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Sonja Lyubomirsky

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Beschreibung

Anleitung zum Glücklichsein Für unser Glücksempfinden ist zu 50 Prozent unsere Grundeinstellung verantwortlich, zu zehn Prozent sind es die Lebensumstände und zu erstaunlichen 40 Prozent können wir selbst aktiv Einfluss darauf nehmen. Zu dieser Erkenntnis kommt die renommierte amerikanische Psychologin Sonja Lyubomirsky in ihrem hier frisch überarbeiteten Standardwerk. Im Zentrum steht dabei ein wissenschaftlich fundiertes Modell, das uns hilft, aus zwölf Glücksaktivitäten die eigene Glücksstrategie zusammenzustellen. Denn: Glück hat nichts mit dem Glauben an Gurus oder dem Lesen von Kalendersprüchen zu tun. Vielmehr können wir uns bei wissenschaftlichen Fakten bedienen, um dem Glück auf die Sprünge zu helfen! "Wenn Sie eine wissenschaftlich fundierte Anleitung suchen, wie Sie ein glücklicheres Leben führen können, dann ist dies genau das richtige Buch." Martin Seligman, Autor von "Der Glücksfaktor"

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Seitenzahl: 527

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SONJA LYUBOMIRSKY

GLÜCKLICHSEIN

WARUM SIE ES INDER HAND HABEN, ZUFRIEDEN ZU LEBEN

AUS DEM ENGLISCHEN VON DR. JÜRGEN NEUBAUER

CAMPUS VERLAG

FRANKFURT/NEW YORK

Über das Buch

Über das Glück gibt es mittlerweile viele Bücher. Warum noch eins? Weil es bislang keines geschafft hat, dem Glück empirisch fundiert auf die Schliche zu kommen. Denn die Wissenschaft vom Glück ist der Schlüssel zu mehr Wohlbefinden und Lebensfreude.

Teilte man das Glücksempfinden in uns auf, entfielen 50 Prozent auf unsere Grundeinstellung, zehn Prozent auf unsere Lebensumstände und sage und schreibe 40 Prozent auf das, worauf wir aktiv Einfluss nehmen können. Also tun wir das doch! Neueste Forschungsergebnisse werden in diesem Buch so aufbereitet, dass man sie praktisch umsetzen kann. Im Zentrum steht dabei ein Navigationssystem, das dem Leser hilft, aus zwölf Glücksaktivitäten seine individuelle Glücksstrategie zusammenzustellen. Denn: Glück hat nichts mit dem Glauben an Gurus oder dem Lesen von Kalendersprüchen zu tun, sondern mit wissenschaftlichen Fakten, mit denen man an seinem Glück aktiv arbeiten kann.

Vita

Sonja Lyubomirsky ist Professorin für Psychologie an der University of California, Riverside. Sie studierte Psychologie in Harvard und Stanford und gewann bereits während ihres Studiums zahlreiche Auszeichnungen und Stipendien. Mit der Frage, was Menschen glücklich macht, beschäftigt sie sich seit vielen Jahren, u. a. unterstützt durch ein staatliches Forschungsprogramm des National Institute of Mental Health.

INHALT

VORWORT ZUR DEUTSCHEN AUSGABE

EINLEITUNG

WIE SIE WIRKLICH GLÜCKLICH WERDEN

1. IST GLÜCK MÖGLICH?

Ein Programm für ein glücklicheres Leben

Wissen Sie, was Sie wirklich glücklich macht?

Ruhm und Reichtum

Schönheit

Der Schlüssel zum Glück

Die 40-Prozent-Lösung

Die lohnendste Anstrengung Ihres Lebens

Warum glücklich sein?

2. WIE GLÜCKLICH SIND SIE – UND WARUM?

Wirklich glückliche Menschen

Angela

Ralph

Welcher Typ sind Sie?

Shannon

Das Glückskontinuum

Könnten Sie unter Depression leiden?

Glücksmythen

Mythos 1:  Das Glück muss »gefunden« werden

Mythos 2:  Um glücklich zu sein, müssen wir unsere Lebensumstände ändern

Mythos 3:  Man hat es, oder man hat es eben nicht

Die Grenzen der Lebensumstände

Materieller Wohlstand

Der Preis des Materialismus

Schönheit

Das erstaunliche Phänomen der hedonistischen Anpassung

Der Schritt vor den Altar, der Sechser im Lotto und das Häuschen im Grünen

Eine Ausnahme …

Der Glücksfixpunkt

Helen und Audrey

Bei der Geburt getrennt

Bestimmen die Gene, ob wir glücklich oder unglücklich sind?

Das Depressions-Gen

Was wir von Elektroden lernen können

Was das für Sie bedeutet

Die Chance der bewussten Handlung

Markus und Roland: Wie Sie der Anpassung ein Schnippchen schlagen

Judith: Entscheidung zum Glücklichsein

Es liegt in Ihrer Hand

3. FINDEN SIE DIE GLÜCKSSTRATEGIE, DIE ZU IHNEN PASST

Kriterien für die Wahl Ihrer Strategie

Ein paar Worte zum Thema Kitsch

Welche Glücksaktivitäten passen zu mir? Ihr persönlicher Test

Weitere Optionen

Bevor es weitergeht

GLÜCKS- AKTIVITÄTEN

EHE SIE BEGINNEN

4. ÜBEN SIE DANKBARKEIT UND POSITIVES DENKEN

Glücksaktivität 1: Entwickeln Sie Ihre Fähigkeit zur Dankbarkeit

Acht Gründe, warum Dankbarkeit Ihr Glücksempfinden steigert

Wie Sie Dankbarkeit praktizieren können

Spontane Dankbarkeit: Ein Nachsatz

Glücksaktivität 2: Seien Sie optimistisch

Ihr Wunsch-Ich

Warum macht Optimismus glücklich?

Wie Sie Ihren Optimismus ausbauen können

Machen Sie sich Optimismus zur Gewohnheit

Eine Anleitung zum Selbstbetrug?

Glücksaktivität 3: Vermeiden Sie Grübeleien und soziale Vergleiche

Grübeln im Labor

Sozialer Vergleich

Sozialer Vergleich unter der Lupe

Wie Sie Grübeln und sozialen Vergleich abstellen können

Das große Ganze

5. STÄRKEN SIE IHRE SOZIALEN BEZIEHUNGEN

Glücksaktivität 4:  Seien Sie hilfsbereit

Die Milch der Menschenliebe ist … das Glück

Warum machen gute Taten glücklich?

Wie Sie Gutes tun können

Wenn Hilfsbereitschaft schadet

Nachsatz: Hilfsbereitschaft und Reichtum

Glücksaktivität 5:  Pflegen Sie Ihre sozialen Beziehungen

Warum Beziehungen etwas Großartiges sind

Wie Sie in Ihre Beziehungen investieren können

Was, wenn Sie keinen Lebenspartner haben oder wollen?

So gewinnen Sie Freunde

6. BEWÄLTIGEN SIE STRESS, SCHWIERIGKEITEN UND TRAUMATA

Glücksaktivität 6:  Entwickeln Sie Bewältigungsstrategien

Verschiedene Bewältigungsstrategien

Erkennen Sie die positiven Aspekte eines traumatischen Erlebnisses

Posttraumatisches Wachstum

Soziale Unterstützung

Finden Sie Sinn

Welche Bewältigungsstrategien können Sie anwenden?

Glücksaktivität 7:  Lernen Sie zu vergeben

Was ist Vergebung?

Warum vergeben?

Wie wir Vergebung üben können

7. LEBEN SIE IM HIER UND JETZT

Glücksaktivität 8:  Schaffen Sie Flow-Erfahrungen

Der Nutzen des Flow

Wie Sie mehr Flow erleben können

Glücksaktivität 9:  Genießen Sie die Freuden des Lebens

Wie Sie Ihren Genuss steigern können

Achtung: Zu viel des Guten

8. SETZEN SIE SICH ZIELE

Glücksaktivität 10: Verwirklichen Sie Ihre Lebensträume

Sechs Gründe, warum Sie engagiert an der Umsetzung Ihrer Ziele arbeiten sollten

Welche Ziele sollten Sie verfolgen?

Wie Sie Ihre Ziele engagiert verwirklichen können

9. KÜMMERN SIE SICH UM LEIB UND SEELE

Glücksaktivität 11:  Beschäftigen Sie sich mit Religion und Spiritualität

Die Auswirkungen von Religion auf Gesundheit und Wohlbefinden

Die positiven Auswirkungen der Spiritualität

Wer profitiert besonders von Religion und Spiritualität?

Hat Religion auch Nachteile?

Praktizieren Sie Religion und Spiritualität

Wachsende Werte

Glücksaktivität 12:  Sorgen Sie für Ihren Körper: Meditation, Sport, Vorwegnahme des Glücks

»Wundermittel« Meditation

Treiben Sie Sport

Verhalten Sie sich wie ein glücklicher Mensch

WIE SIE LEBENSLANGES GLÜCK FINDEN

10. DIE FÜNF SCHLÜSSEL ZU LEBENSLANGEM GLÜCK

Der erste Schlüssel: positive Emotionen

Positive Emotionen und Depression

Positive Emotionen versus Lebenssinn

Die Quelle des Glücks

Der zweite Schlüssel: optimales Timing und Abwechslung

Timing ist alles

Abwechslung ist die Würze des Lebens

Der dritte Schlüssel: soziale Unterstützung

Der wissenschaftliche Beleg

Der vierte Schlüssel: Motivation, Einsatz und Engagement

Das Wunder des motivierten und engagierten Einsatzes

Was, wenn ich zu viel zu tun habe?

Was, wenn ich vergesse, mich an die Strategien zu halten?

Engagieren Sie sich immer neu

Der fünfte Schlüssel: Gewohnheit

Wie entstehen Angewohnheiten?

Aber ist es nicht schwer, sich eine neue Gewohnheit zuzulegen?

Gewohnheit und Gewöhnung

Es ist an Ihnen

DIE VERHEISSUNG DES GLÜCKS

NACHWORT WENN SIE UNTER DEPRESSION LEIDEN

Was ist Depression?

Ursachen der Depression

Natur und Umwelt: Veranlagung und Empfindlichkeit für Stress

Psychische Verwundbarkeit

Risikofaktoren der Depression

Die effektivsten Behandlungsmethoden gegen Depression

Kognitive Verhaltenstherapie

Interpersonelle Therapie

Paar- und Familientherapie

Antidepressiva

Welche Behandlungsformen sind weniger wirksam?

Was Sie tun können, wenn Sie unter Depression leiden

Das beste Mittel gegen das Unglück ist das Glück

Rückschläge überwinden

ANHANG

GLÜCKSAKTIVITÄTEN, DIE ZUEINANDER PASSEN

DANKSAGUNG

ANMERKUNGEN

Einleitung

Teil I: Wie Sie wirklich glücklich werden

1. Ist Glück möglich?

2. Wie glücklich sind Sie – und warum?

3. Finden Sie die Glücksstrategie, die zu Ihnen passt

Teil II: Glücksaktivitäten

4. Üben Sie Dankbarkeit und positives Denken

5. Stärken Sie Ihre sozialen Beziehungen

6. Bewältigen Sie Stress, Schwierigkeiten und Traumata

7. Leben Sie im Hier und Jetzt

8. Setzen Sie sich Ziele

9. Kümmern Sie sich um Leib und Seele

Teil III: Wie Sie lebenslanges Glück finden

10. Die fünf Schlüssel zu lebenslangem Glück

Nachwort: Wenn Sie unter Depression leiden

REGISTER

Die Reise

Eines Tages hast du plötzlich gewusst,

was du tun musst, und du hast angefangen,

trotz der vielen Stimmen um dich her

mit ihren schlechten Ratschlägen,

und obwohl das ganze Haus zu beben begann

und obwohl du das alte Zerren gespürt hast.

»Kümmer dich um mich!«, schrien die Stimmen.

Doch du hast dich nicht aufhalten lassen.

Du hast gewusst, was du zu tun hast,

obwohl der Wind mit seinen kalten Fingern

an deinen Grundfesten rüttelte

und die Trauer der Stimmen dich schmerzte.

Es war schon spät, die Nacht war stürmisch,

die Straße übersät mit Ästen und Steinen.

Doch ganz allmählich blieben die Stimmen zurück,

die Sterne brachen durch die Wolken,

und plötzlich hast du eine neue Stimme gehört,

die du schließlich als deine eigene erkannt hast

und die dich begleitet,

während du hinausgehst in die Welt,

entschlossen, nur das zu tun, was du tun kannst:

entschlossen, nur das Leben zu retten, das du retten kannst.

Mary Oliver

VORWORT ZUR DEUTSCHEN AUSGABE

Als ich neun Jahre alt war, wanderte meine Familie von Russland in die USA aus. In Boston angekommen, fiel mir auf, dass die Menschen in den Straßen fröhlich wirkten, sie lächelten und grüßten uns, wenn sie an uns vorübergingen. Ich dachte damals, dass die Amerikaner sehr viel glücklichere Menschen sein müssten als die Russen, die auf der Straße eher verdrießlich und mürrisch dreinblickten. In der Tat gehört zu den ersten Dingen, die Besuchern in einem unbekannten Land auffallen, wie glücklich oder unglücklich die Menschen aussehen. Doch oft trügt der Schein: Russen wirken zwar auf der Straße oft sehr viel melancholischer als Amerikaner, doch auf den lärmenden Partys in Moskauer Wohnungen kehrt sich der Eindruck um.

Ich erforsche das Thema Glück schon seit beinahe dreißig Jahren, und bei Vorträgen stellen meine Zuhörer fast immer Fragen zum Thema Kultur. Verstehen und erleben die Menschen in Europa, Afrika, Ostasien und den USA Glück auf ähnliche Weise? Treffen meine Ratschläge, die sich vor allem auf Untersuchungen mit US-Bürgern stützen, überhaupt auf Menschen anderer Nationen zu? Diese Fragen sind durchaus gerechtfertigt, und es gibt sogar einen ganzen Wissenschaftszweig, der sich mit dem Zusammenhang von Emotionen und Kultur beschäftigt. In der Tat hat das Glück in Deutschland, Großbritannien, Israel, Südkorea oder Brasilien auf den ersten Blick ein anderes Gesicht. In den »individualistischeren« Kulturen hängt Glück mehr mit den Gefühlen und dem Selbstwert des Einzelnen zusammen und weniger mit der Harmonie innerhalb der Gruppe. Deshalb gilt das Streben nach individuellem Glück hier als erreichbares, vernünftiges und wünschenswertes Ziel. Studien zeigen, dass Asiaten positive Emotionen eher mit Zuständen niedriger Erregung wie Gelassenheit und Ruhe in Verbindung bringen, während Europäer vor allem auf Zustände hoher Erregung wie Freude und Begeisterung aus sind. Außerdem unterscheiden sich die kulturellen Regeln hinsichtlich des Ausdrucks von positiven Emotionen. Es gibt Kulturen, in denen es als unpassend gilt, ausgesprochen glücklich auszusehen, weil dies den Neid und die bösen Blicke der anderen auf sich ziehen kann.

Trotz der zahlreichen Unterschiede haben Menschen in aller Welt das tiefe Bedürfnis, glücklich sein. Angehörige verschiedener Kulturen mögen Glück unterschiedlich definieren, etwa als Spaß, romantische Liebe, spirituelle Erlösung, materiellen Erfolg oder ein tugendhaftes Leben. Sie mögen Glück unterschiedlich ausdrücken, etwa im begeisterten Engagement für einen Lebenstraum, durch Lächeln und Lachen oder in stiller Kontemplation. Und sie mögen auf unterschiedliche Weise nach Glück streben, indem sie beispielsweise Dankbarkeit entwickeln für das, was sie haben, sich ihrer Familie widmen oder die Nähe Gottes suchen. Doch ihnen allen geht es schließlich darum, glücklich zu sein. In sämtlichen Nationen, in denen Befragungen durchgeführt wurden, stand Glück ganz oben auf der Liste der Lebensziele. Und in den seltenen Fällen, in denen die Befragten angeben, nicht nach Glück zu streben, weil etwa kulturelle Normen, die Religion, die Geschichte oder persönliche Einstellungen dem entgegenstehen, wünschen sich die meisten ein glückliches Leben für ihre Kinder.

Auch wenn das Glück also in Ländern wie Deutschland und den USA auf unterschiedliche Weise definiert, angestrebt und ausgedrückt wird, ist die Sehnsucht nach einem erfüllten, glücklichen Leben genauso universell wie viele der Zutaten, die das Glück ermöglichen. Als jemand, der in zwei Kulturen und zwei Sprachen aufgewachsen ist und kulturelle Unterschiede genau beobachtet, bin ich überzeugt, dass Leser jeden Hintergrunds von den Glücksstrategien profitieren können, die ich in diesem Buch beschreibe.

EINLEITUNG

Jeder von uns will glücklich sein, auch wenn wir dies nicht zugeben oder es lieber anders ausdrücken möchten. Ob wir uns beruflichen Erfolg, spirituelle Erfüllung, Selbstfindung oder Liebe und Sex wünschen, letztlich geht es uns vor allem um unser persönliches Glück. Aber nur selten wissen wir, wie viel und was wir selbst zu unserem Glück beitragen können. Doch wenn Sie einmal Ihre Überzeugungen zum Glück ganz allgemein und zu Ihrem persönlichen Glück im Speziellen hinterfragen, werden Sie erkennen, dass es tatsächlich möglich ist, ein glücklicheres Leben zu führen, dass Sie es selbst in der Hand haben und dass es vielleicht das Wichtigste und Entscheidendste ist, was Sie für sich und die Menschen in Ihrer Umgebung tun können. Ich hoffe, dass dieses Buch Sie dazu anregt.

Was ist Glück? Was ist das Geheimnis des Glücks? Können wir ein glücklicheres Leben führen? Und können wir das neue Glück festhalten? Das sind fundamentale Fragen, die ich als empirische Psychologin seit Beginn meiner Karriere erforsche. Als ich im Alter von zweiundzwanzig Jahren als Doktorandin mit meinen ersten Untersuchungen begann, hatte die Glücksforschung an der Universität keinen sonderlich guten Ruf. Glück galt als unwissenschaftliches und undefinierbares »Kuschelthema«. Doch dank des immer individualistischeren Zeitgeistes zu Beginn des neuen Jahrhunderts ist das Glück in den Sozialwissenschaften in jüngster Zeit zu einer regelrechten Mode geworden.

Ist das Glück also eine vorübergehende Modeerscheinung, wie Hula-Hoop-Reifen, Dauerwellen und Pokémon? Diesen Eindruck könnte man fast gewinnen, wenn man sich die Flut der Artikel in Zeitungen und Zeitschriften, die Fernsehdokumentationen, Bücher, Zitate, Blogs, Tweets und Podcasts zum Thema Glück ansieht, die zurzeit den Markt überschwemmt. Allerdings haben die meisten davon wenig mit wissenschaftlichen Erkenntnissen am Hut.

Viele meiner Forscherkollegen gehen deswegen auf Distanz, doch ich halte es für wichtig, sich in die gegenwärtige Glücksdiskussion einzuschalten und sie auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen. Warum? Weil ich fest davon überzeugt bin, dass die Wissenschaft einen großen Beitrag zu unserem Glück und Wohlbefinden leisten kann. Für die Mehrheit der Menschen auf allen Kontinenten und in allen Kulturen der Erde ist Glück eines der wichtigsten Lebensziele, für sich und vor allem für ihre Kinder. Wenn wir glücklich sind, haben nicht nur wir selbst etwas davon, sondern auch unsere Familie, unsere Kollegen, unsere Freunde und unsere ganze Gesellschaft. Wenn wir etwas dafür tun, um glücklicher zu werden, fühlen wir uns nicht nur subjektiv besser, wir haben auch mehr Energie, sind kreativer, stärken unser Immunsystem, festigen unsere Beziehungen, arbeiten produktiver und erhöhen unsere Lebenserwartung.1 Das Glück ist der Heilige Gral oder, um es mit Aristoteles zu sagen, »das Ziel, zu dem alles strebt … und in dem der Mensch als Mensch zur Vollendung kommt«.

Die Wissenschaft des Glücks hat es verdient, mehr als eine vorübergehende Modeerscheinung zu sein. Glücklich sein zu wollen ist ein ernst zu nehmendes, legitimes und würdiges Ziel. Bei einem Blick in die Klassiker der Literatur und Philosophie stellen wir fest, dass die Suche nach dem Glück so alt ist wie die Menschheit selbst. Viele Menschen leiden, noch mehr fühlen sich leer und unerfüllt, und es ist ein berechtigter Wunsch, ein Leben mit mehr Freude, weniger Sorgen, mehr Ruhe und weniger Unsicherheit leben zu können.

Ich beschäftige mich seit achtundzwanzig Jahren mit dem Thema Glück, zunächst als Doktorandin in Stanford, heute als Professorin an der University of California in Riverside. In dieser Zeit hat sich die Glücksforschung als Teil einer neuen Disziplin namens »Positive Psychologie« rasant weiterentwickelt. Diese Forschungsrichtung geht der Frage nach, was unser Leben lebenswert macht. Sie wird motiviert von der Überzeugung, dass eine Psychologie, die Menschen eine positive Lebenseinstellung vermittelt und ihnen hilft, ein möglichst glückliches Leben zu führen, genauso wichtig ist wie die traditionelle Psychologie, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, psychische Krankheiten zu lindern. Dass sich die Psychologie mit dem Wohlbefinden und der persönlichen Erfüllung beschäftigt, scheint eigentlich auf der Hand zu liegen, trotzdem haben sich die Psychologen seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fast ausschließlich auf psychische Erkrankungen, Störungen und die dunklen Seiten des Lebens konzentriert.2

Die Psychologen von heute haben jedoch ehrgeizigere Ziele. Während der letzten zwei Jahrzehnte hat die Forschung große Fortschritte gemacht, und zwar nicht nur in der Entwicklung neuer Methoden zur Behandlung der Depression, die kranken Menschen helfen, dass es ihnen besser geht, sondern auch in der Entwicklung von Methoden, die gesunden Menschen helfen, dass es ihnen ausgezeichnet geht. Wir leben in einer neuen Ära. Monat für Monat erscheinen neue Veröffentlichungen darüber, wie wir mehr Glück erreichen und dieses Glück erhalten können und wie wir ein erfüllteres, produktiveres und angenehmeres Leben führen können. Leider erscheinen diese Forschungsergebnisse vor allem in Fachzeitschriften, die in Universitätsbibliotheken ausliegen und kaum ein breiteres Publikum erreichen. In diesem Buch stelle ich die neuen Erkenntnisse zum Thema Glück zusammen, erläutere sie und zeige Ihnen, was Sie selbst tun können, um dauerhaft größeres Wohlbefinden zu erleben.

Ich bin keine klinische Psychologin, keine Trainerin und kein Selbsthilfe-Guru, sondern Naturwissenschaftlerin. Dies ist meines Wissens der erste praktische Ratgeber zum Thema Glück, dessen Autorin eigene Forschungen zum Thema Glück angestellt hat. Freunde und Kollegen haben mich lange gedrängt, dieses Buch zu schreiben, doch die Erkenntnisse sind erst jetzt so weit gereift, dass sie sich in Form von spezifischen Empfehlungen weitergeben lassen. Glücklich sein unterscheidet sich von vielen Ratgebern, da es eine Zusammenstellung von Erkenntnissen bietet, die Glücksforscher, inklusive meiner selbst, in ihren empirischen Untersuchungen gewonnen haben. Alles, was Sie in diesem Buch lesen, hat eine wissenschaftliche Grundlage, die Glücksaktivitäten, die ich Ihnen vorstelle, wurden von mir und meinen Kollegen entwickelt und erprobt. Wenn die Beweislage unklar ist oder ein bestimmtes Thema nicht ausreichend erforscht ist, weise ich unmissverständlich darauf hin. Theorien, Statistiken und Erkenntnisse werden durch Endnoten und Literaturhinweise belegt. Wenn Sie einen bestimmten Aspekt vertiefen möchten, bieten Ihnen die Endnoten Hinweise auf weiterführende Literatur. Wenn Sie diese als störend empfinden, ignorieren Sie sie einfach.

Vielleicht fragen Sie sich, warum es so wichtig ist, dass die Empfehlungen in einem Ratgeber wissenschaftlich fundiert sind. Doch empirische Untersuchungen haben viele Vorteile gegenüber zufälligen oder klinischen Beobachtungen. Die wissenschaftliche Methode erlaubt es, Ursache und Wirkung auseinanderzuhalten und ein Phänomen systematisch und vorurteilsfrei zu untersuchen. Wenn beispielsweise ein Zeitschriftenartikel erklärt, tägliche Meditation mache glücklicher oder ein bestimmtes Heilkraut helfe gegen Kopfschmerzen, dann lässt sich diese Behauptung nur mithilfe eines sogenannten Doppelblindexperiments, in dem Versuchspersonen zufällig einer Meditations- (oder Heilkraut-) und einer Kontrollgruppe zugeordneten werden, bestätigen oder widerlegen. Die Wissenschaft ist zwar nicht perfekt, doch ihre Erkenntnisse sind zuverlässiger als die Beobachtungen einer Einzelperson, die aufgrund ihrer begrenzten Erfahrungen und Vorurteile Rat erteilt.

Vor einiger Zeit bin ich in meiner Tageszeitung auf einen Leserbrief gestoßen, der das Thema der Wissenschaftlichkeit schön auf den Punkt bringt:

Beispiel

Es gibt Glaubensfragen wie etwa: »Gibt es einen Gott?« Es gibt Meinungsfragen wie etwa: »Wer ist der beste Baseballspieler aller Zeiten?« Es gibt Streitfragen wie etwa: »Sollte Abtreibung legal sein?« Und es gibt Fragen, die sich mit einem gewissen Grad an Sicherheit unter Anwendung der wissenschaftlichen Methode klären lassen und die sich empirische Fragen nennen – mit anderen Worten Fragen, die durch Beweise beantwortet werden können.3

Ob das Glück erlernbar ist und wenn ja, wie, ist eine dieser empirischen Fragen. Mein Team begabter Doktoranden und genialer Mitarbeiter (darunter Ken Sheldon und Steve Cole) haben von staatlichen wie privaten Stellen Fördermittel erhalten, um auf wissenschaftlichem Wege zu erforschen, ob und wie wir ein glücklicheres Leben führen können. Mithilfe dieser Förderung haben wir sogenannte »Glücksinterventionen« entwickelt und durchgeführt. Dabei handelt es sich um Experimente, mit deren Hilfe wir herausfinden wollten, welche Glücksaktivitäten besonders wirkungsvoll sind und warum. Der Begriff der »Intervention« stammt eigentlich aus der Suchttherapie, aber wir fanden ihn sehr passend, weil wir in beiden Fällen nur dann eine Veränderung erreichen, wenn es uns gelingt, ein Stück weit mit der Vergangenheit zu brechen. Viele der Ergebnisse unserer Experimente finden Sie in diesem Buch wieder. Sie zeigen, dass Sie Ihr Glück tatsächlich dauerhaft steigern können, vorausgesetzt Sie sind bereit, die nötige Arbeit zu tun. Wenn Sie sich entscheiden, ein glücklicheres Leben zu führen, und wenn Sie sich bewusst sind, dass dies eine gewichtige Entscheidung ist, die Aufwand, Engagement und ein gewisses Maß an Disziplin erfordert, dann können Sie dieses Ziel erreichen.

Dieses Buch will Ihnen vor allem zeigen, wie Sie ein glücklicherer Mensch werden können. Es bietet Ihnen eine Straßenkarte mit zwölf Glücksaktivitäten, die Ihnen Wege oder Methoden aufzeigen soll, wie Sie dorthin gelangen und wie Sie genau die Strategie finden, die am besten zu Ihnen passt. Dieses Buch will Ihnen zeigen, wie diese Glücksaktivitäten funktionieren, wie Sie sie optimal anwenden und warum sie funktionieren. Schließlich geht es um die Bedeutung und Wirkung des Glücks, also um die vielfachen Vorteile für Sie, Ihre Familie und die Menschen in Ihrer Umgebung.

Aus meiner Arbeit mit Tausenden von Versuchsteilnehmern entwickle ich in diesem Buch eine Theorie der entscheidenden Glücksfaktoren. Diese Theorie ist umfassend und bietet Ihnen auf einen Blick alles, was die Wissenschaft bis heute zum Thema Glück weiß. Die verschiedenen Häppchen, denen Sie möglicherweise in verschiedenen Artikeln und Büchern begegnet sind, fügen sich in diesem Buch zu einem abgerundeten Bild zusammen.

Wenn ich davon überzeugt bin, dass wir glücklicher werden können, als wir es im Augenblick sind, dann ist dies natürlich ebenfalls wissenschaftlich fundiert. Verschiedene Untersuchungen belegen, dass wir 40 Prozent unseres Glücksempfindens durch unsere Handlungen und Gedanken beeinflussen können. Diese 40 Prozent sind das Potenzial, das jeder von uns hat, um dauerhaft ein glücklicheres Leben zu führen. Das ist keine kleine Zahl, aber auch keine übermäßig riesige, sie ist vernünftig und realistisch. Glücklich sein zeigt Ihnen, wie Sie diese 40 Prozent für sich nutzen können. Dabei es geht mir nicht nur darum, Ihnen zu zeigen, wie Sie aus dem Minusbereich auf null kommen, wie dies die meisten Depressionstherapien tun. Ich will Ihnen zeigen, wie Sie von null – einem vielleicht mehr oder minder befriedigenden Zustand – auf hundert kommen.

Wie Sie dieses Buch lesen sollten? Kapitel 1 und 2 stellen Ihnen die wissenschaftlichen Grundlagen des Glücksprogramms vor. Diese Kapitel beleuchten fundiert die beiden Grundfragen, die wir uns stellen: Wie kann es sein, dass ich mich selbst entscheiden kann, glücklicher zu werden? Und was genau muss ich dazu tun? Hier erfahren Sie, was wir nach Ansicht der meisten Menschen zum Glück brauchen, warum wir so oft falsch liegen und was uns nach wissenschaftlichen Erkenntnissen tatsächlich glücklicher macht. Unser 40-Prozent-Potenzial bietet eine Fülle von Möglichkeiten. Es ist ganz allein Ihre Entscheidung, ein glücklicherer Mensch zu werden. Voraussetzung ist, dass Sie bereit und willens sind, das nötige Engagement aufzubringen, und vor allem dass Sie wissen, wie Sie vorgehen sollen. Der erste Teil des Buches begleitet Sie zu dieser Startlinie.

Nach der Lektüre der ersten beiden Kapitel sind Sie bereit, die neuen Denk- und Verhaltensweisen kennen zu lernen, die Sie glücklicher machen. Doch wo sollen Sie anfangen? Hier hilft Ihnen Kapitel 3 weiter. Dieses kurze, aber wichtige Kapitel bietet Ihnen einen Diagnosetest, der Ihnen zeigt, mit welcher Strategie Sie persönlich ein glücklicheres Leben führen können. Dieser Test hilft Ihnen bei der Orientierung in Teil II des Buches, der Ihnen zwölf Glücksaktivitäten vorstellt. Der Diagnosetest führt Sie zielsicher zu den Aktivitäten, die am besten zu Ihrer Persönlichkeit, Ihren Mitteln, Ihren Zielen und Ihren Bedürfnissen passen. Entgegen der gängigen Vorurteile gibt es nicht das eine große Geheimnis des Glücks, genauso wenig wie es die eine Wunderdiät gibt, die alle Menschen schlank macht. Sie können selbst herausfinden, welche Strategie oder Kombination von Aktivitäten Ihnen am besten entspricht. Nach dem Diagnosetest in Kapitel 3 sind Sie so weit und können zu Teil II übergehen. Konzentrieren Sie sich zunächst auf die Aktivitäten, die am besten zu Ihnen passen und begeben Sie sich auf den anstrengenden, aber lohnenden Weg zu einem glücklicheren Leben.

Das ist jedoch noch nicht alles. Im letzten Teil des Buches finden Sie zwei weitere, sehr wichtige Kapitel. Das zehnte Kapitel stellt Ihnen fünf wichtige Methoden dar, mit denen Sie Ihr Glück haltbar machen. Außerdem erklärt es Ihnen, wie und warum die Glücksaktivitäten funktionieren. Aus der Medizin wissen wir, dass eine Behandlung besser anschlägt und die Patienten besser kooperieren, wenn sie verstehen, wie und warum die Behandlung wirkt. Dasselbe trifft auch auf unsere Glücksstrategien zu. Auch wenn Sie die Versuchung verspüren, dieses Kapitel auszulassen, lesen Sie es auf jeden Fall: Sie werden in der Umsetzung Ihrer Glücksstrategie erfolgreicher sein, ganz abgesehen davon, dass Sie mehr über das Glück erfahren werden. Das letzte, wichtige Kapitel, das Nachwort (»Wenn Sie unter Depression leiden«), ist für diejenigen Leser bestimmt, die sich in den vergangenen Wochen traurig und niedergeschlagen gefühlt haben. Wenn dies auf Sie zutrifft, sollten Sie mit diesem Kapitel beginnen.

Zum Schluss dieses Vorworts möchte ich noch etwas loswerden. Vielleicht geht es Ihnen beim Lesen so wie mir beim Schreiben, und Sie fragen sich: Warum klingen vieler dieser extrem wirkungsvollen Glücksaktivitäten so, na ja, sagen wir’s doch: kitschig? Viele von uns finden Aufforderungen wie »sei zufrieden mit dem, was du hast«, »lebe im Hier und Jetzt«, »sei hilfsbereit«, »sieh das Gute« oder »lächle!« im besten Falle banal und im schlimmsten abgeschmackt. Doch viele Untersuchungen belegen eindrucksvoll, dass genau diese Strategien, wenn sie mit Einsatz und Engagement ausgeführt werden, äußerst wirkungsvoll sind. Aber warum klingen sie dann so schrecklich uncool? Warum predigen wir sie nicht an jeder Straßenecke?

Vielleicht liegt es daran, dass sich diese wirkungsvollen und komplexen Glücksstrategien nicht auf so einfache Formeln reduzieren lassen. Natürlich wären wir alle glücklicher, wenn wir tiefe und ehrliche Dankbarkeit für unsere Gesundheit, unsere Familie, unsere Freunde, unser Zuhause und unsere Arbeit empfinden würden, selbst dann, wenn nicht alles hundertprozentig perfekt ist. Aber wenn wir das auf Ratschläge eindampfen wie »Liebling, du wärst so viel glücklicher, wenn du nur dankbar wärst für das, was du hast«, dann klingt dieser Rat leicht kindisch, plump und platt. Vielleicht liegt es auch daran, dass etwas derart Persönliches und Intimes wie unsere Gefühle für geliebte Menschen in Form von Merksprüchen seltsam abgedroschen, albern und klischeehaft klingen.

Oder vielleicht sehen Sie bei dem Gedanken an »Glücksaktivitäten« Menschen vor sich, die einfach zu fröhlich und aufgeputscht wirken, um echt zu sein. In meiner Schulzeit hatte ich eine Freundin, die ihr ganzes Zimmer mit Kitschpostern mit kuscheligen Kätzchen und Sonnenuntergängen zutapeziert hatte, auf denen optimistischen Sprüche wie »I Love Life«, »Gib niemals auf« prangten. Damals war mir das unglaublich peinlich. Wenn ich mir jedoch heute diese Sprüche ansehe, die mir damals so abgedroschen vorkamen, dann muss ich feststellen, dass einige davon richtig gut sind – so gut, dass ich sie in dieses Buch aufgenommen habe. Damit will ich Ihnen nur sagen, dass Sie sich keine kitschigen Postkarten an die Wand hängen müssen, und auch nicht mit den Formulierungen in diesem Buch übereinstimmen müssen, um die Wirkung dessen zu erleben, was ich Ihnen mitgeben möchte. Machen Sie sich klar, dass das Glück viele Gesichter hat, nicht nur den allgegenwärtigen Smiley und das Inspirationsposter. Das Glück kann das Gesicht eines Menschen haben, der neugierig ist und begeistert Neues lernt. Ein glücklicher Mensch kann jemand sein, der intensiv Pläne für die kommenden fünf Jahre seines Lebens schmiedet, oder jemand, der erkannt hat, worauf es wirklich ankommt und worauf nicht. Oder es kann jemand sein, der sich darauf freut, seinem Kind am Abend eine Gutenachtgeschichte vorzulesen. Es gibt glückliche Menschen, die nach außen hin fröhlich oder gelassen wirken, und andere, die einfach beschäftigt sind. Mit anderen Worten, jeder von uns hat das Potenzial, glücklich zu sein, und jeder ist es auf seine Art und Weise. Mir geht es darum, Ihnen zu zeigen, dass die grundlegenden Strategien, mit denen Sie ein glücklicheres Leben im Alltag führen können, sehr viel einfacher sind, als Sie vielleicht denken.

Ich bin in Russland und den USA aufgewachsen und habe einige sehr unglückliche Menschen kennen gelernt. Ich habe aber auch miterlebt, wie mehr als ein Freund in einem Prozess des Wachstums, der Veränderung und der Reifung ein glücklicherer Mensch wurde und es geblieben ist. Dieses Buch ist das Ergebnis jahrelangen Nachdenkens, Lesens und Forschens über die Frage, wie wir glücklichere Menschen werden können. Ob Sie selbst glücklicher leben wollen, ob Sie jemanden in Ihrem Bekanntenkreis ein glücklicheres Leben wünschen oder ob Sie einfach nur neugierig sind, was Wissenschaftler heute über die Ursachen und Möglichkeiten anhaltenden Wohlbefindens denken – ich hoffe, dieses Buch wird Sie informieren und bereichern.

WIE SIE WIRKLICH GLÜCKLICH WERDEN

1. IST GLÜCK MÖGLICH?

Wenn Sie Ihr Leben ändern wollen, beginnen Sie sofort damit, tun Sie es in großem Stil und machen Sie keine Ausnahmen.

William James

Was glauben Sie, was würde Sie glücklicher machen? Überlegen Sie einen Moment. Vielleicht …

eine Beziehung?

mehr Flexibilität am Arbeitsplatz?

ein neuer Job, mit dem Sie besser für sich und Ihre Familie sorgen könnten?

eine größere Wohnung?

ein aufmerksamerer Partner?

ein Kind?

ein jugendlicheres Aussehen?

ein Ende Ihrer Rückenbeschwerden?

ein paar Kilo weniger?

bessere schulische Leistungen Ihres Kindes?

zu wissen, was Sie wirklich mit Ihrem Leben anfangen wollen?

verständnis- und liebevollere Eltern?

die Heilung einer chronischen Krankheit oder Behinderung?

mehr Geld?

mehr Zeit?

Wenn Ihre Antworten so oder so ähnlich lauten, dann habe ich eine Überraschung für Sie. Nichts davon trägt dazu bei, Sie dauerhaft glücklicher zu machen. Was nicht bedeutet, dass es unrealistisch oder naiv wäre, zu glauben, dass Sie ein dauerhaft glücklicheres Leben führen können! Der Haken ist, dass wir meist am falschen Ort danach suchen. Vieles, von dem wir uns grundlegende Veränderungen zum Guten erhoffen, wirkt sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen kaum auf unser Glücksempfinden aus. Dagegen übersehen wir oft das, was uns tatsächlich persönliches Glück und Wohlbefinden bringt.

Wenn Menschen in den verschiedensten Ländern der Welt – ob in den USA, Griechenland, Slowenien, Deutschland, Südkorea, Argentinien oder Bahrain – befragt werden, was sie sich im Leben am meisten wünschen, dann nennt die Mehrheit das Glück an erster Stelle.1 Für Menschen, die unter Depressionen leiden, ist es entscheidend, zu lernen, wie sie glücklicher werden können, doch auch für die übrigen Menschen ist es ungemein wertvoll. In diesem Buch zeige ich Ihnen, warum Ihr Wunsch nach einem glücklicheren Leben kein Hirngespinst sein muss, sondern verwirklicht werden kann.

Ein Programm für ein glücklicheres Leben

Sie haben dieses Buch in die Hand genommen, weil Sie der Ansicht sind, dass Sie im Privatleben oder im Beruf Ihr Potenzial nicht ausschöpfen, oder weil Sie sich nicht so glücklich und erfüllt fühlen, wie Sie es sich wünschen. Repräsentative Umfragen unter erwachsenen Einwohnern der USA ergeben, dass zwar etwas mehr als die Hälfte von »moderater geistiger Gesundheit« ist, dass es ihnen aber keineswegs ausgezeichnet geht – das heißt, ihnen fehlt die große Begeisterung fürs Leben und sie gehen kein aktives und produktives Verhältnis zu ihrer Umwelt ein.2 In anderen Industrienationen ist die Lage kaum anders. Das erklärt, warum sich nicht nur klinisch depressive Menschen nach mehr Glück sehnen, sondern viele von uns: Vielleicht, weil wir nicht so glücklich sind, wie wir es gern wären. Vielleicht, weil es uns zwar ganz gut geht, wir uns aber mehr wünschen: mehr Lebensfreude, mehr Sinn, anregendere Beziehungen und erfüllendere Aufgaben. Vielleicht auch, weil wir in der Vergangenheit glücklicher gelebt haben als heute und nicht wissen, wie wir wieder dorthin kommen sollen.

Dieses Gefühl, keine Kraft zu haben, in einem Loch zu stecken oder im immergleichen Trott gefangen zu sein, kann sehr entmutigend sein. Oft haben wir das Gefühl, dass ein gigantischer Kraftakt notwendig wäre, um uns wieder aufzurichten. Doch ich habe eine gute Nachricht. Die »Anstrengung«, die notwendig ist, um Sie aus dem Loch zu holen, muss zunächst gar nicht groß sein, und sie zeigt oft sofortige Wirkung. In einer Untersuchung brachte der Psychologe Martin Seligman von der University of Pennsylvania einer Gruppe von schwer depressiven Patienten eine einzige Strategie zur Steigerung ihres Wohlbefindens bei. Obwohl viele dieser Menschen Probleme hatten, auch nur morgens aus dem Bett zu kommen, sollten sie eine Internetseite aufrufen und dort eine einfache Aufgabe ausführen: Sie sollten sich jeden Tag an drei positive Dinge erinnern, die ihnen passiert waren, und diese notieren. Das konnten ganz einfache Sachen sein, wie »Rosalind hat angerufen, um sich zu erkundigen, wie es mir geht«, »Ich habe ein Kapitel in dem Buch gelesen, das mir mein Therapeut empfohlen hat« oder »Heute hat endlich mal wieder die Sonne geschienen«. Nach nur zwei Wochen wurden die zuvor schwer depressiven Patienten als mittelgradig bis leicht depressiv eingestuft und 94 Prozent der Versuchsteilnehmer gaben an, sich besser zu fühlen.3

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen also, dass Sie die ersten Schritte auf dem Weg zu einem glücklicheren Leben sofort gehen können. Der erste Schritt ist die Erkenntnis, dass Ihr Wunsch nach mehr Glück mehr als nur Wunschdenken ist. Es ist ein lebenswichtiges Ziel, und jeder von uns hat das Recht, dieses Ziel zu verfolgen, und die Mittel, es zu erreichen. Glück ist alles andere als Glückssache, es fällt uns nicht in den Schoß wie ein Lottogewinn, wir müssen es nicht abwarten wie das Ende einer Regenphase. Glück ist auch nichts, was wir »finden« müssen wie eine Autobahnausfahrt oder einen verlorenen Geldbeutel, wenn wir nur den geheimen Weg, den perfekten Partner oder den richtigen Job entdecken würden. Die Vorstellung, dass wir unser Glück »finden« müssen, ist weit verbreitet und hat sich in Redewendungen wie der »Suche nach dem Glück« niedergeschlagen. Das klingt so, als wäre Glück ein Gegenstand, dem man nachjagen oder den man aufspüren muss. Ich mag dieses Bild nicht. Viel besser gefällt mir die Redensart »Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied«. Ich spreche lieber davon, dass wir unser Glück schaffen oder aufbauen, denn die Wissenschaft zeigt, dass es tatsächlich jeder von uns in der Hand hat, sein Glück selbst zu schmieden.

Glück hat keine Voraussetzungen. Um ein glücklicheres Leben führen zu können, ist es keineswegs notwendig – wie manche Psychotherapeuten behaupten –, Ihre Kindheit aufzuarbeiten, traumatische Erlebnisse der Vergangenheit zu analysieren oder Ihre typischen Verhaltensweisen im Umgang mit anderen Menschen durchzudeklinieren. Genauso wenig brauchen Sie mehr Gesundheit, mehr Geld, mehr Jugendlichkeit oder mehr Schönheit. In diesem Buch gebe ich Ihnen Strategien an die Hand, mit denen Sie sofort beginnen können. Diese Strategien steigern Ihr Wohlbefinden sofort, auch wenn Sie sich zutiefst niedergeschlagen fühlen. Zu einem dauerhaft glücklicheren Leben benötigen Sie allerdings ein langfristiges Programm. Doch ich habe eine gute Nachricht für Sie: Die Anstrengungen sind zu Anfang am größten, solange Ihnen die neuen Verhaltensweisen und Praktiken noch nicht zur Selbstverständlichkeit geworden sind. Mit der Zeit wird der Aufwand geringer, die Strategien werden zur Gewohnheit und verstärken sich selbst. Dieses Buch beschreibt ein langfristiges Glücksprogramm, mit dem Sie heute beginnen und das Sie für den Rest Ihres Lebens fortsetzen können. Der einzige Mensch, der Sie glücklich machen kann, sind Sie selbst.

Ein Hinweis zum Abschluss: Wenn Sie derzeit unter Depression leiden, kann dieses Buch eine professionelle Behandlung wie etwa eine kognitive Verhaltenstherapie oder eine Medikamentenbehandlung nicht ersetzen. Doch es kann eine wichtige Ergänzung sein und Ihnen dabei helfen, Ihren Zustand schneller, umfassender und nachhaltiger zu verbessern. Lesen Sie in diesem Fall bitte zunächst das Nachwort »Wenn Sie unter Depression leiden«.

Wissen Sie, was Sie wirklich glücklich macht?

Vielleicht haben Sie inzwischen einige Zweifel hinsichtlich meines Glücksprogramms bekommen. Wenn es so einfach ist, dauerhaft ein glücklicherer Mensch zu werden, warum sind wir dann nicht alle glücklich? Warum scheitern wir so oft schon bei dem Versuch, ein glücklicheres Leben zu führen? Ich habe den Verdacht, das liegt vor allem daran, dass wir gelernt haben, unser Glück an der falschen Stelle zu »suchen«. Die psychologische Forschung zeigt, dass wir häufig völlig danebenliegen, wenn wir einschätzen sollen, was uns tatsächlich Freude und Erfüllung bringt, und dass wir stattdessen viel Zeit und Energie auf Dinge verschwenden, die wenig bis gar nichts zu unserem Glück beitragen.4

Unser häufigster Irrtum ist, dass wir uns von einzelnen positiven Ereignissen – einer Beförderung, einer Genesung, einem aufregenden Rendezvous, dem Pokalgewinn unserer Fußballmannschaft oder dem Sieg unserer politischen Partei – sehr viel mehr Glück versprechen, als sie tatsächlich bringen. Der Materialismus – das Streben nach Geld und Besitz – ist ein schönes Beispiel. Warum fällt es uns (ich will mich da gar nicht ausnehmen) so schwer zu glauben, dass Geld uns nicht glücklich macht? Weil es tatsächlich stimmt, dass uns Geld glücklicher macht. Unser Irrtum besteht jedoch darin, »dass wir glauben, dass uns Geld für lange Zeit sehr glücklich macht, während es uns in Wirklichkeit für kurze Zeit ein bisschen glücklich macht«, wie ein Psychologe so schön formulierte.5 Und während wir mit viel Energie in diese Sackgasse laufen, ignorieren wir andere, bessere Wege zum Glück.

Ich möchte Ihnen zwei Menschen vorstellen, die erkannt haben, dass die Dinge, von denen sich viele großes Glück versprechen – Reichtum, Ruhm und Schönheit – tatsächlich keine besondere Rolle spielen.

Ruhm und Reichtum

Ich lernte Neil während der Aufnahmen zu einem Dokumentarfilm über das Leben außergewöhnlich glücklicher Menschen kennen.6 Neil wollte schon als Kind ein Rockstar werden, und allen Hindernissen zum Trotz verwirklichte er seinen Traum. Als Schlagzeuger einer erfolgreichen Folk-Rock-Band verdiente er ein Vermögen, er trat im Fernsehen auf, wurde mehrmals für einen Grammy nominiert und tourte ein Jahrzehnt lang mit seiner Band kreuz und quer durch alle Welt. Dann brach diese Welt mit einem Mal zusammen: Die Band trennte sich, die Reisen endeten, er verlor sein großes Haus, und seine Frau verließ ihn.

Wir interviewten Neil einen Nachmittag lang in seinem neuen, bauernhofähnlichen Haus, dessen Einfahrt durch einen riesigen Erdhaufen blockiert war. Der alleinerziehende Vater zweier Kinder lebt in der Nähe der Stadt Winnipeg in Kanada, in der dünn besiedelten Prärie und weit entfernt von der nächsten Schule oder dem nächsten Supermarkt. Selbst im Juli, als wir ihn besuchten, fegte ein kalter Wind über das hohe, trockene Gras. In den langen kanadischen Wintern muss es hier eisig und einsam sein, dachte ich mir. Ich stellte es mir ziemlich schwierig vor, abends nochmal eben eine Tüte Milch einzukaufen, geschweige denn zu einem Auftritt zu fahren.

Neil machte auf den ersten Blick den Eindruck eines Menschen, der sich wohl fühlt und mit sich selbst im Reinen ist, der ehrlich und liebevoll mit seinen Kindern umgeht und der sich voll und ganz seiner Musik widmet. Hat es Neil glücklich gemacht, ein Rockstar zu sein? »Ich hatte alles, Geld und Ruhm«, antwortet er. »Das habe ich jetzt nicht mehr, aber ich bin genauso glücklich. Das ändert nichts.«

Schönheit

Denise lernte ich vor einer Talkshow kennen, in der sie ihre Geschichte erzählen sollte. Denise lebt in St. Petersburg in Florida. Sie war früher Lehrerin für lernbehinderte Kinder und ist heute Hausfrau und Mutter dreier schulpflichtiger Kinder. Das Leben als Vollzeitmutter ist nicht einfach. Nach ihrem vierzigsten Geburtstag hatte Denise das Gefühl, sie habe sich gehen gelassen – sie schminkte sich nicht mehr, trieb keinen Sport mehr und sah immer müde aus. Die Jahre unter der stechenden Sonne Floridas hatten ihre Haut faltig werden lassen, und sie war der Ansicht, sie sehe älter aus, als sie war. Sie bewarb sich für eine Fernsehshow namens Extreme Makeover, in der sich ausgewählte Kandidaten einer umfassenden Schönheitsoperation unterziehen, und zu ihrer großen Freude wurde sie genommen.

Die Operation dauerte zwölf Stunden. Die Augenpartien und das gesamte Gesicht wurden gestrafft, die Stirn geglättet, ein Nasenhöcker entfernt, unter ihrem Kinn Fett abgesaugt und die Haut mit Laser geglättet. Der Eingriff war so gelungen, dass die Maskenbildnerin der Show überrascht war, als ich ihr erzählte, dass Denise einen kompletten Facelift hinter sich hatte. Sie hatte nichts Ungewöhnliches bemerkt!

Nach der Schönheitsoperation hatte Denise das Gefühl, eine Zeitreise gemacht zu haben. Sie sah zehn Jahre jünger aus. Sie erhielt große Aufmerksamkeit von ihrer Familie, Freunden, Fremden und den Medien. »Das hat mir natürlich gefallen«, gesteht sie. »Ich habe gelebt wie ein Filmstar, und mein Selbstvertrauen war grenzenlos.« Sie dachte daran, ihren Mann zu verlassen und ein neues Leben zu beginnen.

Ein Jahr später kam Denise wieder zu sich und erkannte, dass es ein riesiger Fehler gewesen wäre, ihre Ehe aufzugeben. Hatte die Schönheitsoperation sie glücklicher gemacht? »Ich muss zugeben, dass es schön ist, weniger Falten zu haben«, erzählt sie. Aber auf lange Sicht hat es sie nicht glücklicher gemacht. »Die Schönheitsoperation ist nichts im Vergleich zu wirklichem Glück.«

Vielleicht haben Neil und Denise sich früher gedacht: »Wäre ich nur reich …, wäre ich nur berühmt …, wäre ich nur schön … dann wäre ich glücklich.« Und sie hätten sich getäuscht. Meine Kollegen und ich haben aus subjektiven Erkenntnissen wie denen von Neil und Denise und aus einer Unmenge wissenschaftlicher Daten eine Theorie über die wirklichen Ursachen des Glücks entwickelt – eine Theorie, die entscheidende Auswirkungen darauf hat, was Sie für Ihr Glück tun können, und zwar von heute an. Die Geschichte beginnt in einem Dorf an der Riviera Maya.

Der Schlüssel zum Glück

Im Januar 2001 reiste ich zu einer Konferenz in ein hübsches, friedliches Hotel in einem mexikanischen Örtchen namens Akumal, zwei Stunden südlich von Cancún. Unter einem Palmendach trafen sich dort rund ein Dutzend Vertreter der damals neuen »Positiven Psychologie«, um in der warmen Meeresbrise ihre aktuellsten Erkenntnisse auszutauschen und neue Ideen zu diskutieren. Es fiel mir anfangs gar nicht leicht, mich zu konzentrieren, denn ich hatte mein zwanzig Monate altes Töchterchen bei seinem Vater in Los Angeles zurückgelassen und hatte außerdem gerade erfahren, dass ich wieder schwanger war. Doch einige der Gespräche, die ich in Akumal führte, sollten meiner Arbeit eine völlig neue Richtung geben. Eine dieser Unterhaltungen führte ich mit meinen Kollegen Ken Sheldon und David Schkade. Ich hatte den beiden vor unserem Treffen eine E-Mail geschickt und sie gefragt, ob sie daran interessiert wären, gemeinsam einen Artikel zu verfassen, in dem wir die Strategien kategorisieren würden, mit denen Menschen Glück anstreben. In unserem Gespräch erkannten wir jedoch sehr schnell, dass diese Frage bis dahin kaum untersucht worden war. Nicht nur, dass Wissenschaftler kaum eine Ahnung hatten, was Menschen alles tun, um ein glücklicheres Leben zu führen, die meisten Psychologen waren zudem zutiefst pessimistisch hinsichtlich der Frage, ob wir überhaupt in der Lage seien, unser Glück dauerhaft zu steigern. Zwei neue Erkenntnisse bewegten die Wissenschaftsgemeinde damals: erstens, dass unser Glücksniveau erblich und über die Dauer unseres Lebens hinweg weitgehend konstant ist, und zweitens, dass wir eine erstaunliche Fähigkeit haben, uns an positive Veränderungen zu gewöhnen. Daher, so die Logik, könnten wir nichts tun, um dauerhaft glücklicher werden: Jeder Glücksgewinn sei nur kurzfristig, langfristig kehrten wir immer wieder zu einem »Grundniveau« zurück.

Die 40-Prozent-Lösung

Ken, David und ich hatten jedoch unsere Zweifel daran, dass dauerhaftes Glück unmöglich sein sollte. Wir beschlossen daher zu zeigen, dass diese Behauptung völlig ins Leere griff. Im Laufe der Gespräche und der gemeinsamen Arbeit der nächsten Jahre entdeckten wir schließlich die Ursachen unseres Wohlbefindens. In unserer Zusammenarbeit fanden wir heraus, von welchen Faktoren unser Glück abhängt. Diese Faktoren haben wir im folgenden Tortendiagramm zusammengestellt.7

Stellen Sie sich ein Kino mit einhundert Besuchern vor. Diese einhundert Menschen stellen ein Kontinuum des Glücks dar: Einige sind außergewöhnlich glücklich, andere weniger, und ein paar sind sehr unglücklich. Der untere rechte Ausschnitt des Tortendiagramms zeigt, dass erstaunliche 50 Prozent unseres Glücksniveaus durch einen genetisch festgelegten »Fixpunkt« bestimmt werden. Diese Erkenntnis stammt aus der Zwillingsforschung, die darauf schließen lässt, dass jeder von uns mit einem bestimmten »Glücksfixpunkt« geboren wird, den wir von unserer Mutter, unserem Vater oder beiden geerbt haben. Dieser Fixpunkt ist eine Art Nullpunkt, zu dem wir nach großen Enttäuschungen oder Triumphen immer wieder zurückkehren.8 Wenn wir mit einem Zauberstab alle einhundert Kinobesucher in genetisch identische Klone (oder eineiige Zwillinge) verwandeln könnten, dann würde sich ihr tatsächliches Glücksempfinden also immer noch unterscheiden, doch diese Unterschiede beliefen sich auf maximal 50 Prozent.

Damit wäre das Glück vergleichbar mit dem Körpergewicht. Manche Menschen sind von Natur aus schlank und halten ihr Gewicht, ohne sich allzu sehr anstrengen zu müssen.9 Im Gegensatz dazu müssen andere extrem viel dafür tun, um die gewünschte Linie zu halten, und sobald sie ein wenig in der Disziplin nachlassen, sind die Pfunde wieder drauf. Für das Glück bedeutet diese Entdeckung, dass unser Fixpunkt – egal ob hoch, mittel oder niedrig – weitgehend festlegt, wie glücklich wir im Laufe unseres Lebens sein werden.

Vielleicht noch überraschender ist die Erkenntnis, dass nur etwa 10 Prozent unseres Glücksniveaus von äußeren Umständen abhängen – davon also, ob wir arm oder reich, gesund oder krank, hübsch oder hässlich, verheiratet oder geschieden oder was auch immer sind.10 Wenn wir mit unserem Zauberstab die hundert Kinogänger in dieselben Lebens-umstände versetzen könnten (dasselbe Haus, derselbe Partner, derselbe Geburtsort, dasselbe Gesicht und dieselben Zipperlein), dann würden sich die Unterschiede ihres Glücksniveaus lediglich um mickrige 10 Prozent verringern.

Diese Schlussfolgerung wird von zahlreichen wissenschaftlichen Erkenntnissen gestützt. Befragungen zeigen, dass die reichsten US-Bürger – Menschen mit einem Jahreseinkommen von mehr als 10 Millionen US-Dollar – kaum glücklicher sind als die Angestellten und Arbeiter, die sie in ihren Unternehmen beschäftigen.11 Und obwohl Verheiratete im Durchschnitt glücklicher sind als Singles, wirkt sich eine Heirat kaum auf das persönliche Glück aus: Bei Umfragen in 16 Ländern beschrieben sich 25 Prozent der Verheirateten und 21 Prozent der Singles als »sehr glücklich«.12 Es ist erstaunlich, wie wenig Einfluss unsere Lebensumstände auf unser Wohlbefinden haben, doch Menschen wie Neil und Denise wären vermutlich kaum überrascht. So unglaublich es klingen mag, dass Dinge wie Reichtum, Schönheit und Gesundheit nur kurzfristigen und sehr begrenzten Einfluss auf unser Wohlbefinden haben, die Beweise sind eindeutig, und ich werde im Verlaufe dieses Buches verschiedene einleuchtende Erklärungen dafür geben. Doch insgesamt ist es eine gute Nachricht: Wenn wir einsehen, dass die äußeren Umstände nicht der Schlüssel zu unserem Glück sind, versetzen wir uns in die Lage, unser Glück selbst in die Hand zu nehmen.

Doch zurück zu unserer Grafik: Wenn unsere einhundert Kinobesucher sämtlich eineiige Zwillinge wären und sich in identischen Lebensumständen befänden, wären sie immer noch nicht gleich glücklich. Wenn wir unsere genetisch bestimmte Persönlichkeit und die komplexen äußeren Umstände zusammennehmen, bleiben immer noch ganze 40 Prozent unseres Glücksniveaus, die wir bislang nicht erklärt haben. Was sind diese 40 Prozent? Neben unseren Genen und Lebenssituationen bleibt ein ganz entscheidender Faktor: unser Verhalten. Daher ist der Schlüssel zum Glück nicht der genetische Eingriff oder die Suche nach Reichtum, Schönheit und besseren Verwandten, sondern unsere alltäglichen »bewussten Verhaltensweisen«. Die Grafik verdeutlicht, welches Potenzial wir damit haben: Wir haben 40 Prozent Spielraum, um unser Glück durch unsere alltäglichen Handlungen und Gedanken zu vergrößern oder zu verkleinern.13

Das ist eine großartige Nachricht. Denn das bedeutet, dass jeder von uns sehr viel glücklicher werden kann, wenn wir uns nur abschauen, wie sehr glückliche Menschen handeln und denken. In meinen Forschungsarbeiten habe ich mich intensiv mit diesem brachliegenden Potenzial zur Steigerung unseres persönlichen Glücks beschäftigt, indem ich in Experimenten glückliche und unglückliche Menschen systematisch beobachtet und verglichen habe. Hier ist eine Auswahl der Denk- und Verhaltensweisen, die ich und andere Wissenschaftler an überdurchschnittlich glücklichen Menschen erkannt haben:

Sie verbringen viel Zeit mit Familie und Freunden und pflegen und genießen diese Beziehungen.

Es fällt ihnen leicht, ihre Dankbarkeit auszudrücken für das, was sie haben.

Sie sind oft die ersten, die Kollegen und Fremden ihre Hilfe anbieten.

Sie blicken bewusst optimistisch in die Zukunft.

Sie genießen die Freuden des Lebens und versuchen, im Hier und Jetzt zu leben.

Sportliche Betätigung gehört zu ihrer wöchentlichen oder sogar täglichen Routine.

Sie verfolgen engagiert ihre Lebensziele.

Und schließlich erleben natürlich auch diese Menschen Stress, Krisen und selbst Tragödien. Sie leiden in diesen Situationen genau wie Sie und ich, und sie reagieren genauso emotional, doch ihre Geheimwaffe sind die Ausgeglichenheit und Stärke, die sie im Umgang mit Herausforderungen an den Tag legen.

In den Kapiteln 4 bis 9 werde ich ausführlicher auf die Eigenschaften, Gedanken und Handlungen eingehen, durch die sich glückliche Menschen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen auszeichnen.14

In Forschungslabors haben wir getestet, wie wir unsere Gedanken und Handlungen nutzen können, um glücklicher zu werden. Wir haben Experimente mit »Glücksinterventionen« durchgeführt, die darauf ausgelegt waren, das Glück der Versuchspersonen über ihren genetischen Fixpunkt hinaus zu steigern und dort zu halten.15 In Teil II dieses Buches werde ich ein Dutzend Glücksaktivitäten im Detail vorstellen, erklären, wie sie im Alltag funktionieren, und erläutern, warum sie funktionieren. Die Liste der Dinge, die sehr glückliche Menschen gewohnheitsmäßig tun, kann natürlich sehr einschüchternd wirken. Doch es ist gar nicht unser Ziel, sämtliche dieser Punkte abzuhaken. Das kann niemand, auf kaum jemanden trifft mehr als die Hälfte zu. Sie können sich jedoch einige dieser Aktivitäten aussuchen, die für Sie funktionieren. Sie haben es in der Hand, und Sie können Ihr Leben von heute an auf spürbare und sinnvolle Art und Weise verändern!

Damit Ihr Glücksprogramm auch zum Erfolg wird, müssen Sie Ihre Strategie klug wählen. Wie bei jeder Anstrengung, mit der Sie Ihr Leben verändern wollen, sind manche Strategien geeigneter für Sie als andere. Im Kapitel 3 finden Sie darum einen Test, mit dessen Hilfe Sie die Strategien erkennen können, die am besten zu Ihnen passen, sodass Sie vier Glücksaktivitäten auswählen können, die Ihrer Persönlichkeit, Ihren Stärken, Ihren Zielen und Ihrer gegenwärtigen Lebenssituation am besten entsprechen. Denken Sie daran, dass es bei dem Versuch, glücklicher zu werden, allein um Sie geht – um Ihre Interessen, Ihre Werte und Ihre Bedürfnisse. Wenn Sie wissen, welche Aktivitäten in Ihrem Fall am besten wirken, sind Sie dem Ziel schon ein gutes Stück näher.

Die lohnendste Anstrengung Ihres Lebens

Vermutlich ist es selbstverständlich, dass jede große Leistung im Leben – etwa das Erlernen eines Berufs, die Beherrschung einer Sportart oder die Erziehung eines Kindes – auch großen Einsatz verlangt. Trotzdem fällt es uns oft schwer, diese Erkenntnis auch auf unsere Gefühls- und Seelenleben zu übertragen. Ohne Anstrengungen fällt uns vielleicht dann und wann ein wenig Glück in den Schoß, doch es wird so kurzlebig sein wie ein längst vergessener Neujahrsvorsatz.

Sehen Sie sich nur einmal an, wie viel Zeit und Engagement viele Menschen für Fitnesstraining, Jogging, Kickboxen oder Yoga aufbringen. Wenn Sie ein glücklicherer Mensch werden wollen, müssen Sie es ganz ähnlich angehen. Mit anderen Worten: Wenn Sie dauerhaft glücklicher werden wollen, erfordert dies unablässige Veränderungen und täglichen Einsatz und Engagement. Glück ist Arbeit, doch diese »Glücksarbeit« ist vermutlich die lohnendste Anstrengung, die Sie je unternehmen werden.

Warum glücklich sein?

Aber warum soll ich so viel Einsatz bringen, um ein glücklicheres Leben zu führen? Es gibt gute Gründe, nach Glück und Erfüllung zu streben. Glück bedeutet nicht nur, dass wir uns gut fühlen, sondern hat eine Menge positiver Nebenwirkungen.16 Verglichen mit ihren weniger glücklichen Zeitgenossen sind glückliche Menschen geselliger, haben mehr Energie und sind großzügiger, hilfsbereiter und beliebter. Glückliche Menschen heiraten öfter, sie lassen sich seltener scheiden und haben ein großes Netz von Freunden und Unterstützern. Obwohl Woody Allen in seiner Komödie Der Stadtneurotiker behauptet, glückliche Menschen seien »oberflächlich und hohl« und hätten »keine Ideen und nichts Interessantes zu erzählen«, sind sie in ihrem Denken flexibler und kreativer. Sie sind produktiver am Arbeitsplatz, sie sind bessere Führungskräfte und Verhandlungsführer, und sie verdienen mehr Geld. Sie gehen besser mit Schwierigkeiten um, haben ein stärkeres Immunsystem und sind körperlich gesünder. Glückliche Menschen leben sogar länger.

Nehmen wir nur zwei Beispiele, Geld und Heirat. Der Komiker Henny Youngman sagte einmal: »Was bringt uns schon das Glück? Damit können wir uns kein Geld kaufen.« Das ist sehr lustig, aber es ist auch falsch. Eine Studie ergab, dass Menschen, die im ersten Semester ihres Studiums glücklich waren, mit Mitte 30 höhere Löhne erhielten, ohne dass sie einen Wohlstandsvorsprung gehabt hätten.17 Eine andere Studie, die Studenten über die Dauer ihres Lebens verfolgte, ergab, dass Frauen, die auf den Photos ihrer Universitätsjahrbücher ehrliche Freude zeigten, mit größerer Wahrscheinlichkeit im Alter von 27 Jahren verheiratet waren und im Alter von 52 Jahren noch eine befriedigende Ehe führten.18

Das Glück ist so wichtig, dass es sich ein ganzes Land zum Ziel gesetzt hat, das Wohlbefinden seiner Bürger zu mehren. Zugegeben, es ist ein kleines Land von der Größe der Schweiz mit rund 700 000 Einwohnern. Der König von Bhutan, dem letzten buddhistischen Königreich, das sich zwischen Indien und China an die Hänge des Himalaja schmiegt, kam zu dem Schluss, dass er der Entwicklung seines Landes am ehesten nutze, wenn er das Bruttoinlandsglück fördere und nicht das Bruttoinlandsprodukt. Dieser Nachdruck, den der König auf das Glück seiner Bürger legt, scheint der gesamten Gesellschaft Bhutans zugute zu kommen. Obwohl die meisten der Einwohner Bauern sind, die kaum mehr erzeugen, als sie für ihren eigenen Lebensunterhalt benötigen, haben sie alles, was sie brauchen – Essen auf dem Tisch und ein Gesundheitssystem für alle –, und weigern sich, Geld durch Unternehmungen zu verdienen, mit denen sie die Gesundheit und Schönheit ihrer Umwelt und ihre egalitäre Gesellschaft gefährden würden.

Das Glück scheint sich also positiv auf sämtliche Lebensbereiche auszuwirken. Wenn wir glücklicher sind, erfahren wir nicht nur mehr Freude, Zufriedenheit, Liebe, Stolz und Staunen, wir verbessern auch andere Aspekte unseres Lebens wie unsere Energie, unser Immunsystem, unser Engagement am Arbeitsplatz, unser Verhältnis zu anderen Menschen sowie unsere körperliche und geistige Gesundheit. Wenn wir glücklicher werden, steigern wir außerdem unser Selbstbewusstsein und unser Selbstwertgefühl. Und nicht nur wir selbst profitieren, wenn wir glücklichere Menschen werden, sondern auch unsere Partner, Familien, Freunde, Bekannte und die Gesellschaft als Ganzes.

2. WIE GLÜCKLICH SIND SIE – UND WARUM?

Kennen Sie einen wirklich rundum glücklichen Menschen? Einen Menschen, der in der Lage ist, die Welt durch eine rosarote Brille zu betrachten? Jemanden, der selbst in schwierigen Momenten ruhig und gelassen bleibt? Vielleicht findet sich unter Ihren Kollegen oder sogar in Ihrer Familie so jemand. Oft beneiden wir diese Menschen. Wie machen sie das nur? Warum lassen sie sich vom Stress und den Widrigkeiten des Alltags nicht genauso ärgern und beunruhigen wie wir?

Solche Menschen können uns vor allem dann frustrieren und verärgern, wenn sie sich mit denselben Schwierigkeiten und Problemen herumschlagen müssen wie wir und trotzdem glücklich wirken. Wenn Sie beide zum Beispiel von demselben Chef schikaniert werden, der bei jeder Gelegenheit herumschreit und mit nichts zufrieden ist. Oder wenn Sie beide Medizin studieren und mit derselben erdrückenden Last von Lernstoff und Prüfungen zu kämpfen haben. Oder wenn Sie beide Ihr erstes Kind bekommen haben und unter Schlafmangel, Sorgen und der Plackerei mit Ihrem Neugeborenen leiden. In solchen Situationen fühlen Sie sich erschöpft, launisch, gereizt und vielleicht sogar unglücklich und deprimiert.

Doch diesem glücklichen Menschen scheinen die Enttäuschungen, der Stress und die Schwierigkeiten nichts anhaben zu können, er rappelt sich wieder hoch und setzt ein Lächeln auf. Er sieht eine anspruchsvolle Aufgabe, wo Sie nur Bedrohungen erkennen. Er betrachtet die Dinge optimistisch und zuversichtlich, während Sie misstrauisch sind und sich niedergeschlagen fühlen. Er sprüht vor Energie und Handlungsdrang, während Sie müde und gelähmt sind.

Wirklich glückliche Menschen

Solche Menschen können uns verwirren, einschüchtern und, ja, auch abstoßen. Sie können uns entmutigen, weil wir uns fragen, was denn nur mit uns los ist. Wie können wir nur so werden wie sie? Können wir überhaupt je so glücklich sein? Das habe ich mich auch oft gefragt, und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich diese Frage nur beantworten kann, indem ich glückliche Menschen systematisch und intensiv wissenschaftlich untersuche. Wenn wir diese Menschen genau beobachten, können wir eine Menge lernen, nicht nur über sie, sondern vor allem über uns selbst.

In meinen Interviews und Experimenten habe ich Menschen kennen gelernt, die auch nach einer Tragödie oder einem schweren Rückschlag glücklich blieben oder sich rasch wieder erholten. Nehmen wir zum Beispiel die Geschichten von Angela und Ralph.

Angela

Angela ist 34 Jahre alt und einer der glücklichsten Menschen, den ich je interviewt habe – und das trotz allem, was sie mitgemacht hat.1 In ihrer Kindheit und Jugend wurde Angela von ihrer Mutter seelisch und körperlich misshandelt, und ihr Vater unternahm nichts, um ihr zu helfen. Doch sie litt nicht nur zuhause; als Teenager war sie übergewichtig und wurde deshalb in der Schule gemobbt. Als Angela in die elfte Klasse kam, erkrankte ihre Mutter an Brustkrebs, und die körperlichen Züchtigungen hatten ein Ende. Doch die seelischen Qualen wurden schlimmer denn je, bis Angela es nicht mehr aushielt und auszog, um einen Mann zu heiraten, den sie gerade einmal drei Monate zuvor kennen gelernt hatte. Sie zogen von Kalifornien in den Norden des Landes und lebten vier Jahre lang dort. Kurz nach der Geburt ihrer Tochter Ella ließ sich Angela scheiden und zog zurück nach Kalifornien, wo sie bis heute lebt.

Angela ist alleinerziehende Mutter. Finanziell geht es ihr nicht sonderlich gut. Ihr geschiedener Mann besucht die Tochter nicht und verweigert die Unterhaltszahlungen. Um die kleine Familie zu ernähren, hat sich Angela in verschiedenen Berufen versucht. Zuletzt hat sie als Kosmetikerin gearbeitet und dort das Gefühl gehabt, endlich ihren Traumjob gefunden zu haben. Dann wurde sie plötzlich entlassen, was ihre Hoffnungen genauso ruinierte wie ihre Finanzen. Sie musste Privatinsolvenz anmelden und lebte eine Zeit lang von Sozialhilfe. Heute macht sie eine Ausbildung als Krankenpflegerin an einer Pflegeschule.

Trotz dieser zahlreichen Widrigkeiten und Herausforderungen beschreibt Angela sich als einen glücklichen Menschen. Ihre Tochter Ella, zu der sie ein sehr enges Verhältnis hat, macht ihr große Freude. Zusammen lesen sie Die Chroniken von Narnia, besuchen kostenlose Konzerte und kuscheln sich ins Bett, um DVDs anzuschauen. Angela weiß, dass sie Ella nicht immer das bieten kann, was andere Kinder haben, doch sie schenkt ihrer Tochter ihre ganze Liebe. Angela hat einen ansteckenden Sinn für Humor, und wenn sie über ihre Probleme lacht – wie etwa die Zeit, während der sie von Sozialhilfe lebte, oder den Tag, an dem sie ihren Traumjob verlor –, dann ist es unmöglich, nicht mitzulachen. Sie hat viele Freunde, mit denen sie Spaß hat und die sie unterstützen. Sie empfindet tiefe Befriedigung, wenn sie anderen helfen kann, mit ihren Wunden und Traumata umzugehen, denn, so meint sie, »es ist fast unmöglich, allein mit den eigenen Schatten fertig zu werden.«

Ralph

Wie Angela ist Ralph ein Einzelkind. Zwei Menschen, die ihm nahe standen, begingen Selbstmord: Sein Vater brachte sich um, als er zwölf Jahre alt war, und fünf Jahre später nahm sich sein bester Freund das Leben. Als er in die 5. Klasse ging, verließ seine Mutter seinen Vater und nahm Ralph mit. Sie zogen weit weg von allen Menschen, die Ralph kannte, und lebten bei Roy, dem neuen Freund der Mutter. Ralph hatte und hat zwar ein außergewöhnlich gutes Verhältnis zu seiner Mutter, doch Roy nahm Ralph nicht ernst, und die beiden kamen nicht miteinander aus. Ähnlich wie Angela nahm Ralph früh Reißaus von zuhause und heiratete zu schnell und zu jung. Die Ehe war schwierig und endete, als Ralph herausfand, dass seine Frau ihn betrog. Nach der Trennung war er zunächst am Boden zerstört und hatte das Gefühl, er habe mehr Tod und Verlust erlebt, als er ertragen konnte.

Heute ist Ralph einer dieser glücklichen Menschen, die alle um sich herum zum Lächeln und Lachen bringen. Nach der Scheidung rappelte er sich wieder auf, zog in eine andere Stadt, fand eine Arbeit als Sicherheitsingenieur und verliebte sich wieder. Heute ist er 43 Jahre alt, seit drei Jahren verheiratet und Stiefvater von drei Jungen. Wie hat er das geschafft? Ralph ist ein unverbesserlicher Optimist und behauptet, er habe vor allem überlebt, weil er immer das Licht am Ende des Tunnels sieht. Obwohl viele seiner Kollegen ihre Arbeit als frustrierend und belastend empfinden, sagt er, sie erlaube ihm, über den Tellerrand hinauszublicken. Und obwohl einer seiner Freunde große Probleme mit seinen Stiefkindern hat, freut Ralph sich riesig über die Chance, Vater zu sein. Eine seiner Lieblingsbeschäftigungen besteht darin, den Jungen beim Football zuzusehen. Andere Menschen würden verbittert an eine vergleichbare Kindheit zurückdenken, doch Ralph erinnert sich an die guten Zeiten.

Welcher Typ sind Sie?

So außergewöhnlich die Geschichten von Ralph und Angela klingen mögen: Es gibt eine ganze Menge ähnlicher Menschen. Aber natürlich gibt es auch viele sehr unglückliche Menschen. Jeder von uns kennt jemanden, der auch zu guten Zeiten unglücklich wirkt, chronisch schlecht gelaunt und mürrisch ist, immer nur die negativen Seiten sieht und wenig Freude am Leben zu finden scheint.

Shannon

Shannon ist so jemand. Als ich sie kennen lernte, war sie 27 Jahre alt und studierte Lehramt für Englisch als Fremdsprache. Ihr Freund war in Italien, doch er sollte in zwei Monaten zurückkehren, und dann wollten die beiden zusammenziehen. Shannon hatte eine wenig ereignisreiche Kindheit, sie kommt aus einer stabilen und einfachen Familie und hat einige gute Freunde. Mit ihrer Familie reiste sie viel durch die USA. Als Shannon in die 8. Klasse ging, schenkte ihre Mutter ihr einen Hund namens Daisy, der heute noch lebt. Shannon erzählt, Daisy sei eine ihrer besten Freundinnen.

Obwohl ihr Leben ohne Tragödien und Traumata verlief, scheint für Shannon vieles ein Problem zu sein. Den Übergang von der Schule zur Universität erlebte sie als extrem belastend und fühlte sich oft von der schweren und weniger vertrauten Materie überfordert. Im Wohnheim teilte sie das Zimmer mit einer Kommilitonin, die zwar alles in allem sehr nett war, die jedoch einige ärgerliche Angewohnheiten hatte und zum Beispiel den Fernseher gern sehr laut stellte. Shannon fühlte sich äußerst belästigt, ging auf Distanz zu ihrer Zimmergenossin und verhielt sich immer ablehnender. Als es Shannon schließlich gelang, das Zimmer zu tauschen und mit einer jungen Frau zusammenzuziehen, mit der sie sich gut verstand, war sie zunächst überglücklich. Doch schon bald fühlte sie sich zurückgesetzt, weil ihre neue Mitbewohnerin nie da war.