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Der Band beinhaltet ein buntes Sammelsurium heimatkundlicher Texte unterschiedlichster Art: Heiteres und Unterhaltsames, Gereimtes und Ungereimtes, zum Teil auch im Dialekt, Historisches aus älterer Zeit und schließlich – „zum guten Ende“ – noch einige „schöne Geschichten“, die den Leser tief in die Vergangenheit Südtirols führen. Die meisten Texte stammen vom Verfasser selbst. Daneben finden sich auch Texte anderer, schon verstorbener heimischer Autoren. Diese wurden der Lesbarkeit halber behutsam redigiert und in die heutige Rechtschreibung übertragen. Zahlreiche Ansichtskarten aus der Zeit zwischen 1900 und 1940 illustrieren das Buch und vermitteln einen unmittelbaren Eindruck der Zeit vor über achtzig Jahren. Der Verfasser schreibt zu diesem Buch: „Dieses Buch – mein zweites ‚Schmunzelbuch‘ – zu schreiben hat mir viel Freude bereitet. Ich würde mich freuen, wenn das Buch auch bei den Lesern Gefallen finden würde. Etwas ist bestimmt für jeden dabei!“
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Seitenzahl: 595
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Sarner Kinder um 1937, Ansichtskarte.
Schöne alte Sonnenuhr im Pustertal. Um 1935, von Wolfram Knoll.
Vielleicht hätte man auch „Kraut und Rüben“ als Überschrift wählen können, aber „Heiteres und Unterhaltsames“ gefiel mir doch besser.
Das Buch enthält eine Menge Texte der unterschiedlichsten Art: Heiteres und Unterhaltsames, Gereimtes und Ungereimtes, zum Teil auch im Dialekt, Historisches aus älterer Zeit und schließlich – „zum guten Ende“ – noch einige „schöne Geschichten“.
Zur Herkunft der Texte: Die meisten stammen vom Verfasser selbst, sie sind nicht eigens gekennzeichnet. Daneben aber finden sich auch Texte anderer, schon verstorbener heimischer Autoren. Diese Texte wurden nicht nur in die heutige Rechtschreibung übertragen, sondern auch alle mehr oder weniger redigiert und sind in dieser Form Eigentum des Verfassers.
Bei Texten, die nur redigiert, aber nicht wesentlich verändert wurden, steht als Quelle „nach“ (und dann folgt der Name des Verfassers). Andere Texte aber wurden so stark verändert, dass es sich fast um Neuschöpfungen des Verfassers handelt; solche Texte sind gekennzeichnet durch die Angabe „nach“ und dann folgen nur die Initialen des (ersten) Verfassers.
Dieses Buch – mein zweites „Schmunzelbuch“ – zu schreiben hat mir viel Freude bereitet. Ich würde mich freuen, wenn das Buch auch bei den Lesern Gefallen finden würde. Etwas ist bestimmt für jeden dabei!
Bruno Mahlknecht
Vorwort
Heiteres und Unterhaltsames aus Südtirol
Ein Krüglein Wein
Der alte Weinkrug
Humoristisches Wein-Alphabet
Der Lagreinwein
Der alte Wein
„Durstige“ Leute
Törggelepartie
Beim Törggelen
Gut ’gessen
Unsere Knödel
Knödel-Lied
Knödel-Hymne
Tiroler Knödel
Plentene Knödel
Speck und Wein
„Kaiserschmarrn“
Beim Krapfenbachen
Nikolaus und Weihnachten
Die stillste Zeit im Jahr …
Der heilige Nikolaus zu Besuch
Mein Brief an das Christkind
Wenn Weihnachtsduft das Haus durchzieht …
Allerlei Gereimtes
Die Bozner Glocken
Die Herrgottskinder von Kaltern
Das Lied vom Sunnenberger Bäuerl
Den Daumen im Gulasch
Im Langes
Bei ins af’n Lånd
Das Perlågger-Lied
Der Klåmpra
„… öfter!“
O du verflixter Fensterstock!
Der Fensterstock
Dem Diandl sei’ Liegerstått
Das Sterzinger-Moos-Lied
Der feine Unterschied
Marterlen und Grabinschriften
Alttirolische Grabinschriften
Ein Marterle
Marterl-Sprüche
Schnadahüpfln
Ultner „Nachtbubenstückln“
in früherer Zeit
Allerlei „giftige“ und „gefährliche“ Tiere
Seltsame Meinungen um Tiere unserer Heimat
Der „Tatzlwurm“
Die Sarner – nicht leicht aus der Ruhe zu bringen
„Dö Döktar sein für nicht!“
„… eh zi kloan!“
Sehr feinfühlig!
„Wär’ leicht …!“
„… und gikennt aa schun!“
Kurz gelacht
„… essen tun sie gleich viel!“
„Nachar soll dö aa no der Tuifl holen!“
„G’hasplt!“
„Wås tasche eppo du …?“
Katzenjammer
Allerhand lustige Sachen
Der starke Reifer von Melaun
„Vinschger Lugner“
Der betrogene Betrüger
Eine Passeirer Stellwagenfahrt
Auf Verbrecherjagd
Der Paradeschlitten
Der Weihwasserwedel
Schmunzelecke
Die „Pest-Muttergottes“
„Na, na, schon richtig getroffen!“
Aber ohne Weiberleut!
„Mannder, passt’s guet auf!“
„Umkehrn, umkehrn!“
Der grüne Hut
Der Gabelwirt vom Obstmarkt
„Wenn Sie wüssten, Hochwürden …!“
Theorie und Praxis
Alter Pustertaler Neckspruch
Die ungleichen Forellen
Was der Tourist so alles mit sich führt
Kraut und Rüben
„Mach vorwärts, dass ich noch mit dem Teufel Mittag essen kann!“
Etwas vom „politischen Eheconsens“
Alte Ortsübernamen
Eine unheimliche Wallfahrt
Die Abmagerungskur
Ein kurioser Rechtsstreit
„Ich heiße Bindergasse …“
Frühling, Frühling!
Die Buchensteiner Madonna
Dies und das aus meinem Leben
Ein erschreckendes Erlebnis
Allerhand Leut’
Der Bruder des heiligen Josef
Bei der Kui-Rosl
Die Organistenprüfung
„… keine mehr!“
Kein Landstreicher
Kaum zu glauben
Einen guten Schutzengel gehabt!
Rauferei in der Beichtzeile
Seltsame Vereinbarung
Unvermutetes Wiedersehen
Den Pfarrturm verkauft!
Ein paar historische Geschichten aus älterer Zeit
Wenn es Frauen plötzlich nach Krebsen gelüstet
Eine heimliche Verlobung (1601)
Ein Pferd findet allein heim (1609)
„… und das auch noch in einem ‚geistlichen Hause‘!“ (1625)
Ein „billiger“ Glockengießer
Wie der Völser Gerichtsausschuss Anno 1709 die Kirchenschwänzer in die Kirche bringen wollte
In den falschen Widum geraten!
Wem sollen diese 50 Gulden gehören?
Heimatliche Bilder – bunt gemischt
Noch ein paar Geschichten zum guten Ende
Die Komtesse
Zwei Eisbären auf Brautschau
Verkehrte Brautwerbung
Mein Rosele
Irene
In der Donau ertrunken, aber quicklebendig an der Talfer
Gaudeamus igitur!
Ilse, die kluge Apothekerin
Wie der heilige Antonius auf Umwegen einen Bräutigam herbeischaffte
Altes Wetterkreuz in den Dolomiten (Villnöß)
Oswald Menghin
Inmitten auf dem Stubentisch
steht breit und hält das Weinchen frisch
der schwere alte Steinkrug.
Geht ‚wer im Lauf des Tags vorbei,
zieht er ein Schlückchen oder zwei
aus dem gewaltigen Weinkrug.
Wie es bei solchen Krügen Brauch,
ist er bemalt an Hals und Bauch
mit breiten blauen Flächen.
Er steht, weiß Gott wie lang, im Haus
und sieht so fest, so eisern aus,
als könnt’ er nie zerbrechen.
Und, traun!, zu Trotz dem alten Spruch
ging er bis heute nicht zu Bruch,
so schwer er auch zu heben.
Er gilt jetzt als des Hauses Glück
und wird wie ein Museumsstück
uns alle überleben.
Von Hans Kiene
A Der Alkohol schenkt Freud’ und Kraft.
Wer Angst hat, trinke Apfelsaft.
Auslese heißt das Ass [das Beste] der Weine.
Das Altel ist grad oft das Feine.
B Bier, sagt man, sei ein flüssig’ Brot.
An Buschen [bäuerlicher Weinausschank] hat’s
hier keine Not [gibt es hier viele].
Bacchus [altrömischer Gott des Weines] zeigt
dem manch blaues Wunder,
der sich besoff mit Blau-Burgunder
[Spätburgunder, Pinot noir, ein französischer Rotwein].
C Chemie bleib’ stets dem Keller fern!
Auch den Chianti [Wein aus der Toskana] trinkt man gern.
Falsch ist’s, den Cabernet [französischer Wein] zu verachten
und nur nach dem Champagner [französischer Schaumwein] zu trachten.
D Dummheiten schwätzt man oft im Dusel [leichter Rausch].
Beim Destillieren [Schnapsbrennen] gibt’s auch Fusel [schlechter Branntwein].
Der Durst verursacht dumpfe Qualen.
Wer doppelt sauft, muss doppelt zahlen.
E Paragraph 11 ist ein Gesetz.
Ein Wein mit Essigstich ist lötz [schlecht].
Das Edelste aus eignen Landen
kriegst erst, wenn kein Export vorhanden.
F Fad schmeckt ein Funken ohne Feuer.
Die Flaschenweine [7/10 Liter] sind meist teuer.
Ein Fehler ist der Fassgeruch [unangenehmer Geruch im Wein].
Der feine Mann verschmäht den Fluch [das Fluchen].
G Den Geist des Weins gibt ihm die Gärung.
Guter Gesang gilt kaum als Störung.
Ein zarter Gaumen ist ein’ Gnade.
Gewürztraminer [ein bekannter Weißwein in Südtirol] hab’ zwölf Grade.
H Zu viel herbsüßer Hügelwein
kann hinderlich beim Heimgehn sein.
Im Herbste sei der Himmel heiter.
Ein Halbele [1/2 Liter Wein] bringt man leicht weiter [ist man leicht zu trinken imstande].
I J. Im Juli hört man oft schon fragen:
Ja wird dies Jahr genug wohl tragen?
Justiner [St.-Justina-Wein aus Rentsch] mundet jedem Kenner.
Der Juni kommt erst nach dem Jänner.
K Klar fließt der Kretzer [ein bestimmter Südtiroler Wein] aus der Kelter [dem Gärfass].
Der Kürbis ist auch Lepsbehälter [Leps: durch Überschütten der ausgepressten Trauben mit gezuckertem Wasser gewonnener leichter Hauswein].
Schwer kriecht man oft auf Kellerstiegen.
Kein Katzenjammer [schlechte Stimmung nach der Ernüchterung am nächsten Tag] macht Vergnügen.
L An [ungefähr] dreißig Liter fasst das Lagel [früher übliches kleines Weinfässchen in Südtirol].
Leiten [Rebhänge] und Land [Boden] fürchten den Hagel.
Lagrein liebt man zum Farbegeben [zum Dunklerfärben heller Weine].
Die Leber gibt oft Leid im Leben [Zirrhose].
M Beim Magdalener [St.-Magdalena-Wein in Rentsch] zu marenden [Jause am Nachmittag, mit Brot, Speck und Wein]
mag manchmal erst bei Mondlicht enden.
Der Muskateller [sehr süßer italienischer Wein] mundet herrlich.
Die weißen Mäuse [Entzugserscheinungen bei ausbleibendem Alkoholgenuss] sind gefährlich.
N November ist die Zeit des Neuen [neuen Weines, Törggelen].
Auch Nüchternheit kann man bereuen.
Noe war’s, der den Rausch erfand.
Norwegen ist kein Rebenland.
O Schön blüht der Oleanderstrauch.
Viel Obst wirkt blähend auf den Bauch [macht furzen].
Manch alter Wein trinkt sich wie Öl.
Omletten sind aus Ei und Mehl.
P Gemein ist jede Panscherei [Verdünnen von Wein mit Wasser].
Auf Sperrstund’ pocht die Polizei.
Praschlet [Maische, die geernteten Trauben] verkauft der Produzent
zum Preis auf Ehr’, den keiner kennt.
Qu Qualvoll ist’s, wenn ein Pokulant [gewohnheitsmäßiger Weintrinker]
zur Quarantäne [für längere Zeit Verzicht auf Wein] ist verbannt.
Am Quell die Maische zu verwässern wird kaum die Qualität verbessern.
R Die jüngsten Reben heißen Rasel [Setzlinge].
Rhein-Riesling [Riesling, Weißwein aus der Rheingegend] sprüht wie Gold im Glasel.
Vor Reblaus, Rost und Rebentod rette St. Urban Weiß und Rot.
S Sehr spritzig säuft sich der Sylvaner [ein bestimmter Weißwein],
wie Samt Sauvignon [ein milder französischer Weißwein] und Terlaner [weißer Wein aus Terlan].
Sodbrennen kommt von zu viel Säuern.
Wer Sekt [Schaumwein] zecht, zahl’ nur saftig Steuern.
Sch Schnaps schadet nicht nach Schweinernem.
Ein Schwips [leichter Rausch] beschwingt dich angenehm.
Die Schweiz kauft gerne schweren Wein.
Schwarzbrennen [Branntweinbrennen ohne behördliche Genehmigung] lass’ man lieber sein.
St Im Stalle stehet Stier und Kuh.
Ein Strohwitwer [ein Mann, dessen Ehefrau vorübergehend länger abwesend ist] hat seine Ruh’.
Stark, sagt man, tönen Stentor-Stimmen [sehr laute Männerstimmen].
Stuhl stellt man keinen auf beim Wimmen.
T Törggelen [spätherbstlicher Genuss des neuen Weines, mit verschiedenen Zuspeisen] lasst uns alle tüchtig!
Ein Tolm [Dummkopf], wer meint, das sei nicht richtig!
Der teuren Heimat Tröpflein fließen, um sie in Treue zu genießen.
U Das Zechen ohne Unterlage [nur Wein trinken, ohne auch etwas dazu zu essen]
gibt oft zu Unbehagen Klage.
Unsinn ist’s, den Urbanisegen [Urban ist der Weinpatron]
dem heil’gen Ulrich vorzulegen.
Ü Das Überetsch ist Rebenland.
Beim Wimmen, die Maische wird in die Kellerei geführt. Um 1936, von Wolfram Knoll.
Töbelen (schlechter Geruch im Weinfass) ist ein Übelstand.
Rein sei der Schlauch beim Überzieh’n [beim Verschieben des Weines mit Hilfe eines Schlauches aus dem Gärfass in das Holzfass], sonst lohnt sich übel dies Bemüh’n.
V Schädlich für Vieh ist Vitriol [ein bestimmtes Mittel gegen Rebenschädlinge].
Oft ist man mit vier Vierteln [1/4 Liter Wein] voll [betrunken].
Verschneiden [Vermengen verschiedener Weine] mit Vernatsch [in Südtirol häufiger Rotwein] ist Usus [allgemein üblich].
Veltliner [Wein aus der Gegend von Sondrio] liebte schon der Drusus [römischer Heerführer, † 9 v. Chr.].
W Den Wirten Weh [die soll der Teufel holen], die Wein verwässern!
Wer was versteht, wählt stets den bessern. Wahrheit, Witz, Weisheit, Wut und Wohl schenkt uns das Wunder Alkohol.
X Xerxes [† 465 v. Chr.] bekämpfte bös’ die Griechen.
Xelchtes und Xurtes soll nicht riechen.
Xund [gesund] ist ein Räuscherl oft einmal.
Kriegst du ein Xüff [Gesüff], so schlag Skandal.
Y Schon wieder dieses Ypsilon!
Yard, Yankee – und dann hängt man schon.
Nur mit der Yhrn [altes Weinmaß in Südtirol, ungefähr 77 Liter] mag’s noch gelingen,
dem Wein Ypsilon beizubringen.
Z Des Zechers Zung’ ist kaum beglückt beim ersten Zug des Weins, der zickt [einen unangenehmen Beigeschmack hat].
Gottlob, nun kommt die letzte Zeile,
Zeit ist’s zum Törggelen, ich eile!
Was dem Hungrigen der Braten,
was die Waffe dem Soldaten,
was die Staffelei dem Maler,
was dem Geizigen der Taler,
was dem Stiefelschaft die Sohle,
was der Dampfmaschin’ die Kohle,
was die Flügel dem Engelein
ist dem Bozner
der Lagrein.
Oswald Menghin
Den alten Wein – trink ihn allein!
Mit Weizenbrot, bei Kerzenschein
sollst du ihn zelebrieren.
Denn alter Wein ist mehr als Wein,
er birgt ein Geistlein ätherfein
und nicht zu exorzieren.
Wenn du den ersten Schluck getan,
erkennst du, dass dies nicht ein Wahn
nach Art der Zecherwitze.
Du spürst das Geistlein, leicht wie Luft,
unfassbar zart, voll edlem Duft,
auf deiner Zungenspitze.
Das Nass sucht sich den Weg zum Schlund.
Das Geistlein klettert aus dem Mund
empor in deinem Kopfe,
und eh’ du richtig es bedacht
und einen Vorsatz dir gemacht,
hat es dich schon beim Schopfe!
Der Wein ist ein Gottesgeschenk – für den, der ihn mäßig trinkt. Für manche andere aber könnte man ihn auch als Teufelsgabe bezeichnen. Und man kann auch leicht danach süchtig werden.
So etwa lebte vor vielen Jahren in Unterinn ein lustiges Manndl, das man den Lenz (Lorenz) nannte, und das eigentlich ein Maler war, aber einer, dem man das Himmelsgewölbe zum Anstreichen hätte geben können – weil sie oft beide gleich blau waren. Das war eine durstige Seele! Kein Kreuzer hielt es bei ihm in der Tasche aus, sondern bekam alsbald Heimweh oder Reißausfieber hinüber zum „Wunderwirt“. Da ging es auch immer lustig her, wenn der Lenz kam, denn der konnte gut singen und spielte die Zither, wie man es nur haben wollte.
Einmal hatte der Lenz bei den Schwestern ein Heiliges Grab zu machen. Das konnte er ausgezeichnet, und wie die römischen Soldaten schlafen und schnarchen, das machte ihm keiner nach. Aber der böse Durst kam ihm wieder in die Quere, und statt zu malen, saß der Lenz unten beim „Wunderwirt“ und blies die gläserne Trompete, was die Noten hielten. Das wurde der Frau Oberin endlich ein bisschen zu viel, und eines Nachmittags kam sie zum Lenz, in der einen Hand ein Stamperle Schnaps, in der anderen ein Krügl Wein, stellte beides vor ihn hin und sagte ernst: „Jetzt wähle, Lenz: beides zusammen geht aber nicht.“ Der Lenz schaute eine Weile von einem zum andern, vom Glasl zum Krügl und dann wieder vom Krügl zum Glasl! Die Wahl fiel ihm sichtlich schwer. Auf einmal blickte er die Schwester Oberin an und sagte: „Mutter Oberin, i brauch beides: das eine zum Leben, das andre zum Sterben“ – nahm das Glasl und das Krügl und trank sie beide über den Kopf aus.
Auch der alte Meister Franz hatte neben anderen Eigenschaften auch diese, dass er immer Durst hatte. Auch dann, wenn es gar nicht heiß war. So kam es, dass er anstatt in seiner Werkstatt und bei seiner Arbeit sehr oft beim Wirt zu finden war und sich dort mit alterprobten Mittelchen seinen brennenden Durst vertrieb. Seine Ehefrau sah das natürlich nur sehr, sehr ungern, aber so viel sie auch schimpfte und immer wieder schimpfen mochte, in diesem Punkt hatte sie einfach gar keinen Erfolg. Meister Franz blieb trotzdem durstig. Einmal war der Meister erkrankt, nichts Schlimmes, aber er musste doch etliche Tage daheim bleiben und im Bett liegen. Er regte sich über diese
Erkrankung auch weiter nicht auf, nur etwas plagte ihn und immer ärger: „Durst, Durst!“, so lag er seiner Frau dauernd in den Ohren. Aber so viel ihm die gute Frau auch Wasser und Wässerchen, Holundersaft, Himbeersaft und Limonade bringen mochte, dieses ständige „Durst, Durst!“ hörte nimmer auf.
Endlich sah sie wohl ein, dass ihr stures Verhalten beinahe schon an „Tierquälerei“ grenzte und dass sie nur ein Äuglein werde zudrücken müssen, und als der liegerhafte Meister sie wieder anflehte: „Durst, Durst! Lei (nur) ein Sechzehntel Wein, lei oan oanziges Sechzehntel!“, wurde sie weich, die gute Seele, und meinte: „A Sechzehntel? Tät’s net lei ein Achtel aa, Franz?“ „Wohl, wohl“, seufzte der, „ein Achtel tut’s für’n Moment schun aa, Luisa!“
Ein Burggräfler Bauer erkrankte einmal und musste sich zu Bett legen. Am Abend sagte er zu seinen Söhnen: „Buebm, geht’s jetz liegen (schlafen)! Aber wenn i an’ Durst han, müesst’s mir a Bitterle (ein Holzfässchen) Wein vom Keller auerholen.“ „Ja, Voter, dös wissen mir ja aber nit, wenn Ös epper Durst habt’s!“ „A was“, war die Antwort, „Durst han i alleweil (immer)!“
Auf einem anderen Hof war der Bauer ebenfalls erkrankt und lag im Bett. Als er sich schon wieder auf dem Weg der Besserung befand, besuchte ihn ein Nachbar – und fand den Genesenden ganz niedergeschlagen vor. „Stell dir vor“, jammerte er dem Besucher entgegen, „stell dir vor, Sepp: I mog ’n Wein nimmer! Kuan Wein mehr mag i! Muansch, dass mir dös epper … bleiben kannt??“ (Sowas wäre freilich furchtbar, keinen Wein mehr zu mögen!)
Aus der „Südtiroler Weinfibel“
von Karl Theodor Hoeniger, gekürzt
Weinreisen sind meist nicht beschwerlich, doch, wie man sagt, nicht ungefährlich. Man nennt es unschuldsvoll „törggelen gehn“, worunter die einen scheinheilig verstehn einen Herbstausflug nach alter Regel mit Frau und Hausfreund, Kind und Kegel, bei dem man zum Abschluss kehrt irgendwo ein auf gebratene Kesten und neuen Wein. Worauf man gesättigt und reichlich vergnügt sich heimwärts wieder ins Bett verfügt.
Nicht ganz so harmlos geht’s zu, wenn nur Männer,
meist ausgepichte, geeichte Kenner
oder Leute, die sich für solche halten,
„Lagreinköpfe“ auf den beleibten Gestalten,
krebsrot und verschwitzt, unter Lachen und Fluchen
einen richtigen Leitenweinbauern heimsuchen,
um dort zu törggelen und zu „marennen“.
Die Gattung Weinbeißer muss man kennen,
die wissen, was gut ist in allen Belangen.
Mit einem Schnapsl wird angefangen,
dann, wenn es sich jeder bequem hat gemacht,
wird ausgepackt, was man mitgebracht
zum Schnabulieren an Delikatessen,
denn wer recht viel trinken will, muss auch viel essen.
Der Bauer schleppt „kiloweis“ Wein aus dem Keller,
die Bäuerin bringt auf hölzernem Teller
noch Speck und Geselchtes und nach einer Pause
„Kaminwurzen“, und um dieser nahrhaften Jause
noch einen warmen Abschluss zu geben,
geräucherte Hauswürst’ mit Ruebkraut, die heben
als Unterlag’ etlicher Liter wieder
für unsere nassfütternden „Törggelebrüder“.
Erst lang nach dem Zunachten brechen sie auf
unter fröhlichem Lachen mit sattem Geschnauf’.
Allmählich verlieren sich ihre Stimmen
im Schweigen der Nacht, von fernher nur glimmen
noch ihre „Batt’rien“, die der „stotzvollen“
Gesellschaft „hin und hin“ heimleuchten sollen.
Von Erich Kofler
Über’n Fennberg rutscht die Sunn in die Nåcht,
no’ glüeht die Roatwånd wie Wein.
Hearsch, Madl, wia’s ållweil im Keller kråcht –
Zeit muess es zum Törggelen sein!
Gib åcht, ban Törggelen
kemmen die Nörggelen,
schütt’n ’n Wein
literweis ein!
Die Köscht’n sein schun gebrot’n,
die Nuss’n klock’ mer glei’ au,
når sing’ mer mit ins’rer schianen Stimm’
a fuirigs Torggllied drau.
Gib åcht, ban Törggelen
kemmen die Nörggelen,
hängen dir un
an’ saggrisch’n Fuhn!
Im Pånz’n glurlt der nuie Wein,
was håsch’ denn, schmeckt er net guet?
Der Hoamat a Glasl! Jetz sei grod fein –
wersch sechn, wia guet er dir tuet!
Gib åcht, ban Törggelen
kemmen die Nörggelen,
hupfn dir ins G’sicht;
wear lei net znicht!
A Glasl und no oans, a Bussl drzue,
und hoamlich låcht schun der Mun,
die Nanndl gibt B’schoad ihrm saggrischn Bua
und låcht’n ålleweil un.
Gib åcht, ban Törggelen
kemmen die Nörggelen,
die Welt isch so blau –
Madl, pass au …
„Essen und Trinken hebt Leib und Seel’ zusammen.“ So lautet ein alter Tiroler Spruch. Und die Knödel bilden die Lieblingsspeise der Tiroler. Sie sind geradezu unsere Nationalkost.
Der größten Beliebtheit erfreuen sich die weißen Knödel, aus Weizenbrot und Weizenmehl. Sie enthalten meist klein geschnittene Speckstücke. Daneben gibt es aber auch schwarze Knödel, aus Buchweizenmehl. Sie werden „plentene Knödel“ genannt. Und dann gibt es auch noch Kasknödel, die ein Stück Käse enthalten. Sie wurden früher gern in der Fastenzeit gegessen.
Soll ein Knödel richtig sein, so darf er weder zu „latschet“ (weich) noch zu hart sein. Die Köchin sagt: „Ein rechter Knödel muss ‚rogl‘, das heißt locker sein.“
Beim Knödelessen wird eine gewisse Reihenfolge eingehalten: zuerst ein, zwei „zu Wasser“ und dann ein paar „zu Lande“ (das heißt zuerst mit Suppe und dann einige mit Salat oder Kraut).
Von Hugo Graf Enzenberg
Knödel, geliebter tirolischer Knödel! Wie man’s betrachten mag, zeigst du dich edel: Vornehm allein schon durch deine Gestalt, nützlich und lieblich durch deinen Gehalt. Rundung ist sicher ästhetische Form, folgt auch genau mathematischer Norm.
Schwimmst auch stolz, so beredt und doch stumm,
in der Supp’ nur mit deinesgleichen herum.
Und in der Nähe als duftende Braut
harret schon deiner gedünstetes Kraut.
Lieblicher Anblick: die Augen von Speck.
Hungrige speisen: dein menschlicher Zweck.
Schwächlich getroffen, da kugelst du weiter,
kräftigem Gabelstoß fügst du dich heiter.
„Einmal muss Mensch ja und Knödel erliegen,
füg’ dich dem Schicksal“, so denkst du gediegen.
Knödel, fresslieber tirolischer Knödel!
Wie man’s betrachten mag, zeigst du dich edel.
Trotz alledem ist, o Undank der Welt,
noch dem Erfinder kein Denkmal gestellt.
Von Hermann von Gilm
Ich bin ein Mensch und habe drum –
gleich andern – meine Schwächen.
Auch mein’ ich, es sei mehr als dumm,
nicht frei davon zu sprechen.
Kein schlankes Bein, kein glatt’ Gesicht
bringt so mich aus dem Gleichgewicht
als ein Tiroler Knödel.
In Kehlburg bei der Maipartie,
wie schlich ich um die Küche!
In meinem Leben schmeckt’ ich nie
so himmlische Gerüche:
der fette Rahm, das weiße Brot,
an Fleisch und Speck war keine Not,
und mehr als hundert Eier.
Schlag zwölfe kam der Suppentopf.
Was „Topf“! Ein Schaff, ein Kübel!
Ich denk’ für mich in meinem Kopf:
Zu viel ist hier kein Übel.
Ich nahm zwei Knödel, zart und lind
und zitternd, wie im Abendwind
die Pappeln von Brunecken.
Drauf goss ich fette Suppenbrüh’;
wie schwammen sie hinunter!
Kein Fischlein schwimmt in aller Früh’
so selig und so munter.
Zwei ziert’ ich auf mit Sauerkraut;
mir war, als legt’ ich meiner Braut
das Kränzlein um die Stirne.
Nun lös’ ich – niemand wird’s gewahr –
Ein’ Knopf an meiner Hose
und lege mir das letzte Paar
in eine braune Sauce.
Mein Nachbar schenkt mir fleißig ein:
sechs Knödel und sechs Seidel Wein,
das ist kein Missverhältnis.
Und als ich auf den Magen schlug:
„Wie geht’s dir, alter Brummer?“
So meint’ er gleich, er hätt’ genug
für einen sanften Schlummer.
Ich tu’ dem Alten, was er will;
drum stand ich auf und dankte still
dem Herrgott für die Mahlzeit.
Von J. Schenk
O Knödel, Atzung uns’rer Väter
und Mark der Helden von Anno Neun!
Ich möchte eures Ruhms Trompeter,
ja selbst ein Knödelkessel sein!
Ich meine die Tiroler Knödel
aus Brot, Mehl, Eier, Milch und Speck,
nicht etwa andere fremde Mödel,
die sind dagegen reinster Dre…
Wer mag euch wohl erfunden haben?
Wie nannte sich der große Geist?
Wo liegt sein heiliger Leib begraben?
Wo ist ein Forscher, der’s uns weist?
Betrachtet doch, wie reine Menschenliebe
vom Antlitz Knödelsatter strahlt
und keiner der gemeinen Triebe
in dem zufriednen Aug’ sich malt.
Oh, dass die ganze Menschheit hätte
genügend Knödel jeden Tag!
Die Erde wäre dann, ich wette,
ein Paradies, kein Ort der Plag’!
Von Hans Fink
In den mageren Jahren zwischen den beiden Weltkriegen hat’s bei den Bauern im Eisacktal täglich zu Mittag die plentenen Knödel gegeben. Und wo der Speck gefehlt hat, sind sie natürlich besonders trocken und „gleim“ ausgefallen.
Da kommt einmal ein Bettler auf einen Hof, bettelt um etwas zu essen und kriegt einen plentenen Knödel aufs Katzentischl serviert. Der Mann versucht, die Kugel auseinanderzustechen, schlüpft aber mit der Gabel ab, der Knödel hüpft aus dem Teller und zum Fenster hinaus, fällt unten auf einen Dengelstock, schlägt Feuer … und der ganze Hof brennt ab!
Von Josef Wenter
Kirnig muss er sein, der Speck, die „Foasten“ schön weiß und ein bissl ins Rötliche schimmernd, und das Magere blutrot bis ins Bräunliche. Nach Rauch muss er schmecken und so zwischen lab und rass soll er sein, dass man kein Salz dazu braucht, denn das Salz beißt auf der Zunge und nimmt den feinen Gusto.
Zu einem echten und rechten Tiroler Speck gehört ein „Kuiweindl“, also eines, das man „kuien“ (kauen) kann. Das kann ein Kalterer sein, oder ein Sankt Paulser, ein Missianer, ein Guntschnaer, ein Küchelberger oder ein Lagrein. Er soll ein bissl ins Bräunliche spielen, wie das Magere beim richtigen Speck.
Langsam einschlürfen, recht langsam. Andächtig und mit zugedrückten Augen soll man den Wein ein wenig vorn im Mund halten. Dann den Schluck langsam nach hinten lassen, wo die „Stockzähn“ sind. Dort schmeckt er so richtig. Jetzt ist der Schluck unten, und es geht eine feine Wärme durch den Magen.
Schon vorher hast du das Trumm Speck ordentlich angeschnitten.
Besonders gut schmeckt es, wenn man zum Wein ein echtes, nicht zu hartes und nicht zu weiches „Breatl“ isst, eines vielleicht, das noch nach dem Backofen riecht und wo du die Finger voll Mehl kriegst, wenn du es brichst. Schöne Stückln schneiden.
Dem Wein zuerst den Speck und dann das Brot nachschicken.
Und immer recht dankbar sein, dass du es so gut hast.
Gute Mahlzeit! Sarner Kinder beim Essen. Um 1936, von Wolfram Knoll.
Ein Rittner Bauer beim Pflügen. Im Hintergrund Tschafon und Hammerwand sowie der Rosengarten. Um 1935, von Wolfram Knoll.
Auf einem Jagdausflug machte Kaiser Franz Joseph einmal Rast in einer kleinen Almhütte oder „Kaser“, wie sie die Einheimischen nannten, und bekam von den Bewohnern der Hütte einen „Schmarrn“ vorgesetzt, der ihm ganz besonders schmeckte. Gut gelaunt bemerkte er: „Dieser Kaserschmarrn wäre wohl würdig, Kaiserschmarrn genannt zu werden.“
Seither nannten die dortigen Almer ihren „Schmarrn“, wie vom Kaiser selbst vorgeschlagen, stolz „Kaiserschmarrn“. Sie setzten diesen „Schmarrn“ auch noch anderen vor und erhielten immer viel Lob dafür – aber das Rezept, wie sie ihren „Kaiserschmarrn“ zubereiteten, das verrieten sie niemandem.
Später aber wurde es doch einmal verraten. Im Folgenden sei das Originalrezept des „Kaiserschmarrns“ mitgeteilt, sodass es jeder, der sich nicht vor der Kalorienmenge scheut, nachkochen kann. Zu beachten, dass man aus den angegebenen Mengen vier bis sechs Portionen „Kaiserschmarrn“ erhält, die als Hauptgericht dienen können.
Zutaten: 1/4 Liter Milch, 1/4 Liter süßer Rahm, 5 Eier getrennt, 1 Esslöffel Zucker, 400 Gramm Mehl, 30 Gramm fein gehackte Mandeln, 100 Gramm Rosinen, 1 Prise Salz, ca. 60 Gramm Butter, 1 Glas Rum, Vanillezucker zum Bestreuen.
Man lasse die Rosinen in dem leicht angewärmten Rum ganz aufweichen.
Milch, Rahm, Eidotter, Zucker, Mandeln und eine Prise Salz gut miteinander verquirlen und die abgetropften Rosinen und das sehr steif geschlagene Eiweiß unter die Masse geben.
Ganz nach der Größe der Pfanne kommt nun mehr oder weniger Teig in die heiße Butter. Die Teigschicht sollte nicht höher als ein Zentimeter in der Pfanne sein. Man kann also eventuell jeweils nur die Hälfte backen.
Kornfeld am Ritten, gegen den Rosengarten gesehen. Um 1936, von Wolfram Knoll.
Die untere Seite schön braun werden lassen und auch die andere Seite anbräunen, bevor man den Schmarrn mit zwei Gabeln in große Brocken reißt; nun alles unter öfterem Umwenden von allen Seiten schön braun werden lassen.
Der Schmarrn muss ganz heiß serviert werden; man verteilt ihn deshalb gleich auf die erwärmten Teller und streue über jede Portion reichlich Vanillezucker. Dazu gibt’s Apfelmus oder ein Kompott nach Wahl.
Hildegard Seeber
„Muatt’r, tuasch heint Krapfen bachen?
Bitt schian, lass’ mi’ aa oan machen!“
„Na, na, du willsch mer lei ’n Toag vertaggn, han net so viel!
Für enk Kinder isch eh alls lei a Spiel.
Herrschaft, Bua, reiß mer net die Herdstang’ auser!“
„I will ja lei a bissl turnen, Muatt’r, schaug –“
„Hör au’ und gib a Ruah, du damischer Lauser!“
„Nannl, bring mer die Milch aus der Speis,
obr tua sie mir net verschütt’n,
möcht i di’ bitt’n.“
„Muatt’r, gell, jetz darf i die Bachpfann übertüan?“
„Na, no’ net, sunscht werd mer ’s Schmalz
viel zu hoaß und die Krapf’n bleib’n net schian.“
„Obr innileg’n darf i sie nachr schun, in die hoaße Pfann?“
„Nicht zu mach’n! Du lasch es lei arg spritz’n,
nachr hat man die Fettfleck üb’rall sitz’n.“
„Na, na, i pass schun guet au!“
„Ja guet nachr, geah halt her und schau –
langsam, langsam, net a so gach!
Ja lass dir Zeit!
So, jetz hätt’n mer sie fertig für heit’.
Jetz’ setzt enk alle her zum Tisch
und esst dö Krapf’n, guet und frisch.
Obr bittet um Gottes Seg’n
und dankt für die Gaben,
weil mer alle Tog ünser Ess’n haben!“
Erinnerungen an Advent und Weihnacht in der Kindheit
M. A. R.
Nikolaus- und Krampustag: Die Krampusse randalierten abends in den Gassen herum, darum war es nicht ratsam, vor die Tür zu gehen. So sperrten unsere Eltern schon früh die Haustür zu, weil sie nicht wollten, dass die Krampusse die Kinder erschrecken sollten; denn die Erziehung übernahmen schon die Eltern, da brauchte es keine Krampusse.
Auch den Nikolaus bekamen wir nicht zu Gesicht; der kam über Nacht. Nach dem Abendessen stellten wir dem Nikolaus ein Stamperle (kleines Gläschen) Schnaps hin und ein Tschüppele (einen Bausch) Heu für sein Eselchen, denn sie hatten einen weiten Weg bis zu unserem Häuschen herauf. Sodann stellten wir – jeder von uns – ein Tellerchen mit einem Zettel und dem Namen auf den Tisch und gingen erwartungsvoll zu Bett. Am Nikolaustag waren dann unsere Teller hoch aufgerichtet mit Äpfeln, Nüssen, Feigen, Erdnüssen, Datteln, Zuckerlen und „Schokoladelen“ gefüllt. Das war ein Jubel und eine Freude!
Adventzeit: Da waren diese herrlichen „Goldenen Ämter“, auch „Rorate“ genannt. Schon sehr früh gingen wir, mit einer Laterne, hinab zur Kirche, die so hell erleuchtet war und wo so schön gesungen und gefeiert wurde. Das war so richtig Vorbereitung auf das heilige Weihnachtsfest. Wir Kinder bemühten uns, recht brav zu sein. Zu Hause roch es so wunderbar nach Weihnachtsbäckereien und Zelten. Hin und wieder gab uns die Mutter einen „Koster“.
Heiliger Abend: Das Haus wurde blitzblank und sauber geputzt und aufgeräumt. Nach dem Abendessen schmückten wir den Christbaum, den unser Vater aus dem Wald holte, schön auf mit Engelshaar, Sternen, Kerzlein und Sternspritzern, winzig kleinen Äpfelchen, die unser Vater selbst züchtete, und Keksen und Zuckerringlein. Darunter kam dann die Krippe mit dem Jesuskind, Mutter Maria, heiliger Josef, Hirten und Schäfchen und die Drei Weisen aus dem Morgenland. Wir versammelten uns in der Stube, sangen Weihnachtslieder und gingen dann zeitig schlafen.
Weihnachten, heiliger Christtag: Schon früh schlichen wir uns in die Stube hinab, um zu sehen, ob das Christkind gekommen ist. Oh, welche Freude und welches Glück! Das Christkind war gekommen! Es brachte uns warme Sachen, wie Socken, Handschuhe, Unterwäsche, dazu Taschentücher, Schulsachen und Naschwerk. Den Kleinsten brachte es ein Püppchen zum Spielen, den etwas Größeren ein Pferdchen und Wägelchen aus Holz, schön lackiert. Dem Vater brachte es eine neue Pfeife, der Mutter ein warmes Kopftuch oder eine Schärpe. Alle waren wir glücklich und zufrieden und dankten dem Christkind von Herzen.
Von Peter Paul Rainer
„Schaut einmal zum Fenster hinaus, Kinder!“
„Es schneit!“
Der Schnee flog in dichten Flocken vom Himmel herab.
„Jetzt stäubt der heilige Bischof seinen goldenen Mantel aus“, erzählte die Katl. „Lauter weißer, feiner Himmelsstaub! Der liegt dann den ganzen Winter über auf der Erde und deckt die Blumen zu, damit sie nicht erfrieren.
Ja, der heilige Nikolaus, das ist ein lieber, guter Mann! Ganz zuoberst sitzt er im Himmel, gleich unterm Herrgott! Und wisst ihr, warum? Weil er auf Land und Leute einen guten Ausblick haben muss, denn er ist der Beschützer der Saatkörner im Ackerboden, der Blumen auf der Wiese – und der Kinder in den vielen, vielen Häusern der Welt. Jedes kennt er, von jedem weiß er. Alle sind sie in ein Büchlein eingetragen, du – und du auch! Wann ihr geboren seid, wer die Eltern sind, ob ihr jeden Tag fleißig in die Schule geht, was ihr lernt, wie ihr esst und trinkt, und ob ihr beim Beten schön die Hände aufhebt.“
Wie die Flocken draußen tanzten!
„Hat der heilige Nikolaus aber einen staubigen Mantel!“
Peterl schaute zum Fenster hinaus.
Die Katl sagte: „Immer schön brav sein! Sonst geht der heilige Nikolaus vorbei und sieht dich nicht und will nichts von dir wissen.“
Endlich kam der große Tag, der sehnsüchtig erwartete, wo der heilige Nikolaus kommen sollte. Im Wohnzimmer wurde der Tisch gedeckt.
Da klopfte es an die Haustür.
„Wer ist draußen?“, fragte die Katl als Pförtnerin.
„Der heilige Nikolaus!“
„Der Nikolaus!“, rief Peterl voll Angst und Freude. Katl sperrte auf. Dann sagte sie feierlich: „Der heilige Nikolaus ist da!“
Die Mutter stand auf. „Nur keine Angst haben“, tröstete sie die ängstlichen Kinder, „ich werd’ ihm schon sagen, dass ihr brav gewesen seid.“ Die Tür ging langsam auf. Eine Weihrauchwolke flog ins Zimmer. Der heilige Nikolaus trat gebückt durch die Tür. Er war sehr groß, ein langer, weißer Bart wallte ihm nieder auf die Brust. Jetzt sagte der heilige Bischof langsam mit tiefer Stimme: „Grüß Gott, liebe Leute! Ich bin der heilige Nikolaus und komme, die braven Kinder zu belohnen.“
Da rasselte es draußen im Gang.
„Der Krampus!“, schrie Ida.
„Wirst du draußen bleiben, Krampus! Unsere Kinder sind brave Kinder!“, rief die Katl zur Tür hinaus.
Der heilige Nikolaus aber sagte: „Fürchtet euch nicht, meine lieben Kinder! Ich kenn’ euch schon und weiß nur Gutes von euch. Gelt, Peterl, du hebst beim Beten immer schön die Hände auf?“ Der allwissende Nikolaus!
„Ja“, antwortete der Bub verschüchtert.
„Und du, Ida, tust brav Puppen spielen und in der Schule schön schreiben.“
Idas Augen leuchteten in strahlender Freude.
„Und auch ihr anderen seid alle brav – Frau Mutter, Ihr könnt mit allen eine Freude haben!“, sagte
der heilige Mann.
Dann segnete er die Stube mit seinem heiligen Stab.
Die Kinder atmeten auf. Jetzt erst wagten sie es, dem Heiligen ins Gesicht zu schauen.
Dann sagte er zur Katl: „Trag den Korb herein, der draußen im Hausgang steht. Die Engel im Himmel haben mir viel Schönes für die braven Kinder mitgegeben.“
O glückliche Katl! Sie durfte den himmlischen Korb tragen. Kaum, dass sie ihn schleppen konnte. „Sitzen bleiben!“
Die Mutter vermochte die Kinder kaum mehr zurückzuhalten.
Der heilige Nikolaus beugte sich nieder, öffnete den Korb und hob ein großes Schaukelpferd heraus.
„Das ist für den Peterl“, lächelte der heilige Mann, „und bleib nur immer hübsch brav!“
Peterl sah und hörte nichts mehr, so glücklich war er.
Dann kam Ida an die Reihe.
„Dir hab’ ich die schönste unter allen Himmelspuppen ausgesucht, mit Augen, die auf- und zugehen. Gib acht auf sie und spiel’ mit ihr fein brav! Dass ihr mir ja aber nie mehr zu streiten anfangt!“
Der heilige Mann beteilte sodann auch noch die größeren Kinder. Dann sagte er:
„Und jetzt, meine Kinder, kehre ich wieder zurück zu dem, der mich gesandt hat.“
Er segnete alle, die da waren, die Eltern, die Katl, die größeren Kinder und ganz besonders auch den Peterl und die Ida. Und langsam, wie er gekommen war, verließ der heilige Nikolaus das Zimmer. Als sich die Tür hinter ihm schloss, ging der Kinderjubel los. Alle freuten sich über den Besuch des heiligen Nikolaus und die Geschenke.
Am nächsten Tag hackte der Fischer-Lois, ein großer und kräftiger Mann, der manchmal für die Familie arbeitete, im Hof Holz, und da fragte er die Kinder: „Ist der heilige Nikolaus wohl da gewesen?“
Da starrte ihn das Peterl an und flüsterte der Ida ins Ohr: „Du, der redet wie der heilige Nikolaus.“ Und später, als sie im Haus waren, sagte er nochmals zu Ida: „Der hat wirklich genau so geredet wie gestern der heilige Nikolaus.“
Da lachte Ida hell auf: „Der Fischer-Lois und der heilige Nikolaus! Ha, ha! Mutter, der Peterl hat g’sagt, der Fischer-Lois red’t wie der heilige Nikolaus!“
Und entrüstet wandte sie sich zum Bruder und sagte: „Na bist du dumm! So dumm!“
Es verging ein Jahr.
Im nächsten kam der heilige Bischof wieder. Mit der gleichen Feierlichkeit und dem gleichen Korb mit den Geschenken darin.
Als die Kinder dann nach der Bescherung schlafen gingen, ging der Peterl zufällig an der Küche vorüber, und da stand die Tür einen Spalt weit offen. Neugierig, wie Buben einmal sind, blickte Peterl hinein – und was sah er?
Da saß ja der Fischer-Lois am Tisch und hatte ein Glas Wein vor sich – und neben ihm stand die Bischofsmütze auf dem Tisch, und der Bart, den er abgelegt hatte, lag daneben.
Dem Peterl verschlug es fast den Atem. Er lief hinauf ins Kinderzimmer und sagte dort zu Ida: „Du, ich hab’ grad erst den heiligen Nikolaus gesehen.“
„So? den heiligen Nikolaus? und wo?“
„Ja, er sitzt unten bei den Eltern in der Küche und hat ein Glas Wein vor sich. Und neben ihm sind auf dem Tisch die Bischofsmütze und der Bart. Und es ist der Fischer-Lois!“
Ida schaute ihn entgeistert an und sagte dann: „Das glaub’ ich nicht!“
„Doch, es stimmt!“
„Nein, es ist erlogen!“
„Ich lüg’ nicht!“
„Und ich sag’ morgen der Mutter, dass du den heiligen Nikolaus verspottest.“
„Ich verspott’ ihn nicht – es ist ja der Fischer-Lois und nicht der heilige Nikolaus!“
„Bist du dumm!“
Da schaute die Katl zur Tür herein und schimpfte: „Himmelsapperlott, Kinder, wollt ihr endlich
schlafen?“
Eine Weile sagte der Peterl nichts, dann aber, als die Katl wieder verschwunden war, sagte er zu seiner Schwester: „Du bist dumm!“
Und zog sich das Federbett über den Kopf. Dann schliefen sie ein und war der Streit damit für diesen Abend beendet.
M. A. R.
Als ich noch ein Kind war und an das Christkind glaubte und auch der Meinung war, dass dieses alle gewünschten Dinge nur so oben im Himmel hernehmen könne, ohne sie bezahlen zu müssen, da schrieb ich ihm ein Brieflein und legte ihm darin ausführlich meine Wünsche dar:
„Liebes Christkind, ich bitte Dich, bring mir: eine richtige Nähmaschine, dass ich fest nähen kann, ferner eine schöne Puppe, die die Augen auf und zumacht und ‚Mama‘ sagen kann, dann ein richtiges Fahrrad, dass ich schnell fahren kann, und dazu noch viel Naschwerk und gutes Obst!“
Dann legte ich das Brieflein vor das Fenster. Als dann der Christtag kam, waren die Teller meiner Geschwister schön gefüllt – meiner aber, o Schreck, war leer. Nur ein wenig Obst war darin.
O war das eine Enttäuschung, die weh tat! Die Tränen flossen reichlich. Meine Mutter aber sagte: „Ja was meinst du, dass dieses kleine, zarte Christkindl so viel vom Himmel heruntertragen kann? Und dann, weißt du, andere Kinder will es auch beschenken, da darf es nicht so viel nur einem einzigen Kind bringen. Man darf sich deshalb nur wenig wünschen und muss bescheiden sein!“
Als dann wieder Weihnachten kam, schrieb ich: „Liebes Christkindl, bitte bring mir was du willst, ich will mit allem zufrieden und recht brav sein!“ Am Christtag dann war mein Tellerchen aufgehäuft voll mit Äpfeln, Orangen, Feigen, Nüssen, Lebkuchen und Datteln, und daneben lag ein
Päckchen mit einem schönen warmen Stoff für ein Hemd.
Mein Glück war schier vollkommen, und nie mehr habe ich dem Christkind jemals noch derartig viel abgewünscht wie damals, als ich eben erst eine Feder zu führen imstande war.
H. K.
Eine besondere Spezialität meiner Mutter war das Herstellen von Weihnachtsgebäck. Ihre Lebkuchen waren in der ganzen Nachbarschaft berühmt, und auch ihre Zimtsterne und „Bärentatzen“ gaben den Lebkuchen nichts nach.
Für uns Kinder war der Tag, an dem die Mutter mit der weihnachtlichen Backerei begann, ein besonderer Freudentag, den wir kaum erwarten konnten. Wir wichen nicht mehr von ihrer Seite, und auch Vater ging an diesem großen Tag nicht aus dem Haus. Unter dem Vorwand unaufschiebbarer häuslicher Reparaturarbeiten war er stets in der Nähe der Küche zu finden, wobei es sich ganz von selbst ergab, dass auch er ausgiebige Kostproben von den milden Sachen nahm, die die Mutter verarbeitete. Er pflegte zwar immer zu behaupten, er mache sich aus dem „süßen Zeug“ nicht viel, doch wenn das Fest dann da war, sah er darauf, dass auch er seinen Anteil am süßen Backwerk bekam. Die Mutter sagte nichts, sondern lächelte nur, wenn Vater, der sich angeblich aus dem „süßen Zeug“ nicht viel machte, seinen Teil schneller aufgegessen hatte als wir Kinder.
Weihnachtsduft durchzieht das Haus …
Wieder stand ein Weihnachtsfest vor der Tür. Mutter hatte ihre Lebkuchen, Zimtsterne und „Bärentatzen“ bereits gebacken und den ganzen süßen Segen irgendwo versteckt, wie sie das Jahr für Jahr machte, um zu verhindern, dass wir das Fest ohne Backwerk verbringen mussten.
Egon, der älteste von uns drei Geschwistern, hatte bereits drei vergebliche Vorstöße unternommen, Mutter zur Herausgabe einiger „Musterlen“ zu bewegen. „Nein, erst am Heiligen Abend – vorher gibt es nichts mehr!“, war ihre Antwort gewesen. Und auch der Vater, der sich für „seine armen Kinder“ ins Zeug legte, wurde glatt abgewiesen und zog sich grollend hinter eine Zeitung zurück.
An diesem Abend konnten wir Kinder nicht gleich einschlafen. Egon fing immer wieder von den Lebkuchen an, die in diesem Jahr noch besser geworden seien als je. Er wisse vielleicht auch, wo sie so ungefähr seien; er habe schon ein bisschen in der Wohnung herumgeschnüffelt und dabei festgestellt, dass es in einem bestimmten Zimmer viel stärker nach Lebkuchen rieche als in den anderen Zimmern. Dort habe sie Mutter wohl versteckt. Da wir alle so richtig Lust auf ein paar Lebkuchen hatten, fand sein Vorschlag, nachher, wenn die Eltern schon schlafen würden, „ein bisschen nachzusehen“, keinerlei Widerstand. Pepi war noch zu jung für moralische Bedenken, und ich selbst aß nun einmal Mutters Lebkuchen für mein Leben gern.
Auf der Suche nach den süßen Sachen
Eine Stunde später, als die Wohnung in tiefem Dunkel lag, stiegen wir vorsichtig aus den Betten. Egon sagte gleich, dass wir kein Licht machen dürften, um die Eltern nicht zu wecken. Wir müssten wie die Indianer an ihrem Schlafzimmer vorbeischleichen. Langsam krochen wir über den Korridor, Egon vorne, dann ich und am Schluss der kleine Pepi, der sich bei der Krabbelei im Dunkeln ein bisschen fürchtete und sich deshalb an meinem Nachthemd festhielt. Einmal schien es uns, als sei die Schlafzimmertür der Eltern gegangen, doch da nichts weiter erfolgte, krochen wir weiter. Schließlich waren wir in dem bestimmten Zimmer. Egon flüsterte, wir sollten in der Mitte des Zimmers stehen bleiben, er werde jetzt die Lebkuchen suchen. Dass hier irgendwo Lebkuchen sein mussten, stand außer Zweifel; es duftete einfach wunderbar danach.
Wir hörten Egon im Zimmer herumgehen. Er schnüffelte wie ein Jagdhund, der die Spur eines Wildes verfolgt. Nach einer Weile rief er leise: „Ich hab’ sie! Hier in der Kommode müssen sie sein! Aus den Ritzen riecht es besonders herrlich.“
Vorsichtig gingen wir zu Egon hin. Er war schon dabei, die Kommode zu öffnen, doch das wollte ihm offenbar nicht gelingen.
„Sie ist abgeschlossen!“, flüsterte er dann. Und weiter: „Au weh, so kurz vor dem Ziel, und jetzt bringe ich die Kommode nicht auf.“
Ohne lange nachzudenken, meinte ich: „Da brauchen wir jetzt ein Stemmeisen.“
„Stemmeisen, ja“, hörte ich hinter mir den Pepi plappern.
„Seid ihr wahnsinnig? Wir werden doch nicht die schöne Kommode kaputt machen? Die Lebkuchen bekommen wir auch so – mit Köpfchen nämlich!“
„Ja wie ‚mit Köpfchen‘?“, fragte ich Egon. „Die Kommode geht wohl nur mit einem Schlüssel auf?“
„Eben, und deswegen werden wir jetzt den Schlüssel suchen, und dann sind wir am Ziel.“
„Aber wo suchen?“, fragte ich ratlos.
„Wo suchen?“, drauf Egon, „das ist eben unser Problem. Aber wir werden ihn schon finden, die Mutter hat ihn bestimmt hier irgendwo im Zimmer versteckt.“
„Aber wo?“, sagte der kleine Pepi.
Egon ging vorsichtig im dunklen Zimmer herum und tappte da und dort hin, in der Hoffnung, den versteckten Schlüssel zu finden. Aber so viel er auch versuchte, er fand ihn nicht.
„Ja wenn wir ein Licht hätten, würden wir uns beim Suchen leichter tun“, meinte Egon, „aber das geht nicht, sonst merken’s vielleicht die Eltern.“
„Und wenn wir die Tür zumachen?“, kam mir ein Gedanke, „dann würde das Licht nicht auf den Gang hinausgehen.“
Ganz langsam und vorsichtig schlossen Egon und ich die Tür. Und als wir sie dann endlich fast zu hatten, da hörten wir hinter uns den kleinen Pepi rufen: „Ich hab’ den Schlüssel, da ist er!“
„Mensch, nicht so laut!“, rief Egon im Flüsterton, „du weckst ja das ganze Haus auf.“
Aber es lag offenbar kein Segen auf unserem Tun, denn schon fiel dem Pepi der Schlüssel aus der Hand und auf den Boden, und Pepi begann zu weinen.
„Bist du wahnsinnig!“, schimpfte Egon im Flüsterton zu Pepi, „auch noch weinen!“ – und dann stieß er unversehens an einen Stuhl, dass es einen richtigen Rumpler tat.
Ende gut, alles gut
Da ging plötzlich die Tür auf und wurde Licht gemacht, und der Vater stand in der Tür und wusste zuerst nicht, was er sagen sollte. Dann aber erfasste er die Lage und sagte, halb tadelnd, halb anerkennend: „Also mitten in der Nacht geht ihr auf Raub aus und wollt die Lebkuchen finden.“
Dann sah er den Schlüssel auf dem Boden liegen und hob ihn stillschweigend auf. Sodann ging er aus dem Zimmer und kam eine kurze Zeit später mit der Mutter zurück. Diese war in ihren schönen grünen Morgenrock gekleidet und sah ziemlich verschlafen aus.
„Ah, der Pepi ist auch dabei!“, sagte sie, als sie ihren Jüngsten im Zimmer erblickte.
Vorwurfsvoll blickte sie in die Runde. „Also das hätte ich mir wirklich nicht gedacht, dass ihr euch bei geschlagener Nacht auf die Suche nach den Lebkuchen machen würdet. Das ist nicht recht von euch, das hätte ich mir nicht erwartet.“
Keiner von uns sagte etwas, wir blickten nur verlegen zu Boden.
„Und jetzt alle marsch ins Bett, und ich hoffe, dass so etwas nie wieder vorkommt!“
Die Mutter ging voraus, machte im Gang Licht und dann auch in unserem Schlafzimmer. Flugs gingen wir zurück in unsere Betten und zogen die Decke bis fast oben hin. Dann wünschten uns die Eltern eine gute Nacht und löschten das Licht.
Noch immer sprach keiner von uns ein Wort. Wir sahen wohl ein, dass wir etwas Ungehöriges getan hatten. Erst nach langer Zeit konnte ich einschlafen.
Am nächsten Morgen dann eine kleine Überraschung: Als wir schuldbewusst gemeinsam in das Esszimmer traten und ein finsteres Gesicht von Vater und Mutter erwarteten, saßen diese bereits beim Frühstück und blickten uns freundlich entgegen – und jeder von uns fand neben seiner Frühstückstasse einen Lebkuchen, einen Zimtstern und eine „Bärentatze“. Mutter hatte sie hingelegt. Zuerst waren wir nicht wenig überrascht, aber dann schenkte uns Mutter die Tassen ein, so wie sie das alle Tage tat. Unsere nächtliche Schandtat erwähnte sie mit keiner Silbe. Auch der Vater sagte nichts, und weder er noch sie haben den Vorfall dann jemals wieder erwähnt. Wir lernten daraus, dass man derlei kleinere Vergehen zwar tadeln, aber dann nicht immer wieder „herausziehen“ soll. Jeder macht Fehler und Blödsinne, aber wenn er das dann einsieht, soll man die Sache am besten auf sich beruhen lassen.
Eine Sage
Franz Karl Ginzkey (1871–1963)
Herr von Kuepach liebte sein tugendsam’ Weib,
doch auch sein Silber, sein Gold.
Ihm war es köstlichster Zeitvertreib,
kam es hell in die Truhen gerollt.
Je mehr es sich häufte, verschloss sich sein Sinn
umso härter den Armen im Land.
Es reichte verschämt nur ihr Scherflein hin
der Burgfrau mildtätige Hand.
Es kam der Tag, da der Kaiser berief
alle Ritter im Lande Tirol
zum Kreuzzug in östliche Lande tief,
bis hinab nach Jerusalem wohl.
Herrn von Kuepach traf solcher Auftrag schwer:
Dass sein Weib er verlassen sollt’,
betrübte sein Herz, doch es quälte ihn mehr
die Pein um sein Silber, sein Gold.
„Wo soll mit den leuchtenden Schätzen ich hin,
auf dass sie kein Schurke mir raubt?“
Da blitzt ein Gedanke ihm jäh durch den Sinn,
wie so klug keinen andern er glaubt.
Beim Schmied in reichlicher Zahl er bestellt
Hohlkugeln aus minderem Erz.
In den Graben der Burg, dass es schüttert und schellt,
rollt er sie all – wie zum Scherz.
Dann schleicht er sich heimlich in finsterer Nacht,
beladen mit Schätzen gar schwer,
in den Graben und birgt seine köstliche Fracht
in den Kugeln und lässt keine leer.
Zwischen Moos und Gestrüpp nun ruhen sie dort
durch der Jahre wechselnden Reih’n.
Dass solchen Schatz der verwilderte Ort
behüte, fiel niemandem ein.
Eines Morgens stellte aus Bozen sich ein
von Bürgern ein Häuflein und bat,
die Burgfrau mög’ ihnen gnädigst verleih’n –
es sei gottgefällige Tat –,
eine Gabe, die sie zu spenden bereit
für die Glocken des Pfarrturms, der neu
erstanden in würdigem steinernen Kleid
und das Auge der Frommen erfreu’.
Die Burgfrau seufzte: „Mein Gatte ist fern,
nur das Nötigste ließ er zurück.
Besäße ich Schätze, ich gäb’ sie euch gern,
es wär’ mir Erlösung und Glück.“
„So gebt uns den Haufen von altem Metall,
den wir drunten im Graben entdeckt.
Mehr wird es uns nützen auf jeden Fall,
als wenn’s im Gestrüpp sich versteckt.“
So sprachen die Männer. Es lächelte froh
die Burgfrau: „Nehmt alles nur mit,
kein anderer Kehricht kränkt mich so
als dies Zeug, das ich ungern nur litt.“
Mit Wagen und Pferden schafften ins Tal
die Bozner das seltsame Gut,
sie warfen’s, der Glockenspeise zum Mahl,
in den Rachen der feurigen Flut.
Und als dann die Glocken, dem Turme vermählt,
zu rufen begannen ins Land,
da war es ein Tönen, aufs tiefste beseelt,
und es horchte das Volk wie gebannt.
Wie ein Märchen griff es den Lauschern ans Herz,
wie ein Singen von Harfen so hold,
und dröhnte doch auch wie gewaltiges Erz,
durchsponnen von Silber und Gold.
Dann kehrte vom fernen Kreuzzug zurück
Herr von Kuepach, ein kampfmüder Mann;
die Schätze im Graben suchte sein Blick,
noch eh’ er des Heims sich besann.
„Wo sind meine Kugeln?“, auffuhr er empört –
da sah er sein Weib vor sich steh’n.
Die Faust schon am Schwerte, keucht’ er verstört:
„Gestehe! Was ist hier gescheh’n?“
Die Burgfrau, sie wurde wie Marmor so fahl.
„In den Glocken …“, stammelt’ sie bang.
Und siehe, da schwang sich empor aus dem Tal
ein Läuten wie Himmelsgesang.
Herr von Kuepach erstarrte, es war ihm zumut’,
als höben ihn Engel empor,
als sänftige milde Verklärung sein Blut,
darin aller Zorn sich verlor.
Sein weinendes Weib umarmte er still
und küsste den traurigen Mund:
„Am Mammon war ich erkrankt, nun will
ich endlich werden gesund!
Lass klingen das Silber, lass läuten das Gold,
nun ist es von anderer Art,
nicht steht es mehr in der Habgier Sold,
im Herzen wird es bewahrt!“
Ihr Glocken von Bozen, bewahret den Klang,
den die Sage einst euch gereicht!
Es grüßt euch der Heimat Wehmutgesang,
dem kein edleres Glück sich vergleicht.
Noch lebt in euch die Erinnerung fort
durch viele Jahrhunderte wohl.
Im Herzen bewahrt sich das Zauberwort
als ein Grüßen vom Lande Tirol.
Guido Görres (1805–1852)
An einem Freitag in der Früh’,
das Jahr fällt mir nicht ein,
da ging ein fremder Wandersmann
in Kaltern einst zum Wein.
Da fing ein kleines Glöcklein an,
war gar ein winzig Ding,
das klimperte bescheidentlich
ganz leise tling! tling! tling!
„Dies Glöcklein ist die Freitagsglock’“,
so sprach der Wirt mit Stolz,
„die läutet, weil den Tod empfing
der Herr am Kreuzesholz.“
„Die Glocke dünkt mich“, sprach der Gast,
„Herr Wirt, doch gar zu klein.
Mir scheint, zu Kaltern müssten wohl
noch größ’re Glocken sein.“
„Ah, größ’re haben freilich wir“,
In Kaltern, gegen die Mendel gesehen. Um 1933, von Fränzl.
erwidert jener froh,
„doch Ihr begreift: man läutet sie
nicht mir nichts, dir nichts so;
das muss schon ein Kalt’rer Bürger sein,
bei dessen Tod sie spricht,
und ist’s ein Kalt’rer Bürger nicht,
so läutet man die Große nicht.“
„Nehmt hin“, sprach drauf der Wandersmann,
„die Taxe zahl’ ich gern
und kauf’ dafür das Bürgerrecht
zu Kaltern Gott dem Herrn.“
Seit also Gott das Bürgerrecht
zu Kalteren erwarb,
erklingt die große Glocke auch
am Tage, da er starb.
Und „Herrgottskinder“ hat der Scherz
die Kalterer getauft,
seit Christus man ins Bürgerrecht
zu Kaltern eingekauft!
Aus dem Vinschgau
I bin an’ arm’s Sunnenberger Bäuerl,
woaß nimmer, wo aus und wo ein,
’s gibt alleweil letzere Zeit’n,
zum Teifl möcht’ i jetz’ a Bauer no’ sein.
Mei’ Häusl steaht droben in der Leit’n,
woaß nit, wenn’s obi tuet reit’n;
Sprünglen hat’s aa a zwoa, drei,
der Wind, der lattert dabei.
Der Firstbaam isch ’bunden mit Stricken,
der Ofen waar aa noat zu flicken,
und ’s Dach, sell brauchet fein Wart,
zum Decken vermog i’s halt hart.
Küehlelen hon i a sechs, sieben,
schaugt an iade no’ letzer aus;
schwinden tuet gar an iade,
kimmt koane über’n Besen mehr aus.
A Rössl han i aa – und koan Hober,
a Paar Stierlen aa dazue, sein ganz moger;
giahn sie klafterweit um,
norr fall’n sie mir alleweil um.
Geaßlen han i aa a sechs, sieben,
und Schaflen han i a zwanzig;
im Summer, da fress’ mer’s die Bären,
zum Schear’n bleibt mir halt koans.
Die Gerst, die sell fress’ mer die Ratzen,
und ’s Kourn fress’ mer die Mäus’,
’s Breatl (Brot) fress’ mer die Katzen
und ’s Bett, sell fress’ mer die Läus’.
Der Woaz’, der tuet mir nit g’rot’n,
weil ’n die Sunn’ tuet ganz brot’n;
in Kobas fress’ mer die Hos’n,
die Rueb’m der Wind tuet verblos’n.
Und Knecht – Bua, sell hon i an letz’n,
’s waar mir weit nutzer, hätt’ koan’;
er verdient nit in Toug an Pfennig
vor lauter an-die-Zäun’-Ummerloan.
Meine Dirnen sein gottlose Trümmer,
tian nix als lei hupfen und springen;
sie verfüehr’ mer die Bueb’m so gearn,
dass koaner kannt selig mehr wer’n.
Tochter han i aa gor a guete!
’s waar mir weit nutzer, i waar alloan;
’s waar noat, i hänget sie un,
so laaft sie mir decht nou d’rvun.
Suhn han i norr ganz an braven,
’s waar mir aa nutzer, hätt koan’;
er tuet nix als wie spielen und raf’n,
und af Nocht geaht er halt gor nie mehr hoam.
Weibele han i überhaupt ’s beste!
… ’s waar mir weit nutzer, hätt’ koans;
kaum tuet vom Schlof sie aufwachen,
hat sie alleweil zu kommandiern und zu schaffen,
und gib i nit umadum nouch,
norr isch es Fuir afn Doch.
Jetz’ tue i mir halt alleweil denken,
und Gott werd mir die Gnoud d’rzue schenken:
wenn i amol kimm aui ins himmlische Haus,
norr lach i enk alle brav aus!
Die Fuierwehr håt heit ihr Föscht,
beim „Rössl“ der Sool isch voller Göscht.
Der Valtl, der hilft aa mit aus,
jetzt trågt er grod ’s Gulasch aus.
„Hoi, Valtl, du håsch jå den Daumen drin
in Gulasch“, sågt zu ihm der Wascht.
„Isch jå net hoaß“, moant drauf der Bua,
„sei froah, dass du dein Gulasch håsch!“
Von Erich Kofler
Unter die Perglen weard ’s långsåm grian,
und die Sunn scheint hoaß und lång,
iatz weard mei Hoamat sovl schian
und mei Herz isch wieder voll G’sång.
Die Mander schneid’n die Reb’n zua,
dö sein no wie a durr’s Holz,
die Madlen luagn nåch ihrem Bua
und tian decht wied’r stolz.
Zemm ob’n, am Roan, huckt a Vog’l und singg
und håt a verliabtes G’schau,
und wia er über an Astl springg,
bricht a g’wundrigs Knöspele au.
Und wia i hinkimm, låcht’s mi un
wia a wunderschianer Tram,
der Vog’l åber isch davun
und singt af an åndern Bam.
Von Sepp Thaler
Bei ins af’n Lånd war ’s a hausgroaßes G’frött,
wenn man koa Gerst und koa Fackl net hött!
An Leps [leichter Hauswein] in an Pånz’n
[Weinfass] und Würst af der Stång,
wenn dös ålls fahlet, man lebet net lång.
An Huat mit ar Föder, a långe Zigarr,
die Feirtig a Brieftasch, ob’r aa net gånz laar.
Jodler (holdi oidi joidi riadui jodl duidi joidi riadui ho!).
Morg’n geaht ’s lustig zua, kimmst aa a wia?
[ein bisschen]
’s kemmen die Plattler [Schuhplattler] mit
nåckete Knia,
der bugglte Böck und der wåmpete
[dickbauchige] Schmied,
d’r Viechdokter Friedl kimp aa gånz gwiss mit.
Entn [drüben] ban Gånter [Fassgestell], do
steaht a Zumm [Tragbottich] Wein,
a Musig zan Tånz’n weard aa nåcher sein.
Jodler.
Hellauf isch boarisch [landschaftlich], ja håbt’s
denn koa Schneid? [Mut]
Trinkt’s lei an Tögl, ös durschtige Leit!
Moidl, geah hear do, i muass diar wås sogn,
’s brauch’n die G’wundrig’n [Neugierigen] koa
Silb’ zu derfrog’n:
Z’Oastern, do heirat’ m’r, gell, liaber Schåtz!
Geah net z’gleim [nahe] zueber [her zu mir],
sunst kriagsch du an Schmåtz [Kuss]!
Jodler.
Hear mit der Musig und hear mit an Wein!
Mander, iatz weard ’s erscht gemüatlich und fein!
Hiasl, geah her do, nimm’s Glasl und sauf,
Sepp, nimm die Org’l [Ziehharmonika] und måch ins oan auf!
Drahnen und hupf’n, dös isch decht a Freid,
hellauf, mir Landler sein luschtige Leit!
Jodler.
Von Sepp Thaler
Im Wirtshaus zur Ros’n, ganz gleim ba der Stroß,
do huck’n vier Mander mit blauroater Nos,
der Hiasl, der Jåggl, der Sepp und der Veit,
dö pipplen [trinken] und nöblen [rauchen] und
röd’n recht g’scheit.
Auf’n Tisch steaht a Flåsch, Tofl [Schreibtafel],
Kreid und a Påsch [Würfelspiel]
und a nuis [neues] Kårtenspiel, dös isch zu viel!
Ban Trink’n muass si’ der Mensch a wia [ein bisschen]
hålt’n, ja håltn, håltn, ja håltn, håltn, ja håltn, håltn.
Iatz sein mir grod viere, dös isch a Quartett,
do kannt man perlåggn [Tiroler Kartenspiel],
dös war ja so nett.
Der Hiasl, der Jåggl und i und der Veit,
so wia mir sitz’n, dös hoaßt, wenn ’s enk g’freit
[gefällt].
Tua lei dös Packtl hear, i derwårt’s nimmermehr,
då håbt’s in Welli [eine Stichkarte] schun, ’s
fångt schun guat un.
Wenn sie öppes biat’n [auffordern], når [dann] miass’ mer’s
hålt’n, ja håltn, håltn, ja håltn, håltn, ja håltn, håltn.
Iatz biatn ’s den Hånger, dös isch a Malheur,
i moan, mir tian håltn, vielleicht håb’ mer’n hear,
es Gleich aa, es Spiel aa, sell biat’n ’s derzue,
Bua, dö sein g’sått’lt [haben sehr gut Karten], dö
ratsch’n grod gnua.
I leg ihm teiflisch vür, dö kriagn no af dr Bir’
[werden besiegt],
iatz wird ’s mir båld zu dumm – drei umadum!
Nia giahn! Mir tian åll’s
hålt’n, ja håltn, håltn, ja håltn, håltn, ja håltn,
håltn.
So spiel’n sie weiter bis elfe die Nåcht,
bis endlich der Reatling [Rotwein] sei’ Wirkung
håt gmåcht.
Der Hiasl, der Jåggl sein sturnig und blead
[ziemlich angetrunken],
weil ’s koaner von ihnen mehr aufrecht dersteaht.
Teifl, heint sein mir moul [betrunken],
zwölf Viertl tian oan wohl,
so a Perlåggerei låss’ mer net glei.
Ban Hoamgiahn miassn’s ålle anånd [einander]
hålt’n, ja håltn, håltn, ja håltn, håltn, ja håltn,
håltn.
Pustertaler Mundart
Ban ins hintan Hause, untan Höila, ban Brunn,
huckt bugglat der Klåmpra sider z’morgats
heint schun.
Er tenglt und spenglt, tuit flickn und leatn –
er ’åt la zwoa Hänte, hatt viere vanneatn.
„Hoi, Klåmpra, dä Pfånn, i bittat wo’ recht,
geah, tasche se richtn bis z’nåchtn mer decht.
Und a Luck hatt i nöi und a Gåbl tuit mi tickn
und da Seicha war aa mit an Drahtlan zi flickn.“
„Lei her mit de Kessl und Pfannl und Köll –
an zöitatn Häfe, an Tråchta – je sell
meggas breng, und i flick aa, was sischt isch
dabröchn –
noar gschåfft’as wo’ wieder a Weile zi köchn!“
Lore von Klebelsberg
Seinerzeit, als es noch Dienstmädchen gab, war ein solches aus dem Passeiertal bei einer Meraner „Herrschaft“ angestellt. Sie machte ihren Dienst schlecht und recht, und die „Herrschaft“ war im Großen und Ganzen mit ihr zufrieden. Dann aber kündigte sie. Fragt die Frau: „Und wo gehst du jetzt hin?“ Sagt das Mädchen: „Zum Metzger … in der …gasse.“ Die Frau darauf: „Ja meinst du, dass du es dort besser hast als hier?“ „Besser vielleicht nicht“, meinte das Mädchen, „aber … öfter!“
Eine alttirolische Moritat
Nach „Echte Tiroler Lieder“ von Franz Friedrich Kohl, Wien 1899, Nr. 102 (Kohl hat das Lied in Kastelruth gehört und aufgezeichnet).
Då håt mir mein Diandl a Briefl zueg’schrieb’n,
jå dass i hålt bei der Nåcht gor nimmer kimm –
sein die Stief’lsohl’n hin?, dass i gor nimmer
kimm
zum dra-la-re, dra-ra-i-di-o.
Hån ’s Briefl aufgmåcht und mein Herzl håt
glåcht,
i måch mi’ glei auf bei der stockfinschtern
Nåcht,
die Haxn hob’n gekråcht bei der stockfinschtern
Nåcht.
Jodler [zum dra-la-re, dra-ra-i-di-o].
Wia i hinkemmen bin, geh i ummer um ’s Egg,
steig’ i aufi zum Fenschterl, ob sie mi’ net siecht,
dös Ding håt mi gschreckt, dass sie mi’ net
siecht.
Jodler usw.
Jetzt heb i beim Fenschterl a Graschglwerk un,
håt mi’ ’s Diandl iatz gheart, håt mir ’s
Fenschterl auf’tun,
geaht die Busslerei un, wie sie ’s Fenschterl
auf’tun.
Nå’r bin i ban Fenschterl hålt innigschloff’n,
hån die Schuech net klueg aufg’setzt, hob’n
getuscht auf’m Bod’n,
dö Knoschp’n, dö grob’n, hob’n getuscht auf’m
Bod’n!
Und wie i mein Diandl hätt’ obuss’ln mög’n,
då kimmt schun der Vot’r mit’m Ochs’nziam
[Peitsche aus Lederstreifen] z’weg’n,
schaugt drein ganz verweg’n, hat dös Buss’ln net mög’n!
Iatz hån i hålt glei wieder ’s Fenschterl