Harder. Deeper. More. - Carina Darani - E-Book
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Harder. Deeper. More. E-Book

Carina Darani

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  • Herausgeber: venusbooks
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Endlich Urlaub – endlich Zeit für Verführung! Der Hot-Romance-Sammelband »Harder. Deeper. More.« von Carina Darani jetzt als eBook bei venusbooks. Lass dich verwöhnen an den schönsten Orten der Welt … Das Karibik-Ressort »Club Nouvelle« ist bekannt für seine freizügigen Gäste – und Isis ist bereits voller Vorfreude auf die Abenteuer, die sie hier erleben wird. Doch mit einem so dominanten Mann wie Hugh hätte selbst sie nicht gerechnet … Danny erlebt derweil auf dem traumhaften Weingut Castel d’Astore eine Überraschung: Plötzlich steht sie vor dem heißblütigen Italiener Enea, der für sie tabu sein sollte – sie aber vom ersten Moment an in seinen Bann zieht … Und Kira? Die entdeckt das Paradies der Sünde: ein Schloss, in dem Live-Rollenspiele dazu einladen, die geheimsten Fantasien auszuleben … auch mit dem ebenso arroganten wie attraktiven Ivo Besarion? Drei provozierend sinnliche Romane für Genießerinnen und Genießer, die den Flirt mit der Gefahr lieben – und das Spiel mit der Unterwerfung … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Sammelband »Harder. Deeper. More.« von Carina Darani vereint die die Romane der »Hot Date«-Serie: »Hot Date: Ein wilder Urlaub«, »Hot Date: Ein prickelndes Spiel« und »Hot Date: Eine aufregende Nacht« – ein Lesevergnügen für die erotischen Bestseller von Blanka Lipińska und E.L. James. Lesen ist sexy: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 536

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Über dieses Buch:

Lass dich verwöhnen an den schönsten Orten der Welt … Das Karibik-Ressort »Club Nouvelle« ist bekannt für seine freizügigen Gäste – und Isis ist bereits voller Vorfreude auf die Abenteuer, die sie hier erleben wird. Doch mit einem so dominanten Mann wie Hugh hätte selbst sie nicht gerechnet … Danny erlebt derweil auf dem traumhaften Weingut Castel d’Astore eine Überraschung: Plötzlich steht sie vor dem heißblütigen Italiener Enea, der für sie tabu sein sollte – sie aber vom ersten Moment an in seinen Bann zieht … Und Kira? Die entdeckt das Paradies der Sünde: ein Schloss, in dem Live-Rollenspiele dazu einladen, die geheimsten Fantasien auszuleben … auch mit dem ebenso arroganten wie attraktiven Ivo Besarion?

Über die Autorin:

Über die Autorin:

Carina Darani lebt im Südosten Deutschlands. Tagsüber geht die exzessive Leserin einem ganz normalen Beruf nach – am Feierabend widmet sie sich ihrer wahren Leidenschaft: dem Schreiben von erotischen Romanen.

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eBook-Sammelband-Originalausgabe April 2022

Ein eBook des venusbooks-Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Die in diesem Sammelband vorliegenden Romane erschienen ursprünglich unter den Titeln »Hot Date: Der wilde Urlaub«, »Hot Date: Ein prickelndes Spiel« und »Hot Date: Das unschuldige Call-Girl« als Originalausgabe in der venusbooks GmbH, München. 2017 erfolgte eine Neuausgabe unter den nun verwendeten Titeln in der dotbooks GmbH, München.

Copyright © der in diesem Sammelband enthaltenen Originalausgaben 2015 venusbooks GmbH, München.

Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2022 venusbooks-Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von shutterstock.com

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ts)

ISBN 978-3-96898-157-4

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des venusbooks-Verlags

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***

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Carina Darani

Harder. Deeper. More.

Drei Romane in einem eBook:»Hot Date – Ein wilder Urlaub«»Hot Date – Ein prickelndes Spiel«»Hot Date – Eine aufregende Nacht«

venusbooks

HOT DATEEin wilder Urlaub

Erleben Sie unvergessliche Abenteuer im Club Nouvelle …

Wegfliegen, ausspannen und mit allen Sinnen genießen: Davon träumt die junge Isis schon lange. Kurzentschlossen bucht sie eine ganz besondere Reise in ein karibisches Luxus-Ressort, das für seine freizügigen Gäste berühmt ist – und berüchtigt! Doch obwohl die Auswahl an attraktiven Männern groß ist, gibt es für Isis vom ersten Moment an nur einen: den attraktiven, durchtrainierten Schotten Hugh. Er will sie verführen. Er will sie verwöhnen. Und er wird sie mehr als einmal überraschen …

Kapitel 1

Isis drehte sich seitlich, damit ihr weiter Tüllrock nicht mit den Angeln der ausgehängten Tür in Konflikt geriet, und balancierte das Tablett in die winzige Küche. So elegant die Räume des Clubs King‑Fischer auch eingerichtet waren, den Servicebereich hätte der Innenarchitekt ruhig ein wenig großzügiger planen können. Hinter der Theke im Bordbistro eines ICE war mehr Platz, allerdings wollte Alex vermutlich nicht wirklich hier kochen. Für diese Party hatte sie ja auch auf Catering gesetzt, und das Fingerfood war Spitzenklasse. Isis schmeckte das Würfelchen Madeira-Jus auf dem Cracker mit Geflügellebercreme noch auf der Zunge. Doch das Beste war, dass sie ausdrücklich alles probieren durfte, worauf sie Lust bekam, und diese freundliche Erlaubnis schloss auch die Gäste mit ein. Die meisten kannten sich lange, auch intim, es war eine sehr private Party, zu der Alex praktisch nur enge Freunde eingeladen hatte. Lauter Paare; sie und Alex waren die einzigen Singles, wobei sie als Service-Fee eigentlich nicht mitzählte.

»Hallo, wen haben wir denn hier?« Eine warme Hand lag auf einmal leicht auf ihrer Schulter, das clubinterne Zeichen, dass der Mann (Mike, er war mit Sine gekommen) an ihr interessiert war. Seine Finger wanderten hinauf, massierten sanft ihre Halskuhle. »Was ist mit Grace passiert? Du bist neu hier, oder?«

»Grace hat sich einen Bänderriss zugezogen«, sagte sie und löste sich von ihm. »Tut mir leid, Mike. Ich bin zurzeit off Limits. Erstens muss ich arbeiten …«, Gelächter und Stimmengewirr drangen aus dem Salon bis zu ihr, die Getränkewünsche der Damen und Herren hielten sie gut auf Trab, »… und zweitens habe ich am Rosenmontag überraschend den letzten Termin bei Joost van Dyke bekommen.«

Man sagte einem der besten Tätowierer der Welt nicht ab. Sie schlug vorsichtig den Tüllrock etwas hoch, um Mike den riesigen Folienverband zu zeigen, der ihre Hüfte und einen Teil des Oberschenkels zum Sperrgebiet machte. »Stehen geht gut, und hinsetzen kann ich mich zur Not auch. Aber du siehst …«

Wenn sie die Beine auch nur etwas breiter machte, ziepte es zum Erbarmen. Sie hatte es vorhin probiert. Vielleicht konnte er sie lecken, wenn er sehr vorsichtig war. Doch herrlicher, schmutziger Sex war heute einfach nicht drin. Sie legte den Kopf ein wenig schief und lächelte ihn an.

»Sehr schade«, sagte er. »Dann vielleicht ein andermal. Wir sehen uns, im Salon.«

»Gern.« Sie seufzte, als sie sich umdrehte und die gebrauchten Gläser in die Spülmaschine räumte. Die, die Alex gekauft hatte, war ein Gastronomiegerät und viel schneller als jede für den Privathaushalt. In zwanzig Minuten wäre alles erledigt. Isis startete das Programm, wischte das Tablett sauber, stellte einen neuen Satz Sektflöten auf und holte eine neue Flasche Prosecco aus dem Kühlschrank. Sie bewegte beim Öffnen vorsichtig die brennenden Zehen. Die High Heels, die genau wie das Kostüm aus Alex’ Fundus stammten, waren echte Mörderteile. Als sie vor einigen Stunden hineingeschlüpft war, hatten sie perfekt gesessen. Aber sie schätzte, dass ihre Füße inzwischen von Schuhgröße 38 auf mindestens 42 angeschwollen waren.

Plopp, der Korken löste sich, und Prosecco schäumte ihr entgegen. Etlichen Gästen war es im Lauf des Abends zweifellos auch schon gekommen. Sie lächelte bei diesem Gedanken. Alex’ Freunde waren alle wirklich nett, aber das Ganze, der Club, war ihr doch noch ziemlich neu und ungewohnt. Sie half gern aus der Klemme und versorgte alle mit Getränken, zugegeben auch aus Neugier. Was Sex und wechselnde Partner anging, war sie auch keine Heilige, und sie bekam in dieser Hinsicht hier einiges mit. Doch sie hatte bis gestern wirklich nicht geahnt, was sich hinter dem Türschild mit dem Code-Zahlenfeld gegenüber von Alex’ Physiotherapie‑Praxis verbarg. Oder dass ihre Freundin, die sich tagsüber kompetent um Muskelverspannungen und andere Probleme des Bewegungsapparats kümmerte, an drei Abenden in der Woche als Gastgeberin für wilde Sex-Partys fungierte. Und hätte sich Grace, die Studentin, die den Job als Service-Fee sonst machte, nicht jenen Bänderriss zugezogen, wüsste sie es wahrscheinlich immer noch nicht.

Hoffentlich passierte ihr das nicht auch noch; Isis rieb vorsichtig einen Knöchel. Was wäre sie froh, wenn sie endlich aus den High Heels steigen durfte. Sie stützte sich kurz mit beiden Händen auf dem Tresen ab und entlastete ihre Zehen. Trotzdem mochte sie die Erfahrung nicht missen. Es hatte sich gelohnt, Alex zuzusagen, als die vorsichtig gefragt hatte, ob sie sich vorstellen könnte, bei einer Faschingsfete in einem Swingerclub Getränke zu servieren. Isis mochte Männer und Sex, und wie Alex ganz richtig gesagt hatte, ein bisschen was ging immer. »Selbst für das Personal.«

Ja, schön wär’s! Ihre rechte Hüfte und ein Stück Oberschenkel fühlten sich an wie nach einem schweren Sonnenbrand oder einer massiven Hautaufschürfung, was es im Endeffekt ja auch war. Einen Teil des Motivs konnte sie schon herzeigen, von der Schulter bis zum Nabel war die Ranke längst perfekt gestochen und verheilt. Doch Joost hatte ihr wieder empfohlen – und sie wusste inzwischen, dass er das nicht ohne Grund sagte –, dass sie den Folienverband auf dem Tattoo achtundvierzig Stunden nicht anfassen sollte. Das bedeutete aber, dass sie vor morgen Mittag noch nicht einmal duschen konnte.

Sie holte das Kühl-Pad aus dem Schrank, das sie vorsorglich zwischen dem Vorrat Prosecco deponiert hatte, und drückte es vorsichtig unter dem Tüllrock gegen ihr Bein. Wie gut, dass alle Gäste Verständnis für ihr kleines Problem zeigten. Alle hielten sich an das Motto des Clubs: Alles kann, nichts muss. Bis auf Dirk, den neuen Freund von Kira, aber der war echt ein Honk.

Dass ihre Schulfreundin Kira Swingerclubs besuchte, und noch dazu ausgerechnet den von Alex, war der andere Augenöffner des Abends. Erstaunlich, was man sogar noch nach Jahrzehnten über Menschen erfuhr, die man eigentlich ewig kannte. Aber sie musste endlich weitermachen. Isis legte das Pad weg und schenkte die Gläser voll. Sie bewegte noch einmal die Zehen. Sobald sie Alex erwischte, würde sie fragen, ob sie nicht in bequemere Schuhe wechseln durfte. Sicher, die High Heels verlängerten ihre Beine ins Unendliche, doch sie konnte allmählich nicht mehr stehen. Der Sekt reichte auch nicht. Sie holte eine zweite Flasche aus dem Schrank und hörte dadurch zu spät, dass sich jemand an sie angeschlichen hatte. Bevor sie noch reagieren konnte, wurde sie schon von hinten umklammert und mit der wunden Hüfte gegen die Schubläden der Unterschränke gepresst.

»Hey, Göttin, Überraschung! Immer noch beim Nein?« Dirk rieb sich an ihr.

»Lass mich in Ruhe.« Sie machte sich los. Die frische Tätowierung an ihrer Hüfte brannte jetzt wieder richtig. »Herzlichen Dank, Dirk! Du hast voll die Verletzung erwischt!«

»Mann, hab dich nicht so! Wer schön sein will, muss leiden!«

Er war inzwischen total betrunken, und sie war zu müde, um es ihm ein drittes, nein, viertes Mal zu erklären. Unabhängig davon, dass er für sie sowieso nicht in Frage kam. Doch leider interessierte das Kiras Freund wenig, und jetzt, in seinem Zustand, wurde er noch begriffsstutziger. »Dann wenigstens einen Kuss.«

Er roch nach Fusel und Sex, und sie drehte den Kopf weg, und als er auch noch versuchte, ihr unter den Rock zu greifen, schlug sie ihm auf die Finger. »Dirk! Ich sagte NEIN!«

»Dann zieh dich nicht so aufreizend an. Blöde Pute!«

Sie trug heute passend zu ihrer Rolle ein Zofen-Gewand von Alex, ein schwarzes Schnürmieder und darüber ein transparentes Chiffonblüschen, durch das man ihre Nippel und eine der blauen Blüten des Tattoos sah. Zum Kostüm gehörte außerdem ein weiter, fast knöchellanger Tüllrock, der ab der Taille aufsprang und bei jedem Schritt enthüllte, dass sie unten ohne lief. Doch so prickelnd sie es auch fand, dass sie kein Höschen trug – und auch gar keines auf der frischen Tätowierung ertrug – und wie gern sie sich jetzt auch hätte streicheln, lecken, ficken lassen –, von Dirk nicht. Sie wilderte gern, aber nicht in Kiras Revier. Kira war ihre Freundin seit Kindertagen, und Dirk ein blöder Hund. Da sie den ganzen Abend zwischen Salon und Bar im Erdgeschoss und dem ersten Stock serviert hatte, wo die Sauna, der Whirlpool und die Spielwiesen lagen, wusste sie, dass er es dort mit wenigstens drei Frauen getrieben hatte. Während es für Kira genau wie für sie beim Zuschauen geblieben war, wenn auch aus anderen Gründen.

Dirk war inzwischen richtig wütend. »Tu nicht so scheinheilig. Bleibt doch praktisch alles in der Familie. Oder hast du noch nie mit dem Freund einer Freundin herumgemacht?«

Hatte sie tatsächlich nicht. »Dirk, du bist besoffen.«

»Was ist hier los?« Auf einmal stand Alex hinter ihm, und nach seinem schlagartig kalkweißen Gesicht zu schließen und wie stocksteif er auf einmal dastand, hatte sie ihn an den Eiern. »Dirk, du bist hier mein Gast. Du kennst die Regeln. Benimm dich, oder du fliegst raus!« Sie blickte mit gerunzelter Stirn an ihm vorbei zu Isis. »Alles in Ordnung, Liebchen?«

»Ja.« Sie schüttelte den Tüllrock aus, nahm das Tablett mit den Gläsern und trug es in den Salon. Schön, dass Alex sie verteidigt hatte. Dirk trottete ihnen jetzt friedlich hinterher. Besser gesagt, er hielt wenigstens den Mund. Doch was immer inzwischen im offenen Bereich des Clubs geschehen war, musste das Fass für Kira zum Überlaufen gebracht haben. Vielleicht hatte sie auch den Vorfall in der Küche mitbekommen. Sie war bereits umgezogen, dabei musste ihr jemand geholfen haben, und sie hielt Dirks Jacke in der Hand und seine Autoschlüssel »Wir gehen!«

Sie war auf seinen Wunsch in einem bodenlangen Kleid aus goldenem Latex erschienen, das wie eine Wurstpelle an ihr saß. Sie konnte darin nur ganz kleine Schritte machen und sich kaum setzen, erst recht nicht bücken. Vorhin hatte sie Isis herausschälen müssen, damit sie auf die Toilette gehen konnte. Aber das Latex-Ding machte eine phantastische Figur … und hatte Kira genau wie Isis daran gehindert, sich einem Mann hinzugeben. Zuerst hatte sie gedacht, es sei irgendein Rollenspiel der beiden, doch wie sie es jetzt interpretierte, war Dirk einfach nur fies. Gleichberechtigung schien für ihn zu bedeuten, dass er Kira in den Swingerclub mitnahm und verhinderte, dass sie auch ihren Spaß hatte. Doch das waren streng genommen nicht Isis’ Sorgen. Sie war zu erledigt, um dem Ganzen weiter Aufmerksamkeit zu schenken, außerdem winkte ihr gerade Julius Cäsar. Das heißt, der Gast in Toga und Lorbeerkranz.

Den schwenkte er jetzt neckisch vor seinen Genitalien, und sie machte einen Schritt auf ihn zu … und stolperte. Irgendetwas war zwischen ihre Füße geraten, sie verlor vollends das Gleichgewicht und fiel. Die Gläser und das Tablett krachten scheppernd und klirrend zu Boden. Sie schrie, ein Mann lachte gehässig, und Alex wurde zur Furie.

»Dirk, du Arschloch! Raus hier! Lass dich hier nie wieder sehen! Und eine Anzeige wegen Körperverletzung überlege ich mir noch.«

Isis war zu verwirrt, um ganz auf die Reihe zu kriegen, was abging. Doch sie merkte, dass sie hochgehoben wurde. Kräftige Hände stellten sie wieder auf die Füße.

»Vorsicht, hier sind überall Scherben!« Der Besitzer der Hände, ein freundlicher Enddreißiger, der zur Piratenweste Boxershorts, einen Goldohrring und ein im Nacken geknotetes Kopftuch trug, lächelte sie an und bückte sich über ihr rechtes Bein. »Lass mich das ansehen. Ich bin Arzt.« Er berührte ihr Knie. »Das sieht nach einem bösen Schnitt aus. Komm mit, das haben wir gleich.«

Sie ließ sich fortführen, ihr Knie brannte jetzt, und der Pirat redete beruhigend auf sie ein. Aber sie hörte trotzdem, dass in ihrem Rücken eine hitzige Debatte ausbrach. Etliche Gäste ergriffen Partei für sie, Alex und Kira schimpften, und Dirk giftete zurück, aber er wurde niedergeschrien. Kurz darauf fiel die Wohnungstür ins Schloss, und Isis begriff langsam, im Nachhinein, dass ihr Dirk ein Bein gestellt hatte. Ihr war ein bisschen schlecht, das Knie tobte, und etwas Warmes rann ihr Schienbein hinab.

»Wir sind gleich da!« Sie nickte und hinkte am Arm des Arztes in die Küche, einfach nur noch dankbar, als er sie um die Taille packte und ohne Umstände auf die Arbeitsplatte setzte. Er schlug ihren Rock hoch. »Halt das mal.«

Sie versank bis über die Nase im Tüll, der Rock nahm ihr die Sicht, und sie zuckte zusammen, als Finger ihre Wade umschlossen. Seine andere Hand berührte ihren Oberschenkel. »Das ist ein interessantes Tattoo. Sind das Seerosenstengel und Blätter? Frisch gestochen, stimmt’s? Und die Blütenblätter, die deinen rechten Nippel umgeben, sind auch ein Teil davon?«

»Ja. Die Ranke läuft von der Schulter herunter.«

»Respekt, das würde ich ja gern mal vollständig sehen!« Warme Finger fassten nach ihrer Kniekehle. »Kannst du das Bein ein bisschen anheben? Ich würde mich gern um die Verletzung kümmern und dabei ein bisschen ins Paradies linsen.« Er stockte. »Schade, ich hatte auf ein Intim-Piercing gehofft. Da steh ich nämlich drauf. Aber in Natur bist du auch ein geiler Anblick. Trägst du eigentlich eine Perücke? Das ist nicht deine richtige Haarfarbe, richtig?« Er tätschelte sacht das Knie, zu dicht bei der schmerzenden Stelle, und sprach völlig sachlich weiter. »Das müssen wir nicht nähen. Das ist wirklich nur ein Schnitt, zum Glück. Meinst du, ich darf dich nachher lecken? Zur Belohnung, weil du so tapfer warst? Ich muss das nämlich säubern und desinfizieren.«

Sie stieß die Luft aus. »Mal sehen.«

Er sah ihr in die Augen und gab ihr einen Kuss. »Braves Mädchen. Bleib bitte kurz hier sitzen, ich muss nur meine Tasche holen.«

Der Pirat verließ sie und kehrte schon nach wenigen Augenblicken mit einer richtig großen Arzttasche zurück. Er lachte, ihre Miene war wohl ziemlich verdutzt. »Ich nehme sie immer mit, wenn ich hier bin. Man weiß ja nie. Außerdem machen Doktorspiele erstaunlich viele Frauen an. Hast du den gynäkologischen Stuhl im ersten Stock nicht gesehen?«

»Doch.« Und wenn er doch kein Arzt war?

Er las ihr den Zweifel aus dem Gesicht. »Ich bin Orthopäde. Aber hier darf ich meine Patientinnen festschnallen und richtig hernehmen. Würde ich gern mal mit dir machen, sobald dein Tattoo verheilt ist.« Er packte eine Sprühdose und Verbandmull aus. »Das brennt jetzt ein bisschen.«

Ein bisschen? Sie keuchte, die Wunde war ein flammendes Inferno, sie riss ihr Knie aus seinem Griff, aber er fing es wieder und hielt sie wie in einem Schraubstock, während er die Verletzung säuberte. »Stillhalten! Ist gleich vorbei. Du willst doch nicht, dass sich das entzündet, meine Hübsche.«

Er drückte ihr einen weiteren Kuss auf den schmerzverzerrten Mund, und bevor sie es merkte, war die Verletzung schon fachgerecht mit Salbe und einem großen weißen Pflaster versorgt. »So, bitte sehr. In ein paar Tagen bist du wieder wie neu. Duschen solltest du vielleicht nicht, aber damit kennst du dich ja schon aus wegen des Tattoos. Und nun sei richtig lieb zu dem guten Onkel Doktor!« Er nahm sie in die Arme, schob ihr die Finger, die noch in Latex steckten, zwischen die Schenkel und massierte ihre Klit, während er ihr seine Zunge in den Mund drängte. Es war irgendwie süß, aber vielleicht war sie einfach zu müde oder doch unter Schock. Der vertraute Kitzel blieb jedenfalls aus, aber er merkte es rasch und gab sie frei. »Okay. Ist nicht schlimm, wenn du jetzt nicht in Stimmung bist. Dann machen wir es eben das nächste Mal. Du kommst doch wieder?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß noch nicht. Vielleicht. Mal sehen.«

Er nickte und hatte den Anstand, sie nicht zu drängen. Gleichzeitig klopfte es an die Tür. Alex stand vor ihnen. »Ich wollte sehen, wie es dir geht.«

»Danke. Es ist bloß ein Schnitt.«

»Gott sei Dank!«

»Ich gehe dann auch«, sagte der Piraten-Arzt, verabschiedete sich von Alex mit einem Wangenkuss und ließ sie tatsächlich mit ihrer Freundin allein. Isis stützte den müden Rücken gegen die Küchenfront. Das ganze Erdgeschoss war jetzt sehr still. Doch hoffentlich nicht wegen ihr? Alex kippte einen Haufen Scherben von einer Schaufel in den Abfalleimer.

»Sind etwa alle gegangen? O Gott, das tut mir leid.«

»Ach was, du kannst doch nichts dafür, Liebchen. Das war Dirk, er hat die Stimmung versaut. Kira gern, aber der kommt mir nicht mehr in den Club.« Sie legte Schaufel und Handfeger beiseite und gähnte. »Den Rest macht morgen früh die Putzfrau. Komm, wir gehen nach oben. Du bleibst heute Nacht bei mir. Nach dem Schrecken lasse ich dich nicht mehr bis nach Großhadern fahren.«

»Ich schaff das schon.«

»Quatsch, du bleibst.« Alex legte ihr sanft den rechten Arm um die Schultern und zog sie an sich. Ihr Kostüm bestand nur aus aufgeklebten Glitzersteinchen und einem wunderschönen Bodypainting, das ihren Körper wie das Federkleid eines exotischen Vogels überzog. Doch jetzt hatte der Vogel eine Gänsehaut.

»Du wirst dich erkälten.«

»Ach was. Eine heiße Dusche und ein paar Stunden Schlaf, und dann bin ich wieder fit. Du, mein Angebot gerade, das war ernst gemeint! Ich habe oben genug Platz, du kriegst das Gästezimmer, dort bist du vollkommen ungestört. Brauchst du ein Sleepshirt?«

»Ja, das wäre nett.«

»Selbstverständlich. Du hast schwer geschuftet, nicht einmal deinen Spaß dabei gehabt, und dann lässt dich dieser Vollpfosten auch noch stolpern. Tut es schlimm weh?«

»Es geht.«

»Auf alle Fälle kriegst du nachher oben ein, zwei Schmerztabletten. Meinst du, du schaffst die Treppen ins Penthouse hinauf mit dem Bein?«

»Komm, ich muss immer drei Treppen hochsteigen.«

»Stimmt, du wohnst ja auch in einer Dachkammer.« Alex schlug sich gegen die Stirn. Das Penthouse mit ihrer winzigen Wohnung zu vergleichen, war allerdings stark. Isis fror ein bisschen.

***

Sechseinhalb Stunden später sah die Welt wieder viel freundlicher aus. Sie saß auf einem Hocker in Alex’ Dusche, Tattoo und Knie unter einer doppelten Schicht Folie wasserdicht abgeklebt, und ließ sich mit Genuss die Haare schamponieren. »Du bist schon wieder von Kopf bis Fuß verspannt.«

»Hm?«

»Ich merke es an der Art, wie du den Kopf hältst.« Feinfühlige Fingerkuppen walkten ihren Skalp durch, die Massage tat einfach nur gut.

»Mach weiter, das ist herrlich.«

»Außerdem musst du nachfärben. Am Scheitel kommt schon wieder deine Naturfarbe durch.«

»Oha!«

»Keine Sorge, noch sieht man es nur, wenn man es weiß. Bitte vorbeugen …« Ein Schwall warmen Wassers traf ihren Kopf und ihre Schultern, und danach duschte Alex neckisch ihren Schoß. »Das schwarze Herz, das du dir in den Bären gefärbt hast, sieht richtig witzig aus. Gestern waren alle auf dich scharf. Ich denke, du hättest dich wenigstens lecken lassen können.«

»Glaub nicht, dass ich nicht daran gedacht habe.«

»Ja, für Entspannung ist nichts besser als ein Orgasmus. Dagegen kommt keine noch so gute Massage an.«

»Kommt auf die Massage an.«

»Aha, dir geht es offenbar wieder gut.« Alex nieste und warf ihr ein flauschiges Duschtuch zu. »So, Madame! Dich abtrocknen und dir die Folien abziehen kannst du ja wohl allein. Und falls du das Thema Massage und den gestrigen Abend in der Nachschau noch ein bisschen vertiefen willst, während ich Kaffee mache – im Spiegelschrank sind ein Vibrator und Kondome. Zieh eines auf und lass dir ruhig Zeit!«

»Danke.« Es war ihr doch etwas peinlich. Außerdem nahm sie lieber ihren eigenen. »Ich glaube, ich würde mir lieber eine Maske mit Heilerde machen.«

»Auch das!« Alex öffnete den Schrank und drückte ihr die Dose in die Hand. »Brauchst du noch einen Spatel? Ein Waschtuch zum Entfernen, irgendwas?«

»Waschtuch wäre schön.«

Dann beschäftigte sie sich mit der Pflege von Gesicht, Hals und Brüsten und tupfte Heilsalbe auf das frische Tattoo, bis aus der Küche der Duft von frisch gepresstem Orangensaft, heißem Kaffee und knusprigem Speck zu ihr drang und Alex an die Tür klopfte.

»Frühstück ist fertig! Und Kira ist auch gekommen.«

Das Tattoo machte beim Anziehen von Höschen, Strümpfen und Jeans etwas Zicken, genau wie das Knie. Isis schlüpfte in den Pullover, mit dem sie gestern gekommen war, und fühlte sich pudelwohl. Kira allerdings lag auf dem Sofa in der Küche zu einem Häufchen Elend zusammengerollt.

»Bevor du fragst: Sie hat ihn rausgeschmissen«, sagte Alex grimmig. »Und mit Recht … Pfannkuchen, Isis?« Die Küche war vor Zeiten das Atelier eines Malers gewesen und bestand darum auf der Nordseite aus einer breiten verglasten Dachschräge, unter der man sich bei dem trüben Februarwetter fast ein bisschen wie in einem Aquarium fühlte, aber man hatte von hier einen traumhaften Ausblick über die Münchner Innenstadt. Sie setzte sich zu Kira aufs Sofa und streckte das verletzte Bein aus. Dabei durfte sie sich fast noch glücklich schätzen, dass das frisch gestochene Tattoo und der Schnitt im Knie beide rechts lagen. Bisher hatte sie nach einer Sitzung mit Joost kaum Probleme gehabt, aber in der Leiste schien sie das Stechen nicht so gut zu vertragen. Die frische Tätowierung spannte, und dagegen half auch keine Massage.

»Wie kommt es eigentlich, dass du von Montag bis Donnerstag Physiotherapeutin bist und Freitag und das Wochenende im Club King‑Fischer die Gastgeberin spielst?«

»Ganz einfach, sie sind meine Vermieter. Ihnen gehört das Haus. Außerdem bin ich mit King liiert.«

»Oha, dann spielt Geld offenbar keine Rolle. Muss ein Vermögen gekostet haben, drei von vier Wohnungen zum Club umzubauen.«

Im ersten Stock hatten die Besitzer des Swingerclubs die Wand zwischen den Wohnungen durchbrechen lassen und damit einen direkten Zugang vom Saunabereich und dem Whirlpool zu den Spielwiesen geschaffen, drei Séparées gab es auch noch. Der Haupteingang lag im Erdgeschoss, dort befanden sich auch Umkleideräume, Toiletten und Schließfächer sowie die winzige Küche. Den gesamten restlichen Raum nahm der Salon ein, aus dem eine Innentreppe nach oben führte.

»Das eigentliche Treppenhaus dient nur noch als Notausgang?«

»Ja und nein. Du hast gestern, als wir hochgingen, vielleicht gesehen, dass es auch oben ein Tastenfeld neben der Tür gibt, aber kein Namensschild. Einige Gäste wollen nicht mit dem Club in Verbindung gebracht werden. Sie betreten die Räume darum sozusagen durch die Hintertür im ersten Stock.«

Das Treppenhaus brachte natürlich auch Alex nach ganz oben, in ihr Penthouse. Sie seufzte. »Es ist mein Alptraum, dass wir mal einen Notfall haben und evakuieren müssen, und alle rennen halbnackt die Treppen hinunter und auf die Straße!« Sie schenkte ihnen allen Sekt ein. »Auf uns, Mädels! Nach einer durchzechten Nacht soll man mit dem Getränk weitermachen, mit dem man aufgehört hat.«

»Du hast kaum etwas getrunken, Alex.«

»Als Gastgeberin kann ich das nicht.«

»Du bist auch mit niemandem ins Bett gegangen.«

»Tue ich nie. Nicht, wenn mein Dom nicht dabei ist.«

»Du hast einen was?« Kira setzte sich auf. Sie war totenblass, aber jetzt erschienen empörte rote Flecken auf ihren Wangen, und sie funkelte Alex ziemlich böse an. »Das hätte ich niemals von dir gedacht!«

»Es ist nicht, wie du denkst. Er respektiert mich, und ich bin in allen Entscheidungen frei. Wir haben nur diese kleine Vereinbarung miteinander. Solange er nicht dabei ist, habe ich auch mit keinem anderen Sex. Wenn du einen guten Mann hast, hintergehst du ihn nicht.«

»Na, herzlichen Glückwunsch! Und wenn er nein sagt?«

Alex überlegte. »Das würde er nicht tun. Er will es nur wissen. Und vielleicht mitmachen.«

»Keine Peitschen oder so? Wenn du nicht gehorchst?«

»Kira, das ist wieder ein Missverständnis. Totale Hingabe hat nichts mit Bestrafung zu tun. Aber sehr viel mit Lust. Das sind alles Rollenspiele. Schmerz kann lustvoll erlebt werden. Wenn man sich darauf einlässt.« Sie schnippte mit den Fingern. »Doch das soll jetzt nicht unser Thema sein. Hier auf der Anrichte steht Orangensaft, Rührei mit Bacon, Brötchen, Butter und Marmelade, Käse und Wurst. Mädels, haut rein!«

Eine Weile herrschte Schweigen am Tisch, und vor allem Kira hing sichtlich trüben Gedanken nach. Doch die hinderten sie nicht daran, kräftig zuzugreifen, also konnte Dirk kein irreparables Trauma hinterlassen haben. Schließlich fragte sie zwischen zwei Bissen Marmeladenbrötchen: »Was ist nun eigentlich mit deinem Tattoo, Isis? Ist es jetzt endlich fertig?«

»Vorne ja, für den Rücken muss ich erst wieder sparen.«

»Was hast du bis jetzt schon investiert? Abgesehen von der Zeit?«

»So an die viertausend. Es ist ja hauptsächlich linear, und nur wenig Farbe. Sonst wäre ich nicht so billig davongekommen.«

»Billig?«

»Joost van Dyke ist gefragt. Ich würde ja jetzt zu gern irgendwohin in die Sonne fliegen und es nahtlos bräunen …«

»Bloß dass du mit deiner hellen Haut nicht knackig braun werden wirst«, warf Alex ein.

»Lass sie doch!« Kira legte die Brötchenhälfte weg. »Zart braun ist doch auch nett.«

»Es geht sowieso nicht.« Isis zuckte mit den Schultern. »Ich muss im März meinen Resturlaub nehmen, und da werde ich wahrscheinlich wieder dick eingemummelt auf dem Balkon sitzen und den Spatzen beim Balzen zusehen. Milord’s Cars zahlen gut, aber so gut verdiene ich trotzdem nicht. Entweder Urlaub oder das Tattoo. Und ich möchte es noch herzeigen können, bevor ich alt und runzelig werde.«

»Isis, du bist dreiundzwanzig! Du hast noch Jahrzehnte vor dir. Frauen können heute bis ins hohe Alter attraktiv aussehen, wenn sie sich pflegen. Denk an Marita gestern Abend, die Blondine mit dem üppigen Busen. Hättest du gedacht, dass sie schon siebzig ist?«

»Aber die ist bestimmt geliftet.«

»Runderneuert«, gab Alex zu und kicherte, und plötzlich prustete Kira los. Es war ansteckend und ein bisschen hysterisch. Sie lachten, bis sie keine Luft mehr bekamen. Schließlich wischte sich Alex die feuchten Wangen, holte tief Luft und fragte: »Okay! Aber was machen wir jetzt mit Isis. Sie ist total verspannt. Am besten wäre natürlich ein Latin Lover, heiße Nächte, ein Date on the Beach in einem freundlichen Klima. Weißt du nicht etwas für sie, Kira? Du arbeitest doch in einer Reiseagentur?«

»Bei Don’t Tell Tours, das stimmt.«

»Komischer Name.« Isis trank einen Schluck Kaffee.

»Wir bieten spezielle Reisen an. FKK-Kreuzfahrten, Nude Hiking, Clubs nur für Paare …«

»Quasi Swingerclubs weltweit?«

»Nein, so kannst du das nicht sagen. Wir haben mehr oder weniger dieselben Angebote wie jeder andere Reiseveranstalter. Der Trick ist bloß, dass die Leute, die zu uns kommen, wissen, dass sie vollkommen offen über ihre sexuellen Wünsche reden können.«

»Ihr schickt aber keine Pädophilen nach Thailand, oder so?«

»Himmel, nein! Alles komplett legal und nur über achtzehn. Unsere Kunden wollen lediglich im Urlaub Gleichgesinnte treffen. Es gibt genug Hotels, die ihren Gästen das bieten.« Kira dachte nach. »Okay – so viele sind es nun auch wieder nicht. Aber ich glaube, ich hätte tatsächlich etwas für dich, Isis. Einen Auftrag, wenn du so willst. Schon mal vom Club Nouvelle gehört?«

»Ganz sicher nicht.«

»Wir wollen ihn vielleicht ins Programm aufnehmen. Er liegt in der Nähe von Montego Bay auf Jamaika. Kleiner und intimer als der Club Hedo in Negril, aber ungefähr dasselbe Prinzip. Du hast nur in der Lobby und im Restaurant einen Dresscode, überall sonst kannst du im Evakostüm gehen. Ein Zwang besteht aber umgekehrt nicht.«

»Das klingt doch gut«, warf Alex ein.

»Ich weiß nicht.« Isis spielte mit ihrem Löffel.

Kira stand auf. »Du müsstest allerdings sofort fliegen und hättest sogar Traumwetter. März, April ist beste Reisezeit für die Karibik. Schon im Mai wird es richtig heiß, und Juni bis November sind zusätzlich Wirbelstürme angesagt. Wie lange ist dein Reisepass noch gültig?«

»Bis 2021.«

»Sehr gut! Du bleibst keine drei Monate, das heißt, du brauchst kein Visum, nur ein Rückflugticket. Weißt du was, wir gehen gleich nachher in mein Büro. Wir finden garantiert noch einen Restplatz in einem Flieger. Samstag gehen immer Direktflüge. Wenn Ralf mitspielt – das ist mein Chef –, kriegst du den Aufenthalt im Club für einen echten Schnäppchenpreis. Ich werde ihm vorschlagen, dass du alle ein, zwei Tage eine kurze Kritik für uns schreibst, und fertig.«

»Das habe ich aber noch nie gemacht.«

Kira hob die Hand. »Keine Widerrede! So billig kommst du nie mehr in die Karibik, und wir erwarten schließlich keine nobelpreisverdächtigen Ergüsse. eMails an mich genügen.«

»Aber Ergüsse wären schon schön!«

»Alex!«

»Was denn? Ich nenne nur die Dinge beim Namen.« Und dann nieste sie.

Kapitel 2

Zehn Tage später schritt Isis im Pulk mit den anderen Passagieren durch den Ankunftsbereich des Flughafens von Montego Bay. Ihr Hintern fühlte sich nach elf Stunden im engen Sitz platt an, und sie war froh, dass sie endlich wieder ein paar Meter laufen durfte. Die Maschine war morgens um halb zehn im Nieselregen gestartet, und ihrem Zeitgefühl nach hätte es längst finstere Nacht sein müssen, aber hier schien die Sonne. Alex und Kira saßen jetzt in München bestimmt vor den Zwanzig-Uhr-Nachrichten, während auf Jamaika der Nachmittag erst anfing. Der Flug nach Westen hatte sie sozusagen durch den Tag zurückgeführt. Sie fühlte sich ziemlich neben der Spur. Isis schaltete ihr Smartphone ein und schickte Kira eine kurze Mail:

Das Wetter ist toll, später mehr.

Sie war müde. Morgen ging es ihr sicher wieder besser, aber im Augenblick brachte sie für Jamaika und die Großen Antillen einfach wenig Begeisterung auf. Dabei hatte sie sich nach dem ersten Schock so auf die Woche in der Karibik gefreut. Kiras Vorschlag war ernst gemeint gewesen, sie war ganz offiziell als Undercover-Testerin für Don’t Tell Tours unterwegs und konnte sich den Trip damit locker leisten. Für den Rabatt schrieb sie gern jeden Tag einen Bericht. Sie hatte sich sogar einen Termin bei Bayadere Beauty & Spa gegönnt, weil sie ihre natürliche Haarfarbe peinlich fand und das ganze Zeug aus dem Supermarkt bei ihr leider immer nur irgendwie Braun ergab. Jetzt war sie endlich richtig schwarz, der Frisör hatte zwar zuerst nicht gewollt, aber sie fand das schick. Sie strich ihre frisch gefärbte Mähne zurück, nahm die dick gefütterte Winterjacke über den Arm und gähnte durch die Nase.

Doch vor dem Vergnügen kam das Warten. Gleichzeitig mit ihrem Flugzeug waren zwei Chartermaschinen aus den USA eingetroffen, an der Gepäckausgabe standen Menschen in langen Schlangen, und selbst als sie es irgendwann bis ans Band geschafft hatte, war unklar, wann ihr Koffer anrollte. Isis wechselte die unförmige Jacke auf den anderen Arm. Sie schwitzte in der Ellenbeuge, aber sie hatte das dicke Ding mit an Bord nehmen müssen, weil sie in München in dem dünnen Sommerkleid sonst glatt erfroren wäre. Sie gähnte noch einmal. Die meisten, die mit ihr hier warteten, waren genau wie sie Touristen, sie hörte es an ihren Gesprächen und erschloss es sich auch aus dem unhandlichen Gepäck. Erstaunlich viele kamen, um Golf zu spielen, oder zum Surfen. Doch sie wollte nur sonnenbaden, sie war hungrig und durstig, und mit buchstäblich Hunderten in einer schlecht belüfteten Halle zu stehen, in der es zunehmend nach Menschen roch, machte sie rasch noch mürber. Viele Passagiere stellten sich zudem am falschen Förderband an, sie erwischten die falschen Koffer oder reagierten zu spät, wenn ihrer auf dem Band vorbeiglitt. Oder, wenn alles perfekt klappte, gerieten sie beim Verlassen der Halle anderen Reisenden in die Quere.

Am meisten taten ihr die Kinder leid. Dicht vor ihr brüllte ein Baby wie am Spieß, und die Mutter musste den Koffer wieder loslassen, den sie schon halb vom Band gehievt hatte, um ihr Kind zu trösten. Isis griff schnell zu und rettete das Gepäck der jungen Frau vor einer weiteren Runde auf dem Band, und zwei Männer luden es ihr auf einen Trolley. Die Mutter schulterte ihr Baby und marschierte ab. Eine Minute später glitt endlich auch ihr Rollkoffer heran, und sie wuchtete ihn auf den Boden, fuhr die Griffstangen hoch und bewegte sich Richtung Zollkontrolle. Die war auch bald erledigt, aber alles an ihr klebte, als sie an einer ruhigen Ecke anhielt. Eine Dusche wäre jetzt schön gewesen. Isis ging vor dem Koffer in die Knie und öffnete die Verschlüsse. Sie wollte wenigstens die verflixte Jacke klein falten und verpacken, bevor sie den Shuttle‑Service suchte.

»Hallo, Liebes. Kann ich dir helfen?« Ein lächelnder Flughafenangestellter beugte sich zu ihr herunter. Aus seiner Position konnte er ihr tief in den Ausschnitt blicken, und sein sinnliches Lächeln verriet ihr, dass er genoss, was er sah.

»Danke, ich muss nur noch den Koffer schließen.« Isis lächelte zurück. »Aber du darfst mir gern auf die Füße helfen.«

Er streckte sofort die Hand aus und zog sie hoch, und sein Lächeln wurde noch breiter. »Ich mag es, wenn Girls zeigen, was sie haben. Danke für den Anblick.«

»Bitte, gern geschehen.« Das geblümte Sommerkleid mit dem spitzen Ausschnitt und den überschnittenen Ärmeln war offensichtlich die richtige Wahl gewesen, und die Smokey Eyes auch. Isis gratulierte sich, dass sie kurz vor der Landung in der Bordtoilette schnell noch ihr Make-up erneuert hatte.

»Wie heißt du denn, Liebes?«

»Isis.« Dass darauf Reitmeier folgte, ein Nachname, der so gar nicht zu einer altägyptischen Göttin passte, musste sie ihm ja nicht verraten. Er lachte und sagte: »Das ist schön. Du bist schön. Und diese Augen … Mann, du siehst aus wie eine Katze.«

»Miau!« Sie schüttelte aus purem Übermut ihre lange Mähne, fauchte und krümmte die Finger zu Krallen. »Leider muss ich jetzt gehen!« So gut ihr seine Bewunderung auch tat – sie war davon wieder hellwach geworden, richtig aufgeputscht –, es würde nicht halten. Tiefe Müdigkeit steckte ihr in allen Knochen. Sie hoffte, dass sie den Shuttle-Service möglichst bald fand.

»Mann, lass dich von mir nicht aufhalten, Liebes! Wenn du in Jamaika-Dollar tauschen willst, zum Bankschalter geht es da lang.« Er zeigte ihr die Richtung. »Die Reiseveranstalter stehen meistens auch dort, um ihre Touristen einzusammeln. Wünsch dir eine schöne Zeit auf der Insel, und vielleicht sieht man sich ja!«

Er ging hüftschwingend davon, und kurz darauf entdeckte sie tatsächlich den Mann, der das Schild Transfer nach Club Nouvelle hochhielt. Sie machte sich auf den Weg, gleichzeitig mit einem Inder und einem echten Schotten, die aber vor ihr zum Bankschalter abbogen. Der Mann mit dem großen, blauen Turban interessierte sie nur am Rande, doch sein Begleiter war ein echter Hingucker. Hochgewachsen, breite Schultern und eine schmale Taille, die der Kilt noch betonte. Isis sah sofort, dass sein Rock ein echter Tartan war. Sie arbeitete nicht mehr in der Branche, sondern seit mehr als einem Jahr bei Milord’s Cars, einem Hersteller von Luxusautos, aber sie hatte davor Textildesign studiert. Das, was diesem Clansman um die Knie schwang, war Qualitätswolltuch, feinstes, gezwirntes Kammgarn, angenehm zu tragen, sogar noch in den Tropen. Ihr Schotte schwitzte auch tatsächlich nicht, sein dunkles Shirt war makellos, ohne Salzränder. Dabei lag es an wie eine zweite Haut und zeigte deutlich den Bizeps und die ausgeprägten Muskelstränge seines Rückens. Boah!

Isis spekulierte, dass er irgendeinen Kraftsport betrieb. Sie sah ihn leider nur von hinten, aber die gepflegten Hände ließen eher auf einen Schreibtischtäter als einen Handwerker schließen, und der Schottenrock verriet Nationalstolz. Er bewegte sich selbstsicher, sie konnte ihn sich ohne weiteres an der Seite von Mel Gibson in Braveheart vorstellen, oder als Verteidiger von Bonnie Prince Charlie in der Schlacht von Culloden. Oder auch heute, als Tambourmajor in einem Hochlandregiment der Queen. Aber dagegen sprachen die widerspenstigen Locken, die für einen Soldaten zu lang waren. Sie lugten dunkel unter dem Birett hervor, und sie hoffte, dass er darunter keine Glatze versteckte. Das wäre ein herber Schlag, auch wenn sie zugeben musste, dass manche Männer mit einer lichten Stelle am Hinterkopf richtig süß aussahen. Ob er einen Bart trug? Sie fand es nie heraus, denn der Inder und ihr Schotte waren am Bankschalter fertig und entfernten sich so schnell, dass sie nicht einmal mehr einen Blick auf sein Profil erhaschte. Und wenn sie Pech hatte, war er sowieso schwul.

Aber ein Mädchen durfte schließlich träumen. Es musste doch mit dem Teufel zugehen, wenn sie hier auf der drittgrößten Insel der Karibik nicht wenigstens ein kleines Abenteuer erlebte. Die Messlatte lag nach dieser Begegnung natürlich hoch. Andere Männer konnten da kaum noch mithalten. Sie hob die Hand und machte sich bei dem graubärtigen Angestellten bemerkbar, der den Hotel-Transfer organisierte.

»Hi, Miss! Wir müssen leider noch auf weitere Passagiere warten. Ihr seid zu fünft.«

Die anderen vier Personen trafen innerhalb von Minuten ebenfalls ein, doch Isis war auf den ersten Blick klar, dass sie diese Miturlauber knicken konnte. Die Männer taxierten sie zwar ungeniert, das heißt, ihren Körper. Aber keiner von beiden sah ihr in die Augen, und sie waren schon sichtlich alt. Jeder hätte locker ihr Vater, wenn nicht sogar ihr Großvater sein können. Huch! Sie beschloss, Kira bei nächster Gelegenheit eine weitere Mail zu schicken.

Lösche im Katalog: für ein junges Publikum. Ersetze durch Silver Ager.

Hoffentlich gehörten nicht alle Gäste im Club Nouvelle dieser Altersgruppe an. Ihr heißer Urlaubsflirt sollte bitte nicht doppelt so alt sein wie sie und, wenn das ging, durchtrainiert. Sie ging selbst jede Woche schwimmen und ab und zu joggen, und sie mochte es wild. Sie brauchte einen Mann im Bett, dem nicht nach einer Viertelstunde die Puste ausging. Natürlich war Sex nicht alles. Eine herrliche Woche Sonne, Strand und Meer lag vor ihr, und wenn gar nichts ging, wurde sie wenigstens braun. Sie fragte sich nur, wozu ihre Mitfahrer Urlaub im Club Nouvelle machten, wenn ihre Begleiterinnen jetzt schon eifersüchtig reagierten. Die Brünette mit der Rubensfigur kniff missbilligend die Lippen zusammen. Bleib bloß von meinem Kerl weg, hieß ihr Blick. Die andere, eine Platinblonde, hängte sich sogar demonstrativ bei ihrem Macker ein. Bei diesem Paar war er der Dicke, das Shirt spannte sich über seinen Bauch, und schütteres Haar hatte er auch noch. Aber einen gierigen Blick. Das musste sich erst noch herausstellen, wer hier von wem die Finger ließ; beiden Männern wuchs eine Beule in der Hose, als sie ihr in den Ausschnitt linsten. Sie beugte sich allerdings auch extra tief vor, um den Griff ihres Rollkoffers zu fassen. Das hatte ja auch eben in der Halle schon prächtig funktioniert. Isis verbiss sich ein Grinsen, als sie sich ganz unschuldig wieder aufrichtete. Ein Schelm, wer Böses dabei dachte. Die Platinblonde und die Brünette erdolchten sie mit Blicken, doch ab und zu war sie gern ein böses Mädchen. Wenn sich ein Mann mit ihr einließ, der in festen Händen war, war das nicht ihr Problem. Dass sie natürlich nicht mutwillig in eine Beziehung einbrach, war die andere Sache. Sie hatte außerdem gerade erst an Kiras Beispiel miterlebt, was es wert war, wenn die Beteiligten nicht ehrlich miteinander umgingen. So eine Beziehung endete in Katzenjammer, für beide.

Sie folgte dem Guide, der sie alle zu einem Großraumtaxi brachte, doch ihre gute Laune war verflogen. Sie schlug sogar in Fassungslosigkeit um, als sie sah, wie sorgfältig beide Männer darauf achteten, dass ihre Hände die des Rastafaris, der das Taxi fuhr, beim Verladen der Koffer nicht berührten. Zudem sprach keiner ihrer Mitpassagiere Englisch, und sie war plötzlich als Dolmetscherin gefragt.

»Frag ihn, ob die Sitze hygienisch abgewischt wurden!«, bat die Brünette.

»Wieso?«

»Na, wegen der Keime!« Die Blonde rollte mit den Augen.

Es war alles einfach nur noch furchtbar peinlich, auch wenn der Fahrer grinste. »Hi, magst du auf den Beifahrersitz? Der ist ganz sauber. Ich schwöre, Mann!«

»Gern!« Sie stieg ein, und er drehte sich zu den beiden Paaren auf den Rückbänken um und sagte in hervorragendem Deutsch: »Wenn Sie sich bitte alle anschnallen. Die Fahrt dauert rund eine Dreiviertelstunde.«

Danach herrschte hinter ihr frostiges Schweigen. Der Motor brummte, Häuser und Straßen fielen zurück und dann ganz Montego Bay. Bald fuhren sie eine grüne Küste entlang, Ansiedlungen, Ferienanlagen und eine Kleinstadt zogen vorbei, und sie blickten von Klippen auf kleine und große Buchten und das tiefblaue Meer der Karibik. Aber der Club Nouvelle lag dreiundzwanzig Meilen oder rund vierzig Kilometer von Montego Bay entfernt, und so gern Isis die Fahrt mit offenen Augen auch genossen hätte, fielen ihr immer wieder die Lider zu.

Sie glitt in einen Traum. Ihr Kopf lag an der Schulter des hochgewachsenen Fremden im Schottenrock, und die Bewegungen des Wagens wiegten sie. Der Motor brummte gleichmäßig, und sie rutschte tiefer und rollte sich auf dem Beifahrersitz zusammen. Sie zog ein Knie hoch, so lag sie halbwegs bequem, den zweiten Fuß gegen das Bodenblech gestemmt. Nur das Geflüster im Hintergrund fiel ihr ziemlich lästig. Mehrere Leute führten im Fond eine Debatte, gleichzeitig sang neben ihr jemand leise. Das war schön, beruhigend. Seine Stimme erinnerte ein bisschen an Xavier Naidoo, sie verstand den Text aber nicht. Sie wunderte sich, dass ein Schotte Jamaika-Slang sang, und der satte, tiefe Sound des Motors überlagerte alles. Sie sank immer tiefer in den Traum.

Doch irgendwann gab es einen Ruck, das Taxi bremste, und sie merkte erschrocken, dass sie mit dem Kopf praktisch im Schoß des Fahrers lag. Was dem Rastafari sehr gut gefiel. O nein, sie kuschelte mit seiner Erektion! Sie rappelte sich auf. »Sind wir schon da? Entschuldigung.«

Vor der Frontscheibe ragte eine weiße Mauer auf, über der sich hohe Bäume erhoben. Ein Torbogen öffnete sich in einen Park.

»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Hübsche. Das ist der Jetlag.« Der Taxifahrer lachte und zeigte sehr weiße Zähne, und sie fuhren in den Park hinein. Club Nouvelle stand auf einem Schild jenseits der weißen Mauer, die sie rasch aus den Augen verlor. Sie bogen in eine Auffahrt ein, die in einer Bus-Wendeschleife endete, wie sie mittlerweile vor touristischen Einrichtungen fast internationaler Standard war. Das Taxi hielt vor einer Freitreppe, die ein schlanker Empfangschef in Frack und Zylinder hinunterschritt. Weitere Hotelangestellte folgten ihm und kümmerten sich um das Gepäck, und ihre Mitfahrer von der Rückbank schritten eilig die Treppe hinauf. Isis bedankte sich bei dem Fahrer, der ihr eine Visitenkarte gab.

»Ruf mich an, wenn du von hier wegwillst. Ich fahr dich gern in die Stadt, das Hotel bietet auch Shuttle-Service zu den Shopping Malls an, doch dann musst du auf Mitpassagiere warten. Meine Familie hat dagegen auch kleinere Taxis, und ich und meine Brüder sind immer für dich da.«

»Danke! Ich werde darauf zurückkommen.« Sie schüttelte ihm die Hand. Isis wusste, dass die beiden Paare von den Stufen auf sie herunterglotzten, und war knapp davor, den Rastafari doch noch zu umarmen. Aber das wäre reine Bosheit gewesen, und darum unterließ sie es. Sie schritt die Freitreppe hinauf und drehte sich oben auf der Veranda erst einmal um.

Vor ihr breitete sich eine traumhafte Gartenanlage aus, verschiedene Palmenarten, hohe Jacaranda- und Ficusbäume standen auf Golfrasen, beschatteten übermannshohe Hibiskusbüsche und Engelstrompeten, an deren Ästen dichte Trauben von langstieligen Blütenglocken hingen. Trompetenwinden und Bougainvilleas schlangen sich um Spaliere, und alles blühte üppig in unglaublichen Farben: leuchtend rot, rosa, lachsfarben und kanariengelb, sogar blau. Doch es ging mittlerweile auf siebzehn Uhr Ortszeit, und auch in der Karibik näherte sich der Abend, der Sonnenschein wurde golden.

Isis drehte sich wieder um und rannte fast in den Dicken und die Platinblonde hinein. Obwohl sie die Stufen viel früher erklommen hatten, stand das Paar immer noch im Eingang des Clubs, und der Mann schnaufte ziemlich.

»Nehmen wir gleich auf der Veranda einen Sundowner, Honey? Einchecken können wir auch später.« Er winkte einem Kellner, bevor seine Holde noch antworten konnte: »Zwei Daiquiris, Mike, aber zackig!«

»Hallo. Mister Burmeister, schön, Sie wieder bei uns zu sehen«, sagte der Kellner auf Deutsch und trug lächelnd sein Tablett mit leeren Gläsern an dem Ehepaar vorbei nach innen zur Bar.

Die Tische vor dem Haupthaus waren fast alle besetzt, Isis sah Gott sei Dank viele freundliche Gesichter und nicht ausschließlich Hetero-Paare, was für die Toleranz des Hotels und der Gäste sprach und ihr etwas Hoffnung gab. Leider machten aber auch hier wieder die üblichen zwei, drei Idioten Urlaub. Sie pfiffen ihr hinterher, und einer rief sogar: »Endlich Frischfleisch! Hipp, hipp, hurra!«

Ja, weiß Gott. Sie ging mit sinkendem Mut zur Rezeption, und dort erwartete sie eine neue Hiobsbotschaft: Die Tafel des Nonsuch Tibouchina Restaurant verriet, dass es ab zwanzig Uhr geöffnet war. Das hieß in drei Stunden.

»Darf ich um den Voucher bitten?« Der Portier hüstelte, und sie gab ihm das Formular und hoffte, dass er nicht hörte, wie laut ihr Magen knurrte.

»Kann man hier schon jetzt etwas essen?«

Er trennte sorgfältig den Schein aus den Buchungsunterlagen. »Die Cocktailbar in der Lounge serviert kleine Snacks, oder ich kann Ihnen auch den Mimosa Tea Room empfehlen. Sie erreichen ihn am besten auf dem Weg durch unseren Garten, er liegt nur eine Viertelmeile vom Ressort entfernt. Es ist gerade Zeit für High Tea, sagen Sie bitte, dass Sie von uns kommen. Der Preis ist achtzehn Dollar ohne Trinkgeld, für Gäste unseres Hauses. Apropos – Sie haben Halbpension gebucht, darf ich?«

Sie hielt ihm das linke Handgelenk für das grüne Bändchen hin, aber der Portier zögerte. »Falls Sie ein Upgrade wünschen …«

»Nein, ich glaube nicht.«

Er winkte einem Kofferträger, und sie bedankte sich und folgte dem Hotelangestellten zum Lift. Die Rezeption befand sich ungefähr in der Mitte des Haupthauses. Im ersten Stock angekommen, bog ihr Kofferträger nach rechts ab und führte sie durch einen langen Gang zu einem Seitenflügel. Hier endlich wurde der Club Nouvelle seinem Ruf gerecht. Aus mehr als einem Zimmer drangen Laute der Wollust, doch das war ihr inzwischen vollkommen gleichgültig. Sie schleppte sich auf müden Füßen ihrem Kofferträger hinterher und hielt nicht einmal an der offenen Glasflügeltür an, durch die sie das Meer rauschen hörte.

»Du kannst durch diese Tür direkt hinunter zum Nude-Strand gehen«, informierte sie der Hotelangestellte. »Wickle dich unterwegs in ein Badetuch, das machen alle.«

»Okay.« Das weckte jetzt doch ihre Neugier, und sie kehrte um und ging hinaus auf die kleine Dachterrasse. Von dort blickte sie auf einen schmalen Streifen Strand mit einer Reihe Kokospalmen und einer winzigen, türkisgrünen Bucht, um die Sonnenschirme und Liegen standen. Weiter draußen war die See tiefdunkelblau, ultramarin; Isis verstand jetzt, woher die Farbbezeichnung kam. Weiß der Strand, blau das Meer, grün die Insel. Sie sah jetzt auch, dass der Club Nouvelle in einer weiteren und viel größeren halbmondförmigen Bucht lag. Dahinter stiegen hohe Berge auf, über die sich schon Nachtschatten legten.

»Das sind die Blue Mountains, Miss. Dort wird super Kaffee angebaut. Musst du mal probieren, Miss.«

»Werde ich.« Vielleicht würde der sie wieder munter machen. Auch unten am Strand wurden die Schatten der Kokospalmen und der Sonnenschirme schon länger, und viele Gäste brachen auf. Die Männer trugen Badehosen oder Tücher um die Hüften, und bei den Frauen sah es nicht viel besser aus. Immerhin wagte ungefähr die Hälfte oben ohne, und wenigstens eines der zurückbleibenden Paare war so ineinander verschlungen, dass sie von dem allgemeinen Exodus nichts merkten. Sie knutschten heftig, und die Hüftbewegungen des Mannes sahen für Isis ziemlich nach echtem Sex on the Beach aus. Hey, sie mussten doch wissen, dass ihnen das gesamte Haus dabei zusehen konnte. Der Gedanke, es selbst einmal vor Publikum zu tun, jagte ihr einen kleinen Lustschauer durch den Körper. Aber vielleicht war es doch nur Wunschdenken, dass es die beiden dort unten in aller Öffentlichkeit miteinander trieben.

»Gehen wir weiter.« Sie nickte ihrem Führer zu, der das Schauspiel ebenso gesehen haben musste wie sie, aber keine Miene verzog.

Das Haupthaus des Club Nouvelle war im Kolonialstil gebaut, Kokosfaserteppiche bedeckten die Fußböden, und die Wände waren blütenweiß gekalkt. Doch es gab jetzt nur noch eine allerletzte Gangbiegung, die umrundeten sie, und der Hotelangestellte schloss linker Hand eine Tür auf. »Bitte sehr, Doppelzimmer mit Einzelbelegung für dich, Miss!«

Über dem Bett und gegenüber davon hing je ein großer Spiegel. Nicht sehr subtil, aber beim Liebesspiel boten sie sicher einen netten Zusatzreiz. Vor dem großen Balkon standen ein Tisch und zwei gepolsterte Sessel, deren tragende Teile aus lackiertem Bambus bestanden, und an der Wand neben dem Spiegel plärrte der Fernseher. Sie griff die Fernbedienung und schaltete ihn stumm. Der Fußboden war hell gefliest, und die gesamte Einrichtung wirkte gemütlich, aber die Aussicht vom Balkon bedeutete eine leise Enttäuschung. »Das Zimmer geht also auf den Garten hinaus.«

»Nein, Mann! Du hast natürlich Meerblick! Bitte sehr, hier!« Der Hotelangestellte machte ihr vor, wie sie sich über die Balkonbrüstung lehnen und nach rechts wenden musste, und tatsächlich trekkte dort unten die Brandung gegen den Strand. Es waren freundliche kleine Wellen mit nur wenigen Schaumkronen, Zeichen für eine ruhige See. Irgendwo weit draußen lagen Kuba und Haiti, keine Wolke trübte den Abendhimmel, dessen Blau immer mehr in Golden und Orange überging, und Isis schaute eine ganze Weile nur andächtig. Sie hörte dem Hotelangestellten kaum zu.

»Du kannst die Balkontüren offen lassen, Miss, wenn du die Gazetüren zuziehst. Nicht, dass dir nachts Fledermäuse auf Insektenjagd ins Zimmer fliegen. Aber die Air Condition arbeitet natürlich nur bei geschlossener Fensterfront. Möchtest du zur Sicherheit zum Abendessen geweckt werden?«

»Ja, bitte«, sagte sie geistesabwesend, und er nahm die Fernbedienung und programmierte den Wecker.

»Findest du im Hotelmenü, Miss. Wir haben hundertzwanzig Kanäle TV, auch vier deutsche.«

»Danke.«

Sie merkte kaum, wie er den Raum verließ. Das Zimmer besaß einen Trinkwasserspender, Standard in vielen Hotels der Karibik, und sie schenkte sich einen Becher ein und trank durstig. Doch als hätte das kühle Wasser ein Narkotikum enthalten, verließ sie auf einmal jede Energie. Kira würde ihr verzeihen, wenn sie heute keinen Bericht mehr schrieb. Sie nahm die Fernbedienung zur Hand und wollte schon ausschalten. Aber die Werbung für den Club Nouvelle, die ohne Ton über den Bildschirm lief, interessierte sie dann doch. Der Spot zeigte zuerst Ansichten der Zimmer, die alle ungefähr ihrem glichen. Das Restaurant wirkte auf sie ziemlich rustikal, viel Bambus, und weiter hinten im Park schienen eine Reihe Ferienhäuser zu liegen. Aber die zeigte der Kameramann nur aus der Ferne. Die nächsten Szenen widmeten sich selbstverständlich dem Strand, den eine ganze Reihe sehr attraktiver Gäste bevölkerten. Alle waren Models mit jungen, makellosen Körpern, und natürlich zeigten alle Frauen ihre Brüste. Einige Male blitzte auch kurz weibliches Schamhaar im Bild auf, aber bei den männlichen Models ging die Kamera nie tiefer als knapp unter den Nabel. Typisch! Isis schaltete den Fernseher komplett aus und killte damit hoffentlich auch den Wecker.

Draußen sank die Sonne immer schneller, und ein Blick auf die Armbanduhr zeigte knapp sechs, das hieß, in München war es jetzt Mitternacht. Genauso fühlte sie sich, hundemüde. Selbst wenn sie jetzt ein Nickerchen machte und sich nachher zum Abendessen schleppte, wäre es für sie zwei Uhr morgens, bis die Ober in diesem Restaurant die ersten Gäste plazierten, und bis zum Dessert ging in Europa wahrscheinlich schon die Sonne auf. Nein danke! Sie war dazu einfach zu groggy.

Da ging sie lieber morgen früh gleich an den Strand und schwamm vor dem Frühstück eine Runde, und danach wollte sie sich so lange wie nur möglich bei Tageslicht im Freien bewegen. Das sollte den Jetlag eigentlich überwinden helfen. Sie zog gähnend das Kleid über den Kopf, stieg aus Schuhen und Höschen und fiel aufs Bett.

***

Sie erwachte irgendwann davon, dass unter ihrem Balkon die Türen eines Lastwagens zugeschlagen wurden und jemand quietschend einen Container bewegte. Männer lachten, und vor dem Balkon leuchtete blaue Tropennacht. Isis fror ein bisschen, doch sie machte nur eine halbherzige Anstrengung, unter die Laken zu kriechen. Sie fand im Halbschlaf einfach nicht, wo sie an dem festgestopften Bettzeug hätte ziehen müssen. Unten vor dem Hotel schepperte es immer noch, doch nach einer Weile wurde es wieder still. Das Meer rauschte. Nicht gleichmäßig wie ein Bach, das Rauschen ließ mal nach, mal schwoll es wieder an. Dazwischen gab es kleine Pausen. War jetzt Ebbe oder Flut? Sie schlief wieder ein.

Als sie zum zweiten Mal erwachte, ging vor dem Balkon gerade die Sonne auf. Es war sechs Uhr sechsundzwanzig, unten spielte ein Radio, und trabende Schritte verrieten, dass sich irgendwer zum Joggen aufmachte. Eine sachte Brise ließ die Fliegengaze in den Schiebetüren flattern, und auf ihrem Balkon schwatzten zwei kleine grüne Papageien. Isis setzte sich vorsichtig auf. Sie sah den Vögeln zu, wie sie ihre Federn am Bauch beknabberten und dann die Schwingen durch die Schnäbel zogen. Das Papageienpärchen putzte sich auch gegenseitig, der eine Vogel legte den Kopf schief und ließ sich mit offensichtlichem Genuss vom anderen den Hals und den Nacken kraulen. Dann wechselten sie die Position, und Isis schaltete ihr Smartphone ein. Eine Nachricht verpasst, sie kam von Kira.

Isis, wie war der erste Tag? Berichte!

Tut mir leid, Kira. War total müde. Bin gerade erst wieder aufgewacht. Hotelzimmer ist schön und komfortabel. Große Spiegel über und vor dem Bett.

Kicher. Schon ausprobiert?

Nein. Gehe jetzt an den Strand und dann frühstücken. Später mehr. Ciao!

Isis schaltete das Smartphone aus. Sie wollte ja gern ihren Pflichten nachkommen, aber zunächst musste sie erst einmal etwas zum Testen haben. Oder auch jemanden. Sie öffnete den Koffer und packte aus. Die Klamotten kamen in den Schrank und die Kulturtasche ins Bad, zuletzt hängte sie noch das Negligé auf einen Bügel. Sie hielt es hoch, nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee gewesen war, es einzupacken. Es war ein Hauch von Nichts, weder im Restaurant noch am Strand zu gebrauchen, und wenn sie ehrlich war, hatte sie es sowieso nur für sich selbst gekauft. Sie fand seine Transparenz erregend. Die Blütenranke ihres Tattoos schimmerte sogar jetzt, wo sie ihn sich nur vor den Körper hielt, durch den Stoff des Überwurfs. Sie ging damit vor den großen Spiegel und betrachtete sich. Sie war von Natur aus hellhäutig, und die schwarzgefärbten Haare betonten ihre Blässe noch. Doch jede Tönung war besser als ihre eigentliche, in der Schule hatte man sie Pippi Langstrumpf gerufen, und sie hatte ihre Haare und ihren Körper für seine Ebenmäßigkeit, seine Langweiligkeit immer gehasst. Erst jetzt, seit die Stengel, Blüten und Blätter des Tattoos ihre rechte Seite überzogen wie feine, blaue Spitze, fühlte sie sich schön. Sie legte das Negligé beiseite. Auch der am Rosenmontag frisch gestochene Teil war wunderbar glatt verheilt, das große Blatt mit Stengel und die Blüte schmiegten sich die Kurve ihrer Hüfte hinab, und die letzte vorwitzige Knospe tauchte fast in das schwarze Herz in ihrem Schoß. Joost van Dyke wäre am liebsten noch weiter gegangen, es gab in seinem Entwurf die Option einer zweiten Blüte auf ihrem Schamhügel, aber das musste sie sich wirklich noch überlegen.

Sie glitt mit den Fingerspitzen über das locker gewundene Bündel aus Blüten, Knospen und Blättern des blauen Lotos Oberägyptens, der ihren Körper hochwuchs. Ihre rechte Brust schmückte eine weit geöffnete Seerose, der Nippel war das rosa Herz, und weitere Stengel und Blätter schwangen sich weiter hinauf bis auf die Schulter. Sobald sie sich das wieder leisten konnte, wollte sie, dass ihr Joost das Motiv auch im Rücken stach, und zwar so, dass die Ranke mit einer Blüte auf der rechten Pobacke endete. Er hatte ihr versprochen, dass er sie in seinen nächsten Bildband aufnehmen würde, wenn das alles irgendwann fertig war. Vielleicht sollte sie sich doch zu der Seerose im Schoß entschließen. Ihre Hand wanderte vom Nippel zurück zu ihrer Vulva.

Die weichen Falten hatte schon lange kein Mann mehr gestreichelt, das war mindestens einen Monat her. Was für ein Jammer, dass sie letzten Dienstag, im Swingerclub von Alex, wegen der frischen Tätowierung außer Gefecht gewesen war. Sie hätte sich wenigstens lecken lassen sollen, der Pirat wäre bestimmt vorsichtig genug gewesen. Aber was nützte es, verschütteter Milch nachzuweinen. Sie strich mit dem Mittelfinger über ihre Klit. Was, wenn sich der gutaussehende Schotte am Flughafen umgedreht und sie gesehen hätte?

Nichts! Sie stand im Club Nouvelle vor dem Spiegel, war noch dazu als Testerin für Kiras Chef unterwegs, und ihr spukte ein Mann im Kopf herum, den sie nie richtig gesehen hatte. Den sie aller Wahrscheinlichkeit nach niemals wiedertraf. Nein, es hatte keinen Sinn. Sie ließ die Hand sinken, wütend auf sich selbst, auf die Gesamtsituation. Herrgott, sie war nach Jamaika gekommen, um sich nach Kräften zu amüsieren, und jetzt stand sie in diesem schönen großen Hotelzimmer, das ihr für diese knappe Woche ganz allein gehörte, und blies Trübsal. Das musste geändert werden, und zwar sofort! Sie wickelte sich in ein Duschtuch, verließ ihr Zimmer und ging an den Strand.

Kapitel 3

Wie schön der Club Nouvelle in die Landschaft eingebettet lag, erschloss sich ihr erst vom Garten aus. Die kleine Hochterrasse, von der die Treppenanlage herunterführte, entpuppte sich von Seeseite aus betrachtet als einer von zwei Pavillons, die aus der Front des Haupthauses vorsprangen, und dazwischen lag eine große Kalksteinterrasse, auf der Palmen rund um einen Horizon-Pool standen. Den hatte sie gestern in ihrer Müdigkeit mit einer kleinen Meeresbucht verwechselt, doch in Wirklichkeit trennten den überfließenden Beckenrand noch zwei Meter Pflasterweg und ein solides schmiedeeisernes Gitter vom Abgrund. Und apropos: Dass das gesamte Ensemble auf einer mindestens sechs Meter hohen Klippe errichtet worden war, sah sie auch erst jetzt. Isis wickelte sich fester in das Badetuch. Sie war entschlossen, nackt zu schwimmen, wagte sich aber in Erinnerung an die vielen Gäste in Badebekleidung doch nicht im Evakostüm durchs Gelände. Unten am Meer wäre mit Zurückhaltung jedoch zweifellos Schluss.

Linker Hand ging es zu einem Lift, außerdem führte eine Treppe mit mehreren Absätzen in die Tiefe. Die vielen Stufen brachten sie innerhalb von zehn Minuten an den echten Strand; sie hatte sich auch in diesem Punkt gewaltig in den Distanzen verschätzt. Doch Frühstück gab es erst ab sieben, und Fitness schadete nie.

Die natürliche Landstufe schützte das Haupthaus des Clubs und den üppigen Tropengarten wahrscheinlich vor Sturmfluten, aber links fiel das Gelände stark ab, und dort standen direkt in den Hang gebaut eine Reihe Häuser. Keine richtigen Bungalows, rustikal gemauerte Souterrains fußten direkt auf dem Strand und dienten jeweils als Trägergeschoss für große Balkons. Nach hinten versetzt begannen dann erst die eigentlichen Häuser. Sie betrachtete die Bauten neugierig; sie hatte eigentlich sofort schwimmen gehen wollen, aber sie hatte genug Zeit, und bis zum ersten Strandhaus war es höchstens ein halber Kilometer.