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Das Glück ist flüchtig, daher packen Sie die Gelegenheit beim Schopf und reisen Sie ihm hinterher. Im Buch "#Glücksmomente in der Toskana" lernen Sie die Region aus einer neuen Perspektive kennen. Die Autoren nehmen Sie mit auf eine Reise und zeigen, welche Gerüche, Köstlichkeiten und Menschen die Toskana einzigartig machen. Finden Sie Ihre ganz persönlichen Glücksmomente an idyllischen Orten bei außergewöhnlichen Aktivitäten und besonderen Erlebnissen.
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Seitenzahl: 152
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Vorwort
DER NORDEN
Gigantischer Ausblick
Wo sich Dante und Beatrice trafen
Die Verführung von Adam und Eva
Josef bekommt Besuch
GLÜCKSTHEMA
Zuschauen und staunen
Ferragamo und die Schuhmode
Mercato Centrale, der Bauch der Stadt
GLÜCK ZUM VERSCHENKEN
Porzellan kauft man bei Ginori
Knallerei am Dom: Scoppio del Carro
Fussball-Match mit harten Bandagen
GLÜCKSTHEMA
Ein Comic für den Koch
Alte Schätzchen, echte Entdeckungen
Fabio Picchi, eine Florentiner Institution
Museum für Musikliebhaber
Dabei sein und genießen ist alles
Ein Park, der befreit
Welches Abendmahl ist eindrucksvoller?
Macht in Florenz, Pause auf dem Land
Der Berggott und die Demidoff-Villa
Der Ruhm einer Künstlerfamilie
Mundlose Gestalten im Castello
Eine Certosa wie ein Schwalbennest
Die tanzende Nonne im Chor
GLÜCKSTHEMA
Datini, der Wechsel und das liebe Geld
Prato, die Chinesen und die Moderne
Einblicke in Pratos Küche
Nach den Gladiatoren die Müßiggänger
Wächst die Nase, oder ist er ehrlich?
Andrea macht Genießer glücklich
Jugendstil und Karneval
Das hätte dem Maestro gefallen!
Nass, laut und außergewöhnlich
GLÜCKSTHEMA
Das andere weiße Gold
16 Brücken und 15 Tunnel
Gutes Pflaster für gewichtige Kunst
Bei Paola Eindruck hinterlassen
Dickflüssig, gelbgrün, köstlich
DER OSTEN
Kulisse für berühmte Filme
Über angebliche Prominenz
Unterwegs auf dem Sentiero della Bonifica
Nachhaltig wohnen und schlemmen
GLÜCKSWEG
EcoMuseo del Casentino
Leid und Liebe, Krieg und Frieden
Sich Zeit nehmen fürs Schlaraffenland
Fantastische Farbenpracht
Ein Inbild der Würde
Hinein ins Schlachtengetümmel
Edle Stoffe aus Anghiari
Genuss mit Fantasie und Tradition
GLÜCKSTHEMA
Wo die echte Chianina weidet
Castello mit Archiv
Stia und die Lodenweber
Das Einfache ist immer das Beste
Das gefiel nicht nur Franziskus
Abstieg in Chiusis Unterwelt
DAS ZENTRUM
Gütesiegel »Schwarzer Hahn«
Chianti-Rezept und Bio-Wein
Kulinarisches im alten Kloster
GLÜCKSTHEMA
Die Tradition der Teatrini toscani
Siena im Ausnahmezustand
Wasserversorgung als Kunstobjekt
Die Crete, Pilgerziel der Maler
Bei den tüchtigen Mönchen zu Gast
Ein Theater für alle
Auferstehung eines Dorfes
Golfer kennen kein schlechtes Wetter
Geascht oder in Blätter gewickelt
GLÜCKSWEG
Die besten Plätze fürs Ja-Wort
Im Trüffelland Toskana
Klein-Jerusalem von San Vivaldo
Adamo, das Gesicht des Nobile
Mit dem Aufzug ins Mittelalter
Dante sah Giganten tanzen
Die eine dunkel, die andere hell
Engel und Etruskergrab
TOP 5
Naturschutzgebiete
Weingüter
Strände an der Westküste
TOP 10
Städte
Befestigte Ortschaften
DER WESTEN
Seit über 920 Jahren in Schieflage
Große Kunst auf dem Putz
Wo Pisa baden geht
Mühlespiel gegen die Langeweile
Etruskisches unter der Schlacke
Kompaktes Mittelalter am Hang
Ein weibliches Konzept
Die Liebe zur Nonna verewigt
Saubere Energie aus der Hölle
GLÜCKSTHEMA
Der Amiata heizt ordentlich ein
Die Top Drei der Toskana-Thermen
Kleinod auf hohem Felsen
Klein-Jerusalem im Tuff
Die edle Haltung rassiger Pferde
Des Kaisers romantische Seite
Napoleon als Maskottchen
Diese Insulaner gelten als schlitzohrig
GLÜCK ZUM MITNEHMEN
Register nach Themen
Impressum
Während des Studiums der Kunstgeschichte war es unerlässlich, in die Toskana zu reisen, zur »Wiege der Renaissance«. Sehr bald wurde aus der Pflicht Liebe zu dieser halb unberührten, halb von Menschenhand geschaffenen Landschaft und ihren unermesslichen Kunstschätzen. Das bedeutete: immer wieder hinfahren auf der Suche nach Neuem, aber auch wegen der Freude des Wiedererkennens von Altbekanntem.
Ob zu Fuß, mit dem Bike oder auf dem Pferderücken über Hügel, durch Weinberge oder entlang der langen Strände – die Perspektivwechsel lohnen. Auch beim Besuch von Weingütern oder auf dem Weg von Dorf zu Dorf, die meist stolz auf einem Hügel thronen, auf einem Tuffsteinblock oder einem Berggrat, den Wind und Wetter ausgewaschen haben.
Oben angekommen, findet sich auf dem Hauptplatz mit Sicherheit ein Brunnen und nicht weit davon eine Enoteca, wo man sich niederlassen sollte – zum Genießen oder um die nächste Etappe zu planen, vielleicht in die weniger bekannte Toscana minore. Also nichts wie hin, zum ersten Mal oder immer wieder!
Ihre
Nana Claudia Nenzel und Gottfried Aigner
Florenz ist nicht nur die Hauptstadt der Region Toskana, sondern auch Wirtschaftsmetropole, Universitätsstadt und eines der wichtigsten Kunst- und Kulturzentren Italiens. Die Stadt gilt als die Wiege des Humanismus und der Renaissance. Mit Museen, deren Sammlungen Kennern den Atem rauben und unkundigere Betrachter bezaubern. Hier ist Medici-Land, die Stadt des Dichter-Dreier-Gespanns Dante, Petrarca und Boccaccio, und hier liegt auch der Geburtsort der italienischen Sprache. Das Umland verdankt den Medici die schönsten Villen: Der Mugello brachte Malergenies wie Giotto und Fra Angelico hervor und später den toskanischen Jugendstil. Meerwärts liegen urbane Schätze wie Prato, Pistoia und Lucca, an der Küste locken feinsandige Strände und in ihrem Hinterland die Marmorberge von Carrara sowie die waldgrüne, wilde Garfagnana.
Kräftige Wadenmuskeln und ein starkes Herz, keine Angst vor der Enge und Schwindelfreiheit müssen Kuppelstürmer haben. Denn die Wendeltreppe führt erbarmungslos nach oben, es gibt kein Zurück. Die erste Etappe gibt sich noch human, zunächst als Belohnung ein Blick von der Empore hinunter in das Innere der Kirche, wo tief unten die Besucher winzig wie Ameisen wirken.
Die Schmierhände aller Denkmäler der Welt werden hier nach der Generalreinigung zur Ordnung gerufen: Eine App namens Autography lädt ein, Name, Besuchsdatum und ein virtuelles Graffiti auf einem Tablet zu hinterlassen. Das Werk wird auf der Website veröffentlicht.
Doch dann wird es ernst, keuchend geht es rundherum aufwärts bis zum Sockel der Kuppel, deren Anblick noch einmal den Atem raubt. Filippo Brunelleschi (1377–1446) hat hier zwischen 1418 und 1434 ein technisches Meisterwerk der Architektur vollbracht: Ohne Bodengerüst schuf er eine frei schwebende Kuppel mit einem Innendurchmesser von 41,50 Metern. Er schlug alle Warnungen in den Wind: den Einsturz der Kuppel der Hagia Sophia in Konstantinopel (1346) ebenso wie die drohende Senkung der Baptisterium-Kuppel, die statisch verstärkt werden musste. Der Medici-Baumeister wollte die Maurerkunst der Römer wiederbeleben und in der Architektur Zeichen für eine echte Renaissance setzen. Um Zeit zu sparen, beschwerliche Auf- und Abstiege zu vermeiden, engagierte er einen Weinhändler, einen Bäcker und eine Köchin, welche die Maurer und ihre Gehilfen in einer Taverne unter der wachsenden Kuppel versorgten.
Die Kuppelinnenseite zieren Fresken mit bewegten Szenen von mehreren hundert Figuren, die sich um den von unten kaum sichtbaren Weltenrichter scharen. Georgio Vasari hat sich hier 1572 verewigt, und sein Schüler Federico Zuccari (1579) leistete sich ein paar anatomische Witze: einen Esel mit kräftigen Bärenbeinen, Meister Petz wiederum mit Hufen. Gänsehaut verursacht das Jüngste Gericht: Feixende Teufel stürzen die kreischenden Sünder kopfüber mit verrenkten Gliedern die Hölle hinab.
Dem Kuppelerklimmer stehen andere Qualen bevor: Vorbei am Abstieg, der Einbahnstraße auf der anderen Seite der Kuppel, nerven Staus, eine letzte, steile Treppe steht bevor. Wer beharrlich bleibt, zieht sich bald an den letzten Stufen mithilfe von Seilen zu einer Leiter hinauf und atmet endlich wieder reine Luft ein. Der Säulentempel an der Spitze, die Laterne, ist erreicht, 91 Meter über dem Domplatz. Dann der Blick vorbei am Campanile über die Stadt – und alle Mühe ist vergessen.
GLÜCKSVERSTÄRKER
Der Domplatz mit seinen drei großartigen Bauten – Dom, Baptisterium und Campanile (Glockenturm) – kann zusammen mit dem überarbeiteten und großartig eingerichteten Dombaumuseum mit einem gemeinsamen Ticket besichtigt werden.
Grande Museo del Duomo, https://duomo.firenze.it, https://autography.operaduomo.firenze.it
Eigentlich heißt dieses uralte Kirchlein, das von der Via Calzaiuoli aus nicht zu verfehlen ist, Santa Margherita dei Cerchi, aber in Florenz kennt man es nur als die Kirche von Dante und Beatrice. Für viele gibt es keinen Aufenthalt in Florenz ohne den Besuch dieser romantischen Stätte. Bei leiser barocker Musik wird jeder ganz still, der den bescheidenen Raum betritt. Das Grab der Beatrice Portinari, laut Legende und so steht es dort geschrieben, befindet sich unter dem Altar der Hauskapelle der Familie Portinari. Wie alt die Kapelle genau ist, weiß niemand, die Sippe der Cerchi jedenfalls hat das Patronat über sie 1353 übernommen.
Ob sich alles tatsächlich so zugetragen hat, lässt sich nicht sicher belegen, nur dass die Begegnung der beiden an dieser Stelle möglich war: Dante wohnte 20 Meter entfernt um die Ecke, und Beatrice besuchte hier die Gräber ihrer Verwandten. Der Treffpunkt zweier junger Menschen, deren Liebe gewollt und erwünscht war, aber nicht realisiert wurde.
Wen stört’s heute? Schon gar nicht die Liebespärchen, deren Wunschund Bittzettelchen ganz schön zahlreich an Beatrices Grab hängen, in der Hoffnung auf die unendliche, lebenslange Liebe oder auf das Wiederaufleben einer verlorenen Zweisamkeit.
GLÜCKSVERSTÄRKER
Mittagssnack in Florenz bedeutet Anstehen an einem Kiosk der Trippaioli, der Kuttelverkäufer an ihren angestammten Plätzen, etwa gleich links von Dantes Kirche und auf der kleinen Piazza davor. Die gekochten Innereien werden in ein Brötchen gedrückt und nach Wunsch mit salsa verde, »grüner Soße«, gewürzt.
Chiesa di Dante e Beatrice: tgl. frei zugänglich 8–12.30 und 17–19 Uhr
Schon beim Pflichtgang zur goldenen Paradiespforte am Baptisterium wartet oben links Lorenzo Ghibertis »Erschaffung des Menschen«: Auf der einen Seite hilft Gott Adam aufzustehen, in der Bildmitte entschwebt die formschöne Eva aus Adams Rücken, rechts werden die beiden beim Sündenfall erwischt und aus dem Paradies gejagt.
Das weckt die Neugier: Wo sonst noch lassen sich unsere Urahnen von der hinterlistigen Schlange verführen? An der Westseite des Campanile beginnen die Reliefs am Sockel mit der Erschaffung der beiden, im dritten Bild schwitzen sie bereits bei der Landarbeit. Auch im Dom werden Spürnasen fündig in Domenico di Michelinos »Dante und die Göttliche Komödie«. Links torkeln die Verdammten in die Hölle, in der Mitte führt der spiralförmige Weg des Läuterungsbergs die Gläubigen ins Paradies, auf der Spitze leuchten Adam und Eva, als wäre nichts geschehen.
Nächste Station: der Palazzo Vecchio. Geblendet von Michelangelos »David« und »Herkules« eilt man durch das Tor, um den zierlichen Putto mit dem spuckenden Delfin zu finden. Stopp! Schnell ein paar Schritte zurück, denn den Haupteingang flankieren zwei kleine Statuen, etwas mickrig zwar, aber immerhin aus dem Garten Eden. Nebenan versprechen die Uffizien reiche Funde: In Saal 20 hängen »Adam und Eva« von Hans Baldung (1484–1545), einem Schüler von Albrecht Dürer. Adam scheint den Apfel zu verschmähen, schaut etwas hochnäsig in den Himmel. Im selben Raum stellt es sich Lucas Cranach der Ältere (1472–1553) anders vor. Seine zierliche Eva hält den Apfel besonders verführerisch in der ausgestreckten Hand. Adam muss sich das Angebot wohl noch überlegen, kratzt sich erst mal am Hinterkopf.
Im wunderschönen gotischen Chiostro Verde, dem Kloster von Santa Maria Novella, hat Paolo Uccello (1397–1475) den Sündenfall gemalt: Die Vertreibung aus dem Garten Eden endet für Adam mit der Harke in der Hand auf dem Acker.
Jenseits des Arno hat in der Brancacci-Kapelle der Maler Masaccio (1401–1428) die Vertreibung schonungslos realistisch dargestellt: gequälte Gesichter, verschämte Gestik, dramatisch die Schritte in ein ungewisses Leben außerhalb von Eden. Im prüden 16. Jahrhundert wurde die Scham von Adam und Eva mit den Blättchen eines Zweiges bedeckt, bei der Restaurierung hat man die Dekoration entfernt. Den Unterschied zwischen Renaissance und der vorausgehenden Gotik sehen die Besucher im selben Raum mit dem Sündenfall von Masaccios Meister Masolino da Panicale (1383–1447): Die beiden Eden-Bewohner in graziöser Haltung wirken zurückhaltend und zart.
Der Palazzo Pitti zeigt in der Galeria Palatina eine außergewöhnliche Darstellung des biblischen Paares von Jacopo Bassano (1515–1592). Ein Ochse lässt vermuten, dass beide in einem Stall liegen, bequem auf einer Decke, in schönster Nacktheit einander zugewandt, ein Liebespärchen ohne Arg. Ein bevorstehender, neuer Sündenfall oder schon ein Hinweis auf den Messias?
Keine Frage: In der Sassetti-Kapelle der Kirche Santa Trinita hat Domenico Ghirlandaio (1449–1494) seine Kunst zur Vollendung gebracht. Das Einfühlungsvermögen in die Situation seiner Figuren wird besonders im Altarbild »Anbetung der Hirten« deutlich. Ein Lamm als Geschenk im Arm, betrachten die herbeigeeilten Schafhirten das Jesuskind, das der Künstler nicht auf Heu und Stroh gebettet hat, sondern auf einem seidenen Tuch, beäugt von einem bunten Distelfink. Ochs und Esel blicken mit fast menschlicher Anteilnahme auf das Kind. Das schwarze Auge des Ochsen leuchtet, der Esel blickt auf den hinter Maria liegenden Sattel – ein Hinweis auf die bevorstehende Flucht nach Ägypten? Die Gottesmutter betrachtet versonnen und glücklich das strampelnde, am Zeigefinger lutschende Baby. Und dann der alte Zimmermann, der sich als Hüter der Familie wohl etwas mehr Ruhe wünscht. Die Hirten stehen noch vor der Krippe. Josef hat den Kopf leicht nach hinten gelegt, greift sich mit seiner rechten Hand verzweifelt an die Stirn, die Augen nach oben verdreht, Bart und Haarschopf sind ergraut. Den alten Mann hat der Mut verlassen, denn auf dem Berghang im Hintergrund zieht ein Strom von Menschen zu Fuß, mit dem Wagen und zu Pferd in Richtung Stall von Bethlehem. Deutlich sind die Heiligen Drei Könige in der Menge auszumachen. Wäre in der Renaissance die Sprechblase schon erfunden gewesen, hätte in ihr bestimmt »Schon wieder Besuch!?« gestanden.
Schauen Sie sich über dem genialen Altarbild auch das Fresko »Franziskus von Assisi erweckt einen Knaben zum Leben« an, um Ghirlandaio besser kennenzulernen. Seinen Namen trug er seit der Zeit als Goldschmied, seine Spezialität waren damals sogenannte Girlanden, der Kopfschmuck der Florentiner Damenwelt. Wie andere Künstler der Renaissance ging auch Ghirlandaio dazu über, auf seinen Werken statt der Signatur sich selbst darzustellen. Die Künstler hatten ihren Platz in der Gesellschaft gefunden und dokumentierten mit den Porträts ihr gestiegenes Selbstbewusstsein. So gesellt sich Ghirlandaio auch im oben erwähnten Fresko zur Reihe einiger Berühmtheiten der Stadt Florenz. In der Männergruppe rechts an einem Pfeiler steht Ghirlandaio im blauroten Gewand und rotem Überwurf sowie einer roten Malerkappe. Der Künstler schaut den Betrachtern direkt in die Augen. Wie schade, dass Ghirlandaio, mitten im Schaffen, im Alter von nur 45 Jahren starb, wahrscheinlich an der Pest.
GLÜCKSVERSTÄRKER
Gleich bei der Trinita beginnt die vielleicht edelste Einkaufsstraße der Stadt, die Via Tornabuoni mit feinen Boutiquen im Erdgeschoss der riesigen Paläste, in denen oben Architekten und Versicherungen residieren. Darunter reihen sich Tiffany und Saint Laurent, Prada und Gucci aneinander – und schräg gegenüber der Kirche Salvatore Ferragamo mit seinem Schuhmuseum.
Selbstbewusstsein hat hier Tradition: Die Florentiner Handwerker hatten sich im Mittelalter in Zünften organisiert und besaßen Mitspracherecht in der Stadtregierung. Einige ihrer bottege, wie die Werkstätten auf Italienisch heißen, sind bis heute südlich des Arno in den Vierteln Santo Spirito, San Frediano und San Niccolo erhalten geblieben. Die Meister, rund 20 an der Zahl, lassen sich dort von Besuchern gern über die Schulter schauen. Einige Beispiele:
In der Via Romana 58 demonstriert Omero Benvenuti, wie ein Ledereinband für Bücher oder Agenden entsteht. Dafür benutzt er, wie es seine Vorgänger seit dem 16. Jahrhundert taten, Schablonen, um das von Hand kunstvoll marmorierte Papier zuzuschneiden. Für den Buchrücken verwendet Benvenuti Leder und steckt alles zusammen in die schwere Presse zum Trocknen.
An der Piazza Santo Spirito 12 wird in den Obergeschossen mit Metall gearbeitet: Hier stanzt Giuliano Ricchi im Laboratorium des verstorbenen Carlo Cecchi traditionelle Muster, dazu gehören Wappenlilien. Die perforierten Edelstahlplatten benutzt er dann als Matrizen für die Pressung von Feinblechen, die mit farbigem Emaille bei 800 Grad Celsius »gebacken« werden. So zaubert Giuliano kleine und größere Löffel, Döschen, Rahmen und vieles mehr, hauptsächlich im Auftrag bekannter Edelmarken wie Poggi, Dior und Nina Ricci. Hier in der Werkstatt zuzugreifen bedeutet, etwa ein Drittel des üblichen Preises zu zahlen …
Gianni Raffaelli in seinem L’Ippografo in der Via Santo Spirito 5 ist eher ein Künstler als ein Kunsthandwerker. Der Kupferstecher hat es längst zu internationalem Ruhm mit seinen Arbeiten gebracht, auch wenn er für die Florenz- oder Venedig-Veduten Vorlagen benutzt. Die Details seiner Druckplatten entstehen in mühsamer Geduldsarbeit an den Kupferplatten wie vor 500 Jahren.
In der Via Bartolini 4 nahe der Porta San Frediano befindet sich eine regelrechte kleine Fabrik, die schon früh Königshöfe und Patrizierhäuser belieferte: Das Antico Setificio Fiorentino ist, wie der Name schon verrät, eine Seidenmanufaktur. Die Webstühle stammen noch aus dem 17. bis frühen 20. Jahrhundert und lassen die Produktion von höchstens 60 Zentimetern pro Tag zu. Die kostbaren Seidenarbeiten haben freilich ihren Preis – wie wäre es denn wenigstens mit einem kleinen Kissen?
GLÜCKSVERSTÄRKER
Bewunderung macht durstig – und so bietet sich die Einkehr in das wunderbare Weinlokal Il Santo Bevitore an, übersetzt heißt das der »heilige Trinker«: Hier wartet eine heimelige Atmosphäre, die Speisekarte ist stets von jungen Künstlern gestaltet, es gibt wechselnde Florentiner Tagesgerichte und offene Weine. Via Santo Spirito 64/66r, www.ilsantobevirore.com. Nebenan in der Hausnummer 60 lockt die Vineria Il Santino den ganzen Tag über zu einer Weinpause mit Häppchen.
www.firenze-oltrarno.net
Was Salvatore Ferragamo (1898 bis 1960) geleistet hat, zeigen nicht nur die tollen Auslagen im hoch aufragenden Palazzo Spini Feroni an der Piazza Trinità, sondern vor allem die ständige Ausstellung von 15 000 Schuhmodellen aus aller Welt in dem Museum, das im Sockelgeschoss des Stammhauses eingerichtet ist. Darunter finden sich Holzformen der Füße seiner berühmtesten Kunden, genauer gesagt, Kundinnen. Seine liebsten waren wohl Marilyn Monroe, Greta Garbo und Audrey Hepburn; diesen Schluss lassen die Modelle zu. Die Diven konnten so aus dem fernen Amerika ihre Bestellungen aufgeben, ohne anprobieren zu müssen – Maestro Ferragamo hatte ja alles, was er für eine neue Kreation brauchte.
Die Hollywood-Stars kannte er aus seiner Zeit in Amerika, wo er bald nach der Ankunft 1915 Schuhe für die Filmbranche fertigte. Doch die USA waren irgendwie nicht sein Ding. 1927 kehrte er nach Italien zurück, siedelte seine Werkstatt in Florenz an, ab 1938 im famosen mittelalterlichen Palazzo Spini Feroni, wo in den 1950er-Jahren gekrönte Häupter und der internationale Jetset eingekleidet wurden. Sie alle kamen in die Showrooms Ferragamos, um vor Ort seine neuen, für ihre Qualität und den Einfallsreichtum bekannten Kreationen zu bewundern und zu bestellen.
Die ersten Schuhe hatte der spätere italienische Star-Designer im Alter von neun Jahren für seine Schwester genäht, und bei der Handarbeit blieb es im Ferragamo-Imperium, das nicht nur Schuhe produziert, sondern auch Kleidung für die Damen- und Herrenwelt und dazu weitere passende Accessoires wie Taschen, Tücher, Gürtel und Schmuck. Allein die Auslagen sind den Weg hierher wert, erst recht das Museum. Und wer sich’s leisten kann, wird sicher passende Schuhe finden …