläche
ISO:
Internationale Organisation für Normung
JAFZ:
Jebel Ali Free Zone
JAFZA:
Jebel Ali Free Zone Authority, Verwaltungsbehörde der JAFZ
MENA:
Middle East & North Africa, beinhaltet Algerien, Bahrain,Djibouti, Ägypten, Iran, Irak, Israel, Jordanien, Kuwait, Libanon, Libyen, Malta, Marokko, Oman, Qatar, SaudiArabien, b Syrien, Tunesien, VAE, West Bank und Gaza, Jemen
MICE:
Meetings, Incentives, Conferences and Events
NASDAQ:
National Association of Securities Dealers Automated Quotations, amerikanische Technologie-Börse
OPEC:
Organization of Petroleum Exporting Countries, Organisation erdölexportierender Länder
TEU:
Twenty Feet Equivalent Unit, Standardcontainereinheiten, entspricht einem 20-Fuß-Container (6,058 Meter Länge), wobei nicht hinsichtlich der Containerhöhe (8ft, 8½ft oder 9½ft) unterschieden wird
UAE:
United Arab Emirates, siehe VAE
VAE:
Vereinigte Arabische Emirate
VFR:
Visiting Friends and Relatives
1. Einleitung
Es gibt viele bildhafte Ausdrücke, mit denen versucht wird, Dubai in wenigen Worten zu beschreiben. So fallen in den Medien oft Begriffe wie „Stadt der Superlative“1, „Willkommen im Übermorgenland“2, „Boomtown“ am PersischArabischen Golf3, „die erste Metropole des dritten Jahrtausends“, „zwischen Utopia und Metropolis“.4 Teilweise treffen diese Beschreibungen zu, so ist Dubai in der Tat eine Stadt der Superlative. Nirgendwo gab es so viele Einträge ins Guinness-Buch der Rekorde wie in den letzten Jahren in Dubai. Hier stehen der höchste Wolkenkratzer der Welt, die größte Mall, das höchste Hotel, es gibt den größten von Menschenhand geschaffenen Hafen, die größten künstlichen Inseln, die weltweit einzige Skipiste in der Wüste und bald auch den größten Flughafen der Welt. Allerdings verfügt Dubai auch über Rekorde, die nicht so positiv ausfallen. So gibt es dort beispielsweise den niedrigsten Anteil an Einheimischen weltweit, die proportional höchste Quote an Männern und daher eine der disproportionalsten Geschlechterstatistiken der Welt. Auch der „Ökologische Fußabdruck“ von 9,3 Hektar pro Emirati ist Weltrekord.5 Zudem ist Dubai von extremen Gegensätzen geprägt: neben Luxuslimousinen, Luxusjachten, Luxus-Shopping-Malls und riesigen luxuriösen Wolkenkratzern gibt es traditionelle Moscheen, heruntergekommene Stadtviertel (z.B. Al Satwa, Muhaisnah, Al Quoz) und überfüllte, klapprige Busse mit ausländischen Bauarbeitern, die von den zahlreichen Baustellen zurück in ihre Arbeitercamps gebracht werden.
1.1. Fragestellung und Methodik
Das Wachstum der immer größer werdenden Metropolen weltweit ist ein faszinierendes Phänomen, das uns vor allem aus Beispielen des amerikanischen und ostasiatischen Kontinents mit Megastädten wie New York, Sao Paolo, Tokio oder Hongkong bekannt ist. Doch dieses Phänomen hat nun auch den Mittleren Osten in dort bisher unbekannten Ausmaßen erreicht. Dubai ist eine der am schnellsten wachsenden Großstädte der Welt, die mitten aus einer riesigen Sandwüste mehr als 800 Meter in den Himmel aufragt. Dieses in demographischer und ökonomischer Hinsicht schnelle Wachstum ist einzigartig auf der ganzen Welt. In einer Gegend, die vor wenigen Jahrzehnten noch dünn besiedelt war, nahmen bereits einige der ehrgeizigsten architektonischen Projekte weltweit Gestalt an.
Die vorliegende Arbeit stellt einerseits die Entwicklung Dubais von einem kleinen Perlenfischerdorf zum zentralen Wirtschaftsstandort des Mittleren Ostens und zu einer weltweit bedeutenden Tourismusdestination mit fast 7 Mio. Besuchern (2007)6 pro Jahr dar und gibt einen Überblick über dessen derzeitige wirtschaftliche, soziale und ökologische Situation, wobei das besondere Augenmerk auf den von der Regierung unternommenen Diversifizierungsstrategien, speziell der Tourismuswirtschaft und damit zusammenhängenden Imagegestaltung Dubais liegt. Dabei soll die vorliegende Studie die Frage beantworten, ob Dubai seinen bisherigen Wohlstand und das Wirtschaftswachstum infolge der durchgeführten Diversifizierung auch nach Versiegen der Ölquellen erhalten kann und inwiefern die gezielte Platzierung des Images dazu beitragen konnte und kann. Zudem werden Prognosen abgegeben, wie sich Dubai im Zuge der Weltwirtschaftskrise verändern könnte.
Methodik
Nach einem eher deskriptiven Ansatz in Kapitel 2 und 3 werden speziell in Kapitel 4 zu Tourismus und Imagegestaltung in Dubai verschiedene theoretische Forschungsansätze und –Perspektiven miteinbezogen (z.B. Häußermanns Festivalisierung der Stadtpolitik und Schmids Ökonomie der Faszination). In vielen Quellen wird Dubai nur auf sehr einseitige Weise dargestellt, meist in Bezug auf die dortigen Mega-Bauprojekte, die auch in den Medien immer wieder auftauchen. Vor allem in den letzten Jahren erscheint Dubai zudem aufgrund des Gastarbeiterproblems häufiger negativ in den Schlagzeilen. In dieser Arbeit sollen daher die verschiedenen komplexen Facetten Dubais miteinbezogen und ein Überblick über beide Seiten der Wirtschaft und des Lebens in Dubai gegeben werden.
Dubai wurde als Gegenstand dieser Arbeit gewählt, da die Verfasserin die Stadt Ende 2008 besucht und vor Ort (so weit dies von Seiten der entsprechenden Behörden und Unternehmen möglich war) Recherchen getätigt hat. Aufgrund der Erfahrungen und Sichtweisen, die vor Ort gewonnen wurden, ist eine differenziertere Darstellung möglich, als man diese aus bloßer Literaturrecherche erzielen könnte. So kombiniert die Arbeit einerseits die Prüfung und Bewertung der wichtigsten deutsch- und englischsprachigen Literatur zum Tema mit den persönlichen Eindrücken und Erfahrungen, die vor Ort gemacht wurden. Um dem komplexen Thema gerecht zu werden, wurde ein Methodenmix gewählt. Aufgrund der hohen Dynamik der Entwicklung und des rasend schnellen Wachstums der Stadt Dubai kommt der intensiven Internetrecherche ein wichtiger Teil zu. Außerdem besteht ein Mangel an aktueller Literatur zum Thema Tourismusarchitektur. Andere wichtige Informationsquellen stellen Zeitschriften- und Zeitungsartikel dar. Um die Glaubhaftigkeit der Informationen gewährleisten zu können, wurde weitestgehend versucht die zugänglichen Inhalte einer europäischen, einer nordamerikanischen und einer regionalen Zeitung des Mittleren Ostens miteinander zu vergleichen. Als weiterer wichtiger Bestandteil der Informationsgewinnung wurden leitfadengestützte, semi-strukturierte, qualitative Experteninterviews (per Telefon und E-Mail) durchgeführt, die zur Stützung der Aussagen und zur Diskussion über die aktuelle Situation dienen und darüber hinaus prognostische Aussagen über die Zukunft Dubais liefern sollen. Für die Interviews wurden Fragebögen erstellt, die auf das jeweilige Forschungsgebiet der betreffenden Experten zugeschnitten waren.7 Zum besseren Verständnis, der exemplarischen Darstellung bestimmter Sachverhalte und zur Vergleichbarkeit der Aussagen wurden außerdem (sekundär-) statistische Daten verwendet. In Bezug auf die Vereinigten Arabischen Emirate ist allerdings festzuhalten, dass statistisches Material teilweise aus politischen Gründen nicht oder nur schwer erhältlich ist. Überdies werden gewisse Daten nicht oder nur unregelmäßig von staatlichen Institutionen erhoben und sind nicht immer der Öffentlichkeit zugänglich. Daher sind einige Werte aktuelleren Datums Prognosen bzw. Schätzungen der jeweiligen Statistikämter und Behörden. Zudem wiesen die Datenreihen oft Lücken auf und es zeigten sich je nach staatlicher Quelle Abweichungen.8 Trotz größtmöglicher Sorgfalt bei der Verwendung des statistischen Materials sind dennoch einige Werte unter Vorbehalt zu interpretieren. Das gesamte empirische Material wurde ausgewertet und soll die Argumentation auf Basis der teilnehmenden Beobachtung und der Literaturrecherche stützen.
1.2. Aufbau
Die vorliegende Arbeit ist nach der Einleitung in drei Hauptkapitel unterteilt. Kapitel 2 verschafft einen Überblick über die Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Handelns in Dubai ohne die ein differenziertes Verständnis der Vorgänge und der schnellen Wirtschaftsentwicklung des Emirats nicht möglich wäre. Neben den geographischen Besonderheiten wird ein geschichtlicher Überblick bis zur Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate gegeben. Außerdem wird das politische und rechtliche System erläutert, um eine Vorstellung der autokratischen Strukturen zu erhalten. Auch die Frage, ob Dubai typische rentierstaatliche Strukturen aufweist, wie sie in Erdöl produzierenden Ländern üblich sind und welche Folgen dies nach sich zieht, wird beantwortet. Das Kapitel über die Gastarbeiter in Dubai ermöglicht einen Einblick in den Arbeitsmarkt und die gesellschaftliche Situation Dubais und ist auch hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen von Bedeutung. Dubai kann dabei nicht in allen Bereichen völlig losgelöst von den Vereinigten Arabischen Emiraten betrachtet werden, da die Entwicklungen teilweise einheitlich verlaufen sind und/oder in einigen Fällen kein unabhängiges Datenmaterial vorlag.
Kapitel 3 stellt gemäß der Themenstellung den Einfluss der Erdölexporte und –einnahmen als „Werkzeuge“ der Wirtschaftlichen Entwicklung dar und klärt die Frage, ob Dubais Abhängigkeit von diesem Sektor verringert werden konnte. Dazu werden in Kapitel 3.2. die zu diesem Zwecke von der Regierung durchgeführten Diversifizierungsmaßnahmen ausführlich beschrieben und ihre Bedeutung und Erfolge durch statistische Daten belegt. Dabei spielt Dubais Entwicklung zur Handelsdrehscheibe des Mittleren Ostens eine ausschlaggebende Rolle, da dieser Bereich von besonderer Bedeutung als alternative Einnahmequelle zum Erdölsektor ist. Als ebenfalls wichtige Eckpfeiler der Diversifizierung werden auch der Banken- und Finanzsektor und die Immobilienwirtschaft umfassend behandelt. Ein besonderes Gewicht kommt dem Tourismussektor zu, der nicht nur im Hinblick auf die Diversifizierung der Wirtschaft, sondern auch auf das Image Dubais einen enormen Stellenwert besitzt. Das anschließende Zwischenresümee soll den Erfolg der Diversifizierungsmaßnahmen abwägen und eine Prognose zu künftigen Entwicklungen im Zuge der Weltwirtschaftskrise geben.
In Kapitel 4 wird, durch Einbettung in verschiedene theoretische Grundlagen und Konzepte, die Imagegestaltung Dubais dargestellt, wobei der Schwerpunkt auf den Beitrag ausgewählter touristischer Architektur, Wahrzeichenbauten und Inszenierungen als Mittel zur Imagegestaltung gelegt wird. Auch wenn viele Bauprojekte nicht in erster Linie für Touristen errichtet wurden, sind sie doch ein wichtiger Imagefaktor. Es sollen dadurch nicht nur Besucher angelockt werden, da das Interesse auch immer den Investoren gilt. Kapitel 4 teilt sich in zwei Bereiche, wobei sich der erste Teil eher auf spektakuläre Einzelgebäude und der zweite auf komplette inszenierte (Erlebnis-)Welten bezieht, die anhand ausgewählter Fallbeispiele jeweils erläutert werden. In Kapitel 4.2. wird die Theorie der „Ökonomie der Faszination“ kurz vorgestellt und anhand einiger Beispiele aus Dubai erläutert. Für eine ausführliche Darstellung würde es allerdings einer eigenen Arbeit bedürfen. Kapitel 4.3. beleuchtet kritisch die Schattenseiten der Bebauung und städtebauliche Probleme in Dubai. Um Kapitel 4 zu vervollständigen, wird kurz auf die wichtigsten Diversifizierungsstrategien innerhalb des Tourismussektors eingegangen, die sowohl zur Minderung der Saisonalität als auch für das Image Dubais als ganzjähriges Reiseziel von Bedeutung sind. Auch zu Kapitel 4 wird ein Zwischenfazit gezogen. Abschließend folgt in Kapitel 5 eine Zukunftsprognose, die mögliche soziale, wirtschaftliche und ökologische Probleme aufzeigt.
1 Vgl. Focus Online (2008), ZDF (2009), u. a.
2 Vgl. Brendler (2005)
3 Vgl. Schindhelm (2008)
4 Vgl. Stieber (2006) S. 18
5 Würde man die Erde aufteilen, stünden jedem Menschen 1,8 ha für die Produktion seiner Nahrung, Kleidung und Energie zu. Vgl. WWF (2008)
6 Dubai Statistics Center (2007)
7 Vgl. Anhang 7
8 Der Trend der Daten ist allerdings immer gleich.
2. Rahmenbedingungen des wirtschaftlichen Handelns in Dubai
2.1. Geographische Besonderheiten
Dubai („zwei Brüder“, „Treffpunkt“)9 ist die Hauptstadt des gleichnamigen Emirats, welches eine Fläche von 3.885 Quadratkilometern besitzt und die kleine gebirgige Enklave Hatta an der Grenze zum Oman beinhaltet. Zusammen mit sechs weiteren autonomen Scheichtümern bildet es die Föderation der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Zu dieser zählen neben Dubai Abu Dhabi („Vater der Gazelle“), das größte Emirat mit der gleichnamigen Hauptstadt der VAE südlich von Dubai gelegen und Sharjah nordöstlich von Dubai. Im Norden der VAE befinden sich Ajman, Umm Al Qaiwain („Mutter zweier Kräfte“), Ras Al-Khaimah („Spitze des Zeltes“), das nördlichste Emirat und Fujairah am Golf von Oman (Abb. 2-1). Die Größe und auch die wirtschaftliche und politische Bedeutung der Emirate innerhalb der Föderation variieren beträchtlich (Tab. 2-1).
* dazu kommen noch 5900 km² an Inselfläche
Tab. 2-1: Fläche, Bevölkerung und Anteil am BIP der einzelnen Emirate (2008)
Quelle: Salama (2009a), UAE Government (2009) S. 207, Central Bank (2007),
Ministry of Economy (2008)
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) befinden sich im Südosten der Arabischen Halbinsel zu beiden Seiten des nördlichen Wendekreises zwischen 22°30’ bis 26°06’ nördlicher Breite und 51°36’ bis 56°24’ östlicher Länge. Auf einer Fläche von 83.600 Quadratkilometern (etwa ein Viertel der Fläche Deutschlands) leben heute 4,765 Mio. Einwohner (Tab. 2-1)10. Im Südwesten und Süden grenzen die VAE an Saudi Arabien und im Osten und Nordosten an Oman. Zudem liegt im Nordwesten jenseits der emiratischen Hoheitsgewässer die Halbinsel Qatar.11 Die VAE werden im Norden vom Südteil des PersischArabischen Golfes12 und im Osten vom Golf von Oman eingerahmt (Abb. 2-1). Der genaue Wert der Küstenlänge am Persisch-Arabischen Golf kann nicht genau bestimmt werden, da diese durch Schlamm- und Sandmassen und die riesigen Inselprojekte in Dubai und Abu Dhabi immer wieder verändert wird; momentan beträgt die Länge schätzungsweise mehr als 900 Kilometer. Das Emirat Dubai verfügt dabei nur über einen etwa 70 Kilometer langen, natürlichen Küstenabschnitt. Zur Küstenlänge der VAE kommen weitere 100 Kilometer am Golf von Oman, da das Territorium der VAE das Hauptstaatsgebiet des Oman von dessen Enklave auf der Halbinsel Musandam trennt. So formt das Land eine Brücke zwischen den zwei verschiedenen Teilen des Meeres und liegt im Süden der strategisch bedeutenden „Einfahrt“ in den Persisch-Arabischen Golf, der Straße von Hormuz.13 Da der Kontinentalschelf weit in den Golf ragt, ist die Wassertiefe in Küstennähe der VAE vergleichsweise gering und es existieren viele Riffe und Sandbänke, was die Navigation in diesem Gebiet schwierig macht. Positiv wirkt sich dieser Umstand allerdings auf den Tourismus (seichter Zugang zum Meer, Schnorcheln und Tauchen) und den Bau der Inselprojekte aus
Abb. 2-1: Karte der VAE
Quelle: Scharfenort (2004) S. 15
Abb. 2-2: Dubai Creek
Quelle: Eigene Aufnahme (Oktober 2008), Rechts: Google Earth
Durch die Altstadt von Dubai schlängelt sich ein etwa 14 Kilometer langer Meeresarm (Dubai Creek, arab.: Khor Dubai, Abb. 2-2), dessen Eingang einen der wenigen natürlichen Häfen der VAE bildet.14 Der Zugang zum Meer war und ist für Dubais wirtschaftliche Entwicklung sowohl im Bereich Handel und Transport als auch für den Tourismus sehr wichtig.
Zu den dominanten geographischen Faktoren im Emirat Dubai zählt neben dem Meer die Wüste. Die Region gehört aufgrund der ganzjährig hohen Temperaturen und der hohen Luftfeuchtigkeit besonders im Sommer zu den unwirtlichsten Gegenden der ganzen Welt. Mehr als zwei Drittel des gesamten Staatsgebiets der VAE sind von Ausläufern der mit 800.000 Quadratkilometern größten zusammenhängenden Sandwüste der Erde Rub’ Al Chali (Leeres Viertel) bedeckt. Im Osten der VAE liegt das Hajar-Gebirge (arab.: jebel al-hajar), das in einem halbmondförmigen Bogen, auf der Halbinsel Musandam beginnend, den Golf von Oman einrahmt. Die höchste Erhebung bildet der Jebel Shams (Berg der Sonne) mit 3017 Metern. Das ablaufende Regenwasser in diesem Gebirge ist die einzige Möglichkeit, erneuerbares Grundwasser zu gewinnen. In der gesamten Gegend gibt es keine ganzjährig Wasser führenden Flüsse. Die ausgetrockneten Flussbetten (Wadis) werden nur nach seltenen Regenfällen kurzfristig gefüllt. Die VAE können klimatisch den ariden Subtropen zugerechnet werden. Es herrscht trockenes Passatklima, wobei es an den Küsten sehr feucht und heiß werden kann. Mit etwa 345 Sonnentagen im Jahr gibt es nur zwei Jahreszeiten: den Sommer mit im Schnitt elf Stunden und den Winter mit acht Stunden Sonnenschein pro Tag. Die Sommertemperaturen können von Mai bis September 37°C bis 48°C erreichen. Die mittleren Tagestemperaturen lagen im August 2007 bei 42°C.15 Die maximale mittlere Luftfeuchtigkeit betrug im Februar 2007 an der Küste 86%16, was die Hitze für den Menschen fast unerträglich macht. Vor der Einführung von Klimaanlagen waren Windtürme (eine iranische Erfindung) die Hauptquelle kühler Luftzirkulation. In nur wenigen Gebieten der Erde hatte die Einrichtung von Klimaanlagen so starke Auswirkungen auf das tägliche Leben und Arbeiten wie in den VAE. Im Winter (November bis April) herrschen mildere Temperaturen von 20°C bis 35°C vor.17 Die spärlichen Niederschläge, durchschnittlich weniger als 10 Regentage pro Jahr, fallen sehr unregelmäßig und zumeist in den Wintermonaten.18 Zudem verdunstet der größte Teil des Niederschlages bevor er den Boden erreicht (Grafik 2-1). In den letzten Jahren gab esallerdings auch vermehrt Starkniederschlagereignisse.19
Grafik 2-1: Klimadiagramm von Dubai (2003)
Erstellt nach: Klimadiagramme.de
Dubai ist mit über 1,8 Mio. Einwohnern20 die größte Stadt der VAE und beheimatet zusammen mit den beiden nächst größeren Städten Abu Dhabi (engeres Stadtgebiet: 900.000 Einwohner) und Sharjah (699.000 Einwohner) zwei Drittel der Gesamtbevölkerung der VAE (Tab. 2-1). 98,8 % der Einwohner des Emirats Dubai leben im gleichnamigen Stadtgebiet, in dem sich das gesamte wirtschaftliche, politische und soziale Leben des Emirats abspielt (2007).21 Das Stadtgebiet Dubais erstreckt sich derzeit von der Grenze zum Emirat Sharjah im Norden bis zur Dubai Waterfront im Süden als ca. 65 Kilometer langes, etwa zehn Kilometer breites „Band“ entlang der Küste.22 Von der Mündung des Creeks aus reicht das erschlossene Stadtgebiet etwa 20 Kilometer ins Landesinnere. Insgesamt umfasst die Stadtfläche heute rund 900 Quadratkilometer, wobei Dubai jedes Jahr um ca. 50 Quadratkilometer wächst.23 Dubai ist mittlerweile die wirtschaftlich bedeutendste Stadt der Region hinsichtlich des Non-Oil-Sektors.
Die Lage Dubais ist nicht nur geographisch, sondern auch wirtschaftlich von besonderer strategischer Bedeutung. Dank seines zentralen Standorts fungiert Dubai inmitten der drei wichtigen Märkte Europa, Asien und Afrika, in denen über zwei Drittel der Weltbevölkerung leben, als Drehscheibe des Verkehrs und Handels (Tab. 2-2). Bis zu den 1960er Jahren zählten die VAE zu den ärmsten und unterentwickeltsten Gebieten der Erde und hatten weder großen politischen noch ökonomischen Einfluss. Doch seit der Entdeckung des Erdöls durchliefen die VAE eine rasante Entwicklung in allen Bereichen der Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Die Erdölexporte machten die VAE weltweit bekannt und dienten als Brücke für geschäftliche Kontakte mit dem Rest der Welt.
Tab. 2-2: Entfernung Dubais zu wichtigen Märkten
Quelle: Eigene Messung nach Google Earth
2.2. Geschichtlicher Hintergrund —Vom Nomadenstaat zur Föderation
Die Region der VAE kann nicht wie andere Kulturkreise der arabischen Welt auf eine lange und kontinuierliche Entwicklung zurückblicken. Verglichen mit Ägypten oder Mesopotamien erscheint die Vergangenheit des Gebiets der VAE weitgehend geschichtslos. Aufgrund der Lage in der Peripherie des größten zusammenhängenden Wüstengebietes der Erde, war eine geschlossene kulturelle Erschließung lange nicht möglich. Ab dem zweiten Jahrhundert n. Chr. wanderten verschiedene Nomadenstämme in das Gebiet der VAE ein, wurden aber nicht dauerhaft sesshaft. Die Straße von Hormuz und die persische Seite des Arabisch-Persischen Golfes waren seit der Anfangszeit des Seehandels mit Ostafrika sowie Süd- und Ostasien zu Zeiten des Neupersischen Reiches (ab 224. n. Chr.) von wirtschaftlicher Bedeutung. Allerdings ereigneten sich zu dieser Zeit noch keine nennenswerten Handelsaktivitäten am unteren Golf.24 Im 16. Jahrhundert beendete schließlich Portugal die bis dahin meist autozentriert verlaufende Entwicklung der Scheichtümer am Persisch-Arabischen Golf. Die Portugiesen waren die erste europäische Großmacht, die Interesse an der Golfregion zeigte.25 Im späten 16. Jahrhundert interessierten sich auch andere europäische Großmächte für die Vormachtstellung am Golf zur Sicherung der Seewege nach Indien. So wurde die portugiesische Machtposition von den Briten und Niederländern bedroht, deren überlegenen Flotten Portugal letztlich unterlag.26 Nach der Niederlassung der britischen und niederländischen East India Companies 1600 und 1602 folgten Kämpfe um die Vormachtstellung zwischen ortsansässigen und fremden Mächten. Die große politische und wirtschaftliche Unsicherheit der Bevölkerung in der Region führten vermehrt zur Piraterie. Dies trug auch dazu bei, dass die Südküste des Persisch-Arabischen Golfes im 17. Jahrhundert Berühmtheit als „Piratenküste“ erlangte.
2.2.1. Die Persisch-Arabische Golfregion unter britischem Einfluss – die Trucial States27
Ende des 18. Jahrhunderts ging Großbritannien schließlich als Sieger aus den Kämpfen um die Vormachtstellung am Arabisch-Persischen Golf hervor und beherrschte diesen für über 150 Jahre.28 Anfangs lag das Interesse der Briten primär in der Sicherung ihrer Seewege zwischen Indien und Mesopotamien, wo die Überlandroute zum Mittelmeer begann. Ihre Handelstätigkeiten wurden allerdings aufgrund der übermäßigen Seeräuberei zunehmend erschwert und gefährdet. Daher wurden ab dem Jahr 1820 mehrere Verträge mit den Herrschern der verschiedenen Scheichtümer geschlossen, mit denen sich die Briten gegen eindringende Mächte absicherten und der Bevölkerung in den Scheichtümern Schutz vor der Ausbeutung von außen boten (Tab. 2-3).29 Für die politischen und wirtschaftlichen Belange wurde ein British Political Resident eingesetzt, der die britischen Interessen vor Ort vertreten sollte.30
Seit Mitte des 18. Jahrhunderts existierte bereits ein kleines Fischerdorf an der Mündung des Creeks in Dubai. Dieses kleine Dorf war abhängig vom Scheichtum Abu Dhabi, das zum Herrschaftsgebiet der Bani Yas, eines mächtigen Stammeszusammenschlusses gehörte, der den Großteil des Gebietes der heutigen VAE kontrollierte. Zu den Feinden der Bani Yas zählten die Qawasim oder Al-Qasimi aus dem heutigen Ras Al Khaimah.31 Seit der Ankunft der British East India Company kam es zu scharfen Konflikten zwischen den Piraten der Qawasim und den Briten, welche mit Abschluss der Friedensverträge endeten (Tab. 2-3). Für die Bevölkerung Dubais eröffnete die Ankunft der Briten neue Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung und befreite sie aus der Unterdrückung der Qawasim.32
In den 1820er Jahren kam es vermehrt zu Streitigkeiten innerhalb des Bani Yas Stammes und 1833 schließlich zur Abspaltung einer Untergruppe, der Al-Bu-Falasah. Deren Anführer waren Maktoum Bin Buti und dessen Onkel Ubaid Bin Said Al-Falasi, die mit einer kleinen Gruppe an der Küste nach Norden wanderten und sich schließlich im heutigen Dubai (im Stadtteil Shindagha) niederließen. Die beiden regierten gemeinsam bis zum Tod Ubaids 1836. Maktoum Bin Buti war danach bis zu seinem Ableben 1852 alleiniger Herrscher und begründete so die Al-Maktoum-Dynastie. Bis zur Heirat zwischen den Herrscherfamilien von Abu Dhabi (Al Nahyan) und Dubai (Al Maktoum) 1939 gabes einige Konflikte zwischen den beiden Stämmen, die daraufhin in gegenseitige Unterstützung mündeten (Abb. 2-3).33
Die Al Maktoum Familie erledigte seit dem Beginn ihrer Regentschaft nicht nur die inneren Angelegenheiten Dubais, sondern war auch für die politische Stabilität im Lande verantwortlich, die sie aufgrund der guten Beziehungen zu den britischen Political Residents erhalten konnte. Dies kam auch dem Wirtschaftswachstum Dubais zugute. Schon früh etablierte sich die Stadt zum führenden Handelszentrum am Persisch-Arabischen Golf.34
Tab. 2-3: Zusammenfassung aller wichtigen abgeschlossenen Verträge zwischen dem britischen Königreich und den arabischen Scheichtümern am Persisch-Arabischen Golf (1820-1892)
Erstellt nach Scharfenort (2004) S. 28f, Peck (1986) S. 31ff.
Abb. 2-3: Stammbaum der Herrscherfamilie Al Maktoum in Dubai
(vereinfachte Darstellung)
Erstellt nach Wakefield (1980) S. 32, Scharfenort (2004) S. 33
Am unteren Golf gab es während des 19. Jahrhunderts verschiedene wirtschaftliche Aktivitäten, bei denen es sich jedoch meistens um Subsistenzwirtschaft handelte. Eine Ausnahme bildete dabei die Perlenfischerei, welche die wirtschaftliche Basis und fast einzige Erwerbsgrundlage in Dubai darstellte und dank der Verträge mit den Briten florieren konnte. Die geringe Tiefe des Meeres vor den Küsten wirkte sich positiv auf das Perlenwachstum aus, so dass dort die damals größten Perlen der Welt entstehen konnten. Diese waren vor dem Ersten Weltkrieg vor allem in Indien, Europa und der USA sehr gefragt. Seit Ende der 1920er Jahre erfolgte allerdings aufgrund der weltweiten wirtschaftlichen Depression und der Erfindung der japanischen Zuchtperle der Niedergang der Perlenindustrie, der einen schmerzlichen Rückschlag für die wirtschaftliche Entwicklung Dubais bedeutete. Der Zweite Weltkrieg reduzierte den Bedarf an Luxusgütern weiter. Als Indien als wichtigster Handelspartner im Jahr 1946 den Import von Perlen aus den Trucial States verbot, folgte das endgültige Aus für die Perlenwirtschaft in Dubai und der Verlust des bis dahin erzielten Wohlstandes.35 Als Alternative sollte der Handel weiter ausgebaut werden. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verzögerte diese Bemühungen allerdings.36 Die britische Kontrolle über die Trucial States blieb weiterhin ungestört, zumal eine Reihe zusätzlicher Abkommen getroffen wurde, um die Bindung der Scheichtümer an Großbritannien zu erhalten. Bereits 1922 verpflichteten sich die Trucial States, nach den ersten Erdölfunden in der Region, nur an von den Briten ausgewählte Firmen Ölkonzessionen zu erteilen. Nach Unterbrechung der Suche durch den Zweiten Weltkrieg fand man 1966 in Dubai erstmals Öl.37 In den Jahren danach erhöhte Großbritannien seine politische Präsenz in den Trucial States und errichtete wichtige Institutionen, die halfen, den Weg in die Unabhängigkeit zu ebnen. Der Flugverkehr wurde ausgeweitet und die erforderliche Infrastruktur für die Versorgung mit Lebensmitteln etabliert. Dubai war bis kurz vor den Weltkriegen bereits die größte und wohlhabendste Stadt des unteren Golfes. Nach einer kriegsbedingten Phase der wirtschaftlichen Stagnation gelang es Dubai ab 1947 seine ökonomische Lage durch den Re-Export und Schmuggel von Gold- und Konsumgütern zu verbessern und wurde zum zentralen Umschlagsplatz des Goldschmuggels nach Indien.38
Im Jahr 1952 erfolgte auf Initiative Großbritanniens die Gründung des Trucial States Council, eines Koordinationsrates der Herrscher der Scheichtümer, dessen Ziel es war, die teilweise stark zerstrittenen Scheichtümer wieder zusammenzuführen und die Kooperationsbereitschaft hinsichtlich einer gemeinsamen Interessenspolitik zu fördern.39
2.2.2. Der Weg zur Föderation und die Gründung der Vereinigten Arabischen Emirate
Am 16. Januar 1968, nach fast 150-jähriger britischer Präsenz, verkündete der britische Außenminister überraschend den Abzug der Truppen „östlich von Suez“ innerhalb von nur vier Jahren. Für die Herrscher der Vertragsstaaten bedeutete dies, mit einer großen Anzahl an ungelösten territorialen Ansprüchen konfrontiert zu werden, den Ölreichtum der Region gegen mögliche Angreifer verteidigen zu müssen und einem etwaigen innenpolitischen Umsturz entgegenzuwirken. So fand 1967 ein Treffen zwischen dem Herrscher von Dubai, Scheich Rashid und dem neuen Herrscher von Abu Dhabi, Scheich Zayed Bin Sultan Al Nahyan in Dubai statt, bei dem sich beide zu einer „gleichwertigen Union“ vereinten, der auch die anderen Scheichtümer beitreten sollten.40 Schließlich trafen sich im Sommer 1968 erstmals alle Herrscher und vereinbarten, eine Föderation mit neun Mitgliedern (Abu Dhabi, Dubai, Sharjah, Umm-Al Qaiwain, Ajman, Ras Al Khaimah, Fujairah, Qatar und Bahrain) zu gründen. Qatar und Bahrain erklärten sich 1971 für unabhängig und traten der Föderation nicht bei.41 Nach dem Rücktritt von Ras Al Khaimah42, verkündeten die Herrscher von Abu Dhabi, Dubai, Sharjah, Ajman, Umm Al Qaiwain und Fujairah schließlich am 18. Juli 1971 die Gründung der VAE. Am 2. Dezember 1971, dem heutigen Nationalfeiertag erfolgte schließlich der offizielle Rückzug der Briten und die Proklamation der VAE. Im Februar 1972 schloss sich Ras Al Khaimah dann als siebtes Mitglied doch der Föderation an.43 Wenige Tage später wurden die VAE Mitglied der Arabischen Liga und der Vereinten Nationen.
Schon seit Beginn basierte die Einheit der VAE auf vielen Kompromissen, da sie eher als Zweckbündnis gegen die mächtigen Nachbarstaaten und nicht als Interessensgemeinschaft eingerichtet wurde. Nach über 38-jährigem Bestehen ist die Föderation jedoch immer noch stabil und hat sich sogar weiter gefestigt.44
Abb. 2-4: Zusammenfassendes Schaubild der historischen Entwicklungen
in den VAE von 1820-1971
Erstellt nach Davidson (2005) S. 64
2.3. Das politische und rechtliche System der Vereinigten Arabischen Emirate
Die VAE sind eine Föderation weitgehend autonomer, monarchischer Emirate mit Ansätzen eines modernen Staatsapparates. Die Herrscherfamilie bildet das Machtzentrum des jeweiligen Emirats und besetzt alle wichtigen Posten in der Regierung. Außenpolitisch sind die VAE seit jeher pro-westlich eingestellt.45 Die VAE verfügen zwar über eine gemeinsame Außen-, Verteidigungs- und Finanzpolitik, aber in Bezug auf innenpolitische Angelegenheiten46 und Rechtsfragen wird den einzelnen Emiraten große Souveränität gewährt. In der Struktur der Föderation existiert laut SCHARFENORT ein „doppeltes Spannungsverhältnis“47, da zum einen ein Gegensatz zwischen dem staatlichen Zusammenschluss und den jeweiligen Eigeninteressen besteht und zum anderen zwei verschiedene Herrschaftsformen, die moderne föderalistische und die traditionelle tribale, aufeinander treffen. Aber auch der Islam beeinflusst durchaus das Staatsleben.48 Obwohl Dubai keine Demokratie im westlichen Sinne ist, versucht man doch einen gemeinsamen Konsens zwischen Regierung und Staatsbürgern zu finden. Dazu trägt die starke Stammesidentität bei, welche die einheimische Bevölkerung verbindet. An der Spitze der Föderation steht der Präsident, der traditionsgemäß der Herrscher von Abu Dhabi ist. Von der Gründung der VAE an bis ins Jahr 2004 war dies Scheich Zayed Bin Sultan Al Nahyan. Seit dessen Tod ist Scheich Khalifa Bin Zayed Al Nahyan im Amt. Sein Stellvertreter und Premierminister ist seit jeher der Herrscher von Dubai, seit 2006 Scheich Mohammed Bin Rashid Al Maktoum. Des Weiteren setzt sich das föderalistische System aus dem Federal Supreme Council (Oberster Rat), dem Federal National Council (Nationaler Bundesrat), dem Council of Ministers (Ministerrat) und dem Federal Supreme Court (Oberster Gerichtshof) zusammen. Das wichtigste Organ ist dabei der Oberste Rat, der aus den sieben Herrschern der Emirate gebildet wird.49 Er ist das höchste Legislativ- und Exekutivorgan des Staates50 und wählt den Präsidenten für eine Amtszeit von fünf Jahren, ernennt und entlässt den Premierminister und die Minister, bestimmt die politischen Leitlinien des Landes und schließt internationale Verträge ab. In den VAE gibt es drei Hauptrechtsquellen: die Bundesgesetze, die Emiratsgesetze und die Shari’a (islamisches Recht). In den Bereichen des Handels- und Gesellschafts-, Zivil-, Straf-, Prozess-, Wirtschafts-, Arbeitsrechts und beim gewerblichen Rechtsschutz gilt ein einheitliches Bundesrecht. Die Shari’a wird meist nur noch bei Familienund Erbrechtsangelegenheiten verwendet. Für alle anderen Rechtsangelegenheiten gilt das jeweilige Emiratsrecht. Da Vergehen meist hart bestraft werden, ist die Kriminalitätsrate in den VAE eine der niedrigsten der Welt.
Das politische System der VAE kann als eine Kombination traditioneller und moderner Regierungsformen angesehen werden. Die Sozialgesetzgebung ist umfassend, jedoch nur für Staatsbürger gültig und besteht aus kostenloser Gesundheitsversorgung und Bildung.51 Nach Kuwait (Rang 29) haben die VAE mit 0,903 (Rang 31) den höchsten Human Development Index (HDI) des Mittleren Ostens und gehören zu dem oberen Drittel der am höchsten entwickelten Länder der Welt.52 Bedenkt man, dass es vor der Gründung der VAE keine zentrale Regierung gab, sondern jede Herrscherfamilie selbst für „ihr“ Emirat verantwortlich war und keine Macht einer Union übergeben wollte, so ist es durchaus beachtlich, wie sich die VAE innerhalb einer instabilen politischen Landschaft des Mittleren Ostens etablieren konnte und seither durch hohe innenpolitische Stabilität und liberale Wirtschafts- und Außenhandelspolitik überzeugen kann.53
2.4. Demographische und sozio-kulturelle Situation in Dubai
Das heutige Dubai sieht sich mit einer ungewöhnlichen demographischen Situation konfrontiert, die sich schon seit Beginn des „Ölbooms“ abzeichnete. Die Gesellschaft stellt sich als heterogen, multinational, multireligiös und weitgehend anonym dar. Dies resultiert aus dem enormen Bevölkerungswachstum in relativ kurzer Zeit infolge der Wirtschaftsentwicklung. So stieg zwischen 2000 und 2007 die Bevölkerungszahl im Schnitt jährlich um 7,3 % (Grafik 2-2).54Davon sind allerdings nur 1,3 % auf ein natürliches Wachstum zurückzuführen, der Rest generiert sich aus dem starken Zustrom an Gastarbeitern.55
Zahlreiche soziale Entwicklungsmaßnahmen in den VAE, wie Verbesserungen im Bildungs- und Gesundheitswesen, führten zu einer relativ niedrigen Analphabetenrate von 9 %, einer relativ hohen Lebenserwartung von durchschnittlich 78,3 Jahren und einer niedrigen Kindersterblichkeitsrate.56
Grafik 2-2: Bevölkerungsentwicklung im Emirat Dubai von 1975 – 2007
Eigene Darstellung nach Dubai Statistics Center (2007)
2.4.1. Rentierstaat Dubai?
2.4.1.1. Begriffserklärungen zu Rentierstaat und Rentenkapitalismus
Der Aus- und Aufbau von Dubai basiert überwiegend auf dem Einkommen, das durch Ölexporte erwirtschaftet wurde. Ressourcenreiche Staaten finanzieren sich größtenteils aus Einnahmen (Renten), die ohne relationale Arbeitsleistung entstehen, daher heißen sie auch Rentierstaaten. Unter Rente versteht man ein Einkommen, für das keine Investitions- oder Arbeitsleistung erbracht werden muss.57 Die anerkannte Definition besagt, dass ein Staat als Rentierstaat definiert wird, wenn er 40% seiner Einnahmen aus Renten bezieht und der Rentenbringer maßgeblich am BIP beteiligt ist.58 Da in einem Rentierstaat meist keine Steuern erhoben werden, finanziert er sich durch die Renteneinnahmen, was dazu führt, dass der Staat relativ unabhängig von der Bevölkerung ist und meist nichtdemokratische, autoritäre Strukturen aufweist. Typisch für einen Rentierstaat ist außerdem, dass die Regierung in einer Art Patronagesystem die politisch bedeutende Oberschicht subventioniert und einen Großteil der Bevölkerung durch Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor „bezahlt“. Als weiteres Kennzeichen gilt ein ineffizientes Wirtschaftssystem. Diese Faktoren treffen zwar im Allgemeinen zu, dennoch entspricht Dubai nicht mehr dem Idealtyp eines Erdölrentierstaates, da es die Quelle seiner Einnahmen diversifiziert hat und daher die Wirtschaft weitgehend vom Erdöl unabhängig ist. Es sind jedoch noch rentierstaatliche Muster zu erkennen.59
Definition Rentenkapitalismus
BOBEK definiert den Begriff Rentenkapitalismus folgendermaβen: Rentenkapitalismus ist „(...) ein Wirtschaftssystem (...), das man als echten Kapitalismus ansprechen muss, insofern es mit allen typischen Kennzeichen des rationalen Erwerbsstrebens als Ziel an sich behaftet ist. Von dem uns geläufigen Kapitalismus unterscheidet es sich vor allem dadurch, dass seine Träger der Gütererzeugung selbst nur geringes Interesse entgegenbringen. Diese äberlassen sie vielmehr sich selbst, d.h. dem bäuerlichen, handwerklichen (...) Kleinbetrieb, um ihr Interesse auf das Abschöpfen von Ertragsanteilen („Renren„) zu konzentrieren.“60
2.4.1.2. Auswirkungen der Rentiergesellschaft in Dubai:„voluntary unemployment“61
Das Weiterbestehen gewisser Rentier-Strukturen in Dubai wird gesellschaftlich immer mehr zum Problem, da eine unproduktive Mentalität bei der einheimischen Bevölkerung erzeugt wird. Arbeitsplätze werden meist nicht als Synonym für den wirtschaftlichen Lebensunterhalt betrachtet. Die hohen Öleinnahmen in den 1970er und 1980er Jahren erlaubten ein System des „verteilten“ Wohlstandes, bei dem alle Mitglieder der nationalen Bevölkerung subventioniert wurden und Unterkünfte, Bildung, Arbeitsplätze und soziale Hilfe zur Verfügung gestellt bekamen. Heute wird dieser Wohlstand aus den neuen Wirtschaftssektoren generiert. Die daraus resultierenden Probleme für die nationale Wirtschaftskraft Dubais sind zum einen die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit einheimischer Arbeitskräfte im privaten Sektor und zum anderen die schlichte Unfähigkeit eines Großteils der jungen einheimischen Bevölkerung zu produktiver und qualitativ hochwertiger, leistungsorientierter Beschäftigung. In einem Interview mit DAVIDSON warnte die National Bank of Dubai hinsichtlich der früheren Abhängigkeit von den Ölexporten und den daraus resultierenden Rentierstrukturen: „ (...) such revenue [Anm.: Öleinnahmen] will actually be a hindrance to the creation of other wealth as it discourages technical training and hard work and produces an uncompetitive rentier mentality.“62
Diese unproduktive Rentiermentalität bezeichnet DAVIDSON treffend als „voluntary unemployment“63. Freiwillig deshalb, weil 54 % der Einheimischen, die Sozialleistungen vom Staat erhalten, zwar im arbeitsfähigen Alter sind, es aber dennoch oft vorziehen, keine Beschäftigung auszuüben und stattdessen in den zahlreichen Luxus-Malls ihren Tag zu verbringen. Auch Scheich Mohammed Bin Rashid Al Maktoum äußerte sich kritisch zu dieser freiwilligen Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen: „ (...) unemployment among young nationals is a waste of the UAE’s natural resources and is wrong when the UAE is providing all its sons and daughters with opportunities that were unattainable a generation ago (...).“64 DAVIDSON sieht dies als Ergebnis einer Regierung an, die sich zu sehr um das finanzielle Wohlergehen ihrer Staatsbürger kümmert.65 Durch die Rentiergesellschaft in Dubai „verkommen“ die natürlichen geistigen Ressourcen und das nationale Humankapital Dubais, so dass sie im Zuge der Wirtschaftsentwicklung in weiten Bereichen durch ausländische Spezialisten ergänzt werden müssen.
2.4.2. Gastarbeiter – die Bedeutung der „Expats“ für Dubais Wirtschaft
Im rasant wachsenden Dubai sind Arbeitskräfte in allen Einkommensschichten sehr gefragt. Vor allem jedoch im boomenden Bausektor braucht man billige Arbeitskräfte aus dem Ausland. Aber auch der Mangel an heimischen Fachkräften muss durch Gastarbeiter kompensiert werden. Die ausländischen Arbeitskräfte werden in Dubai „Expatriates“ genannt.66
2.4.2.1. Entwicklung des Gastarbeitertums in Dubai
Die Zuwanderung von Gastarbeitern hat in Dubai bereits lange Tradition, da schon zur Blütezeit der Perlenindustrie im 19. und frühen 20. Jahrhundert viele ausländische Arbeiter aus benachbarten Ländern oder dem indischen Subkontinationalen Bevölkerung, auch „Locals“ genannt, und den Bewohnern der anderen Emirate, den Emiratis. Eine weitere Bevölkerungsgruppe stellen die „Residents“ dar. Das sind die Gastarbeiter, die über eine Arbeitserlaubnis und das Wohnrecht verfügen und dauerhaft in Dubai leben, jedoch keinen emiratischen Pass besitzen. Vgl. Göttlicher (2005) S. 13
nent67 nach Dubai kamen. Spätestens nach der ersten Ölpreisexplosion 1973/74 führte der schnell wachsende Reichtum zu einer starken Ausweitung der Konsumgüterindustrie und Erweiterung des Dienstleistungsangebots. Aufgrund des massiven Anstiegs der Investitionstätigkeit konnten in Dubai viele Infrastruktur- und Bauprojekte realisiert werden. Da die genannten Bereiche alle sehr arbeitsintensiv sind, stieg die Nachfrage nach Arbeitskräften. Dieser Bedarf konnte aufgrund der Tatsache, dass Dubais wirtschaftliches Wachstum viel schneller ablief als das natürliche Bevölkerungswachstum, weder quantitativ noch qualitativ vom einheimischen Arbeitskräfteangebot getragen werden. Im Jahr 1968, vor Dubais ersten Ölexporten, stammten geschätzte 38 % der Bevölkerung des Emirats aus dem Ausland. Sechs Jahre später, nach Inbetriebnahme der ersten Ölfelder, waren es bereits 60 %. Dieser Wert stieg immer weiter an, 1998 machten die Einheimischen in Dubai nur noch 17 % der Gesamtbevölkerung aus. Im Jahr 2005 stellten Ausländer bereits über 90 % der Arbeitskraft im privaten Sektor.68 In Dubai waren 2005 allein im Bausektor 304.983 ausländische Arbeiter beschäftigt, die in 5.938 Baufirmen arbeiteten. Drei Viertel der ausländischen Bevölkerung stammen aus Asien, Afrika und Europa. Heute sind nur noch geschätzte 10 % der Bevölkerung Dubais Einheimische, also ca. 159.000 Menschen. Daher kam es nicht nur zu einem Anstieg der Ausländer in realen Zahlen, sondern auch zu einer massiven Reduzierung des proportionalen Anteils der einheimischen Bevölkerung. Die Folge ist, dass die „Locals“ eine Minderheit im eigenen Land darstellen und abhängig sind von Millionen von Gastarbeitern, die geholfen haben, Dubai aufzubauen.69
Tab. 2-4: Geschätzte Gastarbeiterzahl der GCC Golfstaaten (1975, 1980, 1985)70 Erstellt nach Shadid/Spaan/Speckmann (1992) S. 67 verdeutlichen.
Herkunft und Klassifizierung der Gastarbeiter