Gullivers Reisen - Jonathan Swift - E-Book

Gullivers Reisen E-Book

Jonathan Swift

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Beschreibung

Beileibe kein Kinderbuch ist »Gullivers Reisen« in der Originalfassung. Mit Schiffbruch und Fesselung durch die Lilliputaner beginnt das fantastische Abenteuer des Seemanns Gulliver und zugleich Swifts überaus scharfzüngige Gesellschaftssatire. Der große irische Schriftsteller spielt virtuos mit verschiedenen literarischen Stilen und vermengt äußerst originell Ausschnitte der Lebenswirklichkeit seiner Zeit mit fantastisch-märchenhaften Motiven. Die sagenhaften Gestalten, denen Gulliver auf seinen abenteuerlichen Reisen begegnet, werden für immer unvergesslich bleiben. Mit zahlreichen Illustrationen von Grandville.

  • Für alle »Swifties«
  • Neuausgabe des irischen Klassikers
  • Die Übersetzung der ungekürzten satirischen und gesellschaftskritischen Originalausgabe
  • Ursprünglich war das Buch nicht als Kinderbuch angelegt

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Seitenzahl: 496

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Jonathan Swift

Gullivers Reisen

Jonathan Swift

Gullivers Reisen

Roman

Aus dem Englischen von Franz Kottenkamp

Illustrationen von Grandville

Anaconda

Titel der englischen Originalausgabe: Travels into Several Remote Nations of the World in four Parts. By Lemuel Gulliver, First a Surgeon and Then a Captain of Several Ships. Erstdruck: London (Benjamin Motte) 1726 (2 Bde.).

Die Übersetzung von Franz Kottenkamp erschien zuerst 1839 in zwei Bänden und mit 450 Bildern und Vignetten von Grandville bei Krabbe in Stuttgart. Sie wurde für diese Ausgabe behutsam überarbeitet von Jens Knipp.

 

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2012 Anaconda Verlag GmbH, Köln

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagmotiv: Nadir Quinto (1918–1994), »Gulliver’s Travels«,

Private Collection / © Look and Learn / bridgemanart.com

Umschlaggestaltung: www.katjaholst.de

eISBN 978-3-7306-9114-4

ISBN 978-3-86647-858-9

www.anacondaverlag.de

[email protected]

Inhalt

Der Herausgeber an den Leser

Ein Brief von Kapitän Gulliver an seinen Vetter Sympson

Erster Teil

Eine Reise nach Lilliput

Zweiter Teil

Eine Reise nach Brobdingnag

Dritter Teil

Eine Reise nach Laputa, Balnibarbi, Luggnagg, Glubbdubdrib und Japan

Vierter Teil

Eine Reise in das Land der Houyhnhnms

Der Herausgeber an den Leser

Lemuel Gulliver, der Verfasser dieser Reisen, ist mein alter, enger Freund, auch verwandtschaftliche Beziehungen bestehen zwischen uns von mütterlicher Seite. Vor etwa drei Jahren kaufte Herr Gulliver, der des Besuches neugieriger Leute in seinem Haus in Redriff müde wurde, etwas Land mit einem geeigneten Haus nahe bei Newark in Nottinghamshire, seinem Heimatland, wo er jetzt zurückgezogen, aber von seinen Nachbarn sehr geachtet, lebt.

Obwohl Herr Gulliver in Nottinghamshire geboren wurde, wo sein Vater wohnte, habe ich ihn doch sagen hören, daß seine Familie aus Oxfordshire stamme; zur Bestätigung dessen habe ich auf dem Friedhof zu Banbery in jener Grafschaft mehrere Grabsteine und Denkmäler der Gullivers gesehen. Bevor er Redriff verließ, vertraute er mir die folgenden Papiere zu meiner freien Verfügung an. Ich habe sie sorgfältig dreimal durchgelesen. Der Stil ist sehr klar und einfach; der einzige Fehler, den ich finde, ist, daß der Verfasser nach Art der Reisenden ein wenig zu umständlich vorgeht. Über dem Ganzen liegt ein Schimmer offensichtlicher Wahrheit; und wirklich war der Verfasser wegen seiner Wahrheitsliebe so berühmt, daß es unter seinen Nachbarn in Redriff zur sprichwörtlichen Redensart wurde zu sagen: »Es ist so wahr, als ob Herr Gulliver es gesagt hätte«, wenn einer etwas behauptete.

Auf Anraten mehrerer ehrenwerter Personen, denen ich mit des Verfassers Erlaubnis diese Papiere mitteilte, wage ich es jetzt, sie in die Welt hinausgehen zu lassen in der Hoffnung, daß sie wenigstens für eine Zeitlang für unsere jungen Edelleute eine bessere Unterhaltung sein mögen als das übliche Geschreibsel über Politik und Gesellschaft.

Dieser Band wäre mindestens zweimal so umfangreich geworden, hätte ich es nicht gewagt, zahllose Stellen zu streichen, die von Wind, Ebbe und Flut handeln wie auch von den Kursänderungen und Positionen mehrerer Reisen; ebenso die ausführlichen Schilderungen der Führung eines Schiffes bei Sturmwetter in der Seemannssprache; desgleichen die Erwähnung von Längen- und Breitengraden. Hier glaube ich befürchten zu müssen, daß Herr Gulliver etwas unzufrieden sein wird; aber ich war entschlossen, das Werk so weit als möglich der allgemeinen Aufnahmefähigkeit der Leser anzupassen. Wenn mich jedoch meine eigene Unkenntnis in Seeangelegenheiten zu einigen Fehlern verleitet haben soll, so bin ich dafür allein verantwortlich; und wenn ein Reisender darauf versessen ist, das ganze umfangreiche Werk, wie es aus der Hand seines Verfassers kam, zu sehen, so bin ich bereit, ihm Genüge zu tun.

Für alle weiteren Einzelheiten über den Verfasser wird der Leser aus den ersten Seiten dieses Buches zur vollen Befriedigung schöpfen können.

Richard Sympson

Ein Brief von Kapitän Gulliver an seinen Vetter Sympson

Ich hoffe, daß Du, sooft Du dazu aufgefordert werden solltest, bereit bist, öffentlich anzuerkennen, daß Du mich durch Deine wiederholte dringende Bitte veranlaßt hast, einen sehr losen und ungenauen Bericht über meine Reise zu veröffentlichen in der Absicht, einen jungen Mann von dieser oder jener Universität zu gewinnen, um sie zu ordnen und den Stil zu verbessern, so wie es mein Vetter Dampier auf meinen Rat in seinem Buch »Eine Reise um die Welt« tat. Aber ich erinnere mich nicht, daß ich Dir die Ermächtigung gab, irgendwelchen Auslassungen oder gar Hinzufügungen zuzustimmen; daher erkläre ich hier mit Bezug auf letztere, daß ich nichts mit ihnen zu tun habe, besonders nicht mit einem Abschnitt über Ihre Majestät, die Königin Anna, hochseligen und ruhmreichen Andenkens, obwohl ich sie wirklich mehr verehrte und achtete als irgend jemanden. Aber Du oder Dein Textfälscher hätten bedenken sollen, daß, da es nicht meiner Neigung entsprach, es auch nicht schicklich war, irgendein Lebewesen unserer Art über meinen Meister Houyhnhnm hinaus zu loben; und zudem war der Sachverhalt gänzlich falsch; denn meines Wissens – ich war während eines Teils der Regierung Ihrer Majestät in England – regierte sie wirklich durch einen Premierminister, ja sogar durch zwei aufeinanderfolgende, von denen der erste Lord Godolphin und der zweite Lord Oxford war; so daß Du mich also etwas hast sagen lassen, was gar nicht zutrifft. In gleicher Weise hast Du in dem Bericht über die Akademie der Plänemacher und an mehreren Stellen meiner Unterredung mit meinem Meister Houyhnhnm entweder wesentliche Umstände weggelassen oder sie derart zerhackt oder verändert, daß ich kaum mein eigenes Werk wiedererkenne. Wenn ich Dich früher auf so etwas in einem Brief aufmerksam machte, antwortetest Du freundlicherweise, daß Du befürchtetest, beleidigend zu wirken, daß einflußreiche Leute sehr über die Presse wachten und imstande seien, nicht nur etwas herauszulesen, sondern auch alles zu bestrafen, was wie eine Anspielung aussah (so nennst Du es wohl). Aber, bitte, wie konnte das, was ich vor so vielen Jahren sprach und in einer Entfernung von über 5000 Meilen, in einem anderen Reich, bezogen werden auf einen der Yahoos, die jetzt die Herde regieren sollen; besonders zu einer Zeit, da ich wenig von dem Unglück unter ihnen zu leben hielt oder befürchtete? Habe ich nicht den meisten Grund, mich zu beklagen, wenn ich sehe, wie gerade diese Yahoos von Houyhnhnms in einem Fahrzeug gefahren werden, als ob diese das wilde Vieh und jene die vernunftbegabten Geschöpfe wären? Und wirklich, die Vermeidung eines so ungeheuren und verabscheuungswürdigen Anblicks war ein Hauptbeweggrund dafür, daß ich mich hierher zurückzog.

So viel schien mir erwähnenswert für Dich selbst und für das von mir in Dich gesetzte Vertrauen.

An zweiter Stelle beklage ich mich über meinen eigenen großen Mangel an Urteilskraft, da ich durch die Bitten und falschen Beweisführungen von Deiner und anderer Seite sehr gegen meine eigene Meinung dazu gebracht wurde, die Veröffentlichung meiner Reisen zu dulden. Bitte, erinnere Dich, wie oft ich wünschte, Du würdest, wenn Du auf dem Motiv des öffentlichen Wohles bestündest, bedenken, daß die Yahoos eine Gattung von Lebewesen waren, die ausgesprochen unfähig waren, sich durch Vorschrift oder Beispiel verbessern zu lassen; und so hat es sich auch erwiesen; denn anstatt wenigstens auf dieser kleinen Insel zu sehen, wie all den Mißbräuchen und Verderbnissen Einhalt geboten wurde, was ich mit gutem Grund erwarten konnte, kann ich – sieh da, nach halbjähriger Warnung – nicht in Erfahrung bringen, daß mein Buch einen einzigen zweckentsprechenden Erfolg hervorgebracht hat. Ich hatte gewünscht, Du würdest mich durch einen Brief wissen lassen, wenn die Parteien und Fraktionen ausgelöscht seien; die Richter gebildet und aufrecht; die Verteidiger ehrbar und bescheiden und mit einem Anstrich von gesundem Menschenverstand, und Pyramiden von Gesetzesbüchern auf dem Smithfield-Platz verbrannt; der jungen Adligen Erziehung gänzlich geändert; die Ärzte verbannt; die weiblichen Yahoos an Tugend, Ehre, Wahrheit und Takt überströmend; Höfe und Empfänge großer Minister gründlich ausgerottet und weggefegt; Witz, Verdienst und Wissenschaft belohnt; alle Beschimpfer der Presse in Prosa und Dichtung dazu verurteilt, nichts als ihr eigenes Gespinst zu essen und ihren Durst mit ihrer eigenen Tinte zu löschen. Auf diese und eintausend andere Reformen rechnete ich fest dank Eurer Förderung, da sie in der Tat aus den in meinem Buch gegebenen Anleitungen leicht zu bewerkstelligen waren. Und es muß zugegeben werden, daß sieben Monate eine hinreichende Zeit waren, um alle Laster und Torheiten, denen die Yahoos unterworfen sind, zu heilen, wenn nur ihre Natur der geringsten Neigung zur Tugend oder Klugheit fähig gewesen wäre. Indes bist Du so weit davon entfernt gewesen, meinen Erwartungen in einem Deiner Briefe zu entsprechen, daß Du im Gegenteil jede Woche unseren Boten mit Schmähschriften, Schlüsseln, Reflexionen und Memoiren sowie Fortsetzungen überhäufst; worin ich mich selbst der üblen Nachrede über große Staatsmänner, der Herabwürdigung der Menschennatur (denn so nennen sie es noch vertrauensvoll) und des Mißbrauchs des weiblichen Geschlechts angeklagt sehe. Auch finde ich, daß die Schreiber jener Bündel von Schriften unter sich selbst nicht einig sind; denn einige von ihnen wollen nicht zugeben, daß ich der Verfasser meiner eigenen Reisen bin, und andere wieder machen mich zum Verfasser von Büchern, mit denen ich gar nichts zu tun habe.

Ferner finde ich, daß Dein Drucker so nachlässig gewesen ist, daß er die Zeiten und Daten meiner verschiedenen Reisen und Heimfahrten verwechselt und vertauscht hat, indem er weder die richtige Jahreszahl noch den richtigen Monat, noch den Monatstag einsetzt; und ich höre, daß das Originalmanuskript seit der Veröffentlichung meines Buches ganz zerstört ist; auch habe ich keine Kopie übrig. Ich habe Dir aber einige Korrekturen gesandt, die Du einfügen kannst, wenn jemals eine zweite Auflage in Frage kommen sollte; und doch kann ich nicht darauf bestehen, sondern muß diese Sache meinen urteilsfähigen und aufrichtigen Lesern überlassen, sie nach ihrem Gutdünken in Ordnung zu bringen.

Ich hörte, daß einige unserer See-Yahoos meine Seesprache tadeln als in vieler Hinsicht nicht angemessen und jetzt außer Gebrauch. Ich kann daran nichts ändern. Auf meinen ersten Reisen, als ich noch jung war, wurde ich von den ältesten Seeleuten unterrichtet und lernte sprechen wie sie. Aber seitdem habe ich bemerkt, daß die See-Yahoos wie die Land-Yahoos geneigt sind, in ihren Worten erneuerungssüchtig zu werden, welch letztere sie jährlich ändern, und zwar so sehr, daß, wie ich mich erinnere, bei jeder Rückkehr in meine Heimat ihr alter Dialekt so verändert war, daß ich kaum den neuen verstehen konnte. Und ich beobachtete, daß, wenn Yahoos von London kommen, um aus Neugier mich in meinem Heim zu besuchen, wir beide außerstande sind, unsere Gedanken in einer dem anderen verständlichen Weise auszudrücken.

Wenn die Kritik der Yahoos mich irgendwie treffen könnte, so hätte ich allen Grund, mich darüber zu beklagen, daß einige von ihnen so dreist sind, mein Reisebuch nur für eine Einbildung meines eigenen Gehirnes zu halten; und einige sind sogar so weit gegangen, die Bemerkung fallenzulassen, daß die Houyhnhnms und Yahoos kein bißchen mehr Existenz besitzen als die Einwohner von Utopia.

Ich muß wirklich gestehen, daß ich im Hinblick auf die Leute von Lilliput, Brobdingrag (denn so sollte das Wort geschrieben werden und nicht irrtümlicherweise Brobdingnag) und Laputa noch niemals von einem Yahoo gehört habe, der so anmaßend gewesen wäre, ihr Dasein oder die auf sie bezüglichen Tatsachen in Zweifel zu ziehen; weil die Wahrheit jedem Leser sofort mit Überzeugungskraft in die Augen springt. Und liegt vielleicht weniger Wahrscheinlichkeit in meinem Bericht von den Houyhnhnms oder Yahoos, wenn es, was letztere betrifft, offenbar ist, daß es so viele Tausende sogar in diesem Land gibt, die sich von ihren ungeschlachten Brüdern in Houyhnhnms-Land nur dadurch unterscheiden, daß sie eine Art Geplapper anwenden und nicht nackt gehen? Ich schrieb zu ihrer Besserung und nicht zu ihrer Billigung. Das vereinigte Lob der ganzen Rasse wäre für mich von geringerer Bedeutung als das Wiehern jener beiden entarteten Houyhnhnms, die ich in meinem Stall habe, weil ich von diesen, so degeneriert sie auch sind, immer noch etwas in einigen makellosen Tugenden für meine Besserung lernen kann.

Sollten diese elenden Geschöpfe wirklich meinen, ich sei so entartet, um meine Wahrheitsliebe zu verteidigen? Ich bin nun einmal ein Yahoo, und jeder weiß im ganzen Houyhnhnm-Land, daß ich durch die Belehrungen und das Beispiel meines erlauchten Meisters imstande war, im Lauf von zwei Jahren (obwohl, wie ich gestehe, mit der größten Schwierigkeit) jene teuflische Gewohnheit von mir abzulegen, die zutiefst im Seelengrund meiner sämtlichen Artgenossen, besonders der Europäer, verwurzelt ist: die Gewohnheit des Lügens, Überlistens, Täuschens und der zweideutigen Rede.

Bei dieser verdrießlichen Gelegenheit hätte ich noch andere Klagen vorzubringen, aber ich unterlasse es, mir selbst oder Dir noch weiteren Kummer zu bereiten. Ich muß offen gestehen, daß seit dem letzten Mal einige Verdorbenheiten der Yahoo-Natur in mir wieder aufgelebt sind, und zwar durch den Umgang mit einigen ihrer Vertreter und besonders – wie ganz unvermeidlich – mit denen meiner eigenen Familie; sonst hätte ich niemals ein so verrücktes Projekt wie das der Besserung der Yahoo-Rasse in diesem Königreiche versucht; aber ich bin nun für immer und ewig fertig mit solchen Zukunftsplänen.

2. April 1727

ERSTER TEIL

Eine Reise nach Lilliput

Erstes Kapitel

Der Verfasser gibt Nachricht von seiner Person und seiner Familie. Seine erste Veranlassung zu Reisen. Er leidet Schiffbruch, sucht sich durch Schwimmen zu retten, erreicht wohlbehalten den Strand von Lilliput, wird gefangengenommen und in das Innere des Landes gebracht.

Mein Vater besaß ein kleines Gut in Nottinghamshire; ich war der dritte seiner fünf Söhne. Mit dem vierzehnten Jahr wurde ich auf Emanuel-College in Cambridge geschickt, wo ich drei Jahre lang blieb und fleißig studierte. Die damit verbundenen Kosten waren jedoch für das kleine Vermögen meines Vaters zu groß, obgleich ich nur einen unbedeutenden Wechsel erhielt; deshalb wurde ich bei Herrn James Bates, einem ausgezeichneten Wundarzt der Hauptstadt London, in die Lehre gegeben, bei dem ich drei Jahre lang blieb. Von Zeit zu Zeit schickte mir mein Vater kleine Geldsummen, die ich auf das Erlernen der Schiffahrtskunde und auf das Studium anderer mathematischer Wissenschaften verwandte, deren Kenntnis für diejenigen durchaus notwendig ist, die große Reisen unternehmen wollen; ich hegte immer ein gewisses Vorgefühl, dies werde früher oder später mein Schicksal sein. Als ich Herrn Bates verließ, kehrte ich zu meinem Vater zurück und erhielt von ihm, meinem Onkel James und einigen anderen Verwandten die Summe von 43 Pfund. Zugleich wurden mir 30 Pfund jährlich versprochen, so daß ich nach Leiden ziehen konnte. Dort studierte ich zwei Jahre und sieben Monate Medizin. Ich wußte, daß mir dies auf großen Reisen von Nutzen sein würde.

Bald nach meiner Rückkehr aus Leiden erhielt ich durch die Empfehlung meines guten Lehrers Bates die Stelle eines Wundarztes auf der »Schwalbe«, deren Kapitän der kommandierende Abraham Pannel war. Mit diesem Schiffe machte ich einige Reisen nach der Levante und anderen Gegenden. Nach meiner Rückkehr beschloß ich, mich in London niederzulassen, wozu mich auch Herr Bates ermutigte, nachdem er mich mehreren seiner Patienten empfohlen hatte. Ich mietete mir ein Stockwerk eines kleines Hauses in Old Jewry, und da man mir riet, den Junggesellenstand aufzugeben, verheiratete ich mich mit Maria Burton, der zweiten Tochter des Strumpfhändlers Edmund Burton in der Newgate Street, durch die ich 60 Pfund Mitgift erhielt.

Nach zwei Jahren starb aber mein guter Lehrer Bates. Ich hatte nur wenig Freunde, und somit verschlechterte sich auch mein Geschäft, denn mein Gewissen erlaubte mir nicht, in meiner Praxis gelegentlich unerlaubte Handlungen vorzunehmen, wie dies bei so vielen meiner Kollegen üblich ist. Nachdem ich deshalb eine lange Beratung mit meiner Frau und mehreren meiner Bekannten gehalten hatte, beschloß ich, wieder zur See zu gehen. Ich war Wundarzt auf zwei Schiffen und machte sechs Jahre lang verschiedene Reisen nach Ostindien und Amerika, wodurch ich mein Vermögen etwas vermehrte. In meinen Mußestunden las ich die besten älteren und neueren Schriftsteller, denn ich hatte stets eine nicht unbedeutende Anzahl Bücher mitgenommen; war ich ans Land gegangen, so beobachtete ich die Sitten und Charaktere der verschiedenen Nationen und erlernte ihre Sprachen, wozu ich durch die Stärke meines Gedächtnisses befähigt war.

Da die letzte dieser Reisen nicht sehr glücklich verlief, wurde ich des Seefahrens müde und beschloß, bei meiner Frau und meiner Familie zu bleiben. Ich zog aus der Old Jewry in die Fetter Lane und von da nach Wapping, denn ich hoffte, mir unter den dortigen Matrosen eine ärztliche Praxis einzurichten; allein diese Veränderung schlug nicht zu meinem Vorteil aus. Nachdem ich drei Jahre auf eine Besserung meiner Lage gewartet hatte, erhielt ich von Kapitän William Prichard, dem Eigentümer der »Antilope«, die im Begriff war, nach der Südsee abzusegeln, ein vorteilhaftes Anerbieten. Wir fuhren am 4. Mai 1699 von Bristol ab, und unsere Reise war anfangs glücklich.

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