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Grundlegung zur Metaphysik der Sitten Immanuel Kant - Die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten ist ein Buch von Immanuel Kant, das im Jahr 1785 erschien. Es ist die erste grundlegende Schrift Kants zur Ethik, die er im schon recht hohen Alter von 61 Jahren veröffentlichte. Kants eigentliche Schrift zur Ethik ist die Kritik der praktischen Vernunft. Deren Argumentation ist in der GMS bereits in Grundzügen entwickelt. Das Buch entstand noch unter der Regierung von Friedrich dem Großen.
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Die alte griechische Philosophie teilte sich in drei Wissenschaften ab: Die Physik, die Ethik und die Logik. Diese Einteilung ist der Natur der Sache vollkommen angemessen, und man hat an ihr nichts zu verbessern, als etwa nur das Prinzip derselben hinzu zu tun, um sich auf solche Art teils ihrer Vollständigkeit zu versichern, teils die notwendigen Unterabteilungen richtig bestimmen zu können.
Alle Vernunfterkenntnis ist entweder material und betrachtet irgend ein Objekt; oder formal und beschäftigt sich bloß mit der Form des Verstandes und der Vernunft selbst und den allgemeinen Regeln des Denkens überhaupt ohne Unterschied der Objekte. Die formale Philosophie heißt Logik, die materiale aber, welche es mit bestimmten Gegenständen und den Gesetzen zu tun hat, denen sie unterworfen sind, ist wiederum zwiefach. Denn diese Gesetze sind entweder Gesetze der Natur, oder der Freiheit. Die Wissenschaft von der ersten heißt Physik, die der andern ist Ethik; jene wird auch Naturlehre, diese Sittenlehre genannt.
Die Logik kann keinen empirischen Teil haben, d. i. einen solchen, da die allgemeinen und notwendigen Gesetze des Denkens auf Gründen beruhten, die von der Erfahrung hergenommen wären; denn sonst wäre sie nicht Logik, d. i. ein Kanon für den Verstand oder die Vernunft, der bei allem Denken gilt und demonstriert werden muss. Dagegen können sowohl die natürliche, als sittliche Weltweisheit jede ihren empirischen Teil haben, weil jene der Natur als einem Gegenstande der Erfahrung, diese aber dem Willen des Menschen, so fern er durch die Natur affiziert wird, ihre Gesetze bestimmen muss, die erstern zwar als Gesetze, nach denen alles geschieht, die zweiten als solche, nach denen alles geschehen soll, aber doch auch mit Erwägung der Bedingungen, unter denen es öfters nicht geschieht.
Man kann alle Philosophie, so fern sie sich auf Gründe der Erfahrung fußt, empirische, die aber, so lediglich aus Prinzipien a priori, ihre Lehren vorträgt, reine Philosophie nennen. Die letztere, wenn sie bloß formal ist, heißt Logik; ist sie aber auf bestimmte Gegenstände des Verstandes eingeschränkt, so heißt sie Metaphysik.
Auf solche Weise entspringt die Idee einer zwiefachen Metaphysik, einer Metaphysik der Natur und einer Metaphysik der Sitten. Die Physik wird also ihren empirischen, aber auch einen rationalen Teil haben; die Ethik gleichfalls, wiewohl hier der empirische Teil besonders praktische Anthropologie, der rationale aber eigentlich Moral heißen könnte.
Alle Gewerbe, Handwerke und Künste haben durch die Verteilung der Arbeiten gewonnen, da nämlich nicht einer alles macht, sondern jeder sich auf gewisse Arbeit, die sich ihrer Behandlungsweise nach von andern merklich unterscheidet, einschränkt, um sie in der größten Vollkommenheit und mit mehrerer Leichtigkeit leisten zu können. Wo die Arbeiten so nicht unterschieden und verteilt werden, wo jeder ein Tausendkünstler ist, da liegen die Gewerbe noch in der größten Barbarei. Aber ob dieses zwar für sich ein der Erwägung nicht unwürdiges Objekt wäre, zu fragen: ob die reine Philosophie in allen ihren Teilen nicht ihren besonderen Mann erheische, und es um das Ganze des gelehrten Gewerbes nicht besser stehen würde, wenn die, so das Empirische mit dem Rationalen dem Geschmacke des Publikums gemäß nach allerlei ihnen selbst unbekannten Verhältnissen gemischt zu verkaufen gewohnt sind, die sich Selbstdenker, andere aber, die den bloß rationalen Teil zubereiten, Grübler nennen, gewarnt würden, nicht zwei Geschäfte zugleich zu treiben, die in der Art, sie zu behandeln, gar sehr verschieden sind, zu deren jedem vielleicht ein besonderes Talent erfordert wird, und deren Verbindung in einer Person nur Stümper hervorbringt: so frage ich hier doch nur, ob nicht die Natur der Wissenschaft es erfordere, den empirischen von dem rationalen Teil jederzeit sorgfältig abzusondern und vor der eigentlichen (empirischen) Physik eine Metaphysik der Natur, vor der praktischen Anthropologie aber eine Metaphysik der Sitten voranzuschicken, die von allem Empirischen sorgfältig gesäubert sein müssten, um zu wissen, wie viel reine Vernunft in beiden Fällen leisten könne, und aus welchen Quellen sie selbst diese ihre Belehrung a priori schöpfe, es mag übrigens das letztere Geschäfte von allen Sittenlehrern (deren Name Legion heißt) oder nur von einigen, die Beruf dazu fühlen, getrieben werden.
Da meine Absicht hier eigentlich auf die sittliche Weltweisheit gerichtet ist, so schränke ich die vorgelegte Frage nur darauf ein: ob man nicht meine, dass es von der äußersten Notwendigkeit sei, einmal eine reine Moralphilosophie zu bearbeiten, die von allem, was nur empirisch sein mag und zur Anthropologie gehört, völlig gesäubert wäre; denn dass es eine solche geben müsse, leuchtet von selbst aus der gemeinen Idee der Pflicht und der sittlichen Gesetze ein. Jedermann muss eingestehen, dass ein Gesetz, wenn es moralisch, d. i. als Grund einer Verbindlichkeit, gelten soll, absolute Notwendigkeit bei sich führen müsse; dass das Gebot: du sollst nicht lügen, nicht etwa bloß für Menschen gelte, andere vernünftige Wesen sich aber daran nicht zu kehren hätten, und so alle übrige eigentliche Sittengesetze; dass mithin der Grund der Verbindlichkeit hier nicht in der Natur des Menschen, oder den Umständen in der Welt, darin er gesetzt ist, gesucht werden müsse, sondern a priori lediglich in Begriffen der reinen Vernunft, und dass jede andere Vorschrift, die sich auf Prinzipien der bloßen Erfahrung gründet, und sogar eine in gewissem Betracht allgemeine Vorschrift, so fern sie sich dem mindesten Teile, vielleicht nur einem Bewegungsgrunde nach auf empirische Gründe stützt, zwar eine praktische Regel, niemals aber ein moralisches Gesetz heißen kann.
Also unterscheiden sich die moralischen Gesetze samt ihren Prinzipien unter allem praktischen Erkenntnisse von allem übrigen, darin irgend etwas Empirisches ist, nicht allein wesentlich, sondern alle Moralphilosophie beruht gänzlich auf ihrem reinen Teil, und auf den Menschen angewandt, entlehnt sie nicht das mindeste von der Kenntnis desselben (Anthropologie), sondern gibt ihm, als vernünftigem Wesen, Gesetze a priori, die freilich noch durch Erfahrung geschärfte Urteilskraft erfordern, um teils zu unterscheiden, in welchen Fällen sie ihre Anwendung haben, teils ihnen Eingang in den Willen des Menschen und Nachdruck zur Ausübung zu verschaffen, da dieser, als selbst mit so viel Neigungen affiziert, der Idee einer praktischen reinen Vernunft zwar fähig, aber nicht so leicht vermögend ist, sie in seinem Lebenswandel in concreto wirksam zu machen.
Eine Metaphysik der Sitten ist also unentbehrlich notwendig, nicht bloß aus einem Bewegungsgrunde der Spekulation, um die Quelle der a priori in unserer Vernunft liegenden praktischen Grundsätze zu erforschen, sondern weil die Sitten selber allerlei Verderbnis unterworfen bleiben, so lange jener Leitfaden und oberste Norm ihrer richtigen Beurteilung fehlt. Denn bei dem, was moralisch gut sein soll, ist es nicht genug, dass es dem sittlichen Gesetze gemäß sei, sondern es muss auch um desselben willen geschehen; widrigenfalls ist jene Gemäßheit nur sehr zufällig und misslich, weil der unsittliche Grund zwar dann und wann gesetzmäßige, mehrmals aber gesetzwidrige Handlungen hervorbringen wird. Nun ist aber das sittliche Gesetz in seiner Reinigkeit und Echtheit (woran eben im Praktischen am meisten gelegen ist) nirgend anders, als in einer reinen Philosophie zu suchen, also muss diese (Metaphysik) vorangehen, und ohne sie kann es überall keine Moralphilosophie geben; selbst verdient diejenige, welche jene reine Prinzipien unter die empirischen mischt, den Namen einer Philosophie nicht (denn dadurch unterscheidet diese sich eben von der gemeinen Vernunfterkenntnis, dass sie, was diese nur vermengt begreift, in abgesonderter Wissenschaft vorträgt), viel weniger einer Moralphilosophie, weil sie eben durch diese Vermengung sogar der Reinigkeit der Sitten selbst Abbruch tut und ihrem eigenen Zwecke zuwider verfährt.
Man denke doch ja nicht, dass man das, was hier gefordert wird, schon an der Propädeutik des berühmten Wolff vor seiner Moralphilosophie, nämlich der von ihm so genannten allgemeinen praktischen Weltweisheit, habe, und hier also nicht eben ein ganz neues Feld einzuschlagen sei. Eben darum, weil sie eine allgemeine praktische Weltweisheit sein sollte, hat sie keinen Willen von irgend einer besondern Art, etwa einen solchen, der ohne alle empirische Bewegungsgründe, völlig aus Prinzipien a priori, bestimmt werde, und den man einen reinen Willen nennen könnte, sondern das Wollen überhaupt im Betrachtung gezogen mit allen Handlungen und Bedingungen, die ihm in dieser allgemeinen Bedeutung zukommen, und dadurch unterscheidet sie sich von einer Metaphysik der Sitten, eben so wie die allgemeine Logik von der Transszendentalphilosophie, von denen die erstere die Handlungen und Regeln des Denkens überhaupt, diese aber bloß die besondern Handlungen und Regeln des reinen Denkens, d. i. desjenigen, wodurch Gegenstände völlig a priori erkannt werden, vorträgt. Denn die Metaphysik der Sitten soll die Idee und die Prinzipien eines möglichen reinen Willens untersuchen und nicht die Handlungen und Bedingungen des menschlichen Wollens überhaupt, welche größtenteils aus der Psychologie geschöpft werden. Dass in der allgemeinen praktischen Weltweisheit (wiewohl wider alle Befugnis) auch von moralischen Gesetzen und Pflicht geredet wird, macht keinen Einwurf wider meine Behauptung aus. Denn die Verfasser jener Wissenschaft bleiben ihrer Idee von derselben auch hierin treu; sie unterscheiden nicht die Bewegungsgründe, die als solche völlig a priori bloß durch Vernunft vorgestellt werden und eigentlich moralisch sind, von den empirischen, die der Verstand bloß durch Vergleichung der Erfahrungen zu allgemeinen Begriffen erhebt, sondern betrachten sie, ohne auf den Unterschied ihrer Quellen zu achten, nur nach der größeren oder kleineren Summe derselben (indem sie alle als gleichartig angesehen werden) und machen sich dadurch ihren Begriff von Verbindlichkeit, der freilich nichts weniger als moralisch, aber doch so beschaffen ist, als es in einer Philosophie, die über den Ursprung aller möglichen praktischen Begriffe, ob sie auch a priori oder bloß a posteriori stattfinden, gar nicht urteilt, nur verlangt werden kann.
Im Vorsatze nun, eine Metaphysik der Sitten dereinst zu liefern, lasse ich diese Grundlegung vorangehen. Zwar gibt es eigentlich keine andere Grundlage derselben, als die Kritik einer reinen praktischen Vernunft, so wie zur Metaphysik die schon gelieferte Kritik der reinen spekulativen Vernunft. Allein teils ist jene nicht von so äußerster Notwendigkeit als diese, weil die menschliche Vernunft im Moralischen selbst beim gemeinsten Verstande leicht zu großer Richtigkeit und Ausführlichkeit gebracht werden kann, da sie hingegen im theoretischen, aber reinen Gebrauch ganz und gar dialektisch ist: teils erfordere ich zur Kritik einer reinen praktischen Vernunft, dass, wenn sie vollendet sein soll, ihre Einheit mit der spekulativen in einem gemeinschaftlichen Prinzip zugleich müsse dargestellt werden können, weil es doch am Ende nur eine und dieselbe Vernunft sein kann, die bloß in der Anwendung unterschieden sein muss. Zu einer solchen Vollständigkeit konnte ich es aber hier noch nicht bringen, ohne Betrachtungen von ganz anderer Art herbeizuziehen und den Leser zu verwirren. Um deswillen habe ich mich statt der Benennung einer Kritik der reinen Vernunft der von einer Grundlegung zur Metaphysik der Sitten bedient.
Weil aber drittens auch eine Metaphysik der Sitten ungeachtet des abschreckenden Titels dennoch eines großen Grades der Popularität und Angemessenheit zum gemeinen Verstande fähig ist, so finde ich für nützlich, diese Vorarbeitung der Grundlage davon abzusondern, um das Subtile, was darin unvermeidlich ist, künftig nicht fasslichern Lehren beifügen zu dürfen.
Gegenwärtige Grundlegung ist aber nichts mehr, als die Aufsuchung und Festsetzung des obersten Prinzips der Moralität, welche allein ein in seiner Absicht ganzes und von aller anderen sittlichen Untersuchung abzusonderndes Geschäfte ausmacht. Zwar würden meine Behauptungen über diese wichtige und bisher bei weitem noch nicht zur Genugtuung erörterte Hauptfrage durch Anwendung desselben Prinzips auf das ganze System viel Licht und durch die Zulänglichkeit, die es allenthalben blicken lässt, große Bestätigung erhalten: allein ich musste mich dieses Vorteils begeben, der auch im Grunde mehr eigenliebig, als gemeinnützig sein würde, weil die Leichtigkeit im Gebrauche und die scheinbare Zulänglichkeit eines Prinzips keinen ganz sicheren Beweis von der Richtigkeit desselben abgibt, vielmehr eine gewisse Parteilichkeit erweckt, es nicht für sich selbst, ohne alle Rücksicht auf die Folge, nach aller Strenge zu untersuchen und zu wägen.
Ich habe meine Methode in dieser Schrift so genommen, wie ich glaube, dass sie die schicklichste sei, wenn man vom gemeinen Erkenntnisse zur Bestimmung des obersten Prinzips desselben analytisch und wiederum zurück von der Prüfung dieses Prinzips und den Quellen desselben zur gemeinen Erkenntnis, darin sein Gebrauch angetroffen wird, synthetisch den Weg nehmen will. Die Einteilung ist daher so ausgefallen:
1. Erster Abschnitt: Übergang von der gemeinen sittlichen Vernunfterkenntnis zur philosophischen.
2. Zweiter Abschnitt: Übergang von der populären Moralphilosophie zur Metaphysik der Sitten.
3. Dritter Abschnitt: Letzter Schritt von der Metaphysik der Sitten zur Kritik der reinen praktischen Vernunft.
Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille. Verstand, Witz, Urteilskraft und wie die Talente des Geistes sonst heißen mögen, oder Mut, Entschlossenheit, Beharrlichkeit im Vorsatze als Eigenschaften des Temperaments sind ohne Zweifel in mancher Absicht gut und wünschenswert; aber sie können auch äußerst böse und schädlich werden, wenn der Wille, der von diesen Naturgaben Gebrauch machen soll und dessen eigentümliche Beschaffenheit darum Charakter heißt, nicht gut ist. Mit den Glücksgaben ist es eben so bewandt. Macht, Reichtum, Ehre, selbst Gesundheit und das ganze Wohlbefinden und Zufriedenheit mit seinem Zustande unter dem Namen der Glückseligkeit machen Mut und hierdurch öfters auch Übermut, wo nicht ein guter Wille da ist, der den Einfluss derselben aufs Gemüt und hiermit auch das ganze Prinzip zu handeln berichtige und allgemein-zweckmäßig mache; ohne zu erwähnen, dass ein vernünftiger unparteiischer Zuschauer sogar am Anblicke eines ununterbrochenen Wohlergehens eines Wesens, das kein Zug eines reinen und guten Willens ziert, nimmermehr ein Wohlgefallen haben kann, und so der gute Wille die unerlässliche Bedingung selbst der Würdigkeit glücklich zu sein auszumachen scheint.
Einige Eigenschaften sind sogar diesem guten Willen selbst beförderlich und können sein Werk sehr erleichtern, haben aber dem ungeachtet keinen innern unbedingten Wert, sondern setzen immer noch einen guten Willen voraus, der die Hochschätzung, die man übrigens mit Recht für sie trägt, einschränkt und es nicht erlaubt, sie für schlechthin gut zu halten. Mäßigung in Affekten und Leidenschaften, Selbstbeherrschung und nüchterne Überlegung sind nicht allein in vielerlei Absicht gut, sondern scheinen sogar einen Teil vom innern Werte der Person auszumachen; allein es fehlt viel daran, um sie ohne Einschränkung für gut zu erklären (so unbedingt sie auch von den Alten gepriesen worden). Denn ohne Grundsätze eines guten Willens können sie höchst böse werden, und das kalte Blut eines Bösewichts macht ihn nicht allein weit gefährlicher, sondern auch unmittelbar in unsern Augen noch verabscheuungswürdiger, als er ohne dieses dafür würde gehalten werden.
Der gute Wille ist nicht durch das, was er bewirkt oder ausrichtet, nicht durch seine Tauglichkeit zur Erreichung irgend eines vorgesetzten Zweckes, sondern allein durch das Wollen, d. i. an sich, gut und, für sich selbst betrachtet, ohne Vergleich weit höher zu schätzen als alles, was durch ihn zu Gunsten irgend einer Neigung, ja wenn man will, der Summe aller Neigungen nur immer zu Stande gebracht werden könnte. Wenn gleich durch eine besondere Ungunst des Schicksals, oder durch kärgliche Ausstattung einer stiefmütterlichen Natur es diesem Willen gänzlich an Vermögen fehlte, seine Absicht durchzusetzen; wenn bei seiner größten Bestrebung dennoch nichts von ihm ausgerichtet würde, und nur der gute Wille (freilich nicht etwa als ein bloßer Wunsch, sondern als die Aufbietung aller Mittel, so weit sie in unserer Gewalt sind) übrig bliebe: so würde er wie ein Juwel doch für sich selbst glänzen, als etwas, das seinen vollen Wert in sich selbst hat. Die Nützlichkeit oder Fruchtlosigkeit kann diesem Werte weder etwas zusetzen, noch abnehmen. Sie würde gleichsam nur die Einfassung sein, um ihn im gemeinen Verkehr besser handhaben zu können, oder die Aufmerksamkeit derer, die noch nicht genug Kenner sind, auf sich zu ziehen, nicht aber um ihn Kennern zu empfehlen und seinen Wert zu bestimmen.
Es liegt gleichwohl in der Idee von dem absoluten Werte des bloßen Willens, ohne einigen Nutzen bei Schätzung desselben in Anschlag zu bringen, etwas so Befremdliches, dass unerachtet aller Einstimmung selbst der gemeinen Vernunft mit derselben dennoch ein Verdacht entspringen muss, dass vielleicht bloß hochfliegende Phantasterei insgeheim zum Grunde liege, und die Natur in ihrer Absicht, warum sie unserm Willen Vernunft zur Regiererin beigelegt habe, falsch verstanden sein möge. Daher wollen wir diese Idee aus diesem Gesichtspunkte auf die Prüfung stellen.